5,99 €
Justus, Peter und Bob sollen etwas mit dem Diebstahl des "Jadekönig" zu tun haben, einer der wertvollsten Briefmarken der Welt. Werden sich die Detektive an diesem Fall die Finger verbrennen?
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 151
und der Jadekönig
erzählt von André Marx
Kosmos
Umschlagillustration von Silvia Christoph, Berlin
Umschlaggestaltung von eStudio Calamar, Girona, auf der Grundlage
der Gestaltung von Aiga Rasch (9. Juli 1941 – 24. Dezember 2009)
Unser gesamtes lieferbares Programm und viele
weitere Informationen zu unseren Büchern,
Spielen, Experimentierkästen, Autoren und
Aktivitäten findest du unter kosmos.de
© 2020, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart
Alle Rechte vorbehalten
Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan
Based on characters by Robert Arthur
ISBN 978-3-440-16056-5
eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
»Oh Gott, Bob, was machen wir denn jetzt bloß?« Peter sah sich ratlos um. Die Lage war dramatisch. Alles war verwüstet. Was noch vor wenigen Stunden der einladende Wohnraum einer Luxusvilla gewesen war, mit Designerstühlen, edlen Polstermöbeln, einem gigantischen Panoramafenster, Gemälden an der Wand und einem riesigen Aquarium in der Raummitte, glich nun einem Schlachtfeld.
Ein ovaler Glastisch war in tausend Teile zerbrochen. Im Panoramafenster klaffte ein riesiges Loch. Überall lagen nasse, zerfledderte Bücher, herausgerissen aus dem mächtigen Regal, das umgestürzt war und einen Sessel zertrümmert hatte. Nicht alles davon ging auf Peters und Bobs Konto. Das Netz aus Rissen, das den großen Flachbildschirm an der Wand zierte, aber schon.
»Tja«, sagte Bob und kratzte sich ratlos am Kopf. »Wenn der Hausherr zurückkommt, trifft ihn wahrscheinlich glatt der Schlag.«
»Und wenn wir einfach abhauen?«, überlegte Peter laut – und schüttelte sogleich den Kopf. Nein, das ging nicht. Schließlich war er hier eingebrochen. Er musste geradestehen für das, was passiert war. Er trat von einem Bein aufs andere. Der Teppich unter seinen Füßen gab dabei quatschende Geräusche von sich. Bestimmt handgeknüpfte Seide oder so etwas, er sah jedenfalls sehr teuer aus. Nun war er ruiniert. Wäre nur ein bisschen Wasser darauf ausgelaufen, wäre er vielleicht zu retten gewesen. Aber es war fast der komplette Inhalt des Aquariums gewesen. Mit allem, was darin schwamm. Gemeinsam hatten Bob und Peter wenigstens die Fische retten können. Aber würde das den Schock des Eigentümers mindern? Vermutlich nicht.
Ein kaltblaues Licht wanderte über die Wände, als unten auf der einsamen Bergstraße ein Taxi vorfuhr. Ein Mann im dunkelblauen Anzug stieg aus. Der Schein der Straßenlaterne ließ sein dunkles Haar glänzen. Mit alarmiertem Blick kam er zum Haus hinaufgelaufen.
»Wenn man vom Teufel spricht«, sagte Bob. »Das muss Mr Sterling sein.«
»Oh nein«, murmelte Peter und ihm wurde leicht übel. »Wie sollen wir ihm bloß all das hier erklären?«
Da stand der Mann bereits in der Tür. Er war groß und schlank, sah aus, als käme er frisch vom Friseur, und trug einen akkuraten kurzen Vollbart, in dem sich erste weiße Haare zeigten.
Mr Sterling starrte Bob an, dann starrte er Peter an, dann flog sein Blick durch den zertrümmerten Wohnraum. Sterling wurde bleich. »Was ist denn hier passiert? Wer seid ihr?«
»Mr Sterling«, begann Peter, »es ist nicht so, wie es aussieht!«
»Meine Fische!« Sterling lief zu dem kaputten Aquarium, das noch ein wenig Wasser enthielt.
