Drachen erwachen 3 - Fantasy für Erwachsene - Lindsay Buroker - E-Book

Drachen erwachen 3 - Fantasy für Erwachsene E-Book

Lindsay Buroker

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Beschreibung

Nach Tausenden Jahren erwachen die Drachen. Und sie wollen herrschen. Ist man noch ein Mensch, wenn der eigene Vater ein Drache war? Obwohl Captain Trip immer wusste, dass er ein wenig seltsam ist, schockiert ihn, dass der Golddrache Agarrenon Shivar sein Erzeuger ist.   Doch er muss die Realität akzeptieren und lernen, seine Kräfte zu nutzen, auch wenn er sich dadurch von seinen magie-scheuen Freunden entfremdet – und von der Frau, die ihm alles bedeutet. Da feindliche Drachen drohen, die Menschen zu töten oder zu versklaven, hat er keine andere Wahl. Doch selbst wenn er seine Kräfte entfaltet, wird es nicht ausreichen, um alle Drachen zu bekämpfen.   Deshalb schlägt Trip General Zirkander eine Mission vor. Er möchte mit Hilfe der gelehrten Leutnant Ravenwood ein Team anführen, um seinen Erzeuger zu finden. Agarrenon Shivar, der einst von seinesgleichen respektiert und gefürchtet wurde, könnte der perfekte Verbündete für Iskandia sein – wenn Trip ihn dazu überreden kann, sich auf die Seite der Menschen zu stellen.   Es gibt nur ein Problem: Der uralte Drache wurde seit Tausenden von Jahren nicht mehr gesehen ...   Atemlose Abenteuer, eine Liebe zwischen Feinden und ein sprechendes Schwert halten in Lindsay Burokers fulminanter Fantasy Serie die Spannung bis zur letzten Seite. Für alle, die epische Fantasy für Erwachsene mit Romantik und einer Prise Humor lieben!   Lindsay Buroker stürmte mit ihrer Vorgänger-Serie "Drachenblut Saga" die ebook Charts. Nun kehrt sie mit "Drachen erwachen" zurück in die Welt, die ihre Fans lieben.   ·      Epische Fantasy mit Humor ·      Found Family ·      Slow-Burn Romance ·      Drachen und Steam Punk

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 570

Veröffentlichungsjahr: 2025

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LINDSAY BUROKER

Band 3: Ursprung

Von Morgen Verlag

Zuerst 2018 erschienen unter dem Titel Heritage of Power 3 – Origins

Autorin: Lindsay Buroker

Übersetzung: Julian Kiefer

Cover: Maria Spada

Deutsche Erstveröffentlichung: Berlin 2024

ISBN: 978-3-910990-61-6

Originalausgabe © 2018 Lindsay Buroker

Deutsche Übersetzung © 2025 Von Morgen Verlag,

Stettiner Straße 20 13357 Berlin

Alle Rechte vorbehalten.

KAPITEL 1

KAPITEL 2

KAPITEL 3

KAPITEL 4

KAPITEL 5

KAPITEL 6

KAPITEL 7

KAPITEL 8

KAPITEL 9

KAPITEL 10

KAPITEL 11

KAPITEL 12

KAPITEL 13

KAPITEL 14

KAPITEL 15

KAPITEL 16

KAPITEL 17

KAPITEL 18

KAPITEL 19

KAPITEL 20

KAPITEL 21

KAPITEL 22

KAPITEL 23

KAPITEL 24

KAPITEL 25

KAPITEL 26

Nachwort des Verlags

Lindsay Buroker

KAPITEL 1

Leutnant Rysha Ravenwood rann der Schweiß über das Gesicht, aber sie wagte es nicht, die Hände vom Griff ihres Schwertes zu nehmen. Ihre Brille beschlug in der kühlen Abendluft und ließ ihren Gegner verschwommen erscheinen.

Ein Trommelfeuer von Schlägen kam auf sie zu. Hoch, hoch, tief, gefolgt von einem Hieb von der Seite. Schlamm schmatzte unter ihren Stiefeln, während sie herumtänzelte und ihr Bestes tat, die Angriffe zu antizipieren und rechtzeitig zu blocken. Nur ihre schnellen Reflexe und ein guter Gleichgewichtssinn hielten sie auf den Beinen und sorgten dafür, dass das Schwert ihres Gegners auf die Kante ihres eigenen traf statt auf ihren Bauch oder ihren Kopf.

Ihre Brille beschlug weiter, und Frustration stieg in ihr auf. Sie konnte kaumetwas sehen,verdammt nochmal.

Sie wollte nicht aufgeben, sie war sich nicht einmal sicher, ob ihr grimmiger Gegner sie aufgeben lassen würde. Aber sie sehnte sich danach, um eine dreisekündige Pause zu bitten, damit sie ihre Linsen abwischen konnte. So war es nicht fair. Aber sie wusste, dass ein echter Feind – egal ob Luftschiffpirat, Cofah-Soldat oder Drache – ihr keine Pause gönnen würde.

