Die Kinder des Teufels - Felix Mitterer - E-Book

Die Kinder des Teufels E-Book

Felix Mitterer

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Beschreibung

Zwischen 1675 und 1681 fand in Salzburg einer der größten und blutigsten Hexenprozesse gegen Kinder und Jugendliche seiner Zeit statt. Hunderte Kinder und Jugendliche, die bettelnd durchs Land zogen, wurden eigesperrt; unter Folter presste man ihnen die schauerlichsten Geständnisse ab und verurteilte schließlich 133 zum Tod auf dem Scheiterhaufen. Felix Mitterers Stück ist ein Mahnmal für die Kinder und Jugendlichen, die schon beinahe der Vergessenheit anheimgefallen waren.

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Seitenzahl: 187

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Felix Mitterer: Die Kinder des Teufels

HAYMON

Felix Mitterer

Die Kinder des Teufels

aus: STÜCKE 2

Die Herausgabe der Werksammlung wurde vom Land Tirol, dem Bundesministerium für Unterricht und Kunst und von der Gemeinde Telfs gefördert.

© 1992

HAYMON verlag

Innsbruck-Wien

www.haymonverlag.at

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder in einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Aufführungsrechte für alle Stücke beim Österreichischen

Bühnenverlag Kaiser & Co., Am Gestade 5111, A-1010 Wien

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

ISBN 978-3-7099-7110-9

Umschlaggestaltung:

hœretzeder grafische gestaltung, Scheffau/Tirol

Dieses Stück wurde dem Sammelband »Stücke 2«, erschienen 1992 im Haymon Verlag, entnommen. Den Sammelband »Stücke 2« erhalten Sie auch in gedruckter Form mit hochwertiger Ausstattung in Ihrer Buchhandlung oder direkt unter www.haymonverlag.at.

INHALT

Die Kinder des Teufels

Lebenslauf

DIE KINDER DES TEUFELS

1987 nahm Tristan Berger, Dramaturg vom Theater der Jugend in München, Kontakt mit mir auf und erzählte mir von einem Hexenprozeß gegen Kinder und Jugendliche, der 1675 bis 1681 in Salzburg stattfand und der größte und blutigste Prozeß seiner Zeit war. Im Zentrum stand dabei ein junger Mann namens Jakob Koller, genannt Zauberer-Jackl, der als Hexenmeister und Verführer der Jugend galt. Trotz umfangreicher Fahndung in halb Mitteleuropa und trotz Aussetzung einer hohen Belohnung konnte derJackl nie gefaßt werden. Dafür sperrte man Hunderte Kinder und Jugendliche ein, die bettelnd durch das Land zogen. Man preßte ihnen unter der Folter die schauerlichsten Geständnisse ab und verurteilte 133 von ihnen wegen Teufelspakt, Schadenzauber und anderer Delikte zum Tod auf dem Scheiterhaufen. Die ermordeten Kinder fielen bald der Vergessenheit anheim, nur der Zauberer-Jackl ist bis heute in Salzburg eine bekannte Figur und taucht in zahlreichen Sagen auf.

Mich interessierte das Thema – auch mich hätte man damals wahrscheinlich als Bettelbuben verhaftet und verbrannt –, ich gab nur zu bedenken, daß ich keine Rücksicht nehmen könne auf eine gewisse Altersstufe der Besucher des Theaters der Jugend, daß ich die Geschichte so schreiben werden müsse, wie sie sich zugetragen habe, in all ihrer Schrecklichkeit. Dies wurde akzeptiert, und ich begann die Akten zu studieren, die im Hauptstaatsarchiv München und im Salzburger Landesarchiv liegen. Als ich so einen Originalakt zum ersten Mal in den Händen hielt, wurde mir fast schlecht dabei. Die Vorstellung, daß dieses Papier im Augenblick des Verhörs geschrieben wurde, im Zentrum des Terrors, diese Vorstellung war mir fast unerträglich. Dann stellte sich ein anderes Problem ein, ich konnte nämlich die zum Teil schlampige und flüchtige Handschrift (offenbar fehlte aus Personalmangel die Zeit, die Akten sauber in Reinschrift zu übertragen) nur sehr schwer entziffern. Ich würde Jahre brauchen, um die Akten durchzuarbeiten und abzuschreiben. Schon nahe am Aufgeben kam ich schließlich drauf, daß ein Dr. Heinz Nagl mir diese Arbeit schon abgenommen hatte, denn von ihm war an der Universität Innsbruck 1966 eine Dissertation erschienen, für die er sämtliche Prozeßakten ausgewertet hatte. Infolgedessen war ich nun doch in der Lage, das Stück zu schreiben, welches im April 1989 zur Uraufführung kam. Alle Geständnisse der Angeklagten sind authentisch und in den beiden genannten Archiven nachprüfbar. Was die Bettelkinder betrifft, so werden diese noch heute beiseitegeräumt, zum Beispiel in lateinamerikanischen Metropolen.

