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Der Band Verlagerung des geheimen Punkts versammelt Untergrundtexte und Festreden; aber die Unterscheidung besagt wenig, auch die öffentlichen Texte mussten sich aus dem Grund herausarbeiten, und auch in unzensierten Zeiten führt das Denken ein untergründiges Dasein. Den Band eröffnet eine Satire auf das Ausbürgern, geschrieben im Januar 1977, gefolgt von der radikalen Flugschrift Büchners Briefe; er enthält Essays über Shakespeare und Rimbaud, Goethe und Kafka: Poesie und Politik, und zeigt die Arbeit auf eine Wende zu, die zum Umbruch wird. Sie führt den Autor in die heutige Wirklichkeit, »wo sie ihre größte schmerzende Kraft entfaltet« und er mit traumatischer Klarheit sein Versäumnis sieht, seine »Schuld, das schwarze verdammte Dulden« in einer Welt ausgrenzender Grausamkeit. Im historischen Schichtwechsel der sozialen Verwerfungen fragt er nach dem verlagerten geheimen Punkt des Schreibens.
»Ich stehe vor Ihnen auf dem gefährlichen Boden, wo man Stellung bezieht, wo Absichten wurzeln, wo ein Narr die Arbeit macht, der scheitern will, und Gelingen ist Scheitern.«
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Seitenzahl: 360
Volker Braun
Verlagerung des geheimen Punkts
Schriften und Reden
Suhrkamp Verlag
Schäkespears Theater ist ein schöner Raritätenkasten … seine Stücke drehen sich alle um den geheimen Punkt (den noch kein Philosoph gesehen und bestimmt hat), in dem das Eigentümliche unsres Ichs, die prätendierte Freiheit unsres Wollens, mit dem notwendigen Gang des Ganzen zusammenstößt. Unser verdorbner Geschmack aber umnebelt dergestalt unsere Augen, daß wir fast eine neue Schöpfung nötig haben, uns aus dieser Finsternis zu entwickeln.
Goethe, Zum Schäkespears Tag
Wir traten eben aus unseren Rollen heraus, erinnern wir uns!, in eine Welt der Untersuchung, nicht des Ja und Nein, bindungslos nur der ganzen Erde verhaftet, alles gewärtigend, aber wissend: kein neugieriger Ben Jonson würde nach dem Weltbrand die Balken des Globus besichtigen und sagen: Da liegen die Reste der Welt. Der »geheime Punkt«, um den sich alles drehte, hat sich verlagert, in dem das Eigentümliche unsres Wirs, die ungewisse Solidarität unsres Wollens, den nicht notwendigen Gang des Ganzen ändert.
Mich zog der Widerspruch groß
Weitgehend durchdachter Plan einer schmerzlosen und radikalen Lösung
Büchners Briefe
Aufklärung. Wiederkommen. Polemik oder: Ich wollte ihnen nur danken
Traumtext (1)
Reisners Reportagen
Rimbaud. Ein Psalm der Aktualität
Vom Menschenhandel (Die Schandschrift)
Der Mensch ohne Zugehörigkeit
Eine delikate Person
London / Berlin
Die Erfahrung der Freiheit
3. Oktober 1990
Raskolnikow Trotzki Gorbatschow
Ist das unser Himmel? ist das unsre Hölle?
Adresse an das cottbuser Theater
»… solang Gedächtnis haust / in this distracted globe«
Karte aus Kairo
Traumtext (2)
Die Räumung oder: Das philosophische Ereignis
Ein Ort für Peter Weiss
Auf Papenfuß
Lyotard oder: Die Leute lassen sich alles erzählen
Dem Geyer gleich. Goethe und Kafka in der Natur
Zu Tellers Gedächtnis
Wanderungen durch das Mark
Die Verhältnisse zerbrechen
Drei Frauen in Berlin
Die Rolle der Weigel
Das Versteck der Seghers
Die leibhaftige Christa Wolf
Die Bäume von Kyoto oder Vom Überleben der Literatur
Mickels Vermächtnis
An Klopstocks 200. Todestag
Der Realist John
Lenin on tour. Performance von Rudolf Herz
Dürerzone. Für Claudia Berg
Die dresdner Denkart
Kommune Sphären
Salute
Fährmann Jastram
Was Candide in seinem Garten widerfuhr
Zukunftsrede
Ein Stein für Silvia Schlenstedt
Totenrede für Christa Wolf
Mail nach Erbil oder Die ertrunkne Braut von Messina
Ein Königreich der Worte
Vom Fortbestehen. Eine Dreinrede
Gedicht unter Billigflagge
Nachweise
Ich wurde an einem Sonntag vor dem Krieg geboren. Mein Vater fiel am letzten Kampftag, mein 6. Geburtstag war der Tag der Befreiung und Besetzung. Dresden war zerstört, meine ästhetische Schule waren die schönen Ruinen. Sorglos und entsetzt begann ich zu leben. Meine Mutter ließ uns fünf Söhne, der Not trotzend, dem Antrieb der Neigungen folgen; der Staat, abstrakter denkend, zwang mich auf die übliche Landstraße. Nach dem Abitur in die Produktion, der Rausch der Arbeit (an den Handbaggern) und die stumpfe Qual, eine Erfahrung der Ungleichheit, von schöpferischer und Dreckarbeit: der elementare Stoff des Schreibens. Selbstgefühl und Mitgefühl waren die geheimen Motoren, und die intimen Berichte wurden unverhofft zum öffentlichen Vorgang.
Wir waren eine Generation, die der Widerspruch großzog; soziale Revolution und politische Bedrückung, die konträren Wirklichkeiten diktierten unser Dichten, Satz und Gegensatz gleichermaßen gültig. Es war die Kunst, es stehnzulassen, unaushaltbar. Wir hatten ein Vaterland in zwei Welten, und unsere Lehrer waren Emigranten, die jetzt Kompromisse lehrten. Ich Vaterloser konnte mir die Väter aussuchen, Brecht trat in seine selbstverständlichen Rechte. Wir berieten uns zugleich mit den Toten, die die Worte genau und hart fügten, Klopstock, Hölderlin, Büchner; sie waren die Überlebenden und trugen enorm zur Geselligkeit bei. (Um das Wir zu entziffern: Mickel, Kirsch, Tragelehn u. a. gehörten ihm an, man sprach von der Sächsischen Dichterschule.) Auch die Magistrale des Marxismus führte, in Leipzig, statt auf die Höhe des Bewußtseins, in befreiende Abgründe; die Hegelsche Dialektik Was vernünftig ist, das ist wirklich; und was wirklich ist, das ist vernünftig sog ich auf in der subversiven Wendung: daß keineswegs alles, was besteht, auch wirklich ist.
Am Berliner Ensemble, an das mich Helene Weigel holte, der Versuch eines philosophischen Volkstheaters: in unphilosophischer Zeit, in der das Volk eine unbegriffene große Rolle spielte. Was lag näher und ferner, als die Möglichkeiten geschichtlichen Handelns zu untersuchen. Ich schrieb ein paar Dramen mit Personen oder Unpersonen, deren Gedanken und Leiber zermahlen werden von der Macht. Ich sah die Geschichte marschieren, stillestehn und auseinanderlaufen; sah sie wiederum siegen und, wie es hieß, enden. Aus den Knochen des Einzelnen war sie nicht zu erklären, aber nach dem Los des Letzten zu beurteilen. Die Antwort, warum ich mitten in den Katastrophen blieb, war die Frage nach einem anderen Globus der Chancengleichheit.
