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Dieses E-Book entspricht 176 Taschenbuchseiten ... Allein mit diesem fremden Mann in der eingeschneiten Hütte war sie ihm ausgeliefert. Er hatte ihr mit obszönen Worten im Dirty Talk von seinen erotischen Fantasien erzählt. Sie hatte dabei als treibende Kraft fungiert, ihn dazu animiert. Nun war es an ihr, ihre erotischen Gedanken zu offenbaren. Aber waren diese nicht zu skurril, zu obszön? Sie konnte sie nur preisgeben, wenn sie ihn spürte – auf ihrer Haut, tief in ihr. Aber das wollte sie doch gar nicht! Oder doch? Diese Ausgabe ist vollständig, unzensiert und enthält keine gekürzten erotischen Szenen.
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Seitenzahl: 245
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Impressum:
Die Hütte im Schnee | Erotischer Roman
von Svenja Mund
Ich wurde in einem kleinen Dorf in der Nähe von Köln geboren, wo ich auch die Zwergschule besucht habe, die es damals dort noch gab. Ich weiß nicht, ob es meinem Intellekt geschadet hat; jedenfalls konnte ich trotzdem studieren – Biologie und Landwirtschaft an verschiedenen Universitäten in Deutschland. Gelebt habe ich damals in Wohngemeinschaften ohne feste partnerschaftliche Verbindung, was meiner eher lockeren Einstellung zum anderen Geschlecht entgegenkam. Eine Karriere im klassischen Sinne ist mir leider versagt geblieben, ich war weder Ministerin noch Mitglied des Aufsichtsrates einer großen Bank. Aber das macht ja nichts, Quotenfrau zu sein ist bestimmt nicht meine Aufgabe! Ein Mann muss einen Baum pflanzen, einen Sohn zeugen und ein Buch schreiben, so heißt es doch. Und eine Frau? Ich jedenfalls habe vier Bäume gepflanzt – nein, pflanzen lassen, es gibt eben noch Kavaliere! (Keine deutschen Eichen, es sind japanische Pflaumen, glaube ich.) Söhne habe ich zwei – von verschiedenen Vätern. Und nun ein Buch, welches zu schreiben die schwierigste Aufgabe war. Thema: Erotik, die ich in so vielfältiger Weise genossen habe. Ich hoffe, dass Sie, liebe Leserin, lieber Leser, ein wenig an diesem Genuss teilhaben können.
Lektorat: Daniela Jungmeyer
Originalausgabe
© 2018 by blue panther books, Hamburg
All rights reserved
Cover: Volodymyr Tverdokhlib @ shutterstock.com Lipsett Photography Group @ shutterstock.com
Umschlaggestaltung: www.heubach-media.de
ISBN 9783862777914
www.blue-panther-books.de
Kapitel 1
Es hatte angefangen zu schneien, vereinzelte Flocken nur, aber Max wusste, dass das um diese Jahreszeit hier im Norden oft genug der Anfang für stundenlangen, teils heftigen Schneefall war. Die Straße war wenig befahren, keine Fahrspuren im frischen Weiß, nur die des wechselnden Wildes. Der nur wenige Stunden dauernde Tag neigte sich dem Ende zu, aber es konnte nicht mehr allzu weit sein bis zu dieser markanten S-Kurve, hinter der der Waldweg zur Hütte abzweigte.
Es war mal wieder Zeit für Rückzug, sich einschneien zu lassen, Rückzug aus der Welt in Afrika, in der er die meiste Zeit verbrachte. Die einfache Hütte hatte er zusammen mit einigen Freunden gekauft, im Winter war er aber stets der Einzige, der dort eine ruhige Abgeschiedenheit erleben wollte.
Er hatte die Scheinwerfer eingeschaltet, was die Schneeflocken wie die Funken einer Wunderkerze auf ihn zustürmen ließ. Der endlose Wald rechts und links erschien ihm nun noch finsterer, obgleich er wusste, dass die finnischen Forste im Vergleich zu deutschem dichten Tann relativ offen waren. Bei seinen ersten Reisen hierher in den hohen Norden hatte er immer gehofft, den einen oder anderen Elch zu sehen, was ihm stets versagt blieb. Inzwischen hatte er so viele davon beobachtet, dass es nichts Besonderes mehr war. Ein Bär oder ein Wolf, das war da schon spannender, einen Luchs hatte er hier jedoch noch nie in freier Wildbahn gesehen; er wusste auch nicht, ob in dieser Region überhaupt welche ausgewildert wurden.
Er hatte das Tempo gedrosselt, der Schneefall wurde heftiger. Musik gegen die Monotonie des Motorgeräusches? Er schaltete das Radio ein – und stellte es gleich wieder ab: Da hinten stand ein Auto am Straßenrand!
