Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 743 - Ina Ritter - E-Book

Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 743 E-Book

Ina Ritter

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Überstürzt fährt Petra von ihrem Studienort nach Hause, um hoffentlich ein Unglück zu verhindern. Ihre jüngere Schwester hat sich mit dem neuen Verwalter von Gut Lerchenau verlobt! Aber auf keinen Fall darf die zarte, stets kränkelnde Eva heiraten - eine Schwangerschaft würde den sicheren Tod für das schwache Geschöpf bedeuten.
Als Petra dann zum ersten Mal dem Verlobten ihrer Schwester gegenübersteht, ist sie wie vom Blitz getroffen: Vor ihr steht Holger Hausmann, der Mann, in den sie sich vor einem Jahr unsterblich verliebte. Ein Missverständnis trennte sie damals, und nun ist es für eine zweite Chance zu spät. Bald wird Holger ihr Schwager sein. Petra bleibt nichts anderes übrig, als dem Mann, den sie heimlich noch immer liebt, mit kühler Verachtung zu begegnen ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 114

Veröffentlichungsjahr: 2024

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Einen Frühling zu spät

Vorschau

Impressum

Einen Frühling zu spät

Konnte das Schicksal nicht gnädig sein?

Überstürzt fährt Petra von ihrem Studienort nach Hause, um hoffentlich ein Unglück zu verhindern. Ihre jüngere Schwester hat sich mit dem neuen Verwalter von Gut Lerchenau verlobt! Aber auf keinen Fall darf die zarte, stets kränkelnde Eva heiraten – eine Schwangerschaft würde den sicheren Tod für das schwache Geschöpf bedeuten.

Als Petra dann zum ersten Mal dem Verlobten ihrer Schwester gegenübersteht, ist sie wie vom Blitz getroffen: Vor ihr steht Holger Hausmann, der Mann, in den sie sich vor einem Jahr unsterblich verliebte. Ein Missverständnis trennte sie damals, und nun ist es für eine zweite Chance zu spät. Bald wird Holger ihr Schwager sein. Petra bleibt nichts anderes übrig, als dem Mann, den sie heimlich noch immer liebt, mit kühler Verachtung zu begegnen ...

Petra Breden schüttelte unwillig den Kopf. Ihr schönes Haar wurde durcheinandergewirbelt, sodass sie zur Bürste greifen musste, um sich erneut zu frisieren. Ihr ausdrucksvoller roter Mädchenmund schürzte sich jetzt in einem Anflug von Trotz.

Plötzlich schien Petra es eilig zu haben, mit ihrer Toilette fertig zu werden, als wollte sie sich beweisen, dass ihr absolut nicht viel daran lag, gerade heute besonders hübsch auszusehen.

Sie ging über einen kleinen Flur und trat wenig später in ein nettes, luftiges Zimmer, in das hell die Sonne schien. Auf der Fensterbank standen einige Töpfe mit blühenden Blumen. Petras Blick verweilte einige Sekunden darauf. Ein weiches Lächeln legte sich um ihren Mund. Sie dachte an daheim ...

Gleich hinter dem großen Gutshaus erstreckte sich der Blumengarten – Evas Blumengarten. Die Schwester konnte in ihm unermüdlich tätig sein. Unter ihren Händen gediehen Blumen und Sträucher, entfalteten eine seltene Üppigkeit und Fülle und brachten große leuchtende Blüten hervor.

Eva ... Petra sah die zierliche, zerbrechliche Schwester deutlich vor sich. Es war ihr, als hebe Eva ihr schmales, liebes Gesicht zu ihr empor und blicke sie vertrauensvoll an.

Ach, wie häufig hatte Eva das getan! In dem sanften Blick ihrer Augen lag dann stets ein Ausdruck unbedingten Vertrauens und kindlicher Gläubigkeit.

Mamsell Elli nahm stets die Beine in die Hand, wenn Eva sie so ansah, Vater und Mutter beeilten sich dann, Evas Wünsche sofort in Erfüllung gehen zu lassen, und sie, die ältere Schwester, tat es auch. Wussten sie nicht alle, dass diese braunen Augen vielleicht nicht mehr lange bitten konnten? Ahnte sogar das Personal auf Lerchenau, dass das zierliche, liebe Geschöpfchen vom Tode gezeichnet war?

Petra trat jetzt einige Schritte auf das Fenster zu. Sie zog die Gardine beiseite und schaute durch die blinkenden Scheiben.

Unwillkürlich seufzte das große, schlanke Mädchen. Sie wollte nicht klagen. Sie hatte ja Lerchenau selbst verlassen wollen und so lange gebeten, bis ihr der Vater endlich erlaubt hatte zu studieren.

