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Schicksalsnacht in New York Er?! Noch ehe Emma dem attraktiven Chase Larson vorgestellt wird, schlägt ihr Herz schneller. Von allen Männern der Welt hätte sie ihn auf dem Geschäftsempfang am wenigsten erwartet. Doch fraglos: Der Millionär ist der aufregende Fremde, der sie so leidenschaftlich, so sinnlich verwöhnte - bei ihrem One-Night-Stand in New York, den sie ein für alle Mal vergessen muss! Denn einer wie Chase wird ihr nur das Herz brechen, davon ist Emma fest überzeugt. Und dennoch hat das Schicksal andere Pläne und hält für sei beide ein süßes Geheimnis bereit … Lass es endlich Liebe sein! Er sieht so verdammt gut aus - das Blau seiner Augen ist sogar noch intensiver geworden! Als Sarah ihre alte Highschool-Liebe wiedersieht, spürt sie sofort Schmetterlinge in ihrem Bauch. Rafe ist immer noch ihr Traummann - auch wenn er sie damals ohne ein Wort verlassen hat. Kaum ist er als reicher Mann nach Vista del Mar zurückgekehrt, träumt sie schon wieder von seinen heißen Küssen! Doch auch wenn er ihr süße Liebesschwüre ins Ohr flüstert: Sie ahnt, dass Rafe einen finsteren Plan schmiedet. Einen Plan, in dem ihre Gefühle so wie damals keine Rolle spielen … Ein Star zum Verlieben? Wenn er sie nur ansieht, rieseln ihr warme Schauer den Rücken hinunter. Dabei gehört Ward Miller zu genau der Sorte Mann, derentwegen Ana Rodriguez Hollywood verlassen hat: Der berühmte Musiker ist selbstverliebt wie alle Stars! Aber für die Stiftungsarbeit braucht sie seine Hilfe. Und je länger Ana ihn kennt, desto häufiger fragt sie sich, ob hinter der Prominentenfassade doch ein Herz steckt. Womöglich schlägt es sogar im gleichen Takt wie ihres? Als Ward sie sanft an sich zieht, fühlt sich Ana wie Cinderella - und will lieber nicht an den nächsten Morgen denken … Die geheimen Küsse des Millionärs Der Millionär Brandon ist unglaublich von der leidenschaftlichen Medien-Managerin Paige fasziniert. Doch um deren Boss als Betrüger zu entlarven, spielt er den mittellosen Cowboy – und Paige ahnt nichts von seiner wahren Identität … Bei Wiedersehen Liebe? Als PR-Manager ist Max Preston für den guten Ruf der Firma verantwortlich - den seine Ex mit ihren Zeitungsartikeln torpediert. Max ahnt, wen Gillian damit in Wahrheit treffen will: ihn. Das muss endlich aufhören! Wütend fährt er zu ihr - zum ersten Mal seit über drei Jahren. Ob ihre grünen Augen wieder herausfordernd funkeln? Ob sie immer noch so verführerisch sanfte Rundungen … Oh ja! Als er vor der sexy Reporterin steht, knistert es gefährlich. Doch im nächsten Moment ist Max wie vor den Kopf geschlagen. Denn Gillian stellt ihm seinen Sohn vor! Was hat sie vor? Wie verführt man seinen Verlobten? Er ist so attraktiv, seine Lippen zum Küssen geschaffen … Reiß dich zusammen, ruft sich Margaret zur Ordnung. Schließlich ist er dein neuer Chef! Doch immer wieder muss sie an den Kuss auf dem Kostümfest denken, den William Tanner ihr geschenkt hat, ohne sie hinter ihrer Maske zu erkennen … Als er sie jetzt plötzlich bittet, seine Verlobte zu spielen, ist Margaret jedoch hellwach. Was will der reiche Finanzier mit einer grauen Maus wie ihr? Trotz aller Zweifel stimmt Margaret zu. Vielleicht kann sie William zu einem Kuss verführen. Dann soll es nicht bei einem bleiben …
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Seitenzahl: 1219
Day Leclaire, Catherine Mann, Emily Mckay, Michelle Celmer, Sandra Hyatt, Yvonne Lindsay
Die Übernahme - Ein Millionär kehrt zu seinen Wurzeln zurück (6teilige Serie)
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Originaltitel: „Claimed: The Pregnant Heiress“
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Übersetzung: Ute Augstein
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Schicksalsnacht in New York
1. KAPITEL
Er hätte nie damit gerechnet, sie wiederzusehen.
Chase stand im Schatten des Säulenganges vor dem Bankettsaal des Vista del Mar Beach- und Tennis-Clubs. Der Saal war von prächtig gekleideten Gästen bevölkert, die nicht minder prunkvollen Schmuck zur Schau trugen. Und inmitten dieser funkelnden Pracht stand Emma, die Frau, die Chase eine unglaubliche Nacht lang verführt, geliebt und dann verloren hatte.
Im Hintergrund waren Musik, Stimmengewirr sowie verhaltenes Lachen zu hören. Anlass dieser Cocktailparty war der bevorstehende Verkauf von Worth Industries an Rafe Cameron, der nicht nur Chases Stiefbruder, sondern auch sein bester Freund war. Doch obwohl alle fröhlich wirkten und sich glänzend amüsierten, war etwas von der unterschwelligen Anspannung zu spüren, die diesen Deal von Anfang an begleitet hatte. Chase als Finanzberater seines Bruders war maßgeblich an den Verkaufshandlungen beteiligt gewesen und wusste, dass der heutige Abend den Beginn einer harten Zeit einläutete.
Er beobachtete Emma, während er an einem Whiskey nippte, der sanft seiner Kehle schmeichelte. Er fühlte sich fast so an wie Emmas Haut – die Emma an diesem Abend übrigens großzügig zur Schau stellte. Das perlgraue Abendkleid, das einer griechischen Göttin gut gestanden hätte, betonte reizende Kurven, die Chase nur zu gern wieder enthüllt hätte. Eine Schulter war entblößt, über die andere waren zarte Seidenbahnen drapiert, die über Emmas Brust reichten. In Hüfthöhe waren sie zu einem raffinierten Knoten zusammengefasst, dessen filigrane Enden Emmas Knie umschmeichelten. Dazu trug sie Riemchensandaletten, und das hellblonde Haar hatte sie zu einem eleganten Haarknoten frisiert.
Nachdenklich betrachtete Chase sie. Was mochte der Grund für ihre Anwesenheit sein? Entweder gehörte sie wie die meisten anderen Gäste zu einer der beiden am Verkauf beteiligten Firmen – oder sie war in Begleitung eines Mannes da, dessen Name auf der Gästeliste stand.
Vielleicht sollte er hinübergehen und es herausfinden. Bei der Gelegenheit konnte er sie auch gleich fragen, warum sie ihn damals so sang- und klanglos verlassen hatte. Er hatte ganz New York City nach der geheimnisvollen Emma ohne Nachnamen abgesucht. Vergebens. Bevor Chase seinen Plan allerdings in die Tat umsetzen konnte, gesellte sich Ronald Worth – der gegenwärtige Inhaber von Worth Industries – zu Emma und legte ihr besitzergreifend eine Hand auf die nackte Schulter.
Chase versteifte sich. Das war doch nicht möglich. Sie war doch nicht etwa das Betthäschen von Rafes Erzfeind? Teilte sie etwa das Bett mit diesem über sechzigjährigen Kerl? Wie um Chases Befürchtungen zu bestätigen, küsste Emma Ron zärtlich auf die Wange, nachdem er ihr etwas zugeflüstert hatte.
„Vergiss es“, sagte Rafe plötzlich, und Chase drehte sich zu seinem Bruder um, der sich unbemerkt von hinten genähert hatte.
„Was?“
„Wen. Die Prinzessin. Ich habe gesehen, wie du sie anstarrst. Vergiss sie bloß wieder. Sie ist ein männerverschlingender Vamp.“
Chase schwieg, damit sein Stiefbruder ihm die Verärgerung nicht anmerkte. „Kennst du sie denn?“, fragte er schließlich.
„Emma Worth, besser auch bekannt als Ausgeburt der Hölle.“
Erleichtert hob Chase eine Augenbraue. Das bedeutete also, dass sie nicht Ronald Worths Geliebte, sondern seine Tochter war. „Dann spielt also Worth die Rolle des Teufels?“
Rafes Lächeln entbehrte jeglichen Humors. „Was soll ich dazu sagen? Die Rolle ist ihm einfach auf den Leib geschrieben.“
„Und seine Tochter? Was weißt du über sie?“ Und um nicht zu sehr persönlich interessiert zu wirken, fügte er hinzu: „Ist sie für den Deal von Bedeutung?“
„Das will ich ihr nicht geraten haben, sonst bekommt sie es mit mir zu tun“, erklärte Rafe ungnädig. „Allerdings glaube ich nicht, dass sie uns in die Quere kommt. Sie ist ziemlich oberflächlich und vergnügungssüchtig – reines Dekorationsmaterial.“
„Ein Party-Girl?“
Rafe zögerte. „Nicht ganz so extrem, würde ich sagen. Zumindest taucht sie nicht ständig in der Regenbogenpresse auf. Sie feiert wohl lieber privat.“
Erneut wandte Chase sich um, um Emma eingehend zu betrachten, während er sich die Neuigkeiten durch den Kopf gehen ließ. Ein Party-Girl, das die Öffentlichkeit mied. Das passte zu seinen Erfahrungen. Allerdings hatte er noch keine Rückschlüsse gezogen, als er mit ihr zusammen gewesen war. Eigentlich war sie ihm auch gar nicht oberflächlich vorgekommen. Doch wenn man bedachte, dass sie lediglich eine Nacht miteinander verbracht hatten, konnte er nicht behaupten, viel über sie zu wissen.