Der Wagen musste mindestens schon eine Stunde dort gestanden haben, sonst hätte man die Reifenspuren gesehen; die Karosserie war auch bereits vollständig mit Schnee bedeckt. Vorsichtig näherte er sich. Ein Überfall mithilfe einer fingierten Panne konnte das hier ja wohl kaum sein, der Gangster liefe Gefahr, zu erfrieren, bevor er sein Vorhaben realisieren könnte. Noch ehe er das Auto erreicht hatte, wurde die Fahrertür geöffnet, eine in eine dicke Jacke eingemummte Person, die Arme dicht um den Körper gelegt, stieg aus und begann nun wild mit den Armen zu fuchteln.
Max parkte seinen Landy hinter dem anderen Gefährt und stieg aus.
»Hey …« Weiter kam er nicht.
»Please! Please can you help me?«, flehte ihn eine weibliche Stimme an.
»What has been happend? What is the problem?«
»Look. There is no air in the pneu.«
Plattfuß. Max musste kurz grinsen. Ein Reifenwechsel bei dieser Kälte war natürlich kein Zuckerschlecken, aber einfach auf Hilfe zu warten, war hier in der Einsamkeit ja wohl eindeutig die schlechtere Variante. Er trat näher ran – ein Mercedes, wie er an der Radkappe erkennen konnte, und ein deutsches Nummernschild schimmerte durch den Schnee.
»Sie sind Deutsche?«, fragte er die Fremde.
»Oh, Sie sprechen Deutsch! Der Himmel schickt Sie!« Max dachte, dass sie ihm gleich um den Hals fallen wollte, als sie sagte: »Ich habe einen Platten!«
»Na, das ist doch nicht so schlimm. Warum haben Sie nicht schon mal mit dem Reifenwechsel angefangen? Hier kommen nicht so viele Autos vorbei, und nachts kann es bitterkalt werden. Kommen Sie, ich helfe Ihnen.«
Max sah sie an und erwartete, dass sie ihm nun den Ersatzreifen zeigen würde, aber sie stand nur schweigend im Schnee. Er betrachtete sie, die Jacke war zu kurz für richtige Winterverhältnisse, und die Stiefelchen, in denen sie durch den Schnee stapfte, hatten diese Bezeichnung kaum verdient.
»Wo ist denn Ihr Ersatzreifen?«, fragte er schließlich und bald schwante ihm Böses: Den gab es wahrscheinlich gar nicht.
»Da hinten im Kofferraum.« Sie öffnete die Klappe. Keine Taschen, keine Koffer, Gerümpel, lose verteiltes Werkzeug und ein Reifen. Max wollte ihn gerade heraus wuchten, da hörte er sie kläglich jammern: »Der ist auch platt.«
Jetzt musste er wirklich lachen. Da fährt diese Frau im tiefsten Winter allein in den Norden von Finnland ohne Ersatzrad! Und einen richtig warmen Mantel schien sie genauso vergessen zu haben wie adäquate Stiefel!
»Also«, begann er, »Sie haben jetzt die Wahl: Entweder Sie laufen Gefahr, hier in der Nacht zu erfrieren, oder Sie kommen mit mir mit.«
»Können Sie mich in die nächstbeste Stadt bringen, wir könnten den Reifen mitnehmen, ihn dort reparieren lassen und morgen dann auswechseln.«
»Gute Frau, die nächste Siedlung dürfte etwa 100 km weit entfernt sein. Eine Werkstatt gibt es da, das ist schon richtig. Aber selbst wenn die morgen Ihren Reifen flicken, können Sie möglicherweise nicht zurück zu Ihrem Auto.«
»Warum nicht? Ich meine, Sie müssen ja nicht gerade dort bis morgen warten, es wird doch ein Taxi oder so was geben.«
»Im Prinzip schon.«
»Aber?«
»Es sieht nach ordentlich viel Schnee aus, da kann man dann hier unter Umständen eine Woche lang nicht mehr unterwegs sein, die Nebenstraßen werden nicht so schnell geräumt, die Hauptstraßen sind eben wichtiger.«
Die Fremde schwieg einen Moment. »Und nun?«, fragte sie schließlich. »Wo fahren Sie denn hin, Sie wohnen doch sicher nicht mitten im Wald.«
»Na, irgendwie schon. Ich bin auf dem Weg zu einer einsamen Hütte, in der ich die nächsten Wochen verbringen werde.«
Wieder schwieg die Unbekannte.
»Sie können ja mitkommen. Das heißt, Sie haben eigentlich keine Wahl, wenn Sie hier nicht Gefahr laufen wollen, zu erfrieren.«
»Die Heizung im Auto funktioniert noch«, entgegnete sie trotzig.
