Dr. Norden Bestseller 133 – Arztroman - Patricia Vandenberg - E-Book

Dr. Norden Bestseller 133 – Arztroman E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Deutlich über 200 Millionen Exemplare verkauft! Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration. Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Sie hat allein im Martin Kelter Verlag fast 1.300 Romane veröffentlicht, Hunderte Millionen Exemplare wurden bereits verkauft. In allen Romangenres ist sie zu Hause, ob es um Arzt, Adel, Familie oder auch Romantic Thriller geht. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus. Sie kennt die Sorgen und Sehnsüchte ihrer Leser und beeindruckt immer wieder mit ihrer unnachahmlichen Erzählweise. Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist. Mit düsterer Miene studierte Dr. Daniel Norden den Untersuchungsbefund seines Patienten Bernd Bongert, als Lonis Stimme aus der Sprechanlage tönte. »Frau Möllner ist gekommen, Chef.« Seine Miene hellte sich auf, als das junge Mädchen eintrat. »Die Angela«, rief er erfreut aus, »eine richtige junge Dame ist sie geworden. Wie lange habe ich Sie denn schon nicht mehr gesehen?« »Ist erst ein Jahr her, aber da kann sich viel ändern«, erwiderte Angela Möllner lachend. »Aus Kindern werden Leute.« »Und aus Mädchen werden Bräute, sagte man«, fuhr Dr. Norden fort. Angela errötete. »So weit ist es noch nicht gediehen. Papa würde mir auch den Marsch blasen.« Da war so ein Unterton, der ihn stutzig machte, aber Angela fuhr gleich fort: »Es war mühsam genug, ihm die Zustimmung abzuringen, dass ich die Hotelfachschule besuchen durfte.« »Gefällt es Ihnen dort?«, fragte Dr. Norden.

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Dr. Norden Bestseller – 133 –

Sie musste ihr Kind verschweigen

Patricia Vandenberg

Mit düsterer Miene studierte Dr. Daniel Norden den Untersuchungsbefund seines Patienten Bernd Bongert, als Lonis Stimme aus der Sprechanlage tönte. »Frau Möllner ist gekommen, Chef.«

Seine Miene hellte sich auf, als das junge Mädchen eintrat. »Die Angela«, rief er erfreut aus, »eine richtige junge Dame ist sie geworden. Wie lange habe ich Sie denn schon nicht mehr gesehen?«

»Ist erst ein Jahr her, aber da kann sich viel ändern«, erwiderte Angela Möllner lachend. »Aus Kindern werden Leute.«

»Und aus Mädchen werden Bräute, sagte man«, fuhr Dr. Norden fort.

Angela errötete. »So weit ist es noch nicht gediehen. Papa würde mir auch den Marsch blasen.«

Da war so ein Unterton, der ihn stutzig machte, aber Angela fuhr gleich fort: »Es war mühsam genug, ihm die Zustimmung abzuringen, dass ich die Hotelfachschule besuchen durfte.«

»Gefällt es Ihnen dort?«, fragte Dr. Norden.

»Ja, sehr gut. Jetzt sind Ferien, und in einem Jahr bin ich fertig.«

»So schnell vergeht die Zeit«, sagte Dr. Norden nachdenklich. Er sah immer noch das magere kleine Mädchen vor sich, das seinen Eltern gesundheitlich viel Sorgen bereitet hatte und dann auch dementsprechend verhätschelt worden war.

Jetzt war Angela aufgeblüht, reizend anzuschauen. Blondes Haar schmiegte sich um ihr ovales Gesicht, das von leuchtenden graublauen Augen beherrscht wurde. Ja, Angela Möllner war ein sehr hübsches Mädchen geworden, und unwillkürlich musste Dr. Norden denken, dass eine Frau erst durch die Liebe schön wurde.

»Krank schauen Sie nicht aus«, stellte er fest. »Was also führt Sie zu mir?«

»Es ist wegen dieses Muttermals, Herr Dr. Norden.« Sie deutete auf das dunkle Fleckchen, das sich dicht neben ihrer Halsschlagader befand. »Es wird so viel davon geredet, dass solche Dinger bösartig werden können.«

»Es wird sehr viel Unsinn geredet«, sagte er.

