Die Shannara-Chroniken: Die dunkle Gabe von Shannara 2 - Blutfeuer - Terry Brooks - E-Book

Die Shannara-Chroniken: Die dunkle Gabe von Shannara 2 - Blutfeuer E-Book

Terry Brooks

0,0
9,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Beste heroische Fantasy aus der Feder von New-York-Times-Bestsellerautor Terry Brooks – erstmals in deutscher Sprache!

Arling Elessedil, die Anführerin der Druiden, wagt sich mit ihren Anhängern in das Reich der Dämonen vor. Dort sollen sich die legendären Elfensteine befinden, deren Macht die Magie in die Vier Lande zurückzubringen vermag. Doch es könnte längst alles zu spät sein, denn die Barriere, die das Dämonenreich von der Welt der Menschen trennt, wankt bereits. Plötzlich hängt alles von Arlings Schwester Aphenglow ab. Diese muss sich allein der Armee der Dunkelheit stellen, um Arling genug Zeit zu verschaffen, die Elfensteine zu finden.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 615

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Buch

Arling Elessedil, die Anführerin der Druiden, wagt sich mit ihren Anhängern in das Reich der Dämonen vor. Dort sollen sich die legendären Elfensteine befinden, deren Macht die Magie in die Vier Lande zurückzubringen vermag. Doch es könnte längst alles zu spät sein, denn die Barriere, die das Dämonenreich von der Welt der Menschen trennt, wankt bereits. Plötzlich hängt alles von Arlings Schwester Aphenglow ab. Diese muss sich allein der Armee der Dunkelheit stellen, um Arling genug Zeit zu verschaffen, die Elfensteine zu finden.

Autor

Im Jahr 1977 veränderte sich das Leben des Rechtsanwalts Terry Brooks, geboren 1944 in Illinois, USA, grundlegend: Gleich der erste Roman des begeisterten Tolkien-Fans eroberte die Bestsellerlisten und hielt sich dort monatelang. Doch Das Schwert der Elfen war nur der Beginn einer atemberaubenden Karriere, denn bislang sind mehr als zwanzig Bände seiner Shannara-Saga erschienen.

Die Shannara-Chroniken bei Blanvalet:

1. Das Schwert der Elfen2. Elfensteine3. Das Lied der Elfen

Die Erben von Shannara bei Blanvalet:

1. Heldensuche2. Druidengeist3. Elfenkönigin4. Schattenreiter

Die Reise der Jerle Shannara bei Blanvalet:

1. Die Elfenhexe2. Das Labyrinth der Elfen (in Vorbereitung)3. Die Offenbarung der Elfen (in Vorbereitung)

Die dunkle Gabe von Shannara bei Blanvalet:

1. Elfenwächter2. Blutfeuer3. Hexenzorn

Weitere Bände in Vorbereitung

Besuchen Sie uns auch auf www.facebook.com/blanvalet und www.twitter.com/BlanvaletVerlag

Terry Brooks

DIE SHANNARA-CHRONIKEN

Die dunkle Gabe von Shannara 2

Blutfeuer

Roman

Deutsch von Andreas Helweg

Die Originalausgabe erschien 2013 unter dem Titel »Bloodfire Quest« bei Del Rey, New York.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Copyright der Originalausgabe © 2013 by Terry Brooks

This translation published by arrangement with Del Rey,

an imprint of Random House, a division of Random House LLC.

Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2019 by Blanvalet

in der Verlagsgruppe Random House GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Redaktion: Waltraud Horbas

Umschlaggestaltung und -illustration: Max Meinzold, München

DN · Herstellung: sam

Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

ISBN 978-3-641-24110-0V002

www.blanvalet.de

Für Jim, Carol und Mark, und Katie und Karla –

eine wahre Inspiration für uns alle

1

Arlingfant Elessedil saß wie erstarrt unter dem weiten Baldachin des Ellcrys und hörte Worte, die wie ein Wispern durch ihren Kopf hallten.

Kind, ich brauche dich.

Hatte sie das wirklich gehört oder hatte sie es sich eingebildet? Wessen Stimme war das? Noch immer hatte sie die Augen geschlossen, und von ihrer Anwesenheit im Garten des Lebens war wenig zu spüren, wenn man von dem Raum absah, den sie einnahm, und vom leisen Geräusch ihres Atems. Der Sonnenaufgang war nicht mehr fern, und langsam erwachte der Tag zu neuem Leben. Die Welt schlief noch, und die Elfen von Arborlon regten sich kaum. Träume regierten die Welt.

Erneut fühlte sie die sanfte Berührung, öffnete die Augen und sah sich um. Ein schlanker, silberner Ast mit scharlachroten Blättern lag auf ihrer Schulter. Er bewegte sich leicht wie eine Feder, und sie spürte ihn fremdartig und doch irgendwie beruhigend durch die Kleidung hindurch.

– Kind, hörst du mich –

Arling erhob sich voller Furcht und Erwartung auf die Knie und sah zu dem alten Baum auf. Ihr Herz klopfte, und sie merkte, dass sich der Ast, der auf ihrer Schulter lag, mit ihr bewegte und den Kontakt zu ihr hielt.

»Ich bin hier«, flüsterte sie.

Um sie herum veränderte sich das Licht, und die Dunkelheit wich dem Tagesanbruch, das Schwarz verwandelte sich mit dem Morgengrauen im Osten zu Silber. Und in dieser eigenartigen Zeit zwischen Tag und Nacht schien die Welt stillzustehen.

– Lange Jahre bin ich dem Ruf treu gefolgt und habe mich gegen die Elemente und gegen die Launen und die Unbeständigkeit von Natur und Mensch behauptet. Lange Jahre habe ich allen Erwartungen und Herausforderungen entsprochen und habe nie bereut, meine frühere Existenz aufgegeben zu haben. Aber mit der Zeit vergeht alles Lebende, und das gilt auch für mich –

Das war keine Einbildung, dachte Arling. Der Baum sprach mit ihr. Sie hörte die Stimme des Ellcrys, spürte, dass es da einen Zusammenhang gab zwischen der Stimme und dem Ast, der auf ihrer Schulter ruhte. Zwischen ihnen bestand eine Verbindung.

Und es gab auch eine Verbindung zu ihr.

Noch während Arling zu begreifen versuchte, was hier vor sich ging, sprach der Baum erneut.

– Es geht langsam vonstatten, trotzdem ist es unaufhaltsam. Uns bleibt Zeit, das Notwendige zu tun, doch zunächst einmal musst du verstehen. Du bist eine Erwählte und stehst in meinen Diensten. Viele andere sind dir vorausgegangen. Und auch jetzt dienen andere neben dir. Doch du bist etwas Besonderes, Kind. Du trägst die Blutzeichen in dir, die mir verraten, dass niemand meinem Zweck so gut dienen wird wie du –

Arling blinzelte aufgeregt und begriff, dass der Ellcrys sie lobte. Er schien etwas an ihr entdeckt zu haben, das bei den anderen nicht vorhanden war. Aber Arling hatte keine Vorstellung davon, was er meinte. Blutzeichen?

»Ich verstehe nicht«, platzte sie heraus.

Sie schämte sich für dieses Eingeständnis. Natürlich wollte sie helfen und dienen, wie auch immer ihr das möglich war. Aber der Ellcrys hatte ihr soeben mitgeteilt, dass er im Vergehen begriffen war, dass die Zeit ihren Tribut forderte, und Arling wusste nicht, was von ihr erwartet wurde.

– Ich sterbe –

Das war es. Die Wahrheit, klar und unmissverständlich. Der Ellcrys näherte sich seinem Lebensende. Arlingfant traten die Tränen in die Augen, und das Atmen wurde ihr schwer. Wie konnte das sein? Der Ellcrys zeigte keine Anzeichen von Verfall – kein welkes Laub, keine abgefallenen Äste und keine Veränderungen der Farbe und der Gestalt. Alles sah aus, wie es sollte, und trotzdem erzählte ihr der Baum etwas anderes. Ihr! Arlingfant wollte nicht die Verantwortung tragen, die mit diesem Wissen einherging. Sie hatte in ihrer Zeit als Erwählte alles getan, worum man sie gebeten hatte, und noch viel mehr. Das hatte sie nicht verdient!

– Kind, du bist von großem Wert für mich –

»Sag das nicht!«, rief Arling. »Ich habe versagt. Ich habe alles getan, was in meiner Macht stand, aber es hat nicht genügt. Irrst du dich vielleicht? Gibt es nicht Heilmittel, um zu verhindern, dass du …?«

Sie brachte die Worte nicht heraus, sie wurden verschluckt, als sie nach Atem rang. Nun weinte sie hemmungslos und wusste nicht, wie sie die Fassung wiedererlangen sollte.

Der Ast schmiegte sich enger an sie, und ein eigentümlicher Frieden begann sie zu erfüllen und machte den Tränen ein Ende. Sie wurde ruhig, und ihr Schluchzen ließ nach. Um sie herum duftete die Luft nach Blumen und Gräsern und Laub und linderte Schmerz und Furcht.