»Wir haben alle gerettet!«, beeilte sich Peter zu sagen, froh über die gute Nachricht, die er verkünden konnte.
»Meine Bilder!«
Die meisten lagen verstreut auf dem Boden herum. Einige hatten Risse.
»Wer seid ihr?«, wiederholte Sterling, und diesmal lag blankes Entsetzen in seinen Augen.
»Bitte beruhigen Sie sich, Sir«, versuchte es Bob. »Mein Name ist Bob Andrews und das ist Peter Shaw.«
»Was habt ihr hier zu suchen?« Sterling war nun fast hysterisch. »Wart ihr das?«
»Das ist eine lange Geschichte.«
»Dann raus damit!«
Peter seufzte. »Also, das war so …«
Doch plötzlich flackerte es rot-blau durch das Fenster. Unten auf der Straße hielten zwei Polizeiautos.
»Die Polizei!«, stellte Sterling fest – es war nicht ganz klar, ob er darüber erleichtert war oder noch entsetzter als ohnehin schon.
Durch das zerstörte Panoramafenster beobachteten sie, wie drei Polizisten ausstiegen und auf das Haus zukamen.
»Oh nein!«, keuchte Bob, als er den Mann an der Spitze erkannte.
»Was ist?«, fragte Peter.
»Es ist Inspektor Kershaw!«
Die Polizisten traten durch die offene Haustür: eine Frau und ein Mann, angeführt von dem Inspektor, mit dem es die drei ??? schon ein paar Mal zu tun gehabt hatten. Kershaw war die – den Jungen nicht gerade wohlgesinnte – Vertretung von Inspektor Cotta, ihrem Vertrauten bei der Polizei in Rocky Beach, der Stadt, in der die Jungen wohnten. Sie waren allerdings nicht in Rocky Beach, sondern in Beverly Hills. Vielleicht vertrat Kershaw hier auch jemanden.
»Inspektor Kershaw«, stellte der Officer sich knapp dem Hausherrn vor und hielt ihm seine Dienstmarke unter die Nase. »Das sind meine Kollegen Hunter und Wang. Auf dem Präsidium ist der automatische Notruf Ihrer Alarmanlage eingegangen.«
»Mein Name ist Gavin Sterling. Ich wohne hier. Ich bin Schriftsteller und hatte gerade eine Lesung in der Stadt, als mein Handy Alarm schlug. Die Alarmanlage ist so programmiert, dass sie, wenn sie ausgelöst wird, eine Nachricht an die Polizei und an mich schickt.«
Kershaw nickte. »Es ist also eingebrochen worden, nehme ich an. Und das sind Ihre Söhne?«
»Nein! Das sind die Einbrecher!«
»Das stimmt so nicht«, widersprach Peter.
Kershaw wandte sich an die Jungen. Und erst jetzt erkannte er sie. »Ach, wen haben wir denn da! Die drei ???. Nein, anscheinend nur zwei. Wo ist denn euer oberschlauer Anführer?«
»Keine Ahnung«, sagte Bob einsilbig. Er hatte wenig Lust, Kershaw irgendwas zu erklären.
»Sie kennen diese Burschen?«, fragte Sterling verwundert.
Der Inspektor wollte gerade etwas sagen, als er auf dem nassen Teppich ins Rutschen kam. Erst jetzt nahm er die Zerstörung wahr, die um ihn herum herrschte. Einen Augenblick lang stand ihm der Mund offen. »Was ist denn hier passiert? Wart ihr das etwa?«
»Nein!«, rief Peter.
»Na ja …«, sagte Bob gleichzeitig.
»Es ist nicht so, wie es aussieht«, sagte Peter ein weiteres Mal.
Ein triumphierendes Lächeln schlich sich auf Kershaws Gesicht. Er kostete den Moment sichtlich aus. »Da haben sich die Herrschaften ja eine Menge Ärger eingebrockt. Es wurde auch Zeit, dass ihr mal auf frischer Tat ertappt werdet!«
»Verzeihung«, meldete sich Sterling erneut zu Wort, »wer sind diese Jungen?«
»Kriminelle, die der Polizei seit längerer Zeit bekannt sind«, sagte Kershaw.
