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Rudolf Baumbach

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Beschreibung

In 'Die wichtigsten Werke von Rudolf Baumbach' werden die bedeutendsten literarischen Werke dieses renommierten Autors zusammengetragen. Baumbachs Werke zeichnen sich durch ihre lebendige Sprache, humorvolle Dialoge und tiefgreifende Charakterentwicklung aus. Dieser Band bietet Lesern einen Einblick in Baumbachs vielfältiges Schaffen, das von Liebesgedichten über Märchen bis hin zu Volksliedern reicht. Baumbachs Geschichten sind zeitlos und haben sowohl literarischen als auch historischen Wert. Er ist bekannt für seine Fähigkeit, mit seinen Worten die Herzen seiner Leser zu berühren und sie in faszinierende Welten zu entführen. Rudolf Baumbach war ein deutscher Dichter und Schriftsteller des 19. Jahrhunderts, der für seine poetischen Werke und Romane bekannt ist. Sein einfühlsamer Schreibstil und sein Gespür für Emotionen haben ihm einen festen Platz in der deutschen Literaturgeschichte gesichert. Baumbach ließ sich von der Natur inspirieren und spiegelte diese in seinen Werken wider, was eine tiefe Verbundenheit mit seiner Leserschaft schuf. Seine Werke sind bis heute populär und faszinieren Leser auf der ganzen Welt. 'Die wichtigsten Werke von Rudolf Baumbach' ist ein Muss für alle Liebhaber klassischer Literatur und für diejenigen, die die Schönheit und Tiefe des 19. Jahrhunderts erleben möchten. Tauchen Sie ein in die Welt von Rudolf Baumbach und lassen Sie sich von seinen gefühlvollen Texten begeistern. Dieser Band ist eine reichhaltige Sammlung seiner Werke und eine Hommage an einen der bedeutendsten deutschen Autoren seiner Zeit.

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Rudolf Baumbach

Die wichtigsten Werke von Rudolf Baumbach

Versepen, Romane, Erzählungen & Märchen

Books

- Innovative digitale Lösungen & Optimale Formatierung -
2017 OK Publishing
ISBN 978-80-272-1517-1

Inhaltsverzeichnis

Versepen:

Zlatorog (1876)
Horand und Hilde (1881)

Romane, Erzählungen, Märchen:

Abenteuer und Schwänke (1883)
Aus der Jugendzeit (1893; vier Novellen aus den 1870ern)

Zlatorog (1876)

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Bemerkungen.

Dir, mächt'ger Triglav, gilt mein Lied, mein Grüssen! Drei Häupter hebst du trotzig in die Höh' Wie jener Gott, nach dem sie einst dich hiessen, Und jedes trägt ein Diadem von Schnee.

Ich bin umstarrt von hundert Bergesriesen, Wenn schwindelnd ich auf deinem Scheitel steh', Es lacht ein grün Geländ zu meinen Füssen, Mich grüsst Italien und die blaue See.

In deinen Klüften wohnt die graue Sage, Es klingt ihr Sang so trüb und doch so traut Wie eines Mädchens leise Trauerklage;

Und was sie mir, dem Wandrer einst vertraut, Sei zur Erinnrung an vergangne Tage Erzählt in meiner Muttersprache Laut.

Es hat des Triglavs dreifache Kron' Die Nacht mit Nebel umwoben; Jetzt steigt sie grollend von ihrem Thron, Die Sterne erzittern droben, Denn leuchtend über den Felsengrat Erhebt sich das brennende Sonnenrad; Da muss die Nacht entweichen.

In flücht'ge Flocken sich zertheilt Der wallende Nebelschleier, Und wie ein Taubenschwarm enteilt, Gescheucht von einem Geier, So fliehen sie vor dem Taggestirn, Und goldigroth erglänzt der Firn Auf König Triglavs Scheitel.

Da schüttelt den Thau der Tannenbaum Vom grauen Flechtenbarte, Da hebt das Köpfchen aus duft'gem Traum Aurikula die zarte. Der kecke Enzian küsst geschwind Das holde, braune Bauernkind, Kohlröschen heisst's mit Namen.

Es koset mit dem Edelweiss Im weichen Sammetkleide Der Junker Rhododendron leis, Er prangt in rother Seide. Der steife Germer sieht's von fern, Er möchte thun wie jener gern, Doch wehrt's ihm seine Würde.

Und was da Flügel und Füsse hat, Beginnt sich zu rühren und regen. Es schwingt sich der Falter vom thauigen Blatt Und flattert dem Lichte entgegen; Behaglich wärmt sich auf dem Stein Die schillernde Natter im Sonnenschein; Es summen die bunten Käfer.

Sein Morgenlied der Finke singt Aus dunkelgrünen Arven; Dazwischen des Waldbachs Rauschen klingt Wie ferne Aeolsharfen. Mit hartem Schnabel klopft und hackt Der grüne Weidmann Specht den Takt Am harzigen Tannenstamme.

Das Eichhorn fährt in grosser Hast Am Stamm hinauf, herunter; Es springt der Bilch von Ast zu Ast Gar flink, gelenk und munter; Die Bergmaus pfeift nach ihrer Art, Macht Männchen, putzt sich ihren Bart Und gräbt und wühlt nach Wurzeln.

Und hoch an schwindelnder Felsenwand An unersteiglicher Stelle, Da äst auf smaragdenem Rasenband Die flüchtige Berggazelle. – So athmet Freud' und Frieden nur Die schlafgestärkte Kreatur Am Morgen auf der Höhe.

* * *

Was schwebt dort droben im Aetherfrei In Kreisen enger und enger? Das ist der wilde Gesell, der Weih. Nun hütet euch wohl, ihr Sänger! Durchs Dickicht schleicht der Wolf, der Fuchs Es kauert im Gabelast der Luchs Die Beute zu erhaschen.

Es klimmt ein Mann an der Wand empor, Er springt von Zinken zu Zinken, Er trägt auf dem Rücken ein Feuerrohr, Ein Messer an seiner Linken. Nun berge sich, wer sich bergen kann! Der Fried' ist aus, jetzt hebet an Das Würgen und das Morden.

Durch das Dämmerlicht des Tannenwaldes, Wo um grün bemooste Felsentrümmer Sich die braunen Wurzelschlangen ringeln, Wo des Alpenlattichs saft'ge Büsche Lustig spriessen und der blaue Sturmhut, Schreitet leichten Tritts ein junger Bursche. Trüg' er auch den Stutzen nicht am Riemen, Nicht das Messer mit dem Griff von Hirschhorn, Nicht am Hut die krumme Spielhahnfeder, Jeder sähe doch beim ersten Anblick, Dass der braune Bursch ein zünft'ger Waidmann. Seht, wie fest und sicher er den Fuss setzt Jetzt auf Steingeröll und jetzt auf Felsen, Wie er bald gestützt auf seinen Bergstock Ueberspringt im Bogenschwung die Runse, Bald am schwanken Erlenstrauche schwebend Nieder gleitet von der steilen Felswand. Unter seinem Tritte weicht der Stein nicht, Kracht der halb verborg'ne, morsche Ast nicht, Knistert nicht das welke, dürre Baumblatt. So nur wandelt im Gebirg das list'ge Alpenwild und – der es überlistet: Nur die Gemse und der Gemsenjäger.

