Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 721 - Ina Ritter - E-Book

Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 721 E-Book

Ina Ritter

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Beschreibung

Zufrieden und glücklich lebt die schöne junge Heide mit ihrem Vater in einem bescheidenen Häuschen auf dem Land. Dieses Leben ändert sich jäh, als der Vater stirbt. Heide hat nun niemanden mehr außer Werner Rohden, der sich ihrem Vater zu tiefer Dankbarkeit verpflichtet fühlt. Er nimmt die Waise in sein Haus, doch Heide fühlt sich in der traditionsbewussten, reichen Familie nicht wohl. Sie ist die Freiheit gewohnt, und ein so nutzloses Leben im Luxus kann sie nicht ausfüllen. Außerdem spürt sie schon bald, dass sie ihr Herz an den Sohn ihres Wohltäters verloren hat. Aber Arvied ist bereits so gut wie verlobt ...



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Inhalt

Cover

Träume kann mir niemand nehmen

Vorschau

Impressum

Träume kann mir niemand nehmen

Wie Heide mit einer großen Enttäuschung fertig wurde

Zufrieden und glücklich lebt die schöne junge Heide mit ihrem Vater in einem bescheidenen Häuschen auf dem Lande. Dieses Leben ändert sich jäh, als der Vater an den Folgen schwerer Kriegsverletzungen stirbt.

Heide hat nun niemanden mehr außer Werner Rohden, der sich ihrem Vater zu tiefer Dankbarkeit verpflichtet fühlt. Er nimmt die Waise in sein Haus, doch Heide fühlt sich in der traditionsbewussten, reichen Familie nicht wohl. Sie ist die Freiheit gewohnt, und ein so nutzloses Leben im Luxus kann sie nicht ausfüllen. Außerdem spürt sie schon bald, dass sie ihr Herz an den Sohn ihres Wohltäters verloren hat. Aber Arvid ist bereits vergeben ...

Heide Michaelsen sang, während sie das Frühstücksgeschirr zusammenräumte, um es anschließend abzuwaschen. Die Sonne lachte vom Himmel herab, schien genau in die kleine Küche hinein, und Heide fühlte sich rundherum wohl.

Als sie das Geschirr abtrocknete, überlegte sie, was sie mittags kochen sollte. Sie hoffte, dass ihr Vater pünktlich zurückkam. Sofort nach dem Frühstück war er zum Arzt in die Stadt gefahren. Er hatte wieder seine gewohnten Beschwerden beim Atmen, die Folge eines Kriegsleidens. Und leider tat ihm sein Beinstumpf weh. Er konnte kaum jemals seine Prothese tragen, denn sie drückte unerträglich.

Trotzdem stand Heide in der Küche und sang, weil sie das Leben so wunderschön fand. Ihnen ging es nicht besonders gut, aber auch nicht schlecht. Sie besaßen dieses kleine Haus, dazu das Grundstück mit einem Gemüsegarten und vielen Blumen, und Heide hatte von Anfang an gelernt, mit Geld sparsam umzugehen. Die Rente ihres Vaters war nicht hoch, doch sie kamen damit aus.

Sie hörte den Motor eines Wagens. Wer mochte das sein? Vom Küchenfenster aus konnte Heide nicht auf die Straße schauen. Kurz darauf klopfte es an der Tür.

Rasch trocknete sie ihre Hände ab und öffnete. Günther stand draußen, der älteste Sohn eines Bauern, ein großer, etwas vierschrötig wirkender Mann mit einem runden, gutmütigen Gesicht.

»Tag auch«, wünschte er und streckte Heide unbeholfen seine Pranke hin. »Du wirst immer hübscher.«

»Danke, Günther, komm herein.«

Der Mann trat sich umständlich die Füße ab. Er musste den Kopf einziehen, als der durch die Tür ging, denn die Türen waren für einen Mann seiner Statur zu niedrig.