Dank Rafe hatte er jetzt wenigstens eine Erklärung für ihr plötzliches Verschwinden. Für Emma schienen One-Night-Stands so normal wie für andere Frauen ein Einkauf im Supermarkt zu sein. Doch ließ Chase sich nicht gern zum Narren halten – das hatte er auf die harte Tour gelernt.
Im Alter von zehn Jahren war er nach New York gezogen, um bei seinem Vater zu leben. Damals war er nur Barrons Bastard genannt worden – denn seine Eltern hatten nie geheiratet. Sein Vater war ein berühmter knallharter Geschäftsmann, seine Mutter eine sanftmütige Kalifornierin gewesen. Auf der Privatschule, auf die er abgeschoben worden war, hatte er gelernt, seine Gefühle nicht zu zeigen. Das half ihm heute als erfolgreicher Anlageberater.
Er versuchte Emma einzuschätzen. Tatsächlich wirkte sie wie ein Glamourgirl – einerseits herausfordernd sinnlich, andererseits unnahbar und kalt wie eine Schneekönigin. Und gerade das machte sie unwiderstehlich. Chase begehrte sie mit jeder Faser seines Körpers und wusste, dass er diese Frau wieder ins Bett bekommen musste – noch in dieser Nacht.
„Wie geht es dir, Daddy?“, fragte Emma leise und schob den Arm unter den ihres Vaters. „Die Party ist doch nicht zu viel für dich, oder?“
„Mach dir keine Sorgen, meine Kleine. Mir geht es gut“, versicherte Ronald Worth ihr lächelnd. „Es ist schließlich nur eine leichte Herzerkrankung, das weißt du doch.“
„Ach, wirklich?“, erwiderte sie herausfordernd. „Offensichtlich ist es aber schlimm genug, um dich davon zu überzeugen, Worth Industries an Rafe Cameron zu verkaufen.“
Er verzog das Gesicht. „Das ist nur einer der Gründe für meine Entscheidung. Ich habe dir ja gesagt, wenn du ins Geschäft einsteigen würdest …“
„… was ich nicht tun werde, wie ich dir bereits gesagt habe.“
„Siehst du. Ich könnte noch ein oder zwei Jahrzehnte so weitermachen. Und schau mich nicht so an“, bat er sie. „Ich bin erst Mitte sechzig – in der Blüte meines Lebens.“
Emma verkniff sich ein Lächeln. „Ich habe doch gar nichts gesagt.“
„Das brauchst du auch gar nicht.“
Sie seufzte und drückte sacht seinen Arm. „Bist du sicher, dass du das Richtige tust? Auch wenn ich das Unternehmen nicht leiten will, hättest du es nicht gleich verkaufen müssen. Du könntest doch mehr delegieren. Jemanden einstellen, der einen Teil deiner täglichen Aufgaben übernimmt.“
„Das wäre möglich gewesen“, erwiderte Ronald. „Ich habe mich allerdings für den Verkauf entschieden.“
„Aber warum ausgerechnet an Rafe Cameron? Meiner Meinung nach ist er ein ziemlich arroganter Typ.“
Ihr Vater blickte zu Rafe. „Wenn man ein ganzer Kerl ist, dann darf man auch arrogant sein“, meinte er wehmütig. „Als ich in seinem Alter war, bin ich genauso gewesen.“
„Dad …“
„Schluss jetzt, Emma. Das Geschäft ist nahezu besiegelt.“ Sein strenger Gesichtsausdruck wurde plötzlich wieder milder. „Habe ich dir eigentlich schon gesagt, wie entzückend du heute Abend aussiehst?“
Einen kurzen Moment lehnte sie den Kopf an seine Schulter. „Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.“
Er fasste unter ihr Kinn, damit sie ihn ansah. „Du hast von deiner Mutter glücklicherweise nur die guten Seiten geerbt – besonders ihre Schönheit.“
Emma war verwirrt, weil er ihre Mutter erwähnte. Wenn sie ihren Vater doch nur dazu bewegen könnte, sich auch mit ihrem Bruder zu versöhnen, der die Familienranch leitete. Doch es war jetzt schon über zehn Jahre her, dass Vater und Sohn sich überworfen hatten. „Dad …“
Anscheinend ahnte er, was Emma ansprechen wollte, denn er schüttelte den Kopf. „Vergiss es, Prinzessin. Auf gar keinen Fall.“ Er küsste sie auf die Nasenspitze. „Das Geschäft ruft. Ich muss mich sehen lassen, Babys küssen und ihnen die Lollis klauen. Kommst du ohne mich klar? Wenn du früher fahren möchtest, dann nimm den Wagen. Schick ihn dann aber wieder hierher zurück für mich.“
„Mach dir um mich keine Sorgen, Dad. Ich komme schon nach Hause.“ Lächelnd deutete sie auf die Chefassistentin ihres Vaters. „Da kommt auch schon Kathleen. Ich frage sie, ob sie mich mitnimmt.“ Sie wusste, dass ihr Vater in Gedanken bereits beim Geschäftlichen war.
„Okay. Mach das. Ich habe ein paar Fragen an William.“
Schnurstracks ging er auf Rafe Camerons Finanzvorstand zu, und kopfschüttelnd sah Emma ihrem Vater nach, bis sie von Kathleen Richards mit einer herzlichen Umarmung begrüßt wurde.
„Hallo, Emma. Meine Güte, du siehst großartig aus!“ Das war typisch Kathleen. Mit ihrem feuerroten Haar und ihrem quirligen Wesen war sie überall gern gesehen. „Ich schwöre, dass nur meine Enkelin Sarah schöner ist.“
Emma lächelte. „Wenn man bedenkt, dass sie dir so ähnlich sieht, bin ich nur das dritthübscheste Mädchen.“
Kathleens Lachen wirkte ansteckend. „Das habe ich schon immer an dir gemocht – deine Natürlichkeit. Du bist genauso wie dein großartiger Bruder.“ Nachdem sie sich vorsichtig zu Ronald umgesehen hatte, senkte sie die Stimme. „Wie geht es ihm denn? Ich habe ihn bestimmt schon fünfzehn Jahre nicht mehr gesehen.“
„Ich auch nicht. Seit er sich dazu entschlossen hat, uns zu verlassen, haben wir …“ Emma hielt inne. Nein, das konnte doch nicht sein! Von allen Männern der Welt hätte sie mit Chase am wenigsten gerechnet. Jeden einzelnen Tag der vergangenen zwei Monate hatte sie versucht, sich diesen Mann aus dem Kopf zu schlagen – allerdings erfolglos. Und jetzt kam er auf sie zugeschlendert. Sein eleganter Gang und das Goldblond seiner sorgfältig frisierten Haare erinnerten Emma an einen majestätischen Berglöwen.
„Stimmt was nicht?“, erkundigte Kathleen sich. Dann folgte sie Emmas Blick und lachte leise. „Oh, verstehe. Ich kann dir versichern, dass es mir genauso ergangen ist, als Chase Larson das erste Mal ins Büro deines Vaters gekommen ist. Ich habe ihn bestimmt eine Minute lang mit offenem Mund angestarrt. Weißt du was? Ich mache euch miteinander bekannt.“
„Nein, das …“
Doch Kathleen winkte Chase bereits zu. „Mr Larson? Ich möchte Ihnen gern Ronalds Tochter Emma vorstellen.“
„Das brauchst du nicht“, widersprach Emma, aber es war zu spät, um Kathleen aufzuhalten – und um ihn aufzuhalten. „Chase und ich kennen uns bereits“, fügte sie etwas fantasielos hinzu.
„Ihr kennt euch?“, fragte Kathleen und sah verdutzt von einem zum anderen, bevor sie lächelte. „Also, das ist doch interessant. Warum erneuert ihr eure Bekanntschaft dann nicht einfach auf der Tanzfläche, und ich mache mich aus dem Staub?“
„Eine wunderbare Idee“, bekräftigte Chase ernst, bevor er Emmas Hand nahm und sie mit einer stürmischen Bewegung an sich zog. Drohend und gleichzeitig verheißungsvoll war der Ausdruck, der sich in seinen blauen Augen widerspiegelte. „Tanz mit mir, Emma!“
Warum sagt er nicht gleich: Hab ich dich endlich, fragte sie sich.
Chase zog sie noch enger an sich. „Du hast doch nichts dagegen?“
In dem Versuch, seinem unbarmherzigen Griff zu entkommen, wollte Emma ein Stück zurückweichen. „Falls es du es noch nicht gewusst hast: Wenn man tanzen möchte, sollte man auch atmen können.“
„Wenn ich dich nicht festhalte, rennst du möglicherweise wieder weg.“
„Ich bin nicht weggerannt“, widersprach sie und musterte ihn. Er war mit seinen über eins achtzig ein beeindruckender Mann mit attraktiven Gesichtszügen, einem geraden Kinn, wohlgeformten Lippen und intelligenten graublauen Augen – und eine Aura von Unnahbarkeit umgab ihn.
Als sie sich im vergangenen November am Wochenende vor Thanksgiving begegnet waren, war Chase sehr charmant gewesen. Sie hatten beide dasselbe Taxi herbeiwinken wollen und es sich schließlich geteilt. Zugegeben, sein Charme war schon etwas rau dahergekommen, doch hatte das Emmas Meinung nach gut zur romantischen Stimmung jenes Herbsttages gepasst. Sie hatten einen ganzen Tag und die darauffolgende Nacht miteinander verbracht.
Chase drehte sie herum, wobei seine Hand ziemlich dicht über ihrem Po lag, und Emma erschauerte wohlig. „Das ist ja witzig. Wenn ich mich recht erinnere, bin ich mit dir eingeschlafen und ohne dich aufgewacht. Kein Abschiedskuss, keine Nachricht. Keine Chance, dich zu finden.“
„Und wie hast du es dann doch geschafft?“, erkundigte sie sich.