Wo die letzten Wettertannen stehen Mit den langen, grauen Flechtenbarten, Wo am Boden ein Gewirr von Aesten Liegt, entrindet, hin und her gebogen Hier wie Schlangen, dort wie Hirschgeweihe; Wo die Waldesriesen Tann' und Föhre Weichen einem krüppelhaften Zwergvolk, Das die Felsenrippen fest umkrallend Trotzt dem Schnee, dem Sturm, der Schlaglawine; Dort, wo frei, von Bäumen nicht gehindert Blickt das Auge nach des Berges Zinnen, Hemmt den Schritt der junge Gemsenjäger, Prüft den Wind mit aufgehobenem Finger, Schaut zur Sonn' empor und dann zum Felskamm, Schaut nach jedem Vorsprung, jedem Grasband Und den dunklen Schatten, die das Krummholz Zeichnet auf die röthlichgraue Steinwand. Seltsam sind des Burschen braune Augen, Scharf wie Adler-, sanft wie Kinderaugen, Nieder auf den umgestürzten Baumstamm Sitzt der Jäger dann und löst das bunte Seidentuch vom Schloss des blanken Stutzen, Prüfet sorglich all sein Waidgeräthe, Prüfet auch die schweren Nagelschuhe, Drauf ein guter Schluck aus strohumflocht'ner, Wohlgefüllter Flasche, und behende Klimmt der Jäger aufwärts an der Bergwand.

Jäher wird der Fels und immer jäher, Steiler wird der Pfad und immer steiler. Pfad? – Wo geht ein Pfad in dieser Wildniss? Aufwärts heisst des Gemsenjägers Losung, Und die Führer heissen Muth und Jagdlust. Leicht und sicher klimmt der junge Waidmann. Jetzt betritt sein Fuss ein schmales Grasband, Rechts die Wand, die blaue Luft zur Linken, Unter ihm die purpurfarbene Tiefe. Jetzt die breite Spalte überspringt er, Klettert drauf empor in einer Rinne, Eng und steil, vergleichbar einem Rauchfang, Greift zuletzt nach oben mit der Rechten, Fasst die harten, scharfen Felsenkanten, Dann ein Schwung – die Schneide ist erklommen.

Staunen malt sich auf des braunen Burschen Angesicht, denn statt des Felsenmeeres, Das er jenseits glaubte so wie diesseits, Liegt vor seinem Blick ein sanfter Abhang, Saftig grün, besät mit tausend Blüthen.

Nimmer sah der Jäger solch ein Gärtlein. Alles, was an Blumen hegt der Triglav Auf den Matten, an den Felsenhängen, Auf der Quellen feuchtem Bord, am Schneefeld, Alles steht gedrängt hier bei einander: Alpenrosen, blaue Glockenblumen, Bunte Lippenkräuter, gelber Bergmohn, Schneeranunkeln neben duft'ger Gemswurz, Mannestreu und purpurfarb'ner Enzian Und des Edelweisses Silbersternlein. Hebt sich aus dem Rasen wo ein Felsblock, Hat die Alpenrebe ihn umsponnen, Hat ihm ein Baret gemacht der Steinbrech Und der Mannsschild und die duft'ge Nelke. Langsam über saftiggrüne Blätter Kriechen gleich lebend'gen Edelsteinen Regenbogenfarb'ne Sonnenkäfer, Und der rothgeäugte Alpenfalter, Der den Namen lieh vom Gott des Lichtes, Flattert honigtrunken um die Blüthen. Freudig glänzt des Jägers braunes Auge, Freudig bückt er sich zur Erde nieder, Will sich pflücken einen Strauss zum Hutschmuck. Sieh, da regt sich's unter ihm im Strauchwerk, Und aus dichten Alpenrosenhecken Langsam, nicht des Feindes Nähe ahnend Schreitet äsend vor ein Gemsenrudel.

Ist's ein Blendwerk? Will vielleicht ein böser Geist, der Škrat, den jungen Waidmann äffen? Sind es wirklich Gemsen, die da weiden? Weiss wie neuer Schnee ist ihre Farbe, Und der Leitbock, der das Rudel anführt, Trägt auf seinem Haupte goldne Hörnlein.

Nieder hinter eine Alpenweide Duckt der Jäger sich und hebt den Stutzen. Wie aus weissem Marmelstein ein Bildniss Steht der Gemsbock auf erhabenem Felsstück, Aeugt mit scharfem Blick zum Feind herüber, Und der goldene Schmuck auf seinem Haupte Leuchtet herrlich in der Morgensonne. Zweimal hebt das Todesrohr der Schütze, Lässt es zweimal zitternd wieder sinken, Denn es schwimmt ihm dunkel vor den Augen Wie dem Knaben der zum ersten Male Auf ein Wild die Büchse bringt in Anschlag. Jetzt zum dritten Male legt der Jäger An den Stutzen. Aug' und Hand sind sicher.

Horch! Da schrillt es aus den Felsenwänden Wie der Angstschrei eines wunden Falken: »Wahr' dich Zlatorog! Entfleucht ihr Gemsen!« Und ein dichter, grauer Nebelschleier Legt sich um das Haupt des jungen Waidmanns. Aus den Händen lässt den Stutzen gleiten Angstgeschreckt der Bursche, springt vom Boden, Klammert zitternd sich an seinen Bergstock, Zieht den Hut vom Kopf und betet leise.

Mälig weicht die dichte Nebelwolke, Wieder lacht im Sonnenlicht die Matte, Wieder gaukeln bunte Schmetterlinge Um die tiefgefärbten Blüthenkelche, Doch die weissen Gemsen sind verschwunden. Scheuen Blickes späht der junge Waidmann Ringsumher und murmelt leise Worte, Schlägt ein Kreuz und wirft den Stutzen wieder Um die Schulter, schickt sich an zum Gehen.

Horch! Da schallt's von neuem aus den Felsen, Ruft herüber eine sanfte Stimme: »Kühner Jäger aus dem Thal der Trenta, »Bist willkommen hier in unsrem Garten. »Reich an Wild, an Rehen und an Gemsen, »Reich an Hühnern und an weissen Hasen »Ist der Berg. Du magst sie fröhlich jagen, »Fröhlich magst du unsre Blumen pflücken, »Fröhlich dich an unsren Quellen laben, »Aber, kühner Jäger aus der Trenta, »Lass dich warnen, schone unsre Herde, »Schone unsren goldgehörnten Gemsbock, »Müsstest sonst dein junges Leben lassen!«

Hochverwundert hört's der braune Bursche, Ruft zurück dann nach den Felsenwänden, Ruft beherzt mit klarer, frischer Stimme: »Folgen will ich deinen Warnerworten, »Schonen will ich deine weisse Herde. »Aber sprich, wer bist du unsichtbare »Mächt'ge Herrin dieses grünen Gartens »Und des wunderbaren Gemsenrudels?«

Horchend wie das Reh am Waldesrande Steht der Jüngling, doch er horcht vergebens. Keine Antwort schallt ihm von der Felswand, Keinen andern Ton vernimmt der Lauscher Als der Silberquelle leises Rieseln.

Bei dem Brünnlein kniet der Jäger nieder, Trinkt aus hohler Hand das klare Wasser, Pflückt sich einen Strauss von weissen Sternlein Pflückt sich rothe Nelken, blaue Mannstreu, Steckt den Busch dann unter seine Hutschnur Prägt sich fest die Stelle in's Gedächtniss, Wendet sich und geht. Und bald verschwunden Ist der Jäger hinter Felsenzacken.

Sieh, da gleisst und blinkt es aus den Büschen Und der weisse, goldgehörnte Gemsbock Führt sein Rudel wieder auf die Lichtung. In der Ferne kracht ein Schuss, und grollend Geben Antwort rings die Felsenwände. Doch die Gemsen äsen ruhig weiter, Ruhig auch der goldgehörnte Leitbock, Denn er weiss, es wachen mächt'ge Wesen Sorglich über ihrem grünen Garten, Sorglich über ihrer weissen Herde.

Heut Abend geht es auf der Komna-Alm Gar lustig zu. Ein Gast ist angekommen, Ein Gemsenjäger aus dem Thal der Trenta, Und nicht mit leerer Hand. Der starke Gemsbock Der dort am Haken hängt, ist seine Beute. Und in dem russgeschwärzten Kupferkessel, An dem mit rothen Zungen leckt die Gluth, Die wohlgenährte, brodelt das Gescheide. Die braunen Hirten lagern in der Runde Und lecken lüstern sich die bärt'gen Lippen.

