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Sie ist der Traum der theoretischen Physik und die Suche nach ihr hat uns hundert Jahre technischen Fortschritt beschert: die große einheitliche Theorie von Allem, die eine Formel für alle physikalischen Gesetze, die das Universum regieren. Die vergangenen dreißig Jahre seines Lebens widmete Albert Einstein diesem Traum. Es geht darum, eine Brücke zu schlagen zwischen seiner Allgemeinen Relativitätstheorie und der Quantentheorie. Beide sind Motoren der digitalen Revolution, aber sie sind unvereinbar. Michio Kaku, einer der Väter der Stringtheorie, erzählt die Geschichte der abenteuerlichen Suche von Physikern nach dieser Formel, die einer Entschlüsselung von Gottes an gleich käme. "Das Universum", sagt Kaku, "ist eine Sinfonie." Aber ist es auch einzigartig? Oder gab es eine Wahl bei seiner Entstehung? Wie viele Universen mit wie vielen Naturgesetzen müsste man durchprobieren, um zu unserem zu gelangen? Und warum eigentlich ist der Himmel nachts schwarz? Wie erwischt man ein Geister-Teilchen? Es sind die wichtigen Fragen der Physik des 20. und 21. Jahrhunderts, die Michio Kaku in seinem Buch verhandelt.
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Seitenzahl: 247
Michio Kaku
Die Suche nach der Theorie von Allem
Sie ist der Traum der theoretischen Physik, und die Suche nach ihr hat uns hundert Jahre technischen Fortschritt beschert: die große einheitliche Theorie von Allem, die eine Formel für alle physikalischen Gesetze, die das Universum regieren. Schon Albert Einstein widmete diesem Traum Jahrzehnte seines Lebens. Es geht darum, eine Brücke zu schlagen zwischen seiner Allgemeinen Relativitätstheorie und der Quantentheorie. Beide sind Motoren der digitalen Revolution, aber sie sind unvereinbar.
Michio Kaku, einer der Väter der Stringtheorie, erzählt die Geschichte der abenteuerlichen Suche von Physikern nach dieser Formel, die einer Entschlüsselung von Gottes Plan gleichkäme. «Das Universum», sagt Kaku, «ist eine Symphonie.» Aber ist es auch einzigartig? Oder gab es eine Wahl bei seiner Entstehung? Wie viele Universen mit wie vielen Naturgesetzen müsste man durchprobieren, um zu unserem zu gelangen? Und warum eigentlich ist der Himmel nachts schwarz? Wie erwischt man ein Geisterteilchen?
Es sind die wichtigen Fragen der Physik des 20. und 21. Jahrhunderts, die Michio Kaku in seinem Buch verhandelt.
Michio Kaku, geboren 1947, ist einer der Väter der Stringtheorie und zählt zu den berühmtesten Physikern der Welt. Er arbeitet und lehrt als Professor für theoretische Physik an der City University of New York. Wie Albert Einstein und Stephen Hawking ist er auf der Suche nach der einen Theorie von allem zur Erklärung der fundamentalen Kräfte der Natur.
Monika Niehaus, Diplom in Biologie, Promotion in Neuro- und Sinnesphysiologie, freiberuflich als Autorin (SF, Krimi, Sachbücher), Journalistin und naturwissenschaftliche Übersetzerin (englisch/französisch) tätig. Mag Katzen, kocht und isst gern in geselliger Runde.
Bernd Schuh, geboren 1948, ist Physiker, Dozent, Journalist, Autor und Übersetzer. Er studierte Mathematik, Physik und Chemie in Köln, wurde 1977 promoviert und habilitierte sich 1982 in Physik. Er ist Träger des Georg von Holtzbrinck Preises für Wissenschaftsjournalismus.
Die Originalausgabe erschien 2021 unter dem Titel «The God Equation» bei Doubleday, New York.
Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Hamburg, Juni 2021
Copyright © 2021 by Rowohlt Verlag GmbH, Hamburg
«The God Equation» Copyright © 2021 by Michio Kaku
Fachlektorat Bernd Schuh
Covergestaltung zero-media.net, München, nach einem Entwurf von Anzinger und Rasp, München
Coverabbildung John M Lund Photography Inc/Getty Images
ISBN 978-3-644-00927-1
Schrift Droid Serif Copyright © 2007 by Google Corporation
Schrift Open Sans Copyright © by Steve Matteson, Ascender Corp
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Widmung
Einführung in die endgültige Theorie
Eine Armee von Kritikern
Kapitel 1 Vereinheitlichung – der uralte Traum
Wiedergeburt in der Renaissance
Newtons Theorie der Kräfte
Was ist Symmetrie?
