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Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Deutlich über 200 Millionen Exemplare verkauft! Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration. Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Sie hat allein im Martin Kelter Verlag fast 1.300 Romane veröffentlicht, Hunderte Millionen Exemplare wurden bereits verkauft. In allen Romangenres ist sie zu Hause, ob es um Arzt, Adel, Familie oder auch Romantic Thriller geht. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus. Sie kennt die Sorgen und Sehnsüchte ihrer Leser und beeindruckt immer wieder mit ihrer unnachahmlichen Erzählweise. Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist. Obgleich Jennifer Jarvis einen höchst erfreulichen Anblick bot, konnte sich Dr. Daniel Norden für diese Patientin nicht erwärmen. Sie war auch im Leben zu sehr Schauspielerin, zu sehr auf Effekthascherei bedacht. Jennifer Jarvis war schön, auffallend schön sogar, dabei aber kapriziös und extravagant, und ihre grünen Augen verrieten Berechnung. »Was hat sich nun ergeben?« fragte sie ungeduldig. »Heraus mit der Sprache. Ich habe morgen Probeaufnahmen, und da will ich fit sein.« »Nun, ich würde Ihnen vorschlagen, einen Gynäkologen aufzusuchen, Frau Jarvis. Das Ausbleiben der Regel hat seinen Grund. Sie sind im dritten Monat schwanger.« »Nein«, schrie sie auf, »das gibt es doch gar nicht! Ich habe immer die Pille genommen!« »Die wohl auch nicht für hundertprozentige Sicherheit garantiert. Aber Sie können es sich gern von Dr. Leitner bestätigen lassen, wenn Sie ihn aufsuchen wollen.« Sie sah plötzlich nicht mehr so schön aus, sondern eher wie eine gereizte Katze. Aber dann hellte sich ihr Gesicht schnell wieder auf. »Nun, man muß wohl das Bestmögliche aus solcher Situation machen, und das ist wohl eine Heirat«, sagte sie frivol. »Keine schlechte Idee«, bemerkte er, sich zu einem Lächeln zwingend und unwillkürlich jetzt schon den Mann bedauernd, den sie im Auge hatte. Nun, was immer er dachte, seit vier Monaten gab es in Jennifers Leben tatsächlich nur einen Favoriten, und der Gedanke daran, ihn mit dem Kind zu einer Heirat bewegen zu können, fand sie gar nicht übel. Jörg Fabry hatte schließlich einem sehr bekannten Namen Konzessionen zu machen. Sie begab sich also sofort zu Dr. Leitner und brachte den guten Schorsch, der
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Obgleich Jennifer Jarvis einen höchst erfreulichen Anblick bot, konnte sich Dr. Daniel Norden für diese Patientin nicht erwärmen. Sie war auch im Leben zu sehr Schauspielerin, zu sehr auf Effekthascherei bedacht.
Jennifer Jarvis war schön, auffallend schön sogar, dabei aber kapriziös und extravagant, und ihre grünen Augen verrieten Berechnung.
»Was hat sich nun ergeben?« fragte sie ungeduldig. »Heraus mit der Sprache. Ich habe morgen Probeaufnahmen, und da will ich fit sein.«
»Nun, ich würde Ihnen vorschlagen, einen Gynäkologen aufzusuchen, Frau Jarvis. Das Ausbleiben der Regel hat seinen Grund. Sie sind im dritten Monat schwanger.«
»Nein«, schrie sie auf, »das gibt es doch gar nicht! Ich habe immer die Pille genommen!«
»Die wohl auch nicht für hundertprozentige Sicherheit garantiert. Aber Sie können es sich gern von Dr. Leitner bestätigen lassen, wenn Sie ihn aufsuchen wollen.«
Sie sah plötzlich nicht mehr so schön aus, sondern eher wie eine gereizte Katze. Aber dann hellte sich ihr Gesicht schnell wieder auf. »Nun, man muß wohl das Bestmögliche aus solcher Situation machen, und das ist wohl eine Heirat«, sagte sie frivol.
»Keine schlechte Idee«, bemerkte er, sich zu einem Lächeln zwingend und unwillkürlich jetzt schon den Mann bedauernd, den sie im Auge hatte.
