Dr. Norden Bestseller 86 – Arztroman - Patricia Vandenberg - E-Book

Dr. Norden Bestseller 86 – Arztroman E-Book

Patricia Vandenberg

0,0

Beschreibung

Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Deutlich über 200 Millionen Exemplare verkauft! Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration. Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Sie hat allein im Martin Kelter Verlag fast 1.300 Romane veröffentlicht, Hunderte Millionen Exemplare wurden bereits verkauft. In allen Romangenres ist sie zu Hause, ob es um Arzt, Adel, Familie oder auch Romantic Thriller geht. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus. Sie kennt die Sorgen und Sehnsüchte ihrer Leser und beeindruckt immer wieder mit ihrer unnachahmlichen Erzählweise. Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist. Isabell Suttner ist eine erfolgreiche Turnierreiterin, die keinen Wettlauf ausläßt und sich nur mit Siegen zufriedengibt. Weder ihre Eltern noch ihr Verlobter Dr. Kai Falkenhorst verstehen diesen übermäßigen Ehrgeiz, so daß es häufig zu Auseinandersetzungen kommt. Während eines Turniers stürzt Isabell vom Pferd und muß in die Behnisch-Klinik eingeliefert werden. Dort wird, neben einem Armbruch, ein auffallend schlechtes Blutbild festgestellt. Isabell klagt immer wieder über Kopfschmerzen und Abgeschlagenheit, ohne daß die Ärzte den Grund dafür erkennen können. Hat Isabells Südamerika-Reise damit zu tun? Zusammen mit den Nordens erprobt Dr. Falkenhorst alternative Heilmethoden. »Es geht schon wieder los«, sagte Fee Norden seufzend. »Was geht los, mein Schatz?« fragte Daniel, der augenblicklich das Interesse an der Sportschau verloren hatte, da wieder mal Ausschnitte aus einem drittklassigen Fußballspiel gezeigt wurden. »Urlaub bei den Kollegen. Sie machen die Praxis einfach zu. Zwei Wochen, drei Wochen, manche sogar vier Wochen.« »Liebes, ich kann die Praxis nicht einfach schließen. Ich habe Patienten, bei denen die Behandlung nicht so ohne weiteres unterbrochen werden darf.« »Aber du brauchst auch mal wieder Erholung«, erklärte Fee mit großem Nachdruck.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 154

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Dr. Norden Bestseller – 86 –

Ein Wunder heilte Isabell

Patricia Vandenberg

Isabell Suttner ist eine erfolgreiche Turnierreiterin, die keinen Wettlauf ausläßt und sich nur mit Siegen zufriedengibt. Weder ihre Eltern noch ihr Verlobter Dr. Kai Falkenhorst verstehen diesen übermäßigen Ehrgeiz, so daß es häufig zu Auseinandersetzungen kommt. Während eines Turniers stürzt Isabell vom Pferd und muß in die Behnisch-Klinik eingeliefert werden. Dort wird, neben einem Armbruch, ein auffallend schlechtes Blutbild festgestellt. Isabell klagt immer wieder über Kopfschmerzen und Abgeschlagenheit, ohne daß die Ärzte den Grund dafür erkennen können. Hat Isabells Südamerika-Reise damit zu tun? Zusammen mit den Nordens erprobt Dr. Falkenhorst alternative Heilmethoden. Doch Isabell ist schwanger, und es wird äußerst kritisch…

»Es geht schon wieder los«, sagte Fee Norden seufzend.

»Was geht los, mein Schatz?« fragte Daniel, der augenblicklich das Interesse an der Sportschau verloren hatte, da wieder mal Ausschnitte aus einem drittklassigen Fußballspiel gezeigt wurden.

»Urlaub bei den Kollegen. Sie machen die Praxis einfach zu. Zwei Wochen, drei Wochen, manche sogar vier Wochen.«

»Liebes, ich kann die Praxis nicht einfach schließen. Ich habe Patienten, bei denen die Behandlung nicht so ohne weiteres unterbrochen werden darf.«

»Aber du brauchst auch mal wieder Erholung«, erklärte Fee mit großem Nachdruck. »Es wird sich doch wenigstens für zwei Wochen eine Vertretung finden lassen.«

»Eine Vertretung schon, aber was für eine«, seufzte nun Dr. Daniel Norden.

»Ein paarmal hatten wir doch schon Glück«, sagte Fee. »Warum sollte es nicht diesmal wieder so sein?«

»Jetzt kommt das Reiten, das interessiert dich doch auch«, lenkte Daniel ab.

