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Essays und Aphorismen zu kulturellen Vordringlichkeiten und gesellschaftlichen Aufdringlichkeiten ... "Ein Haufen aufs Geratewohl hingeschütteter Dinge ist die schönste Weltordnung." (Heraklit, um 500 v. Chr.) "In die Geschichte gehen Sätze mit höchstens sieben Wörtern ein." (Hugo Steinhaus) "Solche Maximen stellen unser Denkvermögen immer auf eine Probe, die irgendwo wieder fruchtbar wird ... " (Martin Heidegger über Antoine de Rivarol) Der Aphorismus lebt von der unaufhebbaren Konfliktspannung zwischen Bild und Begriff, Gefühl und Gedanke, Phantasie und Verstand, Sein und Bewusstsein, Sache und Sprache, Leib und Seele, Körper und Geist, Individuum und Allgemeinheit, Natur und Kultur, Stoff und Form, Arbeit und Kapital, Existenz und Wesen, Sinnlichkeit und Sinn, Sein und Schein, Bestehen und Vergehen, Wille und Wissen, Idee und Erscheinung, Ist und Soll, Ansich und Fürmich, Ich und Nichtich, Es und Überich, Identität und Differenz, Subjekt und Objekt, Einzelheit und Einheit, Gott und die Welt ...
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Seitenzahl: 77
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Wespenstich ins Blaue:
Wirrwahre Vexierbilder
Aphoristiker können „nach den Regeln des Damespiels Schach spielen“
(Valéry)
Quodlibet, Malmots, Stillstandpunkte und springender Schwachpunkt
Hokuspokus mit Schnurrpfeifereien auf Lokus
Achtjährige in Achtzigjährigen :
Kinderspiele
Nicht nur Peterchens Mondfahrt
Amt für Amtsmissbrauch (Zwei Drabbles)
Ölteppich des Liebeslebens
nach Stefan George
Von Hekuba zu Heureka
Fragmentiertes Denken in der europäischen Philosophie
Der Ewige und Sein Urprojekt
„Solche Maximen stellen unser Denkvermögen immer auf eine Probe, die irgendwo wieder fruchtbar wird.“ (Martin Heidegger über Antoine Comte de Rivarol)
Für meine Eltern
Ein Idealist ist kein Mensch, der lieber sein Bein als sein Wort bricht.
Erster sein. Heideggers erstes Seyn fragt, was mehr trügt, Geldschein, Augenschein oder Sonnenschein.
Metaphoristisch. Zu-Neigungen fallen in Bett und Schlaf, Ab-Neigungen ins Wasser und Gewicht.
Und wenn wir alles wüssten über jene, die alles über uns wissen?
Ist dir gut, bist du schlecht; bist du gut, geht´s dir schlecht.
Wer steigt, soll nicht hochspringen.
Polierte Sätze interpolieren zwischen Herrz und Hirn, Hoden und anderen Allgemein(zel)heiten.
Freiheit : beliebtes multiple choice zwischen beliebigen Sachzwängen.
Was zutrifft, betrifft mich nicht; was mich trifft, übertrifft mich.
Kants Kritik der reinen Vernunft ist unrein; reine Kritik der Vernunft wäre unvernünftig.
Rebellen tun von zwei Dingen nur das, was dem anderen Ding widerspricht.
Es gibt keine guten Aphorismen. Sie brächten für einige Minuten das Geschwätz zum Verstummen.
Umkreise den Aphorismus mit Wahrheiten, nicht die Wahrheit mit Aphorismen. Er ist im kalten Kaffee der BodenSatz, der die Zukunft liest.
Wäre der Mensch gar kein animal rationale, handelte er heroischer und feiger zugleich.
Dummheit wirkt und wird klüger, hält sie den Mund und macht keine, sagt der Kluge, der sich für dumm verkauft.
Es ist sicherer, wenn du deine eigene Meinung mit Jesus, Goethe, Einstein, Marx oder Freud abstützen kannst.
Wer jung bleiben will, muss ein Jünger bleiben.
Tut so, als fürchtet ihr Geister, sonst schreckt man euch mit Geist.
Ich mache mir Gedanken, dass man mich bedenklicher Gedankenlosigkeit verdächtigt.
Unser Kredit : Jeder gibt dem Nächsten sein Credo.
Angriffsrecht kommt vor Pflichtverteidiger.
Heute folgt man allen Mächtigen, die dem Allmächtigen nicht folgen.
Das Meer hält seine kleinste Insel für einen Tumor.
Kommunikation : Der eine sagt gern, was er nicht weiß, und der andere hört gern, was er schon wusste.
Wer kein Esel sein will, muss ein Schwein werden, das sich für einen Löwen halten lässt.
Die meisten Aufrechten sind unter Gefallenen.
Originell sind weniger die fehlenden Gedanken als meine Denkfehler.
Es gibt Leute mit aufrechtem Gang – in Fahrtrichtung.
Manch Reisender will irgendwo ankommen, ohne anderswo wegzugehen.
Wer an sich glaubt, nimmt alle Schuld auf sich, ohne ein Christ(us) zu werden.
Der neue Herostrat liest als Architekt der Konsumtempel zwischen den Häuserzeilen.
Tatsachen sprechen heute eher einen unklaren Dialekt als eine deutliche Sprache.
Euer Gnaden geht vor Recht.
Der Zukunft gibt die eine Zeit noch viel zu tun, die bessere viel zu lassen.
Besser als große Taten wären kleinere Untaten.
Trau dem festen Fundament, es wird immer einstürzen.
Man kann gewichtiger werden oder die Waagen bauen oder klauen.
Aus innerer Emigration geht es ja nicht gleich in äußere Immigration.
Kritische Einstellung, die nicht in kritische Lagen bringt, wird kritisiert als kritikloses Vorbeten.
Blödsinn ist Sinn – von weitem. Sinn ist Schwachsinn – von nahem.
Mein Grabstein soll kein Edelstein und Meilenstein der Lebenskunst sein.
Besser einer schlägt alle, als alle schlagen einen?
Die dich allein lassen, machen dich noch nicht zum Nonkonformisten.
Manchen Herrn würde man nicht mal als Knecht nehmen.
Was keine Patina hat, muss nicht schon Kunst sein.
Einmütig wird Kleinmut Klugheit genannt und Demut Feigheit.
Halbgeteiltes Leid. Um Leid zu mildern, geht Mitleid nur bis zur Mitteilung.
Erst tief am Boden der Hölle wird Hochstaplern schwindlig.
Ein Prinzipal begründet keine Prinzipien.
Wissenschaft ward Reichs- und Zankapfel vom Schlagbaum der Erkennungsdienste.
Dein Argument wiegt so schwer, dass es dich statt mich in die Tiefe reißt.
Historiker sind anders geistesgegenwärtig als Propheten.
Wechsle die Gedanken oder dein Publikum, nie beides zugleich!
Poor players? Gladiatoren auf die Bühne, Schauspieler in die Arena!
Dem Armen sind nur noch die paradiesischen Lesefrüchte nicht verboten.
Wer Neues fühlt, denkt dabei an Uraltes, u. u.
Das Hohe steht auf schmalem Fuß, das Niedrige sitzt auf breitem Arsch, und beides liegt in tiefem Dreck.
Dickes Werbetrommelfell. Wo Weihrauch ist, kann auch (erloschenes) Freudenfeuer sein.
Riesen können nur über die Gürtellinie schlagen oder unter die Stränge.
Manche Klugheit ist Collage von Dummheiten, mancher Depp ein Extrakt aus Schlaumeiern.
In der Geschichte geht viel mehr ein als in die Geschichte
Untertagebücher zeigen : Tiefsinn hat eher halben als doppelten Boden.
Auch der Beischlaf träumt vom Ruhm.
Sollte der Romanheld dümmer sein als der Autor und klüger als der Leser?
Der Künstler will uns etwas anderes sagen, als er von uns hören will.
Bücher werden nicht nur von der Post nachrangig behandelt.
Realität und Ideale sind Medikamente füreinander, die Krankheiten eher resistent machen als ausrotten.
Aphorismus : Poesie des Gedankens als Begriffsstimmung.
Mangels Masse wird man leicht zum Individualisten.
An ihrer Quintessenz zerschlägt sich die Welt als Illusion.
Die Allgemeinheit hat keine Allgemeinbildung: Dilettantismus, der auf einseitige Generalisierung spezialisiert ist.
Experte ist, wer alles beweisen kann, was er nicht für wert hält zu widerlegen.
Fersengeld regiert die Halbwelt und Schmiergeld die Unterwelt.
Gewinnbringend kann man das Geld nur noch anlegen auf seinen Nächsten.
Du fällst unter dem Gewicht, das du auf dich legst.
Arbeite zum Wohle der Menschheit, der dabei wohl nicht ganz wohl ist.
Auf modernen Bühnen ist es so öde laut wie hinter den Kulissen.
Mach das Recht wieder gut, das du oder dein Nächster bekommt.
Wer nie nach Indien kommt, hat noch nicht Amerika neu entdeckt.
Was bei mir Treue ist, ist bei dir Starrsinn oder Angst vor Neuem.
Nenn die Dinge nicht bei deinem Namen (oder dich bei ihrem)!
Nicht mal der Wissenschaftler sagt, was er wirklich denkt.