Nun, was immer er dachte, seit vier Monaten gab es in Jennifers Leben tatsächlich nur einen Favoriten, und der Gedanke daran, ihn mit dem Kind zu einer Heirat bewegen zu können, fand sie gar nicht übel. Jörg Fabry hatte schließlich einem sehr bekannten Namen Konzessionen zu machen.
Sie begab sich also sofort zu Dr. Leitner und brachte den guten Schorsch, der mit dieser Art Frauen gar nichts anzufangen wußte, ganz hübsch ins Schwitzen, denn für Jennifer war Mann nur Mann, ob er Arzt war oder sonstwas. Sie mußte sich ihre Anziehungskraft immer wieder bestätigen lassen. Auf Dr. Norden hatte diese keine Wirkung gezeigt, und das wurmte sie. Auf Dr. Leitner wirkte sie zwar auch nicht, aber er hatte nicht die kühle Gelassenheit seines Freundes Daniel Norden.
»Können Sie mir schriftlich bestätigen, wann der Schreihals kommen würde?« fragte sie arrogant.
Armes Kind, dachte der gute Schorsch schon jetzt, aber er nickte wortlos.
»Ende Dezember, Anfang Januar«, erwiderte er. »Da Sie mir keine genauen Angaben machen können, ist der Tag noch nicht genau zu bestimmen.«
»Na, hoffentlich wird es kein Silvesterscherz«, sagte Jennifer. Immerhin beruhigte es Dr. Leitner, daß sie nicht sofort an eine Schwangerschaftsunterbrechung dachte.
Allerdings hatte Jennifer auch eine solche schon in Betracht gezogen. Sie wollte nur abwarten, wie die morgigen Probeaufnahmen ausfielen. Wenn sie wieder keine Hauptrolle bekommen würde, hielt sie es für besser, den reichen Jörg Fabry zu heiraten und sich mit dem Kind erstmal ein beruhigendes Geldpolster zu verschaffen.
Einer Heirat schien Jörg zwar nicht besonders geneigt zu sein, aber wegen seines gestrengen Vaters fürchtete er schon einen Skandal. Mit Sebastian Fabry, dem Großindustriellen, war nämlich nicht gut Kirschen essen, das wußte Jennifer bereits aus Erfahrung, da er ihr bereits schon einmal deutlich zu verstehen gegeben hatte, daß er den Umgang seines Sohnes nicht billige.
*
Genau zu dieser Zeit saß Jörg seinem Vater gegenüber. Ein blendend aussehender Mann von dreißig Jahren, salopp, aber nach letztem Schick gekleidet.
»Du bist blaß, Jörg. Du schläfst zu wenig«, stellte Sebastian Fabry, ein wuchtiger Mann von imponierender Erscheinung, fest.
»Ich habe Kopfschmerzen, Papa«, sagte Jörg.
»Ich hätte auch welche, wenn ich mich mit solchem kaltschnäuzigen Weib herumtreiben würde«, knurrte der Ältere. »Es wird Zeit, daß du sie abschiebst, Jörg. Ich habe immer Verständnis für deine Affären gehabt. Man soll seine Jugend genießen. Ich habe meine auch genossen. Aber jetzt bist du dreißig, und es wird höchste Zeit, daß du dich auch mal um den Betrieb kümmerst. Ich werde morgen sechzig.«
»Ich weiß, Papa, du siehst aus wie fünfzig«, sagte Jörg.
»Laß die Schmeichelei! Ich bin sechzig und fühle mich auch so. Und da ich nur einen Sohn habe, möchte ich, daß du heiratest. Ich will Enkelkinder haben. Aber laß dir nicht einfallen, solche Partybiene zu heiraten wie die Jarvis eine ist. Die hat doch nur Stroh im Kopf und gibt groß an. Sie hat genug bei dir abgesahnt. Du brauchst dich gar nicht herauszureden, ich kenne deinen Kontostand.«
»Für dich zählt wohl kein Bankgeheimnis«, begehrte Jörg auf.
