Dr. Norden Bestseller 197 – Arztroman - Patricia Vandenberg - E-Book

Dr. Norden Bestseller 197 – Arztroman E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Deutlich über 200 Millionen Exemplare verkauft! Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration. Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Sie hat allein im Martin Kelter Verlag fast 1.300 Romane veröffentlicht, Hunderte Millionen Exemplare wurden bereits verkauft. In allen Romangenres ist sie zu Hause, ob es um Arzt, Adel, Familie oder auch Romantic Thriller geht. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus. Sie kennt die Sorgen und Sehnsüchte ihrer Leser und beeindruckt immer wieder mit ihrer unnachahmlichen Erzählweise. Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist. Im Jagdschlössl herrschte Hochbetrieb. Anja Rehberg saß mit glühenden Wangen an der Reception und wusste nicht, wem sie zuerst gerecht werden sollte, dem Telefon, das dauernd läutete, oder den beiden Gästen, die Auskünfte haben wollten. Zum Glück kam Sepp Hoflechner, der Wirt, daher und nahm sich der ungeduldigen Dame an. Anja meldete sich am Telefon. »Ja, Herr Dr. Rüding, entschuldigen Sie vielmals, aber bei uns geht es hoch her.« Sie sah nicht, dass die Dame, die auf Sepp Hoflechner eingeredet hatte, plötzlich den Faden verloren zu haben schien. Sie lauschte. »Ich werde den Chef fragen, einen Augenblick bitte«, sagte Anja, und dann: »Pardon, gnädige Frau, nur eine Frage an Herrn Hoflechner. Können wir für morgen Abend das Kaminzimmer für Dr. Rüding reservieren?« »Das richten wir schon ein«, erwiderte Sepp Hoflechner. »Wie viel Personen?« »Zwölf«, erwiderte Anja. »Ist okay. Nun, gnädige Frau, was haben Sie zu beanstanden?«, fragte er dann die Dame, deren Alter schwer zu schätzen war. Ihr Gesicht war sehr glatt, zu glatt, wenn man die Hände betrachtete, und das tat Sepp Hoflechner. Er beurteilte die Menschen nach den Augen und Händen, nicht nach Kleidung und Schönheit. Aber schön war das Gesicht dieser Frau trotz der wie gemeißelten Züge nicht zu nennen. »Muss der Hund immer frei herumlaufen?«, fragte sie mit hoher Stimme. »Ich bin schon mal von einem Hund gebissen worden.« »Unser Wastl beißt doch nicht«, sagte Sepp. »Sie können unbesorgt sein. Es ist ein guter Wachhund, aber er würde niemals einen Gast angreifen.« »Nun, wenn es so ist, werde ich doch noch zwei Tage bleiben«, sagte Stella

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Dr. Norden Bestseller – 197 –

Ich bin ja nicht allein

Patricia Vandenberg

Im Jagdschlössl herrschte Hochbetrieb. Anja Rehberg saß mit glühenden Wangen an der Reception und wusste nicht, wem sie zuerst gerecht werden sollte, dem Telefon, das dauernd läutete, oder den beiden Gästen, die Auskünfte haben wollten.

Zum Glück kam Sepp Hoflechner, der Wirt, daher und nahm sich der ungeduldigen Dame an. Anja meldete sich am Telefon.

»Ja, Herr Dr. Rüding, entschuldigen Sie vielmals, aber bei uns geht es hoch her.«

Sie sah nicht, dass die Dame, die auf Sepp Hoflechner eingeredet hatte, plötzlich den Faden verloren zu haben schien. Sie lauschte.

»Ich werde den Chef fragen, einen Augenblick bitte«, sagte Anja, und dann: »Pardon, gnädige Frau, nur eine Frage an Herrn Hoflechner. Können wir für morgen Abend das Kaminzimmer für Dr. Rüding reservieren?«

»Das richten wir schon ein«, erwiderte Sepp Hoflechner. »Wie viel Personen?«

»Zwölf«, erwiderte Anja.

