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In zehn oder zwanzig Jahren werden wir keine andere Wahl mehr haben: Wir werden die Sonne dimmen müssen. Aber das darf nicht die Sache einzelner Staaten oder Firmen sein
Die Menschheit schafft es nicht schnell genug, sich von den fossilen Energien zu lösen. Das Ziel des Pariser Abkommens, die Erderwärmung auf maximal 2 Grad Celsius zu begrenzen, ist kaum noch zu erreichen. Für Milliarden Menschen, besonders im globalen Süden, bedeutet das einen Überlebenskampf. Bald wird es nur die Wahl geben zwischen wachsendem Leid durch Klimafolgen – und solarem Geoengineering. Dabei wird die Erde durch Reflexion von Sonnenstrahlen in der Atmosphäre künstlich heruntergekühlt. Diese technische Zwischenlösung verschafft die nötige Zeit, um die Wirtschaft zu dekarbonisieren und genügend grüne Energie zu erzeugen, um der Atmosphäre das CO2 wieder zu entziehen, das zur Aufheizung geführt hat.
Der renommierte Wissenschaftsautor Thomas Ramge findet es höchste Zeit, Geoengineering zu erforschen, zu diskutieren und einen internationalen Plan für einen verantwortungsvollen Einsatz zu fassen, der verhindert, dass einzelne Staaten, Tech-Milliardäre oder Unternehmen einfach vorpreschen. Sein Buch bricht das Tabu um das künstliche Dimmen der Sonneneinstrahlung und hat das Ziel, eine konstruktive politische Debatte anzustoßen, wie der Übergang ins postfossile Zeitalter gelingen kann.
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Seitenzahl: 222
In zehn oder zwanzig Jahren werden wir keine andere Wahl mehr haben: Wir werden die Sonne dimmen müssen. Aber das darf nicht die Sache einzelner Staaten oder Firmen sein.
Die Menschheit schafft es nicht schnell genug, sich von den fossilen Energien zu lösen. Das Ziel des Pariser Abkommens, die Erderwärmung auf maximal zwei Grad Celsius zu begrenzen, ist kaum noch zu erreichen. Für Milliarden Menschen, besonders im Globalen Süden, bedeutet das einen Überlebenskampf. Bald wird es nur die Wahl geben zwischen wachsendem Leid durch Klimafolgen – und solarem Geoengineering. Dabei wird die Erde durch Reflexion von Sonnenstrahlen in der Stratosphäre künstlich heruntergekühlt. Diese technische Zwischenlösung verschafft die nötige Zeit, um die Wirtschaft zu dekarbonisieren und genügend grüne Energie zu erzeugen, die man braucht, um der Atmosphäre das CO2 wieder zu entziehen, das zur Aufheizung geführt hat.
Der renommierte Wissenschaftsautor Thomas Ramge findet es höchste Zeit, Geoengineering zu erforschen, zu diskutieren und einen internationalen Plan für einen verantwortungsvollen Einsatz zu fassen, der verhindert, dass einzelne Staaten, Tech-Milliardäre oder Unternehmen einfach vorpreschen. Sein Buch bricht das Tabu um das künstliche Dimmen der Sonneneinstrahlung und hat das Ziel, eine konstruktive politische Debatte anzustoßen, wie der Übergang ins postfossile Zeitalter gelingen kann.
www.penguin-verlag.de
Thomas Ramge
Wie GEOENGINEERING die Menschheit vor der Klimakatastrophe retten kann
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Copyright © 2024 Penguin Verlag in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München
