Die Shannara-Chroniken: Der Magier von Shannara 1 - Das verbannte Volk - Terry Brooks - E-Book

Die Shannara-Chroniken: Der Magier von Shannara 1 - Das verbannte Volk E-Book

Terry Brooks

4,4
4,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Grianne Ohmsford hat sich von ihrer dunklen Vergangenheit gelöst und leitet das mächtige Konzil der Zauberer. Doch viele gelüstet es nach dem begehrten hohen Amt. Nachdem Grianne plötzlich unter mysteriösen Umständen verschwindet, begeben sich ihr treuer Diener Tangwen und der weise Elf Elendessil auf die Suche nach der Verschollenen ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 594

Bewertungen
4,4 (12 Bewertungen)
8
1
3
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Terry Brooks

Die Shannara-Chroniken

Das verbannte Volk

Roman

Deutsch von Andreas Helweg

Buch

Grianne Ohmsford hat sich von ihrer dunklen Vergangenheit gelöst und leitet das mächtige Konzil der Zauberer. Doch viele gelüstet es nach dem hohen Amt. Als sie unter mysteriösen Umständen verschwindet, begeben sich ihr treuer Diener Tangwen und der weise Elf Elendessil auf die Suche nach der Verschollenen ...

Der fulminante Auftakt einer neuen Shannara-Trilogie!

 

 

 

Autor

Im Jahr 1977 veränderte sich das Leben des Rechtsanwalts Terry Brooks, geboren 1944 in Illinois, USA, grundlegend: Gleich der erste Roman des begeisterten Tolkien-Fans eroberte die Bestsellerlisten und hielt sich dort monatelang. Doch "Das Schwert von Shannara" war nur der Beginn einer atemberaubenden Karriere, denn bislang sind mehr als zwanzig Bände seiner Shannara-Saga erschienen.

 

 

 

Besuchen Sie uns auch auf www.facebook.com/blanvalet und www.twitter.com/BlanvaletVerlag

Die Originalausgabe erschien 2003 unter dem Titel »High Druid of Shannara, vol. 1: Jarka Ruus« bei Ballantine Books, New York.

 

Der vorliegende Roman ist bereits 2005 im Goldmann Verlag und im Blanvalet Verlag unter dem Titel „Die Magier von Shannara – Das verbannte Volk“ erschienen.

 

 

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

 

Der Verlag weist ausdrücklich darauf hin, dass im Text enthaltene externe Links vom Verlag nur bis zum Zeitpunkt der Buchveröffentlichung eingesehen werden konnten. Auf spätere Veränderungen hat der Verlag keinerlei Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

 

 

1. Auflage

Copyright der Originalausgabe © 2003 by Terry Brooks Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2016 by Blanvalet in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkterstr. 28, 81673 München Redaktion: Waltraud Horbas Covergestaltung und Illustration: Max Meinzold HK • Herstellung: at

ISBN 978-3-641-18122-2V002

 

 

 

 

Für Judinemeine liebste Reisegefährtin,am Beginn eines neuen Weges

Inhaltsverzeichnis

Buch und AutorCopyrightWidmungEinsZweiDreiVierFünfSechsSiebenAchtNeunZehnElfZwölfDreizehnVierzehnFünfzehnSechzehnSiebzehnAchtzehnNeunzehnZwanzigEinundzwanzigZweiundzwanzigDreiundzwanzigVierundzwanzigFünfundzwanzigSechsundzwanzigSiebenundzwanzigAchtundzwanzigNeunundzwanzigDreißig

Eins

Sie saß allein in ihren Gemächern, in den Schatten der Dämmerung und der Einsamkeit des Abends. Ihre Gedanken waren düsterer als die anbrechende Nacht und wogen schwerer als das Gewicht aller Steine von Paranor. In letzter Zeit zog sie sich früh zurück, vorgeblich zum Arbeiten, in Wirklichkeit jedoch, um über die Enttäuschungen des Tages zu grübeln und über die trüben Aussichten des nächsten Morgens nachzudenken. Die Stille hier im hohen Turm gewährte ihr einen Augenblick der Ruhe in dem Zwist zwischen ihr und jenen, die sie zu führen hatte. Dieser Moment dauerte nur kurz, nur solange sie in ihrer Abgeschiedenheit blieb, doch ohne diesen kleinen Trost wäre sie, so fürchtete sie manchmal, vollkommen in Verzweiflung verfallen.

Sie war kein Kind mehr, nicht einmal mehr jung, wenngleich sie jugendlich aussah, da ihre bleiche, durchscheinende Haut keinen Makel und keine Falten aufwies, ihre klaren blauen Augen leuchteten und sie sich sicher und gewandt bewegte. Schaute sie in den Spiegel, was damals wie heute selten geschah, so sah sie dort das Mädchen von vor zwanzig Jahren. Der Alterungsprozess schien bei ihr auf wundersame Weise zum Stillstand gekommen zu sein. Während jedoch ihr Körper jung blieb, alterte ihre Seele, und daran trug ihre Verantwortung mehr Schuld als die Zeit. Allein der Druidenschlaf würde, falls sie sich seiner bediente, die Ermüdung ihres Herzens verlangsamen, aber zu diesem Mittel wollte sie in nächster Zukunft nicht greifen. Sie konnte nicht. Sie war die Ard Rhys des Dritten Druidenrates, die Hohe Druidin von Paranor, und solange sie dieses Amt einnahm, würde Schlaf für sie ein knappes Gut bleiben.

Ihr Blick schweifte zu den Fenstern ihres Zimmers, die nach Westen hinausgingen, wo die Sonne längst hinter dem Horizont versunken war und das schwache Leuchten des Himmels zu schwinden begann. Auch ihr eigener Stern, dachte sie, war im Sinken begriffen, sein Licht verblasste, seine Zeit und seine Chancen zerrannen. Wäre es ihr denn möglich gewesen, hätte sie daran etwas geändert. Allerdings hatte sie den Glauben verloren, den Weg zu finden.

Sie hörte Tagwen, ehe sie ihn sah, vernahm seine leichten und vorsichtigen Schritte auf dem Gang vor ihrer offenen Tür, und in der Zaghaftigkeit seiner Annäherung verriet sich seine Sorge um sie.

»Komm herein, Tagwen«, rief sie.

Er trat durch die Tür und blieb hinter der Schwelle stehen, erdreistete sich nicht, weiter einzudringen, da er diesen Raum als den ihren und alleinig ihren respektierte. Auch er wurde alt, stand nun fast schon zwanzig Jahre in ihren Diensten, und da er der einzige Gehilfe war, den sie je gehabt hatte, stellte er einen Spiegel ihrer eigenen Zeit in Paranor dar. Sein stämmiger, knorriger Körper besaß noch Kraft, doch seine Bewegungen wurden langsamer, und sie konnte häufig beobachten, wie er zusammenzuckte, wenn die verschlissenen Gelenke steif wurden. Seine Augen strahlten eine Güte aus, die sie von Anfang an angezogen hatte und die den Charakter des Mannes offenbarte. Tagwen diente ihr, weil er respektierte, was sie tat und was sie für die Vier Länder bedeutete, und er hatte sie niemals nach Erfolg oder Misserfolg beurteilt, nicht einmal, als Letzterer so sehr überwogen hatte.

»Herrin«, sagte er mit seiner heiseren, rauen Stimme und neigte den Kopf, so dass das bärtige Gesicht kurz im Schatten lag. Diese eigentümliche und steife Geste war so typisch für ihn. Er beugte sich vor, als wolle er ihr etwas anvertrauen, das andere belauschen könnten. »Kermadec ist da.«

Sofort erhob sie sich. »Er wird nicht hereinkommen«, sagte sie, eine Feststellung, keine Frage.

Tagwen nickte. »Er wartet am Nordtor und fragt, ob Ihr mit ihm sprechen werdet.« Ernst presste der Zwerg die Lippen zusammen. »Es sei dringend, sagt er.«

Sie griff nach ihrem Mantel und warf ihn sich um die Schultern. Während sie an Tagwen vorbeiging, berührte sie ihn beruhigend an der Schulter. Im Treppenhaus hörte sie Stimmen von unten, Gesprächsfetzen, die zu ihr herangetragen wurden. Sie konnte nicht verstehen, was gesagt wurde. Möglicherweise sprach man über sie; das geschah beinahe ständig. Gewiss fragten sie sich, aus welchem Grund sie ihre Anführerin blieb, warum sie vorgab, überhaupt irgendetwas erreichen zu können, nachdem sie so oft gescheitert war, warum sie nicht begriff, dass ihre Zeit vorüber war und ein anderer ihren Platz einnehmen sollte. Mancher flüsterte vielleicht, man müsse sie mit Gewalt vertreiben, auf die eine oder die andere Weise. Andere stimmten sogar für wesentlich härtere Maßnahmen.