Fee seufzte nur noch leise in sich hinein. Sie schaute nun auch in die Bildröhre. Und gleich war sie gespannt. Daniel warf ihr einen raschen Seitenblick zu, froh, daß sie abgelenkt war.

Die Stimme des Reporters bekam einen fast schwärmerischen Klang, als nun eine junge Amazone einritt, grazil, elegant im Sattel sitzend.

»Isabel Suttner, unsere junge erfolgreiche Reiterin. Erst zwanzig Jahre jung, schon fünfmal Siegerin in schweren Disziplinen, gehört sie zu den größten Hoffnungen des deutschen Reitsports. In den ersten beiden Stechen blieb sie ohne Fehler. Halten wir ihr die Daumen, daß sie auch diesen Parcours so souverän bewältigt, dann ist sie auch diesmal Siegerin.«

»Isabel Suttner«, sagte Daniel sinnend.

»Dr. Falkenhorst«, rief Fee aus. »Er könnte dich doch vertreten. Es dauert noch ein paar Monate, bis seine Praxis eingerichtet ist.«

»Er hat es nicht nötig, eine Vertretung zu übernehmen. Er hat Geld wie Heu und eine Verlobte, die das As unserer Springreiter werden könnte.«

»Aber er ist Arzt mit Leib und Seele«, sagte Fee. »O Gott, ich kann gar nicht hinschauen. Sie riskiert alles.«

Und dann hielten sie nur noch den Atem an. »Und sie siegt«, sagte Daniel dann. »Ein tolles Mädchen.«

»Was würdest du wohl sagen, wenn ich so über die Hindernisse jagen würde?« fragte Fee mit leiser Eifersucht, denn Isabel war nicht nur mutig, sie war auch bildhübsch, wie man nun sehen konnte, als sie strahlend in die Kamera lächelte.

»Ich würde mich schönstens bedanken, Feelein«, sagte Daniel. »Und ob das gutgeht? Ein engagierter Arzt und eine ehrgeizige Amazone, die ständig unterwegs ist? Wie oft im Jahr werden sie sich sehen? Na, und ehrlich gesagt, ich möchte nicht solche Ängste um meine Frau ausstehen.«

»Vielleicht könnte Falkenhorst gerade jetzt eine Ablenkung brauchen, wo die Saison erst beginnt«, sagte Fee. »Soll ich ihn mal anrufen?«

»Du bringst es fertig und beschwatzt ihn«, meinte Daniel. »Wer könnte dir schon widerstehen, Fee?«

»Na, er hat doch nur Augen für seine tolle Isabel«, sie lachte leise.

*

So war es auch, als Isabel vom Pferd stieg. Ihren Ritt hatte Dr. Kai Falkenhorst nicht verfolgt, und als Daniel und Fee Norden diesen grandiosen Sieg am Bildschirm miterlebten, war für Kai schon eine Welt eingestürzt.

»Du darfst es nicht übertreiben, Isabel«, sagte er erregt, nachdem er ihr gratuliert hatte.

»Ach, was du immer hast, du Angsthase«, spottete sie, und ihre Augen wanderten zu dem jungen englischen Turnierreiter Gary Drake, dem sie den Sieg streitig gemacht hatte, der sie aber dennoch neidlos und voller Bewunderung musterte.

»Merk dir mal das eine, Kai«, fuhr sie fort, »ich lasse mir keine Vorschriften machen. Niemals. Wenn du dich nicht damit abfinden kannst, ist es besser, wenn wir uns trennen. Willst du mir eigentlich die Freude an dem Sieg verderben?«

Kai Falkenhorst hatte auch seinen Stolz. »Keineswegs, Isabel«, sagte er heiser. »Feiere mit deinem Sportsfreund. Du wirst ja sicher schon erwartet.«

Und dann drehte er sich um und ging. Im ersten Augenblick starrte ihm Isabel verblüfft nach, aber da kam schon Gary Drake auf sie zu. Sie legte den Kopf in den Nacken und lachte auf.

»Du warst großartig, Isabel«, sagte Gary.

»Wenigstens einer, der es anerkennt. Feiern wir also, Gary.«

»Sind deine Eltern heute nicht hier?« fragte er.

»Sie sind schon gefahren. Meine Schwägerin erwartet ein Baby. Das ist wichtiger für sie.«

Zornig war sie. Man hörte es aus ihrer Stimme. Gary warf ihr einen schrägen Blick zu.

