Die pathologische Seite der Moderne. Was Soziale Arbeit gegen Rassismus als Folge von Modernisierungsprozessen tun kann - Florian Sapper - E-Book

Die pathologische Seite der Moderne. Was Soziale Arbeit gegen Rassismus als Folge von Modernisierungsprozessen tun kann E-Book

Florian Sapper

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  • Herausgeber: GRIN Verlag
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2015
Beschreibung

Studienarbeit aus dem Jahr 2014 im Fachbereich Soziale Arbeit / Sozialarbeit, Note: 1,7, Hochschule Coburg (FH), Sprache: Deutsch, Abstract: Die Kursanstiege an den Börsen treiben das Geldvermögen der Deutschen auf immer neue Rekordhöhen. Im vierten Quartal 2013 wuchs das Vermögen der privaten Haushalte in Form von Bargeld, Wertpapieren, Bankeinlagen oder Ansprüchen gegenüber Versicherungen im Vergleich zum Vorquartal um rund 79 Milliarden Euro oder 1,6 Prozent auf den historischen Höchstwert von 5,15 Billionen Euro, wie die Deutsche Bundesbank mitteilte. (Die Welt 2014) Es hat den Anschein als seien die Menschen in Deutschland wohlhabend und frei wie nie. Der Übergang in die Moderne und die damit einhergehenden Entwicklungen versprechen Freiheit, Wohlstand und unüberschaubar viele Möglichkeiten das individuelle Glück zu finden. Heute kann sich der Bürger in der BRD theoretisch kaufen was er möchte, kann reisen wohin er will und sein Leben nach seinen Vorstellungen gestalten. Auf der anderen Seite zeigt sich aber auch, dass immer mehr Menschen mit den Entwicklungen der Moderne überfordert sind und eine geringe Anzahl von Profiteuren einer Masse an Überforderten gegenübersteht. Soziale Ungleichheit und große Einkommensunterschiede sind an der Tagesordnung. Seit längerem wird deutlich, dass sich kapitalistische- und liberale Heilsversprechen in der BRD lange nicht für jeden erfüllen. Die moderne Gesellschaft in Deutschland ist geprägt durch eine Ungleichverteilung von Teilhabe, Gesundheit und Bildung. Die Folgen sind vielfältig und reichen von bio-psychosozialen Problemen des Individuums bis hin zu Phänomen wie Rassismus. In der vorliegenden Arbeit soll Rassismus als Folge einer allgemeinen Angst der ausgeschlossenen oder den Ausschluss fürchtenden Schichten dargestellt werden. Es wird ein Zusammenhang hergestellt zwischen den pathologischen Folgen der Modernisierung, der unteranderem dadurch in der BRD vorherrschenden Sozialstruktur und Rassismus als Mittel die eigene Unsicherheit zu kanalisieren. Hierzu wird sich in einem ersten Schritt mit der Modernisierung, ihren Dimensionen und den darin enthalten Pathologien auseinandergesetzt. Ein exemplarischer Überblick über den Status Quo der Sozialstruktur in der BRD soll anschließend untersuchen in was für einer Gesellschaft die Deutschen heute leben und mit welchen Problemen sich ein Großteil der Menschen konfrontiert sieht. Anschließend wird mit Hilfe von Luigi Luca Cavalli-Sforza in das Thema Rassismus eingeführt und dieses Phänomen als eine Folge von Angst aufgrund der herrschenden Verhältnisse thematisiert.

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Inhalt

 

I. Einleitung

II. Die Moderne und ihre Entwicklungen

II.1 Differenzierung

II.2 Individualisierung

II.3 Rationalisierung

II.4 Domestizierung

II.5 Beschleunigung

II.6 Globalisierung

II.7 Fazit

III. Der Status Quo der Sozialstruktur in der BRD

III.1 Bildung

III.2 Vermögen

III.3 Soziale Schicht

III.4 Fazit

IV. Rassismus als eine Folge der Angst abgehängt zu werden

IV.1 Der Hochmut der vermeintlich Erfolgreichen

IV.2 Rassismus als Ventil

IV.3 Fazit

V. Soziale Arbeit als Rassismusprävention

V.1 Die menschlichen Grundbedürfnisse

V.2 Drei Ebenen zur Bekämpfung von Rassismus

V.3 Fazit

VI. Resümee

VII. Literatur- und Abbildungsverzeichnis

 

I. Einleitung

Die Kursanstiege an den Börsen treiben das Geldvermögen der Deutschen auf immer neue Rekordhöhen. Im vierten Quartal 2013 wuchs das Vermögen der privaten Haushalte in Form von Bargeld, Wertpapieren, Bankeinlagen oder Ansprüchen gegenüber Versicherungen im Vergleich zum Vorquartal um rund 79 Milliarden Euro oder 1,6 Prozent auf den historischen Höchstwert von 5,15 Billionen Euro, wie die Deutsche Bundesbank mitteilte. (Die Welt 2014)