»Ist okay. Nun, gnädige Frau, was haben Sie zu beanstanden?«, fragte er dann die Dame, deren Alter schwer zu schätzen war. Ihr Gesicht war sehr glatt, zu glatt, wenn man die Hände betrachtete, und das tat Sepp Hoflechner. Er beurteilte die Menschen nach den Augen und Händen, nicht nach Kleidung und Schönheit. Aber schön war das Gesicht dieser Frau trotz der wie gemeißelten Züge nicht zu nennen.

»Muss der Hund immer frei herumlaufen?«, fragte sie mit hoher Stimme. »Ich bin schon mal von einem Hund gebissen worden.«

»Unser Wastl beißt doch nicht«, sagte Sepp. »Sie können unbesorgt sein. Es ist ein guter Wachhund, aber er würde niemals einen Gast angreifen.«

»Nun, wenn es so ist, werde ich doch noch zwei Tage bleiben«, sagte Stella Paulus. Als Professor Dr. Stella Paulus hatte sie sich bereits ins Gästebuch eingetragen, und die junge Anja, die sich in den Semesterferien hier ihr Geld verdiente, war voller Ehrfurcht gewesen, als Stella Paulus vor zwei Tagen gekommen war.

»Ein Tag wäre noch möglich, gnädige Frau«, sagte Sepp Hoflechner höflich, »aber dann ist das Appartement leider schon wieder vergeben.«

»Gut, dann noch ein Tag. Die Gegend ist sehr hübsch, das Essen ist ausgezeichnet. Ich war früher schon mal hier, aber da war das Jagd­schlössl nicht in so guten Händen.«

»Wir freuen uns, wenn wir zufriedene Gäste haben«, sagte Sepp Hof­lechner. Stella entfernte sich, und mit Anja redete der Wirt lässiger.

»So eine ganz Intellektuelle scheint das zu sein. Streben Sie so was auch an, Anja?«

»Bis zum Professor werde ich es sicher nicht bringen«, erwiderte Anja, »und ehrlich gesagt, möchte ich lieber auch mal heiraten.«

»Das wird vielleicht schneller der Fall sein, als Sie denken, so hübsch, wie Sie sind«, meinte Sepp Hoflechner väterlich »Was ist mit den Rüdings? Wollen sie ein komplettes Menü?«

»Frau Rüding ruft später noch an und sagt Bescheid.«

»Eine sehr nette Familie«, meinte Sepp Hoflechner. »Dr. Rüding ist ja auch Professor, aber er kehrt es nicht heraus. Und prächtige Kinder haben sie. Ob da gar eine Verlobung gefeiert werden soll?«

Er merkte nicht, dass Anja blass wurde und fuhr schmunzelnd fort: »Bei der Annette tät es mich nicht wundern, wenn sie schnell unter die Haube kommt.«

Nun kehrte die Farbe wieder in Anjas Gesicht zurück, und als Sepp Hoflechner jetzt zu überlegen begann, wie man die anderen Tischreservierungen vornehmen könnte, musste sie wieder das Telefon bedienen.

»Die Nordens brauchen einen Tisch für sechs Personen«, murmelte Sepp. »Da richten wir die Nische

hübsch her. Wir werden das schon hinkriegen. Schön wär’s ja, wenn die Rüdings sich für ein Menü ent­schlie­ßen würden.«

Darüber wurde im Hause Rüding gerade diskutiert. Florian, der Älteste, war noch nicht zu Hause, aber dem war es sowieso egal, was er vorgesetzt bekam, wenn es nur schmeckte und reichlich war. Aber diesmal ging es Katja Rüding ja nicht nur darum, ihren Mann und die Kinder zufriedenzustellen, sie hatten auch Gäste, sieben an der Zahl.

Professor Denver sollte mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen jetzt, aus Amerika kommend, in München eintreffen. Sebastian Rüding war zum Flughafen gefahren. Und man hatte auch noch Dr. Ritter mit Frau und Sohn zu einem festlichen Wiedersehensessen gebeten.