Lektorat: Evelin Schultheiß, Kirchwalsede
Grafiken: Peter Palm, Berlin
Umschlaggestaltung: Büro Jorge Schmidt, München
Umschlagmotiv: © AdobeStock/Daria und Krit
Satz: satz-bau Leingärtner, Nabburg
ISBN 978-3-641-31807-9V001
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Für Moritz
1 Einstieg: Himmel und Schwefel
2 Klima: Warum wir die Sonne dimmen müssen
3 Technik: Der Werkzeugkasten der Geoingenieure
4 Forschung: Die Risiken und Nebenwirkungen
5 Recht: Vereinte Geoengineering-Nationen
6 Szenario: Eine Erzählung aus dem Jahr 2040
7 Politik: Geoengineering? Ja bitte!
Dank
Anmerkungen
Quellenverzeichnis
Über den Autor
Luke Iseman und Andrew Song stehen auf einem Parkplatz an der San Francisco Bay. Es ist ein sonniger Aprilmorgen, noch kühl, aber kaum Wind. Neben ihrem grauen Wohnmobil liegt eine große Heliumflasche auf dem Asphalt. Iseman führt den Schlauch von der Flasche an die Öffnung eines Wetterballons. Song dreht das Ventil auf, der weiße Ballon füllt sich langsam auf seinen Durchmesser von rund zwei Metern. Iseman hält ihn fest im Griff. Er löst den Schlauch, schließt die Ballonöffnung mit schwarzem Isolierband. »Wir sind definitiv keine Wissenschaftler«, sagt der Mittdreißiger mit dem Irokesenschnitt und lächelt verschmitzt in die Kamera des CBS-Fernsehteams. Dann lässt er los. Der Ballon steigt zunächst überraschend langsam, nimmt dann aber doch zügig Fahrt auf für seine Reise in die Stratosphäre. Die beiden Gründer des kalifornischen Start-ups »Make Sunsets« schauen zufrieden nach oben. Dem Helium ist Schwefeldioxid beigemischt. Wieder setzt Iseman sein Lächeln auf: »Die Menge Schwefel ist lächerlich wenig, aber ein Anfang.« Die Sache mit dem Anfang kennt man von kalifornischen Gründern, wenn sie die Welt verändern und dabei reich werden wollen.
Kennengelernt haben sich Luke Iseman und Andrew Song im Jahr 2015. Iseman arbeitete zu der Zeit als Direktor für Hardware-Start-ups der renommierten Start-up-Schmiede Y Combinator. Song stand als Marketingmanager in Diensten von Indiegogo, einer Plattform, auf der Erfinder Geld für ihre Projekte einsammeln. Gemeinsam haben sie 2022 dann selbst Investoren überzeugt, mehr als eine Million Dollar in ihre Idee zu investieren. In rund 20 Kilometern Höhe wird der Wetterballon platzen und das Schwefeldioxid freisetzen. Sie verdienen damit nicht nur Geld, sondern helfen auch dem Klima. So sehen das zumindest die Make-Sunsets-Entrepreneure. Die junge Firma macht ihren Kunden ein günstiges Angebot. Für zehn Dollar bringen sie mit Wetterballons ein Gramm Schwefeldioxid (SO2) in die Stratosphäre ein. Dort bildet das Schwefelgas in Verbindung mit kleinen Wassertröpfchen eine weiße Nebelschicht, die sich mindestens ein Jahr hält. Diese Schicht reflektiert Sonnenstrahlung zurück ins All, sodass weniger Sonnenenergie durchdringen kann, die die Erde aufheizt. Ein Gramm Schwefeldioxid in der Stratosphäre gleicht den Klimaschaden von einer Tonne Kohlendioxid aus, behauptet Make Sunsets. Auf der Unternehmenswebseite teilen Iseman und Song regelmäßig mit, wie viele Kilogramm SO2 sie aufsteigen lassen.[1] Skeptiker halten das Start-up für einen PR-Stunt. Viel zu gering sei die Schwefelmenge, um in der Stratosphäre eine Kühlwirkung zu entfalten. Immerhin, der PR-Effekt ist messbar. Über Medien in der gesamten Welt senden Iseman und Song ihre zentrale Botschaft: Der Planet Erde lässt sich vor dem Klimakollaps nur noch bewahren, wenn die Menschen so schnell und so effektiv wie möglich die Sonne dimmen. Klimaforscher und -schützer schlagen die Hände über dem Kopf zusammen.[2]
Seit rund 15 Jahren streitet die Forschungsgemeinde darüber, ob sogenanntes solares Geoengineering überhaupt näher erforscht werden soll. Der Weltklimarat IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) ignoriert das Thema konsequent, unter anderem, weil eine Reihe Länder, darunter Deutschland, eine Diskussion dazu blockieren. Die Mehrzahl der IPCC-Wissenschaftler und Klimaschützer möchte unbedingt den Eindruck vermeiden, es gäbe eine einfache, schnelle und günstige Lösung für den Treibhauseffekt. Und dann kommt ein kleines Start-up aus Kalifornien daher und macht ohne seriöse wissenschaftliche Begleitung aus Sonnenstrahlenmodifikation (Solar Radiation Modification, kurz SRM) ein fragwürdiges Geschäftsmodell. Make Sunsets zeigt vor allem, wie Geoengineering nicht ablaufen sollte. Aber manchmal braucht es wohl Tabubrüche, um festgefahrene Debatten aufzubrechen und der Politik neue Impulse zu geben. Die Klimadebatte hat einen solchen Impuls dringend nötig. Sie hängt in einer Dauer-Wiederholungsschleife in Parlamenten, internationalen Foren und Talkshows. Derweil steigen die Temperaturen immer weiter – die Emissionen ebenso. Solares Geoengineering wird die Diskussionen und Verhandlungen über Klimapolitik in den kommenden Jahren aufbrechen und in eine neue Richtung lenken. Und die Technologie wird sich spätestens im nächsten Jahrzehnt ihren Weg in die Welt bahnen – ob wir das wollen oder nicht.
