Die drei ??? und das versunkene Dorf (drei Fragezeichen) - André Marx - E-Book

Die drei ??? und das versunkene Dorf (drei Fragezeichen) E-Book

André Marx

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Beschreibung

In einem kleinen Bergdorf werden die Bewohner in Angst und Schrecken versetzt: Ein Geist treibt sein Unwesen am nahe gelegenen Stausee! Auf dessen Grund befinden sich die Überreste eines Dorfs, das vor Jahrzehnten geflutet wurde. Welch dunkles Geheimnis liegt unter dem Wasserspiegel verborgen? Wer oder was steckt hinter der gespenstischen Erscheinung am Ufer? Die drei ??? müssen auf Tauchstation gehen und die versunkenen Häuser erkunden. Und dann entdecken sie das Unvorstellbare ...

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Seitenzahl: 170

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und das versunkene Dorf

erzählt von André Marx

Kosmos

Umschlagillustration von Silvia Christoph, Berlin

Umschlaggestaltung von eStudio Calamar, Girona, auf der Grundlage

der Gestaltung von Aiga Rasch (9. Juli 1941 – 24. Dezember 2009)

Unser gesamtes lieferbares Programm und viele weitere Informationen zu unseren Büchern, Spielen, Experimentierkästen, DVDs, Autoren und Aktivitäten findest du unter kosmos.de

© 2013, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart

Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan

Based on characters by Robert Arthur.

ISBN 978-3-440-14203-5

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Das trostloseste Nichts aller Zeiten

»Justus Jonas von den drei Detektiven?«

»Justus Jonas? Wow, wie cool, du bist es wirklich, oder?« Der Junge am anderen Ende flüsterte beinahe, als befürchtete er, belauscht zu werden.

»Ähm, ja. Mit wem spreche ich?«

»Mit Darren. Darren Duff. Aus Seattle. Das heißt, eigentlich ja jetzt aus San Francisco. Aber momentan wohne ich in Ridgelake, Oregon. Das ist alles etwas kompliziert, aber am besten erkläre ich dir das später. Ich habe nämlich nicht viel Zeit. Jedenfalls kenne ich dich aus der Zeitung. Genauer gesagt, euch. Die drei ??? und so. Immer, wenn ich etwas über euch finde, schneide ich es aus. Total cool, dass ich jetzt wirklich mit dir telefoniere. Sind die anderen beiden denn auch da? Äh … Bob Shaw und Peter Andrews?«

»Bob Andrews und Peter Shaw. Nein, die sind momentan nicht da. Und wenn du nicht so viel Zeit hast, solltest du vielleicht gleich zur Sache kommen.«

»Zur Sache? Ach so, ja klar, natürlich, die Sache! Die ist nämlich folgende.« Darren senkte seine Stimme noch ein bisschen mehr, sodass Justus Schwierigkeiten bekam, ihn zu verstehen. »Ich habe einen Fall für euch! Hier in Ridgelake gehen merkwürdige Sachen vor sich. Richtig unheimliche Sachen, meine ich. Ich hab’s mit eigenen Augen gesehen! Ihr solltet unbedingt herkommen und euch das ansehen! Es ist wirklich unglaublich!«

»Du könntest mein Interesse wecken, wenn du etwas ins Detail gingst, Darren.«

»Was? Ach so, ja klar. Also, hier gibt es einen See. Und die Leute in Ridgelake meiden ihn, sie haben irgendwie Angst vor ihm, keine Ahnung. Das ist merkwürdig, weil … ach egal, das erkläre ich dir auch später. Jedenfalls war ich an diesem See. Nachts. Eigentlich soll ich nachts natürlich zu Hause bleiben, mein Onkel fände das wahrscheinlich gar nicht gut, aber … oh, Mist, ich glaube, er kommt nach Hause. Ich habe gerade seinen Wagen gehört. Er darf nicht mitbekommen, dass ich dir das erzähle.«

»Dann kommst du jetzt besser zum entscheidenden Punkt deiner Geschichte!«

»Was? Ach so, ja! Ich war am See. Und auf einmal fing das Wasser an zu leuchten. Ja, richtig zu leuchten, so, als wäre es plötzlich Lava oder so. Weiße Lava allerdings. Der See glühte! Es war total irre, aber auch total unheimlich, und … Mist, mein Onkel kommt! Ich muss Schluss machen! Ich rufe noch mal an!«

Ehe Justus etwas erwidern konnte, hatte Darren aufgelegt.