II. Die Moderne und ihre Entwicklungen

 

„Die Gegenwärtige Sozialstruktur lässt sich besser verstehen, wenn man weiß, wie sie entstanden ist.“ (Geißler 2011: 21) Um zu verstehen warum die Menschen in der BRD heute leben wie sie es tun, soll im Folgenden eine Einführung in den Prozess der Modernisierung und seine Dimensionen erfolgen, da diese für die Entwicklung der heutigen Sozialstruktur in der BRD von großer Bedeutung war und ist.

 

Modernisierung ist von „der Moderne“ nicht zu lösen. Der vor allem in den Kunst- und Literaturwissenschaften gebräuchliche Begriff der Moderne bezeichnet einen („westlichen“) Kulturkreis, der durch eine Entfesselung und kumulative Entfaltung der Fähigkeiten des Menschen zum rationalen Denken und Handeln bestimmt ist. Die Übereinstimmungen mit den Prinzipien und dem Fortschrittsdenken der Aufklärung sind unübersehbar. (Degele 2005: 15)

 

Durch die Prozesse der Modernisierung veränderte sich das Leben der Menschen im westlichen Kulturkreis radikal. In der Moderne trägt der Einzelne die Verantwortung für sein Schicksal selbst, wird ihm doch von nun an mehr Individualität und Autonomie eingeräumt. „In diesem Prozess kristallisiert sich ein für die Moderne konstitutives gesellschaftliches Wertesystem heraus, das durch die Betonung von individueller Freiheit, Rationalität, Solidarität, aktiver Weltgestaltung und Universalismus gekennzeichnet ist.“ (ebd.) Angesichts dessen, steht der Begriff der Modernisierung für eine radikale Zäsur mit der Vergangenheit und einen Paradigmenwechsel. Spätestens die industrielle Revolution in England von 1760 – 1830 und die Französische Revolution von 1789 – 1794 läuteten diesen Paradigmenwechsel ein. Herrschte zuvor noch Soziale Ordnung durch Ungleichheit, galt nunmehr Gleichheit der Menschen als neues gesellschaftliches Paradigma der sozialen Ordnung. Nahm man zuvor an, dass die Ungleichheit der Menschen gottgewollt ist, wurde dies nun abgelehnt und die Autonomie des Individuums in den Mittelpunkt gerückt. Infolge dieser Rationalisierung und Individualisierung gewann der Einzelne nicht nur Freiheit, sondern musste auch die volle Verantwortung für sein eigenes Leben übernehmen. Modernisierung beschreibt somit sozialen Wandel als Übergang von einfachen traditionellen Formen von Gesellschaft wie beispielsweise der ständischen- oder Agrargesellschaft zu modernen hoch komplexen Industriegesellschaften. Daher geht mit dem Modernisierungsgedanken häufig auch ein Fortschrittsgedanke einher. So ist es Aufgabe des Individuums auch selbst fortschrittlich zu sein. Das mit der Modernisierung einhergehende Versprechen von Autonomie bringt aber auch Verpflichtungen mit sich; unteranderem die Verpflichtung sich selbst zu entwerfen.

 

So ist die Autonomieerwartung ein gesellschaftlicher Zwang, eine neu entworfene Fessel, die von Subjekten Verhaltensmuster erwartet, die sie zu erfüllen haben. Wer dem nicht entspricht wird normativ sanktioniert, was bis zur Ausgrenzung reichen kann. Dabei sind die Chancen und Ressourcen zur Entwicklung der in der Autonomieerwartung angelegten Muster extrem ungleich verteilt. (Lutz 2014: 23, Hervorhebung i. O.)

 

So wird der Mensch durch die Modernisierung erst wirklich als Individuum wahrgenommen und zur Eigenverantwortlichkeit angehalten. Er ist somit zwar freier, aber zugleich auch schutzloser, da er nun die Verantwortung für sein Leben selbst trägt und traditionelle Netze wie Familie, Verbände und andere heute nicht mehr in gewohntem Maße tragen. Gerade die Ungleichheit bei der Verteilung von Chancen und Netzwerken führt aber dazu, dass den Gewinnern der Modernisierungsprozesse, eine Mehrheit verunsicherter und um ihren Platz in der Gesellschaft kämpfender Individuen entgegensteht. Mit welchen Problemen diese Menschen in der BRD zu kämpfen haben, soll im Folgenden anhand einzelner Dimensionen des Modernisierungsprozesses und den darin enthalten pathologischen Entwicklungen verdeutlicht werden.