Rysha war ein wenig stolz darauf, dass sie sich so gut schlug, wie sie es tat. Sie war nicht in der Lage gewesen, in die Offensive zu gehen, aber zumindest hatte sie bis jetzt alles geblockt, was der große, muskulöse Mann ihr entgegenwarf. Jetzt verlagerte sie ihr Gewicht auf den vorderen Fuß, um eine Parade abzuwehren. Aber ein Stiefel, den sie nicht bemerkt hatte, trat an ihrem Bein vorbei und zog an ihrer Kniekehle.

Bevor sie reagieren konnte, riss er ihr das Bein unter den Füßen weg. Sie taumelte nach hinten und versuchte, ihr Gleichgewicht wiederzufinden, aber ihr Gegner stürzte sich bereits auf sie. Er schlug mit seinem Schwert nach ihrem Gesicht. Während sie noch damit beschäftigt war, ihre Klinge zur Abwehr hochzureißen, rammte er sein Gewicht gegen ihre Brust.

Rysha fiel nach hinten, und ihre Schultern gruben sich mit einem Platschen in den Schlamm. Sie versuchte, den Sturz in eine Rolle zu verwandeln, so wie man es ihr beigebracht hatte, um ihren Rücken zu schonen und Abstand zwischen sich und ihren Gegner zu bringen. Aber er war zu schnell. Ein Gewicht legte sich auf ihre Brust – es war entweder sein Knie oder ein Dampfwagen – und die Schneide seines Schwertes legte sich an ihre Wange.

Sie öffnete ihre Hand und ließ die Chapaharii-Klinge, Dorfindral, aus ihren Fingern gleiten. Ein Gefühl der Verstimmung ging von dem Schwert aus. Hätte sie gegen einen Magier oder einen Drachen statt gegen einen normalen Menschen gekämpft, so wusste sie, dass die Klinge sich noch mehr gewehrt hätte. Vielleicht hätte sie die Kontrolle über ihren Körper übernommen, um sich besser zu verteidigen. Sie war versucht, die alten iskandischen Worte zu flüstern, die dem Schwert sagten, es solle „übernehmen“. Könnte es ihren Gegner von ihrer Brust stoßen, damit sie wieder atmen konnte?

Aber das könnte diese Begegnung von einem Sparringkampf in ein Blutbad verwandeln. Eines, bei dem vor allem ihr Blut fließen würde, darauf wettete sie.

„Du kannst nicht nur auf die Klinge schauen, Leutnant“, knurrte ihr Feind und Ausbilder Oberst Therrik. „Du musst dir über alles, was dein Feind tut, im Klaren sein. Der ganze Körper ist eine Bedrohung. Und vergiss nicht, auch auf das zu achten, was um dich herum vor sich geht. Feinde halten sich nicht immer zurück und greifen einer nach dem anderen an.“

„Ich glaube nicht, dass sie mit ihrer beschlagenen und schlammbespritzten Brille viel sehen kann“, bemerkte Captain Kaika trocken von der Seite.

Therrik entfernte schließlich seine Klinge und sein Knie und stand brummend auf. Rysha verstand nicht alle Worte, aber es klang wie: „… kann nicht glauben, dass die ein blindes Kind in die Elitetruppen lassen.“

Ihre Wangen waren heiß, nicht nur wegen der Anstrengung des Schwertkampfes. Eigentlich war sie nur im Ausbildungsprogramm der Elitetruppen. Die Schmerzen in ihrem ganzen Körper erinnerten sie daran, dass sie an diesem Morgen einen Sechzehn-Meilen-Lauf mit vollem Rucksack und ihrer gesamten Ausrüstung hinter sich gebracht hatte, gefolgt von einem Nahkampf mit den anderen Rekruten. Das Schwerttraining war für sie und die anderen drei Chapaharii-Schwertträger eine außerplanmäßige Aktivität nach Feierabend, eine Vorbereitung auf die unvermeidliche Rückkehr der feindlichen Drachen in den iskandischen Himmel.