Die Silicon-Valley-Ballons in der Stratosphäre sind eine Vorausdeutung auf die Klimawelt von morgen. Es ist keine Frage mehr, ob solares Geoengineering betrieben werden wird, sondern nur noch, wann, ob geplant und im Zusammenwirken wichtiger geopolitischer Akteure oder vogelfrei von wem auch immer. Die Sonne zu dimmen, ist billig. Man könnte auch sagen: zu billig. Die Erdtemperatur mit Schwefelaerosolen auf dem aktuellen Niveau zu halten, kostet voraussichtlich weniger als 20 Milliarden US-Dollar jährlich. Damit ließen sich kurzfristig Hunderte Milliarden an Klimafolgekosten einsparen, mittelfristig vermutlich Billionen. Staaten oder auch kleine Staatsgemeinschaften aus dem Globalen Süden, die besonders stark unter dem Klimawandel leiden, wären in der Lage, die Sonne zu dimmen. Ein Technik-fanatischer Tycoon mit einem Persönlichkeitsprofil eines Elon Musk könnte sich dazu berufen fühlen, das Thermostat der Erde herunterzuregeln. Auch eine radikale Non-Profit-Organisation mit vielen Unterstützern im Hintergrund könnte ankündigen: Das Leid durch Klimafolgen ist zu groß. Solare Strahlenmodifikation mag keine perfekte Lösung sein, ist aber besser als gar keine. Wir machen das jetzt. Und irgendein Land ließe sich schon finden, das die Starterlaubnis für Ballons oder Flugzeuge gibt. Vorstellbar ist auch ein weltweites Geoengineering-Chaos. Unterschiedliche Akteure säen Wolken und dimmen die Sonne, unkoordiniert und mit unterschiedlichen Methoden auf mehreren Kontinenten.
Die DARPA, der Forschungsarm des US-amerikanischen Militärs, hat 2022 ein Programm zur Aufdeckung von sogenanntem »rogue geoengineering« aufgesetzt.[3] Die USA möchten offenkundig wissen, wenn irgendwo auf der Welt jemand mit dem Klima herumspielt. Wie werden die USA reagieren, wenn Indien im Jahr 2035 nach mehreren Hitzewellen mit Millionen Hitzetoten den Versuch unternimmt, in Südasien die Temperatur zu senken und die Niederschläge zu erhöhen? Und wie könnte die chinesische Regierung auf einen solchen Eingriff reagieren, wenn dieser im Süden Chinas zu noch mehr Hitze- und Dürreperioden führt? Alleingänge im Geoengineering werden geopolitische Konflikte erzeugen. Umgekehrt gilt: Alle Menschen weltweit haben ein gemeinsames Interesse daran, den Klimakollaps zu vermeiden. Klimaschutz ist eines der wenigen Politikfelder, in denen die unterschiedlichen Lager der neuen, multipolaren Weltordnung noch kooperieren. In einem optimistischen Szenario könnte ein neuer Entscheidungsmechanismus für solares Geoengineering wieder zu mehr internationaler Zusammenarbeit führen. Zugegeben, das ist nur ein Hoffnungswert.
Wissenschaftlich gesichert hingegen ist: Im Unterschied zu allen anderen Klimaschutzmaßnahmen wirkt solare Strahlenmodifikation schnell. Die beste Indikation hierfür geben große Vulkanausbrüche wie der von 1991 in Indonesien, durch den im Folgejahr die weltweite Durchschnittstemperatur um rund 0,5 Grad sank. Den Himmel künstlich mit Schwefel zu verdunkeln, ist schon heute verlockend. Denn wir leben bereits in einer Welt mit rund 1,5 Grad Erwärmung über den vorindustriellen Durchschnittstemperaturen. Doch wie attraktiv wird das Dimmen der Sonne sein, wenn auch die obere Marke des Pariser Abkommens von »deutlich unter zwei Grad« endgültig Geschichte ist und das Erdsystem auf eine Erwärmung von drei Grad zusteuert? Denn dann drohen die sogenannten Kippelemente im Klimasystem wie Dominosteine zu fallen: Erst schmelzen große Teile des (dann nicht mehr) »ewigen Eises« an den Polen. Dann tauen die Permafrostböden des hohen Nordens auf und lassen Unmengen weiterer Klimagase frei. Was passiert, wenn die Monsune ausbleiben und die Hurrikane sich dramatisch häufen? Und was geschieht, wenn die Atlantische Meridionale Umwälzströmung (AMOC) und mit ihr der Golfstrom zusammenbrechen, wie eine viel beachtete niederländische Studie vom Frühjahr 2024 befürchtet?[4] Welche politischen Mechanismen setzen sich in Gang, wenn Inselstaaten im Meer versunken sind und Bangladesch zu weiten Teilen überflutet ist? Wenn Teile Zentralafrikas und Südasiens unbewohnbar werden und der Migrationsdruck auf die nördliche Hemisphäre stetig zunimmt? Wenn die Anzahl der Todesopfer durch Flutschäden immer weiter steigt und die Nahrungsmittelsicherheit im Globalen Süden noch weiter sinkt? Vielleicht beginnt ja dann das »Climate Endgame«, der Überlebenskampf der Menschheit, den der Risikoforscher Luke Kemp vom Center for the Study of Existential Risk an der University of Cambridge befürchtet.[5]