Des Jägers Augen glänzen siegesfreudig, Denn noch ein ander Wild kam ihm zum Schuss, Ein Wild, das mit des Fuchses List vereint Des Wolfes Gier, der wilden Katze Spannkraft, Auf einem Aste lag's bereit zum Sprung, Verborgen unter'm Laub, die Lichter aber Zwei Kohlen gleich verriethen es dem Jäger. Da flog in's Hirn, just zwischen beide Lichter Die heisse Kugel des behenden Schützen, Und todt am Boden lag der wilde Bergluchs.

»Das war ein Meisterschuss, ich muss Euch loben. »Nur Einen kenn' ich, der's Euch gleich gethan »Vor dreissig Jahren, und der bin ich selber. »Jetzt bin ich alt, ein Spott dem flücht'gen Wild. »Vor meinen Augen äst die scheue Gemse, »Vor meinen Augen macht der Has sein Männchen, »Und langsam trottet vor mir her der Fuchs. »Gefährlich bin ich nur der Drossel und »Dem fetten Bilch, dem Weidevieh des Teufels.«

Ein alter Graukopf spricht's und schürt das Feuer Und wirft Wachholderbeeren in den Kessel. Sonst schafft am Herd die braungezöpfte Špela, Doch heute sitzt sie müssig auf der Bank Und lauscht den Reden, die die Männer führen. Des Kessels waltet heut an ihrer Statt Der alte Jaka, der die Schafe hütet. Er hat sich dies als eine Gunst erbeten, Denn niemand weiss, so glaubt der alte Jaka, So gut wie er ein Wildbrät herzurichten. Jetzt fährt er mit der Gabel in den Kessel Und fischt ein Stück, zerschneidet's mit dem Messer Und kostet, nickt befriedigt dann und spricht: »Gesegn' es Gott! Langt zu, es wird euch schmecken.« Das lassen sich die hungerigen Hirten Nicht zweimal sagen; jeder nimmt sein Theil Und schlingt den langentbehrten Leckerbissen. Der alte Jaka aber geht bei Seite Und kramt in seiner Truhe; schmunzelnd kehrt er Zurück an's Feuer, in der Hand den Krug Gefüllt mit würzigem Wachholdergeist. Der Alte ist sonst karg mit seinem Labsal, Allein das Wildbrät hat ihn weich gestimmt, Drum thut er das, was morgen ihn gereut, Von Mund zu Munde geht der Krug, und Alle Beloben das Getränk, noch mehr den Spender.

»Nun höret mich,« beginnt der Alte wieder, »Nun hört mich, junger Jäger aus der Trenta, »Was ich Euch rathe. Seht, wir ziehen morgen, »Ich selber, Špela und noch sieben andre »Vor Sonnenaufgang in das Thal hinunter, »Denn, wie Ihr sicher wisst, ist morgen Kirchtag, »Und Jungfer Špela darf bei'm Tanz nicht fehlen. »Dann kommt das junge Volk aus allen Dörfern, »Von allen Weilern, von den fernsten Almen »Zusammen in dem Hause unsrer Herrin, »Der reichen Frau Kathrina. Ihr gehört »Die grosse Herberg' an der Soča-Brücke, »Viel Ackerland und Kühe mehr als hundert. »Die hat für morgen Abend uns geladen »Zu Schmaus und Tanz. Geht mit, es reut Euch nicht. »Der feiste Gemsbock kommt ihr grad gelegen, »Und wenn Frau Katra erst den Luchsbalg sieht, »Den rothen Pelz mit schwarzen Tigerflecken, »Dann, Jäger, glaubt mir, giebt's ein gutes Schussgeld. »Kommt mit, Ihr werdet's sicher nicht bereuen.«

Der Jäger nickt und spricht: »Ich geh' mit Euch. »Die Herberg' kenn' ich wohl am Soča-Ufer »Und bin vor Jahren oftmals dort gewesen, »Denn meine Pathin ist die alte Barba, »Die waltet in dem Haus als Schaffnerin. »Ich hab' Frau Barba lange nicht gesehen, »Dieweil ich diente einem Herrn für Sold »Im Kärnthnerland. Sie ist doch nicht gestorben?«

Der alte Jaka schüttelt mit dem Kopf: »Der geht es gut, Ihr werdet's morgen sehen »Mit eignen Augen. Also abgemacht, »Ihr kommt mit uns.« Und grinsend fährt er fort: »Es giebt noch andres dort als alte Weiber »Zu schau'n. Das Sprichwort sagt: ›Um altes Recht, »Um alte Leute und um altes Geld »Sollst Du dich allzeit kümmern!‹ Doch ich meine, »Das junge ist zuweilen auch nicht übel. »Der Wirthin Kind, die blonde Jerica »Ist aus dem Kloster wieder heimgekommen »Und hilft der Mutter bei den Hausgeschäften. »Die sollt ihr seh'n, das ist ein Kind wie Zucker, »Und« – fährt er fort bedächtig, denn er sieht, Wie Špelas schwarze Augen zornig funkeln Und wie sie presst die nelkenrothen Lippen – »Und wäre nicht ihr Haar so fahl und flachsen, »So wär' die schönste unter allen Dirnen »Frau Katras Kind – so ist sie erst die zweite.« Der Alte spricht's, sein Auge listig zwinkert Die braune Špela an, und hocherröthend Zu Boden senkt den Blick die eitle Dirne.

»Hör' Špela«, hebt der Alte wieder an, »Es geht dein Mundwerk sonst wie eine Mühle, »Und heute sitzt du stumm und still am Feuer, »Lass unsren Gast eins deiner Lieder hören. »Sing' uns die Märe von der schönen Vida, »Die über's Meer mit einem Mohren fuhr »Zu Spaniens Königin. – Die kennst der Lieder »So viele – von dem Marko Kraljevič, »Vom Peter Klepec und vom Kralj Matjaš, »Der fern im Ungerlande schlafend sitzt »Am Steintisch in der Höhle. – Munter Špela!«

Die schöne Sennrin weigert sich im Anfang Nach Mädchenart, doch als der fremde Jäger Sie freundlich bittet, lässt sie sich erweichen. Sie springt empor und wirft die braunen Zöpfe, Mit deren Seidenbändern sie gespielt, Zurück, und von den nelkenrothen Lippen Erschallt es glockenhell wie Amselsang:

Schön Anka steht an des Baches Rand, Jung Janez steigt von der Felsenwand; Auf seinen Schultern ein Gemsbock ruht, – Und grüssend schwingt er den grünen Hut, Geschmückt mit Alpenrosen.

Schön Anka reicht ihm die Hand und lacht: Lass schauen, was hast du mir mitgebracht? Nur Enzianglocken und Ehrenpreis, Nur Felsennelken und Edelweiss Und keine Triglavrose.

Jung Janez schüttelt das Haupt und spricht: Weh dem, der Triglavrosen bricht! Aus Zlatorog, des Gemsbocks Schweiss Erblüht das wunderbare Reis, Die rothe Triglavrose.

Der Jäger, der erblickt von fern Des weissen Bockes Goldgehörn, Kehrt um, denn nimmer darf er schauen Das Paradies der weissen Frauen, Das Zlatorog behütet.

Und wer den Bock durch einen Schuss Verletzt, sein Leben lassen muss. – Schön Anka, du mein Augenlicht, Verlange alles, eins nur nicht – Die rothe Triglavrose.

Schön Anka ihren Mund verzog: Geh mir mit deinem Zlatorog! Ein Bursch von echtem Schrot und Korn Verlacht der weissen Frauen Zorn. Geh' bring mir Triglavrosen!

Und bringst du mir die Rosen nicht, Will ich dich länger kosen nicht. Gut' Nacht jung Janez, gute Nacht! Schön Anka springt davon und lacht. Der Jäger steigt zur Höhe.

Schön Anka steht an des Baches Rand, Blickt weinend auf zu der Felsenwand: Ob heut jung Janez kommen mag? Es ward schon dreimal Nacht und Tag, Seit er zu Berg gefahren.

