Die drei !!!, 105, Superheldin in Gefahr (drei Ausrufezeichen) - Ann-Katrin Heger - E-Book

Die drei !!!, 105, Superheldin in Gefahr (drei Ausrufezeichen) E-Book

Ann-Katrin Heger

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Beschreibung

Action! Die berühmte Stuntfrau Katze ist in Helmut Grevenbroichs neuestem Film zu sehen. Unglaublich, wie die coole Superheldin jede noch so gefährliche Kletterszene lässig meistert! Kim, Franzi und Marie sind begeistert und fühlen sich schon selbst wie in einem Action-Film. Während der Dreharbeiten ereignet sich eine Einbruchserie in der Stadt. Ist das einfach nur Zufall? Die drei !!! wittern schnell einen neuen Fall. Wie immer geht jede Detektivin bei den Ermittlungen auf ihre ganz eigene Weise vor. Was finden die Freundinnen heraus? Zusammen sind sie ein starkes Team und lösen jeden Fall.

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Seitenzahl: 152

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Titel

Die drei !!!, 105, Superheldin in Gefahr

Ann-Katrin Heger

KOSMOS

Impressum

Alle Angaben in diesem Buch erfolgen nach bestem Wissen und Gewissen. Sorgfalt bei der Umsetzung ist indes dennoch geboten. Verlag und Autoren übernehmen keinerlei Haftung für Personen-, Sach- oder Vermögensschäden, die aus der Anwendung der vorgestellten Materialien und Methoden entstehen könnten. Dabei müssen geltende rechtliche Bestimmungen und Vorschriften berücksichtigt und eingehalten werden.

Distanzierungserklärung

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Umschlagsabbildung: © Ina Biber, Gilching

© 2024, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG

Pfizerstraße 5–7, 70184 Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

ISBN 978-3-440-50884-8

E-Book-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Übersicht

Cover

Titel

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Hauptteil

Ein Stern im Wohnzimmer

Fassadenkletterei

Ein bröseliger Verdacht

Bedrohlich

Schubladenkatze

Echt echt?

Falschaussage

Vergangen oder nicht vergangen?

Schriftlich!

Ein neuer alter Verdacht

Bauchgrummeln

Technisch möglich?

Wer? Was? Wo?

Kehrtwendung

Katzenjammer

EIN STERN IM WOHNZIMMER

»Ahhhhhhh! Ich glaube es nicht, ich glaube es nicht!« Marie begrüßte ihren Vater stürmisch. »Hella Beere? Das ist … das ist … galaktisch! Sie ist ein internationaler Star. Ich liebe ihre Filme! Das ist das Coolste, was ich in den letzten Monaten gehört habe. Ich freue mich riesig!«

Helmut Grevenbroich umarmte seine Tochter und wirbelte sie herum. »Ich freue mich auch auf die Zusammenarbeit mit ihr. Und dass ich die Hauptrolle bekommen habe – ein echter Glücksfall!«

»Du bist eben der beste Kommissar, den es gibt. Zumindest im Fernsehen. Wer sonst hätte die Rolle bekommen sollen?« Marie grinste und sah ihn stolz an.

Helmut Grevenbroich spielte seit vielen Jahren erfolgreich die Rolle des Kommissars Brockmeier in der Fernsehserie Vorstadtwache. Und vor einiger Zeit hatte er auch eine Rolle in einem Hollywoodfilm, die er seinem Freund Joe King, einem Schauspieler, verdankte. Genau dieser Joe King hatte Helmut und dem Filmteam den Kontakt zu Hella Beere vermittelt. Einer deutschen Schauspielerin, die nach Amerika ausgewandert und dort sehr erfolgreich war.

Marie hatte ein riesiges Poster von ihr über dem Bett hängen. In ihrer berühmtesten Rolle als Detektivin Tess Best.