Mark Aurels Bekundung, ein Mann von vierzig Jahren, in genügend hoher Stellung, habe alles Wesentliche erfahren, was je zu erfahren sein wird – diese abgeklärte Lehre sei, sagte Bloch, vor der Geschichte zuschanden geworden. Aus genügend niedriger Sicht sehe ich das gelassen. Daß die Arbeit auf eine Wende zu paradox im Umbruch endete, hat mir, im Alter von fünfzig, eine Biographie verschafft. Was denn anderes als Scheitern ist das Ziel des Alleingangs der Poesie.
In lärmender Zeit, ohnehin, der ironische Beruf, sich freizuschaufeln aus dem Müll der Meinungen, dem Flugsand der Rezensionen, und mühsam sich seiner selbst zu erinnern, seiner leibeigenen Existenz. Zuwider ist mir Macht, Dichtung ist die Sprache, die sie desavouiert, indem sie von Liebe spricht, Geschlecht, Tod und Gemeinsamkeit.
Sagte ich: meiner selbst? Immer gerate ich in Landschaften, die unbeirrt blühende Natur, die Elbe, die ich noch, und Grünbein nicht mehr durchschwimmen konnte, Barockschutt, man kann in den Fundamenten wandeln. Der Widerspruch, das Eigenste nur als das, nur gegen das Gesellschaftliche formulieren zu können, läßt mich Einzelnen Ihr Votum, Mitglied Ihrer Akademie zu sein, dankbar annehmen.
Wer den Blick über die staatliche Landschaft wirft, wird eine eigentümliche Erscheinung bemerken, von der die Presse noch nicht Notiz genommen hat. Es sind die, im milden Klima der letzten Plenen, abweichendDenkenden. In den mit Mühe saubergehaltnen Instituten sammelt sich immer wieder ihr Unrat. Querulanten, belästigen sie die Verantwortlichen, die nichts als ihre Arbeit tun, mit verworrenen Vorschlägen und Vorbehalten. Nicht willig, sich wortlos einzugliedern in die sachten Anstrengungen der Gemeinschaft, bieten sie ein mutwilliges Schauspiel für das Ausland, und die Ämter sind in Atem gehalten.
Wer informiert ist, wieviel Energie die Regulierung des Denkens bindet (und wie wenig sie nutzt), wird ohne weiteres zugeben, daß man eine allgemeineLösungdesProblems ins Auge fassen muß. Berufsverbote, die in kühnen Ländern gewagt werden, oder die Artikulationsminimierung sind zu oberflächliche Maßnahmen, als daß sie den Prozeß in der Tiefe treffen könnten. Sie wirken einfach nicht im Sinne des Erfinders. Aller Zwang lebt von der Vorstellung, es handle sich um verschwindende Minderheiten und diese seien der Vernunft zugänglich. Es ist aber oft gerade die Vernunft, die die Burschen annehmen sollen, Gegenstand ihrer Unlust, mehr als die Zustände, die das erheischen. Es hilft nicht, daß, was wirklich ist, vernünftig ist, wenn sich herumgesprochen hat, daß nicht alles, was vernünftig, wirklich ist.
Das Andersdenken entspricht dem Befund einer Allergie: die Individuen reagieren, in den angeschlagenen Betrieben und Ehen, überempfindlich auf bestimmte, für normale Organismen harmlose Reize. (Und zwar sind es nach bestimmterVorbehandlung erworbene Reaktionen.) Verernstet wird die Krankheit durch Reize vonaußen, die, trotz Abgrenzung, während der Berliner Konferenz[1] in unsere Organe gelangten und für eine entwickelte Gesellschaft allerdings unerträglich sind.
Es juckt mich sehr, einen Vorschlag zu machen. Er beruht auf zwei fundamentalen Erkenntnissen: 1. sind die Bevölkerungen, hier sowohl wie in den mitgedachten Bruderländern, in wirrer, spontaner Weise zusammengesetzt, wie sie seit der Völkerwanderung verblieben waren, und 2. existieren noch Grenzen und keiner weiß wozu. Indem ich mich zur vollen Dialektik beider Tatsachen bekenne, komme ich zu dem Schluß: wir müssen den Leuten ihre Grenzen setzen. Die Verteilung auf die Staaten muß Ausdruck ihrer Ansichten sein, nicht ihrer Abstammung. Wie in der sozialen Struktur nicht mehr der Zufall der Geburt entscheidet, soll ers auch nicht in der nationalen. Der waldursprüngliche Zustand, der nur eine geographische, nicht aber eine ideologische Bestimmung zuließ, würde so der Vergangenheit angehören.
Ich nehme meine Lösung als unblutige an.
Sie kann unsere Regierungen nicht vor unüberwindbare Schwierigkeiten stellen. Vieles, was wir erreicht haben, ist längst in diese Richtung gelaufen. Die Lösung käme also keineswegs überraschend. Wer dies bezweifelt, hat wenig von unserer Arbeit begriffen. Eine grobe Einteilung, durch relativ grobe Mittel, ist doch getroffen; wie doch immer die Ideen der Herrschenden herrschten und die Unbeherrschten daherredeten. Mit der einfachen Berechnung wie mit der höheren Einsicht und doppelten Logik wurde das Denken geschliffen; wer wollte behaupten, daß wir nichts ausgerichtet haben? Und die ohnehin Schweigenden werden noch jedem Plan zustimmen.
Diese Gewißheit gibt mir überhaupt Mut, jene zweiteVölkerwanderung in Europa anzuregen, die sich, nach siegreichen Wahlen, bis nach Italien, Spanien und Nordafrika wälzen müßte. Die Fähigkeiten des zentralistischen Apparats könnten bei so einer großen Dienstfahrt voll ausgespielt werden. Alles würde damit beginnen, die Überzeugungen auszukundschaften bzw. die vorhandenen Unterlagen auszuwerten. Das könnte die bislang in dem Ressort tätige Zahl der Mitarbeiter durchaus bewältigen, wenn sie einige Zeit im Land bliebe. Die bislang undurchsichtige Masse sähe sich kategorisiert in die Personenkreise a … n: Anhänger stalinistischer Praktiken, des Neuen Ökonomischen Systems, der Arbeiterselbstverwaltung, des Eurokommunismus usw. Die Rechenzentren würden ermitteln, wie viele zusätzliche Grenzen wir brauchten, und der Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe hätte die Standortverteilung zu beraten. Hier dürfte es Mißhelligkeiten geben, wir kennen es! um so mehr, als die nationale Eigensucht direkt herausgefordert wäre. Wo der Widerstand gewisser Delegationen aber gebrochen, wäre der Weg frei für die Massen. Ohne ihren Glauben und ihren Beruf zu verlieren, würden sie in die adäquaten Landstriche überführt. Bei exakter Planung könnte die Übergabe an laufenden Maschinen geschehen, in Poznan und Niedersedlitz und Chabarowsk. (Da die Integration einen achtbaren Grad erreicht hat, dürften die Überraschungen gelinde sein – und die bösen vielleicht der Miserabilität der eigenen Lieferungen geschuldet. Alles Stoff für die Literatur, die ungehindert aus unterschiedlichem Blickwinkel beschönigen könnte.)