»Aber der Sprit geht irgendwann zur Neige.«
»Morgen wird ja vielleicht wieder ein Auto vorbeikommen.«
»Wenn es weiter so schneit, dann bestimmt nicht.«
»Und was soll ich jetzt tun?«
»Holen Sie Ihre Sachen aus Ihrem Auto und steigen Sie bei mir ein, möglichst noch, bevor es ganz dunkel wird.«
»Ich kenne Sie doch gar nicht. Da … da …«
»Sie meinen, da können Sie mit mir doch nicht in einer einsamen Hütte übernachten, ich könnte Ihnen ja was antun.«
»Ja, zum Beispiel.«
»Ich kenne Sie ja auch nicht, Sie könnten mir ja ebenso was antun.«
»Das würde ich doch nie tun!«, entrüstete sie sich.
»Aber ich Ihnen?«
Unschlüssig stand sie im Schnee herum, in der Tasche suchte sie nach Zigaretten, hangelte eine heraus und sofort war sie aufgeweicht: »Mist, verdammter!«
»Also, los jetzt, es wird dunkel. Holen Sie Ihre Sachen und rein in mein Auto mit Ihnen!«
»Ich habe ja wohl keine Wahl«, erwiderte sie immer noch trotzig.
»Nein, nicht wirklich.«
Vom Beifahrersitz ihres Autos holte sie eine größere Tasche, vom Rücksitz einen grünen Hartschalenkoffer und eine Umhängetasche, das war’s. Max verstaute den Koffer hinter seinem Sitz, die Tasche musste sie auf den Schoß nehmen, das Auto war bis unters Dach voll bepackt. Er startete den Motor, weiter ging es durch den zunehmend tiefer werdenden Schnee.
»Wie heißen Sie eigentlich?«
»Max. Und Sie?«
»Wanda. Bitte entschuldigen Sie mein Misstrauen vorhin, ich muss Ihnen dankbar sein.«
»Schon vergessen.«
»Wie weit ist es denn noch? Hier sieht alles so gleich aus, Sie werden die Hütte doch finden in Dunkelheit und Schnee?«
»Sie befindet sich hinter einer S-Kurve, es kann nicht mehr weit sein. Übrigens, ich sollte Sie vielleicht ein wenig vorbereiten: Das ist eine sehr einfache Hütte, so wie die Leute sie früher hier als Jagdhütte benutzt haben. Es gibt weder Strom noch fließend Wasser.«
»ÄH – was?«
»Früher musste man das Wasser vom See holen und im Winter eben Schnee schmelzen. Meine Freunde und ich haben uns als Modernisierung eine tief vergrabene Leitung zum See spendiert. Mit einer Handpumpe kann man so Wasser ins Haus befördern. Nur wenn die Leitung doch zufrieren sollte, muss wieder Schnee getaut werden. Aber keine Angst, das ist bisher noch nicht vorgekommen.«
»Ist ja ‘ne wahnsinnig tolle Modernisierung.«
»Die Öfen, einer für Küche und Wohnraum, einer für Bad und Sauna, werden mit Holz beheizt. Wird schön warm, frieren müssen wir nicht.«
»So primitiv, aber eine Sauna haben Sie sich gegönnt!«
»In Finnland gibt es keine Hütten ohne Sauna. Und stellen Sie sich die nicht so vor wie die in Deutschland: Das Bad ist, wie die ganze Hütte, aus Holz. Zwei Bänke stehen an den Wänden. Und eben der Ofen. Dazu ein Waschtisch mit Schüssel und eine Sitzwanne.«
»Wie, Sauna und Bad sind quasi ein Raum?«
»Genau.«
»Und eine Dusche ist nicht vorhanden?«
»Nein, keine Dusche.«
»Und wie wäscht man sich in Ihrer Hütte?«
»An der Schüssel oder in der Sitzwanne.«
»Sitzwanne, pah!«
»Eine große Badewanne passt nicht rein.«
»Und wie kommt das Wasser da rein, wenn nicht über einen Wasserhahn?«
»Mit der Handpumpe, das habe ich doch schon erklärt.«
»Dann kann ich mich nur mit dem eiskalten Wasser waschen? Das ist doch jetzt nicht Ihr Ernst!«
»Auf dem Herd in der Küche mache ich es mir immer schön warm, ich hasse kaltes Wasser genauso wie Sie.«
Wanda schnaubte wütend. Und irgendwie auch frustriert. Ausgeliefert war sie, diesem Waldschrat ausgeliefert! Kein Strom! Kein fließend Wasser! Wie im Mittelalter!
