Staub zu Staub und Stirn zu Stern! - Rolf Friedrich Schuett - E-Book

Staub zu Staub und Stirn zu Stern! E-Book

Rolf Friedrich Schuett

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Beschreibung

´Europäische Moralisten´ waren keine Moralprediger, sondern Essayisten und Aphoristiker, die seit dem 17. Jahrhundert die ´mores´ untersuchten, die Sitten und Gebräuche ihrer Epoche. Diese seither leider fast abgerissene Tradition sollte hier etwas wiederbelebt werden ... I N H A L T : Sprechblasengeschichte der Philosophie Nietzsche und kein Ende? Kinder sein, Kinder haben oder Kinder bleiben? Aphoristisches Philosophieren : Philosophorismen Existenz- und Lebensphilosophie Zwischen Religion und Philosophie Höher als der Kölner Dom? Dank Memes und gnomische Memos Spießer gegen Spinner? Heldengedenktage Laberseliges Hurra und Buh! FOBO und FOMO des BOBO Schrottpourri, Hundsfottpourri aus DADA und Prada

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INHALT

Sprechblasengeschichte der Philosophie

Nietzsche und kein Ende?

Kinder sein, Kinder haben oder Kinder bleiben?

Philosophorismen

Existenz- und Lebensphilosophie

Zwischen Religion und Philosophie

Höher als der Kölner Dom?

Dank Memes

und gnomische Memos

Spießer gegen Spinner?

Heldengedenktage

Laberseliges Hurra und Buh!

FOBO und FOMO des BOBO

Schrottpourri, Hundsfottpourri aus DADA und Prada

Für Elke in Liebe und Dankbarkeit

Leib- und Magenphilosoph der Nichtphilosophen: Nietzsche und kein Ende?

Seit mehr als einem Jahrhundert beeilt und bemüht man sich, den großen „Dichterphilosophen“ Friedrich Nietzsche mit mehr oder weniger guten Gründen zu verteidigen gegen seine peinlichsten Anhänger, ihn in Schutz zu nehmen vor seinen diskreditierendsten Bewunderern. Diese entehrende Umarmung durch Unwürdige wie kleinbürgerliche Spießer und wagnerianische Diktatoren ist allen Frei- und Feingeistern genierlich, die ihren Geistesheros vor die Säue geworfen sehen. Diese mehr oder weniger hagiographischen Apologeten des größten Neuheiden der Neuzeit haben oft natürlich Recht, aber doch nur, wenn gleichzeitig hinzugefügt wird, dass der Meister allzu wenig tat, diese falschen Freunde, die er doch vorhergesehen haben muss, von vornherein abzuschrecken und fernzuhalten vom unheiligen Gral der reinen Heilslehre. Ganz im Gegenteil! Dieser „kleine Pastorensohn“ aus Naumburg, der selber oft recht pastoral salbungsvoll (und rhetorisch weitschweifig statt aphoristisch kurz) seine eigene religionsfreie Religion verkündet und mal das Christkind mit dem Schlammbad ausschüttet, treibt gern eine Art Schaukelspiel, wo er wirkungsvoll Götter, Christen, Kirchen, Frömmler, Platoniker, Bildungsphilister, Lebensverleumder, Hinterweltler und anderes vermeintliche Gelichter mit Hohn und Spott überzieht, aber durch die Hintertür eben die spießigsten Vorurteile und Ressentiments des (post)modernen Zeitgeistes selber opulent zu bedienen weiß.

„Predigen Sie ihnen doch einmal das Ideal des stillen Menschen, des arbeitsamen Gelehrten! Dass es ihnen voll genug sein soll, wenn sie die großen Werte deutscher Kultur erhalten können und weitergeben : die werden ihnen was erzählen! (Nietzsche hat´s genau gewusst : und gebilligt und mitempfunden! So gehört er zum rohesten Pöbel! : wie sagt er geschliffen : frage einen derben kleinen Igel auf der Straße, ob er etwa besser und klüger werden wolle, und er wird ironisch lächeln; aber raune verheißend : willst Du mehr Macht?!!!; hei, wie da die Äuglein leuchten!!)“

(Arno Schmidt : „Brand´s Heide“)