Der Durchführung sollte aber unübliche Flexibilität gegenüber unsicheren Elementen eignen. Es gibt ja Leute, die sich nie festlegen wollen, die berufsmäßig lavieren. Ihnen wäre geduldig zu erklären, daß es sich für den einzelnen nur darum handelt, hingeschickt zu werden, wo er hingehört. Individualitäten, die sich absolut nicht entschließen können, müßte Gelegenheit gegeben werden, ihre Haltung zu überdenken. Man könnte sie in Schiffe auf die Ostsee oder den Pontus verfrachten, da mögen sie treiben wohin sie wollen. Solche Möglichkeiten also sollte man offenlassen und Landzungen oder kleinere Inseln (Kamtschatka, Vilm) mit Sektierern und Splittergruppen besiedeln.
Ich gestehe, daß ich nicht am Ende meiner Überlegungen bin. Jeder große Plan braucht die Weisheit des Volkes. Die Grundorganisationen müßten angewiesen werden, u. a. zwei Fragen zu diskutieren: 1. Wie verfahren wir mit den Heranwachsenden, solange sie politisch unreif sind? 2. Was geschieht mit Personen, die nach der Konfination ihre Ansichten ändern? Zu Punkt 1 sehe ich auf den ersten Blick zwei Verfahren. Beim ersten, das zwar rauh, aber jeder gegenwärtigen Praxis überlegen ist, setzen wir die Kinder nach der Stillperiode bis zum 18. bzw. 25. Lebensjahr in einer neutralen Region aus (sibirischer Norden? Mecklenburg?) – dies leuchtet ein, da die Elternteile (Mutter und die möglichen Väter) oft nach der Vereinung in ganz entfernte Gebiete verstreut werden – und geben der Jugendweihe einen Sinn, indem sich die unterrichteten Jugendlichen einem selbst gewählten Lande weihen. Über das andere Verfahren spreche ich nur unter vier Augen.
Bei Punkt 2 stellt sich das Problem verschieden für Personen unauffälliger und auffälliger Berufe (Kapazitäten sowie sog. Kulturschaffende). Ich meine, besonders letzteren sollte man nicht kleinlich kommen und ein gewisses Wandern erlauben, infern sie sich, wo sie sich körperlich, auch geistig befänden. (Naturen ohne jede Kompromißbereitschaft müßten gewissenhaft mit den örtlichen Privilegien bekanntgemacht werden.) Kommt es doch einzig darauf an und ist es der ganze Zweck dieses Plans, die politisch-moralische Einheit jedes Staats zu gewährleisten.
Nicht schlüssig bin ich mir, ob wir den Zweck veröffentlichen sollen. Denn auch ich, wie unsere gesamte Presse, weiß nie, ob die Menschen soweit sind. Aber Verfahrensfragen haben mich, offen gesagt, nie gedrückt, wenn es den großen Gang betrifft. Der Teufel steckt im Detail, was auch heißt: die Hölle ist das tägliche Leben. Das kann kein Gegenstand allgemeiner Überlegungen sein. Die Menschen sind noch immer zu ihrem Glück gezwungen worden, und größeres Glück erfordert, wie jeder weiß, größeren Zwang. Es ist ein hinreichend bekannter Satz, daß die Einrichtung des Staats, eh sie entrümpelt werden kann, erdrückend werden muß.
Indem ich dies niederschreibe, zweifle ich keine Minute: mein Vorschlag wird mit tiefem Ernst geprüft werden. Wir alle sind uns im klaren, was auf dem Spiele steht. Einbißchen Sozialismus rettet uns nicht; man kann nicht ein wenig schwanger sein. Wir sind so weit gekommen, daß es indenLeutendenkt:ES, das sind die Verhältnisse selbst, sie lauern den Leuten auf, fallen über sie her, dringen in sie ein und beginnen in ihnen zu denken, und keiner befreit sie davon. Der Buschfunk meldet, daß sie nimmer von uns verlangen, für ihre Gedanken gradezustehn, daß sie es uns nicht länger zumuten, daß sie uns von der Verantwortung für ihr Denken entbinden. Erschöpft in ihrem gegängelten Kopf, werden sie sich helfen auf die einzige Art – und herausreden, was ihnen auf den Zähnen brennt: die eigene Meinung. Das Ungeheure aber ist, man wird diese Leute verstehn – weil nicht alles getan worden ist, das Unheil zu verhüten. Sind doch nicht einmal die banalen Möglichkeiten genutzt worden: das gleichmäßig ehrliche Argumentieren, das Behandeln des wesentlichen Wissens als Volkseigentum, das Bereden von Alternativen, das Beteiligen an Grundsatzentscheidungen. Es wird unter die Leute kommen, daß all das, eben weil es offenbar nicht geht, nicht ausreicht, daß man tiefer graben muß bis auf die selbstverständlichsten Strukturen der Arbeitsteilung. Selbst ich, ein gutmütiger und besonnener Mann, stehe in diesem Fall für nichts. Ich kann, bei allem Respekt vor den Organen, nicht dem Fell schuldgeben, wenn es juckt. Ich trete hier, meine einfache Lösung in den zerkratzten Händen, vor die Regierung und hoffe, sie wird sie ohne Angst vor diplomatischen Verwicklungen aufgreifen – oder eine andere, womöglich noch sicherere, auf die einer allein nicht kommt.
In der Hauptstadt im Januar 1977
Wen die Nachwelt feiert, der hat Grund zu zittern im Grabe. Die Toten, wenn sie nun hochleben dürfen, reden viel tote Sätze. Wem fiele öffentlich ein, auf ihren Worten zu bestehn? Wir ehren Müntzer, wir ehren Heine, wir ehren Lenin und wissen kaum, von wem wir reden. Diese Leute, gestehn wirs nur ein, sind noch immer kaum zitierbar. Ihre kühnsten Reden müssen noch immer ersaufen im Beifall. Müntzer. Sein PragerManifest ist nicht so gänzlich verjährt, wie unsere Umarmung glauben machen will; man stelle den Mann nur auf die Bühne mit seiner AusgedrücktenEntblößung, und er wird abgesetzt werden vor der ersten Vorstellung. Lenin. Das bloße Hersagen seiner Aprilthesen eine Provokation, das Aufzählen der Mitglieder seines Politbüros ein diplomatischer Skandal. Und das schreibe ich im sozialistischen Preußen und Sachsen; im kapitalistischen Hessen oder Bayern sind das noch Unpersonen. Oder der dreiundzwanzigjährige Büchner. Sein Danton, der in Mode kommt, immer wieder banalisiert auf die dünne Essenz unseres eingeschränkten Denkens. Sein HessischerLandbote ein staubiges Papier über Vorgeschichte, unter die wir bekanntlich den Strich gezogen haben. Wahrlich, die Losung der Ulbrichtzeit hat ihren Sinn: wir haben diese Leute überholt, ohne sie einzuholen.