»Kind, warum? Du wirst sicher bald heiraten. Und du musst doch einen Landmann freien.«

Wie oft hatte sie dieses Argument, das gegen ihr Studium sprach, gehört! Sie konnte darauf nichts erwidern, gar nichts.

Ja, es würde so kommen! Lerchenau war ihre Heimat und Petra bald die Einzige und die Letzte des alten Geschlechts. Sie würde heiraten müssen und bei dieser Heirat nicht nur ihr Herz fragen dürfen.

Trotzdem hatte sie es durchgesetzt, dass sie gegen alle Logik und trotz aller Argumente studieren durfte. Sie lächelte verloren. Solange sie sich erinnern konnte, hatte man von ihr immer Vernunft erwartet.

Sie musste doch Eva gegenüber stets nachgeben. Sicher, sie hätte es auch von sich aus getan, denn sie liebte das kranke Schwesterchen, liebte es von ganzem Herzen. Aber es hatte sie oft geschmerzt, dass die Eltern ihre vielen kleinen Opfer nicht anerkannten, sie vielmehr als selbstverständlich ansahen.

Unwillig schüttelte Petra den Kopf. Wohin verstiegen sich ihre Gedanken! Spukte ihr der Frühling im Kopf herum, oder war es etwas anderes? Sie merkte, wie ihre Wangen zu brennen begannen. Petra legte die Hände ineinander. Sie spürte, dass sie feucht wurden, feucht vor innerer Erregung, die sie in den letzten Tagen stets befiel, wenn sie an Holger Hausmann, den großen Menschen, dachte.

Was wusste sie schon von ihm? So gut wie nichts! Sie hatten sich zufällig kennengelernt. Sie war mit ihrem hohen Absatz in einem Gitterrost vor einem Warenhaus hängen geblieben. Die Menschen waren an ihr vorbeigeströmt, und niemand hatte sich um ihr hilfloses Gesicht und um ihre Anstrengungen gekümmert, ihren Schuh mit Gewalt aus dem Loch zu befreien.

Doch alle Mühe war vergebens gewesen. Der Absatz klemmte fest. Endlich hatte Petra sich nicht mehr anders zu helfen gewusst, als aus dem Schuh zu schlüpfen. Sie hatte wie ein unglücklicher Storch dagestanden und ihr bestrumpftes Bein krampfhaft an sich gezogen.

So hatte es begonnen. Lag es Tage oder Wochen zurück? Petra sank auf einen Stuhl. Sie war töricht! Nun ließ sie schon wieder ihren Gedanken gefährlich weiten Spielraum. Wieder dachte sie an Holger Hausmann, den großen, breitschultrigen Menschen, der ihr so selbstverständlich geholfen hatte.

Lächelnd hatte er ihr den Schuh gereicht. Sie waren zusammengeblieben. Petra schloss die Augen. Sie erlebte jenen ersten gemeinsamen Spaziergang noch einmal. Sie wusste nicht, wie weich und selbstvergessen sie jetzt lächelte.

Holger Hausmann hatte nicht viel gesprochen, doch sie war in seiner Gegenwart geschwätzig geworden. Sie, die stets in Gesellschaft Fremder herb und verschlossen war, hatte ihm gleich von ihrem Studium erzählt.

Sie waren an Vorgärten vorbeigegangen, in denen Osterblumen und Tulpen üppig geblüht hatten, und hatten dann vor einem Zaun gestanden und auf die leuchtende Pracht geschaut.

Erst vor dem schönen Haus, in dem Petra ein Zimmer mit Bad gemietet hatte, hatten sie sich verabschiedet.

Holger Hausmanns Blick war über die schöne Fassade des Hauses geglitten und dann zurück zu ihr. Noch jetzt erinnerte sie sich an jede Kleinigkeit, erinnerte sich an das Herzklopfen, das sie damals bekommen hatte.

»Ich würde mich sehr freuen, wenn wir uns wiedersehen könnten!«

Noch jetzt hatte Petra den warmen Klang seiner Stimme im Ohr.

Selten hatte sie so viel geträumt wie in den letzten Tagen und noch nie mit derart gespannten Erwartungen einem Wiedersehen entgegengefiebert.

Im Grunde genommen war sie darüber wütend, denn sie wollte nicht von ihrem geregelten Kurs abweichen, nicht jetzt und nicht später.

Nach beendetem Studium würde sie nach Lerchenau zurückkehren, um immer da zu sein, wenn Eva sie brauchte. Sie würde schließlich heiraten und Kinder bekommen.