Die Gäste aus Amerika wollten nur drei Tage in München bleiben und dann weiterfahren in die Schweiz. Dr. Rüdings Haus war groß und geräumig, und sie konnten die sehr willkommenen Gäste gut unterbringen.

Zu Katjas Überraschung war Annette besonders eifrig dabei gewesen, die Zimmer herzurichten, denn sonst drückte sich ihre Jüngste ganz gern von der Arbeit. Annette hatte gerade mit Ach und Krach ihr Abitur überstanden. Die Eltern nahmen es nicht tragisch. Sie hatte sich dem Tennissport verschrieben und war dabei schon sehr erfolgreich.

Als die Familie vor einem Jahr in Amerika gewesen war und die Familie Denver kennengelernt hatte, hatte Annette in Tim Denver einen Tennispartner gehabt, der ihren Ehrgeiz erst so richtig geweckt hatte.

Katja Rüding überlegte, ob es wohl Tim sei, dessentwegen sich ihre Jüngste jetzt so ins Zeug legte, aber sie war eine kluge Mutter, wie sie auch immer eine kluge Ehefrau gewesen war, und sie wartete immer, bis ihre Kinder ihr das, was sie bewegte, von selbst erzählten.

Katja Rüding war fünfundvierzig, eine schlanke, anmutige Frau mit honigblondem Haar und warmen graublauen Augen. Die drei erwachsenen Kinder konnte man ihr nicht ansehen. Florian war vierundzwanzig, Gabriele zweiundzwanzig und Annette neunzehn.

Gabi war ihr am ähnlichsten. Florian und Annette hatten die dunklen Augen ihres Vaters, Florian dazu auch noch das schwarze Haar, während Annette ganz hellblond war, was natürlich zu den dunklen Augen einen ganz aparten Kontrast darstellte. Und so verschieden sie auch im Naturell waren, so innig war die Liebe unter den Geschwistern und zu den Eltern, obgleich jeder seine Meinung hatte und manchmal sehr heftig diskutiert wurde.

Was die Denvers betraf, waren sie sich alle einig. Sehr schnell hatten sie sich angefreundet, denn es gab viele Gemeinsamkeiten.

James Denver und Sebastian Rüding waren verantwortungsbewusste Wissenschaftler, um den Erhalt allen Lebens in der Natur bedacht, und ihre Frauen verstanden sich als Partnerinnen ihrer Männer, und beide waren fürsorgliche Mütter.

Ja, sie freuten sich alle auf das Wiedersehen, und Sebastian Rüding wurde auf dem Flughafen zu dieser Zeit schon stürmisch umarmt.

»Herzlich willkommen in old Germany«, sagte Sebastian. »Schön, euch wiederzusehen. Gut schaust du aus, Peggy, und Tim ist ja schon ein richtiger Mann geworden. Aber jetzt schnell nach Hause. Meine Lieben können es kaum erwarten, euch auch um den Hals zu fallen.«

James Denver schien ermüdet zu sein von der Reise, und Sebastian Rüding fand, dass er fahl aussah. Aber das sagte er nicht.

»Hat Ann ihr Examen geschafft?«, fragte Jerry, als sie im Wagen saßen.

»Du meinst das Abitur, na ja, so mit Ach und Krach«, erwiderte Sebastian.

»Macht doch nichts, Hauptsache sie macht Fortschritte im Tennis«, warf Tim ein.

»Da ist sie allerdings sehr gut«, lächelte Sebastian.

»Was anderes als Tennis hat Tim ja auch nicht im Kopf«, meinte Jerry.

»Man kann schnell einen Haufen Geld verdienen«, lachte der Jüngere.

»Und wie geht es Katja? Hoffentlich machen wir euch nicht zu viel Mühe«, sagte Peggy.

»Haben wir euch welche gemacht?«, fragte Sebastian zurück.