– Du kannst mir sehr helfen, Arlingfant. Mein Dienst hat lange gedauert, und ich war erfolgreich. Nun muss dieser Dienst bald von jemand anderem fortgesetzt werden. Alle Erwählten müssen in meinen letzten Tagen für mich sorgen. Das sollst du ihnen sagen. Alle müssen sich zusammenschließen, um mich sicher und gut durch diese Zeit zu geleiten, aber dass ich vergehe, ist gewiss. Ich gehe dorthin zurück, wohin jeder eines Tages gehen wird. Zu den Geburtswurzeln, zum Leben davor, wo wir auf unsere nächste Berufung warten. Versuche zu verstehen –

Arling verstand nicht. Die Bitte, den anderen all dies mitzuteilen, war kaum erträglich. Warum hatte er ausgerechnet sie ausgewählt? Warum verlangte er das von ihr, wo doch gerade so viel anderes passierte?

Das war ein egoistischer Gedanke, und sie würde ihn nicht laut aussprechen. Schließlich war sie eine Erwählte, und die Erwählten beklagten sich nicht – nie – über das, was im Dienst von ihnen verlangt wurde.

»Ich berichte es den anderen«, stimmte sie zu. Dann zögerte sie. »Und wir werden noch mehr tun, als du erbittest. Wir finden eine Möglichkeit, deine Beschwerden zu lindern und dich zu heilen, damit du wieder gesund und stark wirst.«

Es folgte eine lange Pause.

– Oh, Kind, nein. Du ignorierst die Wahrheit. Hör mir genau zu. Ich brauche dich. Ich brauche deine Kraft und deine Hingabe, das, was du bist und was du sein wirst, wenn ich gegangen bin. Verstehst du denn nicht –

Arling schüttelte verzweifelt den Kopf. »Ich verstehe nur, dass du Hilfe brauchst und ich nicht weiß, wie ich sie leisten soll.«

– Du wirst sie mir in der gleichen Weise leisten, wie ich es einst getan habe, vor langer Zeit – als ich ein Mädchen und nicht älter war als du. Als ich eine Erwählte war. Du wirst meinen Samen zum Blutfeuer tragen und ihn eintauchen, und dadurch werde ich erneuert, damit die Verfemung bestehen bleibt –

»Ich … trage …«

Mehr bekam sie nicht heraus, ehe die Ungeheuerlichkeit dessen, was der Ellcrys sagte, ihr die Kehle zuschnürte. Jetzt begriff sie. Sie begriff, worum sie gebeten wurde.

– Du bist meine Erwählte. Du bist …-

Arling war längst aufgesprungen und rannte davon, mit wild wehenden Haaren. Sie hatte sich aus der Berührung des Ellcrys gelöst und damit von der Stimme, von der Erkenntnis dessen, was man von ihr verlangte und wie dies ihr Leben für immer verändern würde. Es überlief sie heiß und kalt.

Sie kannte die Geschichte. Alle Erwählten kannten sie seit Amberle Elessedils Zeiten, die als Letzte berufen worden war. Angeblich lebte der Baum ewig, und manche glaubten das wirklich. Doch in Wahrheit verhielt es sich anders. Der Baum hatte eine begrenzte Lebenszeit – die zwar Jahrhunderte dauerte, aber trotzdem endlich war. Wenn die Zeit vorüber war, suchte der Baum stets eine der Erwählten aus, der er ein Samenkorn übergab, und dieses Samenkorn wurde zum Blutfeuer gebracht und in die Flammen eingetaucht. Daraufhin kehrte die Erwählte zurück und wurde …

Nein, das kann ich nicht! Das ist zu viel verlangt! Ich verliere alles! Ich muss mein ganzes Leben aufgeben!

 … zum Ellcrys, wurde als neuer Baum wiedergeboren beim Tod des alten und stand auf ewig in dieser endlosen Reihe von Talismanen, die dafür sorgten, dass die Verfemung unversehrt blieb und die Dämonen ihr Gefängnis nicht verlassen konnten.

Ich kann das nicht! Ich bin nur ein Mädchen und nichts Besonderes! Ich bin nicht dafür bestimmt, diese Bürde zu tragen!

Sie rannte an Freershan und zwei anderen Erwählten vorbei, die gerade in den Garten kamen, und blieb nicht stehen, um sie zu begrüßen, sondern lief weiter und verbarg sich unter Bäumen in der schwindenden Dunkelheit. Dort wollte sie nicht wieder herauskommen, wochenlang oder monatelang oder so lange es dauern mochte, bis dieser unmögliche Anspruch aus der Welt war. Sie lief zu ihrem Häuschen und suchte Trost in ihrem Heim, versuchte etwas wiederzufinden, das längst verloren war. Zwar weigerte sie sich, es anzunehmen, und doch wusste sie längst in ihrem Herzen, dass ihr keine andere Wahl blieb.

Plötzlich erinnerte sie sich an Aphenglow. Sie brauchte den Beistand ihrer Schwester – der Einzigen, die stets in der Lage gewesen war, die Welt wieder ins Lot zu bringen.

Doch Aphenglow war im Begriff, in den Westen aufzubrechen und sich mit Cymrian auf die Suche nach den anderen Druiden zu machen, denen sie berichten musste, was in Paranor passiert war und dass der arme Bombax beim Angriff der Föderation ums Leben gekommen war.

Ob sie bereits abgeflogen war?

Mitten im Laufen änderte Arling die Richtung und wandte sich dem Flugfeld zu, während sie ihre aufsteigende Panik bekämpfte. Die Tränen strömten ihr übers Gesicht, und sie begann zu keuchen. Bitte nicht! Bitte, bitte nicht! Sie hetzte zwischen den Bäumen hindurch, eine zarte, flüchtige Gestalt im Dämmerlicht, und wählte Pfad und Abkürzungen, die ihr Sekunden einbrachten, nur damit sie ihre Schwester rechtzeitig erreichte.

Aphen! Bitte, sei noch da, bitte!

Dann kam sie auf dem Grasplatz an, wo die Luftschiffe ankerten, deren dunkle Rümpfe vom Tau glänzten – große, angeleinte Vögel, die im windstillen Morgen schwebten und die schlanken, krummen Schnäbel erdwärts gerichtet hatten. Sie atmete erleichtert auf, als sie die Hin und weg entdeckte, deren Leinen noch nicht losgemacht waren.

»Aphen!«, schrie sie und rannte, so schnell sie konnte, auf das Luftschiff zu. Die Verzweiflung verlieh ihr neue Kraft.

Plötzlich lief ihr die Schwester entgegen, groß und stark und voller Trost eilte sie über den offenen Platz unter den Luftschiffrümpfen hinweg auf sie zu. Arling warf sich ihr in die Arme, rief ihren Namen und vergrub das Gesicht an ihrer Schulter.

»Er stirbt, Aphen, er stirbt, und ich soll seinen Platz einnehmen. Das kann ich nicht, Aphen, ich kann es nicht!«

Arling sank ins Gras und zog ihre Schwester mit sich. Aphen hielt sie fest und tröstete sie. Alles war gut, und sie war in Sicherheit.

Arling lehnte sich zurück, und die Pein stand ihr ins Gesicht geschrieben. »Er hat mich mit seinen Zweigen an der Schulter berührt und mit mir gesprochen. Er braucht mich, sagte er …«

Es sprudelte nur so aus ihr heraus, eine Flut von Worten, die mit Gefühlen aufgeladen waren, die sie kaum zu beherrschen vermochte.

»Arling, warte«, sagte ihre Schwester schließlich, packte sie fest an den Schultern und drehte sie so, dass sie ihr in die Augen blicken konnte. »Ich verstehe. Aber wir wissen noch nicht genug, um das alles zu begreifen. Es gibt Aufzeichnungen der Erwählten über die Geschichte des Ellcrys und alle, die ihm gedient haben. Die sollten wir uns erst einmal ansehen und lesen, was darüber geschrieben steht.«

Arling schüttelte den Kopf. »Was würde das schon ändern? Ich weiß, was er von mir erwartet. Ich habe seine Worte gehört.«

»Und dann bist du weggelaufen, mitten in der Erklärung.« Aphenglow zog sie zu sich heran und umarmte sie wieder. »Du musst zu ihm zurückgehen und dir auch den Rest anhören. Aber davor lesen wir die Aufzeichnungen der Erwählten. Vielleicht finden wir da etwas, das uns weiterhilft. Hör auf zu weinen, ich bin bei dir. Ich lasse dich jetzt nicht im Stich.«

Cymrian kam angelaufen. »Was ist passiert? Ich habe gar nicht bemerkt, dass Arling hier ist.« Er ging neben ihnen in die Hocke und sah Arling in die Augen. »Was ist passiert? Sag schon.«

An ihrer Stelle wiederholte Aphen die Geschichte und rückte dabei die Möglichkeit, dass die Worte des Ellcrys unterschiedlich gedeutet werden könnten, in den Vordergrund. Cymrian unterbrach sie nicht, wandte jedoch den Blick nicht von Arling ab.

Dann streckte er die Hände aus und zog Arling in die Arme. »Keine Angst, Arling«, flüsterte er. »Ich bin jetzt dein Beschützer. Ich stehe dir bei, so wie ich Aphen beigestanden habe, und ehe ich zulasse, dass dir etwas zustößt, opfere ich mein Leben.«

Arling schüttelte den Kopf. »Aber du musst die Ard Rhys suchen. Aphen auch. Ihr könnt nicht meinetwegen hierbleiben. Die Druiden zu suchen, um ihnen über Paranor Bericht zu erstatten, kann …«

»… warten«, beendete Aphen den Satz. »Jetzt ist es wichtiger, dir zu helfen und herauszubekommen, was man für den Ellcrys tun kann. Falls er wirklich stirbt, haben wir Wichtigeres zu tun, als nach den Elfensteinen zu suchen.«

Cymrian nickte ernst. »Wenn der Ellcrys vergeht, spielt es keine Rolle, ob wir sie finden oder nicht.«

Arling blickte von einem zum anderen. Sie hatte aufgehört zu weinen, der Gefühlsausbruch war vorüber. Sie fühlte sich besser, weil sie ihre Schwester und Cymrian noch erreicht hatte. Vielleicht hatte Aphen recht, und alles würde sich ganz anders entwickeln, als sie zunächst befürchtet hatte. Sie schämte sich sogar ein bisschen, weil sie sich so töricht benommen und wie ein Kind reagiert hatte.