Bestätigung der Newton’schen Gesetze
Das Geheimnis von Elektrizität und Magnetismus
Die Maxwell’schen Gleichungen
Das Ende der Wissenschaft?
Kapitel 2 Einsteins Suche nach der Vereinigungstheorie
Symmetrie und Schönheit
Gravitation als gekrümmter Raum
Sonnenfinsternis und Gravitation
Newton und Einstein: Extreme Gegensätze
Auf der Suche nach der vereinheitlichten Theorie
Kapitel 3 Der Aufstieg der Quantentheorie
Die Quantenrevolution
Elektronenwellen
Eine Erklärung für das Periodensystem
Diracs Theorie des Elektrons
Was schwingt denn da eigentlich?
Der Zusammenprall der Titanen
Schrödingers Katze
Energie von der Sonne
Die Quantenmechanik und der Krieg
Kapitel 4 Eine Theorie von fast Allem
QED
Anwendungen der Quantenrevolution
Was ist Leben?
Die Kernkraft
Extreme Gegensätze II
Schwache Kraft und Geisterteilchen
Die Yang-Mills-Theorie
Higgs-Boson – das Gottesteilchen
Eine Theorie von fast Allem
LHC
Kapitel 5 Das dunkle Universum
Was ist ein Schwarzes Loch?
Reise durchs Wurmloch
Zeitreisen
Wie wurde das Universum erschaffen?
Warum ist der Nachthimmel schwarz?
Das Universum in der Allgemeinen Relativitätstheorie
Das Nachglühen des Urknalls
Inflation
Universum außer Kontrolle
Gesucht: das Graviton
Kapitel 6 Der Aufstieg der Stringtheorie: Versprechen und Probleme
Stringtheorie
10 Dimensionen
Das Graviton
Supersymmetrie
M-Theorie
Das holographische Universum
Die Theorie testen
Kritik an der Stringtheorie
Kann man sie überprüfen?
Die Suche nach der dunklen Materie
Jenseits des LHC
Der Urknall als Atomzertrümmerer
LISA
Der Test des inversen Quadratgesetzes
Das Problem der String-Landschaften
Wie ich selbst die Stringtheorie sehe
Eine Pyramide freilegen
Kapitel 7 Die Suche nach dem Sinn des Universums
Gottesbeweise
Mein eigener Standpunkt
Hatte das Universum einen Anfang oder nicht?
Sinn in einem endlichen Universum
Schlusswort
Danksagung
Weiterführende Literatur
Register
Gewidmet meiner lieben Frau Shizue
und meinen Töchtern,
Dr. Michelle Kaku und Alyson Kaku
Es bleiben jedoch noch einige Hürden zu überwinden. Bei aller Begeisterung für die Stringtheorie haben Kritiker lautstark auf Mängel hingewiesen. Und über all dem Rummel und Getöse haben sich echte Fortschritte verzögert.
Das offenkundigste Problem ist, dass wir trotz all der schmeichelhaften Presse, die die Schönheit und Komplexität der Theorie preist, keine soliden, testbaren Beweise vorlegen können. Einst hegten wir die Hoffnung, der Large Hadron Collider (LHC), der größte Teilchenbeschleuniger der Geschichte, der im schweizerischen Genf steht, würde uns konkrete Beweise für die endgültige Theorie liefern, doch diese Hoffnung hat sich bislang nicht erfüllt. Der LHC hat zwar das Higgs-Boson (oder Gottesteilchen) gefunden, doch dieses Teilchen war nur ein winziger Teil der endgültigen Theorie.
Auch wenn es ehrgeizige Vorschläge für einen noch leistungsfähigeren Nachfolger des LHC gibt, ist nicht garantiert, dass diese so teuren Maschinen überhaupt irgendetwas finden werden. Niemand kann mit Sicherheit sagen, bei welcher Energie wir auf neue subatomare Teilchen stoßen werden, die die Theorie bestätigen könnten.
