Dr. Norden Bestseller 176 – Arztroman - Patricia Vandenberg - E-Book

Dr. Norden Bestseller 176 – Arztroman E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Deutlich über 200 Millionen Exemplare verkauft! Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration. Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Sie hat allein im Martin Kelter Verlag fast 1.300 Romane veröffentlicht, Hunderte Millionen Exemplare wurden bereits verkauft. In allen Romangenres ist sie zu Hause, ob es um Arzt, Adel, Familie oder auch Romantic Thriller geht. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus. Sie kennt die Sorgen und Sehnsüchte ihrer Leser und beeindruckt immer wieder mit ihrer unnachahmlichen Erzählweise. Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist. Fee Norden hatte sich eine lange Liste für ihren Einkaufsbummel gemacht. Einmal im Monat fuhr sie in die Stadt, und da mußte alles erledigt werden. Bummel konnte man das eigentlich auch nicht nennen, weil ihr ein paar Stunden Stadtluft völlig reichten. Nun schien es tatsächlich Sommer werden zu wollen, wenn man das auch mit äußerster Skepsis betrachtete. Die Kinder waren aus allem herausgewachsen, und Felix war jetzt auch schon fast so groß wie Danny, der außerdem seine Hosen und Jacken völlig auftrug. Und die kleine Anneka sollte auch hübsche Kleid­chen haben, obwohl sie lieber auch Hosen anzog. »Und was brauchst du, Schatz?« fragte Fee ihren Mann mit einem schelmischen Lächeln. »Dich brauche ich. Paß schön auf dich auf. Was ich an Kleidung brauche, weißt du sowieso besser als ich.« »Ich fahre mit der S-Bahn und lasse alles schicken«, sagte sie. »Man findet eh keinen Parkplatz. Ich muß auch nach einem Geburtstagsgeschenk für Lenni schauen. Fällt dir etwas ein?« »Liebe Güte, auch das weißt du besser«, meinte er. »Wie wäre es denn mit einer hübschen Urlaubsreise?« »Na, da käme ich aber nicht an«, erwiderte Fee. »Sie ginge ein, wenn sie die Kinder nur ein paar Tage nicht sehen würde. Willst du etwa nicht, daß sie mit uns nach Holland fährt?« »Ich habe nichts dagegen, aber ich meine nur, daß sie sich auch mal von den wilden Trabanten erholen sollte.« »Für Lenni sind unsere wilden Trabanten die reinsten Engel, mein Schatz, und wehe, wenn jemand was anderes sagen würde.« »Dann kannst du dir auch mal beim Einkaufen Zeit lassen, Feelein. Hetz dich

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Dr. Norden Bestseller – 176 –

Eine neue Hoffnung für Donata

Patricia Vandenberg

Fee Norden hatte sich eine lange Liste für ihren Einkaufsbummel gemacht. Einmal im Monat fuhr sie in die Stadt, und da mußte alles erledigt werden. Bummel konnte man das eigentlich auch nicht nennen, weil ihr ein paar Stunden Stadtluft völlig reichten.

Nun schien es tatsächlich Sommer werden zu wollen, wenn man das auch mit äußerster Skepsis betrachtete.

Die Kinder waren aus allem herausgewachsen, und Felix war jetzt auch schon fast so groß wie Danny, der außerdem seine Hosen und Jacken völlig auftrug. Und die kleine Anneka sollte auch hübsche Kleid­chen haben, obwohl sie lieber auch Hosen anzog.

»Und was brauchst du, Schatz?« fragte Fee ihren Mann mit einem schelmischen Lächeln.

»Dich brauche ich. Paß schön auf dich auf. Was ich an Kleidung brauche, weißt du sowieso besser als ich.«

»Ich fahre mit der S-Bahn und lasse alles schicken«, sagte sie. »Man findet eh keinen Parkplatz. Ich muß auch nach einem Geburtstagsgeschenk für Lenni schauen. Fällt dir etwas ein?«

»Liebe Güte, auch das weißt du besser«, meinte er. »Wie wäre es denn mit einer hübschen Urlaubsreise?«

»Na, da käme ich aber nicht an«, erwiderte Fee. »Sie ginge ein, wenn sie die Kinder nur ein paar Tage nicht sehen würde. Willst du etwa nicht, daß sie mit uns nach Holland fährt?«