Die Straße, die sich durch das enge Tal schlängelte, war nicht viel mehr als ein schlammiger Pfad. Das Grün der Wildwiesen, an denen der rote MG vorbeifuhr, war tief und nass. Rinderherden grasten gemächlich vor sich hin. Aus den bewaldeten Bergen ringsum rauschte rostbraunes Wasser. Über allem wölbte sich ein tiefer, regenschwerer Himmel.

Peter konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal ein Gebäude oder gar einen Menschen an der Straße gesehen hatte. Wieder holperte der Wagen über einen flachen Stein, der im Schlamm verborgen gewesen war. Beinahe riss es ihm das Steuer aus der Hand. Er stöhnte. »Ohne Geländewagen ist diese Straße ein Albtraum! Die ganze Gegend ist ein Albtraum! Wir sind mitten im Nichts, und wenn ihr mich fragt, Freunde, ist es das trostloseste Nichts aller Zeiten. Ein großartiges verlängertes Wochenende ist das, wirklich großartig!«

Fette Regentropfen klatschten an die Windschutzscheibe, und innerhalb von Sekunden öffnete der Himmel seine Schleusen. Es prasselte wie aus einer Gießkanne auf sie herunter. Der Regen vermischte sich mit den Schlammspritzern auf der Scheibe zu einem schmierigen braunen Film, gegen den der Scheibenwischer keine Chance hatte.

»Ich muss dich korrigieren«, antwortete Bob. »Jetzt ist es das trostloseste Nichts aller Zeiten.«

»Ich finde, ihr beiden habt jetzt genug genörgelt.« Justus Jonas streckte den Kopf zwischen die Vordersitze nach vorne. »Wir sind schließlich nicht zum Vergnügen in dieser gottverlassenen Gegend …«

»Hast du gehört, Bob? ›Gottverlassen‹ hat er gesagt! Er gibt es sogar zu!«

»… sondern weil wir einen Fall übernommen haben. Und dass Darren Duff in einer gottverlassenen Gegend mitten in Oregon wohnt, hat keinerlei Einfluss auf den Umstand, dass wir uns verpflichtet haben, diesen Fall anzunehmen.«

Justus dachte an Darrens zweiten Anruf zurück. Da hatte seine Stimme ganz normal geklungen, und von dem glühenden Wasser war keine Rede mehr gewesen. Der Erste Detektiv hatte sofort begriffen, dass Darren nicht allein war und nicht frei reden konnte. Also hatte er am Telefon so getan, als wäre Justus ein Freund von ihm, der ihn in Ridgelake besuchen wollte. Kurz entschlossen hatte Justus zugesagt und sich den Weg nach Ridgelake beschreiben lassen.

Da das lange Wochenende zum Memorial Day vor ihnen lag, hatte der Erste Detektiv seine Freunde überredet, Kalifornien für ein paar Tage zu verlassen und nach Ridgelake zu fahren, um in der Angelegenheit zu ermitteln. Am ersten schulfreien Tag waren sie gleich nach Sonnenaufgang aufgebrochen und hatten nun, am frühen Abend, beinahe ihr Ziel erreicht. Bis nach Medford waren die Straßen gut gewesen, doch dieses letzte Stück wollte einfach nicht enden.

Die Sonne verschwand hinter einem Bergkamm und tauchte nicht wieder auf. Nach und nach verblasste das bisschen Tageslicht, das die dichten Wolken hindurchgelassen hatten.

»Wenn wir Ridgelake nicht bald erreichen, haben wir ein Problem. Sobald es ganz dunkel ist, werden wir es nämlich nicht mehr finden«, orakelte Peter.

»Die Gegend mag sehr einsam sein«, stimmte Justus zu, »aber wir befinden uns nach wie vor in einem zivilisierten Land. Außerdem müssten wir bald da sein. Ich bin sicher, jede Sekunde kommt ein Hinweisschild.«

»Das sagst du schon seit einer halben Stunde, Just«, warf Bob ein.

»Na ja, auf der Karte sieht es ja auch ganz nah aus. Aber wenn Peter so langsam fährt …«

»Peter fährt deshalb so langsam, weil Peter sonst den nächsten Abhang hinunterrasen würde, und das fände Peter gar nicht lustig.«

»Aber hier sind doch gar keine Abhänge, Peter«, warf Bob ein. »Wir fahren durch ein Tal!«

»Außerdem möchte Peter seine Stoßdämpfer schonen, denn diese Straße ist das Schlimmste, was Peters geliebtem Wagen passieren konnte. Und Peter möchte das Hinweisschild, das laut Justus jede Sekunde auftauchen müsste, nicht verpassen. Deshalb fährt Peter so langsam.«

