Dr. Norden Bestseller 147 – Arztroman - Patricia Vandenberg - E-Book

Dr. Norden Bestseller 147 – Arztroman E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Deutlich über 200 Millionen Exemplare verkauft! Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration. Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Sie hat allein im Martin Kelter Verlag fast 1.300 Romane veröffentlicht, Hunderte Millionen Exemplare wurden bereits verkauft. In allen Romangenres ist sie zu Hause, ob es um Arzt, Adel, Familie oder auch Romantic Thriller geht. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus. Sie kennt die Sorgen und Sehnsüchte ihrer Leser und beeindruckt immer wieder mit ihrer unnachahmlichen Erzählweise. Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist. »Es ist aus, Dr. Norden«, sagte Ines Kampen, »restlos aus. Ich habe die Scheidung eingereicht.« Daß sie mit ihren Nerven am Ende war, konnte man ihr ansehen. Als Dr. Norden ihren Puls fühlte, war ihr klar, daß sie unbedingt ein Beruhigungsmittel brauchte. »Es geht doch schon lange nicht mehr gut«, sagte er nachdenklich. »Aber plötzlich macht Robert Schwierigkeiten«, flüsterte sie. »Er kann mir doch den Jungen nicht nehmen, Dr. Norden?« Sie sah ihn so hilflos und verzweifelt an, daß er voller Mitgefühl war. »Warum hegen Sie diese Befürchtung?« fragte er behutsam, da er um Robert Kampens Affären wußte. »Weil er weiß, daß Clemens Westhoff mich heiraten will«, erwiderte Ines bebend. Clemens Westhoff, das war ein bekannter Name, aber bisher hatte Dr. Norden ihn noch nicht mit Ines ­Kampen in Verbindung bringen können. Clemens Westhoff, dahinter stand ein großes, weltbekanntes Unternehmen. Und Dr. Norden wußte sehr gut, daß Robert Kampen in jüngster Zeit sehr viel Ansehen verspielt hatte und große Verluste mit seiner gewagten Beteiligung an viel zu teuren Bauprojekten hinnehmen mußte. »Wir kennen uns schon lange«, sagte Ines leise. »Seit der Tanzstunde. Clemens wurde von seinem Vater dann ins Ausland geschickt, weil er in der Schule nicht besonders gut abschnitt. Er war mehr für die praktische Arbeit. Er hat es trotzdem weiter gebracht als Robert mit seinem glänzenden Abitur. Sie dürfen nicht denken, daß dies für mich den Ausschlag gibt. Clemens ist einfach ein Mensch, mit dem man reden kann, der auch noch ein Herz hat und nicht immer nur an Geld denkt. Früher waren er und Robert beinahe

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Dr. Norden Bestseller – 147 –

Ein Kind stand zwischen ihnen

Patricia Vandenberg

»Es ist aus, Dr. Norden«, sagte Ines Kampen, »restlos aus. Ich habe die Scheidung eingereicht.«

Daß sie mit ihren Nerven am Ende war, konnte man ihr ansehen. Als Dr. Norden ihren Puls fühlte, war ihr klar, daß sie unbedingt ein Beruhigungsmittel brauchte.

»Es geht doch schon lange nicht mehr gut«, sagte er nachdenklich.

»Aber plötzlich macht Robert Schwierigkeiten«, flüsterte sie. »Er kann mir doch den Jungen nicht nehmen, Dr. Norden?«

Sie sah ihn so hilflos und verzweifelt an, daß er voller Mitgefühl war.

»Warum hegen Sie diese Befürchtung?« fragte er behutsam, da er um Robert Kampens Affären wußte.

»Weil er weiß, daß Clemens Westhoff mich heiraten will«, erwiderte Ines bebend.

Clemens Westhoff, das war ein bekannter Name, aber bisher hatte Dr. Norden ihn noch nicht mit Ines ­Kampen in Verbindung bringen können.

Clemens Westhoff, dahinter stand ein großes, weltbekanntes Unternehmen. Und Dr. Norden wußte sehr gut, daß Robert Kampen in jüngster Zeit sehr viel Ansehen verspielt hatte und große Verluste mit seiner gewagten Beteiligung an viel zu teuren Bauprojekten hinnehmen mußte.