„Vielleicht kann sie sich von einem Drachen ihre Sicht korrigieren lassen“, bemerkte Oberst Grady, während Rysha sich aufrichtete und ihre Brille abwischte. Grady war ein weiterer Offizier der Elitetruppen, der ausgewählt worden war, eine der Klingen zu führen. „Ich habe gehört, dass derjenige mit dem Tempel zurück in der Stadt ist und seine Dienste als magischer Arzt anbietet. Magischer Mediziner, das gefällt mir.“ Er grinste ein jungenhaftes Grinsen, das bei einem Mann, der im Lauf seiner Karriere wahrscheinlich Hunderte von Menschen getötet hatte, seltsam wirkte. Dann fischte er ein abgenutztes Tagebuch aus seiner Tasche und zog einen Bleistiftstummel aus den Spiralen. Es sah aus wie die Notizbücher, die die Piloten für ihre Berechnungen in der Luft mit sich führten, aber seins war voll von Wörtern in winziger Schrift. Er fand eine freie Stelle und kritzelte in sie hinein. „Magischer Mediziner. Falls du Kopfschmerzen hast – mal wieder.“ Er grinste erneut. „Kein richtiger Reim, aber mit der richtigen Betonung funktioniert es.“

Vielleicht sah Kaika Ryshas neugierigen Blick und erklärte: „Oberst Grady hält sich für einen Barden.“

„Ich bin eher ein Liedermacher“, erklärte der Oberst und ignorierte ein Stöhnen von Therrik. „Zwischen den Einsätzen trete ich mit meinem Bruder und seiner Truppe auf.“

„All diese Sprachschulen, auf die dich die Armee geschickt hat, und das ist es, was du mit deiner Ausbildung machst?“, fragte Therrik.

„Ein armes Hirn ist, welches mit einer Sprache nur eines anfangen kann.“ Grady legte sein Notizbuch beiseite und grinste immer noch. „Wer hat das gesagt? Das ist ein Zitat.“

„Trudusky“, ergänzte Rysha.

„Ha, ich wusste es.“

„Lasst uns wieder an die Arbeit gehen“, sagte Therrik. „Kein Drache lässt sich dadurch besiegen, dass man ihn ansingt.“

„Bist du sicher?“, fragte Grady. „Ich glaube mich an ein Märchen zu erinnern, in dem eine holde Maid die Liebe eines Drachen gewinnt, indem sie für ihn singt.“

„Du bist keine holde Maid.“

„Aber ich bin ein hübscher und männlicher Soldat. Ich könnte einen weiblichen Drachen mit meinen Worten bezirzen.“ Grady schaute Rysha an, als ob sie etwas darüber wissen könnte.

Rysha zog eine Grimasse. Der neue weibliche Drache, Shulina Arya, war Anfang der Woche aufgetaucht, als sie gerade dabei gewesen war, den Hindernislauf zu absolvieren. Während die Soldaten auf dem ganzen Feld alarmiert aufgeschrien und zu ihren Waffen gegriffen hatten, war der Drache bloß auf der Mauer gelandet und hatte Rysha gefragt, ob sie Hilfe beim Erklimmen der Mauer brauche. Rysha hatte mit einem höflichen „Nein, danke“ abgelehnt. Wenige Sekunden später, als sie sich unter dem niedrigen Kriechgerüst abgemüht hatte, hatte Shulina Arya um weitere Geschichten gebeten. Schließlich, nachdem Rysha es durch den Parcours geschafft hatte und die ganze Festung auf die Anwesenheit des Drachen aufmerksam geworden war, war Shulina Arya heruntergeflogen, um sich neben sie zu stellen. Sie hatte gefragt, ob sie in Frettchengestalt hätte erscheinen sollen, um die Menschen nicht zu beunruhigen. Als ob es dafür nicht schon zu spät gewesen wäre.

Glücklicherweise hatten die Soldaten erkannt, dass sie einer der freundlichen Drachen war, bevor sie etwas Dummes getan hatten – zum Beispiel auf sie zu schießen. Aber alle nannten Shulina Arya jetzt Ryshas Drache. Es war nicht das erste Mal, dass ein männlicher Soldat sie fragte, ob weibliche Drachen die Form wechseln konnten und gerne Zeit mit menschlichen Männern verbrachten. Wenigstens war Oberst Gradys Phantasie subtiler und möglicherweise nur ein Scherz.

„Wer hat Ihnen gesagt, dass Sie hübsch seien, Sir?“, fragte Kaika und ersparte Rysha damit eine Antwort. „Sie haben eine Nase wie ein Kriegsbeil, Augen wie Schlamm und nur ein halbes Ohr auf der linken Seite.“

„Wirklich, Captain. Es ist mindestens ein Dreiviertel Ohr. Und ich kann es immer noch benutzen, um die lieblichen Laute einer Frau zu vernehmen.“

„Bei den sieben Göttern, er erinnert mich an Zirkander“, brummte Therrik.

„Ah, General Zirkander!“ Grady grinste wieder. „Ich habe vor ein paar Jahren eine Ballade über ihn und die Heldentaten des Wolfsgeschwaders geschrieben.“

Therrik knurrte. „Ich wusste, dass es einen Grund gibt, warum wir noch nie zusammen auf einer Mission waren.“

„Ja, weil ich losgeschickt werde, um Informationen zu sammeln. Du wirst losgeschickt, um Leute zu erschießen.“

„Schießen? Ich benutze normalerweise meine bloßen Hände.“

„Charmant“, murmelte Kaika.