»Ich habe nichts dagegen, aber ich meine nur, daß sie sich auch mal von den wilden Trabanten erholen sollte.«

»Für Lenni sind unsere wilden Trabanten die reinsten Engel, mein Schatz, und wehe, wenn jemand was anderes sagen würde.«

»Dann kannst du dir auch mal beim Einkaufen Zeit lassen, Feelein. Hetz dich nicht so ab. Hier läuft alles, und du kannst auch mal richtig bummeln.« Sie bekam einen zärtlichen Kuß. Daniel mußte in die Praxis. Aber er nahm sich noch die Zeit, seiner kleinen Tochter auch einen Kuß zu geben, die nun noch recht verschlafen die Treppe herunterkam.

Sie konnte länger schlafen als ihre Brüder, die bereits zur Schule gingen. Sie hatte auch nichts dagegen, daß ihre Mami dann gleich in die Stadt fuhr, denn nun war sie Lennis Allerliebste und ließ sich verwöhnen.

Die gute Lenni, dachte Fee, wenn wir sie nicht hätten.

Sie konnte wirklich unbesorgt sein, da Lenni die Kinder wie ihre Augäpfel hütete.

Sie fuhr mit dem Wagen bis zur S-Bahnstation. Um diese Zeit konnte man in der Bahn auch leicht einen Sitzplatz finden, und man brauchte sich um nichts zu kümmern. Und diesmal hatte Fee sogar ein reizendes Gegenüber. Ein junges Mädchen war es. Langes, lockiges dunkles Haar umgab ein ovales Gesichtchen von solcher Reinheit, daß Fee es entzückt betrachtete, und wunderschöne topasfarbene Augen, von einem Kranz dunkler Wimpern umgeben, blickten auch immer wieder zu Fee hinüber.

Plötzlich sagte das Mädchen: »Es stimmt doch, daß Sie Frau Dr. Norden sind. Ist das sehr unhöflich?«

»Aber nein, ich bin Fee Norden«, erwiderte sie. »Sie kennen mich?«

»Nur aus der Distanz. Ich wohne seit ein paar Wochen bei Frau Bucher. Ich habe Sie mit Ihren Kindern gesehen und Frau Bucher hat mir gesagt, daß Sie Frau Dr. Norden sind. Ich heiße Donata Sassen.«

Donata, die Geschenkte, ging es Fee durch den Sinn. Es paßt zu diesem Mädchen. Da stimmt wirklich alles. Was mag sie für einen Beruf haben?

Ahnte Donata ihre Gedanken? »Ich will mich heute um eine Stellung bewerben«, sagte sie leise.

»Da wünsche ich Ihnen viel Glück«, sagte Fee herzlich.

»Das könnte ich schon brauchen. Eigentlich wollte ich ja Lehrerin werden, aber da hat man ja jetzt kaum noch Chancen. Mit Sprachen findet man höchstens nur noch etwas als Büroangestellte.«

»Sie haben das Studium abgebrochen?« fragte Fee.

Donata nickte. »Es ist aussichtslos. Ich muß Geld verdienen.« Sie wurde verlegen. »Entschuldigen Sie, daß ich Sie mit meinen Problemen belästige.«

»Sie belästigen mich durchaus nicht. Sollte es mit der Stellung nicht klappen, kommen Sie doch mal zu mir. Wir kennen eine Menge Leute.«

»Sie sind sehr liebenswürdig«, sagte Donata verhalten.

»Man macht selten nette Bekanntschaften«, erwiderte Fee. »Bis wohin fahren Sie?«

»Zum Isartor.«

»Ich steige am Marienplatz aus. Aber es würde mich freuen, wenn Sie mal bei mir vorbeischauen würden, Fräulein Sassen. Frau Buchers Haus ist ja gleich um die Ecke. Kommen Sie gut mit ihr aus?«

»Ein bißchen schwierig ist sie schon, aber ich empfange ja keine Herrenbesuche«, sagte Donata lä­chelnd.