Er lachte kurz auf. „Denkst du etwa, ich bin deinetwegen hier?“
Sie spürte, wie sie rot wurde. „Okay, also bist du nicht meinetwegen hier“, entgegnete sie.
„Ich bin dabei, den Worth-Deal abzuschließen, Miss Worth“, entgegnete er. „Es ist purer Zufall, dass wir uns hier treffen. Du hattest mir ja damals noch nicht einmal deinen Namen verraten.“
„Du hast meines Wissens nach auch nicht danach gefragt. Und deinen Namen habe ich auch nicht erfahren“, erwiderte sie ruhig.
„Jetzt kennst du ihn. Chase Larson.“
An irgendetwas erinnerte sie das, nur woran?
Als hätte er ihre Gedanken gelesen, fügte er hinzu: „Ich bin der Bruder von Rafe Cameron.“
Vor Überraschung geriet sie aus dem Takt, und Chase half ihr, sich wieder in die Schrittfolgen einzufinden. „Das ist ein Scherz, oder?“, fragte sie.
„Hast du ein Problem damit?“
„Überflüssig zu sagen, dass die Liste ziemlich lang ist.“ Sie konzentrierte sich auf den Knoten seiner roten Fliege, weil sie nicht wagte, Chase in die Augen zu sehen. Sie wollte vermeiden, dass er ihr die Abneigung gegen seinen Bruder ansah. „Und was hast du mit dem Kauf von Worth Industries zu tun?“
„Ich bin der Eigentümer von Larson Investment. Ich helfe Rafe bei dem Deal.“
Kein Wunder, dass ihr sein Name so bekannt vorgekommen war, denn von Larson Investment hatte sie schon gehört. Wer hatte das nicht? Chase war also der uneheliche Sohn des Geschäftsmagnaten Tiberius Barron. „Ich vermute, dass du gut daran verdienst“, meinte sie.
„Warum auch nicht?“, erwiderte er. „Und jetzt, da wir über unerwartete Geschäftsbeziehungen geplaudert haben, kannst du mir eine persönliche Frage beantworten. Hätte ich dich damals nach deinem Nachnamen gefragt, hättest du ihn mir gesagt?“
Emma zuckte mit den Schultern. „Warum nicht?“ Als sie zu ihm aufsah, fiel ihr auf, wie beherrscht er wirkte. „Und du? Hättest du ihn mir verraten?“
„Nicht in unserer ersten gemeinsamen Nacht.“
„Ich verstehe“, erwiderte sie gekränkt. „Ich hätte offen zu dir sein sollen, aber du …“
„Ich habe gelernt, dass es schlau ist, sich zu schützen.“
„Sich zu schützen?“, hakte sie ungläubig nach. „Wovor denn, bitte schön? Vor geldgierigen Bunnys etwa?“
„So was in der Art“, erwiderte er scharf. „Und bist du so eine Frau?“
Wie hatte sie ihn jemals charmant finden können? „Glaubst du etwa, ich wäre hinter einem reichen Ehemann her?“
„Und? Bist du das?“
„Nein, danke. Du kannst dich entspannen. Ich habe genügend Geld.“
„Siehst du?“ Sein Lächeln war mit einem Mal ziemlich – nun ja – charmant. „Jetzt habe ich dich beleidigt. Das ist doch keine sehr gute Frage für ein erstes Date, oder?“
Sie entspannte sich. „Soll das heißen, dass wir uns nicht wiedergesehen hätten, wenn ich dir bei unserem ersten Date eine falsche Antwort gegeben hätte?“
„Nein. Ich hätte mich trotzdem mit dir getroffen.“
Ein Ausdruck von Begierde flammte so flüchtig in seinem Blick auf, dass Emma kurz darauf bezweifelte, ihn tatsächlich gesehen zu haben. Allmählich begann sie zu verstehen. „Aber dann nur unter gewissen Bedingungen – ich sollte mit dir schlafen, mir aber keine Hoffnungen machen.“
„Hey, sei nicht unfair, Emma“, tadelte er sie. „Machst du das etwa anders? Musst du nicht auch Angst davor haben, dass die Männer dich nur als einen Freischein für ein Leben in Saus und Braus sehen?“
„Warum sollte ich denn was dagegen haben?“, fragte sie verärgert. „Dein Bruder ist ja offensichtlich der Meinung, dass ich eine verwöhnte Erbin bin.“
„Vermutlich, weil Rafe und ich unser Vermögen mit Arbeit verdient haben.“
„Und ich meins einfach nur geerbt habe?“ Sie verkniff es sich, ihm von ihrer freiwilligen Arbeit für das It’s Time – das örtliche Frauenzentrum – zu erzählen. Das hätte so geklungen, als wollte sie sich verteidigen. Sie war mit einem Mal erschöpft und hatte heftige Kopfschmerzen. „Sind wir jetzt damit durch, Mr Larson? Dann würde ich nämlich gern nach Hause fahren.“
„Die Ansichten meines Bruders sind nicht meine – ich würde es also begrüßen, wenn du mich nicht mit ihm in einen Topf werfen würdest. Ich ziehe es vor, mir eine eigene Meinung von dir zu bilden – und ich erwarte, dass du dasselbe auch mit mir tust. Außerdem hast du immer noch nicht meine Frage beantwortet.“
Ob er ihr ansah, wie verzweifelt sie von ihm wegwollte? Seit Jahren verstand sie es meisterlich, nach außen hin ruhig und besonnen zu wirken. Doch aus irgendeinem Grund wollte ihr das heute Abend nicht gelingen. „Was für eine Frage?“
„Warum bist du damals einfach so verschwunden?“
Ihr war wirklich nicht wohl, und ihr fiel auf, dass sie seit dem Frühstück nichts mehr gegessen hatte. Es war nicht besonders klug gewesen, auf nüchternen Magen Champagner zu trinken. „Tut mir leid, Chase, aber wir müssen das Gespräch bei einer anderen Gelegenheit fortsetzen.“ Sie befreite sich aus seinen Armen. „Du weißt ja jetzt, wer ich bin und wie du mich erreichen kannst, falls es notwendig sein sollte.“
„Was ist los?“
„Ich habe nichts gegessen“, gestand sie, „und fühle mich ein bisschen benommen.“ Eigentlich hätte sie ahnen sollen, dass es nicht schlau war, Chase so viele Informationen zu liefern.
Augenblicklich übernahm er das Kommando. „Dort hinten ist ein Buffet. Lass uns doch mal nachsehen, ob wir etwas finden.“
Sie brachte es nicht fertig, auch nur in die Richtung des Buffets zu schauen, auf dem auch Meeresfrüchte angerichtet waren, ohne dass ihr noch übler würde. „Ich möchte eigentlich viel lieber nach Hause, die Füße hochlegen, Tee trinken und Toast essen.“
„Dagegen ist nichts einzuwenden. Wie bist du hierhergekommen?“
„Mit meinem Vater“, gestand sie zögerlich.
„Wohnst du bei ihm?“
„Ja, aber …“
„Sein Anwesen ist ein paar Meilen südlich von hier, richtig?“
„Woher weißt du das?“, fragte sie misstrauisch.
„Ich werde dafür bezahlt, solche Dinge zu wissen“, erwiderte er und fasste sie am Ellbogen. „Komm mit.“
Nachdem sie ihren Umhang aus der Garderobe geholt hatten, brachte er sie durch die Flügeltür hinaus in den Säulengang vor dem Clubgebäude. Von dort aus hatte man einen atemberaubenden Blick auf den Strand und das Meer unter dem Kliff. Der Mond stand über dem Pazifischen Ozean und tauchte die Wellen in ein silbriges Licht.
Chase führte sie um das Gebäude herum bis zum Parkservice. „Wohin gehen wir?“, wollte Emma wissen.
„Du brauchst Tee, Toast und Ruhe. Und genau dafür sorge ich jetzt.“
„Ich möchte aber nach Hause“, wandte sie ein.
Trotzdem fand sie sich kurz darauf in dem kirschroten Ferrari wieder, den Chase gemietet hatte. Die Fenster waren geöffnet, und die frische Luft half Emma, wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Auf der Hauptstraße fuhr Chase nach Norden und nicht nach Süden.
„Wohin fahren wir?“, erkundigte sie sich, aber eigentlich war es ihr gerade egal.
„Dir etwas zu essen besorgen.“
Emma ergab sich in das Unvermeidliche. Fünf Minuten später fuhr er auf ein mit Palmen bestandenes Grundstück am Meer. Er schaltete den Motor ab und half Emma aus dem Wagen, bevor er sie zum Eingang des kleinen Hauses führte, das direkt am Strand lag.
„Gehört das dir?“, fragte sie beeindruckt.
„Ich muss dich enttäuschen – nur gemietet.“
„Das ist wunderschön“, gestand sie, als sie eingetreten waren.
„Ich habe dich nicht für eine Führung hergebracht.“ Er drängte sie in den Wohnbereich, von dem aus man durch die hohen Fenster einen ungehinderten Blick auf den Ozean hatte. Er zog seine Smokingjacke aus und hängte sie über einen Stuhl. „Setz dich hin. Ich kümmere mich um Tee und Toast.“
Sie hatte einfach keine Energie mehr, Chase zu widersprechen. Stattdessen ließ sie sich auf der bequemen Couch nieder und wurde augenblicklich vom Schlaf übermannt. Erst als sie ein Klappern vernahm, wachte sie wieder auf und sah sich verwirrt um. „Bin ich etwa eingeschlafen?“
„Nur für eine Minute.“ Chase stellte ein Glas dampfenden grünen Tee und einen Teller mit mehreren Buttertoasts auf den Beistelltisch. „Der Tee ist eine Mischung aus Kamille mit Pfefferminze. Auf der Packung steht, dass er entspannend wirken soll.“
„Vielen Dank. Genau das, was ich brauche.“ Bevor sie allerdings auch nur einen Schluck davon probieren konnte, klingelte ihr BlackBerry. Sie zog es aus der Tasche und überprüfte die Nummer. „Entschuldigung, ich sollte drangehen. Es ist mein Dad.“
Das Gespräch verlief, wie auch nicht anders von ihrem Vater zu erwarten, kurz. „Wo bist du?“, fragte er, nachdem Emma den Anruf angenommen hatte.