Schön Anka, verhülle dein Angesicht, Jung Janez kehrt zum Thale nicht, Jung Janez liegt an steiler Wand, Jung Janez hält in der starren Hand Die rothe Triglavrose.

Wohl manches Jahr zog über das Land, Noch steht schön Anka an Baches Rand, Und wenn ein Jäger vorüber geht, Dann lächelt sie irr und bittet und fleht: Geh, bring' mir Triglavrosen!

Die braune Špela hat ihr Lied geendet, Und lauter Beifall schallt von aller Munde. Der Trentajäger aber nimmt vom Hut Die Blumen, die er sich am Morgen pflückte, Und legt den Strauss der Sennrin in den Schooss. »Hab' Dank!« so spricht er mit erregter Stimme, »Hab' Dank für deinen Sang, doch willst du mir »Noch eine Gunst erweisen, schöne Špela, »So lass mich hören alles, was du weisst »Vom Paradies der guten, weissen Frauen, »Vom Zlatorog und von der Triglavrose.«

Die schöne Špela lächelt hochbeglückt, Sie steckt den Blumenstrauss in's weisse Brusttuch Und schickt sich an zu reden, doch da fällt Der alte Jaka eifrig ihr in's Wort Und spricht mit wicht'ger Miene: »Niemand weiss »So gut wie ich vom Zlatorog die Märe, »Drum lasst sie mich berichten. – Jeder kennt »Die weissen Frau'n, die guten Rojenice, »Die in den Bergen wohnen und zuweilen »Die Schritte lenken nach der Menschen Hütten »Und Glück und Segen spenden. Selten sieht »Ein Mensch das Angesicht der weissen Frauen, »Noch selt'ner aber darf ein Auge schauen »Den ewig grünen Garten, d'rein sie hausen. »Ein Gemsenrudel, weiss wie frischer Schnee, »Geführt von einem Bock mit goldenen Krickeln, »Dem Zlatorog, behütet das Gelände, »Und wenn ein Mensch sich naht, dann rollen Steine »Die Gemsen von der Wand, und Blitze zucken »Aus ihres Führers Goldgehörn, dass eilig »Der angstgeschreckte Mann zurück sich wendet. »Gefeit ist durch der weissen Frauen Zauber »Der Zlatorog, und wird er angeschossen, »Erblüht aus seines Schweisses heissen Tropfen »Das Zauberkraut, die rothe Triglavrose. »Von diesem Kraute äst der wunde Gemsbock, »Und augenblicklich ist er heil wie früher. »Drum wird es einem Waidmann nimmer glücken »Zu fällen den gefeiten Zlatorog. »Gelängs ihm aber doch, dann freilich wäre »Sein Lohn ein grosser, denn die Zauberhöhle »Im Berge Bogatin erschliesst das gold'ne »Gehörn des Bockes. Siebenhundert Wagen »Vermöchten nicht die Schätze fortzubringen, »Die tief im Bogatin verborgen liegen. »Das ist die Mär vom Gemsbock Zlatorog »Und von der wunderkräft'gen Triglavrose.«

Der alte Jaka ist zu End'. Der Jäger Blickt starren Auges in die Kohlengluth, Denn, was er hörte, giebt ihm viel zu denken. Die Sennen aber und die Hüterbuben Bereden lange noch die gold'nen Schätze, Die in den Bergen ungehoben ruhen, Gehütet von verwünschten Fräulein oder Von grausenhaften, siebenköpf'gen Schlangen. Vom Škrat auch sprechen sie, dem kleinen Kobold Im grünen Wämslein mit der rothen Kappe, Der, wenn er wohl will, Gold in Fülle bringt. So schwatzen sie und wünschen dies und jenes Und bauen bunte Schlösser in die Luft.

Der alte Schafhirt Jaka aber schüttelt Den grauen Kopf, und lächelnd spricht er: »Freunde, »Bereitet euren Käs und melkt die Kühe »Und schaut, dass sich die Geisen nicht versteigen. »Um euch bemüht sich kein verwünschtes Fräulein, »Um euretwillen rückt kein Schatz nach oben, »Um euretwillen schleppt sich nicht der Škrat »Den Buckel krumm mit einer Last von Gold, »Denn Bauern seid ihr, und der Bauer ist »Zum Ungemach geboren. Wollt ihr wissen, »Woher das kommt? Gebt Acht, ich will's euch künden:

»Als unser Herr die Welt erschaffen hatte, »Und sich von Tag zu Tag die Menschen mehrten, »Da liess durch einen Engel er verkünden, »Erbitten möge sich jedweder Mann, »Was ihm das liebste sei; es soll' ihm werden. »Der Gospod kam zuerst zum Thron des Herrn »Und sprach: Mein Gott, verleihe mir auf Erden »Bequem und gut. Und Gott gewährt' es ihm. »Jetzt kam der Klausner. Gieb mir, bat auch er, »Bequem und gut. Du kommst zu spät, sprach Gott, »Das giebt's nicht mehr, der Gospod hat's genommen. »Dann, sprach der Klausner seufzend, braucht's Geduld. »Und Gott entschied: Wohlan sie soll dir werden. »Zuletzt trat noch der Bauer vor den Herrn, »Bequem und gut wollt' auch der Bauer haben. »Das giebt's schon längst nicht mehr, sprach Gott der Herr, »Der Gospod hat's genommen. Hinter'm Ohr »Sich kratzt der Bauer. – Nun so braucht's Geduld. »Auch die, beschied ihn Gott, ist schon vergeben, »Geduld hat sich der Klausner ausgebeten. »Da rief der Bauer klagend: Wehe mir! »Und Gott entschied: Dir werde, was du wünschtest. »So ist's gekommen und so wird es bleiben. »Der Gospod hat es stets bequem und gut, »Der Klausner hat Geduld, der Bauer aber »Hat Weh und Ungemach sein Leben lang.«

Da lachten Alle herzlich ob des Schwankes, Und weil das Feuer längst erloschen war, So suchte jeder wohlgemuth sein Lager. Von goldnen Schätzen träumten wohl die Männer, Von weissen Gemsen und der Triglavrose. Die schöne Špela aber sah im Traum Nichts anderes als einen jungen Jäger.

Frau Katra hat viele Gäste heut, Bauern und feine Herrenleut. Der Bratspiess knarrt, der Kessel braust, Manch fetter Bissen wird heut geschmaust, Heut wird gethan manch guter Schluck Im Wirthshaus an der Soča-Bruck.

Frau Katras Ruf reicht meilenweit, Bis Tarvis, Tolmein und Karfreit, So fein zu kochen niemand weiss Den jungen Hahn mit dickem Reis, Kein Keller in Friaul und Krain Umhegt so vielen edlen Wein, Drum mundet nirgends so ein Schmaus Wie eben in Frau Katras Haus,

Geschäftig eilt sie her und hin, Ein stattlich Weib mit rundem Kinn. Doch wie behend sie auch mag sein, Viel flinker noch ist ihr Töchterlein. Bald ist sie hier, bald ist sie da, Die schöne, blonde Jerica. Wie neben dem Apfel ein Mandelkern, Wie bei dem Vollmond der Morgenstern, So nimmt sich neben der Frau vom Haus Die schlanke, blühende Jungfrau aus. So oft sie schreitet durch die Thür, Jedweder Hals sich dreht nach ihr, Und wem sie reicht die Schüssel dar, Der isst, auch wenn er satt schon war, Und welchem sie das Spitzglas füllt, Der trink's, wenngleich sein Durst gestillt, Gehorsam aus bis auf den Grund Und leckt behaglich sich den Mund. Die strengen Herren vom Gericht, Die sonst so höflich eben nicht, Benehmen sich gar zart und fein Gegen Frau Katras Töchterlein. Ja selbst dem würdigen Kaplan Hat's Jungfer Jerica angethan; Er schaut so blinzelnd freundlich drein Als wie ein Kater im Sonnenschein. Die Wirthin wirft den Kopf zurück Vor Mutterstolz und Mutterglück.