»I wo, es war herrlich, als ihr bei uns wart. Wir haben euch sehr vermisst«, sagte Peggy leise. Sie sprach ganz perfekt deutsch, denn sie stammte von deutschen Eltern ab, und nun München wiederzusehen, das sie vor dreiundzwanzig Jahren verlassen hatte, ließ sie in eine träumerische Stimmung geraten.

Aber als sie dann vor der schönen alten Villa hielten, waren sie überwältigt von dem Empfang, der ihnen hier bereitet wurde. Da bekam sogar das blasse Gesicht von James wieder Farbe.

Tim küsste Annette auf beide Wangen, während Jerry mit rauer Stimme sagte: »Du bist noch hübscher geworden, Ann.«

»Und dir kann man ja zum Doc gratulieren, Jerry«, sagte Gabi.

»Ist doch nicht so wichtig«, meinte er.

Katja und Peggy blickten sich tief in die Augen. »Schön ist es hier«, sagte Peggy. »Heimatluft. Ja, jetzt weiß ich erst recht, was mein guter Jim vermisst hat. Er war gern hier, obgleich es eine schwere Zeit war.«

»Darf ich mich ein wenig ausruhen?«, fragte James.

»Selbstverständlich«, erwiderte Katja rasch. »Ihr sollt euch ganz zu Hause fühlen bei uns.«

»Jim gefällt mir nicht so recht«, sagte Peggy leise zu Katja, als ihr Mann sich in dem hübschen Gästezimmer niedergelegt hatte. »Vielleicht gelingt es mir mit eurer Hilfe, dass er sich hier mal gründlich untersuchen lässt.«

»Dafür haben wir den besten Arzt«, sagte Katja. »Er ist sicher überarbeitet, der gute Jim.«

»Er macht sich so viel Gedanken, wie es drüben bei uns weitergehen soll. Nur für die Rüstung ist noch Geld da. Er nimmt sich in letzter Zeit alles so schrecklich zu Herzen, vielleicht auch deshalb, weil Tim das Studium einfach aufgesteckt hat, um nur noch Zeit fürs Tennis zu haben.«

»Wir können darüber noch reden, Peggy, bei Annette ist es ja ähnlich. Aber man soll das nicht zu tragisch nehmen.«

»Ich bin so froh, dass ich mit dir reden kann, Katja.«

»Bleibt doch länger, schaltet mal richtig ab. Jetzt machen wir es uns gemütlich, oder willst du auch schlafen?«

»Nein, ich bin zu aufgekratzt. Wo steckt denn Florian?«

»Er ist noch auf der Uni. Er nimmt sein Studium sehr ernst.«

»Wie Jerry, aber einen Außenseiter hat man wohl immer in der Familie.«

»Wenn es nicht mehr ist als Tennisspielen, Peggy«, sagte Katja nachdenklich, und da war ein Schatten über ihr Gesicht gefallen.

»Sebastian sieht blendend aus«, stellte Peggy fest.

»Er tritt jetzt auch kürzer. Das musst du Jim auch einbläuen.«

Sie gingen hinaus in den Garten, Arm in Arm, zwei Frauen, die sich verstanden.

»Er ist nicht nur müde, Katja«, sagte Peggy leise. »Es steckt was dahinter.« Plötzlich schossen Tränen in ihre Augen. »Er sagte, dass er noch einmal mit mir in München sein will, wo wir uns kennenlernten und wo unser Jerry geboren ist. Es klang so, als wolle er Abschied nehmen.« Sie schluchzte trocken auf. »Verzeih mir, Liebes, dass ich die Stunde des Wiedersehens so traurig mache. Aber ich habe Angst um Jim.«

»Es ist gut, dass ihr gekommen seid. Wir werden Jim aufmuntern, und wir haben den besten Hausarzt, den es gibt. Mach dir nicht zu große Sorgen, Peggy.«

»Ich kann mir ein Leben ohne ihn nicht vorstellen, Katja«, flüsterte Peggy. »Wir waren immer so glücklich, Katja«, flüsterte Peggy. »Wir waren immer so glücklich. Die Jungen sind jetzt groß, ich würde ganz allein sein.«

»Nein, Peggy, nie ganz allein. Denk das nicht. Und jetzt hast du deine Freundin Katja, mit der du dich aussprechen kannst.« Weich strich ihre Hand über Peggys Haar, das schon viele graue Strähnen aufwies, keine künstlichen.