»Das stimmt nicht!«, protestierte Peter.
»Ihr seid also nicht hier eingebrochen?«, wollte Sterling sich versichern.
Peter seufzte. »Doch. Aber –«
»Sehen Sie! Kriminelle!«
Von der Tür her erklangen Schritte. Alle drehten sich um.
»Und da ist auch schon der dritte Übeltäter«, sagte Kershaw erfreut.
»Justus!«, rief Bob. »Da bist du ja!«
»Wer ist denn das nun wieder?«, fragte Sterling verzweifelt.
Justus sah sich erschrocken um. »Was ist denn hier passiert?«
»Als ob du das nicht wüsstest«, lachte Kershaw.
»Ich habe wirklich keine Ahnung.« Justus konnte seinen Blick nicht von dem Chaos um ihn herum abwenden.
»Das dürfte dann wohl das Ende eurer albernen Möchtegernkarriere sein«, verkündete Kershaw erfreut.
»Wir sind unschuldig!« Jetzt wurde Peter laut. »Das waren diese Kerle! Und es gab einen Kampf!«
»Kerle? Was für Kerle?«, fragte Mr Sterling.
»Na, so Typen, die –«
»Die du dir gerade ausdenkst, um deinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen«, fiel Kershaw dem Zweiten Detektiv ins Wort. »Netter Versuch.«
Justus räusperte sich. »Wenn ich auch etwas zur Faktenanalyse beitragen –«
»Nichts da!«, unterbrach der Inspektor ihn unwirsch. »Du verdrehst nur alles mit deinem schlauen Gequatsche.«
»Inspektor Kershaw«, meldete sich seine Kollegin zu Wort, »sollen wir vielleicht inzwischen mit der Spurensicherung beginnen?«
»Gute Idee, Hunter. Verschaffen Sie sich erst mal einen Überblick. Womöglich haben diese drei Rotzbengel im ganzen Haus gewütet.«
»Nein!«, sagte nun Mr Sterling laut und trat entschlossen einen Schritt vor. Alle verstummten und blickten den Hausherrn überrascht an. Der hatte seine Fassung wiedergewonnen. Er straffte seinen maßgeschneiderten Anzug und hob energisch den Kopf. »Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, Herr Inspektor, aber Ihr Verhältnis zu diesen drei Jungen scheint Ihre Arbeit gerade sehr zu beeinflussen. Es wäre mir recht, wenn Ihre Leute und Sie jetzt gingen.«
»Verzeihung?«, fragte Kershaw, als hätte er sich verhört.
»Ich danke Ihnen, dass Sie so schnell gekommen sind. Aber ich würde mir gern zunächst selbst einen Überblick verschaffen. Dafür brauche ich Sie im Moment nicht. Gefahr scheint ja keine mehr zu bestehen.«
Kershaw räusperte sich. »Mr Sterling. Sie sind aufgewühlt. Lassen Sie mich Ihnen die Situation erklären: Sie wurden Opfer eines Einbruchs. Und diese drei Bengel hier –«
»Ich bin mir der Situation durchaus bewusst, Herr Inspektor. Aber ich würde gern selbst mit den Jungen sprechen.«
»Ich halte das für keine gute Idee.«
»Das brauchen Sie auch nicht. Vielen Dank für Ihr schnelles Handeln. Ich begleite Sie noch zur Tür.«
Doch so schnell ließ Kershaw sich nicht abwimmeln. »Sie machen einen Fehler, Mr Sterling. Ich kenne die drei! Sie sind ständig in krumme Dinger verwickelt. Sie sollten unbedingt Anzeige gegen sie erstatten!«
»Das werde ich zu gegebener Zeit tun, wenn ich davon überzeugt bin, dass sie die Schuldigen sind. Und nun bitte ich Sie, zu gehen.«
Kershaw wollte zu weiterem Protest ansetzen, überlegte es sich dann aber anders. Er ging zur Tür und bedeutete seinen Kollegen mit einem knappen Nicken, ihm zu folgen. Den drei Detektiven warf er einen letzten zornigen Blick zu. »Wir sehen uns noch!«, versprach er.