Intrigen von Druiden. Die waren in den Hallen von Paranor nichts Ungewöhnliches, und ihr gelang es einfach nicht, ihnen ein Ende zu bereiten. Auf Walkers Befehl hin hatte sie diesen Dritten Druidenrat gegründet, nachdem sie aus Parkasia in die Vier Länder zurückgekehrt war. Sie akzeptierte ihre Rolle als Oberhaupt, ihr Schicksal als Führerin jener, die sie rekrutiert hatte, ihre Verantwortung dafür, das Erbe der Druiden als Überlieferer des Wissens an die Rassen mit neuem Leben zu erfüllen. Das Herzstück ihres neuen Ordens hatten jene wenigen gebildet, die ihr der Elfenkönig Kylen Elessedil auf Drängen seines Bruders Ahren geschickt hatte. Weitere aus anderen Ländern und anderen Rassen waren gefolgt, angelockt von der Aussicht, den Gebrauch von Magie zu erkunden. Das war vor zwanzig Jahren gewesen, und damals hatte sie große Hoffnungen gehegt. Alles war ihr erreichbar erschienen. Die Zeit und das Unvermögen, einen erkennbaren Wandel des Denkens und der Einstellungen bei den Regierenden der Länder und Rassen herbeizuführen, hatten diesen Optimismus gebrochen. Was blieb, war ein verzweifeltes Beharren auf ihren Glauben, dass sie nicht aufgeben durfte.

Das allein genügte jedoch nicht. Niemals würde es genügen. Nicht für jemanden, der aus einer solchen Dunkelheit kam, in der jegliche Hoffnung auf Erlösung vergeblich erschienen war. Nicht für Grianne Ohmsford, die einstige Ilse-Hexe, die nun zu Ard Rhys geworden war, um Sühne zu üben.

Sie gelangte in die unteren Stockwerke des Bergfrieds, in die langen Gänge, welche die Versammlungsräume und Unterkünfte jener verbanden, die sie nach Paranor geholt hatte. Einige kamen ihr entgegen, Schatten, die an den Wänden im Licht der flammenlosen Öllampen entlangschlichen. Manche nickten ihr zu; ein oder zwei grüßten sie. Die meisten warfen ihr lediglich rasch einen Blick zu und eilten weiter. Sie fürchteten sie und misstrauten ihr, diese Druiden, die sie in ihrem Orden aufgenommen hatte. Offensichtlich konnten sie sich dieser Gefühle nicht erwehren, und sie vermochte ihnen dies nicht zum Vorwurf zu machen.

Terek Molt trat aus einem Zimmer und grüßte mit unfreundlichem Grunzen, nach außen hin mutig und herausfordernd. Aber sie spürte seine wahren Gefühle, und sie erkannte seine Angst. Seinen Hass, der noch stärker war. Für Traunt Rowan und Iridia Eleri und ein oder zwei weitere galt das Gleiche. Shadea a’Ru begegnete ihr mit ihren giftigen Blicken sogar so offen feindselig, dass es zwischen ihnen keinerlei Gespräche mehr gab, ein Zustand, an dem sie nichts zu ändern vermochte.

Sie schloss die Augen, unterdrückte ihre Gefühle und fragte sich, was sie mit diesen Vipern anstellen sollte – was konnte sie tun, das nicht schlimmere Rückwirkungen hatte, als sie zu ertragen bereit war.

Der junge Ceryson Scyre kam ihr entgegen, winkte und lächelte, sein Gesicht verriet ehrliche Freude, seine Begeisterung war unverkennbar. An diesem ansonsten dunklen Firmament stellte er ein hell leuchtendes Licht dar, und sie war dankbar für seine Gegenwart. Noch glaubten einige Angehörige des Ordens fest an sie. Freundschaft oder gar Mitleid hatte sie nie von jenen erwartet, die zu ihr kamen, doch hatte sie auf Loyalität gehofft und auf ein Gespür für die Verantwortung, die sich mit ihrem Amt verband. So zu denken war töricht, und inzwischen hatte sie es sich abgewöhnt. Inzwischen würde es den Kern besser treffen, wenn man sagte, sie hoffe lediglich auf den Sieg der Vernunft.

»Herrin«, grüßte Gerand Cera mit leiser Stimme und verneigte sich im Vorübergehen vor ihr. Er war groß von Gestalt, schlank und geschmeidig, und sein kantiges Gesicht wirkte gleichermaßen verschlafen wie gefährlich.

Längst waren es zu viele geworden. Sie konnte nicht auf alle aufpassen. Jedes Mal, wenn sie diese Gänge betrat, setzte sie sich einem Risiko aus – hier an dem einzigen Ort, der ihr Sicherheit bieten sollte, in dem Orden, den sie selbst gegründet hatte. Das war verrückt.

Sie durchquerte die Eingangshalle und trat in die Nacht hinaus, eilte durch eine Reihe von Höfen zum Nordtor und befahl der Wache, sie hinauszulassen. Die Dienst habenden Trolle gehorchten teilnahmslos und schweigend. Sie kannte ihre Namen nicht, wusste nur, dass sie auf Kermadecs Geheiß da waren, und das genügte ihr, um von ihrer Loyalität überzeugt zu sein. Was auch sonst in dieser Gemeinschaft ihrer einst Getreuen passierte, die ständig mehr unterminiert wurde, die Trolle würden ihr zur Seite stehen.

Würde das eines Tages notwendig sein? Vor einem Monat wäre ihr dieser Gedanke nicht in den Sinn gekommen. Allein schon die Frage bewies, wie angespannt die Lage geworden war.

Sie ging zur Kante der Felswand, zu der Mauer aus Bäumen, wo der Wald begann, und blieb stehen. Eine Eule glitt durch die Dunkelheit, ein stiller Jäger. Sie selbst jagte ebenfalls. Plötzlich spürte sie eine starke Verbindung mit dem Nachtvogel, und fast konnte sie sich vorstellen, wie sie davonflog wie er, alles hinter sich zurückließ und in die Finsternis und Einsamkeit zurückkehrte.

Eine derartige Schwäche durfte sie sich nicht leisten, also verscheuchte sie den Gedanken und pfiff leise. Augenblicke darauf löste sich eine Gestalt aus der Dunkelheit vor ihr und trat auf sie zu.

»Herrin«, grüßte der Maturen, ging auf ein Knie und verneigte sich tief.

»Kermadec, du großer Bär«, erwiderte sie und umarmte ihn. »Wie schön, dich zu sehen.«

Von den wenigen Freunden, die sie hatte, stand ihr Kermadec vermutlich am nächsten. Sie kannte ihn bereits, seit sie den Orden gegründet hatte. Damals war sie ins Nordland gezogen und hatte die Troll-Stämme um Unterstützung gebeten. Niemand hatte je daran gedacht, dies zu tun, und ihre Anfrage war sogar Anlass genug, um den Rat der Nationen einzuberufen. Sie ließ sich die Gelegenheit, die sich ihr bot, nicht entgehen und berichtete ihnen von ihrem Auftrag, von ihrer Rolle als Ard Rhys des neuen Druidenrates, des dritten seit Galaphiles Zeiten. Dazu erklärte sie ihnen, dieser neue Orden würde Angehörige aller Nationen aufnehmen, auch Trolle. Jede Form der Benachteiligung sei untersagt; die Vergangenheit solle nicht in die Gegenwart wirken. Die Druiden mussten einen neuen Anfang wagen, und damit der Orden erfolgreich sein könne, müssten alle Rassen vertreten sein.

Sofort war Kermadec vorgetreten, hatte ihr die Unterstützung seiner großen Nation versprochen. Aufgrund ihrer Geste und weil er die Wichtigkeit ihres Vorhabens für die Rassen erkannte, hatte er seine Entscheidung getroffen, ehe sich der Rat der Nationen überhaupt versammelt hatte. Vom Nutzen der Magie waren seine Felstrolle nicht so sehr überzeugt, doch würden sie als Leibwache dienen. Wenn sie ihnen Gelegenheit gab, ihre Verlässlichkeit und ihre Fähigkeiten auf die Probe zu stellen, würde sie es nicht bereuen.

Und das hatte sie auch nicht. Kermadec blieb fünf Jahre, und in dieser Zeit waren sie enge Freunde geworden. Mehr als einmal hatte er Probleme gelöst, die sonst ernste Schwierigkeiten für sie dargestellt hätten. Sogar nach seiner Heimkehr, nachdem er seinen Dienst bei ihr absolviert hatte, suchte er noch die Trolle aus, die fortan in seine Fußstapfen traten. Oft waren Zweifel daran geäußert worden, ob es weise war, Trollen Zutritt zu Paranor zu gewähren, geschweige denn sie zu Leibwachen der Ard Rhys zu machen. Doch hatte die Ard Rhys sich schon an finsteren Orten aufgehalten und mit gefährlicheren Kreaturen eingelassen. Sie glaubte, keine Rasse besitze eine besondere Neigung zum Guten oder zum Bösen; alle Völker setzten sich aus Individuen zusammen, die ihre eigene Entscheidung trafen, entweder das eine oder das andere zu wählen.

Mit dieser Einstellung betrachtete sie auch die Mitglieder ihres Druidenordens, dachte sie, obwohl sie es sich anders gewünscht hätte.

»Kermadec«, wiederholte sie, und ihre Erleichterung ließ sich deutlich aus ihrer Stimme heraushören.

»Ihr solltet mir erlauben, Euch von ihnen zu befreien«, sagte er leise und legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Ihr solltet sie von Euch abwaschen wie den Schweiß des vergangenen Tages und einen neuen Anfang wagen.«

Sie nickte. »Wenn es so einfach wäre, würde ich dich zu Hilfe rufen. Leider kann ich nicht neu anfangen. Das würden mir die Regierungen der Nationen, die ich umwerbe, als Schwäche auslegen. Eine Ard Rhys darf sich jedoch in diesen Zeiten keine Schwächen erlauben.« Sie tätschelte seine Hand. »Komm und geh ein Stück mit mir.«

Sie ließen die Felswand hinter sich, traten unter die Bäume und genossen ihr Beisammensein und die Nacht. Paranor blieb hinter ihnen zurück, und die Stille des Waldes umschloss sie. Die kühle Nachtluft fühlte sich angenehm an, das frische Laub wisperte leise im Wind, und der Duft von Wald und Wasser hüllte sie ein. Bald würde der Sommer kommen und mit ihm neue Gerüche.