»Wir kennen uns schon lange«, sagte Ines leise. »Seit der Tanzstunde. Clemens wurde von seinem Vater dann ins Ausland geschickt, weil er in der Schule nicht besonders gut abschnitt. Er war mehr für die praktische Arbeit. Er hat es trotzdem weiter gebracht als Robert mit seinem glänzenden Abitur. Sie dürfen nicht denken, daß dies für mich den Ausschlag gibt. Clemens ist einfach ein Mensch, mit dem man reden kann, der auch noch ein Herz hat und nicht immer nur an Geld denkt. Früher waren er und Robert beinahe Freunde. Sie kennen sich auch von der Schule her.«

»Aber jetzt sind sie keine Freunde mehr«, sagte Dr. Norden gedankenvoll.

Ines blickte zu Boden. »Nicht nur meinetwegen hat sich das geändert. Clemens hat durchschaut, daß Robert krumme Geschäfte machte. So lief es dann nicht so, wie Robert es sich dachte. Ich habe keinen Ehebruch begangen, Dr. Norden, aber das wirft er mir jetzt vor, damit ihm der Junge zugesprochen wird. Er will mich an meiner empfindlichsten Stelle treffen.«

»Wie mir bekannt ist, haben Sie ihm doch allerhand vorzuwerfen«, sagte Dr. Norden.

»Aber ich habe keine handfesten Beweise. Mein Anwalt hat schon gesagt, daß Robert sich da herauswinden kann, und er hat ja seine Mutter hinter sich. Sie hat mich nie leiden können. Ich will mein Kind nicht verlieren, aber ich will auch mit Robert Kampen und seiner Mutter nicht mehr unter einem Dach leben, können Sie das verstehen?«

Dr. Norden konnte es verstehen. Er wußte, wie lange diese Frau schon unter der Brutalität ihres Mannes litt, wie er sie quälte. Manchmal hatte sich Ines schon völlig deprimiert zu ihm geflüchtet. Würde sie jetzt das Scheidungsverfahren durchhalten? Das fragte er sich, und er fragte sich auch, ob dieser Clemens Westhoff der richtige Mann für diese sensible Frau sein würde.

Ines hatte auch diesmal wieder Mut gefaßt, als sie Dr. Norden verließ. Sie wollte Dominik vom Kindergarten abholen, und ihm kein trauriges Gesicht zeigen. Sie wollte nun den Kampf aufnehmen. Aber als sie zum Kindergarten kam, mußte sie hören, daß ihre Schwiegermutter den Jungen schon abgeholt hatte.

Sie war vorzeitig von ihrer Kur zurückgekehrt, und Ines ahnte, daß Robert sie zurückgeholt hatte. Obgleich sie wieder aus dem seelischen Gleichgewicht gebracht war, machte sie sich stark für eine Auseinandersetzung, doch als sie zur Villa Kampen kam, fand sie die Tür verschlossen. Ihr Schlüssel paßte nicht mehr ins Schloß, es mußte ausgewechselt worden sein.

Ihr wurde schwarz vor Augen. Sie begriff sofort, daß es einen Kampf auf des Messers Schneide geben würde. Sie läutete immer wieder. Nichts rührte sich.

Am liebsten wäre sie jetzt zu Clemens gefahren, um mit ihm zu sprechen, aber dann kam ihr in den Sinn, daß sie beobachtet werden könnte, daß man sie buchstäblich dazu herausfordern wollte. Sie würde nun wohl doppelt auf der Hut sein müssen.

So entschloß sich Ines, zu ihrem Anwalt zu fahren. Sie hatte Glück. Sie traf Dr. Mauser noch an. Bebend erzählte sie, was sich zugetragen hatte.