Grady tippte sich nachdenklich ans Kinn, zog sein Notizbuch wieder hervor und schrieb etwas anderes.

Therrik warf ihm einen bösen Blick zu, aber nur für eine Sekunde. Er zeigte auf ihren schlammigen Übungsplatz. „Ihr zwei Frauen teilt euch auf. Geht die Achter-Übung durch, solange noch etwas Tageslicht übrig ist. Minnesänger, du und ich werden–“

„Es kommt Besuch“, sagte Kaika und nickte in Richtung des Weges, der zum Übungsplatz führte. „Königlicher Besuch.“

König Angulus schritt auf die Treppe zu, die zum Feld hinunterführte, sechs Wachen in dunkelblauen Uniformen folgten ihm dicht auf den Fersen. Ein vertrauter Offizier in einer ledernen Fliegerjacke schlenderte an der Seite des Königs, wobei das Licht der Gaslampen auf den polierten goldenen Abzeichen an seinem Kragen und seiner Mütze glitzerte. General Zirkander.

Erschrocken über das Auftauchen des Königs – was hatte er hier draußen zu suchen? – legte Rysha Dorfindral ab und beeilte sich, so viel Schlamm wie möglich von ihrer Uniform zu wischen. Das Ergebnis war alles andere als zufriedenstellend.

Der Sommeranfang war nur noch einen Monat entfernt, aber diese Woche hatte es jeden Tag geregnet. Wie sie schon während ihrer Schulzeit hier festgestellt hatte, herrschte in der Hauptstadt das gleiche wolkenverhangene und feuchte Klima wie im Tal ihrer Familie im Süden.

Angulus blieb am oberen Ende der Treppe stehen und betrachtete das Feld darunter. Jemand hatte Holzspäne verteilt, um einen Weg zu den verschiedenen Trainingsplätzen zu schaffen, aber sie waren genauso aufgeweicht wie der umgebende Schlamm.

Zirkander formte mit seinen Händen ein Megaphon und rief ihnen zu. „Kaika und Ravenwood, meldet euch!“

„Ja, Sir!“, rief Kaika zurück und rannte mit schmatzenden Stiefeln zur Treppe.

Erschrocken darüber, dass sie miteinbezogen worden war, hielt Rysha einige Sekunden inne, bevor sie sich auf den Weg machte.

„Warum werden sie ausgewählt und nicht wir?“, fragte Grady.

„Bist du eifersüchtig, dass du deine Ballade für Zirkander nicht singen kannst?“, fragte Therrik.

„Oh, er hat sie schon gehört“, sagte Grady, während Rysha hinter Kaika herlief. „Meine Brüder und ich haben sie ihm eines Abends in einer Taverne vorgetragen. Er war beeindruckt. Hat uns ein Bier spendiert.“

„Wahrscheinlich, um euch zum Schweigen zu bringen.“

Den Rest hörte Rysha nicht. Sie beeilte sich und versuchte, Kaika einzuholen.

Mit einem Meter achtzig waren sie beide große Frauen, aber Kaika schien längere Beine zu haben, Beine, die sie vorantrugen wie eine Antilope, die über eine Wiese sprang. Rysha, deren Schwertscheide gegen ihr Bein knallte und deren Brille mit Schlamm bespritzt war, fühlte sich nicht annähernd so agil, jedenfalls nicht in diesem Moment. Als Mädchen hatte sie alle möglichen Sportwettkämpfe gewonnen, aber dabei war sie selten in Kampfstiefeln durch den Schlamm gestapft.

Sie hielten am Fuß der Treppe an und salutierten vor beiden Männern. Glücklicherweise waren Kniefälle vor dem König für Soldaten in Uniform nicht vorgeschrieben.

Zirkander stützte einen Ellbogen auf das Geländer, während er mit der freien Hand lässig den Gruß erwiderte. Angulus neigte den Kopf zu einem Nicken.

„Dieser Sprint muss für Euch gewesen sein, Majestät“, sagte Zirkander. „Frauen rennen normalerweise nicht so schnell, wenn ich sie rufe.“

„Das ist nicht das, was man sich erzählt.“ Angulus warf ihm einen Blick zu, den Rysha nicht ganz deuten konnte.

Zirkander zuckte leicht mit den Schultern. „Man darf nicht alles glauben, was erzählt wird.“

Rysha fragte sich, ob der König die Ballade von Grady gehört hatte. Oder vielleicht gab es noch andere Balladen. Über die Piloten wurde in den Zeitungen viel berichtet, und sogar der König hatte die Mitglieder des Wolfsgeschwaders in einem Protokoll als Nationalhelden bezeichnet. Soweit Rysha wusste, wurde nur wenigen Mitgliedern der Elitetruppen diese Auszeichnung zuteil, obwohl sie eifrig – wenn nicht gar obsessiv – trainierten und auf ebenso gefährliche Missionen gingen wie die Piloten. Sie wusste schon seit Jahren von Captain Kaikas Karriere, aber nur, weil sie von ihr fasziniert war und ihr nacheifern wollte – der einzigen Frau, die die strengen körperlichen Prüfungen bestanden und sich für die Elitetruppen qualifiziert hatte.