Und das ist bestürzend wahr. Büchners Briefe lesend, muß man sich mitunter mit Gewalt erinnern, daß es nicht die eines Zeitgenossen sind. Er griff nicht nur über den Horizont der bürgerlichen Revolution hinaus: auch an schönen Punkten über den Horizont der sozialistischen. (An eben den Punkten geht auch immer noch die offizielle Phrase über die Wirklichkeit hinweg.) Die Umstände seines Denkens sind aus einem andern Baukasten genommen, aber die Regeln, wonach sie sich zwangsläufig ordnen, sind noch ganze Strecken in Kraft. Das muß nicht bewiesen werden; lassen wir seine Sätze, wo sie uns betreffen in dieser segmentierten Welt, rot werden wie unser lebendiges Blut: oder wie unsere Scham.
Für eine politische Abhandlung habe ich keine Zeit mehr, es wäre auch nicht der Mühe werth, das Ganze ist doch nur eine Comödie. Der König und die Kammern regieren, und das Volk klatscht und bezahlt.
Ohne Umschweife: da hatte die Revolution gesiegt. Als Büchner ins französische Straßburg kam, um Medizin zu studieren, waren die Aristokraten gestürzt und eine neue Klasse an der Macht. Die Überzahl des Volks aber, das sich auf den Barrikaden geschlagen hatte, sah sich um den Lohn geprellt. Die erbitterten Streiks (1831: 49, 1832: 51, 1833: 90) signalisierten, daß die Revolution am Hauptinteresse der Massen vorbeigeschritten war. In Lyon kartätschten 20 000 Soldaten die Seidenweber in die Lohnarbeit zurück. Die »republikanischen Zierbengel mit rothen Hüten« gaben die Parole aus: Enrichissez-vous!: adressiert an die Fabrikanten und Bankiers – wie dermaleinst zehn Jahre nach dem Oktober die Volkskommissare, gewandt an die NÖP-Bonzen. Die große Frage, die aus den neuen Verhältnissen schrie: HAT DIE REVOLUTION GELOHNT? WAS IST NUN DIESE NEUE EPOCHE? Die Frage immer, die eine kühle, illusionslose Antwort fordert.
Die politischen Verhältnisse könnten mich rasend machen. Das arme Volk schleppt geduldig den Karren, worauf die Fürsten und Liberalen ihre Affenkomödie spielen. Ich bete jeden Abend zum Hanf und zu d. Laternen.
Das auf der andern Seite des Rheins (wir würden heute sagen: der Elbe). Das Großherzogtum Hessen, wie die deutschen Kleinstaaten allesamt, war weit entfernt davon, die Misere der Revolution erkämpft zu haben. Die Deutschen gaben dem »alten ruhigen heiligen römischen Dunghaufen den Vorzug vor der gewaltigen Aktivität eines Volkes, das die Ketten der Sklaverei mit starker Hand abwarf«. Diese »Nation von Theoretikern« (Engels: in Büchners Alter, DeutscheZustände, Brief I) ließ sich unter dem Druck der Zeitumstände lediglich herbei, »ein neues System zu erfinden«, eine »Bastardmonarchie«, in der die Aristokraten die bürgerlichen Klasseninteressen durch gute (und geheime) Verwaltung befriedigten. (Engels spricht merkwürdigerweise und ungenau von einer neuen »besonderen Klasse von administrativen Regierungsbeamten, in deren Händen die Hauptmacht konzentriert ist und die gegen alle anderen Klassen in Opposition steht«. Es sei dies »die barbarische Form der Herrschaft des Bürgertums«, Brief III. Hundert Jahre später und östlich davon eine analoge Herrschaftsweise der Arbeiterklasse, wobei allerdings und entscheidendermaßen die administrativen Beamten nicht gegen alle Klassen, sondern für alle Klassen zu regieren suchen.) Das arme Volk in Hessen: die Bauern, sechs Siebentel der Bevölkerung, mußten »immer noch den Gutsherrn dafür entschädigen, daß er nicht mehr wie bisher das Recht hatte, sie für sich unentgeltlich arbeiten zu lassen« (Mottek, WirtschaftsgeschichteDeutschlands, Band II), das Proletariat, eine geringe, zersplitterte Masse. Aber sie, die nicht imstande waren, »ihre Kartoffeln zu schmelzen etc.«, waren noch immer bereit, sie zu fressen.
Meine Meinung ist die: Wenn in unserer Zeit etwas helfen soll, so ist es Gewalt.
Ich sehe heute keinen Grund, an Büchners Bekenntnis einen Abstrich zu machen. Solange eine Gesellschaft, sie mag mittlerweile wie immer heißen, auf Gewalt beruht, nämlich solange es »die da oben und die da unten« gibt, bedarf es der Gegengewalt, sie zu verändern. Zwar der Charakter dieser Gegengewalt mag sich modeln, er mag feiner werden: oder in sozialistischen Staaten gar freundlicher, aber mitnichten nachgiebiger. Es wird nicht der Hanf sein und die Laterne, nicht einmal der Streik und die Demonstration. Wo das Oben und Unten sich nicht mehr in der archaischen Gestalt von Klassen gegenübersteht, aber doch die verschiedene Stellung der Individuen in der Pyramide der Verfügungsgewalt anzeigt, geht der Kampf nicht mehr um den Platz an der Spitze, sondern um die Zertrümmerung der Pyramide. Die Staaten, die fähig wären, ihre eigene Gegengewalt zu organisieren (mittels Volksvertretungen, Ausschüssen, Produktionsberatungen, Grundeinheiten der Partei), befinden sich noch im Stadium des Großversuchs: die Massenproduktion von Demokratie ist noch nicht freigegeben. Sie ist auch, obwohl das Ziel, ein Nebenprodukt – der Jahrtausendarbeit, die vertikale Arbeitsteilung aufzuheben durch Umwälzung der Produktionsweise von Grund auf.
Wenn ich an dem, was geschehen, keinen Theil genommen und an dem, was vielleicht geschieht, keinen Theil nehmen werde, so geschieht es weder aus Mißbilligung, noch aus Furcht, sondern nur weil ich im gegenwärtigen Zeitpunkt jede revolutionäre Bewegung als eine vergebliche Unternehmung betrachte und nicht die Verblendung Derer theile, welche in den Deutschen ein zum Kampf für sein Recht bereites Volk sehen.