»Danke euch beiden«, sagte sie.

»Wir stehen das gemeinsam durch«, versicherte Aphen ihr. »Und wir gehen es sofort an.«

2

Aphenglow Elessedil litt.

Nach außen hin ließ sie sich ihre Gefühle nicht anmerken, doch davon verschwanden sie nicht. Sie würde ihre Schwester durch einen Irrweg des Schicksals verlieren, an dessen Verlauf sie aller Wahrscheinlichkeit nach nichts ändern konnte. Aus Gründen, die zu verstehen sie lediglich vorzuspiegeln vermochte, hatte der sterbende Ellcrys Arling erwählt, damit sie seinen Platz einnahm – aus über einem Dutzend anderer, die ihm dienten.

Sie hatte sich nicht die Zeit genommen, die Wahrheit all dieser Behauptungen zu überprüfen oder sich mit den Einzelheiten zu beschäftigen. Arling fühlte sich ganz offensichtlich, als hätte man ihr das Herz aus dem Leib gerissen. Aphen sah das Entsetzen und die Verzweiflung in den Augen ihrer Schwester und hörte sie in der Stimme, während die Geschichte aus der jüngeren Elessedil heraussprudelte.

Sie hatte alle anderen Überlegungen zurückgestellt und fast ohne darüber nachzudenken in alter und vertrauter Weise angefangen, Ordnung in das Durcheinander zu bringen. Zuerst stellte sie klar, dass es immer eine andere Lösung gab. Um die Sache in Bewegung zu bringen, schlug sie einen Plan vor. Sie blieb ruhig und gelassen und unterdrückte die Wutschreie, die sie jetzt am liebsten ausgestoßen hätte. Stattdessen tröstete sie ihre Schwester und sagte ihr, was diese nun unbedingt hören musste.

Dass Aphen für sie da war und sie nicht alleinlassen würde.

Dass sie ihr helfen würde, einen Ausweg aus dieser Katastrophe zu finden.

Dass sie Arling trösten und gegen jedes Unheil beschützen würde.

Arlingfant musste wissen, dass sie sich auf Aphen verlassen konnte. Vernunft und kluge Worte und Entscheidungen konnten bis später warten. Jetzt sollte Arling erst einmal ihr Gleichgewicht wiederfinden, damit sie nicht in einem Sumpf aus Angst versank und am Ende gelähmt war und nicht handeln konnte.

Zusammen verließen sie das Flugfeld und gingen zu dem Haus, in dem die Aufzeichnungen untergebracht waren und wo gelegentlich auch Erwählte wohnten, die für die Dauer ihres Dienstes nach Arborlon gezogen waren. Aphen legte ihrer Schwester unterwegs den Arm um die Schultern und sagte ihr, alles werde gut werden. Nachdem sie die Geschichte der Erwählten und die Berichte über die eigentliche Wiedergeburt gelesen hätten, würden sie besser verstehen, was zu tun war. Sie sprach leise und so zuversichtlich sie konnte, während sie innerlich die schlimmsten Qualen litt.

Bombax hatte sie bereits verloren. Ohnmächtig hatte sie zusehen müssen, wie der Rest des Ordens ohne sie auf der Suche nach einer Legende losgeflogen war. Und bislang waren sie nicht zurückgekehrt. Ihre Mutter hatte schon vor Jahren jeglichen Kontakt zu ihr abgebrochen. Geblieben war ihr nur Arling, und die könnte sie jetzt auch noch verlieren.

Das ertrug sie nicht. Aber sie musste.

Cymrian ging gleich hinter ihr. »Wir sollten es niemandem erzählen«, sagte er ruhig und suchte den Wald mit Blicken ab, als verbreite sich die Neuigkeit schon.

Aphen blickte über die Schulter. »Was meinst du damit?«

»Ich meine: Du wirst bereits gejagt von jemandem, dem nicht gefällt, was du tust. Dreimal hat man dich schon überfallen. Ich glaube, sie würden wahrscheinlich auch etwas gegen Arling unternehmen, wenn sie erfahren, was ihr der Ellcrys gesagt hat.«

Aphen sah ihn an.

»Es geht um Wahrnehmung, nicht um Wirklichkeit. Wir müssen es für uns behalten, bis wir mehr wissen. Und wenn wir es jemandem erzählen müssen, sollten wir uns genau überlegen, wem.«

Sie wählten Wege, die um die eigentliche Stadt herumführten, und mieden die großen Straßen, den Palast und den Garten des Lebens, damit sie niemandem begegneten, der sich vielleicht mit ihnen unterhalten wollte. Die Dämmerung benutzten sie als Schild und blieben auf schattigen Seitenwegen ohne viel Verkehr, bis sie das Haus am Rand des Gartens des Lebens erreichten, wo die Chroniken der Erwählten aufbewahrt wurden.

Es war niemand im Haus, als sie eintraten. Die Erwählten vollzogen das Ritual des Morgengrußes, bei dem sie den Ellcrys im neuen Tag willkommen hießen. Sie würden Arling vermissen, denn einige hatten sie weglaufen sehen, doch sie würden erst nach ihr schauen, nachdem sie ihre Pflichten als Erwählte erfüllt hatten. Die Schwestern und Cymrian hatten wenigstens einige Stunden Zeit für ihre Suche.

Aphen hatte sich die Chroniken der Erwählten noch nie näher angeschaut. Es waren inoffizielle Schriftstücke, die allein dem Orden gehörten und alles umfassten von persönlichen Tagebüchern bis hin zu Verzeichnissen und Listen derjenigen, die ihren Dienst geleistet hatten. Sogar Arling, die noch nie einen Grund gehabt hatte, einen Blick hineinzuwerfen, wusste nicht genau, was sie enthielten. Aber sie wusste, wo sie aufbewahrt wurden und wie man die schlüssellosen Schlösser öffnete. Damit begann sie, nachdem sie im Haus waren, und holte die Chroniken heraus, um sie mit ihrer Schwester und Cymrian durchzusehen.

Gemeinsam saßen sie am großen Esstisch und lasen. Zunächst suchten sie nach Hinweisen auf Amberle Elessedil, die letzte Erwählte, die zum Ellcrys geworden war. Erst mit ihrer Verwandlung hatte man ernsthaft angefangen, Chroniken zu führen, vor einigen hundert Jahren. Falls sie etwas finden sollten, dann höchstwahrscheinlich dort.

Während sie die Aufzeichnungen durchging, überkam Aphenglow erneut eine Woge der Verzweiflung. Nachdem sie gerade einigermaßen mit dem Verlust von Bombax und Paranor zurechtgekommen war – und eigentlich die anderen Druiden suchen musste, um davon Bericht zu erstatten –, wurde sie nun mit der Möglichkeit konfrontiert, noch jemanden zu verlieren. Sie hatte zwei Wege gleichzeitig eingeschlagen, und das erzeugte in ihr ein Gefühl der Unzulänglichkeit. Wann immer sie sich mit einer Sache beschäftigte, war sie sicher, eigentlich sollte sie sich um die andere kümmern. Es zog ihr den Boden unter den Füßen weg, und sie hing in der Luft, kam kaum vorwärts und wartete auf den Absturz.

Sie zwang sich, die Tagebücher zu lesen – noch mehr Tagebücher! –, und zwar vollständig. Dennoch tat es ihr um jede Minute leid, die sie damit verbrachte. Sie suchte, aber wonach eigentlich? Was hoffte sie zu entdecken? Suchte sie nach weiteren Hinweisen auf Aleia Omarosian, wie sie es ursprünglich einmal beabsichtigt hatte? Inwiefern würde ihnen das weiterhelfen? Alles erschien ihr so sinnlos.

»Hier«, sagte Cymrian plötzlich. »Schau dir das an.«

Sie hatte keine Ahnung, wie viel Zeit verstrichen war. Doch als er ihr das Dienstbuch reichte, in dem er geblättert hatte, nahm sie es und las laut vor.

Nachdem Amberle Elessedil ihren Dienst als Erwählte des Ellcrys angetreten und später auch ihre Aufgabe, das Samenkorn des Baumes zum Blutfeuer zu bringen, angenommen hatte, verließ sie Arborlon in Gesellschaft des Talbewohners Wil Ohmsford und einer Truppe Elfenjäger unter dem Befehl von Crispin Islanbor, Hauptmann der Leibgarde. Sie zogen nach Süden zum Wildewald, wo sie von einem Dämon verfolgt und angegriffen wurden, der sich aus der Verfemung befreit hatte. Alle außer der Erwählten und dem Talbewohner fanden den Tod.

Im Wildewald tauchte die Erwählte das Samenkorn des Ellcrys ins Blutfeuer, wie der Ellcrys es ihr befohlen hatte, und dadurch beschleunigte sich der Vorgang der Umwandlung. In diesem Moment spürte der Dämon sie erneut auf, wurde jedoch von dem Talbewohner getötet. Als die Erwählte nach Arborlon zurückkehrte, wurde die Stadt mittlerweile von Dämonenhorden belagert, doch sie vollendete die Verwandlung, erneuerte die Mauer der Verfemung gerade rechtzeitig und rettete so die Stadt und die Elfen.