Dr. Mauser runzelte die Stirn. »Das kann Kampen allerdings teuer zu stehen kommen. Daran hat er wohl nicht gedacht«, sagte er. »Ich werde dafür sorgen, daß dies schnellstens wieder geändert wird.«

»Ich will ja gar nicht mehr zurück«, sagte Ines mit erstickter Stimme. »Ich will nur meine Sachen holen und vor allem mein Kind haben!«

Dr. Mausers Gesicht verdüsterte sich noch mehr. »Wir müssen da äußerst vorsichtig sein, Frau Kampen«, sagte er bedächtig. »Ihr Mann ist zu allem fähig, diesen Beweis haben Sie nun bekommen. Ich möchte Ihnen dringend empfehlen, vorerst Begegnungen mit Herrn Westhoff zu vermeiden, bis wir erfahren, was der Gegenanwalt vorbringt. Wo kann ich Sie erreichen?«

»Ich werde zu meiner Freundin fahren, zu Susanne Brachmann«, erwiderte sie stockend. Nur mühsam konnte sie die Tränen zurückhalten, als sie an ihren kleinen Dominik dachte.

*

Dominik war keineswegs erfreut gewesen, als er von seiner Großmutter abgeholt wurde, aber er konnte sich nicht dagegen auflehnen.

»Du bist ja schon wieder da«, sagte er in dem Tonfall, der ihm von seiner Mami den Namen ›Nickel‹ eingebracht hatte. Aber sie meinte das natürlich liebevoll, denn sie war froh, daß der Junge nicht so leicht zu verschrecken war wie sie selbst.

Helene Kampen mochte diesen Ton gar nicht, aber sie spielte an diesem Tag die liebevolle Großmama, die Nachsicht übte.

»Deine Mami mußte plötzlich verreisen, deshalb bin ich früher zurückgekommen«, erwiderte sie.

Für seine vier Jahre war Dominik ein pfiffiges Kind, hellwach und außerdem auch mißtrauisch, weil er schon allerlei Streit miterlebt hatte.

»Davon hat mir Mami aber nichts gesagt, als sie mich in den Kindergarten gebracht hat«, erklärte er aggressiv.

»Sie wollte es dir nicht sagen, damit du kein Theater machst«, sagte Helene Kampen nun doch schon wieder gereizt.

»Ich mache kein Theater«, sagte Dominik. »Ich will wissen, wo Mami ist?«

»Verreist, ich habe es dir gesagt, und sie wird so bald nicht wiederkommen. Wir beide werden jetzt auch verreisen.«

»Ich will aber nicht. Mami wird gewiß anrufen und mit mir reden wollen.«

»Das wird sie nicht. Sie ist zu einem anderen Mann gegangen«, sagte Helene Kampen.

»Sie läßt mich doch nicht allein«, stieß Dominik hervor, und nur mühsam konnte er die Tränen zurückhalten. Aber jetzt hatte er auch eine Wut auf die Großmutter, und deshalb wollte er nun erst recht nicht weinen.

»Doch, sie läßt dich allein. Sie hat diesen anderen Mann lieber Aber nun sei nicht traurig. Wir werden eine schöne Reise machen.«

Dominik war so verstört und erschüttert, daß er sich in Schweigen hüllte. Er wollte nicht begreifen, daß es tatsächlich so sein könnte, wie die Großmama sagte, aber er war eben doch ein kleines Kind, und wie sollte er da Wahrheit von Täuschung trennen können. Der Junge starrte zum Fenster hinaus, aber er kannte die Gegend nicht, durch die Helene Kampen nun das Auto lenkte.

»Wohin fahren wir?« fragte er gepreßt.

»Das wirst du schon sehen. Es wird dir gefallen«, erwiderte sie.

Es wird mir nirgendwo gefallen ohne Mami, dachte Dominik, aber er sprach es nicht aus. Instinktiv wurde ihm bewußt, daß es am besten sein würde, gar nichts zu sagen, was mit Mami oder Onkel Clemens zu tun hatte.

»Kommt Papa auch?«

»Ja, er wird uns besuchen.«

»Mit der Blonden oder der Roten?« fragte Dominik listig.

Helene schrak zusammen. Was er da sagte, gefiel ihr erst recht nicht.

»Was redest du denn für einen Unsinn«, sagte sie unwillig.