Ihr neuer Film, Catgirls Rache, sollte ein Actionfilm werden, in dem sie ein Mädchen spielte, das sich in eine Katze verwandeln konnte. Allerdings wurden die Actionszenen von einer Stuntwoman übernommen.

»Darf ich Franzi und Kim davon erzählen?«, fragte Marie aufgeregt.

Helmut Grevenbroich nickte. »Was hältst du davon, wenn du sie einlädst, und ich gebe eine Runde vegetarisches Sushi aus?«

»Du bist der Beste. Ich bin sicher, die beiden werden begeistert sein.« Marie tippte eine Nachricht an ihre Freundinnen und Detektivkolleginnen.

Dann ging sie auf ihr Zimmer. Sie setzte sich aufs Bett und starrte das Plakat von Hella Beere versonnen an. Es würde bald signiert sein. Von Hella Beere selbst!

Zwei Stunden später klingelte es an der Tür.

Marie erkannte Kim und Franzi kaum wieder. Sie hatten ihren lässigen Jeans- und Sweatshirt-Look gegen Kleider getauscht. Franzi hatte sogar eine schwarze Federboa um den Hals geschlungen. Und Kim trug Lipgloss und Glitzer auf den Augenlidern. Die beiden sahen aus wie Filmstars.

»Sehr cool!« Marie ließ sie herein. »Das perfekte Outfit für den perfekten Anlass!«

»Kommt endlich rein«, quakte Finn, Maries kleiner Bruder im Hintergrund. »Habt ihr schon gehört? Papa wird ein Äktschnkater!«

Marie kicherte und nahm Finn auf den Arm. »Leider nicht. Ich würde Papa sehr gerne als Kater irgendwo herumkraxeln sehen, aber er spielt den Kommissar, der in einer Einbruchsache ermittelt. Die Story habe ich noch nicht so richtig kapiert.«

Es klingelte erneut.

»Erwartest du noch jemanden?«, fragte Marie ihren Vater.

Der schüttelte den Kopf.

Nun klopfte es. Ungeduldig. »Helli? Helli! Hello? Darling, wir müssen uns kennenlernen!«

»Da kannst du ja wohl nicht anders«, sagte Marie trocken. »Da will dich jemand kennenlernen!«

»Ich bin nicht sicher, ob das auf Gegenseitigkeit beruht«, flüsterte Helmut Grevenbroich zurück. Er sah beunruhigt aus, öffnete aber trotzdem die Tür.

Und draußen stand: Hella Beere!

Die Schauspielerin lief auf Helmut Grevenbroich zu und hängte sich an seinen Hals. »Endlich!«, rief sie. »Das wurde Zeit! Bringt uns zwei Gläser Champagner, damit wir auf unsere Freundschaft trinken können!« Sie breitete ihre Arme aus und drehte sich im Kreis. Ihr schwarzer Paillettenrock glitzerte. »Alles ist so niedlich in Deutschland. So klein. Eine ganz süße kleine Villa hast du da, Helli! Und wo ist deine bezaubernde Frau? Und deine Kinder? Ach, wie freue ich mich, hier zu sein!«

»Die ist vielleicht überdreht«, flüsterte Kim. »Hilfe.«

»Ich habe sie mir auch anders vorgestellt! Das kannst du mir glauben«, antwortete Marie und zog ihre Freundinnen ins Esszimmer, wo Tessa und Helmut zur Feier des Tages den Tisch schön gedeckt hatten.

Tessa, Maries Stiefmutter, stand bleich neben dem Tisch, in der zitternden Hand ein Glas Wasser. »Hella Beere ist hier? Habe ich das richtig gehört?«, fragte sie aufgeregt.

Marie nickte. »Sie hängt gerade an Papa, und der versucht vergeblich, sie abzuschütteln.«

Tessa kicherte verlegen. »Ich muss … ja, was mache ich denn, ich muss …« Sie stellte das Glas mit einem lauten WUMMS auf das Sideboard und lief nervös zwischen Küche und Tisch hin und her.