Dieses Horrorszenario ist leider kein pessimistisches Gedankenspiel für Freunde dystopischer Romane. Mit Fortführung der aktuellen Klimapolitik des Pariser Abkommens wird sich die Erde bis Ende des Jahrhunderts voraussichtlich um 2,5 bis 2,9 Grad erwärmen.[6] Das setzt allerdings voraus, dass es zu keinen Rückschlägen bei der Dekarbonisierung kommt, zum Beispiel durch populistische Regierungen, die aus dem Abkommen wieder austreten. Laut dem Emissions Gap Report des UNEP müssten die Klimagasemissionen in den kommenden fünf Jahren um mindestens 28 Prozent sinken, um die Chance zu wahren, die Klimaerwärmung zumindest auf zwei Grad zu begrenzen.[7] Vielleicht geschieht ein Wunder, und die großen Staaten der Welt raufen und reißen sich doch noch zusammen und reduzieren den CO2-Ausstoß schneller und radikaler als angekündigt. Doch wie wahrscheinlich ist das? 2023 war ein Jahr mit einem doppeltem Negativrekord. Es war das heißeste Jahr seit rund 120 000 Jahren.[8] Dennoch hat die Menschheit mehr fossile Energieträger verbrannt als je zuvor. Alle Verantwortlichen der Klimapolitik wissen das natürlich. Aber nahezu alle tun so, als ob die Pariser Klimaziele weiter erreichbar sind, wenn die Menschheit bei der Dekarbonisierung nur mal ordentlich in die Hände spuckt. Europa gefällt sich hier in der Rolle des Vorreiters bei notorischer Überschätzung seines Beitrags zum globalen Klimaschutz. Ist dieser demonstrative Zweckoptimismus seltsam naiv oder zynisch-defätistisch? Oder ist er schlicht und einfach dumm und verantwortungslos gegenüber kommenden Generationen?
Im kommenden Jahrzehnt wird die Forderung nach solarem Geoengineering in vielen Ländern der Erde politischer Mainstream sein. Früher oder später wird dann eine Regierung, eine Staatenkoalition oder ein nicht staatlicher Akteur vorpreschen und die Stratosphäre vernebeln. Es ist deshalb höchste Zeit, dass Wissenschaft und Öffentlichkeit, Politik und internationale Klimagremien systematisch die drei zentralen Fragen des solaren Geoengineering klären:
Mit welchen technischen Ansätzen ließe sich die Sonne effektiv und sicher dimmen?Mit welchen Risiken und Nebenwirkungen wäre solares Geoengineering verbunden? Besonders wichtig in diesem Zusammenhang sind nicht nur die geophysikalischen Unsicherheiten, sondern vor allem die politischen und gesellschaftlichen.Wie kann sich die (überwiegende Mehrheit der) Menschheit auf einen effektiven Entscheidungsmechanismus für oder gegen einen Einsatz einigen, und welchen Rechtsrahmen braucht es dafür?Dieses Buch gibt erste Antworten auf diese Fragen. Es wird für diese Antworten kritisiert werden. Ich werde mich dem Vorwurf aussetzen, mich für eine größenwahnsinnige Scheinlösung starkzumachen, die aktuelle Klimapolitik untergräbt. Ich freue mich auf die Auseinandersetzungen, sofern sie mit und auf Grundlage von natur-, sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Argumenten ausgetragen werden. Im Vorgriff auf die Diskussionen bitte ich darum, folgenden Hinweis zu beachten, der auf jede Packungsbeilage für solares Geoengineering gehört:
Die Sonne zu dimmen, ist das Methadonprogramm einer CO2-süchtigen Menschheit: Es ist billig und wirkt schnell, bietet aber leider keine langfristige Lösung. Es behebt die Ursachen des Klimawandels nicht. Stattdessen drohen in der Tat eine Reihe negativer Rebound-Effekte. Es wäre großartig, wenn die Menschheit auf solares Geoengineering verzichten könnte und den Klimawandel in den Griff bekäme, bevor die Welt aus den Fugen gerät. Nur daran glaube ich nicht mehr. In einem realistischen Szenario kann eine Abschattung der Erde uns in einer Übergangszeit helfen, endgültig vom Kohlenstoff loszukommen, und zugleich die schlimmen Klimafolgen in der Phase des Entzugs abmildern. Nicht mehr und nicht weniger. Langfristig müssen wir Carbon-Junkies unsere Sucht besiegen. Wie kann dieser Balanceakt gelingen?