»Was führt dich zu mir?«, fragte sie schließlich. Sie wusste, ohne Aufforderung würde er nicht darüber sprechen.

Er schüttelte den Kopf. »Eine beunruhigende Angelegenheit, und zwar eine, die Ihr vielleicht besser versteht als ich.«

Selbst für einen Felstroll war Kermadec riesig, er überragte sie um fast sieben Fuß, und sein kräftiger Körper war mit einer Haut bedeckt, die an Baumrinde erinnerte. Er bestand ganz aus Muskeln und Knochen und konnte Bäume mitsamt Wurzeln ausreißen. Einen Troll von Kermadecs Stärke und Beweglichkeit hatte sie nie zuvor kennen gelernt. Aber das war noch nicht alles. Da er seit dreißig Jahren Maturen war, gehörte er zu der Sorte Mann, an die andere sich instinktiv wandten, wann immer die Zeiten Ungemach verhießen. Zuverlässig und geschickt hatte er seiner Nation gedient, und seine Würde und sein Einfühlungsvermögen widersprachen der grausamen Geschichte seiner Rasse. Vor gar nicht so langer Zeit waren die Trolle gegen Menschen und Elfen und Zwerge marschiert, mit der eindeutigen Absicht, sie in Grund und Boden zu stampfen. Während der Kriege der Rassen hatten sie, beherrscht von ihrer wilden, streitbaren Natur, sich mit den dunkleren Mächten der Welt eingelassen. Das jedoch war Vergangenheit, und in der Gegenwart ließen sie sich nicht mehr so leicht in den Dienst einer Sache zwingen, die jeglicher Vernunft entbehrte.

»Du hast einen weiten Weg auf dich genommen, um mich zu sehen, Kermadec«, sagte sie. »Dafür muss es einen gewichtigen Grund geben.«

»Das solltet Ihr selbst beurteilen«, antwortete er leise. »Ich habe nicht mit eigenen Augen bezeugt, was ich Euch mitteilen werde, deshalb kann ich es nicht einschätzen. Ich glaube, Euch wird es ähnlich schwer fallen.«

»Erzähl es mir.«

Er blieb in der Dunkelheit stehen und wandte sich ihr zu. »In den Ruinen des Schädelreiches finden eigenartige Aktivitäten statt, Herrin. Die Berichte stammen nicht von Felstrollen, die diesen verbotenen Ort nicht betreten, sondern von anderen Geschöpfen, die sich dort herumtreiben und die ihren Lebensunterhalt damit bestreiten, zu erzählen, was sie gesehen haben. Was sie jetzt beobachten, erinnert an alte, finstere Zeiten.«

»Das Reich des Dämonenlords war es einst«, merkte sie an. »Immer noch ein verderblicher Ort voller eingestürzter Mauern und zerschmetterter Gebeine. Die Spuren des Bösen haften dem Geruch und dem Geschmack dieses Landes an. Was haben diese Geschöpfe gesehen?«

»Rauch und Spiegel gewissermaßen. Feuer, die im Dunkeln angezündet wurden und bei Tagesanbruch erkalteten. Kleine Lichtblitze, die darauf hindeuten, dass nicht nur Holz verbrannt wurde. Beißende Gerüche, die nur von den Feuern stammen können. Schwarze Flecken auf Steinen, die an Altäre erinnern. Markierungen an diesen Steinen, bei denen es sich um Symbole handeln könnte. Zunächst fanden diese Ereignisse lediglich sporadisch statt, inzwischen fast jede Nacht. Seltsame Vorkommnisse, die mich für sich allein genommen nicht beunruhigen würden, in ihrer Summe allerdings schon.«

Er holte tief Luft und seufzte. »Noch etwas. Einige jener, die zu uns kommen, erwähnen Geister, die am Rande des Nebels und Rauchs sichtbar werden, Wesen ohne Substanz und ohne wirkliche Gestalt, die dennoch mehr als reine Einbildung sind. Sie flattern herum wie Vögel im Käfig, die in die Freiheit wollen.«

Grianne wurde angesichts der möglichen Bedeutung dieser Beobachtungen kalt. Da wurde durch den Gebrauch von Magie etwas beschworen, etwas, das nicht in diese Welt gehörte und gerufen wurde, um einem unbekannten Zweck zu dienen.

»Wie verlässlich sind diese Geschichten?«

Ihr Besucher zuckte mit den Schultern. »Überwiegend stammen sie von Gnomen, und die suchen diesen Teil der Welt als Einzige auf. Das tun sie, weil sie ihn in ihren abergläubischen Vorstellungen für heilig halten. Sie zelebrieren ihre Rituale an jenen Orten, weil sie glauben, das verleihe ihnen Kraft. Wie verlässlich sie sind?« Er zögerte kurz. »Ich glaube, ihre angeblichen Beobachtungen haben schon einiges an Gewicht.«

Sie dachte einen Moment nach. Wieder so eine merkwürdige Begebenheit, als hätte sie davon nicht schon genug. Diese Geschichte gefiel ihr ganz und gar nicht, denn falls tatsächlich Magie im Spiel war, hielt sich deren Urheber vielleicht nicht weit von hier entfernt auf. Druiden verfügten über Magie und waren somit die ersten Verdächtigen, aber für sie galt ein Verbot, Magie an anderen Orten als Paranor zu praktizieren. Natürlich ließen sich diese Vorkommnisse auch auf andere Weise erklären, nichtsdestoweniger durfte sie diese Möglichkeit auf keinen Fall ignorieren.

»Steckt ein Muster hinter diesen Ereignissen?«, erkundigte sie sich. »Eine bestimmte zeitliche Abfolge, wann die Feuer aufflammen und wann sie erlöschen?«

Er schüttelte den Kopf. »Bislang hat niemand eines bemerkt. Wir können die Gnome bitten, das genauer zu beobachten.«

»Was wiederum eine Weile in Anspruch nehmen wird«, meinte sie. »Zeit, die ich am besten verwende, indem ich mir die Sache persönlich anschaue.« Sie spitzte die Lippen. »Deshalb bist du schließlich zu mir gekommen, um mich darum zu bitten, nicht wahr? Damit ich es mir selbst anschaue.«

»Ja, Herrin.« Er nickte. »Ich begleite Euch. Allein würde ich mich niemals in dieses Land wagen – nie. An Eurer Seite jedoch würde ich sogar der Unterwelt und den Schatten trotzen.«

Pass nur auf, was für Prahlereien du in den Mund nimmst, Kermadec, dachte sie. Solch großen Worte können leicht zu einem Fluch werden.

Sie überlegte, was sie sich für die nächsten Tage vorgenommen hatte. Auf ihrem Plan standen Treffen mit verschiedenen Druiden, um Studien zu überarbeiten, die Mitglieder ihres Ordens verfasst hatten. Das konnte warten. Die Aufsicht über die Renovierung der Bibliothek, in der die Geschichtswerke der Druiden aufbewahrt wurden – dabei war ihre Anwesenheit unbedingt erforderlich, es konnte jedoch ebenfalls warten. Eine Delegation der Föderation wurde in drei Tagen erwartet; der Premierminister der Koalition sollte sie anführen, hieß es. Wenn sie sofort aufbrach, konnte sie bis dahin längst zurück sein.

Sie musste sich Gewissheit verschaffen, das wusste sie. Diese Angelegenheit durfte sie nicht aus den Augen verlieren. Solche Zwischenfälle zogen allzu leicht großes Ungemach hinter sich her. Allein durch ihr Erscheinen würde sie die Beteiligten vielleicht schon von ihren Beschwörungen abbringen. Möglicherweise genügte das, um dem Spuk ein Ende zu bereiten.

Zwei

Um Mitternacht verließen sie Paranor und flogen im hellen Vollmondlicht über den Druidenwald hinweg, gleichermaßen getrieben von Erwartungen, Zweifeln und Ängsten. Sie entschieden sich für Griannes Kriegswürger Jäger und nicht für ein Druidenluftschiff, da ein Würger ihrer Meinung nach weniger Aufmerksamkeit erregte und außerdem nicht so viele Umstände machte. Für ein Luftschiff brauchte man eine Mannschaft, und die verlangte Erklärungen. Grianne wollte zunächst geheim halten, wonach sie suchte, bis sie besser über die Angelegenheit Bescheid wusste.

Tagwen nahm die Nachricht ihres mysteriösen und überstürzten Aufbruchs stoisch entgegen, doch bemerkte sie Missbilligung und Sorge in seinem Blick. Zu gern hätte er mehr über ihr Vorhaben erfahren, damit er ihr, falls notwendig, helfen könne. Allerdings erschien es ihr am besten, wenn sie ihm lediglich mitteilte, dass sie für ein paar Tage unterwegs war und er sie so gut wie möglich vertreten musste. Man würde Fragen stellen oder gar Auskunft einfordern, jedoch konnte er nichts preisgeben, was er nicht wusste. Sie legte ihm fest die Hände auf die Schultern und lächelte ihn anerkennend und beruhigend an, ehe sie verschwand.