Die wichtigste Kritik an der Stringtheorie ist jedoch vielleicht, dass sie ein Multiversum von Universen voraussagt. Einstein meinte einst, die Schlüsselfrage sei: Hatte Gott eine Wahl, als er das Universum schuf? Ist das Universum einzigartig? Die Stringtheorie selbst ist einzigartig, doch sie hat wahrscheinlich eine unendliche Anzahl von Lösungen. Physiker nennen dies das Landschaftsproblem – die Tatsache, dass unser Universum vielleicht nur eine Lösung in einem Meer von anderen, ebenso gültigen Lösungen ist. Wenn unser Universum eines von vielen möglichen Universen ist, welches ist dann das unsere? Warum leben wir in diesem speziellen Universum und nicht in einem anderen? Was ist dann die Vorhersagekraft der Stringtheorie? Ist es eine Theorie von Allem oder eine Theorie von allem Möglichen?
Ich bekenne, dass ich einen Anteil an dieser Suche habe. Ich arbeite seit 1968 an der Stringtheorie, seitdem sie zufällig, unangekündigt und völlig unerwartet auftauchte. Ich habe die bemerkenswerte Evolution dieser Theorie erlebt, die sich von einer einzigen Formel zu einer Disziplin entwickelte, deren Forschungsartikel eine ganze Bibliothek füllen.
Heutzutage bildet die Stringtheorie die Basis für einen Großteil der physikalischen Forschung in den führenden Laboren der Welt. Dieses Buch wird Ihnen hoffentlich eine ausgewogene, objektive Analyse der Durchbrüche und Grenzen der Stringtheorie vermitteln.
Es wird auch erklären, warum diese Suche die Fantasie der weltweit führenden Physiker gefangen nimmt und warum diese Theorie so viele leidenschaftliche und kontroverse Diskussionen ausgelöst hat.
Wenn man den Nachthimmel in all seiner funkelnden Sternenpracht betrachtet, kann man leicht von seiner schieren, atemberaubenden Majestät überwältigt werden. Und dann stellen wir uns eine Frage, die an das größte Geheimnis überhaupt rührt.
Steckt hinter diesem Universum ein großer Entwurf?
Wie können wir einen Sinn in einem anscheinend sinnlosen Kosmos finden?
Hat unsere Existenz Sinn und Zweck, oder ist sie völlig ohne Ziel?
All das erinnert mich an ein Gedicht von Steven Crane:
A man said to the universe:
«Sir, I exist!»
«However,» replied the universe,
«The fact has not created in me a sense of obligation.»
(Ein Mann erklärte dem Universum:
«Mein Herr, ich existiere!»
«Mag sein», entgegnete das Universum,
«Doch die Tatsache verpflichtet mich zu nichts.»)
Die alten Griechen gehörten zu den Ersten, die den ernsthaften Versuch unternahmen, das Chaos der Welt um uns herum zu ordnen. Philosophen wie Aristoteles glaubten, alles lasse sich auf eine Mischung von vier Grundelementen reduzieren: Erde, Luft, Feuer und Wasser. Aber wie erwächst aus diesen vier Elementen die reiche Komplexität der Welt?
Die Griechen schlugen mindestens zwei Antworten auf diese Frage vor. Die erste gab der Philosoph Demokrit noch vor Aristoteles. Er glaubte, alles lasse sich auf winzige, unsichtbare, unzerstörbare Teilchen zurückführen, die er Atome (griechisch für «unteilbar») nannte. Seine Kritiker wiesen jedoch darauf hin, dass sich ein direkter Beweis für Atome unmöglich erbringen ließ, weil sie zu klein für eine Beobachtung waren. Demokrit konnte jedoch auf überzeugende Indizien verweisen.
Stellen Sie sich zum Beispiel einen Goldring vor. Im Lauf der Zeit beginnt der Ring sich abzunutzen. Etwas davon verschwindet. Jeden Tag geht ein winziger Teil seiner Materie verloren. Obgleich Atome unsichtbar sind, lässt sich ihre Existenz indirekt ableiten.