»Man füllt kaltes Wasser in die Schüssel oder in die Wanne«, fuhr Max fort, amüsiert über den Ärger der Stadtmieze da neben sich, »und dann schüttet man von dem kochenden Wasser aus dem großen Topf so viel dazu, bis die gewünschte Temperatur erreicht ist. Wenn man zu zweit ist, hat das einen Vorteil: Wenn man länger in der Wanne sitzen will, wird das Wasser ja schnell kalt. Man muss aufstehen, neues holen und wieder rein in die Wanne. Sehr umständlich. Wenn man nicht alleine ist, kann diese Aufgabe der andere erledigen, man kann gemütlich im warmen Wasser sitzen bleiben.«
»Unterstehen Sie sich, ins Bad zu kommen, wenn ich in der Wanne sitze! Ich denke, das sollten wir hier gleich klarstellen!«
»Ich hatte mir das eher umgekehrt vorgestellt«, grinste Max, »nämlich dass Sie mir das warme Wasser in die Wanne schütten.«
Eine Rechtskurve beendete ihr Geplänkel, Max fuhr langsamer, eine Linkskurve folgte, im Schritttempo versuchte er im Licht der Scheinwerfer die nun vollkommene Dunkelheit zu durchdringen, um den Waldweg zur Hütte nicht zu verpassen. Wanda verdrehte die Augen, als er schließlich in eine Waldschneise einbog. Das wurde ja immer besser, niemand würde sie von der Straße aus sehen. Nach etwa 100 Metern tauchten die Umrisse des Häuschens im Lichtkegel auf.
Max fuhr bis dicht an das Gebäude heran und stellte den Motor ab: »So, da wären wir. Ich werde erst mal die Öfen anheizen.«
Er entriegelte die Haustür, öffnete sie und schob dabei mit dem Türblatt den Schnee zur Seite. Wanda wusste nicht, ob sie ihm folgen sollte, eigentlich wusste sie überhaupt nicht, was sie tun sollte. Drinnen flackerte Kerzenschein, erst nur ein Exemplar, dann immer mehr, bis ein anheimelndes Licht aus den halb verschneiten Fenstern drang. Nach einer Weile kam Max an die Tür und hängte eine Petroleumlaterne an einen Haken und sah fragend zu ihr ins Auto.
»Es ist so kalt!«, entfuhr es ihr, umgehend fing sie an zu zittern und ein Zähneklappern konnte sie auch nicht vollständig unterdrücken.
»Bewegen Sie sich, dann frieren Sie auch nicht so«, riet er ihr, bevor er begann, seine Sachen aus dem Wagen zu räumen.
»Entschuldigung, wie dumm von mir.« Auch Wanda sprang aus dem Auto, trotz ihrer Stiefelchen half sie ihm dabei, die Lebensmittel und was das sonst noch alles sein mochte, durch den Schnee ins Haus zu schleppen. Als sie fertig waren, stellte er ihr einen Stuhl an den Ofen, der eine angenehme Wärme ausstrahlte.
»Sie sollten Ihre nassen Schuhe und Socken ausziehen, hier ist ein Tuch zum Abtrocknen. Und dann wärmen Sie sich Ihre Füße an den Ofenkacheln.«
Er selbst hatte immer noch seine Stiefel an, seine dicke gefütterte Jacke hatte er an die Garderobe gehängt. Aus der Herdplatte hatte er einen Ring herausgenommen und kochte über offener Flamme Wasser in einem kleinen Kesselchen auf. Zwei Tassen mit Teebeutelchen drin, Wasser drauf, einen ordentlichen Schuss Rum rein, dann hangelte er sich einen Sessel heran und setzte sich neben sie.
»Hier, das wird Ihnen guttun«, mit diesen Worten reichte er ihr eine der beiden Tassen.
Wanda wärmte, wie er es empfohlen hatte, ihre Füße an den Kacheln. Während er herumhantiert hatte, hatte sie sich im Raum umgeschaut, um sich ein Bild von dem Ganzen zu machen: Nachdem sie durch die Haustür eingetreten waren, hatten sie sich in einem kleinen Vorraum befunden, Jacken, Stiefel und anderes für draußen konnte man dort ablegen. Eine weitere Tür führte in den Wohnraum, in dem sie nun saßen. Neben der Eingangstür befand sich eine weitere, wahrscheinlich die zum Bad, wie er es genannt hatte. Der Raum selbst war wie eine Wohnküche gestaltet: großer Herd, der ordentlich bullerte und eine angenehme Wärme verbreitete. Daneben Küchenschränke mit Utensilien, weiter hinten unter den Fenstern ein Tisch, eine Bank, mehrere Stühle, alles aus Holz. Gegenüber dem Herd war ein etwa zwei Meter breiter Durchlass zu erkennen, den man mit einem Vorhang verdecken konnte. Reinsehen konnte sie nicht, es war zu dunkel, aber sie vermutete dort die Schlafstube. Das bedeutete, dass sie mit ihm in einem Bett würde schlafen müssen. Oder auf der Küchenbank. Vielleicht war er ja Kavalier genug, um ihr das Bett zu überlassen und selbst auf der Bank zu schlafen.