Sie brauchte Tagwen nicht erst zu erklären, dass er Kermadec auf keinen Fall erwähnen durfte, es sei denn, sie kehrte nicht zurück; Besuche des Felstrolls wurden immer geheim gehalten. Zu viele missbilligten diese Verbindung, und der Zwerg wusste, wie wichtig es war, nicht zusätzlich Öl ins Feuer zu gießen. Grianne konnte sich auf Tagwens gutes Urteilsvermögen in diesen Dingen verlassen. Das gehörte zu seinen besten Eigenschaften; auch, was Diskretion und Verstand betraf, konnte er sich leicht mit ihr messen. Hätte er die Neigung oder das Talent besessen, wäre er ein guter Druide geworden. So freute sie sich, ihn in dieser Stellung zu haben.

Der Flug dauerte den Rest der Nacht und den größten Teil des folgenden Tages, und stetig schwebten sie über die Ebene von Streleheim und die Gipfel des Messergebirges hinweg zu den Ruinen des Schädelreiches unten im Tal. Sie lenkte Jäger hinunter, und vom Rauschen des Windes in ihren Ohren wie von der Welt abgeschirmt, hatte sie viel Zeit zum Nachdenken. Ihre Gedanken richteten sich gleichermaßen in die Vergangenheit und die Zukunft. Aber während das, was hinter ihr lag, eher ein Schreckgespenst war, verspürte sie große Neugier auf das, was ihr bevorstand.

Ihr neues Leben hatte so vielversprechend begonnen. Sie war mit solcher Zuversicht in die Vier Länder zurückgekehrt, hatte ihre wahre Identität wiedergewonnen und die Lügen, die sie irregeleitet hatten, durch die Wahrheit ersetzt. Auch ihren verschollenen Bruder Bek hatte sie gefunden, womit sie niemals gerechnet hatte. Sie hatte die Ketten gesprengt, die der Morgawr ihr angelegt hatte, den Zauberer mithilfe ihres Bruders besiegt und vernichtet. Das alles hatte sie getan, damit sie möglicherweise eine Chance auf Erlösung erhielt, die zu finden sie nicht mehr geglaubt hatte. Die Berührung eines sterbenden Druiden und sein Blut auf ihrer Stirn hatten sie zu seinem Nachfolger gekürt und ihren Weg festgeschrieben. Ein solches Schicksal hätte sie sich nicht selbst ausgesucht, doch inzwischen betrachtete sie es als richtig und hatte es somit für sich akzeptiert.

Walker war ihr am Hadeshorn erschienen, ein Schatten mit der Vision eines Schattens, und hatte ihr seinen Segen erteilt. Die Schatten lange verstorbener Druiden hatten sich aus dem Äther materialisiert, waren aus dem brodelnden Wasser aufgestiegen und hatten ihr Wissen und einen Teil ihrer kollektiven Macht geschenkt. Sie würde den Orden neu gründen, die Aufgabe fortführen, die Walker sich gestellt hatte und die er nicht vollenden konnte. Dementsprechend würde sie Angehörige aller Rassen zu einem Dritten Druidenrat zusammenrufen und daraus diesen neuen Orden bilden, einen, in dem nicht länger die Gebote eines einzigen Druiden die Grenzlinie zwischen Zivilisation und Anarchie, zwischen Vernunft und Wahnsinn zogen. Zu lange hatte alles von einem einzigen Druiden abgehangen. Jene wenigen, die es geschafft hatten – Bremen, Allanon und Walker – hatten ausgeharrt, weil es außer ihnen niemanden gab. Das würde sie ändern.

Träume. Hoffnungen.

Ahren Elessedil hatte seinen Bruder, den Elfenkönig Kylen Elessedil, dazu überredet, ihr die ersten Kandidaten für ihren Orden zur Verfügung zu stellen, und Ahren persönlich hatte zehn Elfen nach Paranor geführt. Als Kylen begriff, wie man ihn überlistet hatte, da Walker tot war und die verhasste Ilse-Hexe seinen Platz eingenommen hatte, wollte er seine Elfen zurückrufen. Doch war es zu spät, die Elfen hatten sich ihr unterstellt und befanden sich außerhalb seines Zugriffs. Aus Vergeltung versuchte er bei jeder Gelegenheit, die Anführer der anderen Rassen gegen sie aufzubringen. Bei Sen Dunsidan, dem damaligen Premierminister der Föderation, fiel ihm das nicht schwer, denn der fürchtete und verabscheute sie. Die Zwerge und Trolle ließen sich weniger leicht beeinflussen, insbesondere nicht, nachdem sich Grianne die Mühe eines Besuchs bei ihnen gemacht und ihnen versprochen hatte, den Orden nach besten Möglichkeiten auch für sie zu öffnen. Sie erinnerte alle daran, zu welchem Zwecke die Druiden ursprünglich erschaffen worden waren. Wenn man eine Quelle der Kraft im Dienste von Frieden und Freundschaft unter allen Nationen sucht, sind die Druiden diejenigen, an die man sich wenden sollte.

Eine Zeit lang lief es denn auch so. Mitglieder beider Rassen kamen zu ihr, dazu manch einer aus Callahorn, denn man hörte nur Gutes über sie, von einem Fahrenden-Kapitän namens Redden Alt Mer und vom Hochländer Quentin Leah, von Männern also, die großen Respekt genossen. Außerdem war es für viele schon Grund genug, sie zu unterstützen, weil die Föderation dies eben nicht tat. Der Krieg zwischen der Föderation und den Freien dauerte weiter an, die riesigen Armeen kämpften auf der prekkendorranischen Anhöhe gegeneinander, ihre Führer wollten diese Auseinandersetzung nicht beenden, die schon seit dem Hinscheiden von Allanon andauerte – ein Krieg, in dem es um Einigung und Unabhängigkeit ging, um territoriale Rechte und freien Willen. Die Freien wollten ein eigenständiges Land aus Callahorn machen; die Föderation wollte es dem Südland einverleiben. Manchmal galt beides, dann wieder weder das eine noch das andere.

Natürlich steckte mehr dahinter, wie stets bei Kriegen zwischen Nationen. Allerdings wurden diese Rechtfertigungen von den Beteiligten am häufigsten vorgebracht, und in die Bresche, die das Fehlen jeglicher vernünftiger Überlegungen hinterließ, sprang die Ard Rhys.

Dabei handelte es sich um eine verhängnisvolle Entscheidung, die zu vermeiden ihr jedoch misslang. Der Krieg der Föderation gegen die Freien war eine schwärende Wunde, die nicht heilen wollte. Wenn die Rassen jemals wieder vereint werden und die Druiden es schaffen sollten, die Aufmerksamkeit der Vier Länder darauf zu richten, das Leben der Bürger zu verbessern, musste zunächst dieser Zwist beendet werden.

Während sie also um ein Gleichgewicht der verschiedenen Temperamente und Bedürfnisse jener rang, die zum Studium des Druidentums nach Paranor kamen, versuchte sie gleichzeitig eine Möglichkeit zu finden, den Konflikt zwischen der Föderation und den Freien zu schlichten. Das erforderte Verhandlungen mit jenen beiden Führern, die die Hohe Druidin am innigsten hassten – Kylen Elessedil bei den Elfen und Sen Dunsidan bei der Föderation. Des Weiteren musste sie ihre eigenen Vorbehalte ablegen und die der anderen überwinden. Dies erreichte sie zum größten Teil nicht durch Drohgebärden und Einschüchterung, sondern indem sie sich für sie unentbehrlich machte. Schließlich besaßen die Druiden jenes Wissen, das anderen versagt blieb, und das galt nach den Ereignissen in Parkasia umso mehr. Niemand wusste, welch unschätzbares Wissen aus der Alten Welt sie in ihren Besitz gebracht hatte. Auch begriff niemand, wie wenig von diesem Wissen ihr tatsächlich zur Verfügung stand. Aber häufig ist die Einbildungskraft stärker als die Wahrheit. Ohne die Unterstützung der Druiden fürchtete jeder, entscheidend an Boden zu verlieren. Ohne ihre Hilfe glaubten sie, auf eigene Kosten dem Gegner mehr Macht zu verleihen. Sen Dunsidan hatte stets alle Mittel der Politik für sich genutzt. Nachdem er begriffen hatte, dass sie nicht mehr die Ilse-Hexe war und ihm auch sein zeitweiliges Bündnis mit dem Morgawr nicht länger zum Vorwurf machte, war er durchaus willig, ihr Angebot zu überdenken. Kylen Elessedil folgte seinem Beispiel, weil er mit dem Feind Schritt halten wollte.

Sie spielte dieses Spiel mit, da sie keine andere Wahl hatte. Ihre Meisterschaft darin hatte sie in der Vergangenheit als Ilse-Hexe erworben und bis jetzt nicht eingebüßt. Im Verborgenen Strippen zu ziehen, war ihre zweite Natur. Dieser Prozess allerdings ging langsam vonstatten. Zu diesem Zwecke verteilte sie Brosamen und weckte die Aussicht auf den ganzen Laib des Brotes. Beizeiten hatte sie einen gewissen Erfolg, den sie durch Versprechungen erreichte, und dann war das Ziel nur noch eine Versammlung entfernt. Allein ein Waffenstillstand zwischen den beiden Parteien hätte schon eine Tür für eine dauerhaftere Lösung geöffnet. Beide Verhandlungspartner waren hart gesottene Männer, und ein Zugeständnis des einen hätte vielleicht genügt, um den anderen ebenfalls dazu zu bewegen. Sie manövrierte beide in Richtung dieses Zugeständnisses, gewann dadurch Zeit und Glaubwürdigkeit und stellte sich ins Zentrum ihres Denkens, während sie langsam auf einen Entschluss gegen diesen Krieg, den eigentlich keiner wollte, zusteuerten.