Das Mittagessen ist zu End', Schon faltet der geistliche Herr die Händ', Da bringt noch einen Krug herein Frau Katra voll Prosecco-Wein, (Ein edler Trank vom Meeresstrand, Man muss ihn trinken mit Verstand.) Es füllen die Frauen das süsse Nass In feines venetianisches Glas, Sie klingen an, sie thun Bescheid, Und aller Herzen werden weit.

Jetzt räuspert sich der Herr Kaplan Und hebt zu sprechen also an: »Es hat des Herren milde Hand »Gesegnet Eures Hauses Stand. »In Eurer Vorrathskammer ruht »Hoch aufgehäuft viel edles Gut; »Es dient Euch ein getreu Gesind, »Ihr habt ein tugendreiches Kind, »Gar hold und emsig. Eins jedoch »Fehlt Eurem Glück, Frau Wirthin, noch. »Es lebe – stosset Alle an – »Frau Katras künftiger Tochtermann!«

Die Gläser klingen voll und rein, Schön Jerica blickt züchtig d'rein. Was ihr die Herren reden vor, Sie hört es nur mit halbem Ohr, Blickt einen nach dem andern an. – Wird einer Frau Katras Tochtermann? Schön Jerica, noch ein Kind zur Frist, Weiss nicht, was Mannes Liebe ist.

Und sieh, da tritt vor die Gäste hin Die alte Barba, die Schaffnerin. Es schreitet ihr zur rechten Hand Ein schlanker Bursch im Jagdgewand, Und drängend schieben sich hinterdrein Die Sennen der Komna zur Thür herein. Der eine einen Gemsbock trägt, Den sacht er auf den Boden legt, Dann tritt ein zweiter noch herfür, Der hält ein todtes Katzenthier Mit buntem Fell und busch'gem Ohr Am dicken, kurzen Schweif empor.

Die Gäste und die beiden Frau'n Erwartend auf den Jäger schau'n, Der aber steht vor Jerica Stumm wie ein Bild von Marmor da. Die Jungfrau senkt die Augen schnell, In die Wang' ihr steigt des Blutes Well'. Den Beiden ward so wohl und bang, Die Lieb' sie zu einander zwang.

Da drängt sich aus der Hirten Chor Der alte Schafhirt Jaka vor. Zum Auskunftgeben stets bereit Dem stummen Jäger die Zung er leiht Und giebt mit wichtigem Gesicht Von allem, was gescheh'n, Bericht.

Frau Katra mit dem Haupte nickt, Gar gnädig auf den Waidmann blickt. Wie wird das Rauchwerk ihr so schön Im Winter auf dem Kirchgang steh'n! Auch schmeichelt ihrer Eitelkeit Des Trentajägers Schüchternheit. Sie spricht zu ihm: »Hab' Dank, mein Sohn, »Nun komm und nimm dir selbst den Lohn.« Darauf erschliesst sie ein Gemach, Und Alles drängt voll Neugier nach.

In einer Mauernische Grund Ein schwerer Eisenkasten stund. Der Schlüssel knarrt, der Deckel springt, Hei, wie's von Silberstücken blinkt! Gar vielen, die da gaffend steh'n, Vor Gier die Augen übergeh'n, Frau Katra aber blickt umher, Als ob sie eine Prinzessin wär'.

Sie winkt den Jäger an die Truh' Und spricht zu ihm: »Nun greife zu! »Soviel ist dein, als du im Stand »Zu heben bist mit einer Hand.«

Der Jäger lächelnd tritt zu der Truh' Und schlägt den Deckel wieder zu, Ergreift behend mit der rechten Hand Den Eisenring an der Seitenwand Und schwingt empor den Kasten schwer, Als ob es ein Sack voll Federn wär'.

Die Gäste staunen und flüstern leis, Frau Katras rothes Gesicht wird weiss, Ihr schönes Kind blickt aber an Mit leuchtenden Augen den starken Mann; Er wäre, trüg' er eine Kron', Wie Marko, der starke Königssohn.

Und der Jäger sich zu den Gästen kehrt: »Der Schatz ist mein, ihr habt es gehört; »Und wenn ich die Last von hinnen trag', »Kein Mensch daran mich verhindern mag. »Doch biet' ich aus freien Stücken Euch, »Die Hand, Frau Wirthin, zum Vergleich. »Ich lass' Euch Euere Silbertruh', »Ich lass' Euch die Gemse, den Luchs dazu, »Dafern Ihr mir gönnt zu beginnen den Reih'n »Mit Eurem flachsharigen Töchterlein.«

Der Wirthin, die schon verzweifelt fast, Vom Herzen fällt eine Zentnerlast. »Es gilt, es gilt«, so ruft sie geschwind, »Jetzt, Jerica, zeig' dich als folgsam' Kind!«

Schön Jerica glühte wie Abendroth, Als ihr der Jäger die Rechte bot. Er führte stolz sie aus dem Gemach, Schön Jerica nicht widersprach. Die Herrenleut' und das Gesind Belobten der Wirthin folgsam Kind, Im Stillen aber Jung und Alt Den Jäger einen Thoren schalt.

Frau Katra sperrte wieder zu Mit zitternder Hand die Silbertruh', Der Schreck jedoch den ganzen Tag Ihr schwer in allen Gliedern lag.

Die Saiten schwirren, Die Pfeife tönt, Der Kienspahn flackert, Der Boden dröhnt.

Wer schwebt und dreht sich im weiten Saal Wie wirbelndes Laub im Winde? Das ist der Jäger vom Trenta-Thal Mit der Wirthin rosigem Kinde. Es zittert sein Herz, sein Auge lacht – Jäger, Jäger, nimm dich in Acht!

Und der Jäger leise zur Jungfrau spricht: – Und die braunen Wangen erröthen – »Missgönne dem armen Burschen nicht »Die Gunst, die er kühn sich erbeten; »Ein Tanz ist schnell zu Ende gebracht« Jäger, Jäger, nimm dich in Acht!

Die Geigen verklingen, da flüstert sie leis: »Und musste mit dir ich schreiten »Zum ersten Tanz auf der Mutter Geheiss, »So gewähr' ich freiwillig den zweiten »Und den dritten, den vierten – die ganze Nacht' – Jäger, Jäger, nimm dich in Acht!

Die Saiten schwirren, Die Pfeife tönt, Der Kienspahn flackert, Der Boden dröhnt.

Und wieder umschlinget des Burschen Arm Die Hüfte der lieblichen Dirne, Es umspielt sein Odem so lebenswarm Die blond umringelte Stirne; Das glimmende Feuer wird angefacht. Jäger, Jäger, nimm dich in Acht!

Wer schaut auf Tänzer und Tänzerin So finster und zornesmuthig? Das ist von der Komna die Sennerin, Sie beisst sich die Lippen blutig, Und es blitzt ihr Auge wie Wetter bei Nacht. Jäger, Jäger, nimm dich in Acht!

Die Saiten schwirren, Die Pfeife tönt, Der Kienspahn flackert, Der Boden dröhnt.

Vom Felsenhang In's Thal hinab Schaut der Jäger, Gestützt auf den Stab; Zu seinen Füssen Unter dem Hange Die wilde Soča, Die Silberschlange, Häuser und Kirchen, Anzuschauen Wie weisse Blümlein Auf grünen Auen, Zu seinen Häupten Nebelduft Und Felsenvögel Und blaue Luft,

»Nicht um zu jagen »Erklomm ich die Höh'; »Ziehet in Frieden heut »Gemse und Reh i »Das Blut mir wallt »Vor Freud' und Lust; »Aufjauchzen muss ich, »Sonst springt mir die Brust. »Hört es, ihr Berge, »Euch, ruf ich's zu: »Ich bin glückselig, »Juhu, Juhu!«

Der Jäger ruft es, Es hallen zurück Die Felsenwände Sein junges Glück.