»Vielleicht ist das auch wichtiger«, sagte er nachdenklich.

»Herr im Himmel, nun fängst du auch noch an. Wenn du nicht in Stimmung bist, kannst du auch gehen«, sagte sie wütend.

»Was ist nur mit dir los, daß du so gereizt bist?« fragte er. »Es ist mir schon vorhin aufgefallen, als du den Stallburschen angefahren hast.«

Ja, was ist mit mir los, ging es ihr durch den Sinn, und dann kam ihr eine Erklärung.

»Es ist Föhn, ich habe Kopfschmerzen. Ich bin froh, daß ich das dritte Stechen überstanden habe.«

»Aber wie«, stellte Gary fest. »Du hast Esmeralda angetrieben, daß sie mir beinahe leid tat.«

»Ach, so ist das, du willst mir auch noch eine Lektion erteilen. Es wurmt dich doch, daß du nicht gewonnen hast«, stieß sie hervor. »Feiert allein, ich werde auch auf den Suttnerschen Nachwuchs warten.«

Und schon war sie auf und davon. Gary schaute ihr kopfschüttelnd nach. Und dann trat Daisy Clayton zu ihm, seine Teamgefährtin.

»Bist du abgeblitzt, Gary?« fragte sie ironisch.

»Ach was, ich verstehe Isabel nicht mehr. Ich hätte nie gedacht, daß ihr die Siege so in den Kopf steigen würden.«

»Sie ist noch ein bißchen sehr jung«, sagte Daisy nachdenklich, »und sehr hübsch.«

»Und von Haus aus vermögend«, fuhr Gary nachdenklich fort. »Alles zusammen macht wohl doch überheblich. Na, dann feiern wir halt ohne die Siegerin.«

*

In der Frauenklinik Dr. Leitner wurde schon Champagner auf das Wohl des jüngsten Suttner, der den Namen Fabian erhalten sollte, getrunken. Die junge Mutter Irmgard hielt mit. Ihre Eltern, das Ehepaar Brencken, waren schon vor den Suttners in der Klinik gewesen. Sie waren nicht sehr erbaut gewesen, als Norbert Suttner und seine Frau Anneliese ebenfalls schon eintrafen, bevor das Kind geboren war. Sebastian Suttner, der leicht nervöse, werdende Vater, hegte schon Befürchtungen, daß bereits jetzt der Wettstreit um die Gunst des ersten Enkelkindes beginnen könnte, da seinen Eltern das Reitturnier nicht so wichtig erschien wie die zu erwartende Geburt.

Waltraut Brencken sagte leicht anzüglich zu Anneliese Suttner: »Ist Isabel heute nicht ganz vorn gelandet?«

»Die ersten beiden Umläufe hat sie gewonnen«, erwiderte Anneliese darauf gelassen. »Schlimmstenfalls kann sie Dritte werden, das langt auch, sonst schnappt sie noch über.«

Anneliese trug alles mit Gelassenheit. Selbst noch eine ausgezeichnete, aktive Dressurreiterin, war ihr ganzes Wesen vom Umgang mit Pferden geprägt worden. Dennoch hatte sie nichts dagegen einzuwenden gehabt, daß ihre reizende Schwiegertochter einen großen Bogen um die Vierbeiner machte. Sebastian war glücklich mit Irmi. Sie war eine perfekte Hausfrau und eine charmante Gastgeberin. Sie war heiter und sehr natürlich, und sie schenkte den Suttners nach einjähriger Ehe den ersehnten Stammhalter. Dafür gebührte ihr Dank und Anerkennung, und Norbert Suttner drückte diesen mit einem wundervollen Collier aus.

Und was wollten die Brenckens eigentlich mehr erwarten, als daß ihre Tochter nicht nur eine glänzende Partie gemacht hatte, sondern in dieser Familie auch so herzlich aufgenommen worden war.

Als nun Isabel das Zimmer betrat, in dem es fröhlich zuging, trat augenblicklich staunendes Schweigen ein.

»Was, du bist schon da?« fragte Norbert Suttner seine Tochter verblüfft.

Sie gab keine Antwort, ging auf Irmi zu und wünschte ihr Glück. Dann sagte sie: »Das durfte ich mir doch nicht entgehen lassen. Den Pokal habe ich für meinen Neffen erritten.«

Man war zwar allerhand von ihr gewohnt, aber jetzt waren sie doch alle sprachlos.