Dann kam Kylen Elessedil auf der prekkendorranischen Anhöhe zu Tode, die Schuld schob man ihr zu, und in einem einzigen Augenblick war die Arbeit von fast sechs Jahren dahin.

Als sie am Vormittag landeten, um Jäger eine Pause zu gönnen, stocherte Kermadec erneut in der Wunde.

»Ist der Knabenkönig endlich zu Verstand gekommen, Herrin?«, fragte er in einem Ton, der annehmen ließ, dass er die Antwort ahnte.

Darauf schüttelte sie nur den Kopf. Kellen Elessedil war seines Vaters Sohn und hegte sogar noch größeren Abscheu als dieser gegen sie, falls das möglich war. Schlimmer, er gab ihr die Schuld am Tod seines Vaters, und von dieser Auffassung ließ er sich nicht abbringen.

»Er ist ein Narr und wird sterben, wie sein Vater, als Kämpfer für eine Sache, die für keinen vernünftig denkenden Mann einen Sinn ergibt.« Kermadec schnaubte leise. »Es heißt immer, Felstrolle seien kriegslüstern, doch wenn man die Geschichte befragt, sind wir nicht schlimmer als Menschen und Elfen und heutzutage vielleicht möglicherweise besser. Zumindest führen wir nicht fünfzig Jahre andauernde Kriege.«

»Man könnte sagen, der Krieg zwischen Föderation und Freien dauert schon viel länger«, erwiderte sie.

»Gleichgültig, jedenfalls zu lange.« Kermadec reckte die massigen Arme über dem Kopf und gähnte. »Oder etwa nicht?«

Auf diese rhetorische Frage gedachte sie keine Antwort zu geben. Ein Dutzend Jahre waren vergangen, seit ihre Friedensbemühungen gescheitert waren, und seitdem hatte sie sich mit Ärgernissen befassen müssen, die sie viel unmittelbarer betrafen.

»Vielleicht solltet Ihr einmal Eure Wachen wechseln«, schlug Kermadec vor und reichte ihr seinen Schlauch mit Bier. »Und mit ihnen am besten gleich die Druiden.«

»Soll ich alle entlassen und von vorn anfangen?« Diesen Vorschlag hatte sie schon einmal von ihm gehört. Kermadec betrachtete die Welt in einfachen Kategorien; seiner Meinung nach wäre sie besser dran, wenn sie seinem Rat folgte. »Das geht nicht.«

»Ständig behauptet Ihr das.«

»Wenn ich jetzt den Orden auflöse, wird man das als Schwäche meinerseits auslegen, selbst wenn ich lediglich die Störenfriede hinauswerfe, die mir das Leben am meisten schwer machen. Die Nationen suchen nur nach einem Vorwand, um das Scheitern des Druidenrates zu erklären, vor allem Sen Dunsidan und Kellen Elessedil. Diese Ausrede will ich ihnen nicht liefern. Außerdem würde mich im Augenblick niemand mehr unterstützen, falls ich von vorn begänne. Alle würden die Druiden meiden. Ich muss die Dinge akzeptieren, wie sie sind.«

Kermadec nahm den Bierschlauch zurück und schaute hinaus aufs Land. Sie befanden sich genau am Rand der Streleheim-Ebene und hatten im Norden die dunstumhüllte, zerklüftete Silhouette des Messergebirges vor sich. Der helle, warme Tag versprach eine klare, mondhelle Nacht, in der sie die Ruinen des Schädelreiches erkunden konnten. »Denkt lieber reiflich über meinen Vorschlag nach, ehe Ihr ihn in den Wind schlagt.«

In letzter Zeit hatte sie über verschiedene Möglichkeiten nachgedacht, allerdings eher in Hinsicht darauf, wie sie dem Orden eine neue Form geben oder die größten Querköpfe isolieren könnte. Auch dabei durfte sie kein Zeichen von Schwäche an den Tag legen, sonst würden ihr viele die Gefolgschaft aufkündigen.

Manchmal dachte sie, es wäre das Beste, ihnen einfach das zu geben, was sie wollten, indem sie von ihrem Amt zurücktrat und im Guten aus dem Orden schied. Sollte sich doch ein anderer mit dem Problem befassen. Mochte dieser Jemand ihre Verantwortung und ihre Verpflichtungen als Ard Rhys auf sich nehmen. Leider wusste sie, dass das nicht ging. Niemand sonst war gebeten worden, diese Verantwortung und diese Pflichten auf sich zu laden; die waren ihr übertragen worden, und daran hatte sich nichts geändert. Sie konnte nicht einfach fortgehen. Dazu hatte sie nicht die Erlaubnis. Sobald Walkers Schatten erschiene und ihr sagen würde, es sei an der Zeit, würde sie im Nu verschwunden sein – obgleich wohl enttäuscht, weil sie ihre Aufgabe nicht hatte erfüllen können. Aber bislang war weder der Schatten von Walker noch der eines anderen Druiden zu ihr gekommen. Erst wenn sie entlassen wurde, konnte sie gehen. Allein, weil manche unzufrieden mit ihr waren, bekam sie ihre Freiheit nicht zurück.

Das Problem hätte sich wesentlich leichter lösen lassen, wenn sie noch die Ilse-Hexe gewesen wäre. Dann hätte sie an den rebellischen Mitgliedern ihres Ordens ein Exempel statuiert und die übrigen damit eingeschüchtert. Sie hätte auch nicht gezögert, ihre Schwierigkeiten auf eine Weise aus dem Weg zu räumen, die sogar Kermadec schockiert hätte. Von dem Leben hatte sie jedoch genug, und niemals würde sie dazu zurückkehren. Eine Ard Rhys musste einen anderen und besseren Weg finden.

Am späten Nachmittag hatten sie die Streleheim-Ebene überquert und waren über die niedrigere Mauer des Messergebirges in die zerklüftete Landschaft des Schädelreiches vorgedrungen. Grianne spürte eine Veränderung in der Luft, ehe sie diese am Boden wahrnahm. Selbst auf dem Rücken von Jäger mehrere hundert Fuß in der Luft konnte sie es fühlen. Die Luft wurde tot und alt, roch und schmeckte nach Verwüstung und Fäulnis. Nirgendwo sah sie Leben. Der Berg war verschwunden, war durch eine Katastrophe über den Köpfen jener eingestürzt, die darin ihre Untaten begangen hatten. Geblieben war nur ein Durcheinander von Schutt, auf dem wenig wuchs und das kaum Schutz und Nahrung bot. Dieses Land war noch jetzt, tausend Jahre später, öd, farblos und unfruchtbar, und vermutlich würde es weitere tausend Jahre dauern, ehe sich daran etwas änderte. Sogar nach einem Vulkanausbruch blühte irgendwann auf dem erstarrten Lavastrom das Leben unaufhaltsam wieder auf. Doch nicht hier. Dieser Ort verweigerte sich dem Leben.

Die beiden ignorierten das bedrückende Unbehagen, drehten einen Kreis um die Ruine und suchten nach der Stelle, an der die Feuer und Blitze beobachtet worden waren. Nach etwa einer Stunde fanden sie den Platz am Ende einer langen Felsplatte inmitten einer Kette von Steinspitzen, die wie ein Gerippe aus der Erde ragten. Ein Ring aus Steinen umgab die Feuerstelle mit den verkohlten Resten dessen, was auch immer dort gebrannt hatte. Als Grianne den Platz entdeckte, war ihr zuerst schleierhaft, wie man ihn erreichen, geschweige denn benutzen konnte. Felsbarrieren türmten sich ringsum auf, die Gräben waren tief und breit, die Kanten scharf wie Glas. Schließlich kam sie drauf. Man brauchte nur einen Rock, einen Würger oder ein kleines, gut zu manövrierendes Luftschiff, um dorthin zu gelangen. Was war in diesem Falle benutzt worden? Sie nahm sich vor, später darüber nachzudenken.

Sie lenkte Jäger zum einen Ende der Platte, stieg mit Kermadec ab und sah sich die Umgebung genauer an.

»Brandopfer«, bemerkte Kermadec und blickte unruhig nach links und rechts. Ihm gefiel es hier nicht, bemerkte sie, trotz ihrer Anwesenheit. Auch nach dieser langen Zeit löste dieser Ort bei einem Troll schlechte Erinnerungen aus. Der Dämonenlord war vielleicht tot und verschwunden, doch konnte man seine Anwesenheit noch spüren. Der Seele der Trollnation hatte niemand schlimmeren Schaden zugefügt. Trolle waren nicht so abergläubisch wie Gnomen, dafür glaubten sie an die Übertragung des Bösen von den Toten auf die Lebenden, weil sie solche Dinge erlebt hatten, und sie wollten nicht, dass so etwas erneut passierte.

Grianne schloss die Augen und erkundete die Umgebung mit ihren magischen Sinnen, wobei sie versuchte, in der Luft zu lesen, was sich zugetragen hatte. Sie erspürte die Hinterlassenschaften einer mächtigen Magie, das Wirken von Zauberei, die weder der Heilung noch der Hilfe diente. Es handelte sich um eine Beschwörung, wie sie aus den Überresten erkennen konnte. Mit welchem Ausgang? Das blieb ihr verborgen, obwohl die Gerüche auf Sterben hindeuteten, und zwar auf einen langsamen Tod. Sie sah zu der Feuerstelle und erkannte im schmierigen Ruß, dass die Opferungen eindeutig finsteren Zwecken gedient hatten.