„Du trägst Schlamm“, sagte Angulus leise zu Kaika und sah ihr in die Augen.

„Ja, das ist dieses Jahr furchtbar in Mode. Und es ist gut für die Haut. Es hilft mir, ein gesundes Strahlen zu bewahren.“

„Ist das dein Geheimnis?“

„Eines davon. Ich kann sie nicht alle teilen.“ Kaika zwinkerte.

Sie tauschten ein Lächeln aus, das Rysha daran erinnerte, dass sie angeblich eine ganz andere Beziehung hatten als die meisten Soldaten zum König.

Angulus’ Gesicht wurde ernster, als er sich an Rysha wandte. „Leutnant Ravenwood, wie weit bist du mit deiner Chapaharii-Forschung?“

„Es ist erst eine Woche her, dass wir aus der Antarktis zurückgekehrt sind“, sagte Kaika, bevor Rysha den Mund öffnen konnte. „Und ein paar Tage davon war sie auf der Beerdigung ihrer Großmutter. In der übrigen Zeit hat sie von morgens bis abends trainiert, einschließlich eines zusätzlichen Trainings mit den Schwertern.“

„Ich habe Hinweise auf sieben Waffen gefunden, Majestät“, sagte Rysha. „Drei Speere, zwei Schwerter, einen Schild und einen Bogen – ich wäre sehr interessiert daran, wie ein Bogen funktioniert. Braucht man dafür spezielle Chapaharii-Pfeile oder reicht der Bogen selbst aus, wenn man normale Pfeile benutzt? Dieser Aspekt ist mit einem Fragezeichen versehen, sodass es sich vielleicht nicht lohnt, danach zu suchen. Es wird jedoch vermutet, dass er sich in einigen Ruinen in Dakrovia und nicht in Cofahre befindet, sodass es einfacher sein könnte, ihn zu finden. Ein Speer befindet sich ebenfalls in Dakrovia, in der persönlichen Sammlung eines reichen Plantagenbesitzers. Es müsste wahrscheinlich verhandelt werden und möglicherweise wäre er nur als Leihgabe erhältlich. Es gibt nicht viele bekannte Waffen, die sich nicht in privaten Sammlungen oder Museen befinden. Ich glaube, Prinz Varlok hat angeordnet, dass alle Stücke aus dem Cofah-Museum genommen und in die Hände seiner Truppen gegeben werden. Das Kaiserreich ist noch mehr von Drachen überschwemmt, als wir es im Moment sind. Oh, ich habe auch Hinweise darauf gefunden, dass es vor etwas mehr als dreitausend Jahren eine dichte Menge an Schwertern auf Rakgorath gab. Es ist nicht bekannt, ob es noch welche gibt, da die Verbrecher, die den Ort beherrschen, sie gefunden und verkauft haben könnten. Aber es könnte sich lohnen, eine Expedition zu schicken–“

Rysha brach ab, denn Kaika starrte sie mit offenem Mund an.

„Wann hattest du denn Zeit, zu recherchieren?“, fragte Kaika.

„Ich bin ein paar Nächte lang aufgeblieben. Ich hatte auch gestern etwas Zeit, als ich darauf wartete, dass ich am Schießstand an der Reihe bin.“

„Ich dachte, du hast einen Comic gelesen.“

„Das habe ich Korporal Oakridge nur gesagt, damit er sich nicht über meine akademischen Neigungen lustig macht“, sagte Rysha.

„Wenn der Korporal sich noch einmal über dich lustig macht, verpasst du ihm eine auf die Nase.“

„Uns wurde gesagt, dass wir die anderen Neulinge außerhalb des Kampftrainings nicht schlagen dürfen.“

„Dann ist es gut, dass du die Erlaubnis eines vorgesetzten Offiziers hast.“

Rysha sah zu Zirkander und Angulus auf und bezweifelte, dass sie in Gegenwart von Autoritätspersonen offen über Regelverstöße diskutieren sollten. Nicht, dass Zirkander eine besonders einschüchternde Autoritätsperson wäre, so wie er immer noch am Geländer lehnte, einen Stiefel über den anderen gekreuzt. Angulus hingegen wirkte auf Fotos immer streng und abweisend, und diese Strenge kam auch durch, wenn er sich in Reden an seine Untertanen wandte.