»Ist ja schon gut, Peter«, versuchte Justus, den Zweiten Detektiv zu beruhigen. »Das Hinweisschild müsste wirklich jeden Moment auftauchen. Laut Karte sind wir jedenfalls schon sehr nahe. Das Einzige, was mich irritiert, ist dieser geheimnisvolle See, von dem Darren sprach. Der ist auf der Karte nämlich gar nicht drauf.«

»Vielleicht hättest du doch eine aktuelle Karte von Oregon besorgen sollen, anstatt dieses vergilbte, zerfledderte Ding von neunzehnhundertzweiundfünfzig aus der ollen Kiste auf dem Schrottplatz zu ziehen.«

»Neunzehnhundertsechsundfünfzig. Und ein See ist ein See, Peter, der ist ja nicht erst in den letzten fünfzig Jahren aufgetaucht.«

»Und warum ist er dann nicht auf der Karte drauf?«

»Wahrscheinlich ist er zu klein«, vermutete Justus.

»Darf ich einen Tipp abgeben?«, meldete sich Bob. »Der See entpuppt sich als Karpfenteich, das geheimnisvolle Glühen als stimmungsvolle Teichbeleuchtung, Darren als Spinner und unser neuer Fall als Reinfall.«

Justus seufzte tief. »Fallt ruhig über mich her. Macht mich zur Schnecke, wenn wir umsonst siebenhundert Meilen gefahren sein sollten. Aber bitte erst, wenn ihr einen Grund dazu habt, okay?«

»Da vorn ist ein Schild!«, rief Peter. »Na, endlich!«

Der Wegweiser stand an einer Weggabelung. Die Straße nach rechts war genauso schlecht beschaffen wie auf den letzten Meilen. Der Weg nach links war noch schlimmer. Das rostige und verbeulte Schild wies nach links: Ridgelake 2 Meilen.

»Das war ja klar«, stöhnte Peter und beugte sich missmutig vor, um durch den dichten Regen einen Blick auf das zu erhaschen, was sie erwartete. »Ich dachte, es kann nicht mehr schlimmer kommen. Aber da habe ich mich wohl getäuscht. Tut mir leid, Leute, aber ich kann unmöglich links abbiegen. Das ist ja nicht mal mehr eine Straße!«

»Hm«, murmelte Justus. »Bist du sicher, Zweiter? Dein Wagen hält doch einiges aus …«

»Er soll nichts aushalten, Just, er soll mich sicher von A nach B bringen. Und da er das die meiste Zeit auch tut, bin ich ihm ein bisschen Rücksicht und Wohlwollen schuldig! Wenn ich hier abbiege und weiterfahre, bleibe ich wahrscheinlich im nächsten Schlammloch stecken. Darauf kann ich verzichten. Und ihr sicherlich auch.«

»Was schlägst du also vor?«

»Gar nichts. Für Vorschläge bist du heute zuständig. Ich kann nicht mehr denken.«

»Dann lassen wir den Wagen halt stehen und gehen das letzte Stück zu Fuß«, meinte Bob. »Zwei Meilen sind ja wohl zu schaffen.«

»Bei dem Wetter?«, fragte Justus. »Und ohne Licht? Und was machen wir mit unseren Sachen?«

»Wir haben Taschenlampen«, antwortete Bob. »Und die Sachen können wir morgen holen, wenn es aufgehört hat, zu regnen.«

»Und was ist mit dem Wagen? Wenn er geklaut wird?«

Peter lachte bitter. »Von wem denn, Justus? Wir sind seit Ewigkeiten keiner Menschenseele mehr begegnet.«

Justus seufzte schwer. Er hatte überhaupt keine Lust, zwei Meilen durch den Regen zu marschieren. Andererseits hatten Peter und Bob mit allem recht, was sie sagten. »Also schön. Dann gehen wir eben zu Fuß.«

Peter stellte den Wagen so weit wie möglich an den Rand der Straße. Die drei Detektive kramten die dicksten Pullover hervor, die sie dabeihatten, und zogen sie über. Dann nahmen sie ihre Taschenlampen, stiegen aus und machten sich auf den Weg.

Der Mann im Wasser

Nun, da er nicht mehr angestrengt auf die Straße starren musste, widmete Peter seine Aufmerksamkeit der Umgebung: Links breitete sich eine endlose Bergkette aus, die in tieferen Lagen von nassen Wildwiesen, grau-violettem Heidekraut und stacheligem Gestrüpp bewachsen war. In den Tälern, wo die Erde den Regen wie ein Schwamm aufgesogen hatte, gähnten dunkelbraune Morastlöcher. Es war ein Paradies für Moskitos und Frösche. Und ein Albtraum für jedes andere Lebewesen.

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