»Zufällig gehört mir diese Bank auch, mein lieber Junge. Also, der langen Rede kurzer Sinn, such dir eine anständige Frau. Sie kann arm sein, sie sollte ansehnlich sein und ein Herz haben. Ich möchte, daß meine Enkel eine gute Mutter bekommen.«
»Ich bin nicht wild darauf zu heiraten, Papa«, sagte Jörg müde. »Zu deiner Beruhigung kann ich dir sagen, daß ich auch Jennifer Jarvis nicht heiraten werde. Ich werde es arrangieren, daß sie eine Filmrolle bekommt, und dann schiebe ich sie ab.«
Was immer man Jörg Fabry nachsagen konnte, an Offenheit ließ er es nie fehlen, und deshalb war Sebastian Fabry auch immer schnell mit ihm versöhnt.
»In Ordnung«, sagte er. »Ich beteilige mich an der Finanzierung, wenn sie eine Rolle bekommt, obgleich ich sie nur im Leben für eine gute Schauspielerin halte. Diese leeren Gesichter haben doch keinen Ausdruck. Als Halbweltdame in einer Nebenrolle hätte sie vielleicht noch Chancen, aber du kannst dafür sorgen, daß sie dann eine gute Gage bekommt. Und du fährst erstmal für ein paar Wochen in die Staaten.«
»Das wollte ich sowieso, Papa, und möglichst schon übermorgen.«
»Okay«, sagte Sebastian Fabry. »Ich wußte doch, daß du vernünftig sein kannst.«
Aber Jörg hatte ganz andere Gründe, eine Reise anzutreten, und die sollte nicht in die Staaten gehen.
»Ich werde über Zürich fliegen und Tante Adele noch einen kurzen Besuch abstatten«, sagte er.
»Ich hatte erwartet, daß Adi wenigstens zu meinem Geburtstag kommen würde«, brummte der Ältere. »Lukas ist schon über ein Jahr tot, und sie kriecht immer noch nicht aus ihrem Bau.«
»Sie haßt jeglichen Trubel, das solltest du wissen. Aber vielleicht wartet sie auch darauf, daß du zuerst zu ihr kommst.«
Darauf sagte Sebastian nichts. Der Tod seines jüngeren Bruders war für ihn ein harter Schlag gewesen, und seither dachte er auch viel mehr an sein eigenes Lebensalter.
»Du kannst ihr ja schöne Grüße von mir bestellen. Sobald es mir möglich ist, suche ich sie mal auf. Für mich wäre auch alles leichter, wenn mein Sohn mehr Interesse für das Unternehmen zeigen würde.«
»Du hast wirklich einen besseren Sohn verdient, Papa«, sagte Jörg.
»Rede nicht solchen Unsinn. Ich war genau wie du. Ich habe es nicht vergessen. Aber dann ist mir bewußt geworden, daß ich ein Mann bin, der eine Verantwortung zu tragen hat. Du wirst mir den morgigen Tag hoffentlich nicht damit verderben, daß du diese Person mitbringst.«
»Das brauchst du nicht zu fürchten«, erwiderte Jörg.
Sein Vater sandte ihm einen nachdenklichen Blick nach, als er ging. Was war mit Jörg los? Was bewegte ihn, daß seine Miene so verschlossen war?
Es war gut, daß er es nicht wußte, sonst wäre ihm sein Geburtstag völlig gleichgültig gewesen.
*
Obgleich Jörg gar nicht an Jennifer denken wollte, wußte er, daß er sie nicht vor den Kopf stoßen durfte. Sie brachte es fertig, am morgigen Tag einen Skandal zu provozieren. Er mußte ihr ganz diplomatisch klar machen, daß er morgen keine Zeit für sie haben würde
Er dachte wieder über den bohrenden Schmerz in seinem Kopf nach, der ihn seit dem Auffahrunfall plagte. Ein Schmerz, der immer wieder kam und ging.
Er war nicht schuld gewesen an diesem Unfall, und es war weiter auch nichts passiert. An einer Kreuzung hatte er bremsen müssen, und ein anderer Wagen war auf seinen gedonnert. Gewiß hätte es bös ausgehen können, wenn vor ihm noch ein anderer Wagen gewesen wäre und sein eigener weniger robust. Es wäre wohl doch besser gewesen, gleich zum Arzt zu gehen. Aber Jörg Fabry hatte für Ärzte nichts übrig. Er war nicht nur ein Playboy, wie man sagte, sondern auch ein Sportsmann – und solche zeigten keine Schwäche.
Ihm mangelte es auch keineswegs an Intelligenz, aber sein Vater war eine so starke Persönlichkeit, daß er überzeugt war, nie sein Format zu erreichen und immer in seinem Schatten zu verbleiben
Es behagte ihm nicht. Er hatte seinen eigenen Weg suchen wollen, aber er hatte ihn nicht gefunden. Immer wieder hatte er zu spüren bekommen, daß man den Sohn des großen Fabry nur als dessen Ableger betrachtete, daß man ihm nicht zutraute, daß er aus dem Strudel, in den er in jungen Jahren als Student gerissen worden war, tatsächlich herauswollte. Und irgendwie, Jörg täuschte sich nicht darüber hinweg, mangelte es ihm auch an Energie. Vielleicht auch deshalb, weil sein Vater immer Nachsicht geübt hatte.
Als Jörg jetzt zu Jennifers Wohnung fuhr, die eigentlich seine Zweitwohnung in der Stadt war, spürte er wieder den stechenden Schmerz, der ihm fast die Besinnung raubte.
Ich dürfte gar nicht mehr Auto fahren, dachte er, aber dann biß er die Zähne aufeinander und riß sich zusammen.
Jennifer war gerade erst heimgekommen. Sie hatte sich einiges überlegt. Sie wollte nicht mit der Tür ins Haus fallen, man sah ihr ja die Schwangerschaft noch nicht an. Sie wollte die morgigen Probeaufnahmen abwarten. Dann konnte sie immer noch mit Jörg sprechen.
»Du siehst blaß aus«, stellte sie mit gespielter Besorgnis fest, denn echte Anteilnahme kannte sie nicht.
»Ich habe Kopfschmerzen«, erwiderte er.
»Schon wieder mal. Nimm doch endlich mal Tabletten. Ich habe doch ganz gute.«
»Du kennst meine Einstellung.« Er verzog spöttisch die Lippen.
»Ja, ich kenne sie. Dir ist nicht zu helfen. Das ganze Problem ist dein Vater. Tu ihm doch den Gefallen und kümmere dich mal um die Geschäfte. Mit deinem Charme wirst du schon ein paar Aufträge hereinbringen. Ich bin ja bereit, dir Hilfestellung zu leisten.«
»Lassen wir das«, lenkte er ab. »Finden die Probeaufnahmen morgen statt?«
»Natürlich. Vor acht Uhr werde ich keine Zeit haben.«
»Ich habe morgen gar keine. Papa hat Geburtstag und gibt dazu einen kleinen Empfang für seine engsten Mitarbeiter.«
»Und da bin ich natürlich nicht erwünscht«, sagte sie mit einem frivolen Lachen. »Na, dann nicht. Übermorgen wirst du ja Zeit für mich haben.«
Er wollte schon sagen, daß er da auch keine hätte, aber da schlug in seinem schmerzenden Kopf ein Glöckchen an. Wenn er das sagte, würde sie das als eine Herausforderung auffassen, morgen doch, ungeladen und unerwünscht, eine Vorstellung zu geben. Er kannte sie nun schon recht genau. Nein, er wollte auch keinen Streit. Er würde ihr einen Rosenstrauß und einen Brief schicken und ihr die Wichtigkeit seiner Reise erklären. Er war müde und deprimiert.
»Du bist ja sehr unterhaltend«, spottete Jennifer. »Was unternehmen wir?«
»Wer macht die Probeaufnahmen? fragte er.
»Röll«, erwiderte sie kurz. »Er nimmt es sehr genau.«
»Ich werde mit ihm sprechen«, erklärte Jörg.
»Das ist süß von dir«, rief sie aus. »Du bist ein Goldstück, Jörg. Wir treffe ihn bestimmt im Kakadu.«
»Na, dann gehen wir«, sagte er.
»Ich muß mich nur noch umziehen, Schnuckiputz.«
Er haßte es, wenn sie ihn so nannte, aber er schluckte ein ärgerliches Wort herunter. Er wunderte sich dann nur, daß sie nicht wie sonst erst noch einen Striptease vor ihm ausführte. Sie erschien völlig angekleidet in einem bunten, überaus schicken Flatterkleid.
Ja, sie war schön, fast vollkommen zu nennen, wenn ihr nicht die Wärme gefehlt hätte, die er dann doch vermißte, als der erste Rausch verflogen war. Die Sinne konnte sie schon verwirren, aber nur, wenn sie gegenwärtig war. Nie war es Jörg so bewußt geworden wie an diesem Abend, daß er nie an sie dachte, wenn sie nicht in seiner Nähe war, daß er nie Sehnsucht empfand, sie zu sehen, sondern nur den Zwang, sie nicht in Feindseligkeit zu versetzen, wenn er sie meiden würde.
Sie aßen in einem französischen Restaurant, natürlich dem exclusivsten, das es gab. Jörg hatte keinen Appetit, Jennifer ließ es sich schmecken. Sie genoß es, keine Sorgen um ihre Figur haben zu müssen. Sie genoß es auch, mit bewundernden Blicken bedacht zu werden. Am Nebentisch saß an diesem Abend ein Mann, nur in Herrengesellschaft, der sie mit seinen Blicken förmlich aufzehrte. Auch das gefiel ihr, obgleich er schon älteren Semesters war. Aber er roch nach Geld, und dafür hatte Jennifer ein Gespür.
Als Jörg ging, um im Kakadu anzurufen und anzufragen, ob Heiner Röll da sei, trat dieser Fremde an ihren Tisch und legte ihr unauffällig eine Karte hin. »Falls Sie einmal nach Brüssel kommen sollten, Madame«, sagte er leise. »Ich würde mich freuen.«
Jennifer schenkte ihm ein Lächeln. Und schnell ließ sie die Karte in ihrer Tasche verschwinden, als Jörg zurückkam.
»Röll ist schon da, aber laß mich mal ein paar Minuten mit ihm allein sprechen.«
»Aber sicher, Schätzchen«, lächelte sie.
Im Kakadu wurden sie mit großem Hallo begrüßt. Da waren sie unter ihresgleichen. Heiner Röll saß an der Bar. Er gab sich mit Frauen nur beruflich ab, ansonsten zog er die Gesellschaft von hübschen jungen Männern vor. Aber Jörg mochte ihn irgendwie, weil er niemals aufdringlich wurde, wie so mancher andere, und er gehörte auch nicht zu den Schmarotzern, die dauernd die Brieftasche vergessen hatten.
»Kann ich dich mal sprechen, Heiner?« fragte er.
»Aber sicher«, erwiderte der andere lässig.
»Es ist wegen Jennifers Probeaufnahmen. Mach sie so gut wie möglich, ich lasse es mich was kosten.«
Heiner Rölls Augen verengten sich jetzt leicht. »Sie fotografiert sich ja ganz gut, aber es fehlt ihr einfach die Ausstrahlung«, sagte er. »Und ich vergebe die Rollen nicht, Jörg.«
»Du wirst schon das Beste herausholen.«
»Ich werde mir Mühe geben, aber wenn du meinen solltest, sie wird nur noch ihre Karriere im Auge haben und dich vernachlässigen, irrst du dich. Ich kenne diese Typen. Sie lieben die Rückversicherung. Dein Fehler ist nicht, daß du gut aussiehst, dein Fehler ist, daß du Geld hast und ein bißchen zu großzügig warst. Plötzlich sitzt man in einem Netz und kommt dann nicht mehr heraus.«
Jedenfalls wurde das Gespräch dann so beendet, daß Jörg einigermaßen beruhigt war.
Jennifer hatte inzwischen schon eine halbe Flasche Champagner getrunken und war in Hochstimmung. Sie sah sich bereits als großen Star und genoß es, Mittelpunkt zu sein. Sie war nicht geneigt, gleich nach Mitternacht den Heimweg anzutreten, aber sie widersprach auch nicht, als Jörg gehen wollte und ihr ein paar Fünfhunderteuroscheine in die Tasche steckte.
»Paß auf, daß du morgen pünktlich bist und ausgeschlafen«, sagte er anzüglich.
Da ging sie dann doch mit, aber sie schmollte, als er sie vor der Wohnungstür absetzte.
»Ich muß morgen fit sein und du auch«, sagte er. »Schlaf gut, und viel Erfolg morgen.«
»Spiel nur mal den braven Sohn«, spottete sie. »Es würde mir gar nicht gefallen, mit meinem Schwiegervater über Kreuz zu sein.«
Ein eisiger Schauer rann über Jörgs Rücken. »Über Heirat haben wir nicht gesprochen, Jennifer«, sagte er heiser.