Es gab weder Unterschrift noch sonstige Hinweise, wer diesen Eintrag verfasst hatte.

»Das ist alles?«, fragte sie und blickte Cymrian an. »Wurde nicht mehr darüber geschrieben?«

»Es gibt nur Berichte aus verschiedenen Quellen über Ereignisse in den vorangegangenen Jahrhunderten. Ich habe nicht alle gelesen. Das war der letzte Eintrag, der einzige, der sich mit Amberle Elessedil beschäftigt. Da steht noch mehr. Über ihre Kindheit, ihre Familie, ihre Erwählung, ihr …«

Er deutete auf das Dienstbuch. »Warum gehst du es nicht selbst durch? Den letzten Teil habe ich nur vorgelesen, um dir zu zeigen, dass da ganz klar nicht erwähnt wird, wo das Blutfeuer zu finden ist.«

Während die anderen beiden weiter die restlichen Aufzeichnungen durchsahen, tat Aphenglow, was Cymrian ihr vorgeschlagen hatte. Das, was sie dabei fand, war entweder bestürzend oder aufmunternd, je nachdem, von welchem Standpunkt man es betrachtete. Amberle hatte schon bald nach Beginn ihres Dienstes begonnen, mit dem Ellcrys zu sprechen, ganz ähnlich wie Arling. Als sie verstanden hatte, was der Baum von ihr verlangte, war sie in die Wildnis des Ostlands geflohen, wo sie der Druide Allanon aufsuchte und überredete, ins Elfenland zurückzukehren. Aber allein die Andeutungen, was dies für das junge Mädchen bedeutet hatte – auch wenn es nicht offen ausgesprochen wurde –, waren herzzerreißend. Sie hatte alles aufgegeben und verloren, um ihre Aufgabe als Erwählte zu erfüllen. Da fragte man sich unwillkürlich, ob Amberle sich mit ihrem Schicksal angefreundet und ihren Seelenfrieden gefunden hatte.

Aphen sah auf, blickte Arlingfant an und konnte kaum die Tränen zurückhalten, als sie ihre Schwester mit diesem Schicksal in Verbindung brachte. Sie schloss das Buch und legte es zur Seite. Arling würde später noch genug Zeit haben, es zu lesen.

Stattdessen nahm sie sich nun ein frisches Dienstbuch vor, das erst in jüngerer Zeit zusammengestellt worden war und Bruchstücke von Aufzeichnungen aus der Zeit vor der Zerstörung der Welt versammelte. Es handelte sich um den dritten von drei Bänden, und sie suchte, bis sie den ersten und den zweiten entdeckte, in denen sie zu lesen begann. Das Ganze war ein einziges Durcheinander. Sie fand mehrere Stellen, die sich auf die Erwählten und ihren Dienst bezogen, jedoch wahllos und unsortiert. Anscheinend war vieles verloren gegangen, und so klafften Lücken von mehreren Jahren. Pflichtbewusst las sie alles durch, einen Band nach dem anderen. Aber es gab nichts Persönliches, keine Geschichten, die erklärt hätten, warum die eine Erwählte ausgesucht wurde und die andere nicht.

Desgleichen gab es keine Berichte über jene, die vor Amberle Elessedil in den Ellcrys verwandelt worden waren.

Seufzend legte Aphenglow die Bücher beiseite. Weder Arling noch Cymrian hatten seit geraumer Weile gesprochen, dementsprechend hatten sie wohl auch nichts ausgegraben. Vielleicht war es einfach keine gute Idee gewesen. Die Erkenntnisse über Amberle Elessedil halfen ihnen nicht im Mindesten bei der Entscheidung weiter, was sie unternehmen sollten, um Arling zu helfen. Es war eine Sache, der Schwester zu versprechen, einen Ausweg zu finden, und eine ganz andere, es dann in die Tat umzusetzen.

Gerade stapelte sie Bücher, Tagebücher und lose Blätter aufeinander, als sie ein dünnes Lederbüchlein entdeckte, dessen Kupfereinsatz schon dunkelgrün geworden war. Sie zog es hervor und las den Titel, der auf den Lederdeckel gestanzt war.

LEBENSLÄUFE BESONDERER ERWÄHLTER

Aphenglow hielt den Atem an, schlug das Büchlein auf und blätterte es rasch durch. Es war eine Übersicht aller Erwählten, die seit den Zeiten der Feen, als der Baum zum ersten Mal erschaffen worden war, zum Ellcrys geworden waren. Zusammen mit den Namen stand da das Geburtsdatum, der Tag des Todes und der Wiedergeburt, die Familie und ihr Lebenslauf, wie sie ausgewählt worden und wie sie mit dieser Wahl zurechtgekommen waren.

Rasch blätterte sie zum letzten Eintrag. Dort stand der Name Amberle Elessedil und alle wichtigen Angaben zu ihrem Leben.

Sie blätterte zurück zum Anfang, und ihr stockte vor Schreck und Fassungslosigkeit der Atem.

Der erste Name war in großen, schwarzen Buchstaben gedruckt:

ALEIA OMAROSIAN

Aphen starrte auf den Namen, und plötzlich fand in ihrem Kopf eins zum anderen. Aleia war nicht nur irgendeine Erwählte gewesen, die dem Orden gedient hatte und eine der wenigen, die sich geopfert hatten, um zum Ellcrys zu werden; sie war die allererste Erwählte gewesen, die sich in den Ellcrys verwandelt hatte, diejenige, der die anderen gefolgt waren.

Aphen las die winzige Schrift unter Aleias Namen, die noch kleiner war als bei den Lebensdaten und ihrem Vermächtnis:

Vergeben; umschlungen; unvergessen.

Aleias letzter Eintrag in ihrem Tagebuch hatte die einzige Chance auf Wiedergutmachung erwähnt, die sie unbedingt ergreifen wollte. Scheinbar hatte sie eine Möglichkeit gefunden, ihre törichte Hingabe an den jungen Dunkeling wiedergutzumachen – und damit ihr Ansehen in den Augen ihrer Eltern und des Elfenvolkes wiederherzustellen. Ihre unverantwortliche Schwärmerei hatte ihr Volk um den Besitz der mächtigen Magie der Elfensteine und in große Gefahr durch die dunklen Geschöpfe der Feenwelt gebracht. Doch wenn es ihr gelang, diese Geschöpfe einzusperren, damit sie den Elfen keinen weiteren Schaden zufügen konnten? Falls man ihr also angeboten hatte, sich in den Ellcrys zu verwandeln und so die Verfemung zu erzeugen und damit ihr Volk und die ganze Feenwelt zu retten, hätte sie sich nicht darauf gestürzt, auch wenn sie sich selbst dafür opfern musste?

Aphen überprüfte die Daten, die in dem Buch neben Aleias Namen verzeichnet waren, dann holte sie Aleias Tagebuch heraus, an das Bombax sie kurz vor ihrer Flucht aus Paranor erinnert hatte. Als Nächstes durchwühlte sie ihren Rucksack, bis sie die Notizen fand, die sie sich über die Herrschaft von Pathke und Meresch Omarosian gemacht hatte.

Alle Daten passten zusammen.

Inzwischen hatten Arling und Cymrian mit dem Stöbern aufgehört und beobachteten sie. Sie wollte gerade erzählen, was sie entdeckt hatte, verkniff es sich dann aber doch. Die beiden hätten es nicht zu würdigen gewusst. Sie kannten weder Aleia Omarosian noch ihr Tagebuch und hatten auch keine Ahnung von der Suche nach den verschollenen Elfensteinen. Beide wussten nichts über die Expedition der Druiden und deren Wichtigkeit – nicht nur für die Druiden, sondern für die Vier Länder. Das hatte sie ihnen verheimlicht, auf Anweisung der Ard Rhys und ihres eigenen Gewissens.

Wenn sie es ihnen jetzt erklärte, würde sie preisgeben, was vor sich ging, und damit würde sie das Vertrauen enttäuschen, das Khyber Elessedil in sie gesetzt hatte.

Aber hatten diese zwei, die mit ihr durch dick und dünn gegangen waren, die ihr das Leben gerettet und sie außerdem mit Trost und Kraft unterstützt hatten, nicht das Recht, es zu erfahren? Wenn sie weiterhin zueinanderstehen wollten, war es notwendig, dass sie das Geheimnis um das Tagebuch, Aleia und die verschollenen Elfensteine lüftete und ihnen erzählte, was auf dem Spiel stand.

Alles begann mit Aleia Omarosian, der ersten Erwählten und dem ursprünglichen Ellcrys, die aber auch den Diebstahl der verschollenen Elfensteine ermöglicht hatte.

Vergeben; umschlungen; unvergessen.

Sie schlug alle Zweifel in den Wind und setzte ein Lächeln auf. »Ich muss euch etwas erzählen«, begann sie.

3

Nachdem sie Arlingfant und Cymrian berichtet hatte, wie sie das Tagebuch von Aleia Omarosian entdeckt und die Suche nach den verschollenen Elfensteinen mitsamt den Folgen ausgelöst hatte – darunter auch den Angriff auf Paranor –, entschuldigte sich Aphenglow.