»Nicht gut«, sagte sie leise.

Kermadec trat zu ihr. »Was habt Ihr entdeckt, Herrin?«

»Bislang nichts. Nichts Konkretes.« Sie blickte ihm in das flache, ausdruckslose Gesicht. »Möglicherweise erfahren wir heute Nacht etwas, wenn die Dunkelheit dieses Wesen einhüllt, das diesen toten Ort so anziehend findet.«

 

Sie band Jäger in einiger Entfernung an, zwischen den Felsen, wo man ihn nicht sehen konnte, fütterte ihn, gab ihm Wasser und sprach beruhigend auf ihn ein, um ihn auf das vorzubereiten, was später geschehen mochte. Im Anschluss daran aß sie mit Kermadec eine kalte Mahlzeit und schaute zu, wie sich das Licht zurückzog und sich die Dämmerung wie Rauch flach und farblos über das Land legte. Bei diesem Sonnenuntergang veränderte sich die Welt kaum, so wenig wie der Himmel über ihnen, abgesehen von dem fast eiligen Übergang von hell zu dunkel. Dabei beschlich Grianne ein Gefühl, als würden ihre Möglichkeiten von Verzweiflung verzehrt.

Diese düsteren Gedanken verscheuchte sie, allerdings vermochte sie ihre Gefühle für diesen Ort nicht zu bändigen. Es war ein übler Boden für lebendige Wesen, eine Ödnis, in die sie nicht gehörte. Eine nicht zu verdrängende Hoffnungslosigkeit herrschte hier, die bezeugte, dass manche Missetaten nicht wieder gutgemacht werden konnten. Auch wenn sie tausend Jahre hier verbrachte, sie würde vermutlich nie die Rückkehr des Lebens ins Schädelreich beobachten. Und bedachte man, welche Art Lebewesen sich in einem solchen Land ausbreiten würden, war das vielleicht sogar das Beste.

»Schlaf«, sagte sie zu Kermadec. »Ich übernehme die Wache für die erste Hälfte der Nacht.«

Er grunzte etwas und war Sekunden später eingeschlafen. Sie beneidete ihn, weil er so schnell Ruhe fand. Eine Weile lang betrachtete sie ihn, seine raue Haut, die in der Dunkelheit so glatt wirkte, seinen haarlosen Körper und sein beinahe nichts sagendes Gesicht, das aussah wie aus Stein geschlagen. Seidig – so erschien es ihr. Wie eine Moorkatze, groß und mächtig und geschmeidig. Sie mochte ihn lieber als alle anderen. Nicht so sehr seines Aussehens wegen, sondern wegen der Art, wie er war. Direkt und unkompliziert. Damit meinte sie nicht, er sei langsam von Begriff oder streitsüchtig. Beides traf nicht zu. Allerdings verkomplizierte Kermadec die Dinge nie, indem er sie lange analysierte und endlose Debatten führte. Wenn etwas erledigt werden musste, wendete er dafür so wenig Zeit und Mühe wie notwendig auf. Er lebte nach einem Verhaltenskodex, der ihm hervorragend diente, und gewiss war er davon niemals abgewichen. Sie wünschte nur, ihr Leben könne ebenso geradlinig verlaufen.

So verstrich die Zeit, und Grianne schaute zu, wie der Mond aufging und die Sterne den Himmel mit winzigen weißen Punkten überzogen. Die Felsen um sie herum verharrten in Stille. Die Feuerstelle mit ihrem Ring aus Steinen, die in der Dunkelheit an hockende Gnomen erinnerte, blieb kalt und einsam. Vielleicht würde ausgerechnet in dieser Nacht, in der sie hier war, nichts passieren. Möglicherweise hatte man sie bemerkt und würde sich fern halten. Sie fragte sich, ob sie sich überwinden könnte, eine weitere Nacht Wache zu halten, wenn sich in dieser nichts ereignete. Für einen derartigen Aufwand gab es keinen vernünftigen Grund; eigentlich war sie hier, weil sie aufgrund ihrer Instinkte eine Furcht beschlichen hatte, dass etwas geschehen könnte, und nicht, weil schon tatsächlich etwas passiert war.

Dann, als es auf Mitternacht zuging, flammte urplötzlich ein Feuer auf. Es brannte ohne Vorwarnung und sichtbaren Grund. Niemand war erschienen, um es anzuzünden; niemand hatte Holz aufgeschichtet oder Funken geschlagen. Die Flammen loderten einfach grell und hoch auf, und Grianne war sofort auf den Beinen.

»Kermadec!«

Der Felstroll erwachte, sprang auf, stellte sich zu ihr und betrachtete wortlos die Erscheinung. Die Intensität der Flammen nahm zu und ab, als würden sie atmen, als würde sich die Luft auf unbestimmbare Weise verändern und dem unsichtbaren Brennmaterial erst Kraft verleihen, um sie anschließend wieder zu entziehen. Überall in der Umgebung wurden die vom Licht angestrahlten Felsen zu geisterhaften Zuschauern. Grianne schob sich vorsichtig nach vorn, jeweils immer nur ein oder zwei Schritte, wobei sie ständig die Schatten absuchte. Irgendwo musste etwas sein; irgendetwas musste für das Feuer verantwortlich sein. Aber sie konnte nichts entdecken, keine Spur von Lebewesen außer ihr und Kermadec. Jemand musste die Flammen von einem anderen Ort aus entzündet haben, jemand oder etwas, dessen Anwesenheit nicht unbedingt erforderlich war, um die beabsichtigte Magie zu wirken.

»Herrin!«, zischte Kermadec.

Über dem Feuer leuchteten Blitze auf, grelle Lichterscheinungen, die auf kleine Explosionen hindeuteten. Doch verursachten sie keinen Knall und hinterließen keine Rückstände wie Rauch oder Asche in der Luft, sondern waren einfach da, gigantischen Glühwürmchen gleich. Sie bewegten sich kreisförmig, und je mehr es wurden, desto höher stiegen sie und breiteten sich aus. Das Feuer unten brannte unverändert weiter.

Grianne schickte ihre Magie aus, um dieses Phänomen von brennender Luft und flammenlosem Licht zu erkunden, und benutzte das Wunschlied, um zu untersuchen, was sich dort aufhielt und was sie nicht sah. Sofort entdeckte sie die andere Magie, die konzentriert und mächtig aus der Ferne hergeschickt wurde, genau so, wie sie es sich vorgestellt hatte. Außerdem fand sie heraus, dass hier etwas antwortete, etwas, das in diesem verheerten Land Macht besaß, während ihm diese an jedem weniger verseuchten Ort versagt geblieben wäre. Diesem Etwas konnte sie keinen Namen geben, nichtsdestoweniger war es vorhanden und drängte zum Feuer und zum Licht.

Ein Gesicht im Fenster, dachte sie plötzlich.

Vielleicht stammte es gar nicht aus dieser Welt, sondern von einer anderen Ebene der Existenz.

Daher forschte sie intensiver mit ihrer Magie und versuchte zu dem durchzubrechen, das sich dort draußen befand, und eine Reaktion hervorzurufen, die ihr mehr verraten würde. Ihre Bemühungen wurden beinahe umgehend belohnt. Etwas Kleines und Dunkles erschien am Rande des Lichtes wie ein Gespenst aus der Unterwelt, nicht vollkommen gestaltlos, dennoch ohne klare Form. Es schwebte in das Licht hinein und wieder heraus wie ein Kind beim Versteckspiel, war erst hier, dann dort, wobei es sich niemals ganz enthüllte und niemals offenbarte, was es war.

Kermadec wisperte ihr hektisch und beunruhigt zu, sie sollten sich zurückziehen, um diesem Etwas mehr Raum zu geben. So nah am Geschehen sei es nicht sicher. Sie ignorierte ihn, da sie die Verbindung nicht kappen wollte, die sie zwischen ihrer und der fremden Magie hergestellt hatte. Da war etwas Flüchtiges und Körperloses, das sich knapp außerhalb ihrer Reichweite aufhielt.

Unvermittelt hörte es auf, sich zu verbergen. Da stand es plötzlich, direkt vor ihr, kantig und eckig und vom Licht beschienen. Unwillkürlich stockte ihr der Atem. Das Gesicht besaß vage menschenähnliche Züge, war ihr ansonsten jedoch fremd. Eine Niedertracht, die sie niemals für möglich gehalten hätte, verhüllte diese düster drohende und hasserfüllt gnadenlose Miene. Solch eine Fratze war ihr selbst in ihrer Zeit als Ilse-Hexe nie begegnet. Dunkle Schatten rahmten dieses Gesicht wie dicke Haarsträhnen, wallten im Licht und veränderten ständig ihr Aussehen. Kalt und taxierend glitzerten die Augen wie blaues Eis, und sie erkannten Grianne. Wer auch immer sich dort im Licht versteckte, er wusste, wer sie war.

Mit einer Härte und Grausamkeit, die sie selbst in ihrer Vehemenz überraschte, schlug sie zu. Sie verspürte solchen Abscheu, solchen Zorn, dass sie sich nicht zurückhalten konnte, und sie reagierte, ehe sie es sich ein zweites Mal überlegt hatte. Ihre Magie explodierte in das Gesicht, das daraufhin sofort verschwand und Blitze und brennende Luft mit sich nahm. Zurück blieben Dunkelheit und der Geruch verbrauchter Magie.