»Ist dein Vater nicht da?«

»Er ist mit Herrn Meiners zum Arzt gefahren. Was führt dich zu uns, Günther?«

»Nichts Besonderes. Ich habe heute Nachmittag in der Stadt zu tun und wollte nur fragen, ob ich dir was mitbringen soll oder ob du Lust hast mitzukommen? Ich muss zur Bank, und in der Zeit könntest du ja Geschäfte ansehen und ...«

»Ich wollte heute Nachmittag Erdbeeren pflücken und einkochen.«

»Das kannst du auch morgen noch. Dann nach dem Essen? So gegen zwei?«

»Ich weiß nicht, wann mein Vater zurückkommt. Beim Arzt muss er manchmal lange warten.«

»Bis dahin ist er zurück, und wenn nicht, stellst du ihm sein Essen hin. Wie geht es ihm denn so?«

»Nicht besonders gut, glaube ich. Er beklagt sich ja nie, aber ich habe den Eindruck, dass er in letzter Zeit mehr Schmerzen hat als früher.«

»Ja, der elende Krieg«, seufzte Günther Hopmann. »Dann also um zwei Uhr, ja? Danach gehen wir noch in ein Café, Heide.«

»Ich weiß nicht genau, ob es klappt. Komm vorbei, dann siehst du es.«

»Wäre schon schön. Dein Vater hat bestimmt nichts dagegen. Er ist ein feiner Mensch, der Karl. Pech, dass es gerade ihn so erwischen musste.« Er legte seine Rechte unerwartet zart auf Heides Schulter. »Ich würde mich sehr freuen. Bis dann also.«

Heide lächelte hinter ihm her. Günther Hopmann war ein Mann, der Schwierigkeiten hatte, sich auszudrücken. Doch man konnte sich blind auf ihn verlassen. Er stand stets zu seinem Wort, war fleißig, tüchtig und gehörte zu den angesehensten Männern des Dorfes, dessen Ansichten auch bei den Älteren Gewicht hatten.

Hoffentlich kommt Vati rechtzeitig, dachte Heide. Sie wollte sich schon lange ein neues Kleid kaufen, und in der Zeitung hatte sie gelesen, dass es in den Geschäften zurzeit viele Sonderangebote gab.

Nachdem sie das Geschirr in den Küchenschrank geräumt hatte, ging sie in den Keller, um Kartoffeln heraufzuholen. Bald hatten sie ihre ersten eigenen Frühkartoffeln. Was für ein Glück, dass Herr Rohden ihnen damals dieses Haus und Grundstück geschenkt hatte. Müssten sie noch Miete bezahlen, dann wäre das Geld doch sehr knapp gewesen.

♥♥♥

Als kurz vor der Mittagszeit wieder ein Auto vor dem Haus hielt, war Heide gerade im Garten. Diesmal stieg ihr Vater aus und stützte sich auf seine Krücken.

»Vielen Dank fürs Mitnehmen«, rief er dem Mann zu, der im Auto saß. Dann kam er den Weg entlang.

Die Tochter lief ihm entgegen.

»Was hat der Doktor gesagt, Vati?«, wollte sie wissen.

»Das Übliche. Man sollte nicht auf das hören, was die Ärzte sagen«, erwiderte Karl Michaelsen lächelnd. »Ginge es nach denen, dann wären wir alle todkrank.«

»Was ist mit deiner Lunge?«

»Sie war schon einmal besser, meint er. Um das zu wissen, brauche ich keinen Arzt.« Noch immer lächelte Karl Michaelsen, und Heide sah nicht, dass das Lächeln seine Augen nicht erreichte.

»Und was sagt er dazu, dass du nachts immer so schwitzt?«

»Er hat mir was verschrieben. Mal sehen, ob das Zeug hilft. Was hast du gemacht?«

»Ich war im Garten. Bei dem Wetter ist das eine Freude.«

»Ja, es ist ein wunderschöner Sommeranfang. Die letzten Jahre hatten wir zu viel Regen, aber dieses Jahr ...« Wahrscheinlich ist es der letzte Sommer, den ich erlebe, dachte er. Der Arzt hatte versucht, es ihm so schonend wie möglich beizubringen, aber die Tatsache konnte er auch nicht beschönigen. Karls Zustand hatte sich rapide verschlechtert, und es gab keine Möglichkeit, das aufzuhalten.

Auf seine Krücken gestützt, schaute er seine Tochter an, dieses unbekümmert fröhliche Mädchen, das das Leben liebte und noch kein Leid und keinen Kummer erfahren hatte. Würde es doch nur so bleiben, dachte er. Aber es sah nicht so aus, als würde ihm das Schicksal noch Zeit lassen, lange für Heide zu sorgen.