»Ich habe ihn einmal mit einer Blonden und einmal mit einer Roten gesehen«, erklärte Dominik trotzig, »das ist kein Unsinn.«

Die Blonde kannte Helene Kampen. Das war Sylvia Jessen. Sie war ganz nach ihrem Geschmack und eine reiche Witwe, aber von einer Rot­haarigen wußte sie nichts, und deshalb war sie jetzt beunruhigt. Sollte Robert so töricht sein, alles aufs Spiel zu setzen, was er selbst so geschickt eingefädelt hatte?«

Mit Ines war sie nie einverstanden gewesen. Sie stammte zwar aus einer angesehenen Familie, aber eine große Mitgift hatte sie nicht in die Ehe gebracht. Doch damals war Robert völlig vernarrt in sie gewesen. Ja, die Ehe schien glücklich zu sein.

*

Daran dachte jetzt auch Ines, als sie bei ihrer Freundin Susanne war, die ein recht eigenwilliges Junggesellinnendasein lebte.

Susanne war Bibliothekarin. Als Intelligenzbestie war sie schon in der Schule bezeichnet worden, und wenn sie auch keine Bestie war, Krallen hatte sie immer gezeigt. Sie war ein ganz herber Typ, eine nüchterne Intellektuelle mit sehr viel Verstand, aber auch mit Herz, wenngleich sie dies selten zeigte. Für Ines hatte sie Herz, obwohl sie mit herber Kritik an ihrer Heirat nie gegeizt hatte.

»Da haben wir den Salat«, sagte sie. »Jetzt wagt es dieser penetrante Weiberheld sogar, dir die Tür zu versperren. Aber das werden wir ihm schon versalzen. Ich habe ja von Anfang an gewußt, daß das nicht gutgehen konnte. Und du hast womöglich gedacht, daß ich dich um diesen Fiesling beneide.«

Nein, das hatte Ines nicht gedacht, aber sie hatte es auch nicht für möglich gehalten, daß Susanne mit ihren Warnungen so recht behalten würde. Susanne hatte ja an jedem Mann etwas auszusetzen.

»Er war nicht von Anfang an so gemein, Susanne«, sagte sie kleinlaut. »Er hat sich völlig verändert durch diese Krankheit.«

»Von wegen Magengeschwüre«, sagte Susanne bissig. »Er hat eine Säuferleber. Das sieht man ihm doch schon an. Mir kann da keiner was vormachen. Mein Vater ist daran gestorben, und er hat meiner Mutter auch das Leben zur Hölle gemacht. Was meinst du, warum ich mir die Männer vom Leibe halte? Ich will so was nicht mitmachen.«

Sie hatte zwar immer sehr offen gesprochen, aber so offen doch noch nicht. Ines starrte sie entsetzt an.

»Er trinkt doch gar nicht viel«, sagte sie leise.

»Zu Hause vielleicht nicht, aber wann ist er denn schon daheim?« sagte Susanne sarkastisch. »Ein raffinierter Bursche ist das schon, aber ich werde ihm auf die Schliche kommen.«

»Ich will nichts, nur Dominik«, flüsterte Ines.

»Du wirst ihn bekommen«, stieß Susanne grimmig hervor. »Aber du brauchst nicht gleich in dein zweites Unglück zu stolpern.«

»Clemens ist ganz anders.«

Susanne lächelte spöttisch. »Du bist nicht zu retten. Wir werden ja sehen, was dabei herauskommt.«

Sie war nicht sentimental, aber jetzt redete sie besonders kategorisch, weil sie sich um Dominik auch große Sorgen machte. Es schien ihr nur nicht angebracht, Ines noch nervöser zu machen.

Aber ganz plötzlich bekam Ines doch einen Weinkrampf, und nun hielt es Susanne für angebracht, Dr. Norden kommen zu lassen.

Er war tief bestürzt über diesen neuen Schock. Gutes Zureden nützte da auch nichts. Er gab Ines eine Beruhigungsspritze, die in Anbetracht ihrer Erschöpfung rasch wirkte. Sie schlief ein.

Susanne Bradmann atmete erleichtert auf. »Das Ende einer Illusion«, sagte sie bitter.« Sie war so ein fröhliches Mädchen.«

»Man kann ihr nicht einfach die Tür versperren und das Kind wegnehmen«, sagte er.