Das hört der Waldgeist, Der neckische, alte, Geisfüssige Čatež An sonniger Halde, Streicht sich den Bocksbart, Verzieht das Gesicht, Gutmüthig grinsend Also er spricht: »Wenig Gefahr dreut »Gemsen und Reh'n, »Wenn Jäger jauchzend »Auf Anstand geh'n. »Der braune Bursch dort, »Der jubelt so laut, »Hat wohl zu tief »In die Flasche geschaut, »Dass ihm der Wein »Den Verstand hat getrübt, »Oder am Ende »Ist er verliebt.«

Wenn früh, am Sonntag Die Glocken tönen, Brechen sich Nelken Des Dorfes Schönen. Dunkele Nelken An grünen Ranken An jedem Hause Aus Scherben schwanken. Jericas Nelken Schon seit Wochen Hangen am Nelkenstock Ungebrochen, Duften und welken Unberührt; Edlere Blüthe Ihr Goldhaar ziert, Blüthe die droben Geboren ist, Da wo der Himmel Die Felsen küsst. Jerica spiegelt Im Glas ihr Gesicht, Während in's Haar sie Edelweiss flicht; Grüsst mit Lächeln Ihr Spiegelbild, Ueber die rothen Lippen es quillt:

»Welcher Dirne »Ausser mir »Schmückt die Stirne »So seltne Zier? »Welcher Bursche »Land aus, Land ein »Mag meinem Jäger »Vergleichbar sein? »Wer im Thale »Darf rühmen sich »Ein Liebchen zu kosen »So schön wie ich? »Giebt's von den Bergen »Bis an das Meer »Noch zwei, glückselig »Wie ich und er?«

Da klingen leise Die Kirchenglocken; Vom Spiegel sich wendet Die Maid erschrocken, Und vor dem Bild Der Jungfrau Marie Die schöne Jerica Sinkt in die Knie. Vom Haupt sie nimmt Der Blumen Zier. »Die Silberblüthen, »Ich weihe sie Dir. »Du Gottesmutter, »Du makellose, »Mich sündhaft Mägdlein »Nicht verstosse. »Von Deinem Himmel, »Wo Sterne glüh'n, »Blick gnädig nieder »Auf mich und ihn. »O heil'ge Jungfrau »Voller Gnaden, »Den Liebsten schirme »Auf seinen Pfaden, »Und mir verzeihe, »Weltkönigin, »Dass ich so thöricht »Und glücklich bin.«

Am wilden Waldbach Auf einem Stein Sitzt die braune Špela allein, Stützt mit der Hand Die glühende Stirn, Schwere Gedanken Martern ihr Hirn.

»Bist du geboren »Zu meiner Qual, »Stolzes Blauäugelein »Drunten im Thal? »Ziere den Leib dir »Mit weicher Seide, »Glänze und prunke »Mit Gold und Geschmeide, »Lass' dir genügen »Den bunten Tand – »Nach Felsenblumen »Nickt strecke die Hand! »Was hat den Adler »In's Thal gezogen? »Was hat den König »Der Berge bewogen, »Dass er vom Felsenmeer »Weit sich verirrt, »Dass er nach Taubenart »Gurrt und girrt? »Lachen möcht' ich, »Wenn ich ihn seh', »Thät mir's im Herzen »Nicht grimmig weh!

»In allen Fasern »Drängt's ihn zu ihr, »Mit keinem Blick mehr, »Schaut er nach mir. »Sie ist die Herrin, »Ich bin die Magd, »Die arme Špela – »Gott sei's geklagt!

»Zum goldenen Horte »In Berges Schacht »Lasst mich gelangen, »Geister der Nacht! »Nehmt meine Seele »Und leitet mich hin »Zur Zauberhöhle »Im Bogatin!

»Von rothem Golde »Ein Schloss ich bau', »Drin will ich walten »Als Edelfrau. »Es blitzt Karfunkel »Und Diamant »In meinen Haaren, »An meinem Gewand. »Grafen und Fürsten »Kommen geritten »Der braunen Špela »Gunst zu erbitten. »Aber ich warte, »Bis früh oder spät »Er an das Thor klopft, »Der mich verschmäht. »Wenn er der schmachtenden »Aeugelein satt, »Oder sein Liebchen »Verrathen ihn hat, »Wird er der braunen »Špela gedenken, »Zu ihrem Hause »Die Schritte lenken. »Steht er beschämt dann »In meinem Saal, »Will ich mich weiden »An seiner Qual, »Will ich – ihm zitternd »An's Herze sinken, »Von seinen Lippen »Seligkeit trinken.«

»Sagt, Frau Katra, was gescheh'n ist, »Dass mit roth geweinten Augen »Euer Kind im Haus herumgeht, »Dass Ihr selbst die Stirne runzelt »Und kein gutes Wort mir gönnt? »Ist ein Vetter Euch gestorben, »Eine Muhme oder Base, »Oder ist Euch gar ein Stückfass »Wein im Keller Nachts geborsten?«

Also frug die alte Barba, Und Frau Katra sprach dagegen, Sprach mit heftiger Geberde Und mit unmuthsvollem Ton:

»Nein, kein Vetter ist gestorben, »Keine Muhme, keine Base, »Und kein Stückfass ist geborsten – »Gott sei Dank – in meinem Keller. »Aber etwas andres macht mir »Trüb den Muth und schwer das Herz.

»Schlaflos lag ich in der letzten »Nacht auf meinem Lager, dachte »An die reiche Zwetschenernte, »Die uns dieses Jahr bevorsteht »Und an manches andre noch. »Plötzlich hört' ich ein Geflüster »Draussen im Gemüsegarten, »Schleich' mich sachte an das Fenster, »Und im Mondlichte seh' ich »Unterem Fenster meiner Tochter »Mitten in dem schönen Kohlbeet »Stehen eine Mannsgestalt.

»Wart' ich will dich! sprach ich, langte »Schnell nach Stahl und Stein und Zunder »Um die Lampe anzuzünden, »Aber in der Hast und Eile »Schlug ich so mich auf den Finger, »Dass er mir noch heute wehthut. »Als der Zunder endlich Feuer »Fing und meine Lampe brannte, »War die Mannsgestalt verschwunden »Und der Garten still und leer. »Leise schlich ich auf den Zehen »Nach der Kammer meiner Tochter, »Traf das Kind im tiefsten Schlafe, »Fand das Fenster wohl verschlossen, »Und ich dachte bei mir selber: »Was du sahst, war nur ein Traum.

»Aber heute Morgen fand ich »Unter'm Fenster meiner Tochter »Neben manch zerquetschtem Kohlkopf »Diese Schildhahnfeder hier. »Und so wahr ich Katharina »Heisse, und ein redlich Weib bin, »Zeigen will ich, dass in meinem »Hause keine Tächtelmächtel »Sind geduldet, sorgen will ich, »Dass kein hergelaufner Jäger »Mir bethört die einige Tochter »Und mir meinen Kohl zertritt.«

Also sprach des Hauses Herrin, Und die alte Barba nickte Mit dem grauen Haupt bedächtig. »Wie mir's ahnte, ist's gekommen«, Spricht sie, »und ich find' es billig, »Dass Ihr etwas sauer d'rein schaut, »Dass Euch überläuft die Galle,»Weil Ihr in der Nacht den jungen »Trentajäger unterem Fenster »Jericas im Kohl ertappt habt. »Aber Jugend hat nicht Tugend. – »Sagt doch selber, Mutter Katra, »Habt Ihr, wenn vor zwanzig Jahren »Euer spätrer, nunmehr sel'ger »Eheherr an's Fenster klopfte – »Habt Ihr damals Lärm geschlagen? »Wie die Mutter spinnt, so webet »Auch die Tochter, sagt das Sprichwort, »Und wie Euer Ruf als Hausfrau, »Gattin eh'mals, jetzo Wittib »Bis in's neunte Dorf erklinget, »Also wird auch Eure Tochter »Allen Frauen sein ein Spiegel »Trotz dem arg zertretnen Kohl.«