»Was siehst du mich so an?«, fragte das Mädchen beunruhigt. »Stimmt etwas nicht mit mir?«

»Nein, nein, es ist alles Ordnung«, versicherte der Vater und humpelte auf das Haus zu. Er hing nicht mehr am Leben, dafür bot es ihm zu wenig. Aber was wurde aus seiner Tochter, wenn er nicht mehr war?

Ich hätte darauf bestehen müssen, dass sie wenigstens einen Beruf erlernt, mit dem sie sich ernähren kann, dachte er wieder einmal. Stattdessen war Heide zu Hause geblieben und hatte ihn und die kleine Wirtschaft versorgt. Als sie die Schule beendet hatte, war es ihm besonders schlecht gegangen, aber trotzdem hätte Heide einen Beruf erlernen müssen.

Was sollte aus ihr werden, wenn er jetzt sterben musste? Sie bekam ja dann keine Rente mehr und hatte überhaupt kein Einkommen. Gut, Haus und Grundstück waren zwar schuldenfrei, aber was Heide im Garten anbaute, reichte natürlich nicht zum Leben.

Und wo sollte sie hier Arbeit finden? Die Bauern brauchten kaum Hilfskräfte mehr, die Maschinen machten den Einsatz zusätzlicher Arbeitskräfte weitgehend überflüssig. Industrie gab es hier nicht. Und wie sollte sie ohne Auto in die nächste Stadt kommen?

Karl Michaelsen saß in der Küche und starrte vor sich hin, ohne zu merken, dass seine Tochter ihn mit steigender Besorgnis musterte.

»Die Fahrt war wohl zu viel für dich, Vati«, meinte sie mitleidig. »Leg dich ein bisschen hin, bis das Essen fertig ist. Es dauert noch eine halbe Stunde.«

»Ich bleibe lieber hier sitzen.«

»Ach, Günther war heute Morgen hier«, erzählte Heide.

»Der junge Hopmann?«

»Ja. Er muss heute Nachmittag in die Stadt und will mich mitnehmen. Kann ich dich solange allein lassen?«

»Selbstverständlich. Der junge Hopmann hat dich ganz gern, glaube ich, Heide. Hat er mal angedeutet, dass es ihm ernst mit dir ist?« Es war Karl Michaelsen peinlich, solch eine indiskrete Frage zu stellen.

»Was du denkst, Vati! Hopmann und ich. Nein. Ich bringe doch nichts mit. Seine Eltern würden es ihm nicht erlauben, ein armes Mädchen zu heiraten.«

»Und wenn er sie nicht fragt? Sie haben einen schönen Hof, die Hopmanns. Sicher, Besitz bringst du nicht mit, aber dafür dich selbst. Ich könnte mir schon vorstellen, dass der junge Hopmann ernste Absichten hat. Dass anders bei dir nichts zu machen ist, weiß er ja.«

»Auf den Gedanken bin ich überhaupt noch nicht gekommen. Günther und ich? Nein, ich glaube nicht. Ich meine, ich finde ihn ja ganz nett, aber ...«

»Was heißt aber?«, fragte der frühzeitig gealterte Mann.

Seine Tochter schaute ihn verdutzt an.

»Möchtest du Günther denn als Schwiegersohn haben?«, fragte sie. »Er ist ein bisschen ...« Sie scheute vor dem Wort »dumm« zurück und suchte nach einem Ausdruck, der das Gleiche bezeichnete, ohne so schrecklich unfreundlich zu klingen.

»Er ist ein bisschen unbeholfen im Ausdruck«, half ihr der Vater unerwartet weiter. »Aber er ist zuverlässig, und vor allen Dingen kann eine Frau sich bei ihm geborgen fühlen. An Hopmanns Seite hättest du es gut. Sicher, du müsstest arbeiten, aber das bist du gewohnt.«

»Das klingt, als wolltest du mich möglichst schnell loswerden«, meinte Heide. »Günther denkt nicht daran, mir einen Heiratsantrag zu machen. Nur weil er mich heute Nachmittag in die Stadt mitnehmen will, spinnst du dir etwas zusammen.«

»Eine schlechte Partie wäre der junge Hopmann jedenfalls nicht. Na ja, ich will dich nicht drängen, Heide, aber mal angenommen, mir würde einmal etwas zustoßen, was wird dann aus dir?«

Heide richtete sich mit einem Ruck kerzengerade auf.

»Was soll das heißen?«, fragte sie misstrauisch. »Hat der Arzt etwa irgendetwas angedeutet?«

Karl Michaelsen schüttelte den Kopf.