»Aber eine Freundin von mir hatte eins am Arm, und das hat sie sich aufgerissen. Dann ist es herausoperiert worden, und es wurde festgestellt, dass es ein Tumor war.«

»Das sah ganz sicher anders aus«, meinte er. »Wir wollen mal ganz ernsthaft darüber sprechen, Frau Möllner.«

»Sie können ruhig weiter Angela zu mir sagen, dann fällt es mir leichter«, sagte sie leise. »Man macht sich doch Gedanken.«

»Gewiss, und das ist auch nicht von Übel, wenn man mit einem Arzt darüber spricht und nicht mit irgendwelchen Pessimisten, die alles gleich ganz schwarz sehen. Solange ich Sie kenne, hat sich Ihr Pünktchen nicht verändert. Also besteht gar kein Grund, es herauszuschneiden. Es sieht doch niedlich aus.«

»Das sagt Anderl auch«, entfuhr es ihr, »und deshalb nennt er mich ja auch Pünktchen.« Heiße Glut schlug ihr darauf in die Wangen. »Aber sagen Sie das nicht meinem Vater. Er sieht rot, wenn ich von Anderl rede. Er ist jetzt sowieso so reizbar. Mutti hat es auch nicht leicht. Papa bildet sich doch partout ein, dass ich den Bongert heiraten soll.«

Dr. Norden zuckte leicht zusammen. »Aber der ist doch fast doppelt so alt wie Sie«, sagte er hastig.

»Aber stinkreich«, platzte sie heraus, »und das allein zählt für meinen Vater. Ich habe ja nichts gegen Bongert. Er ist ein netter Mensch, aber heiraten will ich ihn doch nicht.« Sie geriet ins Stocken. »Mutti hat mir gesagt, dass er ziemlich krank war und dass Sie ihn behandelt haben. Na ja, ich habe gedacht, dass Sie vielleicht herausbringen könnten, ob er wirklich scharf darauf ist, mich zu heiraten, oder ob Papa sich dies nur einbildet.«

Das war es also, es war kein Zufall, dass Angela ausgerechnet jetzt zu ihm kam, und das Muttermal war auch nur ein Vorwand gewesen. Aber ganz so war es nicht, wie Angela dann gleich zu verstehen gab.

»Nicht, dass Sie meinen, ich mache mir wegen des Muttermals keine Gedanken«, sagte sie nämlich schnell, »aber bei dieser Gelegenheit wollte ich gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, wie man so schön sagt.«

Dr. Norden überlegte. »Also, was das Muttermal betrifft, machen Sie sich bitte keine Sorgen, Angela, und was Herrn Bongert anbetrifft, würde ich mir auch nicht allzu viel Gedanken machen. So weit ich ihn kennenlernte, glaube ich nicht, dass er überhaupt an Heirat denkt. Ich denke, dass ich damit meine Schweigepflicht nicht gefährde. Es mag wirklich nur ein Wunschgedanke Ihres Vaters sein. Mehr möchte ich dazu nicht sagen.«

»Es erleichtert mich dennoch«, sagte Angela aufatmend. »Herzlichen Dank, Herr Dr. Norden. Dafür verrate ich Ihnen auch, dass ich den Anderl narrisch gernhabe und nur ihn heiraten würde, aber zuerst muss er sich eine Existenz gründen, und Papa hat eben hochfliegende Pläne, seit mein Bruder eine Adlige geheiratet hat. Ich mag Marina sehr gern, aber wenn man ein ›von‹ vor dem Namen hat, scheint es keine Rolle zu spielen, wenn man kein Geld hat.«

Das klang doch ziemlich aggressiv.

»Ihr Anderl hat also kein Geld«, sagte Dr. Norden sanft.

»Noch nicht, aber er schafft es auch so.«

»Und Ihr Bruder ist doch recht glücklich mit seiner Frau«, sagte Dr. Norden.

»Natürlich sind sie glücklich, und ich vergönn’s ihnen ja auch, aber mir soll man es auch vergönnen, dass ich glücklich bin.«

»Man braucht aber nichts zu überstürzen, Angela. Sie sind doch noch sehr jung, grad erst achtzehn.«

»Aber ich bin mündig und kann tun, was ich will, und das werde ich auch tun. Anderl ist ein anständiger Bursche und wird es weit bringen, davon bin ich überzeugt.«

»Davon könnte er doch auch Ihren Vater überzeugen«, versuchte Dr. Norden diplomatisch einzulenken.

»Eins sollten Sie wissen, Herr Dr. Norden, wenn Papa sich mal etwas in denn Kopf gesetzt hat, will er es auch ausführen. Und der Anderl ist kein Kriecher. Der hat Charakter.«

Hoffentlich, dachte Dr. Norden, als Angela dann ging. Wie viel Illusionen hatte man doch mit achtzehn Jahren, und manchmal blieb nichts. Es tat ihm leid, dass ihm keine Möglichkeit gegeben war, diesem netten Mädchen weiterzuhelfen, aber er konnte sich nicht in Privatangelegenheiten einmischen. Das war nun wirklich nicht seine Aufgabe. Die Möllners waren seine Patienten, ebenso wie Bernd Bongert und seine Mutter. Und er kannte diesen Anderl nicht, dem Angela Möllner anscheinend ihr Herz geschenkt hatte.

*

Mit ihm traf sich Angela dann in einem kleinen Restaurant zum Mittagessen.

Er war ein großer, breitschultriger, gut aussehender junger Mann, höchstens Anfang Zwanzig. Er küsste Angela unbekümmert auf die Wange, als sie an seinen Tisch trat.

»Vorsicht, Anderl, es könnten Leute da sein, die mich kennen«, sagte sie.

»Und wenn schon«, meinte er unbekümmert. »Wir gehören doch zusammen, Angi. Ich habe keine Angst vor deinen Eltern. Lass mich mit ihnen reden. Ich werde ihnen klarlegen, was ich mir vorstelle. Sie brauchen nicht bange sein, dass ich nicht für dich sorgen kann.«

»Es würde nur ein schreckliches Fiasko geben, Anderl«, sagte sie. »Es ist besser, wenn wir noch warten. Du willst deine Tante Anna doch auch nicht enttäuschen.«

Ein Schatten fiel über sein Gesicht. »Lassen wir das jetzt, Angi«, sagte er leise. »Jetzt fahren wir erst einmal in den Süden, und danach stelle ich dich meiner Tante Anna vor. Sie wird begeistert von dir sein, davon bin ich überzeugt.«

»Wenn du meinst«, sagte sie schelmisch. »Jedenfalls habe ich Papa die Erlaubnis abgerungen, ein paar Tage nach Frankreich fahren zu können, um Miriam zu besuchen. Und Dr. Norden hat mir ausgeredet, dass mein Muttermal bösartig sein könnte.«

»Das habe ich doch auch gesagt. Es ist süß, Pünktchen.«

»Du musst es ja wissen, wenn du es dauernd küsst«, sagte sie lächelnd. »Machen wir uns das Leben nicht schwerer als es ist, Anderl. Ich fahre also mit dem Zug bis Ventimiglia, und du holst mich dort ab. Miriam ruft heute Abend meine Eltern an, damit sie ja beruhigt sind. Wir haben eine herrliche Woche vor uns und können alles bereden, wenn wir Abstand haben.«

»Mir wäre es lieber, wenn ich vorher mit deinem Vater sprechen könnte, Angi«, sagte er.

»Das wäre jetzt der ungeeignetste Zeitpunkt, Anderl. Wenn er erfährt, dass wir uns auf der Hotelfachschule kennengelernt haben, dass du erst deine Lehre als Koch abgeschlossen hast und es doch noch einige Zeit dauern wird, bis du Hotelbesitzer bist, geht er auf wie ein Pfannkuchen. Wir sollten wirklich nichts überstürzen, das hat Dr. Norden auch gesagt.«

»Und der predigt dir wohl das Evangelium«, brummte Anderl.

»Er ist der klügste Mann, den ich kenne«, sagte Angela ernsthaft. »Er hat mir immer geholfen, als ich noch ein unbedarftes Mädchen war. Meine Eltern hätten mich in Watte gepackt, wenn er nicht so streng mit ihnen gewesen wäre. Auf ihn kann ich mich verlassen. Es bleibt also dabei. Du fährst zu deiner Tante Anna, und in drei Tagen treffen wir uns in Ventimiglia.«

»Kann ich mich auf dich verlassen, Angi?«, fragte er.

»Wenn ich dich nun so fragen würde, was würdest du erwidern?«, fragte sie.

»Du solltest doch wissen, dass du dich auf mich immer verlassen kannst.«

»Und du solltest es auch wissen, sonst hat alles keinen Sinn«, erwiderte sie.

»Mir gefällt das Versteckspielen nicht. Ich habe manchmal das Gefühl, dass du dich schämst, mich deinen Eltern vorzustellen«, sagte er, »weil ich ein Bauernbub bin.«

»Red nicht solchen Unsinn! Ich will nur keinen Widerstand erzeugen. Du bist zweiundzwanzig, und ich bin gerade achtzehn. Ich habe durchgesetzt, dass ich zur Hotelfachschule gehen durfte, und wenn ich jetzt gleich mit einem Mann daherkomme, wird mein Vater sagen, dass dies allein das Ergebnis ist. Ich will erst noch meinen Abschluss machen. Du hast ihn ja schon. Und ein bisschen leichter werden wir es schon haben, wenn ich meine Mitgift bekomme. Ich denke da ganz realistisch, Anderl. Wir wollen doch ein schönes Hotel haben. Vor dem Arbeiten fürchte ich mich nicht. Aber warum soll mein Bruder Stefan alles bekommen? Nur weil er eine Baronesse geheiratet hat? Sie war arm wie eine Kirchenmaus. Für sie war Stefan die beste Partie, die sie machen konnte. In ihren Kreisen hat sie keinen gefunden, der ihr so viel bieten konnte wie mein Bruder.«

»Warum bist du immer gleich so aggressiv, Angi?«, fragte Anderl. »Du sagst doch stets, dass du Marina gernhast.«

»Aber ich sehe nicht ein, dass sie alles kriegen und wir vielleicht nichts, nur, weil du meinem Vater nicht passt.«

»Ich liebe dich auch, wenn du gar nichts hast«, sagte Andreas Baumer leise.

»Du wirst es vielleicht beweisen müssen«, erwiderte sie.

»Das werde ich, wenn du mir die Chance gibst.«

Sie lächelte. »Also, auf nach Ventimiglia. Eine Verbündete haben wir ja. Miriam freut sich, wenn wir kommen. Ich bin sehr gespannt, was deine Tante Anna sagt, wenn du ihr von mir erzählst.«

*

Sie hatten oft darüber gesprochen. Auf der einen Seite standen Angelas Eltern, auf der andern Anderls Tante Anna. Bevor sie sich ihrer gegenseitigen Zuneigung bewusst wurden, und das hatte immerhin einige Monate gedauert, hatten sie sich über ihre Probleme unterhalten.

Angela hatte darüber gesprochen, wie schwer es ihr gefallen sei, ihren Vater davon zu überzeugen, dass sie ins Hotelfach wolle, weil sie da mit vielen Menschen Kontakte haben könne. Ihre Freundin Miriam Brandt war daran nicht ganz schuldlos gewesen, denn deren Vater besaß mehrere Hotels im Ausland.

Mit ihr hatte sie gemeinsam die Schulbank gedrückt, aber Miriam hatte das Abitur ebenso wenig geschafft wie Angela. Und weil Miriam auf die Hotelfachschule gehen wollte, wollte es die sonst so schüchterne Angela auch.

Nun, immerhin hatte Miriam auch einen reichen Vater hinter sich, und so hatte Moritz Möllner schließlich zugestimmt, dass auch seine Tochter diesen Ausbildungsweg einschlug.

Nicht vorausschaubar war allerdings, dass auch Andreas Baumer von seiner reichen Patin Anna Baumer auf diese Schule geschickt wurde, und noch weniger konnte man voraussehen, dass Miriam wegen ihres Muttermales, das sich dann als ein bösartiger Tumor herausstellte, vorzeitig die Schule verlassen musste und nun von ihren sehr besorgten Eltern in einem wunderschönen Haus an der französischen Riviera nach ihrer Operation von den besten Ärzten betreut wurde.

Das allerdings hatten auch Angelas Eltern erfahren, und als ihre Tochter eingeladen wurde, Miriam zu besuchen, hatten sie sofort zugestimmt.

Das war das Niveau, das ihren Vorstellungen entsprach. Dagegen konnten sie nichts einwenden. Angelas Mutter, Dora Möllner, zerfloss in Mitleid mit diesem armen jungen Mädchen, das einen so schweren Schicksalsschlag verkraften musste, obgleich die Ärzte bescheinigt hatten, dass die Operation gerade noch rechtzeitig erfolgt sei.

Weniger tolerant war Moritz Möllner jedoch gewesen, wenn seine Tochter von Andreas Baumer erzählte. Ein junger Bauernsohn, der seine Eltern früh verloren hatte, der von seiner Patin, einer Cousine seines Vater erzogen worden war, der es zwar bis zur mittleren Reife in der Schule geschafft hatte, dann aber eine Lehre als Koch machte, weil seine Tante dies so wollte, damit in ihrem Hotel auch mal ein Feinschmeckerlokal von sich reden machen sollte.

»Warum redest du eigentlich so viel von diesem Andreas Baumer?«, fragte Moritz Möllner seine Tochter auch an diesem Abend.

»Er ist sehr nett und kann sehr viel, und wir verstehen uns gut, Papa«, sagte Angela.

»Wenn es nicht mehr ist, will ich das akzeptieren«, sagte Moritz Möllner. »Es ist immer gut, wenn es junge Leute zu etwas bringen. Aber wenn du vielleicht an diesem jungen Mann interessiert bist, Angela, dann sage ich gleich, dass du es dir aus dem Kopf schlagen sollst.«

»Du hast doch auch mal klein angefangen, Papa«, warf Angela ein.

»Aber ich habe jetzt auch meine Schwierigkeiten. Wenn du Bernd Bongert heiratest, bin ich solcher enthoben, und schließlich bist du für eine Ehe nicht mehr zu jung.«

»Ich bin für eine Ehe nicht mehr zu jung. Ist das dein Ernst?«, fragte Angela.

»Ich habe es gesagt, und Bernd Bongert ist ein Mann, dem ich dich gern anvertrauen würde.«

»Weil er viel Geld hat«, sagte Angela tonlos. »Dass er fast doppelt so alt ist wie ich, spielt keine Rolle.«

»Was für eine denn? Er sieht gut aus, er kann dir alles bieten.«

»Und du wärest aus deinen augenblicklichen Schwierigkeiten heraus«, sagte Angela. »Warum hast du Stefan nicht gesagt, dass er eine reiche Frau heiraten soll?«

»Wie kommst du denn darauf? Er hat eine Baronesse Sonnenfels geheiratet.«

»Und was hat dir das genutzt?«, fragte Angela aggressiv.

»Wir haben ein Image«, sagte Moritz Möllner.

»Ich könnte ja den Grafen Landau heiraten, der bei uns im Internat ist. Er hat zwar auch kein Geld, aber einen Namen. Allerdings würde er mich nur heiraten, wenn ich eine entsprechende Mitgift bringe.«

Moritz Möllner sah seine Tochter nachdenklich an. »Will er dich heiraten?«

»Nun, wenn ich ihm entgegenkomme, wäre er dazu wohl bereit, aber unter einer Million kaum, Papa.«

»Ich kann mir das Geld doch nicht aus den Ärmeln schütteln«, brummte Moritz Möllner, »jetzt schon gar nicht. Bongert wäre meine Rettung.«

»Hast du nicht immer gesagt, dass du auf niemanden angewiesen sein willst?«, fragte Angela. »Ich kann mir mein Geld allein verdienen, ohne zu heiraten. Stefan wird es wohl auch können. Und Marina könnte ja auch dazuverdienen«, sagte Angela.

»Sie hat doch nichts gelernt«, warf Dora Möllner ein, »und außerdem erwartet sie ein Baby.«

»Und da es Schwierigkeiten gibt, soll ich die ganze Familie durch eine Heirat mit Bongert retten«, sagte Angela. »Aber immerhin betrachtet ihr mich nicht mehr als kleines Mädchen, sondern als heiratsfähig. Nun, ich werde mir das überlegen, wenn ich bei Miriam bin.«

»Wie meinst du das?«, fragte Moritz Möllner rasch.

»Wie ich es sagte, Papa. Ich werde mir überlegen, ob ich heiratsfähig bin, oder besser gesagt, reif für die Ehe. Aber vorerst räumst du mir ein, dass ich somit auch fähig bin, einige Entscheidungen selbst zu treffen.«

»Manchmal verstehe ich dich überhaupt nicht«, sagte Moritz Möllner.

»Es ist doch so leicht zu verstehen, Papa. Würde es dir gefallen, wenn ich auf dem Standesamt sagen würde: ›Ja, ich will, weil mein Vater es will‹?«

»Sei nicht albern, Angela«, brauste er auf.

»Ich bin nicht albern. Reif sein bedeutet doch, einen eigenen Willen und ein eigenes Ziel zu haben. Zumindest ist das ein Teil von der Reife, obgleich die Weisheit erst mit den Jahren kommt.«

»Lehrt man euch solche Weisheiten auch auf der Hotelfachschule?«, fragte Moritz Möllner.

»Nein, die eignet man sich selber an, wenn man die Menschen kennenlernt, und in dem Beruf, den ich anstrebe, muss man Menschenkenntnis besitzen. Was meinst du, Mutti?«

»Die Küken sind klüger als die Henne«, sagte Dora Möllner ruhig.

»Das wollte ich damit nicht sagen, Mutti«, erwiderte Angela beklommen.

»Aber ich. Ich wäre froh, wenn ich mit achtzehn Jahren auch schon so gescheit gewesen wäre wie du.«

»Du hast das Abitur gemacht«, brauste ihr Ehemann auf.

»Und was besagt das schon? Ich war eine fleißige Schülerin, weil meine Eltern das erwartet haben. Aber was konnte ich damit schon anfangen? Ein Jahr später war ich verheiratet, und in der Zwischenzeit habe ich kochen gelernt und was man sonst braucht als Ehefrau. Wenn ich heute meinen Lebensunterhalt allein bestreiten müsste, wüsste ich nicht, womit. Aber Angela wird das wissen.«

»Sie wird es nicht nötig haben«, sagte Moritz Möllner.

»Woher willst du das schon heute wissen, lieber Moritz?«, fragte seine Frau mit einem unergründlichen Lächeln.

»Sie braucht nur Bernd Bongert zu heiraten«, sagte er.

Dora sah ihn an. »Hätte es dir eigentlich gefallen, wenn ich dich nur deines Geldes wegen geheiratet hätte?«, fragte sie.

»Du hattest doch deine Mitgift«, platzte er heraus.

»Muss ich annehmen, dass du mich meines Geldes wegen geheiratet hast?«, fragte sie kühl.

»Red doch nicht solchen Schmarrn, Dora!«

»Wenn zwei dasselbe sagen, ist es also noch immer nicht dasselbe«, erklärte sie. »Ich meine, du sollst Angela wirklich Zeit lassen, richtig erwachsen zu werden.«

»Hält sie mir nicht ständig vor, dass sie mündig ist?« Er fuhr sich mit den Fingern durch das schüttere Haar. »Ich lasse ihr doch Zeit. Ich gestatte ihr alles, was sie vorschlägt. Was kann ich noch tun?«

»Ist ja gut, Papa«, sagte Angela.

Und da läutete das Telefon. Dora war zuerst dort. »Es ist Miriam«, rief sie sogleich. »Die Verbindung wird hergestellt. Mein Gott, ist das noch umständlich.«

*

Die Verständigung war schlecht. Angela meinte, dass Miriams Stimme sehr müde geklungen hätte. »Es wird Zeit, dass ich sie aufmuntere«, sagte sie.

»Hast du mit Dr. Norden über dein Muttermal gesprochen?«, fragte ihr Vater.

»Ja, das wäre nichts, hat er gesagt«, erwiderte Angela. »Man soll nicht alles gleich schwarzmalen.«

»Er ist ein sehr guter Arzt«, sagte Dora. »Er wird es wissen.«

»Ich sage gar nichts gegen ihn. Ich meine nur, dass es für Angela doch kein angenehmer Aufenthalt wäre, wenn Miriam sich in einem kritischen Stadium befindet«, sagte Moritz Möllner.

»Wieso denn kritisch«, brauste Angela auf. »Sie wird ganz gesund, das haben die Ärzte gesagt.«

»Man kann nie wissen«, murmelte ihr Vater.