Milder schon gestimmt durch solche Rede sprach Frau Katra wieder: »Hab' es freilich nicht vergessen, »Sintemal's nicht lang noch her ist, »Dass auch ich ein junges Blut war; »Drückte gerne auch ein Aug' zu, »Wäre nur der Bursch ein andrer! »Aber dieser hergelauf'ne »Jäger aus dem Thal der Trenta, »Der auf Erden nichts sein eigen »Nennt als einen Kugelstutzen »Und ein halbzerfall'nes Häuschen – »Dieser Bursche soll mein Eidam »Werden? Nein und dreimal nein!«

Hob Frau Barba ihren Finger, Sprach geheimnissvoll und flüsternd: »Schmäht mir nicht den Trentajäger, »Schmäht mir nicht den braven Jungen! »Wüsstet Ihr, was mir bekannt ist, »Würdet Ihr wohl anders reden, »Nicht verschliessen ihm die Thür.«

Rückt den Sitz Frau Katra näher Zu der Schaffnerin der alten, Und voll Neugier fragt sie also: »Sprich, was weisst du von dem Jäger? »Kennt er einen Schatz im Berge, »Oder bringt der Škrat ihm gold'ne »Spähne wie dem Schmied von Tolmein, »Hat er eine Alraunwurzel »Oder eine Schlang im Haus?«

»Nichts von dem«, versetzt die Alte, »Doch es halten mächt'ge Wesen »Schirmend über ihm die Hände; »Wie dem Kindlein, wenn es schlummert, »Fliegen scheucht die Hand der Mutter, »Wehren sie von seinem Haupte »Sorglich jedes Unheil ab.

»Mehr als vierundzwanzig Jahre »Sind verflossen, seit den armen »Peter, unsres Jägers Vater »Man erschlagen fand im Walde. »Eine Tanne, die er fällte, »Hatte ihm die Stirn zerschmettert. »Stumm vor Schmerz, die Hände ringend »Kniete vor dem Christusbilde »Zalika, des Todten Wittwe »Nacht und Tag, ein Bild des Jammers, »Doppelt elend, denn der Armen »Stand bevor die schwere Stunde.

»Eines Abends nach vollbrachter »Arbeit sass ich noch am Fenster, »Blickte auf zum Sternenhimmel, »Dacht' an meinen Schatz, den Tine, »Der – ich hab's Euch wohl erzählt schon? – »Gegen den verruchten Türken »Zog und nimmer wieder kam. »Plötzlich sah ich einen hellen »Stern am Firmament erglänzen, »Den ich vorher nicht gesehen, »Und ich wusste, dass in dieser »Stunde sei ein Mensch geboren. »Zalika, gewiss sie ist es, »Die genesen eines Kindleins! »Dacht' ich, und so schnell ich konnte, »Lief ich nach der Freundin Haus.

»Leise trat ich an das Fenster, »Blickte durch die runden Scheiben, »Und im nächsten Augenblicke »Sank ich bebend in die Knie, »Denn an meiner Freundin Lager »Standen raunend drei Gestalten, »Schleierweiss, von Licht umflossen, »Und auf ihren Armen hielten »Sie ein neugebornes Kind. »Lange lag ich auf dem Boden »Im Gebet, und als ich endlich »Wieder aufzuschauen wagte, »War es dunkel in der Kammer, »Nur die Lampe brannte trüb. »Zitternd trat ich in die Hütte, »Fand die Mutter ruhig schlafend, »Neben ihr ein lieblich Knäblein, »Schön von Wuchs, in weiches, weisses »Linnen sorglich eingehüllt.

»Also kam, ich kann's beschwören »Vor dem Bilde des Erlösers, »Auf die Welt der wack're Junge, »Der Frau Katras schöne Tochter »Lieb hat und von ihr geliebt ist.

»Aber der, an dessen Wiege »Einst die Rojenice standen, »Steht, so lang er frei von Schuld ist, »Unterem Schutz der weissen Frauen; »Ihre milden Hände, häufen »Glück und Segen auf sein Haupt. »Wollt Euch zweimal d'rum bedenken, »Mutter Katra, wohl bedenken, »Eh' Ihr den von hinnen weiset, »Dessen Schritt vielleicht zu Eurem »Heil in Euer Haus gelenkt ward »Von den guten weissen Frau'n«

Also sprach die kluge Alte, Und Frau Katra horchte schweigend, Suchte schweigend darauf ihr Lager. – Guter Rath kommt über Nacht.

Kam am andern Tag der Jäger, Trat befangen vor die Wirthin, Bot mit ungewisser Stimme Felsenhühner zum Verkauf an. Zog Frau Katra aus der Tasche Eine krumme Schildhahnfeder, Und mit ernstem Tone sprach sie: »Trentajäger, kennst Du das?«

Schlug der Bursch die Augen nieder, Doch Frau Katra sagte lächelnd: »Steck' die Feder auf den Hut nur, »Komm' herein, du Kohlzertreter, »Hab' dir manches zu vertrauen, »Komm', im Hinterzimmer sind wir »Ungestört und unbelauscht.«

Was die beiden dort verhandelt, Hat kein horchend Ohr vernommen, Doch des Jägers Augen glänzten Heller, seine Wangen blühten Röther, als er mit gehobener Brust an Frau Kathrinas Rechten Wieder aus dem Zimmer trat. Und der Wirthin Kind, die blonde Jerica, aus deren Augen Gestern Thränenbächlein flossen, Blickte heut wie Maiensonne, Jubelte und sang wie eine Lerche über'm Waizenfeld.

Und es ward von dieser Stunde In der Herberg' an der Brücke Wie der Sohn des Hauses selber Angesehen der Trentajäger. Neidisch blickte mancher reiche Bauernsohn des Soča-Thales, Neidisch mancher junge Stadtherr Auf den armen Gemsenjäger, Frau Kathrinas künft'gen Eidam.

Mälig neigten sich die Tage, Und es kam der Mond des Laubfalls, Und nach diesem kam der kalte Winter mit dem Kleid der Taube Und dem Zahn des wilden Wolfes. Aber in des Jägers Herzen Und im Herzen seiner holden, Blonden Jerica war Frühling, Lichter Frühling wie im grünen, Eisumstarrten Zaubergarten, Drein die weissen Frauen sind.

Die weisse Christwurz steht schon längst in Blüthe. Schon ringen sich aus dürrem Laub die Spitzen Der Anemonen und der Himmelsschlüssel. Es schmückt der Hornstrauch sich mit gelben Dolden, Und rosenrothe Haide, tausendblüthig Bedeckt den sonnenseit'gen Bergeshang. Schon längst ist aus dem Thal der Frost gewichen,. Und auch am Schnee der Berge leckt der Südwind. Ein warmer Föhn – und Frühling ist's im Land.

Das lust'ge Bettelvolk der blauen Meisen, Der winzig kleine, braune Winterkönig, Die gelben Ammern und die Haubenlerchen Verlassen schimpfend Garten und Gehöft, Ihr Winterlager, und zigeunermässig Ergiesst sich in's Gehölz der bunte Schwarm.

Vom Meere her und vom Lagunenwasser Der alten Stadt Aglar, vom Sumpf bei Tybein Und Mondfalcone ziehen die Geschwader Der Schwäne, Gänse und der bunten Enten Im Dreieckfluge schreiend durch die Luft Gen Norden nach des Flachlands stillen Seen.

Noch andre Wandervögel bringt der Frühling In's Thal der Soča, fahrend Volk aus Wälschland: Quacksalber, Theriakkrämer, Gaukler, Maler; Von Karfreit kommend (Caporetto heisst es In welscher Zunge) ziehen sie nach Tarvis, Und in Frau Katras Herberg an der Brücke Geht's laut und lustig zu den ganzen Tag.