Selbst heute geht ein großer Teil der modernen Wissenschaft indirekt vor. Wir kennen die Zusammensetzung der Sonne, die detaillierte Struktur der DNA, das Alter des Universums allein aufgrund von Messungen dieser Art. Wir wissen all dies, obwohl wir niemals die Sterne besucht haben, in ein DNA-Molekül eingedrungen sind oder Zeuge des Urknalls waren. Der Unterschied zwischen direktem und indirektem Beweis ist von entscheidender Bedeutung, wenn wir Versuche diskutieren, die die vereinheitlichte Feldtheorie belegen.
Einen zweiten Ansatz lieferte der große Mathematiker Pythagoras.
Pythagoras hatte die Eingebung, irdische Phänomene wie Musik mathematisch zu beschreiben. Der Legende zufolge entdeckte er Ähnlichkeiten zwischen dem Klang, der beim Zupfen einer Saite der Leier entsteht, und den Resonanzen, die beim Hämmern eines Metallstabes auftreten. Er stellte fest, dass dabei musikalische Frequenzen entstehen, die in bestimmten Verhältnissen schwingen. Daher hat etwas ästhetisch so Schönes wie Musik seinen Ursprung in der Mathematik der Resonanzen. Dies sprach nach Pythagoras’ Meinung dafür, dass die Vielfalt der Objekte, die wir sehen, denselben mathematischen Regeln gehorchen musste.
Daher lieferten uns die alten Griechen mindestens zwei großartige Theorien: die Vorstellung, dass alles aus unsichtbaren, unzerstörbaren Atomen besteht und dass sich die Vielfalt der Natur durch die Mathematik der Schwingungen beschreiben lässt.
Mit dem Zusammenbruch der klassischen Zivilisation ging diese Kultur philosophischer Diskussionen und Debatten jedoch leider verloren. Die Vorstellung, es könne ein Paradigma geben, das das Universum erklärt, geriet für fast tausend Jahre in Vergessenheit. Dunkelheit breitete sich über die westliche Welt aus, und wissenschaftliche Fragestellungen wurden weithin durch abergläubische Überzeugungen und den Glauben an Magie und Hexerei ersetzt.
Im 17. Jahrhundert wagten einige wenige bedeutende Wissenschaftler, die etablierte Ordnung in Frage zu stellen und die Natur des Universums zu erforschen, doch sie stießen auf starke Widerstände und wurden heftig verfolgt. Johannes Kepler, der als einer der Ersten Mathematik auf die Bewegung der Planeten anwandte, war Hofmathematiker von Kaiser Rudolf II. und entging vielleicht deshalb der kirchlichen Verfolgung, weil er in seine wissenschaftlichen Arbeiten fromme religiöse Elemente einflocht.
Der ehemalige Mönch Giordano Bruno hatte nicht so viel Glück. Im Jahr 1600 wurde er wegen Häresie vor Gericht gestellt und zum Tode verurteilt. Er wurde geknebelt, nackt durch die Straßen von Rom geführt und schließlich auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Sein Hauptverbrechen? Die Vermutung, es könne auf Planeten, die andere Sterne umkreisen, Leben geben.
Dem großen Galilei, dem Vater der experimentellen Wissenschaft, drohte dasselbe Schicksal. Doch anders als Bruno widerrief Galilei angesichts der drohenden Todesstrafe seine Thesen. Nichtsdestotrotz hinterließ er mit seinem Teleskop, der vielleicht revolutionärsten und aufrührerischsten Erfindung in der Wissenschaft, ein bleibendes Vermächtnis. Mit einem Teleskop konnte jedermann mit eigenen Augen sehen, dass der Mond pockennarbig war und Krater aufwies, dass die Venus Phasen zeigte, die zu einer Umlaufbahn um die Sonne passten, und dass der Jupiter Monde hatte, was allesamt ketzerische Ideen waren.
Galilei wurde unter Hausarrest gestellt, durfte keine Besucher empfangen und erblindete schließlich. (Angeblich, weil er einst mit seinem Teleskop direkt in die Sonne geblickt hatte.) Der Wissenschaftler starb als gebrochener Mann. Doch im Jahr darauf wurde in England ein Knabe geboren, der seine und Keplers unvollendete Theorie vollenden und uns eine vereinheitlichte Theorie des Himmels schenken sollte.