Aber jetzt schüttelte er nur den Kopf und sagte zu Rysha: „Du hast Glück, dass sie nicht empfohlen hat, diesen Korporal in die Luft zu jagen. Sie hat eine Vorliebe für Sprengstoff.“

„Ja, Majestät. Ich freue mich darauf, von ihr etwas über Sprengungen zu lernen, sobald ich meine Ausbildung bestanden habe und offiziell zu den Elitetruppen gehöre.“ Auch wenn die Chancen dafür schlecht standen, weigerte sich Rysha, das Wort falls zu benutzen.

„Gut.“ Angulus wandte sich Zirkander zu und öffnete den Mund, hielt aber inne, bevor er sprach, und runzelte die Stirn über die entspannte Haltung seines Offiziers.

Zirkander stieß sich vom Geländer ab, richtete sich auf und verschränkte die Hände hinter dem Rücken zu einer Paradehaltung. Trotzdem gelang es ihm nicht ganz, den ausdruckslosen, ernsten Soldatenblick aufzusetzen, den die meisten Gefreiten beherrschten, nachdem sie ein paar Mal angeschrien worden waren. Seine Lippen sahen aus, als könnten sie sich jeden Moment zu einem Grinsen verziehen.

„Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du selbst dann unverschämt aussiehst, wenn du gar nichts tust, Zirkander?“, fragte Angulus.

„Täglich, Majestät.“ Seine Lippen verloren den Kampf und formten ein breites Grinsen.

Angulus grunzte. „Lass dir die Nicht-Cofah-Standorte von Ravenwood geben. Seit dem mysteriösen Verschwinden ihres Kaisers geht uns das Reich nicht mehr an die Gurgel, also wollen wir nicht damit anfangen, sie zu bestehlen.“

„Ein mysteriöses Verschwinden.“ Diesmal schmunzelte Kaika.

„Wähle ein paar Piloten aus und bilde ein paar Teams“, fuhr Angulus zu Zirkander fort. „Sie werden die Zwei-Mann-Flieger fliegen und jeweils einen aus unserer Elitetruppe mitnehmen. Therrik wird geeignete Kandidaten unter seinen Leuten auswählen.“

Zirkanders Grinsen verschwand. „Er wird doch nicht mitgehen, oder? Er wird luftkrank, wisst Ihr.“

„Viele Leute werden das, wenn ihr Pilot sie kopfüber durch den Crazy Canyon fliegt.“ Angulus hob eine Hand, um die Erwiderung, die Zirkander vorhatte, zu verhindern. „Er kann sich selbst auswählen, wen er will. Mir ist es egal, wer mitfliegt, solange es zuverlässige Leute sind, die in einem Kampf auf sich selbst aufpassen können. Und finde Ardelle oder jemanden, der dir hilft, sicherzustellen, dass keiner von ihnen Drachenblut hat.“ Angulus stieß ein verärgertes Grunzen aus. „Ich habe Oberst Quataldo dafür ausgewählt, eines der Drachentöter-Schwerter zu führen.“ Er winkte zu den Klingen, die Kaika und Rysha an ihren Hüften trugen. „Stell dir vor, wie überrascht ich war, als das Schwert ihm einen Stromschlag versetzt hat.“

„Äh, ja, Majestät. Das hätte ich Euch auch sagen können. Offensichtlich stammt seine erstaunliche Fähigkeit, Eier zu schnitzen, nicht nur von einer natürlichen künstlerischen Begabung.“

Rysha runzelte die Stirn. Eierschnitzen? Sie hatte den Oberst der Elitetruppen schon ein paar Mal im Fort gesehen, aber noch nie mit ihm geredet, und sie hatte keine Ahnung, wovon sie sprachen. Niemand sonst schien von dieser Bemerkung überrascht zu sein, also hielt sie den Mund.

„Sorg dafür, dass du Leute dabeihast, die die Waffen auch wirklich benutzen können, wenn ihr sie bergen könnt“, sagte Angulus.

„Gehen wir mit?“ Kaika neigte den Kopf in Richtung Rysha. „Die Ausbildung unseres Leutnants ist schon einmal unterbrochen worden. Auch wenn sie für die Forschung mehr als qualifiziert ist – sie hat die Prüfungen noch nicht bestanden und ist daher noch nicht bereit für Missionen.“

Rysha wollte Einspruch erheben, aber wie sollte sie das tun? Sie war wegen ihres akademischen Wissens auf die Mission zur Zerstörung des Drachenportals geschickt worden. Nicht wegen ihrer viermonatigen Erfahrung als Artillerieoffizierin oder der Elitetruppen-Ausbildung, von der sie vor der Mission gerade einmal drei Wochen durchlaufen hatte.