Die Injektion von Aerosolen in hohe Luftschichten (die sogenannte Stratospheric Aerosol Injection, kurz SAI) scheint aus heutiger Sicht der technisch vielversprechendste Ansatz zu sein. Doch es ließen sich auch mehr Wolken über dem Meer künstlich bilden oder sogenannte Cirruswolken großflächig auflösen. Damit könnte wieder mehr Wärme aus dem Treibhaus Erde entweichen, denn die Zirren behindern die Wärmeabstrahlung zurück ins All. Auch Sonnensegel im Weltraum sind theoretisch denkbar, mit denen sich die Sonneneinstrahlung nach Bedarf reduzieren ließe, möglicherweise sogar regional differenziert. Vielleicht könnte man die Erde gar mit Mondstaub einnebeln.
Das größte Risiko des solaren Geoengineering liegt nicht in der Technik, sondern im menschlichen Makel, nämlich unserer Fähigkeit zur Selbsttäuschung und unserem Hang zu bequemen Ausreden. Im Kontext solares Geoengineering lautet die bequeme Ausrede: Wir haben eine technische Lösung, also müssen wir unser Verhalten nicht ändern. So argumentierte Newt Gingrich als ehemaliger Chef der Republikaner im US-Repräsentantenhaus schon in den 2000er Jahren und wurde dafür mit freundlichem Applaus der amerikanischen Öl- und Gasindustrie bedacht.[9] Klimaökonomen nennen diese Gefahr den »moral hazard of geoengineering«. Aus spieltheoretischer Sicht ist hier eine gesteigerte Form des Trittbrettfahrereffekts gegeben. Akteure könnten, ohne daran beteiligt zu sein, von Geoengineering profitieren und dabei gleichzeitig weiter CO2 produzieren, ohne die Konsequenzen ihres schädlichen Verhaltens am eigenen Leib zu spüren. Die Sonne als Übergangsmaßnahme zu dimmen, ergibt nur Sinn, wenn alle (wichtigen) Beteiligten verstehen, dass eine Zwischenlösung keine Lösung ist, sondern ein Ansporn, die gewonnene Zeit zu nutzen, um mit aller Kraft eine tatsächliche Lösung zu erreichen.[10] Bei einem leckgeschlagenen Boot reicht es nicht aus, das Loch notdürftig zu stopfen, wenn man mit diesem noch um die Welt segeln möchte.
Aus Dilemmata gibt es keine Auswege, zumindest keine konventionellen. Eine pragmatische Lösung zur Minderung des »moral hazard« könnte wie folgt aussehen: So viele Akteure wie möglich verpflichten sich in einem internationalen Abkommen darauf, Geoengineering ausschließlich als Möglichkeit zu verstehen und einzusetzen, um mehr Zeit für den Prozess der Dekarbonisierung zu gewinnen. Sie einigen sich auf eine Begrenzung des technischen Eingriffs auf beispielsweise zwei Grad Erwärmung (sogenanntes »Peak Shaving«) oder auf ein dynamisches Absenken der zusätzlichen Erwärmung um 50 Prozent. Gleichzeitig verpflichten sich die »Vereinten Geoengineering-Nationen« darauf, die grünen Energien schneller und konsequenter auszubauen – was 2040, wenn die grüne Energie nahezu überall auf der Welt billiger sein wird als die fossile, leichterfallen wird als heute. Im Idealfall ist Energie dann »too cheap to meter«, also so günstig, dass es sich gar nicht mehr lohnt, sie abzurechnen. Dies ist keine technische Utopie, sondern bereits heute in sonnenreichen Regionen möglich. Die großen Solarkraftwerke der arabischen Halbinsel produzieren die Kilowattstunde Strom für rund einen Cent. Da lohnt der Stromzähler nicht mehr.[11] Mit einem Überfluss an grüner Energie wiederum entsteht die Chance, den CO2-Anteil in der Atmosphäre mit energiehungrigen Extraktionsverfahren, dem sogenannten »Carbon Dioxide Removal« (CDR), schrittweise abzusenken – mindestens auf das heutige Niveau von 420 ppm (parts per million). Innerhalb mehrerer Jahrzehnte könnte die Kohlendioxidkonzentration vielleicht wieder auf ihr vorindustrielles Niveau von rund 270 ppm abgesenkt werden. Damit wäre die frühere Balance von Energieeintrag durch Sonnenlicht und Abstrahlen von Wärme aus der Atmosphäre ins All (durch Infrarotwellen) wieder hergestellt.