Isaac Newton ist vielleicht der größte Naturwissenschaftler, der jemals gelebt hat. In einer von Aberglauben und Hexerei besessenen Welt wagte er es, die universellen Gesetze des Himmels niederzuschreiben und zum Studium von Kräften eine neue, von ihm erfundene Mathematik, die sogenannte Infinitesimalrechnung, anzuwenden. Wie der Physiker Steven Weinberg schrieb: «Erst mit Isaac Newton beginnt der moderne Traum von einer endgültigen Theorie wirklich.»[1] Damals verstand man darunter die Theorie von Allem, das heißt die Theorie, die alle Bewegung beschrieb.
Alles begann, als Newton 23 Jahre alt war. Die Cambridge University wurde aufgrund des Schwarzen Todes, der Pest, geschlossen. Eines Tages im Jahr 1666, als er auf seinem Landsitz umherschlenderte, sah er einen Apfel fallen. Daraufhin stellte er sich eine Frage, die den Lauf der Menschheitsgeschichte verändern sollte:
Wenn ein Apfel fällt, fällt dann auch der Mond?
Vor Newton lehrte die Kirche, es gebe zwei Arten von Gesetzen. Da waren zum einen die Gesetze, die auf Erden galten und die durch die Sünden der Sterblichen unvollkommen waren. Und dann gab es zum anderen die reinen, perfekten und harmonischen Gesetze des Himmels.
Die Essenz von Newtons Theorie bestand darin, eine einheitliche Theorie vorzuschlagen, die Himmel und Erde umfasste.
In seinem Notizbuch zeichnete er ein schicksalhaftes Bild (Abbildung 1).
Wenn eine Kanonenkugel von der Spitze eines Berges abgefeuert wird, legt sie eine gewisse Strecke zurück, bevor sie auf dem Boden landet. Wenn man die Kugel jedoch mit immer höherer Geschwindigkeit abschießt, bewegt sie sich weiter und weiter, bevor sie zurück auf die Erde fällt, bis sie die Erde schließlich vollständig umrundet und zur Bergspitze zurückkehrt. Newton zog den Schluss, dass das Gesetz der Schwerkraft, das Äpfel und Kanonenkugeln lenkt, auch den Mond auf seiner Umlaufbahn um die Erde hält. Für die irdische und die himmlische Physik galten dieselben Regeln.
Abbildung 1. Man kann eine Kanonenkugel mit immer größerer Energie abfeuern, sodass sie schließlich die Erde umkreist und zu ihrem Startpunkt zurückkehrt. Newton erläuterte dann, dass dies die Umlaufbahn des Mondes erkläre, und vereinte damit die physikalischen Gesetze, die auf der Erde galten, mit den Gesetzen himmlischer Körper.
Zu diesem Schluss kam er, indem er das Konzept der Kräfte einführte. Objekte bewegten sich, weil sie von Kräften angezogen oder abgestoßen wurden, die universell waren und sich präzise messen und mathematisch bestimmen ließen. (Zuvor hatten einige Theologen angenommen, Objekte bewegten sich aufgrund eines inneren Bedürfnisses – wenn sie also fielen, dann aufgrund des Wunsches, sich mit der Erde zu vereinen.)
Daher führte Newton das Konzept der Vereinheitlichung ein.
Newton war jedoch ein notorisch verschlossener Mann und hielt einen Großteil seiner Arbeit geheim. Er hatte kaum Freunde, war unfähig zu leichterer Konversation, verstrickte sich oft in bittere Prioritätsstreitigkeiten mit anderen Wissenschaftlern über seine Entdeckungen.
Im Jahr 1682 begab sich ein sensationelles Ereignis, das den Lauf der Geschichte verändern sollte. Ein feuriger Komet zog über London. Jedermann, vom König bis zum Bettler, diskutierte die Neuigkeit. Woher kam er? Wohin ging er? Worauf deutete er hin?