»Aber wie man sieht, hat man es doch getan. Er will sie fertigmachen. Wenn man solchem Mann die Stirn bieten will, braucht man gute Nerven, und die hat Ines nicht. Sie hat sich nie im Berufsleben behaupten müssen, da erst bekommt man Ellenbogen, es sei denn, man hat die Energie in die Wiege gelegt bekommen. Aber Ines Mutter hat alles getan, was ihr Mann wollte. Sie war ihm treu ergeben. Ich nenne das unterwürfig. Nun, ganz so ist Ines doch nicht. Sie hat ihren Stolz, aber wenn Clemens nicht wieder in Erscheinung getreten wäre, wenn sie nicht einen starken Mann hinter sich gewußt hätte, hätte sie weiterhin alles ertragen, was ihr in diesem Haus geboten wurde. Robert Kampen war ja eine glänzende Partie«, fuhr sie sarkastisch fort, »ein Charmeur, den die Frauen anhimmelten. Hoffen wir, daß sich für Ines alles zum Guten wendet.«

Dr. Norden hegte nun doch mehr Befürchtungen, und als er heimkam, sah seine Frau Fee ihm an, daß er sehr ernst nachdachte. Sie wußte, zu wem er gefahren war.

»Wie geht es ihr?« fragte sie leise.

»Jetzt schläft sie.« Er erzählte, was geschehen war, und Fee sah ihn entsetzt an. »Das ist ja kriminell«, rief sie aus.

»Aber er setzt darauf, daß sie zu Westhoff flüchtet, daß sie schließlich schuldig geschieden und das Kind ihm zugesprochen wird. Westhoff ist reich, so kann Kampen sich um die Unterhaltszahlungen drücken, und vielleicht spekuliert er gar darauf, daß ihm das Kind abgekauft wird. Er sitzt in einer finanziellen Klemme. Die Spatzen pfeifen es von den Dächern.«

Das wußte Clemens Westhoff am besten, denn Kampen hatte ja alles versucht, von ihm finanzielle Unterstützung zu bekommen. Aber Clemens war ein kühler Rechner und harter Geschäftsmann, trotz seiner erst dreißig Jahre. Er war durch eine harte Lehre gegangen, weil es sein Vater so gewollt hatte, weil er sich selbst mit Händen und Füßen gegen ein Studium gesträubt hatte.

Nun, der alte Westhoff konnte mit seinem Sohn zufrieden sein, nur war er dies jetzt nicht, weil Clemens sich in einer miesen Stimmung befand.

»Muß es denn ausgerechnet Ines sein«, brummte er. »Es gibt so viel Frauen, die jünger und hübscher sind.«

»Ich liebe sie, Papa, ich habe sie schon damals geliebt. Nur war mir das nicht klar, und ich mußte ja auch beweisen, daß ich nicht nur der Sohn eines reichen Vaters bin.«

»Und Kampen hat sie dir weggeschnappt. Das wird ihm wohl eine Genugtuung gewesen sein. Okay, Junge, ich lasse ja mit mir reden. Ich habe nichts gegen Ines, aber die Begleiterscheinungen sind mir zuwider. Es wäre mir lieber, wenn du das ein bißchen diplomatischer angefangen hättest.«

»Ich bin eben kein Diplomat.«

»Du bist ein Dickschädel, der mit dem Kopf durch die Wand geht.«

»So warst du auch mal. Ich verstehe nicht, daß Ines nicht anruft.«

Er war sehr beunruhigt, aber er hatte ja keine Ahnung, was sich inzwischen zugetragen hatte. Am nächsten Morgen erfuhr er es von Susanne.

»Du kannst Ines bei mir treffen, aber komm bitte nicht allein. Bring möglichst einen Juristen mit. Ich habe da so eine dunkle Ahnung, daß Mauser mit Kampen unter einer Decke steckt.«

Susannes Ahnungen waren richtig. Allerdings mußte Robert Kampen sich jetzt von dem Anwalt auch einiges sagen lassen, was ihm nicht paßte.

»Mit diesem Unsinn hast du dich ins Unrecht gesetzt, Robert. Es kann dir sehr schaden, und mich bringt es auch in eine fatale Situation, weil ich etwas unternehmen muß. Schließlich bin ich der Anwalt deiner Frau, und wenn unsere geschäftliche Verbindung herauskommst, sitze ich in der Tinte.«

»Es war Mutters Idee, mit dem Jungen wegzufahren«, erwiderte Robert mürrisch, »Und in meinem Haus kann ich neue Schlösser einsetzen lassen, wann ich will.«

»Aber du hättest sie davon in Kenntnis setzen müssen. Ist sie zu Westhoff gefahren?«

»Nein, zu ihrer Freundin Susanne.«

Es war so, wie Ines vermutet hatte. Er hatte sie beobachten lassen.

»Ja, das hat sie mir gesagt«, bestätigte Dr. Mauser. »Ich werde sie jetzt also anrufen und ihr gut zureden, daß sie keinen Wirbel verursacht. Ich werde ihr sagen, daß ihr dies eher schaden könnte. Und du zitierst deine Mutter zurück. Ich kann nur hoffen, auch in deinem Interesse, daß deine Frau mir jetzt nicht mißtraut und auch, daß Westhoff wirklich soviel übrig hat, daß wir ihn zur Kasse bitten können. Wenn er das Bürohaus kauft, werden wir uns entgegenkommend zeigen.«

Zum Glück für Ines war er jedoch völlig ahnungslos, daß Clemens Westhoff mit einem sehr gewieften Juristen bei Susanne erschien.

Dr. Martin Lukas, fast zwei Meter hoch, verursachte sogar Susanne Herzbeklemmungen, so imponierend war seine Erscheinung, obgleich er nun gewiß kein Frauentyp war. Er wirkte ausgesprochen unnahbar, sein Gesicht war wie aus Holz geschnitzt, mit sehr kühlen grauen Augen, einer schmalen gebogenen Nase und einem ebenfalls schmallippigen Mund.

Seine Stimme stand dazu in einem krassen Gegensatz, sie war dunkel und warm. Längeren Betrachtungen konnte sich Susanne nicht hingeben, ­Ines erschien jetzt, schmal, blaß, traurig. Ihre Augen füllten sich mit Tränen, als Clemens sie umarmte. Schnell löste sie sich von ihm.

Dr. Lukas begrüßte sie höflich, aber zurückhaltend. »Ihr Anwalt ist Dr. Mauser?« fragte er. »Sie vertrauen ihm?«

»Ich weiß gar nicht mehr, wem ich vertrauen kann«, erwiderte Ines leise, »abgesehen von Clemens und Susanne. Dr. Mauser kann mir doch nicht in den Rücken fallen. Er vertritt meine Interessen.«

»Dann gehen wir mal alles durch«, sagte Dr. Lukas. »Man kann alles von zwei Seiten betrachten.«

Stockend begann Ines zu berichten, aber schon bald läutete das Telefon. Susanne meldete sich.

»Ja, Frau Kampen ist bei mir, Herr Dr. Mauser«, sagte sie mit einem spöttischen Unterton. »Ich reiche den Hörer weiter.«

Dr. Mauser redete auch am Telefon als würde er ein Plädoyer vor Gericht halten, und so konnten die Anwesenden einiges verstehen. Dr. Lukas Augen waren sehr wachsam, und Susanne meinte förmlich zu sehen, wie er die Ohren spitzte. Ablesen konnte man ihm vom Gesicht nichts. Es war unbewegt.

»Ich werde bei meiner Freundin bleiben, bis mein Sohn zurück ist«, sagte Ines. »Dann bin ich zu einer Unterredung bereit.«

Sie legte den Hörer auf und schloß die Augen. »Herr Kampen zeigt sich versöhnungsbereit. Er hat nicht gewußt, daß das Schloß schon gestern ausgewechselt wurde. Er war auswärts, und seine Mutter hätte gedacht, daß ich ihn begleite. Was sagt man dazu?«

»Daß ich diesen Dr. Mauser mal unter die Lupe nehmen werde«, sagte Dr. Lukas ruhig. »Und das sehr rasch. Komm, Clemens.«

»Du bleibst bestimmt hier, Ines?« fragte Clemens rauh.

»Was soll ich sonst tun?«