»Ich hätte es euch früher erzählen sollen. Aber ich habe mich an die Anweisung der Ard Rhys gehalten, die mir das Versprechen abnahm, alles geheim zu halten, sogar vor euch. Vorher gab es auch eigentlich keinen Grund, euch einzuweihen. Aber jetzt schon.«

Sie reichte ihnen das dünne Büchlein, in dem die Namen der Erwählten aufgeführt waren, die sich in den Ellcrys verwandelt hatten. Arling wurde beim Anblick der Namen blass und stellte sich vermutlich vor, wie ihr eigener der Liste hinzugefügt wurde, aber es gelang ihr, die Tränen zu unterdrücken.

»Was bedeutet das alles?«, fragte sie.

»Also, dich und Aleia verbindet nicht nur der Umstand, dass ihr beide als Erwählte dient. Denn sie wurde vor langer Zeit gebeten, sich in den Ellcrys zu verwandeln, und du wirst nun gebeten, das Gleiche zu tun. Es hat mit der Tatsache zu tun, dass sie die Erste war, die zum Baum wurde, diejenige, die die Verfemung erschuf und die Dämonen der Feenzeit darin einsperrte.«

»Und inwiefern?«

Aphen holte tief Luft. »Nachdem ich das Tagebuch gefunden hatte, habe ich mir den Stammbaum der Omarosians genau angesehen. Dabei habe ich eine Verbindung zu den Elessedils entdeckt. Über die Nachnamen verschiedener Generationen kann man nachvollziehen, wie nahe sich die Familien standen. Und diese Nachnamen tauchen wieder und wieder in der Liste der Erwählten in dem Büchlein auf, das du in der Hand hältst.«

»Augenblick mal!«, warf Cymrian ein. Seine Verwirrung war nicht zu übersehen. »Willst du damit sagen, dieses Mädchen und Arling sind verwandt?«

»Nicht nur das. Ich behaupte sogar, dass sich die ursprüngliche Elfin aus Fleisch und Blut, indem sie zur Erwählten wurde, durch Magie in den Baum verwandelt hat. Aleia ist offensichtlich das Vorbild für alle, die ihr gefolgt sind. Ohne die Stammbäume gründlich zu überprüfen, kann ich zwar nicht sicher sein, trotzdem vermute ich, dass ich richtigliege. Ich glaube, in jeder neuen Generation Erwählter gibt es zumindest eine, in deren Adern das Blut der Omarosians fließt – zum Beispiel bei den Elessedils –, und daher hat der Baum stets einen Nachfolger, falls dies notwendig werden sollte.«

»Die besonderen Erwählten gehörten alle zur gleichen Blutlinie?«, fragte Arling. »Meine Wahl zur Trägerin des Samenkorns war vorherbestimmt?«

»In gewisser Weise, ja.«

Es folgte benommenes Schweigen. Arling und Cymrian wechselten unsicher einen Blick.

»Aber was hat das mit den verschollenen Elfensteinen zu tun?«, hakte Arling nach. »Aleia und ich sind zwar beide Erwählte, aber selbst wenn ich …« Sie unterbrach sich, denn die Worte waren einfach zu bitter, um sie auszusprechen. »Selbst wenn sich herausstellt, dass ich den gleichen Weg gehen muss wie sie, was hat das mit den Steinen zu tun?«

»Geht es über die Tatsache hinaus, dass sie sich geopfert hat, um den Verlust der Elfensteine wiedergutzumachen?«, fragte Cymrian. »Wurde sie zum Ellcrys, damit sie ihr Volk beschützen kann?«

»Ich weiß es nicht«, räumte Aphen ein. »Ich bin nicht sicher, ob diese zwei Ereignisse nur insofern verbunden sind, als Aleia Omarosian für beides verantwortlich war, oder ob mehr dahintersteckt.«

In Wahrheit hatte sie es noch nicht geschafft, gründlicher über alle Verwicklungen nachzudenken. Zunächst einmal musste sie die Ard Rhys und die anderen Druiden erreichen, damit sie gemeinsam darüber beraten konnten. Inzwischen hatten sie vielleicht die verschollenen Elfensteine gefunden und konnten Antworten auf diese Fragen geben. Doch bevor sie ihnen folgte, musste sie ihrer Schwester helfen, den Schock zu überwinden, den die Forderung des Ellcrys ausgelöst hatte. Was mit Arling und dem Baum, der die Verfemung aufrechterhielt, geschah, hatte Vorrang gegenüber allem anderen.

»Haben wir schon überall dort gesucht, wo wir etwas über die Verwandlung dieser Erwählten in den Ellcrys erfahren können?«, fragte Cymrian.

In diesem Augenblick erinnerte sich Aphen an Woostra.

»Vielleicht noch nicht überall«, antwortete sie und stand auf. »Ihr beide räumt hier auf. Nehmt das Dienstbuch der Erwählten mit und wartet im Haus auf mich.«

Sie ließ Arling und Cymrian allein und lief los, um mit dem Hüter der Druidenchroniken zu sprechen. Vielleicht war er in den Jahren seines Studiums der Druidenschriften auf etwas gestoßen, das ihnen helfen konnte. Oder zumindest wusste er vielleicht, wo sie noch suchen konnten.

Sie trieb Woostra in dem Gasthaus auf, in dem er bis zu ihrer Rückkehr von der jetzt abgebrochenen Suche nach der Ard Rhys warten wollte. Wenn sie jedoch zu offensichtlich nach dem Ellcrys und der Verwandlung fragte, würde er sofort an Arling denken, daher entschied sie, sich dem Thema von einer anderen Seite zu nähern und Arling überhaupt nicht zu erwähnen.

»Solltest du nicht längst nach Westen fliegen?«, fragte er und legte sein Buch zur Seite.

Sie lächelte und setzte sich neben ihn. »Es ist etwas dazwischengekommen, deshalb habe ich mich entschieden, den Abflug um ein oder zwei Tage zu verschieben. Arling hat mir die Aufzeichnungen der Erwählten zugänglich gemacht, und nun habe ich herausgefunden, dass Aleia Omarosian nicht nur eine Erwählte war, sondern sogar die Erste. Sie hat sich geopfert, um den Ellcrys zu erschaffen. Das hat sie getan, um den Schaden wiedergutzumachen, der durch den Verlust der Elfensteine entstanden ist, und ihre Eltern von der Schande zu befreien. Daher möchte ich mehr über die Geschichte der Erwählten erfahren. Ich habe die gesamten Elfenchroniken durchsucht, aber es findet sich wenig über den eigentlichen Verwandlungsprozess. Glaubst du, in den Druidenchroniken steht mehr darüber?«

Er starrte sie an. »Willst du etwa andeuten, dass du nach Paranor zurückkehren willst? Nachdem du so knapp mit dem Leben davongekommen bist?«

»Ich will damit andeuten, dass ich alles tun werde, was notwendig ist, um der Ard Rhys zu helfen.«

Ja, es gebe Stellen in den Chroniken, wo der Zweck des Ellcrys erläutert wurde. Und auch eine Beschreibung, so glaubte er, eine Beschreibung, wie man das Blutfeuer erreichte, die Magie, die das Samenkorn keimen ließ und so die Verwandlung überhaupt erst möglich machte.

»Deshalb muss ich nach Paranor und diese Stelle in den Chroniken finden«, sagte sie.

Er schnaubte. »Du meinst, wir müssen nach Paranor. Du brauchst Tage, um das Gesuchte ohne mich zu finden.«

Sie kehrte zu Arling und Cymrian zurück und berichtete ihnen, was sie vorhatte. Beide sollten mitkommen. Cymrian, weil sie gut noch jemanden brauchen konnte, um die Hin und weg zu fliegen, und Arling, weil Aphen sie in ihrer Nähe wissen wollte.

»Ich habe keine Ahnung, was wir finden werden«, fügte sie eilig hinzu, »oder ob wir überhaupt etwas finden. Aber wir müssen es wenigstens versuchen. Wie die Dinge stehen, haben wir fast gar keine Informationen darüber, wie man den Ellcrys retten kann.«

»Wir wissen, dass er Arling als Nachfolger möchte«, wandte Cymrian unverblümt ein. »Und wir wissen, dass Arling nicht gerade begeistert davon ist. Wie sollen wir diesen Widerspruch auflösen?«

»Wir finden einen Weg«, fauchte Aphen ihn an und bedauerte sofort die Schärfe ihres Tonfalls. »Ich weiß es nicht«, fügte sie düster hinzu.

Am nächsten Morgen brachen sie zu viert in Richtung Paranor auf. Es gab zwar Bedenken, Arling von ihren Pflichten als Erwählte fernzuhalten. Sie war selbst hin- und hergerissen und hatte es ihnen auch schon gesagt. Doch am Ende stimmte sie zu, dass es besser sei, mitzukommen, als allein in Arborlon zu warten. Sie würde an Bord des Schiffes bleiben, während die anderen in die Festung eindrangen, und verschwinden, falls sie bedroht wurde.

Aphenglow versuchte nicht, die Gefährlichkeit ihres Vorhabens kleinzureden. Wenn sie in die Festung zurückkehren wollten, mussten sie die Streitkräfte der Föderationen umgehen, die dort als Wache zurückgeblieben waren, und nachdem ihnen das gelungen war, galt es, die dunkle Magie zu bannen, die aus den Tiefen des Schachtes entwichen war. Unter günstigsten Umständen war das eine große Herausforderung, doch Aphenglow war der Überzeugung, dass sie nicht warten sollten, bis die Ard Rhys und die anderen ins Mittelland zurückgekehrt waren. Schließlich konnte alles Mögliche dazwischenkommen, und es war sehr wichtig, den Ort des Blutfeuers zu kennen. Vielleicht würde am Ende gar nicht Arling die Reise unternehmen, doch irgendwer musste erfahren, wo es hinging.