»Du hast gewonnen?« fragte Irmi. »Toll, meine Gratulation.«

»Der Stammhalter ist wichtiger«, sagte Isabel, als ihr nun auch die anderen gratulierten.

»Du hast tatsächlich alle Männer geschlagen?« staunte Sebastian.

»Hören wir doch endlich damit auf«, sagte Isabel fast heftig. »Ich möchte mir den Kleinen auch anschauen.«

»Mit Recht«, sagte Irmi, »schließlich wirst du Patin,

Isabel.«

»Meint ihr, daß ich dazu würdig bin?« fragte Isabel.

»Wenn es ein Mädchen geworden wäre, hätten wir Kai gebeten«, sagte Irmi arglos.

»Dann bin ich doppelt froh, daß es ein Junge geworden ist«, erwiderte Isabel sarkastisch. »Führst du mir deinen Sohn vor, Bastian?«

Und schon war sie aus der Tür, die verblüfften Angehörigen zurücklassend.

»Sie wird sich doch nicht zerstritten haben mit Kai«, meinte Irmi besorgt.

»Wundern würde mich gar nichts mehr«, meinte Norbert Suttner. »Aber du brauchst dir darüber keine Sorgen zu machen, Irmi. Du brauchst jetzt Ruhe.«

Und schon erschien auch Dr. Hans-Georg Leitner, der das gleiche forderte. Bei allem Verständnis und Wohlwollen mußte er in erster Linie an seine Patientin denken.

Isabel betrachtete indessen mit einem für Sebastian unerwarteten Interesse den kleinen Fabian.

»Eigentlich sind Babys doch recht niedlich«, stellte sie fest.

»Er ist auch ein besonders hübsches Baby, das hat Dr. Leitner auch gesagt«, erklärte Sebastian.

»Und du bist ein irrsinnig stolzer Vater. Paß nur auf, daß sich die Großeltern nicht um den Kleinen raufen.«

»Irmi wird keinen ranlassen«, erklärte er. »Du, was ist denn mit Kai?«

»Lassen wir das für heute. Es war ein anstrengender Tag, und ich bin durch den Föhn etwas reizbar geworden. Esmeralda war rein närrisch.«

»Es ist kein Föhn, und Esmeralda wird nicht närrisch, wenn du es nicht auch bist«, stellte er beiläufig fest.

»Fang du jetzt nicht auch noch an«, sagte sie gereizt. »Man kann nur siegen, wenn man alles dransetzt, wenn man alles gibt.«

»Ist das Siegen denn so unbedingt wichtig, Bella?« fragte er. »Das Glück der Erde liegt nicht allein auf dem Rücken der Pferde.«

»Für mich schon. Da fühle ich mich frei. Ich bin eben anders als Irmi. Ich tauge nicht zum Heimchen am Herd.«

Sebastian sah sie forschend an. Sie legte den Kopf zurück. »Feiert noch schön«, sagte sie, und dann eilte sie davon.

*

Dies also war an jenem Tag geschehen, als Fee mit dem Gedanken gespielt hatte, einen Kollegen zu suchen, der Daniel mal für zwei Wochen in der Praxis vertreten konnte.

Sie kannte Kai Falkenhorst von der Universität. Er war nur wenige Monate älter als sie, und er hatte das Medizinstudium genauso ernst genommen wie sie, denn seinerzeit ahnte sie noch nicht, daß sie mal Daniel Nordens Frau werden würde.

Als sie es dann geworden war, hatten sie Kai hin und wieder getroffen, und sie hatten auch davon erfahren, daß Kai und Isabel eng befreundet waren.

Als Dr. Norden am Montagmorgen in seine Praxis fuhr, hatte er schon vergessen, was sich Fee vorgenommen hatte, vergessen deshalb, weil er gar nicht daran glaubte, daß Kai Falkenhorst an einer Vertretung interessiert sein könnte.

Er konnte es sich schließlich leisten zu warten, bis seine Praxisräume vollständig eingerichtet waren. Er gehörte zu jenen Auserwählten, die von Anfang an alles perfekt starten konnten.

Fee dagegen dachte nicht so. Sie hatte noch immer den jungen hilfsbereiten Kai in Erinnerung, der kein Privileg darin sah, daß er finanziell besser gestellt war als viele andere Studenten.

Seine Telefonnummer hatte Fee in ihrem Notizbuch. Gegen zehn Uhr, als ihre drei Trabanten sich entschlossen hatten im Sandkasten zu spielen, rief sie ihn an.