»Das ist sie, jaaa!« Hella Beere lief strahlend auf Tessa zu und hob die Hand zum High Five.

Tessa sah sie entgeistert an und schlug halbherzig ein. »Wer bin ich?«, fragte sie verdattert.

»Hellis Schätzchen, die berühmte Kamerafrau Tessa Grevenbroich!« Hella strahlte Tessa an.

»Hellis Schätzchen? Äh, jaja. Ich bin Helmuts Frau. Und Kamerafrau bin ich auch, aber ich bin nicht berühmt.«

»But … ich habe so viel Gutes von Joe King über euch gehört, es ist so, als würde ich euch schon ewig kennen!«, fuhr Hella fort, ohne auch nur einmal Luft zu holen. »Und jetzt werde ich mit euch arbeiten! Unbelievable!«

»Wenn sie mit Hella überhaupt zum Arbeiten kommen«, raunte Franzi Kim und Marie zu.

Die beiden kicherten.

Alle setzten sich an den Tisch, und Marie hatte nun Zeit, Hella in Ruhe zu betrachten. Sie sah in echt noch hübscher aus als in den Filmen. Ihr Gesicht erinnerte Marie an eine ihrer Lieblingspuppen und die braunen Locken waren zu einem Messy Bun hoch auf dem Kopf zusammengesteckt. Außerdem hatte sie süße Sommersprossen auf Nase und Wangen. Nur ihre Art – die war wirklich anstrengend. Gerade erklärte sie allen, dass sie auf grünes Essen allergisch war und dass sie deswegen geschältes Sushi haben musste. Also ohne Alge …

Helmut, der eine riesige Platte mit den leckeren Häppchen auf den Tisch stellte, zwinkerte Marie zu. »Dann hole ich mal schnell noch einen Sparschäler aus der Küche!«

»Ich werde Catgirl spielen.« Hella Beere hatte gegessen und geredet. Alle anderen hatten nur gegessen. Und sich gewundert, in welcher Geschwindigkeit Hella die Algen von den Reishäppchen entfernen konnte. Mittlerweile türmte sich ein grüner Berg auf ihrem Teller. »Sie hat die Superkräfte direkt von der Katzengöttin Bastet übertragen bekommen«, fuhr sie lautstark fort. »Aber irgendetwas oder irgendjemand, so weit habe ich das Drehbuch noch nicht gelesen, stört die Übertragung der Kräfte, und ich muss mich mit den anderen Katzenfrauen und mit Helli zusammentun, um das Böse zu überlisten.«

»Klingt aufregend.« Tessa gähnte versteckt. »Ich werde Finn mal ins Bett stecken.«

Helmut stand auf und schnappte sich Finn. »Aber das kann ich machen, Schätzchen. Du unterhältst dich gerade so schön! Wir sehen uns dann morgen am Set!«

Er winkte allen zu und verschwand mit Finn auf dem Arm nach oben.

Tessa lächelte schief und funkelte Helmut an. »Wie nett von dir, Helli!«

Es klingelte erneut.

Tessa öffnete. »Marie, für dich! Es ist Holger!«

Holger? Marie wurde heiß und kalt. Sie wollte zu ihrem Exfreund hin- und gleichzeitig vor ihm weglaufen. Doch als sie hörte, wie Holger »Ich wollte nicht zu Marie, sondern zu Ihnen, Frau Grevenbroich. Ich muss etwas mit Ihnen besprechen« sagte, faltete sich ihr Magen zu einem enttäuschten Paket zusammen und sie wollte nur Letzteres.