Die drei Polizisten verließen das Haus. Sterling sah ihnen durch das Fenster hinterher, bis sie losgefahren waren. Dann drehte er sich zu Justus, Peter und Bob um, die noch immer ratlos im Raum standen. »Und nun zu euch. Glaubt nicht, ich hätte die Polizisten euch zuliebe weggeschickt. Aber dieser Herr Inspektor hatte euch offensichtlich auf dem Kieker, wie man so schön sagt. Und er gefiel sich in seiner selbstgerechten Rolle viel zu gut. Ich mag solche Menschen nicht. Aber das heißt nicht automatisch, dass ich euch mag und dass ich euch nicht anzeigen werde.« Sein Blick wurde durchdringend. »Ob ich das tue oder nicht, hängt ganz allein von dem ab, was ihr mir nun erzählt. Und ich warne euch: Ich kann sehr ungemütlich werden, wenn man mir nicht die Wahrheit sagt. Haben wir uns verstanden?«
Die drei Detektive nickten.
»Gut. Setzt euch da hin.« Mr Sterling deutete auf ein riesiges Sofa, eines der wenigen unversehrten Möbelstücke im Raum. Dann baute er sich Ehrfurcht gebietend vor ihnen auf, verschränkte die Arme und blickte die Jungen nacheinander an. »Ich will jetzt wissen, was hier passiert ist. Seid ihr hier eingebrochen?«
»Ich«, bekannte der Zweite Detektiv. »Ich bin eingebrochen. Aber ich wusste nicht, dass ich einbreche! Jock hat mir nicht gesagt, dass es ein Einbruch ist.«
»Aha. Jock hat es dir also nicht gesagt.« Sterling wandte sich an Bob und Justus. »Wer von euch beiden ist Jock?«
»Keiner von uns, Sir«, antwortete Justus.
»Ich verstehe nicht.«
»Natürlich nicht, Mr Sterling«, sagte Peter. »Ich muss die ganze Geschichte erzählen. Von Anfang an.«
»Ich bitte darum.«
»Also gut«, sagte Peter.
Und dann erzählte er. Von Anfang an.
Als Peter aus seinem MG stieg und sein Skateboard unter den Arm klemmte, drang schon das beständige Rauschen von Kunststoffrollen auf Beton an sein Ohr. Der kleine Skatepark von Rocky Beach war gut besucht. Einige Skater kannte Peter mit Namen, andere vom Sehen. Jock, den er erst vor ein paar Tagen hier kennengelernt hatte, sauste gerade durch die Halfpipe. Es hatte sich sogar eine kleine Zuschauertraube gebildet. Peter drehte erst mal ein paar entspannte Runden durch die Bowl, bevor er sich zur Handrail begab. Dort war wenig los. Der Zweite Detektiv legte seine Knie- und Ellbogenschützer an, stellte den linken Fuß auf sein Skateboard und gab mit dem rechten Schwung. Er sauste auf die Handrail zu. Jetzt nur nicht zu schnell werden! Er ging in die Knie, trat auf den Tail und ließ das Board in die Luft schnellen. Treffsicher erwischte er die Rail. Doch anstatt auf ihr hinabzugleiten, krachte es plötzlich unter seinen Füßen und das Board kippte weg. Noch ehe Peter begriff, wie ihm geschah, stürzte er ab und schlug hart auf dem Betonboden auf.
Die Knie- und Ellbogenschützer hatten seinen Sturz zum Glück abgefedert. Er war unverletzt. Aber das Skateboard war hinüber – durchgebrochen! »Das gibt’s ja wohl nicht«, presste Peter wütend hervor.