Ein Mann, der sich für diesen Kometen interessierte, war der Astronom Edmond Halley. Er reiste nach Cambridge, um den berühmten Isaac Newton zu treffen, der bereits für seine Theorie des Lichts wohlbekannt war. (Durch Zerlegen des Sonnenlichts mittels eines Glasprismas hatte Newton gezeigt, dass sich weißes Licht in alle Farben des Regenbogens aufspalten lässt, und bewies damit, dass weißes Licht tatsächlich aus Farben zusammengesetzt ist. Zudem erfand er einen neuen Typ von Teleskop, der statt Linsen reflektierende Spiegel verwendete.) Als Halley Newton nach dem Kometen fragte, der in aller Munde war, erfuhr er zu seiner Verwunderung, dass sich Kometen, wie Newton anhand seiner eigenen Gravitationstheorie zeigen konnte, in Ellipsen um die Sonne bewegten und ihre Bahn sich vorhersagen ließ. Tatsächlich verfolgte Newton ihren Lauf mit Hilfe des von ihm erfundenen Teleskops, und sie bewegten sich genau so, wie er es vorhersagte.
Halley war wie vor den Kopf geschlagen.
Er erkannte sofort, dass er Zeuge einer umwälzenden wissenschaftlichen Entdeckung war, und erklärte sich bereit, die Druckkosten eines Werkes zu übernehmen, das schließlich zu einem der größten Meisterwerke in der Geschichte der Wissenschaft werden sollte, Newtons Philosophiae Naturalis Principia Mathematica oder kurz Principia.
Wie Halley darüber hinaus erkannte, sagte Newton voraus, dass Kometen unter Umständen in regelmäßigen Abständen zurückkehren konnten, und so berechnete der Astronom, dass der Londoner Komet von 1682 im Jahr 1758 wiederkehren würde. (Der Halley’sche Komet überquerte Europa, wie vorausgesagt, am Weihnachtsabend 1758 – was Newtons und Halleys Ruhm posthum bestätigte.)
Newtons Theorie der Bewegung und der Gravitation gehört zu den größten Errungenschaften des menschlichen Geistes, ein einziges Prinzip, das die bekannten Gesetze der Bewegung vereinigt. Der englische Dichter Alexander Pope schrieb dazu:
Natur und der Natur Gesetze lagen in dunkler Nacht,
Gott sprach: Newton sei! Und sie strahlten voll Pracht.
Selbst heute noch sind es diese Gesetze, die NASA-Ingenieuren erlauben, Raumsonden durch das Sonnensystem zu schicken.
Im Lauf der Jahrhunderte sind die Newton’schen Gesetze immer wieder bestätigt worden; sie hatten tiefgreifende Auswirkungen auf die Naturwissenschaften und auch auf die Gesellschaft. Im 19. Jahrhundert bemerkten Astronomen eine seltsame Anomalie am Himmel. Die Bahn des Planeten Uranus wich von den Vorhersagen der Newton’schen Gesetze ab. Sein Orbit war keine perfekte Ellipse, sondern schlingerte ein bisschen. Entweder stimmte etwas mit den Newton’schen Gesetzen nicht, oder es gab einen bisher noch nicht entdeckten Planeten, dessen Schwerkraft an der Umlaufbahn des Uranus zupfte. Und der Glaube an die Newton’schen Gesetze war so groß, dass Physiker wie Urbain Le Verrier mühsam per Hand berechneten, wo sich dieser geheimnisvolle Planet denn verbergen könnte. Gleich beim allerersten Versuch 1846 entdeckten Astronomen den Planeten denn auch – nicht weiter als einen einzigen Winkelgrad entfernt von der vorhergesagten Stelle. Der neue Planet erhielt den Namen Neptun. Eine glänzende Bestätigung für die Newton’schen Gesetze und das erste Mal in der Geschichte, dass reine Mathematik eingesetzt wurde, um die Präsenz eines größeren Himmelskörpers nachzuweisen.