Die Situation mit Holger war ein riesiges Liebes-Durcheinander. Holger hatte herausgefunden, dass Marie sich fremdverliebt hatte, und sich daraufhin getrennt. Genau zu dem Zeitpunkt, als Marie wieder völlig glasklar ihre Liebe zu Holger hatte fühlen können. Nun wünschte sie sich nichts sehnlicher, als wieder mit ihm zusammenzukommen, aber Holgers Gefühle waren keineswegs so glasklar. Sondern im Gegenteil: ziemlich trüb. Zu all dem Gefühlskuddelmuddel kam noch hinzu, dass Holger sehr viel Zeit bei Maries Oma Agnes und ihrem Mann Herbert verbrachte und ihnen half, wo er konnte. Sie hatten also beide nicht den nötigen Abstand und liefen sich immer wieder über den Weg. Oma Agnes war in letzter Zeit ziemlich vergesslich und schusselig geworden. Alle machten sich große Sorgen.

Trotzdem hatte Marie die Hoffnung nicht aufgegeben, dass sich die Sache mit Holger wieder einrenken könnte. Und jetzt gerade eben hatte sie gedacht, er wäre gekommen, um sie zu besuchen. Mit ihr zu reden. Ihr zu sagen, dass … Blödsinn. Marie verbot sich jeden weiteren Gedanken. Er war nicht ihretwegen hierhergekommen! Sondern weil er etwas mit ihren Eltern besprechen wollte.

Holger kam ins Esszimmer, grüßte in die Runde und setzte sich neben sie. Mist. Ein Schwall Holger-Geruch traf sie mitten ins Herz. Ruhig atmen.

Er stupste sie am Arm an. »Ist das nicht Hella Beere?«, fragte er.

Marie sah ihm nicht in die Augen und nickte.

»Ich glaube es einfach nicht!«, sagte er und schob sich die letzte Sushi-Rolle in den Mund. »Hier erlebt man Dinge, die es gar nicht geben darf! Ich sitze mit Hella Beere am Tisch!« Er starrte die Schauspielerin unverwandt an.

Und die fuhr ebenso unverwandt mit dem Reden fort. »Es gibt tausenddreiundzwanzig Actionszenen, also so gefühlt, und zum Glück haben wir Katinka Schulz, die beste Kletterin der Welt, mit an Bord. ZUM GLÜCK!«

Hella blickte sich Beifall heischend um und Holger nutzte die kleine Atempause. »KATINKA SCHULZ?«, fragte er begeistert. »Die mehrfache Weltmeisterin im Buildering?«

»Buildering?«, fragte Tessa. »Was ist denn das?«

»Das ist wie Parkour, allerdings nimmt man sich Gebäude vor. Manchmal scheint es so, als würden die Athleten an völlig glatten Wänden klettern. Es ist sehr schwer und man braucht viel Geschick.«

»Klingt toll«, sagte Franzi anerkennend.

»Ist es auch«, antwortete Holger. »Ich muss sofort allen im Parkour-Training Bescheid sagen. Katinka Schulz ist mein absolutes Vorbild, der Star der Szene, unglaublich, dass ich sie kennenlernen darf!« Holger hatte vor Aufregung ganz rote Wangen. »Ich darf sie doch kennenlernen?« Er warf einen bittenden Blick zu Tessa.

»Ihr seid alle morgen ans Set eingeladen!«, sagte sie.

»Bist du dir sicher?« Hella Beere sah Tessa strafend an. Doch dann überlegte sie es sich anders und wandte sich an Holger. »Klar darfst du kommen und ihr zusehen. Wenn sie dein Star ist …« Ihre Stimme hatte einen beleidigten Unterton. »Dann ist das ja wirklich … äh … schön. Ich wusste gar nicht, dass sie so bekannt ist … nun ja!«

Hella Beere lehnte sich mit verkniffenem Mund zurück und war zum ersten Mal an diesem Abend still.

FASSADENKLETTEREI

Marie stand vor einer Hausfassade. Beton. Glatt. Nur wenige Fenster. Ein Hochhaus am Set des Films Catgirls Rache. Sie gähnte. Gestern hatte sie nicht einschlafen können, weil sie die ganze Zeit an Holger hatte denken müssen.