»Jeder Mensch muss damit rechnen, dass ihm etwas zustoßen kann, und der Gesündeste bin ich nun einmal nicht. Hast du dir schon einmal überlegt, was dann aus dir wird?«

Nein, darüber hatte Heide noch nicht nachgedacht, das sah ihr Vater an ihrem verstörten Gesicht. Es tat ihm leid, das Mädchen beunruhigen zu müssen, aber ihm blieb keine Wahl. Er hatte nicht mehr viel Zeit, sein Haus zu bestellen, wie man es früher einmal auszudrücken pflegte. Vielleicht nur noch ein paar Monate, eventuell noch nicht einmal die.

»Wenn du heute mit Günther zusammen bist ...« Er brach hilflos ab, denn Berechnung lag ihm genauso fern wie seiner Tochter. Aber blieb ihm in diesem Fall etwas anderes übrig, als Heide zu einer Vernunftheirat zu raten? »Er ist doch wirklich ein gut aussehender Mann, und dass er nicht reden kann, ist das denn so wichtig? Ich finde, wenn man sich auf einen Menschen verlassen kann, zählt das mehr.«

»Solange du mich brauchst, werde ich nicht heiraten, Vati.«

»Zieh dir ein hübsches Kleid an, wenn Günther dich abholt und sei nett zu ihm, Heide. Lach ihn nicht aus, wenn er etwas Dummes sagt.«

»Das hätte ich ohnehin nicht getan. Aber Günther Hopmann heiraten? Nein, wir passen überhaupt nicht zueinander. Günther hat bestimmt noch nie im Leben ein Buch gelesen. Und in der Zeitung interessiert er sich nur für die Fußballnachrichten.«

»Er braucht eben eine Frau, die ihn ergänzt, und könnte er da eine bessere finden als dich?«, parierte Heides Vater. »Es genügt, wenn einer in der Familie geistige Interessen hat. Seinen Kram versteht Günther, das musst du ihm lassen, und das ist für einen Landwirt wichtiger als die Fähigkeit, hochgeistige Gespräche zu führen.«

»Mit Günther kann man überhaupt nicht reden«, meinte Heide. »Die Kartoffeln sind gleich gar, noch zwei Minuten. Da hast du dich nun doch nicht hingelegt, Vati.«

»Es ist besser, dass wir miteinander gesprochen haben, Kind. Wovon willst du denn leben, wenn ich einmal nicht mehr bin? Du brauchst gar nicht solch ein Gesicht zu machen, wir müssen darüber sprechen.«

»Hat der Arzt etwas gesagt?«, fragte Heide bang.

»Nein, nein, es ist nur so ein Gedanke. Mach dir keine Sorgen«, sagte er, doch im Grunde genommen wollte er, dass seine Tochter über ihre Zukunft nachdachte.

Und Heide machte sich tatsächlich Sorgen, aber nicht um sich, sondern um ihren Vater. Der Arzt hat ihm gesagt, dass sein Zustand sich verschlechtert hat, dachte sie. Aber so schlimm, wie er glaubt, wird es schon nicht sein, durfte es einfach nicht sein. Sie hatte die Mutter verloren, als sie vierzehn Jahre alt gewesen war. Und der Gedanke, dass ihr Vater auch sterben könnte, war ihr unerträglich.

♥♥♥

Pünktlich um vierzehn Uhr kam Günther Hopmann, um Heide abzuholen. In seinem guten Anzug sah er sehr stattlich aus. Er wusste natürlich, dass er gut aussah, und wirkte ein bisschen selbstgefällig, als er für Heide die Tür seines Autos öffnete.

»Dann wollen wir mal«, meinte er, als er anfuhr. »Die Besprechung mit dem Bankdirektor wird nicht lange dauern, und vielleicht hast du Lust, mal mit mir ins Kino zu gehen? In die Nachmittagsvorstellung? Es soll diese Woche einen tollen Western geben.«

Heide schaute den Mann von der Seite an. Solche Filme mit den ständigen Schießereien entsprachen nicht ganz ihrem Geschmack, aber sie wollte Günther nicht den Spaß verderben und stimmte zu.

»Der Film wird dir bestimmt gefallen«, sagte er. »Und hinterher, wenn du Lust hast, da könnten wir noch irgendwo was essen. Hast dich ja so fein gemacht, und um das Geld, wo das kostet, soll es mir nicht leidtun. Was meinst du dazu?«

»Klingt sehr aufregend«, erwiderte Heide mit gelindem Spott, aber der war natürlich an Günther Hopmann verschwendet.