Ein Schatten legte sich über ihn. Der Zweite Detektiv blinzelte hinauf in Jocks breit grinsendes Gesicht. »Alle Achtung. Nach allen Regeln der Kunst geschrottet.« Jock trug eine leicht verunglückte Cornrow-Frisur mit dutzenden dicht an der Kopfhaut geflochtenen Zöpfen, die sich am Hinterkopf in eine wilde blonde Mähne auflösten. Sein durchtrainierter Körper steckte in einer weiten Hose und einem schlabberigen T-Shirt. Knieschützer trug er nicht, das wäre wahrscheinlich gegen seine Ehre gewesen, denn er war ein ziemlich guter Skater. Viel besser als Peter auf jeden Fall.
Jock streckte die Hand aus und Peter ließ sich aufhelfen. Gemeinsam sahen sie sich das zerbrochene Board an.
»Das ist durch«, bemerkte Jock.
»Was du nicht sagst.« Peter war wütend. »Das Brett war neu! Fast jedenfalls.«
»Ja, aber es ist halt eine Billigmarke.«
»Für mehr hat’s nicht gereicht«, knurrte Peter. »Das war es fürs Erste mit dem Skaten.«
»Ich habe noch ein Supreme Wizard Shortboard zu Hause. Fahre ich nie mit. Kannst du haben, wenn du willst. Für zwanzig?«
Peter runzelte die Stirn. »Du hast ein Supreme Wizard zu Hause rumstehen und willst es mir für zwanzig Dollar verkaufen!? Das ist ein supercooles Board!«
»Ich weiß. Aber ich liebe nun mal mein altes Brett.« Er wies auf sein Skateboard, das schon ziemlich mitgenommen aussah. »Das Supreme steht nur zu Hause rum. Was ist? Kein Interesse?«
Peter zuckte die Schultern. »Doch. Schon. Ich guck’s mir auf jeden Fall gerne mal an.«
Jock schaute auf seine Armbanduhr. »Ich muss sowieso los. Wenn du willst, kannst du gleich mitkommen. Hast du ein Auto, Peter?«
»Ja, allerdings spinnt es zurzeit. Es kann eine Weile dauern, bis es anspringt.«
»Das macht nichts. Hauptsache, es fährt noch. Wir müssen nämlich nach Beverly Hills.«
»Da wohnst du? Wie bist du denn hergekommen?«
»Mit Freunden. Aber die sind blöderweise schon weg. Kann man nichts machen.«
Peter runzelte die Stirn. Kurz kam ihm der Gedanke, dass Jock womöglich nur jemanden gesucht hatte, der ihn nach Hause brachte. Dass es gar kein Supreme Wizard gab. Schließlich kannte er Jock erst seit ein paar Tagen und ganz plötzlich tat er so, als wären sie beste Kumpels.
Doch dann wischte Peter seine Zweifel beiseite. Er nahm sein zerbrochenes Skateboard und stopfte es in einen in der Nähe stehenden Abfallcontainer. »Mein Wagen steht da drüben. Sollen wir?«
Peter unterbrach seine Erzählung, seufzte und kratzte sich am Kopf. »Ich hätte besser auf meine Zweifel gehört.« Er schaute zu Justus. »Aber ich dachte, das kommt bestimmt von dieser ständigen Detektivarbeit, dass ich niemandem mehr über den Weg traue. Und dass Jock bestimmt einfach nur ein netter Kerl ist.«
»Augenblick mal«, mischte Mr Sterling sich ein. »Was denn für Detektivarbeit?«
»Wir drei«, sagte Justus, »sind ein Detektivteam.«
»Ist das euer Ernst?«
Bob nickte. »Deshalb kannte uns auch Inspektor Kershaw. Wir sind ihm ein paar Mal bei Ermittlungen begegnet.«
»Er hat es so dargestellt, als wärt ihr ein polizeibekanntes Verbrechertrio.«
»Er findet es nicht gut, was wir machen«, erklärte Peter. »Dabei ist er nur neidisch auf unsere Erfolge.«
»Wie auch immer. Erzähl weiter!«
Der Zweite Detektiv atmete tief durch. »Wir fuhren also in meinem Wagen nach Beverly Hills.«
Während der Fahrt durch den warmen frühen Abend unterhielten sich Peter und Jock übers Skaten. Oder eher: Jock erzählte Peter, was für ein toller Skater er war und welche Fliptricks er draufhatte. Peter war schon bald genervt und hoffte auf eine Gelegenheit, selbst ein bisschen angeben zu können. Aber mit seinen zahllosen Abenteuern, die er bereits als Detektiv bestanden hatte, wollte er nicht prahlen. Das kam bei Leuten, die ihn nicht kannten, manchmal komisch an.