„Bei Chase Larson. Er hat mir angeboten, mich nach Hause zu fahren.“
„Ich dachte, du würdest mit Kathleen fahren.“
„Ich habe es mir anders überlegt.“
„Fein. Habe sie gesehen, aber von dir keine Spur, deswegen habe ich mich gefragt, wo du bist.“
Sie lächelte. „Danke, Dad, dass du dir Gedanken um mich machst.“
„Natürlich tue ich das“, erwiderte er in schroffem Ton. „Du bist immer noch mein kleines Mädchen, auch wenn du mittlerweile erwachsen bist. Gute Nacht, meine Kleine.“
„Gute Nacht, Dad.“ Sie unterbrach die Verbindung und legte das Telefon auf den Tisch neben sich. Dabei fiel ihr auf, das Chase sie amüsiert betrachtete. „Was ist?“, fragte sie stirnrunzelnd.
Er griff in seine Tasche, um ebenfalls ein BlackBerry hervorzuholen. Es sah genauso aus wie Emmas. „Ich habe sogar denselben Klingelton. Gleich und Gleich gesellt sich offenbar gern.“
„Dann sollten wir aufpassen, dass wir sie nicht vertauschen.“ Sie atmete das wohltuende Aroma des Tees ein, bevor sie zu Chase sah. „Warum tust du das? Weshalb bekomme ich Tee und Toast von dir? Wieso fährst du mich nicht einfach nach Hause?“
„Du weißt, warum.“
„Das hat keinen Zweck, Chase. Du bist vielleicht lange genug hier, um Rafe beim Abschluss des Geschäfts zu helfen, aber das ist es dann auch gewesen. Wir leben zu weit auseinander und sind viel zu verschieden.“
„Woher willst du das wissen?“
Seufzend griff sie nach einer Scheibe Toast, um daran herumzuknabbern. „Weil ich schon früher Männern wie dir begegnet bin.“
„Männern wie mir“, wiederholte er mit einem eigenartigen Unterton in der Stimme. „Hättest du die Freundlichkeit, mir zu erklären, was du damit meinst?“
Sie nahm sich Zeit, unter Chases forderndem Blick den Toast aufzuessen und genussvoll einen Schluck Tee zu trinken, bevor sie antwortete. „Ehrgeizige Männer, die den Beruf über alles andere stellen. Männer, die sich alles nehmen, was sie wollen.“
Ihre Antwort schien ihn eher zu amüsieren und sein Verlangen nach ihr nur noch zu steigern. „Was ist denn falsch daran, sich das zu nehmen, was man will, vor allem dann, wenn es dir genauso viel Spaß macht wie mir?“
„Nichts. Es ist toll gewesen für eine Nacht. Doch nicht für mehr. Ich lebe wieder mein Leben, und du deins.“
„Und trotzdem sind wir jetzt hier zusammen.“ Er setzte sich zu ihr aufs Sofa – für ihren Geschmack viel zu dicht. „Warum erleben wir nicht noch ein oder zwei weitere unglaubliche Nächte, solange ich hier bin?“
Wie sollte sie darauf antworten? Dass sie diesen Mann begehrte, der Rafe Cameron so eng verbunden war? Wie sollte sie ihm weismachen, dass sie keine weitere unglaubliche Nacht wünschte – es war ihr schon schwer genug gefallen, den Abschied nach ihrer ersten Nacht zu verwinden. Nach einer weiteren würde sie möglicherweise die Kontrolle verlieren – und sie konnte es sich nicht leisten, sich in einen Mann wie Chase zu verlieben. Denn sie hatte miterlebt, was es bedeutete, mit so einem Mann zu leben – erinnerte sich daran, was ihr Vater ihrer Mutter angetan hatte. Diese Lektion hatte Emma sich zu Herzen genommen. Im November hatten sie und Chase ein Strohfeuer entfacht. Würden sie jetzt weitermachen, könnte ihre Affäre zu einem Steppenbrand werden, der alles vernichtete, anstatt Wärme und Behaglichkeit zu spenden.
Sie lächelte entwaffnend. „Vielen Dank, dass du dich um mich gekümmert hast, aber jetzt muss ich nach Hause. Um diese Zeit liege ich sonst schon längst im Bett.“
„Kein Problem.“
Bevor sie auch nur erahnen konnte, was er vorhatte, war Chase aufgestanden und hatte sie auf den Arm gehoben. „Was tust du denn da?“, fragte sie erschreckt.
„Da du um diese Zeit normalerweise bereits schläfst, bringe ich dich jetzt ins Bett.“ Er trug sie durch den Flur in ein großes Schlafzimmer, von dem aus man einen ebenso spektakulären Blick wie vom Wohnzimmer hatte. Dann ließ er sie sanft auf die weiche Bettdecke fallen. „Und leiste dir dabei Gesellschaft.“
2. KAPITEL
Wie sie da auf der Seidendecke lag, sah Emma aus wie eine Göttin – allerdings wie eine sehr wütende Göttin. Ihr Haarknoten hatte sich gelöst, und ihr Gesicht wurde von den hellblonden Locken umrahmt. Auf ihren Wangen breitete sich Zornesröte aus. „Hast du den Verstand verloren?“
Mit einem Ruck zog Chase sich die Fliege vom Hals. „Nicht dass ich wüsste.“ Danach legte er achtlos Manschettenknöpfe und Mobiltelefon auf den Nachttisch. „Seit dem Augenblick, in dem du mich verlassen hast, wollte ich wieder mit dir schlafen.“
Sie setzte sich auf und sah ihn mit diesen unbeschreiblich schönen blauen Augen an, die Chase nicht mehr hatte vergessen können. Aber damit hatte es jetzt ein Ende – er würde sich heute Nacht nehmen, was er brauchte, um diese Frau endlich vergessen und sein bisheriges Leben wieder aufnehmen zu können.
„Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich einfach so mit dir ins Bett steige?“
„Das hast du aber letztes Mal getan, und dieses Mal wird es nicht anders sein.“ Er entledigte sich seines Kummerbundes, Hemdes und schließlich seiner Schuhe, bevor er begann, seine Hose zu öffnen. „Du fühlst es doch auch, Emma. Leugnen ist zwecklos. Es ist so mächtig, dass es einem den Atem raubt. Ich kann nur an dich denken, wie du unter mir liegst und ich in dir bin.“
Ihr Atem ging schneller, und ihre Augen verdunkelten sich vor Leidenschaft. „Ich bin kein verdammter One-Night-Stand. Morgen gehst du ja sowieso wieder deiner Wege.“
„Das letzte Mal bist du aber diejenige gewesen, die gegangen ist“, entgegnete er amüsiert. „Und da ich weiß, dass du ohne Wagen hier bist, kann ich wohl mit deiner Gegenwart rechnen, wenn ich morgen früh aufwache.“
„Vergiss es! Du bist einer von Rafes Leuten.“ Sie schob sich auf den Rand des Bettes zu. „Ich kann es mir nicht leisten, zusammen mit dem Feind gesehen zu werden.“
Das ließ ihn innehalten. Sicher, das war nicht unbedingt Liebe zwischen Rafe und Ronald Worth. Aber warum hielt Emma Rafe für den Feind? „Bist du etwa gegen den Verkauf?“, fragte er sanft. „Versuchst du, ihn zu verhindern?“
Energisch hob sie das Kinn. „Ich glaube nicht, dass dein Bruder der geeignete Mann ist, um Worth Industries zu leiten. Zu viele Fragen bezüglich seiner zukünftigen Pläne für das Unternehmen sind immer noch unbeantwortet. Da es allerdings nicht in meiner Macht steht, kann ich nichts dagegen tun.“
„Genau so ist es“, bekräftigte er.
„Aber ich will trotzdem nicht mit dir schlafen – jetzt, wo ich weiß, dass du Rafes Bruder bist.“
„Aber das eine hat doch nichts mit dem anderen zu tun.“
„Woher soll ich wissen, dass du mich nicht nur verführst, damit ich keinen Ärger mache?“, fragte sie misstrauisch.
„Ich weiß, dass du Rafe nicht daran hindern kannst, Worth Industries zu kaufen. Das Geschäft ist so gut wie abgeschlossen. Außerdem hast du damals in New York nichts von meiner Verbindung zu Rafe gewusst – ebenso wenig wie ich von deiner zu Worth Industries.“ Er machte eine Pause, um den Reißverschluss seiner Hose zu öffnen. „Und du weißt, dass wir heute Nacht dasselbe erleben werden wie vor zwei Monaten.“
„Nur, dass es nicht dasselbe ist.“
„Nein, ist es nicht“, gab er zu, während er sich seiner restlichen Kleidung entledigte und sich zu ihr aufs Bett legte. „Dieses Mal wird es noch besser.“
Sie starrte ihn an, und er stellte überrascht fest, dass sie ihm nicht auszuweichen versuchte. Einen Moment lang saß sie auf der Bettkante, im nächsten Augenblick warf sie sich ihm in die Arme. Das Seidenkleid betonte jede sinnliche Kurve ihres verführerischen Körpers.
„Das ist ein Fehler“, stieß sie atemlos hervor.