Meine Schlussfolgerung lautet: Es ist wahrscheinlich, dass die Menschheit, gemessen am aktuellen Entwicklungspfad, bald in einer Welt mit mehr als zwei Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau leben wird. Dass unsere Kinder und Enkel mit drei Grad Erwärmung werden leben müssen, ist ein trauriges, aber plausibles Szenario. Je schlimmer die Klimafolgen und je größer das daraus entstehende Leid, desto höher wird die Wahrscheinlichkeit eines erratischen, unkontrollierten Einsatzes von solarem Geoengineering. Die Klimaverantwortlichen in Politik und die Klimakundigen in der Wissenschaft müssen das wohlgemeinte Schweigegelübde zu einer mächtigen Technologie brechen, auch wenn oder gerade weil sie wie alle mächtigen Technologien ein zweischneidiges Schwert ist. Ob sie mehr nützt als schadet, hängt davon ab, wer sie wie und mit welchem Ziel einsetzt. Solares Geoengineering wird vermutlich schon im nächsten Jahrzehnt systematisch betrieben werden und nicht als PR-Stunt von einem Start-up wie Make Sunsets. Ziel muss es sein, die Sonne wissenschaftlich kompetent und politisch verantwortlich zu dimmen. Solares Geoengineering ist nicht zu schön, um wahr zu sein. Die Methode ist nicht schön. Aber wahr ist: Die Menschheit kann sich mit ihr die notwendige Zeit erkaufen, den Übergang in eine postfossile Welt zu gestalten.
Der Begriff »Kühlgrenztemperatur« klingt sehr technisch. Physikalisch beschreibt er die tiefste Temperatur, die sich bei einer bestimmten Luftfeuchtigkeit durch Verdunstung erreichen lässt. Biologisch, für uns Menschen, ist der Wert wichtiger als die bloße Lufttemperatur. Er ist eine Frage des Überlebens. Mit 38 Grad Celsius bei trockener Luft kommt unser Körper deutlich besser zurecht als mit 30 Grad bei sehr hoher Luftfeuchtigkeit. Solange geringe Luftfeuchtigkeit herrscht, hilft die Physik unserer Biologie. Bei Hitze schwitzen wir und gehen in den Schatten, wir hoffen auf kühlenden Wind oder machen einen Ventilator an. Die Verdunstung des Schweißes senkt die Körpertemperatur erheblich. Die Kühlgrenztemperatur lässt sich mit einem klassischen Thermometer und einem feuchten Tuch messen. Das Tuch wird um die Glaskugel am unteren Ende des Thermometers gewickelt. Bei 100 Prozent Luftfeuchtigkeit sind Lufttemperatur und Kühlgrenztemperatur gleich. Je trockener die Luft, desto tiefer sinkt die Temperatur dank der Verdunstungsmöglichkeit. Bei 30 Prozent relativer Luftfeuchte und 45 Grad Lufttemperatur beträgt die Kühlgrenztemperatur »nur« 28 Grad, bei 90 Prozent Wasserdampf sind es dagegen rund 43 Grad.
Wir unterschätzen den Effekt in aller Regel. Schwitzen empfinden wir als unangenehm. Im Radio hören wir den Wert der Lufttemperatur, und auf den sind wir geeicht. Das wird sich in Zukunft ändern. Denn die Kühlgrenztemperatur – im Englischen nach der klassischen Messmethode »wet-bulb temperature« genannt – wird in Zukunft öfter über unser gesundheitliches Wohlbefinden entscheiden. Für Millionen Menschen wird sie die wichtigste Kenngröße für eine Entscheidung über Klimaflucht oder drohenden Hitzetod bedeuten. Das ist leider keine Panikmache, sondern, biologisch und klimawissenschaftlich betrachtet, eine relativ einfache Rechnung. Die Wissenschaft nennt dies den »Wet-Bulb-Effekt«.
Ein gesunder Erwachsener kann bei einer Wet-Bulb-Temperatur von 35 Grad im Schatten – also Lufttemperatur minus Verdunstungskälte – nur sechs Stunden überleben. Denn dann kann die Haut kaum noch Wärme in die Luft abgeben, egal wie stark man schwitzt. Das Herz pumpt immer stärker Blut durch den Körper, über das an der Haut Wärme abgegeben werden soll, was die Feuchttemperatur aber unmöglich macht. Mehr zu trinken, nützt auch nichts mehr, der Körper dehydriert dennoch. Die Temperaturen im Körperinneren steigen schließlich auf tödliche 42 bis 43 Grad.[12] In der Vergangenheit wurde die Schwelle von 35 Grad Kühlgrenztemperatur nur sehr selten erreicht, und wenn, dann meist an sehr dünn besiedelten Orten wie dem indisch-pakistanischen Grenzgebiet, am Persischen Golf und am Golf von Mexiko. Nicht immer registrieren Meteorologen Wet-Bulb-Extremwetter, dennoch ist nach Berechnungen des Klimawissenschaftlers Colin Raymond gesichert: In den letzten vier Jahrzehnten ist die Kühlgrenztemperatur mehr als dreimal so oft an den tödlichen Schwellenwert herangerückt wie in den vier Jahrzehnten davor.[13] Das ist kein Wetterzufall, sondern folgt einem ebenfalls recht einfach zu verstehenden physikalischen Prinzip.