»Und? Ist Ihnen nun wärmer?«, unterbrach er ihre Betrachtungen.
»Ja, vielen Dank.«
Max stand auf, um erneut Wasser für Tee aufzusetzen. »Sagen Sie mal, weswegen sind Sie eigentlich in diese abgeschiedene Gegend gefahren? Wo wollten Sie denn überhaupt hin? Außer Wald, Seen und einsamen Hütten gibt es hier doch nichts.«
»Ich wollte zum Ranua-Zoo.«
»Zum Ranua-Zoo? Na, da sind Sie hier aber ziemlich falsch.«
Fragend sah sie ihn an. »Falsch?«
»Dies ist die alte Straße nach Pudasjärvi. Schon seit einigen Jahren gibt es eine neue, weiter östlich gelegen, deswegen wird diese eigentlich nur noch von der Forstwirtschaft und Emeriten wie mir benutzt. Und natürlich von Ihnen«, setzte er grinsend hinterher. »Von Pudasjärvi aus können Sie dann weiter zu Ihrem Zoo fahren.«
»Ich habe mein Navi benutzt«, suchte sie nach einer Entschuldigung, allerdings eher für sich selbst.
»Die Software würde ich mal erneuern«, grinste er und schenkte Tee nach. »Auch noch etwas Rum?« Schweigend hielt sie ihm die Tasse hin.
»Was wollten Sie denn im Zoo so mitten im Winter?«
»Fotos machen.«
»Aha!«
Wanda lächelte: »Ich bin Fotografin. Der Ranua-Zoo ist ja wohl etwas Besonderes, nördlichster Zoo Europas mit entsprechenden arktischen Tieren: Wolf, Eisbär und so. Und die wollte ich fotografieren.«
»Aber warum fahren Sie da denn im Winter hin? Im Sommer ist das doch viel einfacher.«
»Aber der Schnee ist der authentischere Hintergrund. Eisbären kann ich einfach nur so in Deutschland auch ablichten. Hier sollen die Gehege außerdem schön groß sein.«
»Da können sich die Tiere aber auch besser verstecken«, lächelte er.
»Ich kann warten.«
»Aber so richtig vorbereitet auf eine Wintertour sind Sie ja nicht gerade …«
»Ich hatte nicht vor, hier in der Wildnis zu landen.«
»Nächstes Mal nehmen Sie wenigstens einen dicken Wintermantel und gute Stiefel mit. Dann ist in dem grünen Koffer Ihre Fotoausrüstung, vermute ich mal.«
»Genau.«
»Und in der Tasche sind Ihre Klamotten, für ‘ne Frau recht wenig.«
»Ich brauche nicht so viel, und außerdem wollte ich ja gar nicht so lange bleiben.«
»In dem Punkt müssen Sie jetzt wohl umdisponieren, es schneit immer noch ordentlich. Haben Sie Hunger?«
»Wo ist denn das Klo?«
»Wenn Sie durch die Tür da gehen«, er deutete auf die neben der Eingangstür, »dann kommen Sie ins Sauna-Bad, den Ofen dort drinnen habe ich auch schon angemacht. Dahinter ist das Klo, ist aber kalt, Plumpsklo eben. Wenn Sie es noch aushalten können, machen Sie die Tür auf, dann zieht die Wärme vom Bad ins Klo.«
Wanda nahm die Füße von den Kacheln und setzte die Fersen auf den Rand des Sessels. Einfach war hier gar nichts.
Max stand auf, um im Bad die Tür zum Klo zu öffnen.
»Weswegen sind Sie eigentlich hier?«
»Abschlaffen, ausruhen, bisschen spazieren gehen auf Skiern, einfach die Seele baumeln lassen.«
»Und wie lange bleiben Sie?«
»Verschieden. Manchmal zwei, manchmal vier Wochen; gerade so, wie ich Lust habe. Aber das mache ich nicht jeden Winter.«
Wanda fragte nicht weiter, still sinnierte sie vor sich hin, irgendwie versuchte sie sich ein Bild von diesem Mann zu machen.
***
»Ich denke, ich mache uns mal was zu essen«, unterbrach er ihre Gedanken, stand auf und fing an, in dem Schrank zu kramen, in dem er die mitgebrachten Lebensmittel verstaut hatte. Wanda nahm den letzten Schluck Tee und verschwand dann hinter der Badezimmertür. Max schaute ihr nach: Ihm fiel auf, dass er sie entgegen seinen sonstigen Gepflogenheiten noch gar nicht genauer angeschaut hatte, so als Frau. Aber er stellte fest, dass sie ihm gefiel, ihr kleiner Zopf, zu dem sie ihre dunklen Haare geflochten hatte, schlanke, wohlproportionierte Figur, soweit er das unter den vielen Klamotten beurteilen konnte, und sie war fast so groß wie er. Er war neugierig, wie sie sich verhalten würde, wenn’s ans Schlafen ging, so gemeinsam in einem Bett. Große Hoffnungen auf bessere Einblicke machte er sich jedoch nicht, er wird ihr sagen müssen, dass sie sich warm anziehen sollte, da der Ofen in der Wohnküche nicht die ganze Nacht lang brennen wird.