»Noch nicht, mein Lieber. Aber nehmen wir mal an, ich würde dem lieben Papa ein Enkelkind bescheren, das würde ihn doch sicher versöhnlich stimmen. Wir reden übermorgen mal darüber, Schnuckiputzi. Du bist heute wirklich nicht in Stimmung.«
Ihm trat kalter Schweiß auf die Stirn, als er schnell davonfuhr, und als er heimkam, war auch sein Hemd patschnaß. Er trank noch einen Gintonic, aber auch danach wurde ihm nicht wohler.
Es muß Schluß sein, dachte er, sie darf es nicht darauf ankommen lassen, ein Kind in die Welt zu setzen.
*
Wie er den nächsten Tag überstand, wußte er gar nicht mehr zu sagen. Natürlich war sein Vater der Mittelpunkt der Gesellschaft, und von ihm schien man ohnehin nicht mehr zu erwarten, als höfliche Konversation, bis sein Vater ihm zu verstehen gab, daß er sich doch mal um Anja Mehring kümmern solle.
Hubert Mehring war der technische Direktor im Konzern Fabry, und ein sehr wichtiger Mann. Auch ein sympathischer, ruhiger Mann, wie Jörg schon früher festgestellt hatte.
Anja Mehring, die einzige Tochter, die in einem Internat aufgewachsen war, da ihre Mutter bereits vor acht Jahren gestorben war, war ein unscheinbares blasses dünnes Mädchen. Sie wurde nur rot, als Jörg sie dann ansprach und ihr ein Glas Champagner reichte. Sie merkte sofort, daß er nur eine auferlegte Pflicht erfüllte.
»Sie studieren?« erkundigte er sich beiläufig, denn das setzte er von Mehrings Tochter voraus. Sie aber schüttelte den Kopf.
»Ich werde Säuglingsschwester«, erwiderte sie schüchtern.
»Warum?« fragte er leicht erstaunt.
»Weil es mir gefällt«, erwiderte sie lakonisch.
»Es ist gut, wenn man das tun kann, was einem gefällt«, sagte Jörg gedankenvoll. »Hat Ihr Vater nichts dagegen?«
»Was sollte er dagegen haben? Er hat seinen Beruf, ich werde meinen haben.«
Jörg sah sie jetzt erst richtig an. Er blickte in ernste dunkle Augen, die seinem Blick nicht auswichen.
»Ein Fabry kann leider nicht das tun, was er möchte«, sagte er. »Entschuldigen Sie mich bitte, Fräulein Mehring, ich habe rasende Kopfschmerzen.«
»Dann sollten Sie nicht rauchen und lieber Kamillentee trinken, anstatt Champagner«, erwiderte sie. »Ich wollte ohnehin gehen. Sie brauchen sich nicht verpflichtet zu fühlen, mich zu unterhalten.«
Und schon eilte sie von dannen. Er war doch ein wenig aus der Fassung gebracht. Das war ihm noch nie passiert, daß ein Mädchen ihn stehenließ.
Er ging hinaus in den Park. Die Luft war kühl und leicht. Ein sanfter Wind wehte und befreite seine Stirn von dem stechenden Schmerz. Er wurde nicht gestört, und man schien ihn auch nicht zu vermissen. Die Gäste verabschiedeten sich. Er hörte, wie ein Wagen nach dem andern davonfuhr. Dann trat auch sein Vater auf die Terrasse. Jörg nahm sich zusammen und ging auf ihn zu. »Entschuldige, Papa«, sagte er leise, »aber mein Schädel brummt.«
»Du hast doch kaum was getrunken«, sagte der Ältere, keine Spur anzüglich. »Du solltest wirklich mal einen Arzt aufsuchen, Jörg.«
»In Amerika gibt es ausgezeichnete Ärzte, Papa«, erwiderte Jörg. »Ich fliege morgen mit der ersten Maschine nach Zürich.«
»Ja, es ist gut so«, sagte Sebastian Fabry. »Du solltest ein paar Monate Abstand gewinnen, das kann nur von Vorteil sein. Ich hätte auch nichts gegen eine Amerikanerin als Schwiegertochter einzuwenden, wenn sie unserem Niveau entspricht, und ich meine nicht Geld, Jörg, ich denke an den Charakter.«
»Du hattest keine bestimmte Absicht?« fragte Jörg schleppend.
»Auf wen?«