Sie presste die Lippen fest aufeinander, weil sie sonst angesichts der heftigen Gefühle, die dieses Wesen ausgelöst hatte, die Zähne gefletscht hätte. Nur mühsam fand sie die Beherrschung wieder und wandte sich Kermadec zu, der fast die Nerven verloren hatte.

»Geht es Euch gut?«, fragte er sofort.

Sie nickte. »Nur einen Augenblick lang nicht. Dieses Ding hat etwas so Böses ausgestrahlt, alter Bär, und vermutlich war es ein Fehler, ihm so nahe zu kommen. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich behaupten, es hat mir aufgelauert.«

Drei

Genug geschwätzt jetzt!«, fauchte Shadea a’Ru. »Wie lange sollen wir noch reden? Eine bessere Gelegenheit bekommen wir nicht!«

Darauf erwiderte niemand etwas. Keiner wollte der Erste sein. Sie war eine große Frau, und sie dominierte gleichermaßen durch ihre Größe wie durch ihre starke Persönlichkeit. Über einsachtzig war sie hoch, hatte breite Schultern und besaß Kraft, und sie hatte zwei Jahre an der Front auf der prekkendorranischen Anhöhe gekämpft. Niemand hier hatte auch nur annähernd so schreckliche Erfahrungen gemacht. Ihre sonnengebräunte weiche Haut bildete einen starken Kontrast zu ihrem kurz geschnittenen, windzerzausten Blondhaar, und sie wirkte sehr gesund und lebensfroh. Wann immer sie einen Raum betrat, drehte man sich nach ihr um, und Gespräche stockten.

Hier jedoch rief sie eine andere Reaktion hervor. Hier kannten sie alle zu gut und waren vorsichtig. Sie blickte von Gesicht zu Gesicht und suchte mit ihren berechnenden blauen Augen nach Anzeichen von Zweifeln oder Zögern. Jeder reagierte auf seine Weise. Terek Molt lehnte es sogar ab, sie überhaupt anzusehen, er richtete den Blick auf die Tür des Raumes, in dem das Geheimtreffen stattfand. Iridia schaute sie kühl und distanziert an. Weder Zwerg noch Elf hatten jemals gezögert, gemeinsam zu handeln. Jeder der beiden hätte schon lange einen Versuch unternommen, wäre sie nicht eingeschritten.

Traunt Rowan und Pyson Wence sahen sich unbehaglich an. Das Problem lag bei dem Südländer und dem Gnom. Feiglinge, dachte sie verärgert, obwohl sie ihnen das natürlich nicht offen ins Gesicht sagte.

»Handelst du überstürzt, bedauerst du’s bald, Shadea«, sagte Ersterer nur leise und zuckte mit den Schultern.

Am liebsten hätte sie ihn umgebracht. Er war der Einzige, der so mit ihr zu reden wagte, und er tat es nur aus dem einen Grunde, um ihr zu demonstrieren: Bis hierhin und nicht weiter. Natürlich wollte er es genauso wie alle anderen, aber er war zu vorsichtig. Das lag an seiner Herkunft: Er stammte von Regierungsbeamten ab; in jener Welt ging es einem umso besser, je weniger Risiken man auf sich nahm.

»Bitte, erspar uns diese Plattitüden, nur weil du deinen Widerwillen rechtfertigen willst, das Notwendige zu tun!«, fauchte sie ihn an. »Das kannst du doch besser, Traunt. Und gerissener. Natürlich können wir um diese Sache herumlaufen wie um den heißen Brei, ändern wird sich dadurch jedoch nichts. Solange wir es nicht tun, wird niemand etwas tun.«

»Solche Komplotte riecht sie förmlich«, wandte Pyson Wence ein und gestikulierte wild mit den kleinen Händen. »Ein falscher Schritt, und du findest dich ganz unfreiwillig hier unten wieder!«

Sie befanden sich tief unter der Erde in den Kellern von Paranor, in einem jener Räume, die überwiegend zur Aufbewahrung benutzt wurden. Es roch nach Staub, die Luft war kalt und abgestanden. Steinerne Mauern umgaben sie nach allen Seiten, selten nur kam jemand her, um etwas zu holen. In Paranor war es der einzige Ort, an dem man eine gewisse Abgeschiedenheit genießen durfte.

Seit einem Jahr trafen sie sich hier, nur die fünf. Shadea a’Ru hatte die anderen vier sorgfältig ausgewählt und anschließend von ihrer Sache überzeugt. Sie war an jeden einzeln herangetreten, doch nicht, ehe sie erkundet hatte, wem derjenige die Treue hielt. Allen war die Abneigung gegen die Ard Rhys gemeinsam. Ein Mitglied der Gruppe hasste sie unverhohlen. Alle wünschten sie fort, wenn auch aus vollkommen unterschiedlichen Gründen. In gewisser Weise ergänzten sie einander, da jeder eine Eigenschaft mitbrachte, die den anderen fehlte. Der Grenzbewohner, Traunt Rowan, war stark im Herzen und im Leib, und darin übertraf er sogar Shadea – er war ein Krieger, der zu richten bemüht war, was ihm falsch erschien. Die Elfenzauberin Iridia Eleri hatte ein kaltes Herz und ein heißes Temperament, sie besaß eine rasche Auffassungsgabe und eine gute Intuition. Mit ihrer Fähigkeit, ihre Gefühle zu beherrschen, maskierte sie die dunkle Wahrheit, die sie antrieb. Den Zwerg, Terek Molt, unerschütterlich und wortkarg wie alle Angehörigen seiner Rasse, gelüstete es nach Macht, und deshalb drängte es ihn danach, sich über die Regeln und Beschränkungen der Ard Rhys hinwegzusetzen, um zu erlangen, wonach er sich so verzweifelt sehnte. Pyson Wence, der so zerbrechlich und hilflos wirkte, war eine Schlange im Körper eines Büßers, eine seltene Kombination aus heimtückischem Instinkt und entschlossener Zielstrebigkeit. Er war alles andere als ein abergläubischer Heide, sondern wirkte seine Magie kalt und berechnend.

Hatte die Ard Rhys irgendetwas von ihren wahren Neigungen geahnt, als sie von ihr in den Orden aufgenommen worden waren? Shadea a’Ru war sich dessen nicht sicher. Möglich war es, wenn auch nur, weil Grianne Ohmsford selbst so lange Zeit ein Wesen der dunklen Seite gewesen war – die Ilse-Hexe, das Werkzeug des Morgawrs. Sie hatte ihre Erlösung erlangt, glaubte sie und meinte, anderen könne das ebenfalls gelingen. In beiderlei Hinsicht irrte sie sich, aber das war der Vorteil der in diesem Raum Versammelten, die eben nur auf eine Chance des Schicksals warteten, um sich von ihr zu befreien.

Vielleicht bot sich diese Chance hier, falls ihre ungeduldige Wortführerin die notwendige Unterstützung gewinnen konnte.

»Du willst sie loswerden, oder?«, fragte sie Pyson Wence scharf. »Tot oder lebendig, auf jeden Fall loswerden.« Sie blickte die anderen an. »Wie steht es mit euch? Habt ihr eure Meinung über sie geändert? Habt ihr euch entschieden, sie doch lieber als Ard Rhys zu behalten? Kommt schon! Raus mit der Sprache!«

»Niemand in diesem Raum und nur wenige außerhalb davon wollen Grianne Ohmsford als Ard Rhys, Shadea.« Traunt Rowan wirkte gelangweilt. »Das haben wir längst alles beredet. Was uns zurückhält, ist die Möglichkeit des Scheiterns, und die ist in der Tat durchaus wahrscheinlich, denke ich. Scheitern wir, bekommen wir keine zweite Chance. Bevor du uns also unser Zögern vorwirfst, solltest du dir die Tatsachen ein bisschen genauer vor Augen führen. Denn wenn wir gegen sie losschlagen, sollten wir uns unseres Erfolges auch sicher sein.«

Sie starrte ihn eindringlich an und wandte den Blick Sekunden lang nicht von ihm ab. Die übrigen Anwesenden wanden sich unbehaglich, doch sagten sie nichts, da sie fürchteten, ihr Blick würde sich auf sie richten. Rowan wich ihr immerhin nicht aus, aber sie entdeckte die Unsicherheit, die sich in seinen Augen spiegelte. Sie könnte jetzt tun, was sie wollte, schließlich stand sie in diesem Ruf. Provozierte man Shadea a’Ru – und das war nicht sehr schwierig –, ließ man sich auf ein großes Risiko ein. Einer, der sie herausgefordert hatte, war bereits verschwunden. Jeder verdächtigte sie deswegen, sogar die Ard Rhys, nur konnte es niemand beweisen.

»Ich hätte euch nicht mit dieser Dringlichkeit zusammengerufen«, sagte sie zu Traunt, bezog jedoch die anderen mit einem raschen Blick in die Runde ein, »wenn ich nicht einen Weg gefunden hätte, uns von ihr zu befreien, ohne ein Risiko einzugehen. Natürlich ist mir die Möglichkeit eines Scheiterns bewusst – gleichgültig, wie sorgfältig wir unseren Plan schmieden und durchführen, ein Fehler ist niemals ausgeschlossen. Der Trick besteht eben darin, dass selbst in diesem Fall kein Verdacht auf uns fällt. Abgesehen davon werden wir, wie ich denke, keineswegs scheitern, sondern einen größeren Erfolg erringen, als wir geglaubt haben. Seid ihr bereit, mich anzuhören?«

Alle nickten oder verhielten sich zumindest ruhig. Molt stimmte niemals zu und lehnte nie etwas ab. Er blieb entweder oder ging. Zwerge stellten solche Gesten über Worte, und das war ihr durchaus angenehm. Zudem äußerten sie sich stets sehr direkt, und ihr gefiel es, wenigstens eine solche Persönlichkeit unter all den Heuchlern zu wissen.