Was geschehen war: am 3. April 1833 hatten Aufständische die Konstablerwache in Frankfurt am Main gestürmt und die Wachmannschaften entwaffnet. Am Abend waren sie von einem Linienbataillon blutig in die Flucht getrieben worden. Ein dilettantischer Putsch einer Handvoll liberaler Oppositioneller gegen den übermächtigen Polizeistaat – dessen Geheimpolizei nun um so wütender zu rotieren begann. Büchner nannte dergleichen »revolutionäre Kinderstreiche«. Er wollte sich in die »Gießener Winkelpolitik« der radikalen Schwärmer nicht einlassen und mied stur ihre Zirkel. Die erbosten Kommilitonen, aus dem Bier tauchend, vergalten es ihm mit Schmährufen vor seinem Fenster. »Offen gestanden, dieser Georg Büchner war uns nicht sympathisch. Er trug einen hohen Zylinderhut, der ihm immer tief unten im Nacken saß, machte beständig ein Gesicht wie eine Katze, wenn's donnert, hielt sich gänzlich abseits, verkehrte nur mit einem etwas verlotterten und verlumpten Genie, August Becker, gewöhnlich nur der ›rote August‹ genannt. Seine Zurückgezogenheit wurde für Hochmut ausgelegt«: Karl Vogt, AusmeinemLeben. Es war Nüchternheit. Jenseits und diesseits des Rheins standen Kämpfe bevor, aber wer sollte sie führen? Die Bauern, borniert in ihrem lokalen Dreck, die Kleinbürger, auf nichts erpicht als Konzessionen. Es mußten nur zehn Jahre vergehn, bis Engels und Marx die ungefügen, gewaltigen Regungen einer Klasse zu deuten vermochten, deren Elend allgemein genug war, daß sie aufs Ganze gehen könnte. Von ihr, die nichts hatte, war alles zu hoffen. Büchner blickte in ein Nichts.
Und wohin denn blicken wir?
Hätten die Kommunisten des neunzehnten Jahrhunderts nur das neue Elend, die neue Quälerei wahrgenommen und nicht auch die neuen Qualitäten der sich rekelnden Bourgeoisie, die in den Hallen an der Ruhr die ersten Dampfmaschinen montierte und in den Labors der gießener Universität die künstliche Düngung erfand: sie hätten nie die neue Kraft erkannt, die, in Ketten, unter ihr aufwuchs. Wo, wenn nicht in den neuen Qualitäten der sozialistischen Arbeiterklasse, die unsere radikalen Schwärmer schon abgeschrieben haben, weil sie nicht zehn oder zwanzig Jahre warten können, wo, wenn nicht im berühmten Neuen, auf das wir mit amtlicher Billigung den Blick lenken dürfen, sind wir dem radikalen Sprengstoff am nächsten?
Ich werde zwar immer meinen Grundsätzen gemäß handeln, habe aber in neuerer Zeit gelernt, daß nur das nothwendige Bedürfniß der großen Masse Umänderungen herbeiführen kann, daß alles Bewegen und Schreien der Einzelnen vergebliches Thorenwerk ist.
Zu diesem lapidaren Satz wäre keiner der deutschen Dichter und Denker im Juni 1833 imstand gewesen – nicht einmal die »literarische Partei Gutzkows und Heines«. (So viel Büchner Heines unbestechlichem Witz verdankte, sein Blick war schon tiefer: in den Abgrund. Er sah den »Riß« in der Gesellschaft, den, wie er Gutzkow »um aufrichtig zu sein« an den Kopf warf, keine »Tagesliteratur« kittete. Den Riß, vor dem »die Reform von selbst aufgehört hätte«.) Wie aber wird das Bedürfnis der Masse notwendig? Wenn sich eine materielle Lage herausgebildet, in der deutlich nicht länger so zu leben ist. In den unentwickelten hessischen Verhältnissen schien selbst die drückende Not diffus und ungreifbar, und für die Masse unbegreiflich. Der Landbote war nicht einmal in den Wind geschrieben: an vernagelte Stirnen. Hinter dem Rhein (oder heute vor der Elbe), nach Zeiten scheinbaren oder wirklichen Aufbruchs mußte die Schmelze nur erstarren, die materielle Lage wieder gerinnen in feste, unausweichliche Strukturen, um wieder erkennbar – und unerträglich zu werden. Wir haben aber in neuerer Zeit verlernt, ein notwendiges Bedürfnis der Masse, nur weil es sich noch nicht artikuliert, überhaupt für möglich zu halten: indem die neuere Zeit die NEUE ZEIT ist (ich werde mir noch einige Blätter vor den Mund halten, eh ich davon rede).
Ich verachte Niemanden, am wenigsten wegen seines Verstandes oder seiner Bildung, weil es in Niemands Gewalt liegt, kein Dummkopf oder kein Verbrecher zu werden, – weil wir durch gleiche Umstände wohl Alle gleich würden, und weil die Umstände außer uns liegen.
Der Versuch des »Spötters«, sich vor den Eltern zu rechtfertigen, geriet zur großen Konfession. Er berief sich auf seine »mitleidigen Blicke« – und hatte damit seine Weltsicht auf den Begriff gebracht. Er begriff als Materialist die Natur der Leute aus den Verhältnissen, unter denen sie vegetieren oder prassen; Verhältnisse, die nur zu bedauern waren, aber die zu ändern mal nicht zu denken war. Das nennt man meist Fatalismus, ach was. Er nahm die Individuen in Schutz gegenüber den Umständen: eine Verfremdung, die dem revolutionären Denken beliebt. Wovon er nicht sprach (und was er nicht zeigte), eben das war sein Thema: die Umstände menschlich zu bilden. Sein Realismus: nicht davon zu sprechen.
Der halbe Satz, in dem er darauf kam, blamiert sich vor der beginnenden Zukunft: die gleichen Umstände, die uns gleiche Möglichkeiten verschaffen, werden uns erst als Ungleiche zeigen (die Umstände in uns). Da ist ein andererWoyzeck zu schreiben, ein bitterer; nicht die Tragödie der Armut: die Tragödie der Unfähigkeit. Ein härteres Elend, das nicht mehr mitleidige Blicke will, aber womöglich helfende Hände.
Meine Freunde verlassen mich, wir schreien uns wie Taube einander in die Ohren; ich wollte, wir wären stumm, dann könnten wir uns doch nur ansehen, und in neuen Zeiten kann ich kaum Jemand starr anblicken, ohne daß mir die Thränen kämen.
Noch war der Landbote nicht geschrieben, aber Büchner wälzte ihn im Kopf und diskutierte mit dem butzbacher Rektor Weidig bis aufs Messer. Noch waren die gießener und darmstädter Sektionen der Gesellschaft der Menschenrechte nicht gegründet, aber Büchner wußte, er wird bei der akademischen Jugend auf Granit beißen: von Standesdünkel. Weidig, furchtloser Flugschreiber (der illegale LeuchterundBeleuchterfürHessen), verfocht eine offene Einheitspartei aller Patrioten. Büchner, indem er für die Masse war, mußte gegen diese liberale verwaschene Koalition sein. Sein Organisationsplan zielte auf eine streng disziplinierte Kampfpartei, in der alle gleichgestellt sind und deren Mitglieder sich gleichermaßen als Propagandisten des sozialen Umsturzes, der materiellen Gleichheit aller verstehn. Das war die Sprache von Straßburg, des Babeuf, der Revolution. Die Konsequenz seines Agitierens verblüffte und berauschte die Freunde (Becker, Clemm, Schütz, Minnigerode), »denen allen Büchner imponirte« (und es »dürfte … schwer sein, sich einen Begriff von der Lebhaftigkeit, mit welcher er seine Meinungen vortrug, zu machen«: Becker im Verhör vom 1. September 1837 vor dem Hofgericht zu Darmstadt). Und die Konsequenz erschreckte sie zugleich. Weidig, der »Opportunist«, rief, den Entwurf des Landboten in den Händen: daß nun »kein ehrlicher Mann mehr bei uns aushalten« werde.