Er meldete sich sofort und schien sehr überrascht, daß sie die Anruferin war.

»Wie geht es dir, Kai?« fragte Fee munter.

»Mittelprächtig«, erwiderte er. »Nett, daß du mich nicht vergessen hast, Fee.« Das klang ziemlich resigniert.

»Ich möchte dich etwas fragen. Kai, aber mir wäre es lieber, wenn wir das persönlich erörtern könnten. Hättest du Zeit für ein Kaffeestündchen?«

»Zeit schon, aber was sagt Daniel?« fragte er.

»Wenn wir Glück haben, kann er uns eine halbe Stunde Gesellschaft leisten«, erwiderte sie unbeschwert. »Auf dich ist er nicht eifersüchtig.« Sie lachte leise auf. »Du bist ja bestens versorgt.«

Daß er darauf nicht reagierte, wurde ihr später bewußt, nachdem er zugesagt hatte, am Nachmittag zu kommen

Beim Mittagessen verkündete sie es ihrem Mann. »Du läßt wirklich nie locker, Fee«, sagte er. »Immerhin ist es erstaunlich, daß er seine Zukünftige nicht nach England begleitet hat.«

»Du bist aber gut informiert über Isabel«, meinte Fee anzüglich.

»In der gestrigen Sportschau wurde doch gesagt, daß sie auch dort als Favoritin gilt«, bemerkte Daniel. »Da hast du nur nicht hingehört.«

»Da war ich mit den Kindern im Garten«, meinte sie lächelnd.

»Bei den Suttners ist am Samstag übrigens Nachwuchs angekommen. Schorsch hat es mir gesagt, als ich heute vormittag Frau Zech besuchte.«

Schorsch, so wurde Dr. Leitner im Freundeskreis genannt, war Dr. Nordens Freund, und Frau Zech war eine Patientin von Daniel, die ihm schon manche Sorgen bereitet hatte und sich kürzlich einer schweren Operation hatte unterziehen müssen

Sie machte sich um sich selbst weniger Sorgen als er um sie. Fee wußte das sehr gut. Frau Zech war eine sehr vermögende Witwe, die seit vielen Monaten Schwierigkeiten mit ihren erwachsenen Kindern hatte, weil diese nicht verstehen wollten, daß ihre Mutter großzügig mit ihrem Vermögen umging. Dabei aber nicht etwa verschwenderisch, sondern stets darauf bedacht, Ärmeren Freude zu bereiten und dort zu helfen, wo Not am Mann war.

Daß Frau Zech seit der Operation unter Depressionen litt und das Verständnis, das ihre Kinder ihr nicht entgegen brachten, bei anderen suchte, hatte Tochter und Sohn mit den dazugehörigen Ehepartnern veranlaßt, ein Entmündigungsverfahren gegen sie einzuleiten. Es war schlimm für Ilse Zech gewesen, aber auf der »Insel der Hoffnung« hatte sie sich gefangen. Sie hatte dann auch die Energie aufgebracht, sich eine eigene Wohnung zu suchen und ihr schönes Haus der Tochter und dem Sohn zu überschreiben, nur um ihren Frieden zu haben, aber dieser Frieden hatte sich als trügerisch erwiesen, da nun die Geschwister um den Besitz stritten und Frau Zech verfügt hatte, daß das Haus keinesfalls verkauft werden dürfe.

Ihr war volle geistige Zurechnungsfähigkeit durch verschiedene berühmte Gutachter bescheinigt worden. Aber was hatte sie jetzt davon, da man bei ihr Brustkrebs festgestellt hatte. Ein tragisches Schicksal, das diese gütige, so menschenfreundliche Frau erlitt, die von ihren eigenen Kindern so schändlich enttäuscht worden war. Bewundernswert war allerdings, wie sie sich in dieses Schicksal ergeben hatte.

Momentan war Daniel Norden jedenfalls bedeutend mehr an ihr interessiert als an Kai Falkenhorst.

»Ich fahre jetzt noch mal zur Klinik«, sagte er nach dem Essen. »Vorhin war Frau Zech nicht ansprechbar.«

»Kommst du dann noch auf ein paar Minuten vorbei? Kai kommt gegen drei Uhr.«

»Ich will schauen, ob es möglich ist, mein Schatz. Ich müßte dir ja den Korb, den du bekommen wirst, tragen helfen.«

Fee warf ihm einen schrägen Blick zu. »Bist du so sicher, daß ich einen Korb bekomme?«

»Wenn nicht, dann wirft sich die Frage auf, wohin wir fahren wollen«, meinte er mit einem verschmitzten Lächeln.

»Natürlich an die Nordsee. Die Gelderns haben uns so nett eingeladen. Ich möchte sie auch gern wiedersehen, und außerdem bekommt dir das Klima am besten.«

»Meine Frau«, seufzte er ergeben, »alles ist schon geplant.«

»Hoffen und Harren macht zwar manchen zum Narren«, Fee lächelte, »aber pessimistisch bin ich dennoch nicht. Und wenn Kai mir tatsächlich einen Korb gibt, erfahre ich wenigstens von seinen Plänen.«

*

Daniel fuhr also zur Leitner-Klinik. In der Halle traf er mit Frau Suttner und Frau Brencken zusammen. Die beiden frischgebackenen Großmütter schienen sich schon geeinigt zu haben. Dr. Norden wußte allerdings nicht, daß Irmi ganz energisch mit ihnen gesprochen hatte, weil Fabian vor allem ihr und Sebastians Kind sei und erst zweitrangig das Enkelkind zweier Großeltern.

Frau Suttner kannte Dr. Norden, und sie begrüßte ihn sofort erfreut. Er gratulierte ihr, dann auch Frau Brenkken, als sie ihm als zweite Großmama vorgestellt wurde.

»Sie haben hier auch zu tun, Herr Dr. Norden?« fragte Anneliese Suttner.

»Von Zeit zu Zeit, wenn Patientinnen von mir hier operiert werden«, erwiderte er.

Die Suttners waren eine kerngesunde Familie. Eigentlich hatte er mit ihnen nur zu tun, wenn sie mal irgendeine kleine Verletzung hatten. Größere hatte es glücklicherweise noch nicht gegeben. Um so überraschter war er, als Anneliese Suttner sagte, daß er doch einmal Isabel untersuchen solle, wenn sie aus England zurück sei.

»Wenn Ihre Tochter darauf besteht, gern«, erwiderte er ausweichend.

»Bestehen wird sie nicht darauf, wie ich sie kenne«, sagte Frau Suttner, »aber irgendwie müssen wir das arrangieren. Sie mutet sich zuviel zu. Sie war so schrecklich nervös, als sie die Reise nach England antrat. Und sie klagte auch gestern schon über Kopfschmerzen. Als ich sie heute morgen zum Flugplatz brachte, sah sie zum Umpusten aus. Aber was können wir machen? Sie läßt sich ja nichts sagen, und sie ist mündig.«

»Ich kann sie leider nicht zu einer Untersuchung zwingen, gnädige Frau«, sagte Dr. Norden höflich.

»Aber Sie kennen doch Kai persönlich. Könnten Sie nicht mal mit ihm sprechen? Er ist schließlich auch Arzt. Könnte er nicht seinen Einfluß auf Isabel geltend machen?«

Hat er Einfluß, fragte sich Dr. Norden später. Aber nun wollte er alle Aufmerksamkeit seiner langjährigen Patientin Ilse Zech widmen.

Sie war munter und ausgeruht. Sie lächelte, als er ihr Zimmer betrat.

»Es geht ja schon wieder«, sagte er aufmunternd

»Aber wie«, sagte sie. »Ich frage mich, wie man mich jetzt noch zusammenschnipselt. Viel ist von mir nicht übrig. Die Gebärmutter haben sie mir voriges Jahr herausgenommen, den Blinddarm schon vor zehn Jahren, die Mandeln, als ich noch ein Kind war, und nun die

Brustamputation... Manchmal habe ich das Gefühl, daß ich nur von Narben zusammengehalten werde.«

»Aber der Geist ist hellwach«, sagte er.

»Den muß ich auch wachhalten«, erwiderte sie. »Über das, was ich jetzt noch besitze, will ich frei verfügen. Niemand soll es anfechten können.«

Er saß an ihrem Bett und wußte nicht, was er sagen sollte. Er konnte einfach nicht verstehen, daß Kinder ihre Mutter so im Stich lassen konnten, daß ihnen Besitz mehr bedeutete als mütterliche Liebe.

Ilse Zechs Haar war weiß geworden im letzten Jahr, schneeweiß. Es kringelte sich immer noch um das feine Gesicht, in dem die grauen Augen noch immer übergroß erschienen.