PERSONEN:

Das Gericht:

Kommissar (Hofrat Dr. Sebastian Zillner)

Freimann (Meister Moritz Ehegartner)

Schreiber (Hofgerichts-Taxator-Adjunkt Gregori Finsterwalder)

Zwei Freimannsknechte

Die Malefikanten:

Dionysus Feldner, der »Dreckstierer« (12)

Lisl Feldner, das »Klein-Liserl« (8)

Veit Lindner, der »krumme Veitl« (14)

Michl N., der »stockblinde Michl« (10)

Hanerl N., der »Schemfanger« (6)

Dofferl N., der »depperte Dofferl« (13)

Andree Mayer, der »Stadtschmeißer« (18)

Magdalena Pichlerin, die »Fetzen-Leni« (17)

Die Kinder bzw. Jugendlichen sind von jungen Schauspielern darzustellen, die Amtspersonen von Schauspielern im Originalalter.

ORT UND ZEIT DER HANDLUNG: Salzburg 1678

BÜHNE: Büro des Kommissars, darunterliegend die Zelle.

1. DIE BARBARA KOLLERIN BRENNT

2. BÜRO

Hinter einem Schreibtisch der Hexenkommissar Hofrat Dr. Sebastian Zillner. Vor ihm ein Kruzifix, Schreibzeug, ein paar Akten und leere Blätter zum Beschreiben. An einem zweiten Schreibtisch der Schreiber zwischen Stößen von Akten, die von Szene zu Szene wachsen werden, so daß er am Schluß fast darin verschwindet. Im Fußboden mehrere Falltüren, die zu den darunterliegenden Zellen führen. Irgendwo eine Ausgangstür, etwa in der Mitte hinten die Tür zur Folterkammer. Daneben eine Bank, auf ihr sitzen der Freimann Moritz Ehegartner (mit schwarzer Lederhalbmaske vor dem Gesicht und mit weißer Schürze) sowie der 1. und 2. Freimannsknecht. Ein großer Weihwasserkessel, darin ein Wedel und eine Spritze (ähnlich einer Klistierspritze). Irgendwo ein Stuhl. Vor dem Schreibtisch des Kommissars steht der Bettelbub Dionysus Feldner alias »Dreckstierer« (12) mit seitlich hängendem Kopf (eine Behinderung), aber guten Mutes. Er trägt noch keine Ketten, ist barfuß, hat zerfetzte, dreckige Kleidung am dreckigen Leib, am Kopf den Grind (Räude). Der Schreiber schreibt in rasender Eile nicht nur alles mit, was gesprochen wird, sondern auch, wie sich der Malefikant verhält. Der Kommissar hat einen Fragebogen vor sich, an den er sich aber meistens nicht hält, weil er sich auf die jeweilige Situation einstellt und er jedem Malefikanten anders beizukommen versucht. Während der Antworten macht er sich immer wieder kurze Notizen, z. B. wenn etwas Neues auftaucht, was er auch die anderen Buben fragen möchte, oder wenn er später auf etwas zurückkommen möchte und den Redefluß jetzt nicht stoppen will, oder wenn ihm eine neue Frage einfällt, die er später stellen möchte.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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