Warme Luft kann mehr Wasserdampf aufnehmen als kältere. Zwar bringt die Klimaerwärmung auch stärkere und länger anhaltende Dürren hervor. Aber in heißen und feuchten Regionen bekommt der Wet-Bulb-Effekt wegen der höheren relativen Luftfeuchtigkeit bei steigenden Temperaturen gleich einen doppelten Turbo zugeschaltet. Das britische Met Office hat die Klimafolgen in Szenarien bei starker Erwärmung modelliert: Bei einer Erwärmung von weltweit durchschnittlich zwei Grad werden in großen Teilen des indischen Subkontinents regelmäßig tödliche Wet-Bulb-Temperaturen herrschen. Ab einer Erwärmung von weltweit mehr als 2,5 Grad wird dies voraussichtlich für die gesamten Tropen gelten, in einigen Regionen vielleicht sogar über mehrere Monate im Jahr.[14] Auch in den südlichen Bundesstaaten der USA wird die gefährliche Grenze regelmäßig erreicht werden, ebenso in Ostchina und Brasilien.
Der Klimaroman Das Ministerium für die Zukunft des US-amerikanischen Autors Kim Stanley Robinson beginnt mit einer grausamen Szene. Geschrieben hat Robinson die Geschichte in den Jahren nach dem Pariser Klimaabkommen von 2015. Veröffentlicht wurde sie 2020. Sie spielt in sehr naher Zukunft, im Jahr 2025. Im indischen Bundesstaat Utter Bushar kommt es zum Wet-Bulb-Extremwetter. Das Stromnetz bricht unter der Last der Klimaanlagen zusammen. Einige Bewohner eines Dorfes flüchten zunächst in die wenigen Häuser, bei denen noch Dieselnotstromaggregate laufen. Die Mehrzahl versucht, sich im örtlichen See abzukühlen. Als die Wassertemperaturen ebenfalls über 35 Grad steigen, sterben sie allesamt den Hitzetod. Am Ende kostet die Hitzewelle in der Region 20 Millionen Menschen das Leben. Ich verrate an der Stelle nicht, wer überlebt. Das Ministerium für die Zukunft ist spannend bis zur letzten Seite.
Dystopische Literatur spielt Horrorszenarien durch. Je plausibler und, bei aller fiktionalen Überspitzung, vorstellbarer sie sind, desto stärker ihre Wirkung. Die Geschichte von Robinson gründet auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Die gängigen Klimamodelle sagen, bezogen auf den Anstieg der Grenzkühlungstemperaturen, mit hoher Sicherheit voraus: Viele feuchtheiße Regionen werden ab Mitte dieses Jahrhunderts nur noch mit radikalen Anpassungsmaßnahmen bewohnbar bleiben. Klimaanlagen für alle sind dann der Mindeststandard. Vor die Tür zu gehen, ist für Menschen nur noch kurzzeitig möglich – oder mit Kühlanzügen.
Wie sähe eine Welt mit drei Grad Celsius (5,4 Grad Fahrenheit) Erwärmung zum Ende dieses Jahrhunderts aus? Genau können wir es nicht wissen. Zukunftsprognosen bauen auf eine lineare Fortschreibung vergangener Entwicklungen auf. Der Klimawandel und seine Wirkung auf das Erdsystem erweisen sich in vieler Hinsicht als genau nicht geradlinig. Je höher die Temperaturen klettern, desto unberechenbarer die Auswirkungen. Alle Anzeichen heute deuten darauf hin, dass sich die negativen Folgen nicht »nur« linear verstärken, also drei Grad Erwärmung doppelt so viel Schäden anrichten wird wie die bisherigen 1,5 Grad. Sie werden ein Vielfaches an finanziellen Kosten und menschlichem Leid verursachen. Bis in welche Dimensionen das reicht, können wir allenfalls erahnen. Denn die Wissenschaft hat nur eine ungenaue Vorstellung, welche sich verstärkenden Wechselwirkungen fortschreitende Erwärmung auslösen wird und wann welche Kipppunkte im Klimasystem erreicht werden könnten. Doch wenn nur eines der wichtigen Klimaelemente wie zum Beispiel das Eis an den Polen kippt, wird dies (mit hoher Wahrscheinlichkeit) Kaskaden gefährlicher Folgeeffekte auslösen. Die unbekannten Unbekannten im komplexen Klimasystem kennt die Wissenschaft per Definition nicht. Aber ein plausibles Szenario auf Grundlage von wissenschaftlich gesicherten Annahmen für eine Welt mit drei Grad plus sieht in etwa so aus:
Drei Grad plus sind ein Durchschnittswert. Die Temperaturen über den Ozeanen steigen langsamer als auf den Kontinenten. In vielen Regionen, darunter Kontinentaleuropa, Zentralasien und das Innere Nordamerikas, wird die Erhöhung eher bei vier oder fünf Grad liegen. Grundsätzlich gilt das Muster: Wo es heißer ist, wird es heißer, wo trocken trockener, wo es oft regnet, regnet es öfter und heftiger.