„Manchmal müssen Offiziere Verantwortung übernehmen, die über ihren Rang hinausgeht“, sagte Angulus und öffnete Rysha gegenüber entschuldigend die Hand. „Kaika, ihr beide geht auf eine andere Mission. Eine, von der mich General Zirkander überzeugt hat, dass sie die Zeit und die Mittel wert ist.“ Angulus’ Lippen wurden schmaler, als er Zirkander wieder ansah. „Inklusive der Entsendung von zwei Chapaharii-Klingen nach wer weiß wohin.“

„Ich habe die Schwerter nicht angefordert, Majestät. Nur Offiziere, die Captain Trip kennt und denen er vertraut.“

Trip? Ein winziges Messer drehte sich in Ryshas Herz.

Sie hatte ihn nicht mehr gesehen, seit ihr Team Angulus in Zirkanders Büro Bericht erstattet hatte. Seitdem war sie sehr beschäftigt gewesen, wie Kaika gesagt hatte. Aber es hatte ein paar Nächte gegeben, in denen sie darüber nachgedacht hatte, zu den Männerbaracken zu gehen, um nach ihm zu suchen und zu sehen, ob er reden wollte. Aber sie hatte sich an ihren Schwur erinnert. Sie würde keine Zeit mit ihm verbringen, bis sie Dorfindral ohne Gefahr kontrollieren konnte.

Wie die anderen Chapaharii-Waffenwollte Dorfindral diejenigen töten, durch deren Adern Drachenblut floss. Diejenigen, deren Abstammung ihnen die Macht gab, Magie zu wirken. Und Trip war so eine Person. Mehr als so eine Person. Vor zweitausend Jahren, während der Ersten Drachenära, musste es zahlreiche Menschen gegeben haben, die halb Mensch und halb Drache gewesen waren. Aber im Augenblick war Trip wahrscheinlich der einzige Mensch auf der Welt mit so viel Drachenblut.

„Wenn er nach einem Drachen sucht“, sagte Angulus, „sollte er besser Leute dabeihaben, die die Macht haben, ihm zu schaden. Nach ihren Berichten“, er winkte Kaika und Rysha zu, „können wir nicht im Voraus wissen, ob dieser Drache ihm wohlgesonnen ist oder sich mit Iskandia verbünden will.“

„Das ist wahr, Majestät“, sagte Zirkander. „Er könnte versuchen, sie für einen kleinen Snack zu flambieren.“

„Ich liebe es einfach, wenn Zirkander mich für eine besondere Mission empfiehlt“, murmelte Kaika zu Rysha.

Trotz der Worte leuchteten ihre Augen. Kaika liebte es wahrscheinlich wirklich, trotz der Möglichkeit, ein Snack zu werden.

„Ich werde die Piloten auswählen und ihnen sagen, dass sie packen sollen, Majestät“, sagte Zirkander. „Kaika, Ravenwood, ihr packt besser auch. Ihr werdet Trip helfen, seinen Drachenpapa zu finden. Wir gehen davon aus, dass er noch irgendwo lebt, da seine Mutter ihn gefunden hat. Und interessante Dinge mit ihm gemacht hat.“ Zirkanders Lippen verzogen sich. So wohl er sich in der Welt der Magie auch fühlte, die Vorstellung, dass Drachen Sex mit Menschen hatten, schien selbst ihn ein wenig zu erschrecken. „Packt eure Waffen und das Forschungsmaterial ein, das ihr braucht, und trefft euch zwei Stunden nach der Morgenformation im Hangar. Trip und der Rest des Teams werden euch dort treffen.“

„Nach der Morgenformation?“, fragte Kaika. „Das ist so spät, General. Normalerweise schicken Sie uns bei Sonnenaufgang los. Oder früher.“

„Morgen findet die erste Morgenformation des Monats statt.“ Zirkander zwinkerte. „Ich habe gehört, dass es ein paar Beförderungen geben wird. Und ich vermute, Trip wird sich freuen, dass seine kürzliche Beförderung zum Captain vor dem neuen Geschwader anerkannt wird.“

„Ah. Ja, Sir.“

„Hat er uns für die Mission ausgewählt, Sir?“ Rysha war sich nicht sicher, was sie davon halten sollte. Ein Teil von ihr tanzte innerlich bei dem Gedanken, ihn wiederzusehen und wieder einmal die schicke Gewehrhalterung zu benutzen, die er ihr für den Flieger gebaut hatte. Aber sie erinnerte sich lebhaft daran, wie Dorfindral die Kontrolle übernommen und sie gezwungen hatte, ihn anzugreifen.

Mit ihren Abschlüssen in Archäologie und Geschichte war sie eine geeignete Person, um auf die Suche nach einem Drachen zu gehen. Aber sie hätte nicht erwartet, dass er sie nach diesem Vorfall auswählen würde, auch wenn er es ihr offensichtlich nicht übelnahm. Die Erinnerung an Trip, der sie gebeten hatte, mit ihm bei Sonnenuntergang am Hafen spazieren zu gehen – und dass sie das nicht konnte, solange sie nicht die volle Kontrolle über das Schwert hatte –, versetzte ihr erneut einen Stich ins Herz.