Immerhin gehörten beide, wie der Großherzogliche Hessische Hofgerichtsrat Noellner in »actenmäßiger Darlegung« recherchierte, zu jener hochverräterischen »Partei …, welche den wohlberechneten Plan, die deutschen Staatsverfassungen mit offener Gewalt zu ändern, als unausführbar aufgegeben, dagegen zu demselben Zwecke die Bearbeitung des Volkes zu allmählig fortschreitender Auflehnung gegen die Staatsgewalt durch Druckschriften sich zur Aufgabe gemacht zu haben schien«. Weidig mußte dafür elendiglich mit dem Leben zahlen. Zu demselben Zwecke, mit welchen Mitteln immer, war mit den Burschenschaften ebensowenig zu handeln wie mit den »Philistern«. Der Medizinstudent Georg Büchner, der wie in unsern Tagen Ernesto Che Guevara die Operation an der Gesellschaft der Heilbehandlung einzelner Gebresten vorzog, der die Masse als seinen Patienten sah, sah sich wie dieser allein in einem entsetzlichen Wald. Jeder Schritt weiter kostete die Köpfe der Freunde: im Knast, oder im Verrat, im Gelächter.
Sei ruhig, mein Junge! Schlafe, mein Junge, schlafe!
Ich studirte die Geschichte der Revolution. Ich fühlte mich wie zernichtet unter dem gräßlichen Fatalismus der Geschichte. Ich finde in der Menschennatur eine entsetzliche Gleichheit, in den menschlichen Verhältnissen eine unabwendbare Gewalt, Allen und Keinem verliehen. Der Einzelne nur Schaum auf der Welle, die Größe ein bloßer Zufall, die Herrschaft des Genies ein Puppenspiel, ein lächerliches Ringen gegen ein ehernes Gesetz, es zu erkennen das Höchste, es zu beherrschen unmöglich. … Das muß ist eins von den Verdammungsworten, womit der Mensch getauft worden. Der Ausspruch: es muß ja Aergerniß kommen, aber wehe dem, durch den es kommt, – ist schauderhaft. Was ist das, was in uns lügt, mordet, stiehlt?
Ich studierte die Geschichte der Oktoberrevolution und watete durch das Blut der dreißiger Jahre. Ich sah mich gegen eine Wand von Bajonetten wandern. Ich spürte die Tinte der Lügen brennen auf meiner Haut. Es war wie ein Bad im Dreck, in Gedärm, in zerfetztem Gehirn. Ich schritt nackt und rückhaltlos draufzu: und fühlte mich gestärkt hervorgehn, mit der ganzen Wahrheit bewaffnet. Die Wahrheit, Genossen, macht nicht schlapp, sie ist unsere Kraft. Die Fragen zu fragen, gestern tödlich, heute ein Schnee. Der Gesamtplan der Wirtschaft, das Tempo der Industrialisierung, der Sozialismus in einem Land: »die Partei ist kein Debattierklub« – aber die Geschichte diskutiert die Fragen zuende. Viele Verräter von einst wortlos rehabilitiert durch den Gang der Dinge. Ein Gang blutig, hart, irrational: solange wir geduckt gehn, blind, unserer Schritte nicht mächtig. Die sinnlosen Opfer, weil wir die Gangart nicht beherrschen (es gibt notwendige Opfer). »Personenkult« die feige Ausrede, die alles erklären soll, ein Augenauswischen. Statt einzuhalten im fahrlässigen Marsch, das Gelände wahrzunehmen, die Bewegung zu trainieren. Das Training des aufrechten Gangs. Die Wissenschaft, die in Büchners Tagen nicht komplett war; das Besteck, dessen sie sich bedient, lag noch nicht beieinander. Der historische Materialismus: das wird ist eins von den Erlösungsworten, die uns in der Kinderkrippe buchstabiert werden. Es muß kein Ärgernis kommen. Wir sind dabei, aus der Welt zu reißen, was uns lügen, morden, stehlen macht.
Arbeiten ist mir unmöglich, ein dumpfes Brüten hat sich meiner bemeistert, in dem mir kaum ein Gedanke noch hell wird. Alles verzehrt sich in mir selbst; hätte ich einen Weg für mein Inneres, aber ich habe keinen Schrei für den Schmerz, kein Jauchzen für die Freude, keine Harmonie für die Seligkeit. Dies Stummsein ist meine Verdammniß. Ich habe dir's schon tausendmal gesagt: Lies meine Briefe nicht – kalte, träge Worte!
Seine kalten trägen Worte waren allerdings die schönsten, die im neunzehnten Jahrhundert eine deutsche Feder schrieb. Es waren die ersten spitzen Halme, aber eine Wiese loderte in seinem Hirn. Er war ein Autor ohne Werk (einige schwache Gedichte lagen im darmstädter Kinderzimmer). Wie sollte er schreiben mit dieser Einsicht in keine Aussicht? »Die ganze Krankheit der heutigen Zeit entstammt zwei Ursachen. … Alles, was einst war, ist nicht mehr; alles, was einst sein wird, ist noch nicht.« (Musset, LaConfessiond'unenfantdusiecle) Büchner, dessen Analyse am schärfsten schnitt: durch die eigne Existenz, in der tiefsten Krise. Er fängt an, »interessant zu werden«.
Wir nun: vieles, was einst war, dauert noch; vieles, was sein wird, beginnt schon. Das das Fieber, das uns schüttelt, die Spannung, die uns zerreißt. Oder man rettet sich in einen Hochmut oder Zynismus, die Medizinen, mit denen unsere größten Dichter heute sich am Leben fristen.
Ich benutze jeden Vorwand, um mich von meiner Kette loszumachen. Freitag Abends ging ich von Gießen weg; ich wählte die Nacht der gewaltigen Hitze wegen, und so wanderte ich in der lieblichsten Kühle unter hellem Sternenhimmel, an dessen fernstem Horizonte ein beständiges Blitzen leuchtete.
Diese fröhlichen harmlosen Sätze an die Eltern, scheinheilig als Wandervogel durch die stille Natur. Denn er begegnete zufällig Freund Boeckel, der schwatzen konnte, und Georg beeilte sich, den plötzlichen Trip zu motivieren. Des Vaters Sinn für Ordnung mußte, in den Wirren neuerdings, bedient werden. Ganz Darmstadt wußte wohl, daß der Sohn des Hofgerichtspräsidenten Minnigerode, mit 150 Broschüren eines gewissen HessischenLandboten auf der Haut, am Stadttor in Gießen gekascht worden war. Büchner, stillschweigender Verursacher und Verfasser, wurde in Butzbach beordert, Austräger Schütz in Offenbach zu alarmieren (der entkam in die Schweiz) und die frankfurter Genossen zu warnen. (»Den kleinen Umweg machte ich, weil es von dieser Seite leichter ist, in die Stadt zu kommen, ohne angehalten zu werden.« Er habe sich nicht mit den nötigen Papieren versehen.) Irreführung der Behörden und der Eltern; die gewohnte Komödie (vgl. seinen herausrederischen Brief zum Danton). Das Ventil für seine Verstellung pfiff nun in den Kanzleien der Hofgerichte.