Porzellanladenbesitzer warnen vor trojanischen Mücken.
Du riechst mein Parfüm und nicht den Braten.
Deine besten Argumente widerlegen dich und wollen gar nichts mit dir zu tun haben.
An meinem Nächsten liebe ich am wenigsten meine früheren Meinungen.
Der Liberale lässt alle frei – die ihn nicht interessieren.
Gesunden Menschenverstand zu verlieren, ist vernünftig, doch Vernunft anzunehmen, selten (selbst)verständlich.
Der Sonntag des einen ist der Alltag der anderen.
Der Aphoristiker ist ein Herr, der sich kurz fassen kann, oder ein Knecht, der sich kurz fassen muss.
Der Historiker prophezeit die jüngste Vergangenheit als älteste Zukunft.
Der Christ kann seinen Herrn beherrschen, indem er zwei Knechte zugleich bedient.
Realität beginnt nie an der Grenze der Urteilskraft und Phantasie an der Grenze zur Unwirklichkeit.
Köpfe lassen sich nur schütteln, waschen, hängen oder köpfen.
Die Kunst macht den Lebenslauf zum Wettlauf mit dem Nachweltlauf.
Abscheu hält Abstand : Sei objektiv, schreck zurück!
Aphorismen haben den Diskurswert des zerstreuten Ein(zel)falls.
Der Zeitgenosse macht sich unnötige Gedanken und kauft sich nötige.
Man will unzählige Dinge erwerben und erleben, nicht ihr Wesen und Unwesen erkennen.
Adel verneigt sich : Der Bürger ist kein Arbeiterschreck.
Alles eins : Alles gleicht sich, was mir ähnlich sieht.
Sinn jeder Tat ist ihre nutzlose Theorie, Sinn jeder Lehre ist Untätigkeit.
Fixsterne zeigen sich als fixe Ideen, die sich fix bewegen.
Aphorismen sind weder Anfänge noch Reste.
Aphorismen verbinden unverbindliche Formeln mit Reformgeschichten aus Bindungsangst.
Einst war nicht jeder Tag wie der andere, aber heute ist anders als früher und wie übermorgen.
Kunst und Wissenschaft ist klassischer Klassenkampf um Erstklassigkeit.
Zukunftshoffnung erlöst von Unsterblichkeit.
Modernste Kunst : Mülltonnenökologie.
Forscher stehen autoritätsgläubig vor forschen Zeigerausschlägen.
Spieler haben Spaß, Zuschauer Recht.
Wie viele mittelalterliche Schutzengel haben Platz(angst) auf einer aphoristischen Spitze?
Lebenssicherheit ruht auf Prognosen an einer einzigen Stichprobe.
Das Wesentliche an Lebewesen erscheint eher als ihr Unwesen, das sie treiben.
Ein Autor steht nicht hinter seinem Buch als dessen Hintersinn.
Gegen manche Wahrheit spricht manches, und es gibt falsche Argumente gegen Unwahrheiten.
Freie Beziehung zur Muse als unverbindliche Bindung : Wer wirbt um gewerbliche Musen?
Selbstlosigkeit : Optimierte Selbstbefreiung als optimale Objektivität.
Hoch hinaus ist unten durch. Du sollst deinem Nächsten mehr abverlieren als angewinnen.
Und bist du nicht eigenwillig, so braucht es Gewalt heute.
Absolute Werte, gibt´s die? Wenigstens eher im Himmel als im Handel.
Gesundheit gilt als Feierabend nach dem Krankfeiern.
Der Wert steht im Buch, doch gebucht wird die Welt.
Gegen Überdruss hilft noch am besten das Gute, Wahre, Schöne und Heilige.
Alle leben in vernetzten Todeszellen. Freisprüche waren immer Utopien.
Gott ist tot, es leben unendlich viele Götzen und Diven!
Nichts ist Marktlücke des Seins. Nachfrage fragt nach uns und nimmt (unseren) Anteil, der nicht im Angebot steht.
Die Norm, welche Norm unverhandelbar sein soll, wird heute (aus)gehandelt.
Sicher scheint nur, dass Kunst alle außer Geldanleger verunsichern will.
Die Güte eines Menschen wird heute versiegelt mit Gutachter-Wertzeichen.
Wer sich selbst gefunden hat, verkauft sich sofort wieder.
Descartes? Ich denke, also bin ich des Teufels.
Gib´s mir ordentlich, dann habe ich nichts mehr.
Die meisten haben nichts zu sagen. Das gibt eine Rede, die jeder versteht und keiner hören will.
Banken ohne Kredit und Kirchen ohne Credo: Die einen florieren, die andern fallieren.
Die Vorsehung erscheint auch vorsichtigen Leuten als ein blinder Zufall.