Nietzsche tut nichts, um seine von ihm gezüchteten „aristokratischen Individualisten“ (Georg Brandes) daran zu hindern, sich selbst zu verwechseln mit dem „Übermenschen“, dessen gottesmörderischer „Wille zur Macht“ (ohne Vergeltungsfurcht vor einem Allmächtigen) von „Ewiger Wiederkehr des gleichen“ Elends träumt, auch ohne Glaube an eine unsterbliche Seele. Vor allem das hätte ja seinen kaustischen Spott mehr als alles verdient gehabt, aber da wird er duckmäuserisch still und streicht diesen Zusatzbonus auch noch geschmeichelt ein. Die zartesten Feinheiten des Zarathustra findet ja der grobschlächtigste Kleinbürger in sich wieder, und der Denker, welcher wie keiner sonst die „Moral des Ressentiments“ durchschaute (vielleicht kraft der „Auflockerung“ des Unbewussten durch seine Homosexualität und syphilitische Paralyse, wie Sigmund Freud 1908 vermutete), bediente ruhmbegierig hemmungslos diese Ressentiments der Mehrheit seiner prospektiven Verehrer des 20. Jahrhunderts, Leute, die sich bis heute alle für kleine Zarathustras halten und von den eisigen Kommandohöhen ihres einsamen Philosophenkönigs stolz herabsehen auf die tumben Volksmassen von „viel zu vielen“ brutal-sentimentalen Schafsköpfen. Von dort ist nur noch ein Schritt vom Lächerlichen zum Erhabenen, also zu eugenischer Züchtung einer durchtrainiert neuen Rasse hochkarätigster Edelmenschen in Sloterdijks Übermenschenpark. Was N. über Frauen schrieb, verrät kaum mehr als den von jedem Korb Gekränkten, der einfach nur Pech hatte, ein bemitleidenswerter Krüppel, der mitleidlos über Krüppel herzog und sich für den „Superman“ der Zukunft hielt. Nietzsches dialektische Rhetorik überredet oft eher, als durch solide Argumente überzeugen zu wollen, z.B. noch Adorno, Postmoderne Derrida, Foucault …

Freud hielt den bedeutenden Aphoristiker Nietzsche, der die französischen Moralisten in die Philosophie zurückführte, für jenen Denker, der in der psychologischen Selbsterforschung bisher wohl am weitesten gekommen sei, und für einen seiner eigenen Vorläufer. Er ist eher aphoristischer Tiefenpsychologe als ein genuin origineller Philosoph. Seine Hauptphilosopheme wollen ja nur Gegengewichte sein zu seiner schrankenlos wendigen, frühromantisch „entfremdeten Subjektivität“ (Herm. Schmitz). Er ist der Lieblingsphilosoph der Nichtphilosophen. Ist und war Nietzsche ein „Unzeitgemäßer“, oder hatte er im Grunde weltweit anhaltenden Erfolg nur als alternativer bürgerlicher Mainstream? Wird und wurde er wirklich jemals ganz missverstanden, wo er doch wenig tat, seine Missbraucher prophylaktisch abzuwehren? Redet dieser Übermensch nicht dem un(ter)menschlichen Massenzeitgeist nur nach dem Munde? („Unzeitgemäßer“ wären z. B. Verteidigungen von Monotheismus und machtloser Vita contemplativa im Elfenbeinturm … )

„Raserei der blonden Bestie“?

Das Schlimmste an Nietzsche ist nicht sein Übermensch, sondern dass sich sein Leser dafür hält.

Der kranke und behinderte Nietzsche hatte kein Mitleid, da er keins wollte, oder umgekehrt.

Seit Nietzsche hat jeder einen Machtwillen ohne (maskierenden) Bildungshunger statt einen Wissensdurst ohne Machthunger.

Auch Nietzsches Theorie, dass jede Theorie unwahr sei und nur Macht ausüben wolle, ist dann unwahr und will nur Macht ausüben.

„Gott ist tot“, sagt Nietzsche. „Ja, ich weiß“, sagt der Christ, „Christus ist auch für ihn gestorben“.

Nietzsche pries die Sinnenlust, indem er seine Leser verletzte. Plato tröstete seine Hörer, indem er die Geistesfreuden rühmte.

Besser christliche „Moral der Schlechtweggekommenen“ als Nietzsches Amor(al) der Zugutwegkommenden.

Ein neuer Nietzsche ist heute weniger wahrscheinlich, als ihn zu heilen.

Nietzsche philosophierte (bis Turin) mit Gummihammer und Satzfeile.

Nietzsche : Sitzzwerg auf den Schultern seines Übermenschen.

Auch Nietzsche und Foucault wollten an die Macht – durch Philosophien des Machtwillens.

Dass Platon, Spinoza und Kant nur Spinner seien, denkt der Spießer. Nietzsche bestätigte ihn nur.

Irren ist menschlich. Dann ist Wahrheit mit Nietzsche als unmenschlich zu bekämpfen.

Nietzsches Wille zur Macht will gar nichts wissen. Auch nicht von uns.

Atheisten glauben an Nietzsches toten Gott, der sie erlöst von Rechenschaft und Gericht.

Die Peitsche der Übermännlichkeit

„Der kleine Pastor" und Musterschüler aus Sachsen, Friedrich Nietzsche,