Jedes Mal, wenn Wissenschaftler eine der fundamentalen Kräfte der Natur entschlüsselten, wurde damit nicht nur ein weiteres Geheimnis der Natur gelüftet, sondern, wie bereits erwähnt, revolutionierte dies auch die Gesellschaft selbst. Die Newton’schen Gesetze legten nicht nur die Geheimnisse der Planeten und Kometen offen, sie schufen auch die Grundlage für die Gesetze der Mechanik, die wir heute einsetzen, um Wolkenkratzer, Maschinen, Flugzeuge, Züge, Brücken, Unterseeboote und Raketen zu entwickeln. So wandten Physiker im 19. Jahrhundert beispielsweise die Newton’schen Gesetze an, um die Natur der Wärme zu erklären. Damals spekulierten Wissenschaftler, Wärme sei so etwas wie eine Flüssigkeit, die sich durch eine Substanz ausbreitet. Eingehendere Untersuchungen zeigten jedoch, dass Wärme eine Manifestation von Molekülen in Bewegung war, winzigen Stahlkugeln ähnlich, die ständig miteinander kollidieren. Die Newton’schen Gesetze erlauben uns, genau zu berechnen, wie zwei Stahlkugeln voneinander abprallen. Durch Addieren der Stöße von Billionen und Aberbillionen von Molekülen könnte man dann die genauen Eigenschaften von Wärme berechnen. (Wenn beispielsweise ein Gas in einem Gefäß erhitzt wird, dehnt es sich den Newton’schen Gesetzen zufolge aus, denn Wärme erhöht die Geschwindigkeit der Moleküle innerhalb des Gefäßes.)
Ingenieure konnten diese Berechnungen verwenden, um die Dampfmaschine zu perfektionieren. Sie konnten berechnen, wie viel Kohle nötig war, um Wasser in Dampf zu verwandeln, der dann dazu benutzt werden konnte, um Getriebe, Kolben, Räder und Hebel anzutreiben. Mit dem Aufkommen von Dampfmaschinen im 19. Jahrhundert schnellte die Energie, die einem Arbeiter zur Verfügung stand, auf viele hundert Pferdestärken hoch. Plötzlich verbanden Schienenstränge entfernte Teile der Welt, und der Fluss von Gütern, Wissen und Menschen stieg dramatisch an.
Vor der Industriellen Revolution wurden Güter von kleinen, exklusiven Gilden geschickter Handwerker hergestellt, die arbeiteten, um selbst die einfachsten Gebrauchsgegenstände herzustellen. Die Handwerker schützten die Geheimnisse ihres Handwerks zudem eifersüchtig; daher waren Güter oft rar und teuer. Mit dem Aufkommen der Dampfmaschine und der leistungsfähigen Maschinen, die dadurch möglich wurden, konnten Güter zu einem Bruchteil der ursprünglichen Kosten hergestellt werden, was den Reichtum einer Nation insgesamt dramatisch wachsen ließ und unseren Lebensstandard steigerte.
Wenn ich angehenden Studenten der Ingenieurwissenschaften die Newton’schen Gesetze erkläre, versuche ich zu betonen, dass diese Gesetze nicht nur trockene, langweilige Gleichungen sind, sondern den Lauf der modernen Zivilisation verändert haben und den Reichtum und die Prosperität geschaffen haben, die wir rund um uns sehen. Manchmal zeigen wir unseren Studenten sogar einen Film von dem katastrophalen Zusammenbruch der Tacoma Narrow Bridge, der sich 1940 im Staat Washington ereignete, denn er demonstriert eindrucksvoll, was passieren kann, wenn wir die Newton’schen Gesetze falsch anwenden.
Die Newton’schen Gesetze, die darauf basieren, die Physik des Himmels mit der Physik der Erde zu vereinigen, trugen dazu bei, die erste große technologische Revolution in Gang zu setzen.
Es sollte nach Newton weitere zweihundert Jahre bis zum nächsten großen Durchbruch dauern, und dieser ergab sich aus dem Studium von Elektrizität und Magnetismus.
Die Menschen in der Antike wussten, dass man den Magnetismus zähmen kann; die Erfindung des Kompasses durch die Chinesen machte die Kraft des Magnetismus nutzbar und trug dazu bei, ein Zeitalter der Entdeckung einzuleiten. Die Menschen der Antike fürchteten jedoch die Macht der Elektrizität. Blitze galten als Ausdruck göttlichen Zorns.
Derjenige, der schließlich die Grundlagen für dieses Gebiet schuf, war Michael Faraday, ein armer, aber fleißiger Bursche, der keinerlei formale Ausbildung besaß. Als Kind schaffte er es, eine Anstellung als Helfer in der Royal Institution in London zu erhalten. Normalerweise würde jemand mit seinem niedrigen sozialen Status zeitlebens Böden schrubben, Flaschen säubern und sich im Hintergrund halten. Dieser junge Mann war jedoch so unermüdlich engagiert und wissbegierig, dass seine Vorgesetzten ihm schließlich erlaubten, Experimente durchzuführen.