»Wenn ich dich anschaue, Katja, komme ich mir uralt vor«, sagte Peggy leise.

»Unsinn, es war höchste Zeit, dass ihr Tapetenwechsel bekommt. Weißt du, Peggy, ich hatte auch mal Angst um meinen Mann. Höllische Angst, und da waren wir gerade erst verheiratet. Es sieht manchmal schlimm aus, aber das müssen wir durchstehen.«

»Jim will von Ärzten nichts wissen. Er nimmt auch keine Medikamente, Katja. Er hat sich in den Gedanken verrannt, dass alles Gift ist. Er verzweifelt daran, dass so viele Menschen an Krebs und anderen unheilbaren Krankheiten sterben, dass die Wälder sterben, die Meere verseucht werden. Vor allem wohl daran, dass es ihm nicht selbst gelingt, ein Heilmittel zu finden, das Mut macht. Und Jerry redet auch schon davon, dass es sinnlos ist, Kinder in die Welt zu setzen, die keine Zukunft mehr hat. Warum wird denn nur wieder so viel vom Krieg geredet, Katja? Warum haben die Politiker und auch die Wissenschaftler nichts dazugelernt? War es nicht schlimm genug, was damals geschah, als wir Kinder waren?«

»Wenn unsere Eltern verzweifelt wären, wären wir nicht auf der Welt, Peggy, und immerhin haben wir fünf­undvierzig Jahre gut überstanden.«

»Ich schon siebenundvierzig, Katja, und Jim ist zehn Jahre älter als ich.«

»Sebastian ist auch bereits dreiundfünfzig, aber wir haben Kinder, gesunde, wohlgeratene Kinder, das ist doch viel wert. Wenn schon die Zukunft ziemlich trübe ausschaut, freuen wir uns doch an der Gegenwart.«

»Du bist so herrlich optimistisch«, sagte Peggy, »das muntert tatsächlich auf.«

*

Die jungen Leute saßen fröhlich beisammen, selbst Jerry war aufgetaut. Er war weitaus ernster als Tim, aber als dann Florian kam, hatte er einen Gleichgesinnten gefunden.

»Menschenskind, Jerry, grad ein Jahr älter als ich und schon Doktor«, sagte Florian. »Da kann man nur staunen und gratulieren.«

»Jerry hat den ganzen Grips bekommen und ich die Muskeln«, warf Tim ein.

»Und was soll ich sagen«, meinte Annette schelmisch. »Ich habe zwei Geschwister, auf die die Geistesgaben verteilt wurden. Für mich ist nicht viel übrig geblieben.«

»Dafür hast du die äußerlichen Vorzüge bekommen«, meinte Gabi mit lächelnder Nachsicht.

»Kinder, Kinder«, meinte Seba­stian seufzend, »ich werde mich jetzt mal um die beiden Mütter kümmern, bis ihr euch über die Verteilung einig geworden seid.«

»Aber wir sind uns doch einig, Papi«, sagte Annette. »Tim und ich sind die Tennisspieler, und die andern sind die Leuchten der Wissenschaft.«

»Für mich beanspruche ich das nicht«, sagte Gabi.

»Na, dann halbe-halbe, Schwesterlein«, scherzte Annette. »Du wirst bestimmt mal eine so kluge und fürsorgliche Hausfrau und Mutter wie unsere Mami.« Sie zwinkerte Tim zu. »Für morgen neun Uhr habe ich den Platz bestellt, da kannst du mir beibringen, was du inzwischen dazugelernt hast. Einverstanden?«

»Klar, aber jetzt würde ich gern in die Rückenlage gehen. Wir haben nämlich lange Abschied gefeiert.«

»Wo?«, fragte Annette.