»Wir haben es ja, und mal muss man auch ein bisschen leichtsinnig sein, nicht? Brauchen die zu Hause ja nicht zu wissen, dass wir auch essen waren.«

»Hast du Angst vor deinen Eltern?«

»Nein, ich will nur meine Ruhe haben, und was meine Mutter nicht weiß, macht sie nicht heiß. Oder erzählst du zu Hause immer alles?«

»Eigentlich schon.«

»Ich nicht«, sagte Günther, und danach verfiel er in Schweigen. Die Gedanken, die ihn dabei beschäftigten, schienen von höchst erfreulicher Art zu sein, jedenfalls dem Lächeln nach zu urteilen, das seine Lippen umspielte.

Hoffentlich zieht er aus meinem Entgegenkommen keine falschen Schlüsse, dachte Heide. Günther war ein Mädchenheld, der nichts anbrennen ließ und auf jedem Fest in den Dörfern der Umgebung Hahn im Korbe war. Hoffentlich glaubte er nun nicht, für die Kinokarte und das Abendessen hinterher bei ihr kassieren zu können. Dann allerdings würde er sein blaues Wunder erleben.

Der Film gefiel Heide tatsächlich nicht. Günther allerdings kam voll auf seine Kosten. Er lachte ein paarmal wiehernd, wenn die Guten einen der Bösen abgeknallt hatten. Heide war froh, als sie das Kino verließen.

Als sie später nach Hause fuhren, war es noch hell. Hinter der Stadt lenkte Günther sein Auto auf einen Feldweg und schaltete den Motor ab.

»Was soll das?«, fragte Heide Michaelsen unbehaglich.

»Weißt du das wirklich nicht?« Günther grinste breit und zog sie an sich. »Ich habe mich die ganze Zeit darauf gefreut. Und nun stell dich nicht so an.«

Trotz seiner Kraft gelang es ihm nicht, Heide zu küssen.

»Hab dich doch nicht so«, sagte er schließlich grimmig. »Was ist denn dabei?«

»Ich mag so etwas nicht, Günther, bitte fahr weiter.«

»Du bist schon eine komische Nudel«, knurrte der Mann. »Du hältst dich für was Besseres, nicht?«

»Nein, aber ich mag solche Rumknutscherei nicht.«

Günther rieb sich sein kantiges Kinn. Heide würde eine gute Frau abgeben, auf die konnte sich ein Mann verlassen. Da brauchte er keine Angst zu haben, wenn ihr mal ein anderer nachstieg.

»Du, ich habe dich verdammt gern. Was hältst du davon, wenn wir beide heiraten?«, platzte er heraus.

»Und deine Eltern?«

Günther machte eine lässige Handbewegung.

»Die werden sich schon wieder beruhigen.« Er setzte demnach voraus, dass es zu Hause Krach geben würde, wenn er Heide heiraten wollte. »Nach der Ernte ... Wir laden das ganze Dorf ein.«

»Ich habe noch nicht Ja gesagt«, erinnerte Heide ihn.

Der vierschrötige Mann lachte. Sie würde ihm schon keinen Korb geben, die kleine Heide Michaelsen, so dumm war sie bestimmt nicht. Sie besaß nichts und musste froh sein, wenn ein Mann sie haben wollte, und dann einer wie er, der einmal den größten Hof erben würde. Wieder versuchte er, sie an sich zu ziehen.

»Lass mir Zeit«, bat Heide abwehrend. »Dein Heiratsantrag kommt sehr überraschend, Günther. Ich habe nie gedacht, dass du mich heiraten wolltest.«

»Ich eigentlich auch nicht. Aber warum nicht, Heide?«

»Fahr weiter, ich habe keine Ruhe, meinem Vater ging es heute schlecht«, drängte sie ihn. »Ich kann ihn nicht im Stich lassen.«

»Für den besorgen wir jemanden, der sich um ihn kümmert. Ist ja auch nicht weit von uns weg, du kannst dann mal zwischendurch nach ihm sehen.« Der alte Michaelsen war Günthers Meinung nach kein Problem. »Nach dem Erntedankfest«, sagte er. »Dann haben wir Zeit.«

Heide äußerte sich nicht mehr dazu.

♥♥♥