„Wie kann es ein Fehler sein, wenn es sich so großartig anfühlt?“, flüsterte er erregt und bedeckte ihren Hals mit leidenschaftlichen Küssen. Zärtlich umfasste er anschließend ihren Kopf, um sie zu küssen. Leise aufstöhnend, gab sie sich diesem Kuss hin. Sie schmeckte einfach wunderbar, und er fragte sich, wie er bloß die vergangenen zwei Monate ohne sie hatte überleben können. Und bald – sehr bald – würde er wieder in ihr sein. Bevor er Vista del Mar verließ, würde er seinen unersättlichen Appetit nach dieser Frau gestillt haben. Er richtete sich auf. „Du bist overdressed, meine Liebe“, meinte er lächelnd.
„Ach, das würde ich gar nicht sagen“, erwiderte sie lächelnd. „Du sollst nackt sein, wenn du in meinen Diensten stehst.“
„Und was willst du mit mir anstellen?“
„Das hier …“
Sie strich mit den Händen von der Brust über den Bauch und noch ein Stück tiefer, bevor sie ihn unglaublich sanft umfasste und zärtlich streichelte. Beinahe hätte Chase die Beherrschung verloren, doch als er versuchte, sich ihr zu entziehen, schüttelte sie in gespielter Verärgerung den Kopf. „Na, na, du stehst in meinen Diensten, schon vergessen?“
„Macht es Sinn, dich um Gnade anzuflehen?“
„Überhaupt keinen.“ Sie lächelte sinnlich. „Da du zu den Typen gehörst, die immer das Sagen haben müssen, spielen wir es dieses Mal nach meinen Regeln – oder wir spielen überhaupt nicht.“
„Ich weiß nicht, ob mir das gefällt“, beschwerte er sich.
Gerade als er meinte, sich nicht einen Augenblick länger kontrollieren zu können, ließ sie die Hände nach oben gleiten und umschlang seinen Nacken. „Aber du hältst dich daran, oder?“
Er warf ihr einen warnenden Blick zu. „Jetzt zumindest.“
„Ich habe mir schon gedacht, dass es gefährlich ist, dir in die Quere zu kommen“, sagte sie.“
„So was nennt sich Selbsterhaltung – ich an deiner Stelle würde auf diese Eingebung hören.“
„Du würdest mir nicht wehtun“, entgegnete sie lachend.
„Woher willst du das wissen? Wir sind nur ein paar Stunden zusammen gewesen.“
Ihr Lachen verstummte, und sie bedachte ihn mit einem durchdringenden Blick, der Chase an Ronald Worth erinnerte, denn er nahm darin dieselbe Entschlossenheit wahr. „So ein Mann bist du also? Jemand, dem es gefällt, anderen Schmerz zuzufügen?“
„Nein, überhaupt nicht. Ich hoffe aus ganzem Herzen, dir nicht wehzutun. Natürlich hängt es davon ab, wohin uns das hier führt und für welchen Weg wir uns entscheiden.“
„Ich möchte mir keine Gedanken darüber machen, was als Nächstes passiert. Wenn wir das hier wirklich tun, dann erst einmal für diese Nacht.“
„Dann lass uns diese Nacht zu einer besonderen machen“, erwiderte er atemlos vor Erregung.
„Liebe mich“, flüsterte sie.
„Mit dem größten Vergnügen.“
Sie zog ihn zu einem weiteren Kuss an sich, in dem er das gleiche angestaute Verlangen spürte, das in ihm loderte. „Zieh mich aus“, verlangte sie mit heiserer Stimme.
„Ich hatte gehofft, dass du das sagen würdest.“
Er öffnete den Reißverschluss ihres Kleides, und die sanften Rundungen ihrer Brüste waren entblößt. Als er sie berührte, spürte er, dass ihre Brustspitzen sofort reagierten. Emma hatte einen schlanken, wunderschönen Körper, und obwohl sie so zartgliedrig wirkte, strahlte sie gleichzeitig wilde Entschlossenheit aus.
Er zog ihr das Kleid über die Hüften. Und nachdem sie seine Hände berührt hatte, streifte sie es sich ganz ab, sodass es zu Boden fiel. Jetzt trug sie nur noch Strapse, Strümpfe und einen Seidentanga.
„Du bist wunderschön, Emma.“
Diese Worte schienen nicht angemessen genug zu sein. Er dachte daran, dass Rafe Emma als oberflächlich bezeichnet hatte. Er hingegen konnte nichts Oberflächliches an ihr finden. Zugegebenermaßen kannte Chase sie auch nicht besonders gut. Bis jetzt jedenfalls. Doch er hielt sie für überaus intelligent und lebensfroh.
Mit wenigen Handgriffen löste er die Strumpfhalter und warf sie beiseite. Mit den Strümpfen nahm er sich ein wenig mehr Zeit und streichelte die zarte Haut ihrer Oberschenkel. Emma erschauerte lustvoll und stöhnte auf, als er ihre empfindsamste Stelle berührte. Sie schrie leise auf, als er sie durch den Seidenslip hindurch streichelte. Diese eine Berührung schien sie beinahe auf den Gipfel der Lust zu befördern – sie war wohl genauso kurz davor wie er. Im letzten Moment griff er nach einem Kondom vom Nachtschrank, bevor er ihr den Slip von den Hüften streifte und sich zwischen ihre Beine legte. Ihre Lippen waren unter seinen sinnlichen Küssen verführerisch angeschwollen, und ihre zarte Gesichtshaut war vor Erregung gerötet. In ihrem Blick erkannte Chase wildes Verlangen, das er auch in sich brennen spürte. „Warum hast du mich verlassen, wenn wir das hier haben? Wir brauchen uns doch nur zu berühren, um in Flammen zu stehen“, sagte er. „Warum hast du mir nicht gesagt, wer du bist und wo ich dich finde?“
„Ich hatte Angst.“
„Vor mir?“
„Nein, nicht vor dir. Niemals. Hiervor hatte ich Angst – jemanden wie dich so sehr zu mögen.“
„Angst davor, wie du dich fühlst, wenn wir uns lieben?“
Mit einer kraftvollen Bewegung war er in ihr, und ihre Körper waren miteinander verbunden.
Emma stöhnte auf. „Ja, bitte, hör nicht auf. Ich habe so lange darauf gewartet.“
„Sieh mich an. Ich will, dass du weißt, mit wem du schläfst.“
„Ich weiß, mit wem ich schlafe, Chase“, entgegnete sie verärgert. „Wie hätte ich je vergessen können, was zwischen uns gewesen ist?“
Für einen kurzen Moment verblüffte ihn ihr Bekenntnis, doch er fasste sich schnell wieder. „Dieses Mal wird es noch besser“, versprach er ihr rau.
Denn dieses Mal wusste er, was sie verrückt vor Lust machte. Er wusste, was zu tun war, um ihre Leidenschaft zu entfachen. Und er würde alles tun, was in seiner Macht stand, damit sie sich gut fühlte.
Auch wenn es ihn danach verlangte, schnell den Höhepunkt zu erreichen, würde er es nicht tun. Er wollte sich nicht um die Erfahrung bringen, sich mit Emma gemeinsam dem Gipfel der Lust zu nähern. Er wollte ihre atemlosen Seufzer mit seinen Küssen auffangen und jeden Moment mit ihr auskosten. Er wollte den süßen Geschmack des Verlangens, den ihre Haut verströmte, in vollen Zügen genießen. Ihre Lippen und Brüste küssend, fiel er mit ihr in den gleichen Rhythmus, während er ihre Hände ergriff und seine Finger mit ihren verschränkte. Ihre Beine waren um seine Hüften geschlungen, so als wolle sie ihn nie wieder loslassen. Immer schneller wurden ihre Bewegungen.
Aus Seufzern wurden gemurmelte Befehle, und Chase verlor sich im Rausch der Sinne. Wie war das möglich? Das war ihm niemals bei Frauen passiert. Sogar in den intimsten Situationen hatte er stets ein gehöriges Maß an Abstand gewahrt. Er erlaubte niemandem, auch nur einen kurzen Blick auf seine Gefühlswelt zu erhaschen – damit man nichts gegen ihn verwenden konnte. Aber mit Emma … Der Rhythmus wurde so verlangend und drängend, sie ließen sich vom Rausch der Begierde mitreißen. Chase ergab sich und erklomm gemeinsam mit Emma den Gipfel der Lust, als sie sich voller heißer Begierde an ihn presste. Er konnte sich nicht länger zurückhalten und wurde von einer wahrhaft explosionsartigen Welle der Leidenschaft mitgerissen.
Eine Weile lagen sie schweigend da, bis ihr Atem wieder ruhiger wurde. „Wie machst du das bloß?“, fragte Emma schließlich. „Mit dir erlebe ich den Sex so intensiv wie mit keinem anderen vor dir.“
Er spürte ihren Herzschlag. „Es ist eine Gabe.“
„Eine, die du ziemlich gut beherrschst.“ Sie warf ihm einen fragenden Blick zu. „Vermutlich, weil du viel übst?“
„Ein wenig. Aber mit dir …“ Er unterbrach sich, bevor er zu viel von sich preisgab.
„Was ist mit mir?“
„Ist es anders.“ Mehr würde sie nicht aus ihm herausbekommen.
Sie schmiegte sich nun an ihn. „Und wie anders?“
Wie war er bloß da hineingeraten? Er beschloss, auf Männerart der Zwickmühle zu begegnen. „Müssen wir den schönen Augenblick ruinieren, indem wir alles haarklein bereden?“
Sie lachte. „Oh, bitte. Mit der abgedroschenen Phrase kommst du mir nicht davon. Schließlich hast du angefangen.“
„Es reicht doch, wenn du weißt, dass es eben anders ist“, beharrte er.
„Das habe ich doch nur hören wollen.“ Sie entspannte sich. „Und falls du dich besser fühlst: Ich verstehe auch nicht, was uns beide heute wieder zusammengeführt hat.“
„Hast du das damals in New York auch schon gespürt?“, wollte er wissen, nachdem er eins und eins zusammengezählt hatte. „Dass das, was wir empfinden, anders ist als mit anderen?“
Zögernd nickte sie. „Ja.“
Jetzt begriff er. „Und deswegen hattest du Angst?“
„Alles, was ich nicht kontrollieren kann, macht mir Angst“, gestand sie ihm.
„Und was machen wir jetzt?“
Sie überlegte. „Gleich nach Tagesanbruch schreiend weglaufen, um nicht an die Zukunft denken zu müssen?“
Er lächelte. Ihren Sinn für Humor hatte er schon im November lieben gelernt. „Klingt besser, als irgendwelche übereilten Entscheidungen kurz nach dem Sex zu treffen.“
„Okay.“
„Morgen früh bist du doch aber noch da, oder?“, vergewisserte er sich und zog sie näher an sich.
„Wie du bereits bemerkt hast, habe ich kein Auto hier. Außerdem weißt du, wo ich wohne.“ Sie tat so, als fröstelte sie. „Nicht auszumalen, wenn du an die Haustür meines Vaters klopfen und fragen würdest, warum ich nicht mehr mit dir im Bett bin.“
„Na gut. Morgen sprechen wir wie zwei vernünftige Menschen beim Frühstück darüber.“
Als Chase in einem leeren Bett aufwachte, richtete er sich abrupt auf. Dieses Miststück! Er berührte das Laken neben sich – in der Erwartung, dass es bereits abgekühlt war. Erleichtert stellte er noch Wärme fest, was bedeutete, dass Emma noch nicht weit gekommen war. Hastig stieg er aus dem Bett und wäre fast über Emmas Kleid gestolpert. Es lag immer noch dort auf dem Fußboden, wo sie es gestern Nacht hingeworfen hatten.
Auch die Autoschlüssel lagen immer noch neben dem BlackBerry auf dem Nachtschrank. Okay. Es war unwahrscheinlich, dass Emma unbekleidet nach Hause getrampt war. Sie musste also irgendwo hier sein. Als er bemerkte, dass die Badezimmertür verschlossen war, lächelte er.
Nackt ging er zur Tür, um sacht anzuklopfen. „Soll ich uns einen Kaffee machen?“, fragte er.
„Gern.“ Sie klang irgendwie leicht gequält.
„Ist alles in Ordnung?“
„Alles okay.“
Doch das überzeugte ihn nicht. Ihm fiel es auch nicht schwer, sich vorzustellen, was Emma hatte. Den Blues am Morgen danach, was sonst. Tja, damit musste sie allein zurechtkommen, denn er für seinen Teil bereute nicht im Geringsten, was geschehen war. Und er war fest entschlossen, es so bald wie möglich zu wiederholen – beispielsweise gleich nach dem Frühstück.
Er zog seine Jeans an, bevor er in die Küche ging, und steckte die Autoschlüssel ein, nur um sicherzugehen. Rasch bereitete er den Kaffee zu und durchforstete den Kühlschrank nach etwas Essbarem. Bier wäre vermutlich nicht Emmas erste Wahl zum Frühstück. Hinter den Flaschen fand Chase einen Karton mit Eiern. Das passte schon eher. Außerdem Brot und Butter, ein paar Essensreste vom Vortag und einen halben Liter Milch. Es hätte schlimmer kommen können, wie er fand. Während er die Rühreier zubereitete, genoss er eine erste Tasse Kaffee. Die Eier gerieten ein wenig gummiähnlich und die Toastscheiben ein bisschen zu dunkel. Trotzdem drapierte er alles auf zwei Teller und stellte sie auf den Frühstückstisch, bevor er ihre beiden Kaffeetassen auffüllte. Er war ungemein stolz auf das opulente Frühstück, und zu seinem Glück fehlte ihm jetzt nur noch angenehme Gesellschaft.
„Emma?“ Als er das Schlafzimmer betrat, stellte er verwundert fest, dass Emma immer noch im Bad war. Allerdings war weder Wasserrauschen noch sonst ein typisches Geräusch zu hören, das auf eine Frau im Badezimmer schließen ließ. Stattdessen nervtötende Stille. Chase dachte fieberhaft nach. Ihr war es gestern Abend schon nicht gut gegangen – ob ihr wieder schlecht war?
„Liebling? Ist alles in Ordnung?“
„Geh weg“, erwiderte sie stöhnend.
„Ganz bestimmt nicht. Hör zu, ich komme jetzt rein.“
„Nein …“
„Zu spät. Da bin ich.“
Besorgt musste er sehen, dass Emma zusammengekrümmt auf dem Fliesenboden lag und die Knie an die Brust gezogen hatte. Sie trug sein Galahemd von vergangenem Abend, und Chase hätte es sicher witzig gefunden, wenn sie dabei nicht so elend ausgesehen hätte. Er kniete sich neben sie und strich ihr das feuchte Haar aus der Stirn. Sie war kreidebleich und gleichzeitig leicht grünlich im Gesicht – keine sehr gesunde Kombination, wie er fand. „Tut mir leid“, entschuldigte er sich. „Das habe ich nicht gewusst. Kann ich dir irgendwie helfen?“
„Indem du einfach weggehst?“
Er lächelte. „Das ist keine Option. Was sonst?“
„Indem du meinen Kopf hältst, wenn mir wieder schlecht wird?“
„Hast du eine Magen-Darm-Grippe?“, fragte er erschrocken. „Eine Lebensmittelvergiftung?“
„Das wäre schön“, erwiderte sie gedämpft.
Das ergab keinen Sinn. „Warum wäre das denn schön?“, erkundigte er sich misstrauisch.
Sie hob den Kopf, um ihn anzusehen. Ihre Augen wirkten matt. „Denk mal nach, Chase. Du kommst schon noch drauf.“
Eigentlich war er ziemlich stolz auf seine analytischen Fähigkeiten. Doch irgendwie schienen diese ihn heute Morgen im Stich zu lassen. Verwirrt schüttelte er den Kopf. „Keine Ahnung. Hilfst du mir auf die Sprünge?“
Sie seufzte. „Nimm eine Frau. Füge einen Löffel voll Übelkeit hinzu – und eine zweite ausgebliebene Periode.“ Sie machte eine zarte Rührbewegung mit dem Finger. „Dann vermisch es mit der erstaunlichen Erkenntnis, dass es früh am Morgen ist – und was haben wir dann?“
Verdammt, nein. „Du bist schwanger?“ Eigentlich wollte er das ruhig fragen. Mit dieser Ruhe hatte er bisher alle schwierigen Momente im Leben gemeistert. Unglücklicherweise war irgendwo zwischen „du bist“ und „schwanger“ seine Stimme ziemlich laut geworden.
Emma zuckte zusammen. „Ich weiß es nicht genau, aber die Zeichen sprechen dafür.“
„Du hast gesagt …“ Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. Was hatte sie doch gesagt? „Die zweite ausbleibende Periode. Wir haben Januar – das minus zwei Monate macht November. Wir haben uns im November kennengelernt.“
„Weißt du was, Larson?“, fragte sie ironisch. „Du bist ein echtes Genie, wenn es um Zahlen und Statistiken geht.“
„Spar dir den Sarkasmus, Worth. Ich bin schließlich nicht diejenige, die hier wie ein Häufchen Elend auf dem Boden liegt. Wenn ich mich recht entsinne, haben wir doch damals verhütet.“ Da Chase nie gewollt hatte, dass sich seine Geschichte wiederholte, hatte er darauf stets großen Wert gelegt.
„Tja, das habe ich auch zuerst gedacht“, erwiderte sie, und entsetzt stellte Chase fest, dass sie den Tränen nahe war. „Die Dusche hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht.“
„Die Dusche“, wiederholte er stumpfsinnig.
„Genau. Die Dusche. Sie ist abgefallen, erinnerst du dich noch?“
O ja, das tat er. „Ist das etwa mein Kind?“, fragte Chase bestürzt.
„Nein“, entgegnete sie gekränkt. „Das ist mein Kind. Du bist lediglich an der Zeugung beteiligt gewesen.“
Er verkniff sich eine scharfe Bemerkung. „Bist du beim Arzt gewesen? Hast du einen Schwangerschaftstest gemacht?“
Sie schüttelte den Kopf. „Ich habe mich ein paar Wochen lang damit vertröstet, dass es einfach später kommt.“
„Zwei Monate später?“
„Das kommt schon mal vor“, verteidigte sie sich. „Das habe ich zumindest gehört. Aber jetzt …“
„Jetzt bist du dir nicht mehr so sicher?“
Sie zog die Knie wieder an sich. „Nein.“
Er versuchte, die Sache logisch anzugehen. Ein Schritt nach dem anderen. „Kann ich dir was gegen deine Übelkeit bringen?“
„Tee und Cracker wären toll.“
„Tee habe ich, Cracker nicht. Aber weil ich sowieso zur Apotheke fahre, um einen Schwangerschaftstest zu holen, kann ich dafür auch noch sorgen. Möchtest du sie gewürzt oder ungewürzt?“
Sie schauderte. „Ungewürzt.“
„Emma?“ Er wartete, bis sie den Kopf hob und ihn ansah. „Wir finden einen Weg. Als Erstes stellen wir mal fest, ob du tatsächlich schwanger bist.“
Trotz der Blässe wirkte sie ein bisschen amüsiert. „Du hast schon eine Liste gemacht?“
Er beugte sich vor, um sie auf die Stirn zu küssen. „Liebling, es gibt immer eine Liste.“
Chase fand sehr bald heraus, dass die Schwierigkeit nicht darin bestand, einen Schwangerschaftstest zu finden, sondern sich für einen von ihnen zu entscheiden. Letztendlich verkürzte er den Entscheidungsprozess, indem er von jeder Sorte einen wählte und damit zur Kasse ging. Die Verkäuferin warf ihm einen seltsamen Blick zu. „So verzweifelt oder so erwartungsvoll?“
Wortlos reichte Chase ihr die Kreditkarte. „Ziehen Sie es einfach nur ab“, wies er die Frau an.
„Ich meine ja nur“, gab sie beleidigt zurück.
Glücklicherweise verlief der darauf folgende Einkauf im Supermarkt ohne nennenswerte Zwischenfälle. Lediglich auf der Heimfahrt wurde Chase von einem freundlichen Polizisten auf seine überhöhte Geschwindigkeit aufmerksam gemacht. Zu Hause angekommen, fand er Emma noch im Bad vor, und er gesellte sich zu ihr auf den Boden. Fassungslos starrte sie auf die vielen Schachteln. „Ich weiß deine Begeisterung ja zu schätzen, aber ich glaube nicht, dass ich die alle auf einmal machen kann.“
„Das war auch gar nicht meine Absicht“, sagte Chase. „Ich wollte nur, dass du dir einen aussuchst.“
„Vermutlich sind sie alle gleich. Aber vielleicht lassen sich einige besser ablesen als andere.“
„Genau. Fang mit diesem hier an.“
„Anfangen?“, hakte sie skeptisch nach. Als Chase nicht antwortete, wies sie auf die Tür. „Wenn es dir nichts ausmacht, wäre ich dabei gern allein.“
Zögernd stand er auf. „Sobald du etwas weißt, gibst du mir Bescheid, okay?“
„Natürlich.“
„Und, Emma …“
Sie sah ihn fragend an.
„Wenn das Baby von mir ist, werde ich das Richtige tun. Für dich und das Kind.“
Und mit diesen Worten ging er.
3. KAPITEL
Nachdem Chase das Bad verlassen hatte, verharrte Emma einige Minuten reglos, bevor sie sich dazu aufraffen konnte, die Schachteln auf dem Waschtisch aufzureihen. Anschließend sank sie wieder auf den Fliesenboden und betrachtete missmutig die kleinen Pappkartons.
Schwanger. Emma legte die Hand auf ihren Bauch. War sie es wirklich? Vermutlich ja. Seit Wochen versuchte sie sich schon mit fadenscheinigen Ausreden vom Gegenteil zu überzeugen. Einerseits hatte sie keine Ahnung gehabt, wie sie Chase ausfindig machen sollte. Andererseits wollte sie der Konfrontation mit ihrem Vater aus dem Weg gehen, wenn sie ihm von ihrem Zustand berichtete.
Energisch öffnete Emma die Packung des ersten Schwangerschaftstests. Die Bedienungsanleitung wies sie darauf hin, dass man bereits nach einer Minute mit einem Ergebnis rechnen könne. Denjenigen, die mit der Angabe „eine Minute“ nichts anzufangen wussten, wurde außerdem versprochen, dass sie innerhalb von sechzig Sekunden Klarheit erhielten. Und nach einer Minute hatte Emma tatsächlich ihre Antwort und stellte sich eine Weile unter die Dusche, um wieder zu Atem zu kommen. Innerhalb von sechzig Sekunden hatte sich ihr Leben grundlegend geändert – sie trug ein neues Leben in sich. Sie atmete tief ein. Okay, das war nicht das Ende der Welt, noch nicht einmal annähernd. Es belegte lediglich, was sie im Grunde ihres Herzens bereits geahnt hatte. Sie würde schon damit klarkommen. Ihr war es schließlich schon öfter in den vergangenen fünfundzwanzig Jahren gelungen, mit schlimmeren Dingen zurechtzukommen – dem Tod ihrer Mutter beispielsweise. Außerdem war ein Baby kein Anlass zur Furcht, sondern ein Grund zur Freude.
Plötzlich kam ihr der Gedanke, dass Tests aus dem Drogeriemarkt nicht immer hundertprozentig sicher waren oder sie sich in der Aufregung vertan hatte. Sie drehte das Wasser ab, griff nach einem Handtuch und wickelte es um den Körper. Beim nächsten Test las sie die Anleitung sicherheitshalber zweimal durch.
Dreißig Minuten später stand sie vor dem Waschbecken vor der Reihe von benutzten Tests. Alle zeigten es auf eine andere Weise an, aber das Ergebnis war stets dasselbe.
Zwei pinkfarbene Linien. Schwanger. Ein Pluszeichen. Schwanger. Ein kleines Sichtfenster, das förmlich das Wort schwanger! in die Welt hinausschrie. Zwei blaue Linien. Sehr schwanger.
Emma wich vom Waschbecken zurück, bis sie die Wand neben der Dusche erreichte und an ihr entlang zu Boden sank. Seltsamerweise empfand sie keine Panik. Verstohlen legte sie eine Hand auf den Bauch. Ihr Kind wuchs in ihr heran. Ihr Kind – und das von Chase. Allmählich wurde ihr bewusst, warum der Gedanke sie nicht erschreckte. Sie bekam die Chance, eine Familie zu gründen – eine, die nicht von Tod und Unglück auseinandergerissen wurde. Als sie zu weinen begann, stellte sie erstaunt fest, dass es sich um Freudentränen handelte.
Ein Wunder war geschehen.
Chase starrte verärgert auf die verschlossene Badezimmertür. Wie lange konnte so ein banaler Schwangerschaftstest schon dauern? Wenn er sich nicht irrte, hatte man auf den Verpackungen damit geworben, innerhalb einer Minute Klarheit erlangen zu können. Unfähig, noch eine Sekunde länger zu warten, klopfte er an die Tür. „Emma? Brauchst du Hilfe?“ Er schloss die Augen. Hilfe konnte sie im Moment bestimmt nicht gebrauchen. Also versuchte er es anders. „Ich habe Tee und Cracker für dich.“
Auch wenn der Tee in der Zwischenzeit vermutlich zum Eistee und die Cracker steinhart geworden waren. „Emma, ich komme jetzt rein.“
Sie lag zusammengerollt auf dem Boden. Doch anstelle seines Hemdes hatte sie sich nun ein Handtuch umgeschlungen. Er wusste nicht, ob er das für ein gutes oder ein schlechtes Zeichen halten sollte. Als er eintrat, sah Emma auf und deutete mit einer müden Handbewegung auf das Waschbecken.
„Schau mal“, sagte sie.
Überrascht stellte er fest, dass sie alle zwölf Tests benutzt hatte. „Kein Wunder, dass das so lange gedauert hat. Wie viel Wasser hast du dafür trinken müssen?“
„So viel wie ein Kamel, glaube ich.“
„Und was ist dabei herausgekommen?“ Er unterzog die aufgereihten Tests einer Musterung und versteifte sich. „Ein paar von denen zeigen schwanger an.“
„Alle von denen zeigen schwanger an.“
„Alle?“ Bestürzt drehte er sich zu ihr um. Bisher war es ihm gelungen, gefühlsmäßig auf Abstand zu gehen – er hatte ja nicht gewusst, ob sie wirklich schwanger war. Doch jetzt war der Stressfaktor enorm in die Höhe geschnellt. „Alle?“, wiederholte er.
„Ja. Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich mir gern etwas anderes anziehen, bevor wir weiterreden“, erklärte Emma und stand auf.
Mit diesem Problem wurde sein Verstand fertig. „Du kannst das Kleid von letzter Nacht anziehen – allerdings ist es ziemlich zerknittert. Oder ich leihe dir ein T-Shirt und eine Laufhose von mir.“
„Danke, das wäre sehr nett.“
Als ihm auffiel, dass er ihr den Weg versperrte, machte er einen Schritt zurück ins Schlafzimmer, wohin Emma ihm folgte. Immer noch wie ferngesteuert – lieber Himmel, ein Baby –, öffnete er eine Kommode, um die Sachen herauszusuchen und aufs Bett zu legen. Prüfend betrachtete er Emma. Sie war zwar immer noch etwas blass, wirkte allerdings nicht so bestürzt, wie er sich gerade fühlte. Ihre Gelassenheit war ziemlich beeindruckend. „Wir müssen reden“, stellte er klar.
„Um ehrlich zu sein, würde ich lieber nach Hause fahren. Wir können uns ja in ein paar Tagen treffen und die Sache besprechen. Bis dahin können wir die Neuigkeiten in Ruhe verdauen.“
Die Neuigkeiten verdauen? Offensichtlicher ging es doch nicht mehr: Emma war schwanger und hatte ihn zum Daddy gemacht. Allerdings war es bestimmt sinnlos, mit ihr in diesem Zustand zu streiten. Da sie aber wohl oder übel mit ihm fahren musste, wenn sie nach Hause wollte, konnte er ebenso gut auf der Fahrt mit ihr reden. Und er würde sie auf keinen Fall gehen lassen, ohne dass sie vorher etwas gegessen hatte – er musste schließlich auch an ihr Kind denken. „Zieh dich an. Ich sorge für frischen Tee und neue Cracker.“
„Danke. Ich habe tatsächlich ein bisschen Appetit.“
Etwas später leistete sie ihm in der Küche Gesellschaft, und unwillkürlich musste er lächeln, weil seine Shorts ihr viel zu groß waren. Doch auch ganz andere Gefühle erwachten in ihm angesichts des Anblicks ihrer festen Brüste, die sich deutlich unter dem T-Shirt abzeichneten. Waren sie durch die Schwangerschaft tatsächlich größer geworden, oder bildete er sich das nur ein?
„Ich habe noch einen Dip für die Cracker. Wenn du magst, kann ich auch Rühreier machen.“
Lächelnd sah sie ihn an. „Hey, Dip ist toll. Hast du Obst?“
Wie gut, dass er vorhin im Supermarkt daran gedacht hatte, ein paar Grundnahrungsmittel einzukaufen. „Im Kühlschrank.“
Kunstfertig richtete sie eine Orange, eine Kiwi und ein paar schwarze Trauben gemeinsam mit dem Dip und einigen Crackern auf Tellern an und deckte mit wenigen Handgriffen den Tisch.
„Okay, wie machst du das?“, wollte Chase beeindruckt wissen.
„Jahrelange Praxis im Bewirten der Geschäftsfreunde meines Vaters“, entgegnete sie lächelnd. „Meine Mutter …“ Sie stockte. „Meine Mutter war Künstlerin. Ich habe wohl ihren Blick für Raum und Farben geerbt.“
„Kannst du denn malen?“
Emma setzte sich auf einen der Stühle, die um den gläsernen Frühstückstisch standen. „Kein bisschen.“ Sie faltete eine Serviette auseinander und legte sie sich auf den Schoß. Auch während eines ungezwungenen Frühstücks in Joggingsachen bewies sie große Anmut in all ihren Bewegungen. „Ich bin schon froh, wenn ich eine gerade Linie hinbekomme.“
„Aber du würdest dir wünschen, du könntest es?“, schlussfolgerte er und setzte sich ihr gegenüber.
Sie knabberte an einem Keks, den sie mit Bohnenpaste bestrichen hatte. „Richtig, das würde ich gern.“
„Vielleicht erbt ja unser Kind etwas von den Talenten deiner Mutter“, versuchte Chase das Thema auf die Schwangerschaft zu bringen.
„Wollen wir hoffen, dass das alles ist, was es von ihr erbt“, murmelte sie.
„Vermutlich ist es nur fair, wenn du das lieber nicht willst. Mir geht es genauso mit meiner Familie.“ Und nach einer Pause fragte er: „Hast du vor, das Kind zu behalten?“
„Ja, in jedem Fall. Adoption kommt für mich nicht infrage“, entgegnete sie. „Ich könnte nie mein Baby weggeben.“
„Unser Baby. Wenigstens nehme ich das an.“ Er wünschte, er würde einen geschickteren Übergang zu seiner nächsten Frage finden. „Du hast ja angedeutet, dass ich der Vater sei.“
„Daran besteht kein Zweifel.“
„Sicher?“
Sie deutete mit einer Orangenscheibe auf ihn. „In Ordnung, Money Man. Lass es mich so formulieren, dass auch du es verstehst. Eine Frau nach langer sexueller Durststrecke plus ein Mann, der ebendieser Durststrecke ein Ende bereitet, minus ein Kondom, macht – ups. Meiner Rechnung nach ergibt das ein Baby.“
Er hätte gelacht, wenn die Lage nicht so ernst gewesen wäre. „Ich stelle deine Rechenkünste ja auch gar nicht in Zweifel.“
„Du bezweifelst nur, wer von meinen zahlreichen Liebhabern der Vater sein könnte. Hab ich recht?“, fragte sie mit gerunzelter Stirn.
Vermutlich war es schlauer, das Thema nicht weiter zu vertiefen. „Du hast doch nichts gegen einen Vaterschaftstest?“, erkundigte er sich.
„Natürlich nicht.“
„Dann können wir ja den Arzt konsultieren.“
Emma schob ihren Teller beiseite. „Es gibt kein wir.“
„Natürlich gibt es das, wenn du schwanger bist.“ Er beugte sich vor, um seinen Worten besonderen Nachdruck zu verleihen. „Es ist vielleicht ein guter Zeitpunkt, um dir klarzumachen, dass ich mein Kind nicht im Stich lasse – keine Sekunde in seinem Leben.“
„Das Wichtigste zuerst. Ich – und nur ich allein – gehe zu meinem Frauenarzt, um die Schwangerschaft bestätigen zu lassen. Danach können wir darüber reden, wie wir am besten weitermachen.“ Würdevoll stand sie auf. „Und jetzt würde ich gern nach Hause fahren, wenn es dir nichts ausmacht.“
Ihm machte es etwas aus – mehr, als er in Worte fassen konnte. Doch er wäre nie ein so erfolgreicher Geschäftsmann geworden, wenn er nicht die Kunst der Selbstbeherrschung formvollendet praktizieren würde. Also lehnte er sich entspannt zurück, um Emma zu betrachten. Sie war schön, schlau und faszinierend. Doch sie war auch eine Worth – das bedeutete, dass sie Geld besaß. Unglücklicherweise war es genau diese Tatsache, die gegen Emma als Mutter seiner Kinder sprach. Chase hatte nur schlechte Erfahrungen mit Leuten gemacht, die ihr Geld geerbt und nicht selbst erarbeitet hatten.
Doch etwas an Emma war anders – sie war unwiderstehlich. Außerdem trug sie sein Kind in sich, und ob es ihr gefiel oder nicht, Chase würde von nun an über sie und ihre Schwangerschaft wachen.
„Sehr gern fahre ich dich nach Hause“, erwiderte er, und als sie ihn erleichtert ansah, fügte er hinzu: „Unter einer Bedingung.“
Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Das hier ist keine Geschäftsverhandlung“, bemerkte sie schnippisch.
Oh, wenn sie wüsste. „Das ist auch mein Kind, und ich möchte vom ersten Tag an dabei sein.“ Er lächelte. „Na ja, das bin ich ja im Grunde genommen auch gewesen. Aber ich will mit dir zum Arzt gehen.“
„Auf gar keinen Fall.“
„Emma, es wäre falsch, mich auszuschließen. Ich finde sowieso einen Weg, meinen Willen durchzusetzen. Besser, du kooperierst gleich mit mir.“
„Wenn ich sicher bin, schwanger zu sein, können wir uns zusammen Gedanken machen. Doch bis dahin möchte ich gern allein sein, um mir über alles klar zu werden.“
Er war nicht bereit, ihr diese Zeit zuzugestehen. Er konnte ja nicht wissen, was sie in der Zwischenzeit tat, wo er hier saß und auf den Nägeln herumkaute. Da er nicht antwortete, nahm sie offensichtlich an, dass er einverstanden war. Barfuß ging sie ins Schlafzimmer, um kurz darauf mit ihren Anziehsachen, den Schuhen und dem BlackBerry wiederzukommen. „Mach dir keine Umstände, ich finde allein hinaus.“ Sie war so beeindruckend stolz. „Ich rufe ein Taxi.“
„Okay“, erwiderte er achselzuckend, nachdem er einen Blick auf das Handy und dann auf das Sofa geworfen hatte, auf dem sie gestern Tee getrunken hatte.
Leise schloss sie die Einganstür hinter sich – was für ein cooler Abgang. Chase zählte bis zehn, ging zu dem Beistelltisch neben dem Sofa, nahm Emmas BlackBerry und ging dann ins Schlafzimmer, um die Autoschlüssel zu holen. Kurz bevor er die Haustür erreichte, klopfte es sacht dagegen.
Mit gehobenen Augenbrauen öffnete er die Tür. „Hast du was vergessen?“
Emma blieb gelassen. „Wir haben wohl unsere Handys vertauscht.“
„Wir?“
Sie hob das Kinn. „Ja, wir.“
„Komm, ich fahr dich.“
„Ich habe gesagt …“
„Ich weiß, was du gesagt hast. Willst du dein Telefon zurück?“ Er wartete ihre Antwort nicht ab, sondern trat aus dem Haus und steuerte auf den Ferrari zu. „Dann hör auf, mir Kummer zu machen, und lass uns fahren.“
Emma Worth hatte eine Menge über ihn zu lernen. Zum Beispiel, dass er es nicht mochte, wenn man ihn ausspielen wollte. Doch bald würde sie das wissen – schon sehr bald.
„Hallo, Liebling. Danke, dass du mir gesagt hast, dass unser Termin diesen Montagmorgen ist.“ Stirnrunzelnd schaute Chase auf sein BlackBerry. „Aus irgendeinem Grund habe ich vergessen, ihn einzutragen.“
Emma starrte ihn ungläubig an. Sie war gerade auf dem Weg aus dem Untersuchungszimmer des Arztes zum Wartezimmer und erstarrte in der Bewegung. Es war kaum achtundvierzig Stunden her, dass sie sich getrennt hatten, und jetzt saß Chase auf einem der Stühle, ein Bein selbstbewusst über das andere geschlagen. Auf seinem Schoß lag eine Zeitschrift für Eltern, die er jetzt zuklappte und auf den Zeitschriftenstapel auf dem Glastisch legte.
Mit Blick auf die anderen Wartenden versuchte Emma sehr gefasst zu klingen. „Was tust du hier?“, fragte sie leise.
„Auf dich warten, was sonst. Die Schwester hat mir angeboten, zu dir ins Behandlungszimmer zu kommen.“
Emma holte tief Luft. „Hat sie das?“ Sie wandte sich um, um die Tür zu schließen und ihre Fassung wiederzuerlangen.
„Ja“, bestätigte Chase. „Nächstes Mal nehme ich ihr Angebot an.“
Zweifellos sollte dies eine Warnung sein. Emma umklammerte die Informationsbroschüren, die der Arzt ihr gegeben hatte, und die Ultraschallaufnahme von ihrem Baby, während sie zielstrebig auf den Ausgang des Wartezimmers zuging. Chase stand auf und folgte ihr. Emma konnte sich beherrschen, bis sie den Parkplatz erreicht hatten und keine Mithörer in der Nähe waren. „Wie kannst du es wagen?“, fragte sie zornig.
Augenscheinlich war er wenig beeindruckt von ihrem Wutausbruch. Seine Gesichtszüge zeigten keine Regung. „Du hast doch gewusst, dass ich gern bei dem ersten Termin dabei gewesen wäre.“