Nun gut, Abendessen. Er entschied sich für weiße Bohnen in Tomatensoße, dazu Spiegeleier mit Bacon. Als Wanda vom Klo zurückkam, beobachtete sie ihn einen Moment, dann suchte sie im Schrank nach Tellern und Besteck, wischte alles kurz aus und deckte den Tisch. Zu trinken gab es Rotwein, was sie anerkennend feststellte.
»Erzählen Sie mal ein wenig von sich«, versuchte Wanda Weiteres über diesen Mann zu erfahren. »Wo leben Sie in Deutschland?«
»Ich lebe die meiste Zeit in Afrika, Namibia, um genau zu sein. Dort arbeite ich auf einer Farm, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, mit landeseigenen Möglichkeiten die landwirtschaftlichen Erträge zu steigern.«
»Afrika. Dann sind Sie ja so ein richtiger Globetrotter.«
»Na ja, Globetrotter – weiß ich ja nicht. Über Europa und Afrika bin ich noch nicht rausgekommen.«
»Und wenn Ihnen die Hitze Afrikas zu heiß wird, machen Sie im kalten Finnland Urlaub …« Wanda musste lachen und stellte nach einer kurzen Pause fest: »Das Essen schmeckt übrigens gut, der Wein auch. Ich hoffe, ich esse und trinke Ihnen nicht Ihre Vorräte weg.«
»Keine Angst, ich habe genug mit. Dass es Ihnen schmeckt, freut mich wirklich.«
»Und – ja – irgendwie ist es richtig gemütlich hier so bei Kerzenschein – und draußen der kalte Winter.«
Kapitel 2
Nach dem Essen räumte Max ab, setzte Wasser zum Spülen auf und entkorkte noch eine Flasche Wein. Beim Zuprosten schlug er ihr das Du vor, in das sie auch lachend einwilligte, sie konnte den Abend zunehmend entspannter genießen. Nachher half sie ihm beim Abwasch. Dann legte er noch Holzscheite ins Feuer und sie machten es sich vor dem Ofen gemütlich, erzählten von ihrem Leben, er viel von Afrika, sie von ihrem Dasein als selbstständige Fotografin.
Als die Weinflasche geleert war, wurde ihr schlagartig wieder das anstehende Problem der gemeinsamen Nacht bewusst. Sie wollte auf keinen Fall irgendwelche Intimitäten, obgleich, das musste sie vor sich selbst eingestehen, der Kerl da durchaus seine Qualitäten hatte, auch was seine Figur anging. Aber wenn er sie anfassen sollte, was sie nicht wirklich glaubte, dann würde sie ihn wegstoßen. Oder es einfach über sich ergehen lassen, bevor er Gewalt anwendet? Sie war ihm hier ausgeliefert, Hilfe konnte sie nicht erwarten. Nein, Zwang wird er nicht gebrauchen, das konnte sie sich nicht vorstellen. Langsam entspannte sie sich wieder, der Alkohol tat seinen Anteil dazu. Aber auf der Hut würde sie sicher sein!
»Sag mal, hast du überhaupt Nachtwäsche mit?«, fragte Max unvermittelt.
»Nachtwäsche? Ich trage nie Nachthemden.«
»Du schläfst nackt?«
»Ja, immer. Das heißt, jetzt und hier natürlich nicht«, setzte sie schnell hinzu und schlagartig waren ihre Bedenken wieder da.
»Davon hätte ich dir auch abgeraten. So ein Holzofen brennt nämlich nicht die ganze Nacht lang. Wenn ich wach werde, werde ich natürlich was nachlegen. Aber trotzdem wird es hier unter Umständen recht kühl werden. Auf dem Bett liegen mehrere Felle. Da legst du einfach ein Leintuch drauf, komm, ich zeig‘s dir.«
***
In der Schlafkammer stand rechts ein Kleiderschrank. Der Rest des Raumes wurde von einem breiten Lager ausgefüllt, auf dem jede Menge Felle und Decken lagen. An den Wänden über dem Bett waren zwei Regale angebracht.
»Du legst dich zwischen zwei Leintücher. Drunter und drüber je nach Belieben Felle und Decken. Aber nicht in Slip und BH, ich hole dir warme Wäsche.«
Aus dem Gepäck kramte er zwei wollene lange Unterhosen und zwei langärmelige Wollhemden hervor, eine Garnitur für Wanda, die andere für sich selbst.