Er war nach dem Abendessen sofort zurück zu Oma Agnes gefahren. Obwohl sie sich so gewünscht hatte, dass er noch auf eine Tasse Tee mit auf ihr Zimmer gekommen wäre. Sie hätte so gerne mal wieder mit ihm allein gesprochen. Doch … vielleicht hätte er nur immer weiter von dieser Katinka Schulz geschwärmt. Marie hatte gestern Abend noch ein wenig recherchiert. Und sie musste zugeben: Katinka sah sehr gut aus und konnte wirklich toll klettern. Sie erklomm jede Mauer, jede Wand. Und es sah völlig mühelos aus.

Marie blickte sich um. Wo Kim und Franzi nur blieben? Sie hatten versprochen, gleich nach dem Frühstück zu den Untitled PicturesStudios, dem Ort, an dem der Film gedreht wurde, zu kommen. Sie selbst waren heute Morgen schon sehr früh aufgebrochen, hatten Finn zu einem Kindergartenfreund gebracht und waren ans Set gefahren. Tessa in ihrer Funktion als Kamerafrau. Ihr Vater saß seit einer Stunde in der Maske, um sich in den ermittelnden Kommissar zu verwandeln. Und sie selbst? Hatte die Gelegenheit genutzt, alles auf eigene Faust zu erkunden. Nun wollte sie sich mit Kim und Franzi austauschen.

Doch statt Kim und Franzi sah sie Katinka auf sich zukommen. Marie erkannte sie sofort. Die Stuntfrau hatte einen schwarzen Samtanzug an und setzte sich auf einen der Stühle direkt neben Marie. Sie nahm viel zu enge Schuhe zur Hand und quetschte ihre Füße hinein.

Katinka hatte Maries Blick bemerkt.

»Die Schuhe müssen so eng sein. So habe ich einen besseren Halt, wenn ich klettere«, erklärte sie. Dann streckte sie die Hand aus. »Katinka! Und du?«

»Marie«, sagte Marie.

»Freut mich. Ich habe schon von dir gehört.«

Marie zog fragend die Augenbraue nach oben.

»Dein Vater? Er spielt den Kommissar, oder? Er hat dich und deinen Freund Holger angekündigt. Ich bin gespannt auf Holger. Es klang sehr professionell, was er in der Stadt mit seiner Parkour-Gruppe veranstaltet.« Katinka hatte nun auch den zweiten Schuh an. »Die Stunts und Kletterszenen sind sehr herausfordernd. Ich muss noch viel üben und ausprobieren!« Sie stand auf und dehnte die Arme und die Beine. »Aufwärmen ist wichtig!«, sagte sie.

Bevor Marie antworten konnte, öffnete sich das Tor der Halle knarrend. »Hey, Katinka, ich habe hier eine ganze Gruppe von Schaulustigen!«, rief eine junge Frau mit blondem Wuschelkopf und einer Sonnenbrille mit grünen Gläsern, die so groß waren, dass sie ihr halbes Gesicht verdeckten.

Kim, Franzi, Holger und drei Mädchen aus seiner Parkour-Gruppe liefen durch die riesige Halle auf sie zu. Marie kannte die drei flüchtig: Sie hießen Camilla, Serafina und Ayse.

»Cool!«, sagte Katinka. »Sollen herkommen.«

Marie lächelte, als sie Holger sah. Er war aufgeregt und strich sich immer wieder durchs Haar. Er hatte jedoch ausschließlich Augen für Katinka. Freudestrahlend lief er auf sie zu.

»Es war schon so lange mein Traum, Sie kennenzulernen, Frau Schulz!«, sagte er und streckte artig die Hand nach vorne aus.

Katinka lachte schallend. »Frau Schulz? Im Ernst? Ich bin Katinka. Und du musst Holger sein, Maries Freund.«

»Äh … Exfreund«, berichtigte Holger schnell. Zu schnell für Maries Geschmack.