Zu Fees Bedauern waren sie da schon am Marienplatz. »Ich hoffe, daß wir uns wiedersehen«, sagte Fee herzlich, und nichtahnend, unter welchen Umständen sie sich dann wiedersehen sollten.

*

Sie machte ihre Besorgungen. Sie lief nicht ungezielt herum, denn sie kannte die Geschäfte, wo sie gut einkaufen konnte und freundlich bedient wurde. Dort war sie bekannt.

Und Fee Norden bediente man gern. Sie war immer freundlich, und wußte genau, was sie wollte. Sie brauchte den Euro nicht umzudrehen, aber sie verglich die Preise.

Für Lenni erstand sie ein hübsches Dirndl mit passender Steppjacke. Sie konnte sich auf ihr Augenmaß verlassen und kannte Lennis Größe ganz genau.

Dann sah sie ein weißes festliches Dirndl, wunderhübsch bestickt. Unwillkürlich stellte sie sich Donata darin vor. Seltsam war das schon, aber das Mädchen ging ihr nicht aus dem Sinn.

Sie verbrachte diesmal tatsächlich längere Zeit in der Stadt als sonst. Sie gönnte sich auch noch einen Eisbecher, bevor sie auf müden Füßen zur S-Bahn zurückging. Die Sonne blendete sie, aber ihr war es doch, als würde sie da weiter vorn Donata entdecken.

Jemand grölte herum, ein Betrunkener wohl, und Fee blieb zurück, denn so was mochte sie nun gar nicht, und sie vernahm auch schon, daß da gepöbelt wurde.

Und dann geschah es. Sie sah Donata. Ja, sie täuschte sich nicht. Das Mädchen war an der Rolltreppe und hinter ihr zwei Männer, die aufeinander einschlugen.

Fee wollte Donata rufen, sie warnen, doch ihr blieb der Ton in der Kehle stecken, denn der untersetzte, schmuddelige Mann torkelte, stieß das Mädchen an und stürzte. Aber Donata stürzte auch.

Fee stieß einen angstvollen Schrei aus.

»Donata!« Dann erstarrte sie, aber nur für knappe Sekunden, wenngleich diese ihr endlos schienen, dann hastete sie die Steintreppe herunter.

»Sie kennen die junge Frau?« fragte jemand, während Fee entsetzt, außer sich vor Schrecken, die leblose Gestalt anstarrte. Sie kniete bei ihr nieder, bekam gar nicht mehr mit, was sich um sie abspielte.

»Ambulanz, Notarzt«, stieß sie hervor, »schnell!«

Der eine Betrunkene wehrte sich gegen den Griff eines Polizisten, der andere schrie, daß er es nicht gewesen sei, aber Fee nahm das alles gar nicht wahr. Tränen rannen ihr über die Wangen, als sie das Mädchen betrachtete, das vor wenigen Stunden noch ihr Entzücken hervorgerufen hatte.

Doch dann kam der Notarzt und auch zwei Sanitäter mit einer Trage.

»Ich bin Ärztin«, stammelte Fee. »Ich kenne Donata Sassen. Zur Behnisch-Klinik bitte.«

»Das kann mir nur recht sein, Frau Dr. Norden«, sagte der Arzt.

Sie blickte auf. »Sie sind es, Dr. Rühl«, murmelte sie. So sehr besorgt war sie um Donata, daß sie sich diesmal nicht über die Neugierigen ärgern konnte, die erst beiseite gedrängt werden mußten. Die beiden Betrunkenen waren von der Polizei abgeführt worden. Bevor Fee in den Notarztwagen stieg, wurde sie noch von einem Polizisten gefragt, ob sie Zeugin gewesen sei. Sie nickte mechanisch und nannte ihren Namen. Ihr Herz hämmerte schmerzhaft, während sie Dr. Rühl Verbandsmaterial zureichte.

»Ein so bezauberndes Mädchen«, flüsterte sie.

Dr. Rühl warf ihr einen kurzen Blick zu. Das sagt eine bezaubernde Frau, dachte er. Er kannte Fee Norden zwar nur flüchtig, aber er wußte, wie Dr. Daniel Norden um diese Frau beneidet wurde. Auch von ihm, denn er war bisher von Frauen nur enttäuscht worden. Allerdings, und das gestand er sich ein, konnte er schon rein äußerlich nicht mit einem Daniel Norden konkurrieren, aber auch vor dem Arztkollegen hatte er großen Respekt. Christoph Rühl war dreißig Jahre alt, hatte eigentlich Chirurg werden wollen, sich dann aber auf die Orthopädie verlegt, als seine Schwester bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt wurde.

Fee nahm nur im Unterbewußtsein wahr, wie korrekt er die Verletzte versorgte. Sie war noch immer halb betäubt.

»Sie sind gut bekannt mit dem Mädchen?« fragte Christoph Rühl, als der Notarztwagen mit Blaulicht und Martinshorn der Behnisch-Klinik entgegenfuhr.

»Ich habe sie heute morgen in der S-Bahn kennengelernt«, erwiderte Fee tonlos. »Ein so anmutiges, liebenswertes Geschöpf. Ich kann nicht begreifen, warum ausgerechnet ihr das geschehen mußte.«

»Sie waren sehr nahe, wie es scheint«, sagte Dr. Rühl leise. »Ich möchte mir nicht vorstellen, wenn es Ihnen geschehen wäre.«

Fee zuckte zusammen. Sie senkte den Kopf, dachte an Daniel und ihre Kinder. »Sie war geistesabwesend«, murmelte sie. »Sie merkte nicht, was sich hinter ihr abspielte. Vielleicht hat sie die Stellung nicht bekommen.«

Dr. Rühl war bestürzt. Es bewegte ihn, wie sehr sich Fee Norden mit diesem Mädchen beschäftigte, einem Mädchen, das sie nur flüchtig kennengelernt hatte, wie sie sagte.

»Sie lebt«, sagte er mit klangloser Stimme.

»Aber wie wird sie leben?« fragte Fee heiser.

»Und das nur, weil solche Kerle sich schon am hellichten Tag betrinken müssen.«

Aber nun waren sie schon bei der Behnisch-Klinik angekommen. Fee sprang zuerst aus dem Wagen. »Ich sage Dr. Behnisch Bescheid, wir sind befreundet«, sagte sie hastig.

Da kam ihr Dr. Jenny Behnisch schon entgegen. »Fee«, sagte sie erschrocken. »Ist was mit den Kindern?«

»Nein, ein Unfall. Ich möchte, daß ihr das Mädchen versorgt, bestens, Jenny. Ich erzähle dir alles später.«

»Du bist so erregt, Fee«, sagte Jenny.

»Kümmere dich nicht um mich. Donata braucht Hilfe.«

*

»Mami bleibt heute lange aus«, sagte Anneka zu Lenni.

»Sie muß ja auch viel einkaufen«, erwiderte Lenni.

»Meinetwegen nicht, ich trage lieber Jeans«, sagte Anneka. »Ich wäre auch lieber ein Bub.«

»Wir sind froh, daß du ein Mädchen bist«, sagte Lenni liebevoll und strich zärtlich über das Lockenköpfchen. »Spiel doch mit Danny und Felix im Garten, Kleines.«

»Ich bin aber lieber bei dir. Manchmal sind die Brüder sehr frech, Lenni.«

»Es sind halt Buben«, meinte Lenni nachsichtig.

»In der Schule lernen sie viele Dummheiten, das ist nicht gut.«

Lenni lächelte in sich hinein. Sie würde auch Dummheiten lernen, die kleine Anneka, wenn sie erst zur Schule gehen würde.

Allerdings konnte sie auch sehr beleidigt sein, wenn ihre Brüder Kraftausdrücke gebrauchten.

Nun konnten sie das Martinshorn vernehmen. »Onkel Dieter bekommt wieder Arbeit«, sagte Anneka.

Sie kannte das schon. Sie konnte nur nicht ahnen, daß ihre heißgeliebte und jetzt so sehr vermißte Mami diesen Transport begleitete.

Die Buben kamen hereingestürzt. »Mami immer noch nicht zu Hause?« fragte Danny, »da hat sich sicher wieder einer verletzt.«

»Mami ist mit der S-Bahn gefahren«, sagte Anneka ängstlich. Doch Lenni wurde jetzt auch unruhig, angesteckt von den Kindern, die plötzlich nur noch auf Fee warteten.

Fee konnte in der Behnisch-Klinik jetzt nichts mehr tun. Sie war auch nicht dazu fähig.

»Ich komme nachher noch mal vorbei«, sagte sie zu Jenny, die Dr. Rühl begrüßte. »Ich hoffe, daß es nicht so schlimm ist, wie es jetzt ausschaut.«

Fee lief zu Fuß nach Hause. Sie brauchte nur zehn Minuten, wenn sie die Abkürzung durch den Wald nahm, und die war sie schon oft genug gegangen.

Daß ihr Wagen am S-Bahnhof stand, hatte sie im Augenblick ganz vergessen.

Die Kinder standen am Gartentor, wurden blaß, als sie so schnell angelaufen kam.

»Ist was mit dem Wagen?« fragte Danny.

»Nein, nein, fragt jetzt nichts, ich muß mich erst beruhigen.« Sie stürzte ins Haus. Lenni wurde auch blaß. »Mir fehlt nichts«, sagte Fee tonlos, »ich wurde nur Zeuge eines schrecklichen Unfalls, Lenni.«

»O Gott«, murmelte Lenni. Sie hatte auch gleich Herzklopfen. Sie hatte durch einen schrecklichen Unfall ihren Mann und ihre Mutter verloren und war daran fast verzweifelt, bis Daniel und Fee Norden ihr neuen Lebensmut eingeflößt hatten.

Fee verschwand im Bad, wusch sich und kleidete sich rasch um. Die Kinder hatten sich indessen schon um Lenni geschart, die frischen Kaffee zubereitete.

Daß Fee jetzt nichts essen würde, wußte sie.

»Sag endlich, was passiert ist, Mami«, verlangte Danny, der Älteste der Norden-Kinder.

»Es war zu schrecklich«, erwiderte Fee.

»Nun sag es schon«, drängte auch Felix. »Hat sich einer verlaufen?«

»Nein, ein sehr nettes, hübsches junges Mädchen wurde von einem Betrunkenen die Rolltreppe im Bahn­hof hinuntergestoßen. Ich habe sie in die Behnisch-Klinik bringen lassen.«

»Hast du sie denn gekannt, Mami«, fragte Danny erschrocken.

»Ich habe sie heute morgen in der Bahn kennengelernt, sie saß mir gegenüber. Sie wohnt bei Frau Bucher.«

»Die ist aber nicht so nett«, meinte Felix. »Sie kann Kinder nicht leiden.«

»Sie ist eine alte alleinstehende Dame, die ihre Ruhe haben will«, sagte Fee.

»Aber du hast gesagt, daß das junge Mädchen bei ihr wohnt, Mami«, wurde Fee erinnert.

»Das ist eine erwachsene junge Dame«, erwiderte Fee.

»Na gut, und was ist nun mit ihr?« erkundigte sich Danny, der nicht viel von Frau Bucher hielt.

»Sie ist jetzt in der Behnisch-Klinik. Sie ist schwer verletzt.«

»Onkel Dieter bringt sie schon wieder hin«, meinte Felix. »Hauptsache, dir ist nichts passiert.«

Wer sollte den Kindern solche Reaktion verübeln. Lenni bestimmt nicht. Sie war selbst froh, daß Fee heil zu Hause war. Und Fee konnte auch nichts sagen. Die Kinder kannten Donata ja nicht. Ihr fiel aber ein, daß Frau Bucher ihre Mieterin wohl auch irgendwann vermissen würde.

Sie hatte zwei Tassen Kaffee getrunken und fühlte sich nun etwas besser.

»Mein Wagen steht noch am Bahnhof, ich muß ihn abholen, und dann will ich noch mal zur Klinik fahren und mich nach Donata erkundigen.«

»Du redest, als würdest du sie kennen, Mami«, sagte Danny eifersüchtig.

»Ich kenne sie ja, und sie hat mir gefallen«, erklärte Fee. »Und euch würde sie auch gefallen.«

»Wir können doch mitkommen zum Bahnhof«, meinte Felix.

»Das könnt ihr, aber zur Klinik fahre ich allein.«

»Na schön«, maulte Danny, »aber Papi kommt auch bald heim.«

»Da hat es noch Zeit«, sagte Fee.

»Wenn das arme Mädchen krank ist, kann sich Mami doch kümmern«, warf jetzt Anneka ein. »Ihr habt nur was gegen Mädchen.«

Sie sagte schon ihre Meinung, und da schwiegen die Buben. Sie spürten auch, daß die Mami sehr betrübt war, und da nahmen sie sich zusammen.

Sie gingen zum Bahnhof. Es war ein ziemlich weiter Weg von der Villenkolonie, aber sie maulten diesmal nicht. Sie hatten es ja selbst gewollt. Anneka tappelte an der Hand ihrer Mami dahin.

»Mußt nich so arg traurig sein, Mamichen«, sagte sie leise. »Das Mädchen wird schon wieder gesund. Onkel Dieter und Tante Jenny machen das schon, und Papi kümmert sich bestimmt auch.«

Sie hatte ein mitfühlendes Herzchen, aber die Buben wollten auch nicht zurückstehen.

»Wir meinen es auch nicht so, Mami«, sagte Danny. »Wir haben eben am meisten Angst um dich und Papi.«

»Und um Lenni«, fügte Anneka hinzu.

»Ist ja schon gut«, sagte Fee leise. »Ich habe mich wahnsinnig erschrocken gehabt.«

Nun wurde nicht mehr viel geredet. Der Wagen stand da, die Kinder kletterten hinein. Fee fuhr sie nach Hause.

»Ihr versteht doch, daß ich mich um Donata kümmern möchte«, sagte sie.

»Freilich, Mami«, sagte Anneka zuerst, und die Buben nickten.

»Aber komm bald wieder heim«, sagte Danny.

»Ich werde nicht lange bleiben.« Sie blickte auf die Uhr. Halb fünf Uhr war es schon, der Tag ging schon wieder zur Neige.

Sie fuhr zu Frau Bucher. Das tat sie mit gemischten Gefühlen, denn diese alte Dame war bekannt für ihr abweisendes Wesen. Fee fragte sich, warum sie ausgerechnet ein so reizendes Mädchen wie Donata aufgenommen hatte.

Als sie geläutet hatte, atmete sie tief durch, denn gleich darauf erschien Frau Bucher, in dunkles Grau gekleidet, wie man sie hier kannte. Schneeweiß war ihr Haar, nachtdunkel ihre Augen. Fee dachte, daß sie einmal eine sehr schöne Frau gewesen sein mochte. Stolz war ihre Haltung.

»Mein Name ist Norden«, sagte Fee, als sie sich durchdringend gemustert fühlte.

»Ja, Sie sind mir bekannt. Was wünschen Sie, Frau Dr. Norden?« Die Stimme war klangvoll, nicht abweisend.

»Ich komme wegen Donata Sassen, Frau Bucher«, sagte Fee. »Sie hatte einen Unfall.«

Das feine blasse Gesicht der alten Dame versteinerte, und ihre schmalen Lippen bebten.

Nur mühsam wahrte sie Haltung. »Bitte, treten Sie ein, Frau Dr. Norden«, sagte sie mit zitternder Stimme. »Was ist Donata geschehen? Wer hat ihr etwas angetan?«

Fee war bestürzt. Sie spürte, daß Frau Bucher erschüttert war, daß es ihr naheging. Und das erstaunte sie. War Donata mehr als eine Untermieterin? Jetzt schwankte die alte Dame sogar leicht. Fee stützte sie.

Das Haus, das sie nun betrat, schien nur aus Erinnerungen zu bestehen. Es war angefüllt mit Kostbarkeiten, die aber nicht zur Geltung kamen und nur jemand, der etwas davon verstand wie Fee Norden, konnte abschätzen, welche Werte es enthielt. Und Frau Bucher mußte das wissen. Man nahm keinen x-beliebigen Menschen in einem solchen Haus auf. Nicht eine so mißtrauische, extrem reservierte Frau wie Frau Bucher.

»Bitte, sagen Sie mir, was mit Donata ist«, stammelte die alte Dame.

»Sie wurde am Bahnhof von einem Betrunkenen die Rolltreppe hinabgestoßen. Ich war zufällig zugegen und ließ sie in die Behnisch-Klinik bringen, Frau Bucher.«