Das bedeutet viele extreme Hitzewellen und Dürrezeiten in jenen Gebieten, die bereits heute dafür anfällig sind. Dazu zählen unter anderem Kalifornien, der mittlere Westen und Zentralamerika, der nördliche Teil Afrikas, Süd- und Osteuropa, natürlich der Nahe und Mittlere Osten, große Teile Zentralasiens, Südchina und Australien. Waldbrände werden nicht nur die Hitze verstärken, sondern die Luft stark belasten. Rationierung von Trinkwasser wird auch in reichen Ländern immer wieder zum lokalpolitischen Alltag gehören. Rund ein Viertel der Weltbevölkerung wird mindestens einen Monat im Jahr in extremer Dürre leben müssen.
Abhängig vom Erfolg durch Anpassungsmaßnahmen werden jährlich viele Menschen an den Folgen von Hitzestress verfrüht sterben. Kinder und alte Menschen sind besonders gefährdet und dies vor allem in den Städten, wo die Hitze sich tagsüber extrem staut und auch nachts weniger Abkühlung erreicht wird als in ländlichen Regionen. Moskitos werden aus südlichen Gefilden nach Norden wandern und Krankheiten übertragen (auf der südlichen Erdhalbkugel wandern sie von Norden nach Süden). Ernteausfälle werden Armut und Hunger verstärken, insbesondere in jenen Ländern, in denen Landwirtschaft einen hohen Anteil am Bruttosozialprodukt hat. Trotz Hitze und Dürre werden auch die trockenen Regionen zunehmend mit Schäden durch Starkregen zu kämpfen haben, da warme Luft, wie oben beschrieben, mehr Wasser speichern kann und sich dann öfter stoßartig entlädt.
Entlang des Äquators werden Zyklone, Hurrikane und Flutkatastrophen sich ganzjährig häufiger und heftiger einstellen, mit den bereits heute bekannten Folgen für Verkehrsinfrastruktur, Stromnetze, Wasserversorgung und Abwasser. Ebenfalls deutlich steigt die Wahrscheinlichkeit von sogenannten »compounding disasters«, also Sturm-, Flut- und Hitzekatastrophen in kurzer zeitlicher Folge, die das Leid der betroffenen Menschen potenzieren werden. Ein Zyklon zerstört die Stromleitungen. Es folgt eine Hitzewelle, womöglich mit Werten nahe den Wet-Bulb-Temperaturen. Mit Glück haben die Menschen bis dahin resilientere Infrastrukturen und robustere Häuser gebaut, und vielleicht verfügen in feuchtheißen Gegenden auch die meisten Bewohner über Notstromaggregatoren für Klimaanlagen. Aber ist das wahrscheinlich? Es ist abzusehen, dass sich in einer Welt mit drei Grad plus niemand mehr gegen Elementarschäden versichern kann. Das Geschäftsmodell der Risikoversicherung wird sich mathematisch überholt haben.
Aus heutiger Sicht wissenschaftlich gesichert ist: In einer Welt mit drei Grad Erwärmung werden deutlich weniger Tier- und Pflanzenarten leben als heute. Wie viele ausgestorben sein werden, hängt auch davon ab, wie schnell sich die Temperaturen erhöhen und die Wettermuster der letzten 10 000 Jahre verändern. Je schneller die Erwärmung voranschreitet, desto weniger Arten wird es gelingen, in höher gelegene oder kühlere Lebensräume auszuweichen. Bereits heute wandern Meeresfische in kältere Gewässer in Richtung Polkappen ab. Nach Studien der Universität Bielefeld erhöht sich das Aussterberisiko einer Tierart bei der aktuellen Erwärmungstendenz bis zum Ende des Jahrhunderts um rund 25 Prozent – wohlgemerkt auf ohnehin höchstem Stand des Artensterbens seit dem Aussterben der Dinosaurier.[15] Einer Studie des WWF zufolge ist zu befürchten, dass in besonders artenreichen Ökosystemen wie dem Amazonas oder den Galapagosinseln bereits bei zwei Grad Erwärmung ein Viertel der Arten bedroht ist.[16]