Die Frau mit der Sonnenbrille unterbrach sie: »Maria Hohlhuber. Ich bin die neue Maskenbildnerin. Falls ihr mal eine neue Nase ausprobieren wollt, dann wendet euch vertrauensvoll an mich!« Sie kicherte. »Leider muss ich mich jetzt verabschieden, die Arbeit ruft.«

»Es ist soooo megacool hier!« Staunend blickte Franzi auf die Fassade, die vor ihnen steil nach oben ragte. »Das könnte ich nie!«

»Ich zeige euch gerne später ein paar Tricks und Kniffe«, bot Katinka an. »Auch wenn ich glaube, dass ihr von der Parkour-Gruppe schon ein paar Moves draufhabt.«

»Wir lassen dir gerne den Vortritt«, sagte Camilla. »Musst du da ganz hoch?«

Katinka nickte. »Beim Dreh später schon, jetzt zum Üben geh ich nicht auf volles Risiko.«

Mit einer fließenden Bewegung hängte sie sich an die Wand und tastete nach dem nächsten Griff. Schnell war sie gute zwei Meter nach oben geklettert, Katinka verharrte nie lange in einer Position. Sie hielt sich sehr dicht an der Wand, jeder Muskel in ihrem Körper war angespannt und wirkte wach und flink.

»Wahnsinn«, sagte Franzi bewundernd. »Das will ich auch!«

So schnell Katinka nach oben geklettert war, so schnell war sie auch wieder unten. »Zieh dir mein zweites Paar Schuhe an. Wir dürften ungefähr die gleiche Größe haben.« Sie deutete auf ihre Tasche. Franzi schlüpfte in die Schuhe und dehnte auch im nächsten Moment ihre Arme. »Nimm ein bisschen Kreide auf die Hände. Die saugt den Schweiß auf und du rutschst nicht ab!«

Franzi bestäubte sich die Finger und versuchte ihr Glück. Es gelang ihr, sich ein Stück hochzuziehen, sie war dicht an der Wand, doch als sie den rechten Fuß nach oben nehmen wollte, verlor sie den Halt und sprang herunter. »Neeeee«, lachte sie. »Ich bleibe beim Skaten.«

»Versuch es später noch mal«, riet Camilla.

Marie merkte, dass Kim Camilla verzückt ansah. Und dann wie ein Papagei »Ja, versuch es später noch mal« wiederholte.

Hä? Was war denn mit Kim los? Kim, die immer mit klarem Verstand durch die Welt lief. Sie sah aus, als würde sie träumen. Und als würde ihr Traum aus genau einer Person bestehen: Camilla.

In den nächsten zwanzig Minuten versuchte Camilla ihr Glück. Sie hatte Talent. Wie ein Gecko schaffte sie es, das untere Drittel der Wand emporzuklettern.

Katinka war begeistert. »In deinem Alter war ich noch nicht so gut«, gab sie zu. »Wenn du so weitermachst, kannst du in einem Jahr alles, was ich kann. Bravo!«

Als Camilla wieder auf dem Boden ankam, strahlte sie stolz. »Danke«, sagte sie. »Das bedeutet mir viel, dass du das sagst!«

Nun war Holger an der Reihe, dann Serafina und dann Ayse.

»Jetzt muss ich leider Schluss machen. Aber ich wäre froh, wenn ihr mir nachher beim Dreh zur Seite steht. Oder besser gesagt: auf dem Boden unter mir!« Sie lachte.

Alle sahen Katinka an. Alle nickten. Bis auf Kim. Die sah Camilla an. Und lachte auch.

»Das ist der Wohnwagen von Katinka, das ist Hellas. Und dieser ist meiner!« Helmut Grevenbroich zeigte stolz auf das Namensschild an der Seite der Wagentür. Marie sah ihren Vater an. Sie war sich nicht sicher, ob sie das Kostüm, das er trug, gut finden sollte oder nicht. Er hatte Kniebundhosen und ein kariertes Hemd an. Auf dem Kopf trug er eine Melone. Wie Charlie Chaplin.