Mit kritischen Blicken musterte sie die Liebestöter, dann musste sie schallend lachen.
»Ich denke, sie werden dir passen«, grinste Max und verschwand im Bad, um sich mit dem eisigen Wasser kurz zu waschen. Daraufhin zog er sich aus und schlüpfte in die Wollkleidung. Dann trat er in die Wohnküche, unter den amüsierten Blicken von Wanda bereitete er das Bett vor.
»Los, jetzt bist du dran!«
»Das wird der Hit des nächsten Winters«, kicherte sie und ging ins Bad. Das Wasser war ihr zu kalt, Max hätte ja auch etwas warmes dazu schütten können! Gut, einmal Frische ins Gesicht. Dann zog sie sich aus, bis auf Slip und BH, und streifte die Wollsachen über. Immer noch lachend trat sie in die Wohnküche. Ungeniert betrachteten sich die beiden von oben bis unten, um dann erneut in lautes Lachen auszubrechen.
Max nahm zwei Kerzen und stellte sie auf das Regal in der Schlafstube.
»Willst du vorne oder an der Wand liegen?«, fragte er.
‚Wenn ich vorne liege‘, sinnierte sie, ‚dann muss er über mich drüber steigen, wenn er nachts aufs Klo muss. Aber dann bin ich wenigstens nicht so eingeengt. Hinten bin ich ja quasi gefangen.‘ Sie musste kurz grinsen, als sie an ihre Formulierung ‚dann muss er über mich drüber steigen‘ dachte.
»Lass mich mal vorne liegen«, sagte sie spontan.
Ob er sie anfassen würde? Sie konnte sich das nicht wirklich vorstellen. Bisher hatte er sich stets zuvorkommend und integer ihr gegenüber gezeigt, einen Annäherungsversuch hatte er noch nicht unternommen, auch nicht in verbaler Hinsicht.
Max legte sich also an die Wand. Er wartete, bis Wanda sich in die Decken und Felle eingekuschelt hatte, so wie er es ihr empfohlen hatte. Dann blies er die Kerzen aus und deckte sich zu.
***
Absolute Dunkelheit.
»Kannst du nicht wieder eine Kerze anmachen?«, fragte sie schließlich. Die Finsternis bereitete ihr eine unbestimmte Angst, die vollkommene Stille tat ihr Übriges.
»Die Raubtiere und Trolle können hier nicht rein«, versuchte er sie zu beruhigen, als hätte er ihre Gedanken gelesen. »Und offenes Feuer am Bett ist auch zu gefährlich. Die Kerzen würden sowieso nicht die ganze Nacht durchhalten.«
»Hast du denn die Eingangstür abgeschlossen?«
»Natürlich«, log er, hier in der Wildnis musste niemand abschließen.
Ihre Gedanken drehten sich im Kreis, jetzt, wo es keine Ablenkung mehr gab. Aber allmählich beruhigte sie ihr Gemüt. Die Stille war ungewohnt, doch so nach und nach empfand sie sie irgendwie als wohltuend, und langsam glitt sie hinüber in einen traumlosen Schlaf.
Kapitel 3
Der Duft nach frischem Kaffee ließ sie die Augen öffnen. Max stand in der Küche und bereitete das Frühstück zu. Als er bemerkte, dass sie wach war, brachte er ihr eine Tasse.
»Hier, trink erst mal ‘nen Schluck, das weckt die Lebensgeister.«
Wanda bedankte sich, sie fand es ja wirklich nett, wie er sie umsorgte. Nachdem sie sich unter der warmen Decke hervorgearbeitet hatte, schlürfte sie in ihren wollenen Sachen Richtung Bad. Eisige Kälte empfing sie, der nette Kerl hätte ja zumindest ein wenig einheizen können, sie hasste die Wildnis!
Aber egal, schnell zog sie die Wollsachen aus, in Slip und BH wusch sie sich hastig und putzte ihre Zähne. Und nun? Sie hatte Hemd und Hose nicht mitgenommen. Jetzt rein in die Wolle, Klamotten holen, raus aus der Wolle und anziehen? Viel zu umständlich. Entschlossen öffnete sie die Tür zur Diele, sie war ja nicht nackt. In ihrer Reisetasche suchte sie nach frischer Unterwäsche, dann verschwand sie im Schlafraum und zog den Vorhang zu.
‚Wie albern‘, dachte sie bei sich, ‚zum Ausziehen geht man vielleicht hinter einen Vorhang, aber doch nicht zum Anziehen!‘ Aber egal, immerhin musste sie ja auch den Slip wechseln, und – und – ja. Sie musste über sich selbst schmunzeln, ob er sie wohl für schamhaft hielt?