Dann würde sie Ärztin sein, mit Eva unter einem Dach wohnen und auch anwesend sein, wenn das schwache Lebenslicht der Schwester verlöschen würde. Bis dahin würde Eva zu ihr immer Vertrauen haben, das wusste Petra.

Und sie würde alles in ihrer Macht Stehende für das bedauernswerte Menschenkind tun.

♥♥♥

Äußerlich ganz ruhig verließ Petra wenig später das Haus.

Sie fuhr mit der Straßenbahn dem Stadtrand zu und bemerkte nicht die Blicke der Männer, die ihrem gertenschlanken Wuchs, ihrer vollendeten Figur und dem hellen Haar galten.

An der Endstation der Straßenbahn stieg Petra aus. Sie hatte nur noch einige Schritte zu gehen. Nun lag das bewusste Lokal vor ihr. Der dazugehörige große Biergarten war von Sonne und Licht durchflutet, und hohe grüne Hecken schirmten die Tische voneinander ab.

Petra spähte unruhig umher. Sie hatte gehofft, Holger Hausmann holte sie von der Haltestelle ab. Wenn er nun gar nicht kam? Wenn sie vergebens auf ihn wartete?

Nun betrat sie den Biergarten. Suchend sah sie sich nach einem geeigneten Platz um, von dem aus sie den Eingang beobachten konnte. Die Tische waren nur spärlich besetzt. Es war auch noch früh am Tage, und da hatten die wenigsten Menschen Zeit, sich schon jetzt zum Kaffeetrinken irgendwo niederzulassen.

Plötzlich stockte Petra der Fuß. Da saß Holger Hausmann ja!

Sein Körper war leicht vorgebeugt, seine Schultern erschienen ihr in dieser Haltung noch breiter, als sie ihn in Erinnerung hatte.

Aber er war nicht allein!

Ihm gegenüber hatte schon jemand Platz genommen, und zwar eine junge Frau. Sie schien ihm nicht fremd zu sein, denn er redete unaufhörlich auf sie ein. Er redete mit den Händen, sprach mit blitzenden Augen.

Petras Gestalt versteifte sich unwillkürlich.

Nun stand sie an der Hecke, die den Tisch umgab. Man hatte sie nicht kommen hören – natürlich nicht. Die Frau hatte Holger Hausmann ja so unendlich viel zu erzählen. Wie sollte er da auf seine Umgebung achten!

»Du musst jetzt gehen!«, sagte er. »Du weißt, dass ich jemanden erwarte!«

Das war sie, diese Stimme, die Petra so oft in den letzten Tagen im Ohr gehabt hatte! Sie hatte noch den gleichen ruhigen, sicheren Klang, aber sie war eine Spur drängender als an dem Tag, als sie sich zum ersten Mal begegnet waren.

»Ich denke nicht daran! Ich will sie kennenlernen, hörst du! Ist sie reich, Holger Hausmann! Hat sie vielleicht Geld oder Grund und Boden?«

Die helle Frauenstimme war eine Spur zu hoch, und in den Worten schwang zitternde Erregung mit. Petra stand so, dass sie das Mädchen nicht sah. Aber sie konnte es sich vorstellen.

Eben hatte Petra sie ja flüchtig gesehen, und sie ahnte, dass sich in dem kleinen Gesicht ein wilder Schmerz spiegelte. Sie wusste, worum dieses Mädchen kämpfte, und auch, welche beschämende Rolle sie fast übernommen hätte.

Oh ja, sie war reich, sie hatte Besitz, sogar recht wertvollen Besitz, und Petra war dumm und vertrauensvoll genug gewesen, davon zu erzählen.

Noch immer stand sie an der gleichen Stelle. Ihre Rechte umklammerte den Bügel ihrer Tasche, und aus ihrem Gesicht war schlagartig alle Farbe gewichen. Sie atmete schwer.

Nun war es aus und vorbei! Dieses kleine Mädchen da brauchte nicht mehr um ihr Glück zu bangen, und der große, schweigsame Mensch, der es verstanden hatte, sich interessant zu machen, brauchte nicht zu fürchten, dass seine hartnäckige Begleiterin nicht früh genug das Weite suchen könnte.

Langsam wandte Petra sich um. Sie wollte sich einen guten Abgang verschaffen, indem sie nicht wie ein aufgescheuchtes Huhn davonlief.

Sie ging quer durch das Gartenlokal und wandte den Blick weder nach rechts noch nach links.

Man würde sie bemerken, auch Holger Hausmann würde sie vielleicht sehen! Gut – sollte er. Vielleicht war er dann beim nächsten Mal vorsichtiger und ließ sich nicht wieder einen fetten Braten entwischen.