Jetzt waren sie seit einigen Stunden unterwegs. Aphen stand an der Reling und schaute zu, wie sie sich den Drachenzähnen näherten. Sie nahm sich einen Moment Zeit, sammelte Kraft und gestand sich dann ein, wie gering die Chancen waren, Arlings Schicksal zu ändern. Nirgendwo gab es Aufzeichnungen über Erwählte, die vom Ellcrys zum Nachfolger bestimmt worden waren und diesen Auftrag nicht erfüllt hatten. Was auch immer sie tun könnte – was überhaupt jemand tun könnte –, der Gedanke, Arling von ihrer Pflicht zu befreien, war unvorstellbar. Nur wegen der Liebe zu ihrer Schwester und weil sie sich den Verlauf der Ereignisse nicht gern vom Schicksal diktieren ließ, war sie entschlossen, die Sache weiterzuverfolgen. Der Besuch in Paranor war gefährlich, doch Arling war ihr so unendlich wichtig und hatte so viel Angst vor dem, was man von ihr verlangte. Deshalb wollte Aphenglow unbedingt eine andere Möglichkeit finden.

Und dafür auch ihr Leben riskieren wie eben jetzt.

Und dafür auch ihr Leben geben, falls es sein musste.

Für Arling würde sie alles tun.

Nach Sonnenuntergang flogen sie mit der Hin und weg von Norden her auf die Festung zu und nutzten die Dunkelheit am Nordlandhimmel als Deckung. Aphen kannte eine Lichtung, die anderthalb Kilometer von der Festung entfernt war, wo man sie im Dunkeln nicht bemerken würde, und dort landeten sie im Schutz der alten Bäume des Verbotenen Waldes.

Sie hatten den Plan, durch geheime Tunnel ins Innere der Festung zu gelangen. Wenn sie sich der Mauer oder den Toren direkt näherten, liefen sie Gefahr, entdeckt zu werden. Aber durch die unterirdischen Gänge war es auch nicht viel sicherer, denn dort bestand das Risiko, dass sie es mit der dunklen Magie zu tun bekommen würden, die Aphenglow vor ihrem Abflug ausgelöst hatte. Sicherlich war es der Föderation noch nicht gelungen, lebend die Mauern zu überwinden, trotzdem hatten Drust Chazhul und seine Handlanger noch längst nicht aufgegeben.

Jedenfalls war sie darauf gefasst, sich mit der Magie zu befassen. Immerhin hatte Aphenglow sie freigesetzt; daher bestand die Chance, dass die Magie sie wiedererkennen und passieren lassen würde. Wie auch immer, nur sie und Woostra durften es riskieren, Paranor zu betreten. Sie waren dort zu Hause, und deshalb würde die Magie sie vermutlich nicht angreifen. Arling und Cymrian könnte sie dagegen als Eindringlinge betrachten und ohne Zögern beseitigen. Sogar Woostra war in Gefahr, wie sie einräumen musste, da er kein Druide war. Doch er bestand darauf, sie zu begleiten, und Aphen wusste, wenn sie auf seine Hilfe verzichten sollte, wäre das ein großer Nachteil für sie. Deshalb würde sie gut auf ihn aufpassen und ihn mit ihrer eigenen Magie beschützen.

Auf diese Aussage hin schnaubte er allerdings nur verächtlich und behauptete, er brauche keinen Schutz in seinem eigenen Zuhause.

So ließen sie Arling und Cymrian auf dem Luftschiff zurück und schlichen zwischen den Bäumen hindurch zum nächsten versteckten Eingang. Dort hatten sie sich der Festung bereits auf hundert Meter genähert, waren aber noch niemandem begegnet. Woostra, der voranging, hatte keine Schwierigkeiten, die Falltür zu finden, doch er brauchte eine Weile, bis er die verborgenen Schlösser geöffnet hatte. Ob es nun am Rost oder an den Schlössern selbst lag, zunächst ließen sie sich nicht aufmachen. Doch am Ende hatte Woostra Erfolg.

Er zog die Klappe auf und führte sie hinein.

Sie standen nebeneinander in der Dunkelheit und suchten. An der Felswand war ein Gestell mit Pechfackeln angebracht. Aphen und Woostra nahmen sich jeder eine und zündeten sie an. Von hier aus ging es mehrere Treppen nach unten, bis sie tief unter der Erde und, wie Aphenglow sicher glaubte, bereits unterhalb der eigentlichen Festung waren.

Woostra blieb stehen. »Hörst du etwas?«

Sie schüttelte den Kopf.

»Gut. Aber lausche trotzdem weiter.«

»Allerdings spüre ich etwas.«

Er blickte sie an. »Und zwar?«

»Ich weiß es nicht.«

Sie blieben stehen, während Aphen zu erkennen versuchte, was ihr Instinkt ihr mitteilen wollte.

»Am besten gehen wir weiter«, sagte sie schließlich.

Bald darauf erreichten sie eine uralte Eisentür im Fels, die mit Bolzen und Metallplatten befestigt war. Die Oberfläche war mit Schimmel überzogen, das Metall war stumpf und verrostet, und es wimmelte von Insekten. Aphenglow wischte den Griff ab, packte ihn mit beiden Händen und drehte kräftig.

Nichts.

Sie sah Woostra an. »Was ist los?«

»In den Platten über und unter den Griffen sind Schlösser«, erklärte er und betrachtete die Tür genauer. »Durch eine bestimmte Kombination dieser Stifte werden sie geöffnet. Gut, ich versuche es mal.«

Woostra trat vor sie, drückte in einer bestimmten Reihenfolge auf die Stifte, packte daraufhin den Griff und drehte. Die Schlösser öffneten sich, und die Tür schwang auf.

Er zwinkerte Aphen zu. »Entweder man hat’s in den Fingern oder eben nicht.«

Sie betraten einen Gang aus Steinblöcken, der mit Holz ausgelegt war und zu einer zweiten Tür führte, die nicht mehr ganz so Respekt einflößend wirkte. Aphen ging voraus und gelangte in den Steinschacht der Heizkammer. Die runden Mauern ragten nach oben in die Festung, Heizungsrohre leiteten die Wärme in die verschiedenen Räume, und gleichzeitig konnte man hinab in die Grube steigen, wo die Feuer der Erde die Wärme erzeugten. Seit der Zeit von Grianne Ohmsford wurden die Feuer automatisch gehütet. Da die Festung verlassen war, hatte sich die Hitzezufuhr verringert, und vom Feuer war nur ein mattes rotes Glühen geblieben.

Eine lange, runde Metalltreppe führte an den Steinwänden entlang und war mit Stegen und Plattformen verbunden, die zu Dutzenden verschlossener Türen gingen.

»Wir müssen nach oben«, befand Woostra.

Also stiegen sie mit vorsichtigen, gleichmäßigen Schritten hinauf. Dabei lauschten sie auf alle Geräusche und hielten nach Bewegungen Ausschau, die auf eine Gefahr hinweisen könnten. Doch die Minuten verstrichen, und nichts geschah. Außer ihren verhallenden Schritten war nichts zu hören. Im Schacht herrschte Schweigen, und in der Festung schien es nur noch Geister zu geben.

An einer Tür zum Erdgeschoss übernahm Aphen die Führung, aktivierte ihre Magie und leitete sie in ihre Fingerspitzen. Aus dem Heizungsraum traten sie in einen langen Korridor. Hier lagen Dutzende Leichen über- und untereinander, und ihre gekrümmte Haltung verriet, dass sie einen schmerzvollen Tod erlitten hatten. Es handelte sich um Föderationssoldaten, die, so weit das Auge reichte, an den Wänden zusammengesunken waren. Wegen der Kratzspuren im Stein und den blutigen Händen sah es so aus, als hätten sie versucht, sich durch die Wände zu graben. Manche hatten dabei ihre Finger bis zum ersten und zweiten Glied eingebüßt. Andere hatten sich selbst die Kehle herausgerissen.

Aphen beugte sich zu ihrem Begleiter vor. »Gibt es keinen anderen Weg?«

Er nickte schweigend und bog in einen kurzen Gang ein, der nach rechts abzweigte und zu einer Tür führte, hinter der es auf einer schmalen Treppe aufwärts ging. Noch immer war nichts zu hören, kein Zeichen deutete auf Leben hin. Aber plötzlich spürte Aphen etwas – und diesmal war es eine deutlichere Warnung. Eine Präsenz lauerte unsichtbar in der Nähe. Aphen forschte nach ihr, während sie nach oben stiegen, konnte sie jedoch nicht ausfindig machen. Die Magie, dachte sie. Sie war noch da und war sich der Besucher bewusst.

Schließlich erreichten sie das Stockwerk, in dem die Druidenchroniken untergebracht waren, und gingen weiter durch den leeren, geräumigen Gang, dessen Stille schwer auf ihnen lastete.

Aphen.

Die Stimme flüsterte in ihrem Kopf.

Eine Stimme, die sie gut kannte.

Ich bin hier.

Sie ging weiter und sagte nichts zu Woostra, der vielleicht etwas gehört hatte, es sich aber auch nicht anmerken ließ.

Aphen. Ihr stockte der Atem. Ich sehe dich.

Diesmal blickte Woostra über die Schulter, und der Blick, den er ihr zuwarf, ließ keinen Zweifel zu.

Sie erreichten das Archiv. Der alte Mann öffnete die Schlösser und schob die Tür auf. Vorsichtig machte er sie hinter sich zu und verschloss sie wieder. Er führte sie durch sein Schreibzimmer und eine Reihe Leseräume zu einem Lagergewölbe – einen rechteckigen Raum mit kahlen Wänden und einem riesigen Holztisch in der Mitte. In früheren Zeiten hatten allein Druiden Zugang zu dieser Kammer erhalten und über die Magie verfügt, mit der man das Versteck der Bücher enthüllen konnte. Doch Grianne Ohmsford hatte auch das geändert, als sie Ard Rhys geworden war. Jetzt gab es Hüter der Chroniken, die selbst keine Druiden waren, aber in Diensten des Ordens standen. Woostra war der jüngste in dieser Reihe, und wie seine Vorgänger kannte er die Geheimnisse der Bücher und die Magie, die sie enthüllte.

Er wendete dieses Wissen nun in Aphens Gegenwart an und berührte in einer bestimmten, komplizierten Reihenfolge die Wand an verschiedenen Stellen, bis Hunderte von Bänden in steinernen Regalen in einem Kreis aus rauchlosen Fackeln zum Vorschein kamen: die vollständige Druidenchronik.

Woostra ging geradewegs auf ein Buch zu, holte es heraus, legte es auf den Tisch und blätterte es durch. Er brauchte mehrere Minuten, bis er die gewünschte Stelle gefunden hatte. »Hier«, sagte er und deutete mit einer Geste an, dass Aphenglow lesen sollte.

Sie beugte sich über das Buch.

Die Verfemung besteht nur so lange, wie der Ellcrys existiert. Der Baum hat ein langes Leben, das viele Generationen dauert, aber nicht ewig währt. Wenn seine Lebensspanne vorüber ist, wählt er unter seinen gegenwärtigen Dienern einen, der sein Samenkorn dorthin trägt, wo das Blutfeuer brennt, damit es eingetaucht und zum Leben erweckt wird und damit Erwählter und Samenkorn verschmelzen und eins werden. Der alte Ellcrys stirbt, der neue schlägt Wurzeln und erhält die Verfemung aufrecht, oder falls eine Schwächung vorlag, erneuert er sich, bis er seine frühere Stärke erlangt hat.

Das Blutfeuer existiert nur an einem einzigen Ort in den Vier Ländern. Es brennt tief unter der Erde in Sichermal, das von dem Berg Hochwarte im Wildewald in der mittleren Region des Westlandes beschützt wird.

Geschrieben, nachdem Amberle Elessedil erwählt und verwandelt wurde.

Allanon.

»Eine Verwandlung, derer viele Zeugen geworden sind«, sagte Woostra, »von der aber heute nur noch wenige glauben, dass sie tatsächlich stattgefunden hat.«

Sie blickte ihn an. »Gibt es noch mehr Einträge, die du gefunden hast?«

Er zuckte mit den Schultern. »Einige, aber sie geben nicht mehr Aufschluss als dieser Eintrag hier. Ich glaube, Allanon hat den genauen Ort von Wil Ohmsford erfahren, der die Reise zusammen mit Amberle unternommen hat. Vermutlich dachte er, eine genauere Beschreibung des Ortes, wo das Blutfeuer zu finden ist, könnte hilfreich sein für den Fall, dass es erneut gebraucht wird. Glücklicherweise ist dieser Fall nicht eingetreten.« Er zögerte und sah sie an. »Bislang.«

Aphen erwiderte nichts. Sie ahnte, dass er einen Verdacht hegte. Also las sie noch einige Einträge, die ihr Woostra zeigte und die weiter zurückreichten, aber was ihre Bedeutung anging, hatte er sich nicht verschätzt. Alle waren oberflächliche und praktisch vernachlässigbare Hinweise auf Begebenheiten, die schon zum Allgemeinwissen über den Baum gehörten.

»Du hast ja bereits nach Erwähnungen von Aleia Omarosian und ihren Eltern gesucht«, sagte sie, »aber du scheinst nichts über eine mögliche Verbindung zu den Erwählten gefunden zu haben, oder?« Er sollte weiterhin denken, dass sie der Gegenstand ihrer Bemühungen war.

Er schüttelte den Kopf. »Nichts.«

Sie schlug die Bücher zu und half ihm, sie ins Regal zurückzustellen. Die Passage über den Ort des Blutfeuers hatte sie auswendig gelernt, und sie könnte Arling bei der Reise helfen, wenn es dazu kam. Doch sie hatte nichts entdeckt, das etwas an deren Notwendigkeit ändern würde, nichts, das ihrer Schwester einen Ausweg aus diesem Dilemma wies.

Woostra versiegelte die Bücher wieder in den Mauern des Raums. Alles verschwand.

Er wandte sich ihr zu. »Die Magie erwartet dich. Sie weiß, dass du hier bist. Ich glaube, sie hat dir etwas zu sagen.«

»Ja. Ich habe sie auch gespürt.«

Er seufzte. »Bist du bereit?«

Aphenglow nickte. »Geh du bitte zur Südmauer und überprüfe, ob die Föderation die Festung immer noch beobachtet. Ich habe allerdings keine Menschen mehr gespürt, seit wir die Hin und weg verlassen haben. Ich bin nicht einmal sicher, ob dort draußen noch jemand von der Föderation ist. Trotzdem muss ich es genau wissen. Vielleicht ändern sich dadurch meine Pläne, was wir als Nächstes tun müssen.«

Er führte sie hinaus, verschloss zunächst das Gewölbe und dann die Tür, die zu seinem Schreibzimmer führte. Sie gingen den Gang entlang in Richtung Süden auf die Zinnen der inneren Mauer zu. Plötzlich tauchte andeutungsweise grünlich nebelhaftes Licht auf, das sanft auf der Oberfläche der Mauern pulsierte und aus der Tiefe des Steins strahlte.

Woostra zögerte, als er das unheimliche Leuchten bemerkte.

»Geh weiter«, sagte Aphenglow.

Draußen vor der Festung liefen sie über den Hof zur Außenmauer. Überall lagen Leichen wie vom Wind umgeknickte Halme auf einem abgeernteten Feld. Keine Vögel pickten an ihnen, keine vierbeinigen Aasfresser fraßen sich satt. Seit ihrem Tod hatte niemand ihre Ruhe gestört. Sie waren verdreht und gebrochen, doch ihre Überreste hatte niemand angerührt.

»Nichts Lebendiges will etwas mit diesen armen Toten zu tun haben«, murmelte Woostra, während sie vorbeieilten.

Aphenglow blickte sich um, erforschte den Schatten und lauschte nach der Stimme, doch überall herrschte Stille, eingehüllt von einem weichen, weißen Licht. Die Nacht war klar, nur eine Mondsichel und die Sterne waren am Himmel zu sehen. Schatten von den Türmen, den Mauern, den Zinnen und sogar den Bäumen des Waldes hüllten die Steine der Druidenfestung ein.

Sie stiegen auf die Wehrgänge, von wo aus sie über die äußere Mauer sehen konnten, und hockten schweigend dort, während Aphenglow ihre Sinne und ihre Fähigkeiten als Druide benutzte, um die Wälder mithilfe ihrer Magie zu durchforsten. Sie fand keinerlei Hinweis auf die Anwesenheit von Menschen. Eigentlich fand sie sogar kaum Anzeichen für die Anwesenheit von Lebewesen.

Nachdem sie fertig war, sah sie Woostra an und schüttelte den Kopf. Nichts. Er nickte und gab ihr einen Wink, ihm wieder nach unten zu folgen, und gemeinsam stiegen sie die Treppe hinunter.

Halb hatten sie den Hof überquert und die innere Mauer erreicht, als Ranken des grünlichen Nebels aus dem Stein vor ihnen quollen. Der Nebel waberte auf sie zu, bedeckte die Toten, durchdrang die Leichen und verwandelte sie in Staub. Aphen und Woostra liefen los und umgingen den Nebel, bis sie wieder in der Festung waren. Sie folgten einer Reihe kleinerer Gänge und fanden den Weg zurück in den Heizungsturm und zur Metalltreppe.

Dort hörten sie die Stimme.

Aphen.

Sie blieben stehen und sahen einander an.

Niemand kann wieder fort von hier.

Aphen schlug das Herz bis zum Hals. Wir sind nicht wie die anderen.

Alle Lebenden sind gleich. Alle müssen sich in Tote verwandeln.

Woostra schloss die Augen und akzeptierte sein Schicksal stumm. Er wusste, welches Risiko er eingegangen war. Sie ja auch, aber sie weigerte sich, es widerspruchslos anzunehmen.

Deine Aufgabe ist hiermit beendet, du hast die Festung gerettet. Die Druiden konnten sich in Sicherheit bringen. Und nun lass uns in Ruhe.

Dann lass mich frei!

Der Schrei erschütterte den Boden und vibrierte wie eine Schockwelle durch ihren Körper. Sie spürte Schmerz und Wut in den Worten. Aber worum wurde sie da eigentlich gebeten? Sie hatte die Magie doch bereits freigesetzt.

Du bist schon frei.

Nein!

Sie zögerte, unsicher, was sie antworten sollte. Was wurde von ihr verlangt? Die Präsenz kam näher und näher. Aphenglow blickte in den Schacht und sah grünlichen Nebel aus der Tiefe aufwallen. Instinktiv wich sie zurück und drückte sich flach an die Steinwand. Woostra stand neben ihr, das Gesicht angespannt und grau.