»Im Club natürlich.«

»Und du, Jerry, bist du auch müde?«, fragte Florian.

»Nicht die Spur. Ich habe den ganzen Flug verschlafen.«

Annette kam ziemlich schnell zurück, nachdem sie Tim das Gästezimmer gezeigt hatte, Sebastian hatte sich den beiden Damen zugesellt, Gabi sprang auf mit den Worten: »Liebe Güte, der Kaffee«, und dann deckte sie schnell den Tisch.

*

Am nächsten Tag ging es James Denver schon etwas besser. Er kam erst nach neun Uhr zum Frühstück herunter und beteuerte, schon lange nicht mehr so gut geschlafen zu haben.

Tim und Annette waren schon zum Tennisplatz gefahren. »Die Unentwegten«, brummte James. »Aber wie lange geht das, und dann kommt das dicke Ende nach.«

»Mach dir jetzt darum keine Sorgen, Jim«, sagte Katja. »Sie sind doch noch so jung.«

»Mit einem hübschen Mädchen ist das alles einfacher, Katja«, sagte James. »Sie heiratet mal einen Mann, der ihr alles bieten kann, aber Tim ist bereits zweiundzwanzig und beherrscht nichts als Tennis und Autofahren.«

»Er kann ja mal eine reiche Frau heiraten«, warf Gabi anzüglich ein.

James blickte auf. Seine Stirn wies tiefe Falten auf.

»Merkt ihr nicht, dass er verliebt ist in Ann?«, fragte er. »Und mir wäre es sehr peinlich, wenn er sich um die Tochter der besten Freunde bemüht, ohne etwas Handfestes bieten zu können.«

»Nimm das doch nicht so ernst, Jim«, sagte Sebastian, »Ann stolpert nicht gleich aufs Standesamt. Sie ist ganz schön clever. Und wenn es wirklich ernst werden sollte, werden wir beiden klarmachen, dass wir uns nicht schröpfen lassen. Da sind wir doch der gleichen Meinung.«

»Ich bin froh, dass du das sagst«, erwiderte James. »Hoffentlich sind unsere Frauen auch dieser Meinung.«

»Aber ja«, warf Katja ein. »Ann ist ja noch nicht trocken hinter den Ohren.«

Gabi lachte auf. »Sie hat jedenfalls eifrig trainiert, um Tim schlagen zu können, und was meint ihr, wie dumm er schaut, wenn ihr das gelingen sollte.«

Zu dieser Zeit schaute Tim allerdings schon dumm, denn Annette hatte ihm ein paar Schmetterbälle hingesetzt, die ihn ganz schön aus dem Konzept gebracht hatten, und da stand noch ein Mädchen, das lauthals rief: »Gib’s ihm, Anne, immer feste.«

Tim warf das Handtuch. »Wer ist das, Ann, das Girl macht mich ganz nervös«, sagte er wütend.

»Meine Freundin Nadja, sie spielt noch besser als ich. Willst du es nicht mal mit ihr versuchen?«, fragte Annette schelmisch. »Sie gibt Kindern Unterricht.«

»Du bist ganz schön frech«, sagte Tim, »aber wenn sie spielen muss, kann sie nicht reden. Wenn du mir versprichst, dass du mich nicht nervös machst, soll sie mal zeigen, ob sie so gut spielen wie brüllen kann.«

»Ich werde dich doch nicht nervös machen«, sagte Annette neckend. »Ich hab’ dir aber bewiesen, dass ich jetzt auch eine starke Rückhand habe.«

»Hast du«, gab er zu.

Annette drehte sich um. »Na, komm schon, Nadja, zeig du es ihm!«, rief sie.

Nadja kam näher.