O Zeiten o Briefe. Wir schreiben ernstlich keine mehr; da es kein Postgeheimnis gibt – die Verfassungen mögen besagen was wir wollen –, könnte man sich ebensogut gleich einvernehmen lassen.
»Und so wanderte ich in der lieblichsten Kühle«, bleich, die Angst im Nacken. Am fernsten Horizont beständig die Revolution.
Die ganze Revolution hat sich schon in Liberale und Absolutisten getheilt und muß von der ungebildeten und armen Klasse aufgefressen werden; das Verhältniß zwischen Armen und Reichen ist das einzige revolutionäre Element in der Welt, der Hunger allein kann die Freiheitsgöttin … werden.
Halt. Tun wir nicht so erhaben. Dieser abgetane Satz (Marx faßte ihn schon zehn Jahre später tiefer: als Widerspruch von Kapital und Arbeit) ist der zeitgenössischste noch für jede Revolution. Man muß nicht Worte lesen. Das Verhältnis von Ausführenden und Bestimmenden, die wieder die Armen und Reichen sind (arm oder reich an Möglichkeiten, Fähigkeiten, Bedürfnissen), wird das revolutionäre Element, der Hunger nach schöpferischer Tätigkeit wird die Fahne der Freiheit. Die alten Trennungen Kopfarbeit – Handarbeit, Stadt – Land, Lehre – Produktion usw. umzustürzen, wird das notwendige Bedürfnis der Masse werden. Die Revolution des Apparats muß von der subordinierten Klasse aufgefressen (wir sagen sublimer: aufgehoben) werden.
Wenn man mir übrigens noch sagen wollte, der Dichter müsse die Welt nicht zeigen wie sie ist, sondern wie sie sein solle, so antworte ich, daß ich es nicht besser machen will, als der liebe Gott, der die Welt gewiß gemacht hat, wie sie sein soll. Was noch die sogenannten Idealdichter anbetrifft, so finde ich, daß sie fast nichts als Marionetten mit himmelblauen Nasen und affectirtem Pathos, aber nicht Menschen von Fleisch und Blut gegeben haben, deren Leid und Freude mich mitempfinden macht, und deren Thun und Handeln mir Abscheu oder Bewunderung einflößt.
1835. Die Zeit scheint stillgestanden in den Instituten. Die zwei Hälften seines Lebens. Er hatte sich »vollkommen überzeugt«, daß nichts zu tun war, »daß Jeder, der im Augenblicke sich aufopfert, seine Haut wie ein Narr zu Markte trägt«. Er genoß die Freiheit des unpolitischen Flüchtlings. Ein neuer Lebenslauf, mit einem heutigen Vers: Jetzt bin ich ich, und liebe lehre dichte.
»Es war allerdings auch die Entscheidung für Verzicht und Resignation möglich. Dann hätte man statt des Danton und Woyzeck einen neuen Datterich erhalten, ähnlich jenem, den der Darmstädter Kandidat Niebergall, der neben Büchner in Gießen studierte, … als Quintessenz hinterließ« (Mayer, GeorgBüchnerundseineZeit). Dergleichen Niebergallen haben sich fortgepflanzt als die Nachtigallen unserer Presselyrik. Büchners Aversionen sind aktuell, weil das Elend der Literatur noch durch keine soziale Revolution besiegt wurde. Also seine Unfreude an der gezierten Künstlichkeit des Biedermeier wie an der brutalen Verwurstung, die sich an jedem Schrecken ergötzt.
Daß übrigens noch die ungünstigsten Kritiken erscheinen werden, versteht sich von selbst; denn die Regierungen müssen doch durch ihre bezahlten Schreiber beweisen lassen, daß ihre Gegner Dummköpfe oder unsittliche Menschen sind.
Kein Kommentar.
Ich sehe meiner Zukunft sehr ruhig entgegen.
Er hatte nicht mehr zwei Jahre zu leben. Und schrieb: LeonceundLena, die Übersetzung von Hugos MariaTudor und LucretiaBorgia, Lenz, die Dissertation Mémoiresurlesystèmenerveuxdubarbeau, ein Kolleg über Cartesius, Exzerpte aus Spinoza und Tennemanns GeschichtedergriechischenPhilosophie, vielleicht Aretino, die Woyzeck-Fassungen, die Probevorlesung ÜberSchädelnerven. Seine Zukunft begann zwei Menschenalter später.
Wir können ihm einiges vorwerfen, im Stile einiger Scharfrichter vom Gewi-Institut: er begriff nicht die VOLLE DIALEKTIK der sozialen Kämpfe, er ermannte sich nicht zu POSITIVER ZIELSETZUNG, er mißdeutete die HISTORISCHE BESCHRÄNKTHEIT der Revolution fatal als Beschränktheit der menschlichen Natur. »Jeder Mensch is ein Abgrund«: Woyzeck. Er sah nicht weit, er sah in sie hinein. Sie mußten aus sich selbst heraus; das war sein Problem, das nicht er löste. Den Abgrund überspringen konnte nicht der Einzelne im Ernst; der Sprung der Geschichte nur immer kann Lösungen bringen.
Ich komme vom Christkindelsmarkt, überall Haufen zerlumpter, frierender Kinder, die mit aufgerissenen Augen und traurigen Gesichtern vor den Herrlichkeiten aus Wasser und Mehl, Dreck und Goldpapier standen. Der Gedanke, daß für die meisten Menschen auch die armseligsten Genüsse und Freuden unerreichbare Kostbarkeiten sind, machte mich sehr bitter.
Durch den Neubaukomplex Weißenseer Weg laufend, begegneten mir Scharen randalierender Halbwüchsiger, hin und her wogend in den Fluren und die Treppenhäuser hinauf und ab, »Schlüsselkinder«, sich selbst ausgeliefert, die die Zeit töteten mit Radau bis zur Dunkelheit, bis die Eltern sie mit lieblosen Worten abspeisen und Taschengeld und Flimmerkiste. Wie wenig, in dieser engagierten Gesellschaft, Geborgenheit, gemeinsame Freude.
Der rote Becker gab im Verhör vom 1. September 1837 Büchners (der in Sicherheit war) Satz zu Protokoll: »es sei in seinen Augen bei weitem nicht so betrübt, daß dieser oder jener Liberale seine Gedanken nicht drucken lassen dürfe, als daß viele tausend Familien nicht im Stande wären, ihre Kartoffeln zu schmelzen etc.« Auch dieser Satz noch lesbar! wenn man Augen hat. Als daß viele tausend Arbeiter in elende primitive Produktionen gezwängt sind etc.
Das Leben ist überhaupt etwas recht Schönes und jedenfalls ist es nicht so langweilig, als wenn es noch einmal so langweilig wäre.
Das Leben ist überhaupt eins der schönsten! und wirklich: es wäre schon gut, wenn es nur nicht immerzu schöner und schöner und schöner heißen müßte.
Ich sehe dich immer so halb durch zwischen Fischschwänzen, Froschzehen u. s. w. Ist das nicht rührender, als die Geschichte von Abälard, wie sich ihm Heloise immer zwischen die Lippen und das Gebet drängt? O, ich werde jeden Tag poetischer, alle meine Gedanken schwimmen in Spiritus.