Erneut schrie die Stimme. Lass mich frei!

Sie kam immer näher, und Aphenglow hatte keinen Zweifel daran, was sie tun würde, sobald sie sie erreicht hätte. Also beschwor Aphenglow die geballte Kraft ihrer Magie. Freilassen? Wie denn?

Dann begriff sie plötzlich, was von ihr verlangt wurde. Sie lief zum Geländer und sah nach unten, wo ihr der Tod entgegenkam.

»Ich lasse dich frei, damit du zu deiner Ruhestätte zurückkehren kannst. Hörst du mich? Die Druiden sind zurück!« Sie schrie regelrecht, und die Worte hallten von den Mauern wider. »Ich entbinde dich von deiner Aufgabe und schicke dich zurück!«

Es folgte ein langer, tiefer, endlos scheinender Seufzer. Der grüne Nebel zog sich zurück in die Düsternis, in die Tiefe, als wallender Dunst, der an Farbe und Substanz verlor, bis er schließlich gänzlich verschwunden war.

Aphenglow spürte, wie ihr eine Last von den Schultern fiel und sich die Angst löste. Sie atmete auf.

»Schnell«, sagte sie zu Woostra.

Jetzt dachte sie an die Zukunft und daran, was es bedeutete, Paranor zu verlassen. Die Druidenfestung war verlassen, es waren keine Druiden zugegen, und in naher Zukunft würde auch niemand kommen. Nachdem sich die Schutzmagie zurückgezogen hatte, war Paranor wieder in Gefahr. Aber das war nun nicht zu ändern. Nicht wenn man bedachte, was gegenwärtig alles auf dem Spiel stand.

Wortlos kehrten sie zu der runden Treppe zurück und stiegen zum unterirdischen Tunnel hinab, durchschritten ihn und traten hinaus in die Welt draußen.

4

An Bord der Hin und weg wartete Arling Elessedil die ganze Nacht auf die Rückkehr ihrer Schwester und Woostras. Sie schlief nicht viel, sondern saß mit Cymrian auf dem Vorderdeck des Luftschiffes, starrte in die Dunkelheit und machte sich Sorgen um Aphen. Sie war verstört, weil sie es gewesen war, die diesen Stein ins Rollen gebracht hatte, aber zugleich war sie Aphen für ihre Hilfe ausgesprochen dankbar.

Sie war nicht dafür bestimmt, eine Erwählte zu sein; das hatte sie schon vor einiger Zeit entschieden. Sie war dazu bestimmt, nach Paranor zu gehen und wie ihre Schwester Druidin zu werden. Die aufregende Neuigkeit, dass der Baum sie als Ersatz ausgesucht hatte – ein Schicksal, an das sie in ihren wildesten Träumen nicht gedacht hätte –, bestärkte sie lediglich in dieser Überzeugung. Wenn Aphenglow eine Möglichkeit fand, ihr aus dieser Patsche zu helfen, würde alles so werden, wie es vorbestimmt war. Natürlich fühlte sie auch eine Verpflichtung gegenüber dem Orden der Erwählten und ihrem Dienst. Aber es gab Grenzen dessen, was man von jemandem erwarten durfte, gleichgültig, ob der Betreffende nun zugestimmt hatte oder nicht. Gestern bei Sonnenaufgang war sie an ihre Grenze gestoßen.

Unter den Erwählten gab es andere, die dem Ellcrys in dieser Angelegenheit besser dienen konnten. Wenn er tatsächlich starb – eine Folgerung, die Arling noch gar nicht akzeptieren wollte –, würde ein anderer Nachkomme der Omarosians das Samenkorn zum Blutfeuer tragen und sich der Verwandlung unterziehen, um den alten Ellcrys zu ersetzen. Ein anderer oder eine andere, der oder die hingebungsvoller und besser vorbereitet war als sie.

Bei diesem Gedanken zuckte sie zusammen, aber im gleichen Moment spürte sie die Gewissheit, dass sie für diese Sache nicht bereit war. Sie war noch jung und hatte ihr ganzes Leben vor sich. Sie war dem Orden der Erwählten beigetreten mit der Aussicht, ein einziges Jahr zu dienen. Es handelte sich um eine Ehre, natürlich, und sie hatte sich gern darauf eingelassen. Doch nicht mit der Erwartung, dass man von ihr mehr verlangen würde als von den anderen.

»Geht es dir gut?«, fragte Cymrian irgendwann. »Es ist kalt. Möchtest du eine Decke?«

Sie hatte sich ihren Mantel umgelegt, trotzdem zitterte sie. »Gern«, gab sie zu.

Er stand auf und holte eine, legte ihr die Decke um die Schultern, setzte sich neben Arling und nahm sie in den Arm, damit ihr warm wurde. Sie lehnte sich bei ihm an, dankbar für den Trost. Wenn nur Aphen zurückkommen würde. Sie fühlte sich so viel besser, wenn ihre Schwester in der Nähe war.

»Du hältst vermutlich nicht gerade viel von mir«, sagte sie.

»Weil du nicht zum Märtyrer für unser Volk werden und nicht in den Ellcrys verwandelt werden willst?« Er schüttelte den Kopf. »Ich kenne niemanden, der darauf besonders scharf wäre. Ich jedenfalls nicht.«

»Aber ich wurde gefragt, und es steht so viel auf dem Spiel. Wenn es nun niemanden sonst gibt, der diese Aufgabe übernehmen kann? Oder will?«

»Wir wissen noch gar nicht genug und können nichts sicher sagen. Gib Aphen eine Chance; lass uns abwarten, was sie entdeckt.«

Sie legte den Kopf an seine Schulter. »Ich habe solche Angst.«

Die Stunden zogen sich dahin, und für eine Weile döste sie. Cymrian hielt sie fest und bewegte sich nicht. Immer, wenn sie wach wurde, war er bei ihr, wärmte sie und beschützte sie, wie er es versprochen hatte. Eines Tages, dachte sie schlaftrunken, würde sie eine Liebe wie Cymrian finden.

Es war noch dunkel, als sie flüsternde Stimmen hörte und hinten am Deck der Hin und weg Bewegung spürte. Sie öffnete die Augen. Aphen lächelte sie an, und Woostra stand neben ihr.

»Zeit zum Aufbruch«, sagte Aphen.

Sie saßen zusammen, während Cymrian die Leinen losmachte und das Luftschiff nach Arborlon steuerte. Woostra zog sich aufs Achterdeck zurück, damit sie sich ungestört unterhalten konnten.

»Die Föderation hat Paranor verlassen«, erzählte Aphen. »Kein einziger Soldat war mehr da. Ich verstehe es einfach nicht. Sie wollten die Festung doch unbedingt einnehmen. Hunderte sind bei dem Versuch gestorben. Und jetzt sind nur die Toten zurückgeblieben. Irgendetwas Unvorhergesehenes muss passiert sein.«

»Vielleicht hat sie die Magie vertrieben?« Arling war inzwischen hellwach und wollte unbedingt hören, was ihre Schwester in Erfahrung gebracht hatte.

Aphen schüttelte den Kopf. »Aber sie hätten doch Wachen dagelassen, oder? Selbst wenn sie draußen bleiben und nicht wieder angreifen, würden sie doch wissen wollen, was passiert.«

»Ich habe keine Ahnung, Aphen.«

Ihre Schwester lächelte. »Hast du dich ein bisschen ausgeruht, während ich unterwegs war?«

»Nicht viel. Was habt ihr herausgefunden?« Arling konnte sich nicht länger beherrschen. »Steht in den Druidenchroniken etwas über den Ellcrys?«

»Kaum etwas. Das meiste handelt davon, wo man das Blutfeuer finden kann. Über die Verwandlung und darüber, unter welchen Gesichtspunkten die Auswahl vorgenommen wird, stand dort wenig.« Sie beugte sich rasch vor und legte Arling die Hand auf die Schulter. »Aber wir sind noch nicht fertig. Die Angelegenheit ist längst nicht entschieden.«

Arling schüttelte entmutigt den Kopf. »Wo sollen wir denn noch suchen? Was können wir noch tun?«

Aphen zögerte. »Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass wir nicht einfach aufgeben.« Sie zog die Hand zurück. »Ich muss Khyber Elessedil und die anderen finden, dann kann ich sie fragen. Ich hole sie nach Arborlon – wegen der Sache mit dem Baum und wegen der Ereignisse in Paranor. Sie müssen die Suche nach den Elfensteinen aufgeben und stattdessen die Druidenfestung wieder in Besitz nehmen. Und sie müssen dir helfen. Darauf werde ich bestehen.«

Sie presste die Lippen zusammen. »Während ich unterwegs bin, gehst du zum Ellcrys und sprichst mit ihm. Du wirst ihm sagen, wie du dich fühlst. Der Baum muss erfahren, dass du nicht bereit bist. Erzähl ihm, dass du in den Druidenorden eintreten willst. Dann versteht er vielleicht, dass es dir ernst ist.«

»Ich bin weggelaufen«, antwortete Arling. »Der Baum weiß längst Bescheid.«

»Er weiß, dass du Angst hast, aber den Rest weiß er nicht zwangsläufig. Außerdem willst du die Sache doch bestimmt nicht auf diese Weise hinter dir lassen. Du warst ihm eine gute und treue Dienerin, da wird er erwarten, dass du zurückkommst und ihm alles erklärst. Das bist du ihm schuldig, Arling. Und dir selbst. Geh und sprich noch einmal mit ihm.«