Auch junge Deutsche im geschlitzten Wams, Am Bandelier den langen, spitzen Degen, Den Hut beschattet von der Straussenfeder, Die sich in Padua am Born der Weisheit Gelabt und nun als hochgelehrte Herren, Magister und Doktoren heimwärts wallen, Erfrischen sich im Wirthshaus an der Soča Die allzeit durstigen Studentenkehlen.

Die nimmer müde Wirthin regt die Hände Von früh bis Abend, und mit jedem Gast Versteht die kluge Frau ein Wort zu reden, Das ihm behagt und ihm den Wein versüsst. Doch wenn die venetian'schen Krämer kommen, Die reichen Herrn mit schwer bepackten Rossen, Dann hat Frau Katharina hundert Hände, Und was der Keller, was die Vorrathskammer Vermag, das wird den wälschen Herrn geboten, Denn lecker sind sie und verwöhnter Zunge Die stolzen Herrn der schwimmenden Paläste.

Der alle Jaka lacht ganz eigentümlich, Wenn Venetianer kommen in das Thal. Er weiss recht wohl, warum die klugen Wälschen Verlassen ihre schönen Marmorhäuser Alljährlich um die Berge zu durchstreifen.

»Ihr glaubt«, so spricht er zu den Frau'n und Mägden, Die spät am Abend die Geschirre säubern Am Küchenherd und ihre Spindeln drehen, Dieweil er selber Späne schnitzt von Kienholz – »Ihr glaubt, die Venetianer ziehen handelnd »Den ganzen Sommer wie die Bündeljuden »Von Dorf zu Dorf, von einer Stadt zur andern? »Oho! Das weiss ich besser. Seht die Kisten »Gefüllt mit Spiegeln und mit bunten Perlen, »Die Seidenballen, die sie mit sich führen, »Sind bald verkauft. Was aber, frag' ich, treiben »Die Venetianer denn bis in den Spätherbst? »Warum denn kriechen sie durch alle Schluchten »Der Berge mit dem Hammer in dem Gürtel? »Warum denn schleichen sie um alle Bäche »Gleichwie die Otter, der verschmitzte Fischdieb? »Warum sie's thun? Sie suchen Gold und finden's, »Denn Gold in Menge liegt in unsren Bergen, »Nur weiss es nicht ein jeder aufzuspüren »So gut wie jene klugen Venetianer. »Sie wühlen aus der Erde und sie schmelzen »Aus Kieselstein und waschen aus dem Bachsand »Das gelbe Gold und schleppen's in die Heimat.

»Von meinem Vater hört' ich oft die Märe »Von einem Wälschen, der den ganzen Sommer »Im Hochthal Jezerca sich aufgehalten. »Den Zlatorog, der weissen Frauen Liebling, »Umschlich er heimlich, trachtend nach den Krickeln »Des Bockes, die den unterird'schen Schatz »Im Bogatin erschliessen, wie ihr wisst. »Da sah der Venetianer eines Tages »Den Goldgehörnten, wie er sich die Stirn »Nach Art der Gemsen und der zahmen Gelsen »Kampflustig rieb an einem Felsenstück. »Und als der Wälsche nach des Bockes Flucht »Der Stelle zuschritt, fand er auf dem Boden »Ein flimmernd Blättchen, winzig wie die Schuppe »Der Bachforelle. Doch der kleine Splitter »Von Zlatorogs Gehörn – für eine Saumlast »Von Golde wär' er nimmer feil gewesen »Dem Venetianer, denn der Splitter ward »Zur Wünschelruthe, und er fand die Pforte »Der Zauberhöhle und er füllte Säcke »Mit gelbem Gold und trug sie heim nach Wälschland«

So spricht der Alte, und die Weiber horchen Mit off'nem Mund und manche seufzt im Stillen. Da wendet sich zur blonden Jerica, Die emsig räumt die Gläser in den Wandschrank, Die braune Špela, und mit häm'schem Lachen Halbleise spricht sie: »Deinem Trentajäger »Gelang es, wie mich deucht, bis jetzt noch nicht »Vom Goldgehörn des Gemsbocks Zlatorog »Zu finden einen Splitter in den Bergen.«

Und arglos, nicht der Rede Stachel spürend, Versetzt des Jägers Braut geheimnissvoll: »Und doch, ich weiss es, kennt er wohl den Garten »Der Rojenice und die weissen Gemsen. »Du lächelst Špela? Sieh doch diese Blumen, »So frisch und duftig wie zur Zeit der Heumahd; »Wo anders pflückt mein Trauter solche Blüthen »Als in der weissen Frauen Zaubergarten?«

Die braune Špela lacht. »Das Märchen glaubst du? »Gar manche Kunst verstehen sie, die Jäger; »Warum nicht die, im Winter frische Blumen »Zu züchten? Glaube mir, der Zaubergarten, »Aus dem du deine Blumen wähnst entsprossen, »Ist andres nichts, als ein paar Blumenscherben, »Die in der Kammer deines Liebsten steh'n.«

Drauf Jerica mit hoch erregter Stimme: »Aus dir spricht Neid. Es ist so wie ich sagte »Der Trentajäger ist der ein'ge Bursche »Im ganzen Lande, der es wagen darf »Der Rojenice Garten zu betreten. »An seiner Wiege haben sie gestanden, »Die Schicksalsschwestern mit den weissen Schleiern; »Sie schirmen ihn vor Unglück und Gefahr, »Er darf in ihren Bergen straflos jagen »Das Reh, die Gemse und das bunte Steinhuhn; »In ihrem Zaubergarten pflückt er Blumen, »Und ich, ich trage sie in meinem Haar. »So ist es, Špela, wage nicht zu zweifeln!«

Die braune Špela senkt die glatte Stirne. »Du bist die Herrin, und ich bin die Magd. »Du sagst: es ist so – gut, ich muss es glauben. »Dann ab er nimmt's mich Wunder, dass dein Jäger, »Der klugen Rojenice liebes Schoosskind, »Statt goldner Kettlein und statt Perlenschnüren »Vom unterird'schen Horte, den sie hüten, »Dir Blumen nur und immer wieder Blumen »Von seinen Fahrten bringt zum Angebinde. »Die schönen Blumen, Edelweiss und Steinbrech »Und Gemswurz! Ja, dein Jäger ist voll Zartsinn, »Was soll, so denkt er, meiner Jerica »Das gelbe Gold, das blinkende Geschmeide? »Sie hat ja Geld und Gut in Hüll' und Fülle. »Mit Blumen schmückt er ihr die blonden Haare, »Zum Brautgeschenke bricht er Alpenrosen, »Und zartes Edelweiss zur Morgengabe. »Fürwahr, des Jägers Braut ist zu beneiden!«

So spricht die braune Špela, und bevor Noch Jerica ein Wort erwidern kann, Enteilt sie wie die Wespe nach dem Stich.

In der Soča-Herberg' summt's wie Bienen, Klirren Becher, schwirren Mandolinen, Und im Takt, getragen von den Tönen, Schweben auf und ab des Thales Schönen, Schwebt auch Jerica, wie auf der Welle Leichtbeschwingt die flinke Bachlibelle. Und die Tänzer sind gar schmucke Knaben, Haben wirre Locken, schwarz wie Raben, Bleich die Wangen, doch die Lippen blühend Und die Augen hell wie Sterne glühend. Aus Venedig kamen sie gezogen, Wo Paläste schwimmen auf den Wogen; Vor der Herberg steh'n mit edlem Gut Hochbeladen in der Knechte Hut Ihre Rosse, fünfzig oder mehr, Und die Gaffer stehen rings umher.

Rastend von dem Tanz ergreift die Hand Jericas ein schöner schlanker Fant, Führt sie an den Tisch und schenkt ihr ein Goldigbraunen, süssen Cyperwein. Wie des Sprossers Ton, wies Schall der Glocken Klingt in ihrem Ohr des Wälschen Locken:

»Schönes Mädchen mit den gelben Haaren,