Du kommst bald? mit dem Jugendmuth ist's fort, ich bekomme sonst graue Haare, ich muß mich bald wieder an Deiner inneren Glückseligkeit stärken und Deiner göttlichen Unbefangenheit und Deinem lieben Leichtsinn und all Deinen bösen Eigenschaften, böses Mädchen.
Die ergreifendsten Briefe an die Braut: Louise Wilhelmine (Minna), Tochter des protestantischen Pfarrers Jaeglé, seines straßburger Quartiergebers in der Rue Saint-Guilleaume. Das liebliche Bild, das sie von ihr malen, nur übertroffen von seiner Lucile, seiner Julie im Danton. Seine einzige Frau, und er blieb ihr einziger Mann.
Dieselbe vernichtete alle Briefe (wie auch sein Tagebuch und sein vermutlich kühnstes Stück Aretino); was wir haben sind Abschriften von Auszügen. Dergleichen Andenkenpflege wird immer geübt und die herrlichsten Naturen erniedrigt auf den Horizont von Muckern (Ernst Thälmann und Tamara Bunke keine Ausnahme). Welche Briefstellen fehlen? Die atheistischen, die schweinischen? Die banalen? Noch jeder Satz von ihm macht uns den Verlust vergessen und rasend bewußt. Wir kennen Büchner, um uns unser Teil zu denken.
Vor fünfundzwanzig Jahren, an einem Maitag, fuhr ich auf dem Fahrrad nach Kamenz, mit frohem Gefühl: um Lessing irgend zu suchen; und ich fand die Kamenzer nicht so »schlecht denkend«, wie Lessing ihnen nachsagte, sondern rechtschaffen aufgeklärt wie die Dresdner. Aber wie wäre mir Lessing vorgekommen, leibhaftig und von heute? Thomas Mann sprach gegen seine Mitbürger den warnenden Satz: »Sie irren sich sehr, indem sie den großen Mann von gestern zurückersehnen, vermeinend, er werde der Ihre sein. Käme er, sie würden ihn nicht wiedererkennen.« Wir würden ihn vielleicht erkennen, und er würde gewiß der Unsre sein, aber ob wir meinen würden, ihn mit Recht zurückersehnt zu haben? Meine Damen und Herrn, ich wollte nur einen Dank sagen, aber das Ministerium ermuntert mich, hier lessingsch ein paar Worte zu riskieren.
Ein erstes. Aufklärung. Die Aufklärung, ich meine nicht das Jahrhundert, das sich selbst diesen Namen gab, sondern eine heutige Kopfarbeit, steht in schlechtem Ruf. Aufklärung war in jenem Jahrhundert Oppositionsliteratur, heute ist sie hauptsächlich staatliche Agitation und Propaganda. Aufklärerisch ist beinahe ein Schimpfwort, man ist des Belehrens und Nachfragens müde. Auf Lessing sieht man nachsichtig, Brecht hat man satt, und wer liest noch die Journale? Wir sind überzeugt, längst klar zu sehn, den Laden zu kennen – und die Journale selber haben uns in diese Ruhe gebracht. Aber die Ruhe ist nicht geheuer. Einem Mann wie Lessing wäre sie unerträglich. Was, würde er fragen, wissen wir denn? Wissen wir, was hier Sache ist? Wie wir miteinander stehen? Was hier gespielt wird? Der Mann, dem »der Geist der Untersuchung alles war« (Teller), würde unfehlbar in die Tiefe graben, und – man stelle es sich vor – mit unserm Rüstzeug. Mit der konkreten Analyse der konkreten Situation. Mit dem Blick auf die bewegenden und unhaltbaren Widersprüche dieser neuen und hoffnungsvollen Gesellschaft. Was bliebe von der Einbildung mancher Theoretiker, daß die wichtigsten Fragen geklärt seien und wir Arbeiten nicht nur neuen, sondern guthin menschlichen Charakters tun, gleichberechtigt und mit gleichem Interesse? Lessing würde entdecken, daß die Unlust so Vieler an der Theorie in dem dumpfen Gefühl wurzelt, daß der Einzelne noch oft in der alles erklärenden These verschwindet, untergebuttert ist mit seinen lebendigen Wünschen. Lessing würde womöglich polemisch formulieren: Wir haben die Welt lange genug verändert, es kommt wieder einmal drauf an, sie zu interpretieren. Und wir würden ihm seinen Witz ein wenig verübeln. Aufklärung, würde er sagen, hieß das nicht Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit? Aufklärung, wie tut sie uns not, und anders als ich dachte! Als vergesellschafteter sozialer Erkenntnisprozeß, in dem öffentlich die Lösungen für eine Praxis debattiert werden, die uns aus unseren Verhältnissen reißt! Die Welt ist erkennbar, aber nicht weiter in den Denkgleisen von heute, die auf dem Schotter unsrer Strukturen ruhen.
Ein anderes. Wiederkommen. Wir leben, und damit genug. Wir kriegen die Zeit über die Runden. Wir halten durch bis zur Rente. Das war es dann. Wir sind in Zukunft auf alles gefaßt, nur nicht aufs Neue. Das Anderswerden ist uns ein Kirchenlied. Das Nennenswerte, es wird nach uns kommen. Wir erleben es nicht. Lessing brachte sich hinein, sich selbst, ins Unabsehbare. Dies spekulierte er wirklich: wieder zu kommen, ein andermal. Und so oft, als er neue Kenntnisse und Fertigkeiten zu erlangen geschickt sei. Der Himmel hatte sich ihm längst verschlossen, aber auf Erden, dies war ihm einmal denkbar. Die unheilige Schrift, in der er solches bekennt, heißt DieErziehungdesMenschengeschlechts, und das Menschengeschlecht verengt sich, wenn er zur letzten verzweifelten Weisheit kommt, auf seine Person. Dies gehört wohl unter die Sätze, von denen Nietzsche sagte, daß sie gesagt werden müssen, auch wenn sie nicht stimmen. Was sie ausdrückten, bleibt gültig als ein wahres Gefühl. Oder haben wir es verloren? Diese ungeheure Lust zum Leben, ich fahre fort: zu einem andern Leben! Dies sagt er, und wir verstünden ihn nicht? Dieses Bedürfnis, anwesend zu sein, auf stärkere, deutlichere Weise. Diese Sucht nach Tätigkeit, und sinnvollerer. Der da redet mit überschießendem Selbstbewußtsein, redet er nicht von unserer Leber weg? »Bringe ich auf Einmal so viel weg, daß es der Mühe wieder zu kommen etwa nicht lohnet?« Denn was steht mir schon zu leisten zu, als Transportarbeiter, in diesem schwachen menschlichen Verkehr. Sein Anspruch, sollten wir ihn verlernt haben, indem wir gelernt haben, an die Übereinstimmung der persönlichen und gesellschaftlichen Interessen zu glauben wie an die Offenbarung? Wie das Einzelinteresse nicht in der These, darf es, und erst recht, nicht in der Praxis verschwinden und sich dem allgemeinen Besten aufopfern; dies wäre die banale Form der Erziehung, wie sie imperialistischer Logik entspricht, oder terroristischem Irrweg des Sozialismus wie im Kampuchea Pol Pots. Das Gegenteil ist kommunistisches Programm: