Dr. Norden Bestseller 189 – Arztroman - Patricia Vandenberg - E-Book

Dr. Norden Bestseller 189 – Arztroman E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Deutlich über 200 Millionen Exemplare verkauft! Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration. Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Sie hat allein im Martin Kelter Verlag fast 1.300 Romane veröffentlicht, Hunderte Millionen Exemplare wurden bereits verkauft. In allen Romangenres ist sie zu Hause, ob es um Arzt, Adel, Familie oder auch Romantic Thriller geht. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus. Sie kennt die Sorgen und Sehnsüchte ihrer Leser und beeindruckt immer wieder mit ihrer unnachahmlichen Erzählweise. Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist. Als wieder einmal eine alte Villa in der stillen Waldpromenade niedergerissen wurde, hatte Fee Norden sich mächtig aufgeregt, aber dann hatte sie sich doch schnell beruhigt, weil dort ein sehr schönes Haus gebaut wurde mit sehr viel Holz, sehr viel Individualität. Nun, es war ein Architekt, der es für sich selbst entworfen hatte, und die Nordens sollten ihn bald kennenlernen. Claudius Pollner hieß er, und als er an einem wunderschönen Sonntag sein gerade fertiggestelltes Haus fotografieren wollte, war er bei diesem Unternehmen in eine noch nicht beseitigte Baugrube gestürzt und hatte sich den rechten Fuß verstaucht. Daniel und Fee Norden sonnten sich auf der Terrasse ihres hübschen Hauses, die Kinder spielten im Garten, als es läutete. Danny, der Achtjährige, lief zur Gartentür. Ein schnittiger Sportwagen hielt auf der Straße, und eine sehr attraktive Dame stand vor der Tür. »Wir möchten zu Dr. Norden«, sagte sie. Danny blinzelte. »Zum Doktor? Mein Papi hat aber keinen Sonntagsdienst«, erklärte er. »Es ist ein Notfall«, sagte die Dame gereizt. Fee, die ihrer Kinder Unwillen kannte, wenn die Sonntagsruhe gestört wurde, erschien schon vorsichtshalber. »Ein Notfall?« sagte sie. »Wo ist der Patient?« »Er sitzt im Auto, hat sich nämlich den Fuß verletzt.« »Ich rufe meinen Mann«, sagte Fee. Sie hatte durchaus nichts gegen schöne Frauen einzuwenden, aber irgend etwas mißfiel Fee doch. Vielleicht war es der arrogante Tonfall, den die Fremde anschlug. Durch Claudius Pollners Mißgeschick lernten sie an diesem Tag auch seine Lebensgefährtin Nadja Kronberg kennen, die als Innenarchitektin ebenso bekannt war wie Pollner als Architekt. Ein imposantes Gespann waren sie schon, das wurde von Daniel

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Dr. Norden Bestseller – 189 –

Du bist mein Leben

Patricia Vandenberg

Als wieder einmal eine alte Villa in der stillen Waldpromenade niedergerissen wurde, hatte Fee Norden sich mächtig aufgeregt, aber dann hatte sie sich doch schnell beruhigt, weil dort ein sehr schönes Haus gebaut wurde mit sehr viel Holz, sehr viel Individualität.

Nun, es war ein Architekt, der es für sich selbst entworfen hatte, und die Nordens sollten ihn bald kennenlernen. Claudius Pollner hieß er, und als er an einem wunderschönen Sonntag sein gerade fertiggestelltes Haus fotografieren wollte, war er bei diesem Unternehmen in eine noch nicht beseitigte Baugrube gestürzt und hatte sich den rechten Fuß verstaucht.

Daniel und Fee Norden sonnten sich auf der Terrasse ihres hübschen Hauses, die Kinder spielten im Garten, als es läutete.

Danny, der Achtjährige, lief zur Gartentür. Ein schnittiger Sportwagen hielt auf der Straße, und eine sehr attraktive Dame stand vor der Tür.

»Wir möchten zu Dr. Norden«, sagte sie.

Danny blinzelte. »Zum Doktor? Mein Papi hat aber keinen Sonntagsdienst«, erklärte er.

»Es ist ein Notfall«, sagte die Dame gereizt.

Fee, die ihrer Kinder Unwillen kannte, wenn die Sonntagsruhe gestört wurde, erschien schon vorsichtshalber.

»Ein Notfall?« sagte sie. »Wo ist der Patient?«

»Er sitzt im Auto, hat sich nämlich den Fuß verletzt.«

»Ich rufe meinen Mann«, sagte Fee. Sie hatte durchaus nichts gegen schöne Frauen einzuwenden, aber irgend etwas mißfiel Fee doch. Vielleicht war es der arrogante Tonfall, den die Fremde anschlug.

Durch Claudius Pollners Mißgeschick lernten sie an diesem Tag auch seine Lebensgefährtin Nadja Kronberg kennen, die als Innenarchitektin ebenso bekannt war wie Pollner als Architekt.

Ein imposantes Gespann waren sie schon, das wurde von Daniel und Fee Norden anerkannt, während Danny sich später äußerte, daß der Mann ja ganz nett sei, die Frau aber eine Ziege.

»Du sollst so was nicht sagen, Danny«, wurde er von Fee ermahnt.

»Wenn schon Ziege, dann aber eine edle«, brummte Daniel, und es war gut, daß Danny das nicht mehr hörte, da er es vorgezogen hatte, gleich wieder im Garten zu verschwinden.

Dr. Norden hatte Claudius Pollner eine Spritze gegeben und einen Stützverband angelegt. Er hatte ihm empfohlen, am nächsten Tag doch lieber in die Praxis zu kommen, damit der Fuß geröntgt werden konnte.

»Wir müssen morgen nach Düsseldorf fliegen«, hatte Nadja erklärt.

»Wenn ich in keinen Schuh passe, mußt du allein fliegen«, sagte Claudius. »Es tut ziemlich weh.«

»Wenn du dich auch so blöd anstellst«, bekam er darauf zu hören.

»Es gibt schon komische Pärchen«, stellte Fee fest, nachdem sie sich dann verabschiedet hatten.

»Vielleicht ist das eine Zweckverbindung«, meinte Daniel lässig.

»Hoffentlich bleibt das die einzige Unterbrechung«, meinte Fee. »Du hattest eine harte Woche, Daniel.«

*

Claudius Pollner erwies sich als dankbar. Er ließ Fee Blumen schicken, und er selbst erschien am Vormittag in der Praxis. Nadja hätte allein nach Düsseldorf fliegen müssen, erklärte er, da er doch beträchtliche Schmerzen hatte.

Die Röntgenaufnahme bewies, daß er sich das Sprunggelenk verletzt hatte. Dr. Norden sagte ihm, daß er ihn lieber zu einem Facharzt schicken würde, aber das lehnte Claudius ab.

»Sie machen das doch bestens«, meinte er, und mit einem Augenzwinkern fügte er hinzu, daß er ganz froh sei, sich um den Flug nach Düsseldorf gedrückt zu haben.

»Nadja ist immer sehr direkt«, erklärte er dann auch. »Sie meint es nicht so. Sie ist immer fit und kann es nicht ausstehen, wenn einem andern was fehlt.«

Und sie sind ein erfolgreiches Team, dachte Daniel Norden. Ihnen scheint es zu genügen.

Das war der Anfang ihrer Bekanntschaft. Später lernten sie sich besser kennen. Zur Hauseinweihung wurden sie eingeladen, und da das nur um die Ecke herum war, wollte es sich vor allem Fee nicht entgehen lassen, das Haus auch von innen zu sehen. Das wenigstens sollten sie beide nicht bereuen, denn alles war so durchdacht, so geschmackvoll gestaltet, daß man spürte, daß zwei Könner am Werke gewesen waren. Nadja war an diesem Abend eine sehr charmante und geistreiche Gastgeberin. Es war gewiß keine verlorene Zeit für Daniel und Fee. Die anwesenden Gäste hatten Niveau, es wurde nicht herumgeblödelt, sondern angeregt diskutiert. Das kalte Büfett war exzellent, die Getränke ebenso, und in bester Stimmung konnten Daniel und Fee den Heimweg antreten.

»Kinderzimmer sind anscheinend nicht eingeplant«, bemerkte Fee dann doch nachdenklich.

»Genug Platz dafür ist dennoch, aber es scheint nicht so, als würde die charmante Nadja Wert darauf legen«, erwiderte Daniel ironisch. »Es gibt ja auch getrennte Schlafzimmer.«

»Zwei Individualisten, ob das auch gutgeht, Daniel! Ich meine auf die Dauer. Jetzt stehen die beruflichen Interessen im Vordergrund. Sie sind sehr engagiert und total ausgebucht, wie ich hörte.«

»Und das wird wohl auch so bleiben«, meinte er dazu.

»Pollner hat aber Gemüt, und ihr geht das ab.«

»Vielleicht heiraten sie deswegen nicht, weil sie einkalkulieren, daß sie eines Tages eigene Wege gehen werden.«

Gar so nüchtern betrachtete Claudius Pollner das Zusammenleben mit Nadja nicht. Sie war die einzige Frau, für die er bisher ernsthaftes Interesse aufbrachte. In seinen Augen war sie vollkommen.

Claudius Pollner bekamen Fee und die Kinder öfter zu Gesicht, nachdem der Fuß wieder geheilt war. Er hielt stets an, wenn er allein durch die Straße fuhr, brachte den Kindern manchmal Spielzeug und für Bärle dicke Knochen. Und so ganz nebenbei hatte Fee auch erfahren, daß er in Bremen eine verheiratete Schwester hatte, die Mutter von zwei Kindern war, die in Felix und Annekas Alter waren.

Nadja Kronberg traf Fee nur einmal anläßlich einer Bürgerversammlung, als es um eine Umgehungsstraße ging. Da vertrat sie allerdings sehr imponierend und eindrucksvoll auch ihre und andere Interessen und verschaffte sich damit sehr viel Anerkennung. Fee kam zu der Überzeugung, daß diese Frau unbestreitbare Vorzüge hatte.

*

Wieder war ein Sommer gekommen, und wieder einmal machte Claudius Pollner bei den Nordens Halt. Die Kinder waren mit ihm vertraut. Sie begrüßten ihn freudig.

Natürlich hatte er ihnen auch wieder etwas mitgebracht. Und dann sagte er, daß nächste Woche seine Schwester mit ihren Kindern für ein paar Tage zu Besuch käme.

»Würdet ihr dann mit Jan und Bibi spielen?« fragte er.

»Na klar«, erklärte Danny sogleich. »Sie können zu uns kommen. Ihr habt doch sicher keinen Spielplatz im Garten und auch kein Spielzimmer.«

»Nein, das haben wir nicht«, sagte Claudius. Und zu Fee sagte er, daß die Kinder sich wohl leicht langweilen würden.

»Jetzt verbringen sie noch Ferien auf Sizilien«, sagte Claudius, »und da ist man wohl kinderfreundlicher als hier. Meine Nachbarn rechts und links sind es jedenfalls nicht.«

»Meine Nachbarn«, sagte er. Fee war doch leicht erstaunt, daß er nicht unsere sagte, aber dann fügte er verlegen hinzu, daß es wohl auch Nadja nicht so ganz recht wäre, daß seine Angehörigen kamen.

»Wir haben zur Zeit nämlich nicht mal eine Zugehfrau, und das Hausmädchen ist lieber in die Fabrik gegangen. Sie haben ja riesiges Glück mit Ihrer Lenni.«

»Sie gehört zur Familie, wir geben sie nicht her«, erwiderte Fee.

»Denken Sie um Himmels willen nicht, daß ich sie abwerben wollte. Hier ist alles so beneidenswert harmonisch.«

Nanu, hat es da etwa gekracht, fragte sich Fee, als er sich verabschiedet hatte.

Ja, es hatte gekracht, wenngleich bei Nadja ein Krach nicht temperamentvoll durchgezogen wurde.

Sie hatte die Familie Mühlenbeck in einer Pension unterbringen wollen, aber da hatte Claudius doch ­energisch widersprochen. Schließlich sei es sein Haus und es böte genug Platz für Monika, Claus und die Kinder, wenn sie schon mal kämen.

Und als er jetzt heimkam, wurde das Thema wieder angeschnitten.

»Gut, dann lade ich Angelika ein«, sagte Nadja. »Ich habe nicht die Neigung, hier Putzfrau zu spielen. Ich kann mich auch nicht um die Familie kümmern. Angelika hat Urlaub, und sie weiß damit sowieso nie was anzufangen.«

Angelika war Nadjas jüngere Schwester. Sie hatte Pädagogik studiert, aber noch keine feste Anstellung als Lehrerin bekommen. Claudius war ihr bisher nur zweimal ganz kurz begegnet und hatte nur den Eindruck gewonnen, daß sie Nadja nicht das Wasser reichen konnte.

»Meinetwegen kann auch Angelika kommen«, sagte er. »Falls sie will.«

Nadja machte es ihrer Schwester schmackhaft. Sie konnte das sehr diplomatisch, so, wie sie auch Kunden etwas aufschwatzen konnte, was sie eigentlich gar nicht haben wollten, wovon sie jedoch profitieren konnte.

Es wäre doch nett, wenn sie mal so ein Familientreffen veranstalten würden, meinte sie. Monika und ihre Familie würden ja nur ein paar Tage bleiben.

»Aber wir haben gerade jetzt so irrsinnig viel zu tun, Angelika, und es wäre uns schon ein bißchen peinlich, wenn sich dann niemand recht kümmern könnte, damit sie es auch gemütlich haben.«

Angelika konnte nie so recht nein sagen, auch wenn sie gewisse Bedenken hatte, und augenblicklich war es ihr auch ganz willkommen, mal einen Tapetenwechsel zu haben, denn sie befand sich in einem seelischen Tief.

Mit ihrem Jugendfreund Peter Brachmann war es zu einem Bruch gekommen, und den hatte sie noch nicht verkraftet. Sie hatte erkennen müssen, daß sie schamlos von ihm ausgenutzt worden war, während sie dachte, einen ehrlichen und verläßlichen Freund zu haben. Sie hatte sein Appartement in Ordnung gehalten, seine Wäsche gewaschen und gebügelt, ihm bei seiner Doktorarbeit geholfen und ihm auch das Essen gekocht, und währenddessen hatte er eine intime Beziehung zu einer Studentin angeknüpft, die einen vermögenden Vater hatte.

So sei es nun einmal im Leben, war seine einzige Erklärung gewesen. Schließlich hätte ihr das auch passieren können.

Über diese Demütigung kam Angelika nicht so schnell hinweg, obgleich dieser Bruch bereits vier Wochen hinter ihr lag. Aber es schien jetzt alles schiefzulaufen.

Obgleich nie ein inniger Kontakt zwischen Nadja und ihr bestanden hatte, betrachtete sie ihre Schwester jetzt geradezu als rettenden Engel.

Sie packte ihren bescheidenen Koffer und setzte sich in den Zug. Als sie das Haus nun zum ersten Mal sah, in dem Claudius und Nadja wohnten, stockte ihr der Atem. Sie wagte erst gar nicht, auf die Klingel zu drücken. Hierher passe ich nicht, ging es ihr durch den Sinn, aber da kam Nadja in ihrem flotten Wagen heim.

»Geli!« rief sie überrascht. »Warum hast du nicht mitgeteilt, mit welchem Zug du kommst? Und wie ­siehst du aus? Erbärmlich, muß ich sagen. Was ist los?«

So war Nadja. Sie spürte nicht, wie schmerzhaft ihre spontanen Worte waren.

Aber Angelika wurde in das Haus gedrängt, von unvorstellbarem Komfort umfangen.

»Das ist traumhaft«, sagte sie leise.

»Wir haben eben Geschmack«, sagte Nadja lachend. »Das gehört ja zu unserem Beruf. Darin ergänze ich mich mit Claudius wirklich phantastisch.«

»Warum heiratet ihr eigentlich nicht?« fragte Angelika nachdenklich.

»Jetzt fang du doch nicht auch noch mit diesem Schmarr’n an. Claudius ist der Pollner, und ich bin die Kronberg, und jeder verdient sein eigenes Geld. Sollten wir einander überdrüssig werden, gibt es keinen teuren Scheidungsprozeß. Wir denken diesbezüglich nüchtern. Aber genug davon. Lieb von dir, daß du gekommen bist. Du mußt wohl auch ein bißchen aufgemöbelt werden. Meine Güte, du bist vierundzwanzig, Geli, du kannst doch nicht wie eine alte Jungfer daherkommen.«

»Ich habe kein Geld, um mir dauernd neue Sachen zu kaufen«, sagte Angelika. »Ich bin eben nicht so attraktiv und erfolgreich wie du. Ich bin ja froh, daß du anders bist.«

»Dir fehlt es an Selbstbewußtsein, aber das werden wir ändern. Wann mußt du wieder antreten?«

Angelika zuckte die Schultern. »Ich habe keinen Urlaub, Nadja, ich habe noch keine Stellung. Nur auf Abruf.«

»Ist ja auch ein blöder Beruf, den du dir ausgesucht hast. Du läßt dich umschulen. Ich werde schon dafür sorgen. Aber jetzt wirst du erst mal auf Vordermann gebracht.«

Sie fuhr Angelika durchs Haar. »Die Frisur ist unmöglich, Kleine. Und es soll ja niemand denken, daß du unser neues Hausmädchen bist. Morgen kaufen wir ein paar hübschere Sachen, und ich bringe dich zu meinem Friseur. Was sagt denn Peter, wenn du so herumläufst?«

»Nichts mehr, es ist aus«, sagte Angelika.

Ein hastiger Atemzug von Nadja, dann sagte sie forsch: »Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich nicht noch was Besseres findet.«

»Er hat jedenfalls schon was Besseres gefunden«, sagte Angelika sarkastisch.

»Tut mir leid, aber nun siehst du, daß man sich gefühlsmäßig nicht zu sehr engagieren soll.« Sie blickte auf die Uhr. »Wo bleibt denn Claudius?« fuhr sie nervös fort. »Er wird mit dem Geschäft doch hoffentlich nichts schieflaufen. Wenn ich mich nicht um alles kümmere, gibt es immer Probleme.«

Aber da kam Claudius. Er sah müde aus. »Hallo, du bist ja schon da, Angelika«, sagte er. »Fühl dich wie zu Hause.«

»Was ist mit dem Projekt?« frage Nadja.

»Es ist mir zu riskant«, erwiderte er.

»Ach was!«

»Nicht, ach was«, widersprach er. »Für eine so unsichere Sache investiere ich nichts. Du mußt es schon mir überlassen, wo ich mein Geld investiere, Nadja.«

»Wir reden nachher darüber. Ich zeige Angelika ihr Zimmer. Sie will sich sicher ein bißchen herrichten«

Sie sieht wie ein gerupftes Huhn aus, dachte Claudius mitleidig. Was Nadja zuviel hat, hat sie anscheinend zuwenig.

Komisch, daß ihm solche Gedanken kamen. Er starrte vor sich hin. Dann ging er in die Küche. Im Kühlschrank fand er noch eine Flasche Bier.

Er hatte sich das Glas eingeschenkt, als Nadja kam. »Ist kein Bier mehr da?« fragte er.

»Ich trinke kein Bier«, erwiderte sie. »Es ist dein Bier, wenn Vorrat dasein soll.«

»Okay, und es ist mein Bier, wenn ich in das Projekt nicht einsteige.«

»Werde bloß nicht komisch«, sagte sie. »In beruflichen Dingen entscheiden wir beide.«

»Dann investiere doch du dein Geld, Nadja. Oder sagen wir halbehalbe, dann sind wir wenigstens beide Verlierer.«

»Was ist eigentlich in dich gefahren, Claudius? Schattenmann ist doch solvent.«

»Er ist mir ein bißchen zu sehr Schattenmann, zu sehr im Schatten, wenn du noch immer nicht ver­stehst, was ich sagen will. Und ich habe genug andere Aufträge, die bedeutend sicherer sind. Keine Diskussion mehr. Wenn du mit Schattenmann im Geschäft bleiben willst, mußt du dir einen anderen Architekten suchen.«

Nadja überlegte einen Augenblick. »Bist du wütend, weil ich Angelika eingeladen habe?« fragte sie. »Ich gebe ja zu, daß sie nicht gerade ein Aushängeschild ist, aber…«

»Ich betrachte sie nicht als Aushängeschild. Sie sieht verstört und traurig aus.«

»Peter hat eine andere«, sagte Nadja. »Das macht ihr wohl zu schaffen. Dann bist du immer noch böse, weil ich deinen Anhang in einer Pension unterbringen wollte. Ich kenne dich doch, Claudius.«

»Du kennst mich eben nicht«, stieß er hervor. »Du kennst nur dich, deinen Ehrgeiz, deine Karriere.« Er ging zur Tür. »Ich hole mir einen Kasten Bier!« stieß er hervor.

*

Nadja ging zu Angelika in das Mansardenzimmer. »Claudius spinnt mal wieder«, sagte sie leichthin, »nimm es nicht tragisch. Ich hätte dir lieber eines von den großen Gästezimmern gegeben, aber seine Familie kommt ja zu viert.«

»Ich finde das Zimmer sehr ­hübsch«, sagte Angelika. »Wann kommen die Mühlenbecks?«

»Ich weiß es nicht genau. Sie fahren ja mit dem Wagen. Ist ja auch Blödsinn bis nach Sizilien mit den kleinen Kindern. Ich bin froh, wenn das überstanden ist. Aber du kannst bleiben, Geli. Einer verlorenen Liebe soll man nicht nachtrauern.«

»Es war keine Liebe, aber ich dachte, daß es echte Freundschaft gibt.«

»So ein Quatsch, es gibt gemeinsame Interessen. Ich will deine moralischen Gefühle nicht verletzen, Geli, aber du scheinst immer noch ein bißchen verklemmt zu sein. Ein Zusammenleben klappt doch nur, wenn die Kasse stimmt und man sich auch im Bett versteht.«

Angelika schien zu wachsen. »Ich habe da eine ganz andere Ansicht«, sagte sie, »aber diesbezüglich waren wir wohl schon immer zu verschieden. Ich möchte dir auch ganz deutlich sagen, daß ich mir von dir keine Kleider schenken lasse, und ich gehe auch nicht zum Friseur. Das wollte ich dir vorhin schon sagen, aber dann kam Claudius. Wenn ich von der Verwandtschaft nicht akzeptiert werde, wie ich nun mal bin, gehe ich wieder.«

»Meine Güte, wie kann man denn gleich so beleidigt sein. Ich freue mich, daß du hier bist. Ich überlasse es dir gern, dich um die Verwandtschaft zu kümmern. Ganz bestimmt kannst du besser mit Kindern umgehen als ich. Ruh dich ein bißchen aus, wir gehen dann zum Essen. Und wenn Claudius motzt, gehen wir allein.«

Kann man so überhaupt zusammenleben, dachte Angelika, als Nadja die Tür hinter sich geschlossen hatte. Aber dann dachte sie auch, ob es zwischen ihr und Peter nicht ähnlich gewesen war, wenn auch in umgekehrter Rollenverteilung und unter bescheideneren Voraussetzungen.