Max beobachtete das Getue mit dezentem Grinsen, sagte aber nichts.
Zum Frühstück gab es Kaffee, Toast, Marmelade, Aufschnitt und ein gekochtes Ei. Wanda war positiv überrascht, besonders über den Toast. Auf ihre Frage hin, wie er den ohne Toaster zubereitet hatte, deutete er auf die Pfanne, um ihr so zu signalisieren, dass das auch ging.
Gemütliches Frühstück hin oder her, unaufhaltsam drängte sich die Frage auf, wie es draußen wohl mit dem Schnee stehen würde, und während der zweiten Tasse Kaffee fragte sie ihn, ob die Straße wohl schon geräumt sei.
»Das glaube ich nicht«, entgegnete er, »aber lass uns nachsehen.«
***
Er gab ihr einen dicken Wintermantel, suchte im Vorraum nach Stiefeln; wenn sie zwei Paar Socken anzog, könnten sie fast passen. Dann gingen sie raus in die Kälte. Es hatte aufgehört zu schneien, aber alles war mit einer dicken weißen Decke belegt, das Auto war nur noch anhand von Konturen zu erkennen.
Wanda sah sich um, jetzt im Hellen konnte sie sich ein besseres Bild von der Hütte und ihrer Lage am See machen.
»Auf der anderen Seite, der Seeseite, hat die Hütte eine kleine Veranda. Von dort hat man einen herrlichen Blick über das Wasser, im Sommer. Jetzt siehst du nur die glatte weiße Fläche da. Dafür kann man im Winter die Wildtiere, die sich oft am gegenüberliegenden Ufer aufhalten, besser beobachten.«
»Was sind das denn für Tiere?«, Wanda sah ihn kritisch an.
»Elche, Rehe, manchmal Rentiere und viel Kleingetier wie Hasen und so.«
»Auch Bären?«
»Im Sommer lebt hier mindestens ein Bär, ich habe ihn schon einige Male dort drüben gesehen. Aber jetzt im Februar hält er seinen Winterschlaf.«
»Und Wölfe?«
»Nein«, log er, und die Luchse erwähnte er erst gar nicht; solche hatte er hier ja auch tatsächlich noch nie gesehen.
Mithilfe einer Schaufel begann er nun, einen schmalen Pfad am Auto vorbei zur Straße frei zu schippen, Wanda folgte ihm: Nichts war geräumt, alles tief verschneit.
»Hm«, brummte sie. Obgleich sie eigentlich mit diesem Ergebnis gerechnet hatte, spürte sie doch einen Stich der Enttäuschung. »Könntest du denn mit deinem Auto da durchkommen?«
Max war klar, worauf die Frage abzielte: »Wahrscheinlich schon«, antwortete er, »wir könnten mit Glück heute Abend in Pudasjärvi sein, würden dort übernachten, morgen den Reifen reparieren lassen und abends wieder hierherkommen, an deinem Auto das Rad wechseln, und dann?«
Wanda musste die Unsinnigkeit des Unterfangens einsehen, mit ihrem Mercedes würde sie es niemals durch diese Schneemassen schaffen.
Zurück an der Hütte schlug er vor, dass sie sich noch einmal auf die Veranda setzen sollten, vielleicht könnten sie ja Tiere beobachten; er war sich ziemlich sicher, dass da welche zu sehen sein würden. Normalerweise kamen sie in der Dämmerung, aber jetzt im Winter waren sie den ganzen Tag über auf Nahrungssuche. Er fegte den Schnee von der Veranda und von der Holzbank, dann setzte er im Inneren der Hütte Teewasser auf.
Obgleich es sehr kalt war, konnte sich Wanda der Faszination dieser Landschaft nicht entziehen, diese Stille, der sich lange hinziehende zugefrorene See und ringsherum nur Wald, alles mit dickem Weiß bedeckt. Stadtmenschen wie sie träumten in besonders unruhigen Zeiten gelegentlich davon, in einer solchen reinen Natur die Seele baumeln zu lassen. Ihre Tage waren eigentlich immer irgendwie hektisch, und nun musste sie an diesem Ort notgedrungen eine Auszeit nehmen, sie nahm sich vor, das Ganze zu genießen.
Max brachte heißen Tee mit einem ordentlichen Schuss Rum, das wärmte. Mit einem Fernglas suchte er das gegenüberliegende Ufer ab. Kleinere Waldtiere wie Hasen oder einen Fuchs fand er sofort, er reichte Wanda das Glas. Nach einem kurzen Blick ging sie ins Haus, er hörte sie drinnen hantieren und dann kam sie mit ihrer auf ein Stativ geschraubten Kamera zurück, ein riesiges Tele vorne dran, wodurch es so aussah, als ob die Hasen noch viel näher heranrückten.