Jetzt vernahm Petra hinter sich Schritte, wandte sich aber nicht um. Dann hörte sie ihren Namen rufen – leise und dringend.

Aber sie ging weiter. Dabei umspielte immer noch ein bitteres Lächeln ihre Lippen. Es hat nicht sollen sein.

An der Haltestelle stand zum Glück eine Straßenbahn, in die sie ihm letzten Moment hineinspringen konnte, ehe sie sich langsam in Bewegung setzte. Petra bemühte sich, keinen Blick nach hinten zu werfen. Diese lächerliche Verirrung sollte vorbei sein, bevor sie noch recht begonnen hatte.

So sah sie nicht, dass sich ein zierliches, kleines Persönchen an Holger Hausmanns Arm hängte und zu weinen begann.

»Das wollte ich nicht«, schluchzte sie.

Holger Hausmann stand aufrecht da. Er sah der Straßenbahn nach. Sein Gesicht wirkte wie gemeißelt. Er beachtete das Mädchen an seinem Arm nicht.

»Oh Holger, glaube mir doch!«

Da traf ein mitleidiger, bitterer Blick das zarte Geschöpf.

»Was ich von dir glaube, ist jetzt völlig gleichgültig, Gitta.«

Ja, die Straßenbahn fuhr davon, und Holger Hausmann nahm wahr, dass das große, schlanke Mädchen keinen Blick mehr für ihn hatte. Sie hatte ihm keine Gelegenheit gegeben, die Situation aufzuklären. Sie war stolz davongefahren, und Holger nickte gedankenschwer.

Dann wurde ihm bewusst, dass er mit der schluchzenden Gitta Redel am Arm immerhin einen eigenartigen Eindruck machen musste. Außerdem hatte er den Kaffee noch nicht bezahlt.

»Komm jetzt und errege nicht noch mehr Aufsehen«, forderte er ruhig und gefasst.

Das zierliche Mädchen verhielt sich stumm. Es blickte gar nicht auf, als es mit Holger Hausmann wieder dem Tisch zustrebte, an dem sie vorher gesessen hatten.

»Ich wollte sie doch nur mal sehen, Holger«, murmelte sie unglücklich.

»Nun hast du sie gesehen und erreicht, dass du einen stolzen Menschen sehr gekränkt hast«, erwiderte er streng.

Gitta nickte bedrückt. Sie wagte nicht aufzusehen.

»Kann ich etwas für dich tun?«, fragte sie dann leise.

Holger strich sich mit der Hand über die Stirn.

»Nein, das würde die Dinge nur noch mehr verwirren.«

Da sank das zierliche Mädchen ganz in sich zusammen. Es wirkte so, als sei es geschlagen worden.

»Aber du warst immer so gut zu mir«, stammelte Gitta hilflos.

Holger Hausmann verzog keine Miene. Er rauchte schweigend und blies kleine helle Ringe in die Luft.

»Gut zu jemandem zu sein und zu lieben, das sind zweierlei Dinge. Vielleicht wird dir das noch einmal klar, Gitta!«

Der Blick seiner grauen Augen richtete sich in die Ferne.

»Du hast immer so viel von daheim erzählt und ...« Gitta brach unter seinem kühlen Blick ab. Sie verschränkte die Hände ineinander, senkte den Kopf und begann zu schluchzen.

»Das war ein Fehler, ich sehe es jetzt ein. Du warst noch viel zu jung und zu unreif, um mein Vertrauen werten zu können. Doch nun wollen wir das unerfreuliche Thema beenden. Geschehenes kann man nicht ungeschehen machen.«

Er schnippte die Asche ab, richtete sich auf dem etwas unbequemen, harten Gartenstuhl auf und trank den Rest des Kaffees aus.

»Ich war so glücklich, wenn du mir etwas erzählt hast – und Mutter auch«, stammelte Gitta.

Plötzlich schien es Holger zu dämmern. Dass er bisher noch nicht an Gittas Mutter gedacht hatte! Richtig, wenn er sich recht erinnerte, hatte es Frau Redel stets so einzurichten gewusst, dass sie an den Abenden, an denen er daheimgeblieben war, ins Kino gegangen war.

Der Gedanke war direkt toll. Holger starrte über die zierliche Gitta hinweg. Nun lächelte er spöttisch.

Herrgott, dass er daran nicht gedacht hatte! Er wäre den beiden fast wie ein Gimpel auf den Leim gegangen und hätte sich von Gittas Kindlichkeit einfangen lassen.