»Warte!«, zischte Iridia plötzlich und hob abrupt die Hand.

Sie sprang von ihrer Bank auf, ging zur Tür und legte das Ohr an das Holz. Die zwei Zoll starke Eiche war mit Eisen verstärkt und auf magische Weise versiegelt, damit nichts von dem, was sie hier sagten, nach außen dringen konnte. Daher machte sich auch niemand deswegen Sorgen. Die Ard Rhys vermutete bereits, dass sie ein Komplott gegen sie schmiedeten; was sie rettete, war die Tatsache, dass andere das Gleiche taten. Grianne hatte nicht genug Zeit, um sich mit allen zu befassen. Allerdings würde sie, falls sie von den besonderen Umständen dieser Verschwörung erführe, schnell und hart durchgreifen. Die Ard Rhys behauptete zwar, nicht mehr die Ilse-Hexe zu sein, doch konnte sie sich im Nu wieder verwandeln. Und nicht einmal Shadea a’Ru wollte sich gern mit ihr anlegen.

Das stellte zum großen Teil das Problem dar. Grianne Ohmsford war eben nicht nur die Ard Rhys, sondern auch die Ilse-Hexe. Das konnte niemand, der nach Paranor gekommen war, um dem Druidenorden beizutreten, einfach ignorieren. Die Vergangenheit ist die Vergangenheit, dennoch begleitet sie dich überallhin. Vielleicht hatte diese Frau eine Verwandlung durchgemacht, als sie auf Geheiß von Walker Boh den Mantel der Ard Rhys überstreifte. Sie hatte den Segen der toten Druiden erhalten und gelobt, den Dritten Druidenrat zu einer spürbaren Macht in den Vier Ländern aufzubauen. Auch durfte sie durchaus von sich behaupten, sich redlich bemüht zu haben, die Rassen zu stärken und zu unabhängiger und friedlicher Nachbarschaft zu führen sowie den Krieg zwischen Freien und Föderation zu beenden und eine Mischung aus Wissenschaft und Magie zum Wohle aller Männer und Frauen in die Welt zu bringen. Sollte sie sich ruhig alles anrechnen, was sie wollte, an ihrer Vergangenheit änderte das überhaupt nichts. Keine einzige ihrer Untaten wurde dadurch ungeschehen gemacht. In manchen Fällen war das sowieso unmöglich, weil es sich um so persönliche Dinge handelte. Wie zum Beispiel bei Traunt Rowan und Iridia, den beiden Verschwörern, die auf Rache für Taten brannten, die die Ilse-Hexe begangen und die Ard Rhys vergessen hatte. Die Übrigen waren lediglich darauf versessen, ihre Magie einzusetzen und ihren Ehrgeiz auf verbotene Weise zu befriedigen. Doch musste jeder, um sein Verlangen zu erfüllen, zunächst Grianne beseitigen.

Die Spannungen gingen nicht nur von den fünf Verschwörern aus, die sich hier im Geheimen versammelt hatten. Sie manifestierten sich ebenfalls in anderen Splittergruppen, welche die gleichen verborgenen Ziele verfolgten und damit in Konflikt zum Dritten Druidenrat standen, wie ihn Grianne entworfen hatte. Die Frage war nicht, ob man sie beseitigen würde, sondern wann.

Und natürlich, wer klug und verwegen genug wäre, den Versuch zu unternehmen. Und wer ausreichend Macht besäße, die Führung des Ordens zu übernehmen, nachdem Grianne vertrieben war und man eine neue Ard Rhys brauchte.

Irgendwo in einer dunklen Ecke ihres Verstandes begriff Shadea a’Ru durchaus, dass nicht alle Druiden von Paranor die gleichen Gefühle hegten wie sie. Mancher bewunderte Grianne und meinte, sie habe ihre Position berechtigterweise inne – weil sie stark, entschlossen, erfahren und furchtlos war. Allerdings gestattete sich Shadea a’Ru nicht, dieses Denken gutzuheißen, denn damit hätte sie dieser Loyalität Glaubwürdigkeit zugestanden, und eine derartige Schwäche durfte sie sich nicht erlauben. Daher erschien es ihr besser, diese Getreuen als Speichellecker und Betrüger zu betrachten und sich zu überlegen, wie man sie loswerden konnte.

Iridia stand noch immer an der Tür und lauschte. Die anderen warteten auf sie und schauten ihr schweigend zu. »Was ist los?«, fragte Shadea schließlich gereizt und ungeduldig.

Die Zauberin trat zurück und betrachtete die Tür wie einen Feind, der ins Jenseits befördert werden musste. Sie misstraute allem und jedem. Shadea hatte das schon am eigenen Leib zu spüren bekommen. Die Elfin war sicherlich wunderschön und höchst begabt, im Inneren jedoch ein zutiefst verstörtes Wesen. Böse Dämonen hatten sich in ihrer räuberischen Seele breit gemacht, und eines Tages würden die sich gegen sie wenden.

»Ich dachte, ich hätte etwas gehört«, sagte sie, drehte sich um und ließ die Sache damit auf sich beruhen. »Deshalb wollte ich sichergehen, dass der Schutzzauber nicht angerührt wurde.«

»Du hast ihn selbst beschworen«, sagte Shadea.

Iridia blickte sie nicht an. »Man kann ja nie wissen.« Sie kehrte zur Bank zurück und setzte sich wieder. Einen Moment lang schwieg sie, ehe sie Shadea anblickte, als würde sie sich plötzlich wieder an sie erinnern. »Was wolltest du gerade sagen?«

»Sie wollte gerade sagen, sie habe einen Weg gefunden, wie wir unser Problem mit der Ard Rhys lösen können.« Mit seiner ruhigen Stimme nahm Traunt Rowan das Gespräch wieder dort auf, wo es unterbrochen worden war. »Ohne uns einer Gefahr auszusetzen.«

»Es gibt einen Trank, den ich mir beschaffen kann«, erzählte Shadea. »Mit einem Zauberspruch verstärkt, wirkt seine Magie gegen jeden, gleichgültig, wie gut vorbereitet derjenige ist. Der Trank heißt flüssige Nacht. Zusammen mit dem Zauber versetzt er das Opfer an einen anderen Ort. Der Betroffene wird nicht getötet, er verschwindet einfach. Wo es keine Leiche gibt, fragt man nicht nach einem Mörder. Und keine Spur verrät, was geschehen sein könnte. Nach ein paar Stunden sind Opfer und Magie verschwunden.«

Pyson schüttelte den Kopf. »Eine solche Magie gibt es nicht. Ich kenne mich aus, ich habe alles über Magie gelesen, aber von der flüssigen Nacht habe ich nie zuvor gehört.«

»Weil sie nicht aus dieser Welt stammt«, erwiderte Shadea. »Sie stammt aus jener Welt, in die wir die Ard Rhys schicken werden.«

Die anderen starrten sie mit gemischten Gefühlen an. »Und welche Welt soll das sein?«, erkundigte sich Traunt Rowan schließlich.

Sie schüttelte den Kopf. »Oh, nein, Traunt. Ich verrate nicht mehr, bis ihr mir euer Wort gegeben habt, mich zu unterstützen. Denn ich habe den Trank gefunden, und ich gedenke, sein Geheimnis für mich zu behalten. Sobald ich ihn eingesetzt habe, werdet ihr die Ard Rhys nicht mehr wiedersehen, und mehr braucht ihr nicht zu wissen.«

»Aber tot wird sie nicht sein«, beharrte Pyson Wence skeptisch. »Und solange sie nicht tot ist, kann sie theoretisch immer irgendwann den Weg zurück finden. Sie hat mehr Leben als eine Katze. Du kennst doch ihre Geschichte, Shadea. Sie unterscheidet sich von allen anderen. Ich hege bestimmt nicht mehr Sympathie für sie als du, dennoch habe ich Respekt vor ihrer Fähigkeit zum Überleben.«

Zustimmend nickte Shadea. Idiot. »Von dort, wohin ich sie schicke, wird sie bestimmt nicht zurückkommen, Pyson. Von dort kehrt niemand zurück. Außerdem wird sie gar nicht lange genug am Leben bleiben, um sich viele Gedanken über ihre Situation zu machen. Manche Wesen übertreffen die Ilse-Hexe bei weitem an Gefährlichkeit. Ist sie erst einmal verschwunden, können wir sie getrost vergessen.«

Ihre Mitverschwörer waren zwar begeistert, zauderten jedoch noch immer. Außer Terek Molt. »Ich würde sagen, tu es. Wenn du eine Möglichkeit hast, sie auszulöschen, Shadea, tu es!«

»Wann soll das Ganze stattfinden?«, wollte Iridia wissen.

»Nach ihrer Rückkehr, in zwei oder drei Nächten also. Bis dahin muss ich die notwendigen Vorbereitungen treffen. Es soll geschehen, während sie schläft, ganz still und leise, damit sie in dieser Welt nicht noch einmal wach wird.«