Nach einer halben Stunde erreichten sie ihr Ziel. Da Jock ihn die ganze Zeit gelotst hatte und es ziemlich kreuz und quer gegangen war, wusste Peter nicht, wo genau sie sich befanden. Irgendwo in den Bergen nördlich von Beverly Hills. Auf der letzten halben Meile war die Straße so steil gewesen, dass Peters MG sie nur im zweiten Gang geschafft hatte. Auf diesem Stück waren sie an keinem Haus mehr vorbeigekommen.
Hinter einer Kurve kam eine moderne Villa aus weiß getünchtem Beton und Glas zum Vorschein. Die Architektur war eigenwillig und verwirrend. Das Haus sah aus, als hätte jemand fünf oder sechs Schuhkartons ineinandergeschoben. Einsam thronte es am Hang. Die rot glühenden Wolken am Horizont spiegelten sich in den riesigen Fenstern.
»Da wären wir«, sagte Jock und Peter hielt am Straßenrand.
»Sollte mein Wagen später wieder nicht anspringen, kann ich mich notfalls bis zur Hauptstraße runterrollen lassen.«
Jock öffnete die Beifahrertür.
»Pass auf den Abhang auf!«, warnte Peter. »Ich bin ein bisschen zu nahe an den Rand gefahren.« Direkt neben dem Auto ging es steil bergab.
Jock grinste. »Ich kenne mich hier aus, Peter.«
Der Zweite Detektiv sah sich um. Ein kleines Stück weiter parkte ein wuchtiger brauner Straßenkreuzer, ein alter Oldsmobile Cutlass. Sein Motor knackte, so als wäre das Auto gerade erst abgestellt worden. Vielleicht gehörte es Jocks Eltern. Peters Blick ging Richtung Küste. Santa Monica lag wie ein glitzerndes Schachbrett zwischen ihnen und dem Ozean am Horizont. »Schicke Aussicht«, bemerkte Peter. »Und eine schicke Hütte!«
»Ach, na ja«, murmelte Jock, als wollte er den Reichtum seiner Familie herunterspielen. Er nahm sein Skateboard unter den Arm und ging auf das Haus zu. Eine Granittreppe führte über einen bepflanzten Hang hinauf zum Eingang. Die Außenbeleuchtung ging automatisch an. Jock stellte das Board an der Wand ab und nestelte in seiner rechten Hosentasche herum. Dann in der linken. Er klopfte seine ganze Hose ab. Um sich schließlich mit der flachen Hand gegen die Stirn zu schlagen. »Ich Idiot!«
»Was ist? Hast du deinen Schlüssel verloren?«
»Nicht verloren. Ich weiß, wo er ist. In meinem Rucksack. Und der liegt bei meinem Kumpel Carl, mit dem ich heute zum Skatepark gefahren bin, im Auto.«
Peter seufzte. »Und jetzt? Willst du ihn anrufen?«
»Mein Telefon ist auch im Rucksack.«
Peter zog sein Handy aus der Tasche und reichte es ihm.
Jock schüttelte den Kopf. »Ich weiß doch die Nummer nicht auswendig.«
Peter steckte das Handy wieder ein. »Aber deine Eltern sind doch da, oder?«
Jock schüttelte den Kopf. »Die sind übers Wochenende weggefahren.«
»Habt ihr nicht irgendwo einen Zweitschlüssel deponiert?«
»War immer mein Vorschlag. Aber sie meinten, den würden die Einbrecher sofort finden.«
»Was für Einbrecher?«
»Irgendwelche Einbrecher halt.«