Rysha hatte vorgehabt, Ardelle aufzusuchen, um zu sehen, ob sie Vorschläge hatte. Ihre eigenen Nachforschungen hatten außer den ursprünglichen Befehlsworten nichts weiter ergeben. Befehlsworte, die nur so lange funktionierten, bis ein Feind auftauchte, der sie ebenfalls kannte. Leider hatte sie noch keine Zeit für diesen Besuch gehabt.

„Eigentlich“, sagte Zirkander, „habe ich euch ausgewählt. Trip hat nicht viel Interesse daran gezeigt, der Welt sein einzigartiges Erbe mitzuteilen, also dachte ich, es wäre das Beste, Leute zu wählen, die bereits davon wissen.“

„Hat er erwähnt …“ Rysha zog eine Grimasse. „Nun, ich denke, das hat im Bericht gestanden.“

„Der Teil, in dem du ihn mit deinem Schwert angegriffen hast?“, fragte Zirkander.

„Ja, Sir.“

„Das hat er nicht, aber ich habe es schon einmal erlebt.“ Zirkanders freundliches Gesicht verlor jeglichen Humor. „Leider ist das der Nachteil – das Risiko – dieser Schwerter, dass sie sowohl gegen magische Feinde als auch gegen magische Freunde eingesetzt werden können.“

„Ich hoffe, einen Weg zu finden, der garantiert, dass sie nur ihren Besitzern gehorchen.“

„Ach? Das wäre doch eine Forschung wert.“ Zirkander sah Angulus an, der ernst nickte. Rysha dachte, das könnte bedeuten, dass sie von der Mission abgezogen werden würde, um hierzubleiben und diese Forschung zu betreiben. Aber dann fügte Zirkander hinzu: „Nimm ein paar Bücher mit. Du kannst dich auf dem Flug – wohin auch immer Trip sagt, dass ihr fliegt – weiterbilden.“

„Trip hat das Sagen?“, fragte Kaika zweifelnd.

„Nein, er wird nicht der ranghöchste Offizier sein. Aber da es sein Drachenpapa ist, wird er Berater sein müssen.“

Drachenpapa. Ein so harmloser Name für Agarrenon Shivar, den uralten Golddrachen, der Trip laut Bhrava Saruth gezeugt hatte.

Trotz ihrer anstrengenden Woche hatte Rysha Zeit gefunden, nach dem Drachen zu suchen – er war schon dagewesen, als die Menschen gerade erst die Landwirtschaft entdeckt hatten –, und er klang alles andere als harmlos. Sie befürchtete, dass Trip enttäuscht sein könnte, wenn sie ihn finden würden. Sie hatte ihn bereits gewarnt, dass er kein Interesse oder gar Zuneigung von dem Drachen erwarten sollte. Und sie vermutete, dass Zirkanders Witz über das Flambieren näher an der Wahrheit liegen könnte, als ihm bewusst war.

Rysha berührte den Griff von Dorfindral. Sie ahnte, dass sie das Schwert auf dieser Mission brauchen würde.

KAPITEL 2

Trip klopfte an die Tür des zweistöckigen Häuschens außerhalb der Stadt, das Ardelle und General Zirkander mit Ardelles magiebegabten Schülern und gelegentlichen Drachenhausgästen teilten. Er hatte noch keinen Nachbarn in einem der Höfe der Sackgasse gesehen, nicht einmal ein Zeichen, dass jemand in den wenigen Häusern wohnte. Vielleicht hatten die unorthodoxen Besucher andere vertrieben.

Es verblüffte ihn – oder war ‚verdross‘ das richtige Wort? –, dass er zu diesen Besuchern gehörte.

Die Tür öffnete sich und zeigte Ardelle, mit ihrem schwarzen Haar und ihrem neugeborenen Baby in ein Tuch gewickelt im Arm. Sie war wohl gerade dabei, mütterliche Dinge zu tun.

Trip zuckte zusammen und fühlte sich schuldig, sie unterbrochen zu haben. Er hätte heute Abend nicht kommen sollen. Oh, Ardelle hatte darauf bestanden – sie hatte sich nur zwei Tage vom Unterricht freigenommen, seit sie Anfang der Woche entbunden hatte –, aber er fühlte sich trotzdem schuldig.

„Hier, Ma’am“, platzte Trip heraus und streckte ein von ihm angefertigtes Werkzeug vor. „Das ist für Sie und den General. Es ist ein Weinöffner. Mit einigen besonderen Eigenschaften. Sehen Sie hier? Das hält die Flasche fest, sodass man sie mit einer Hand öffnen kann. Das ist praktisch, wenn man, äh …“ Er winkte dem Baby zu, obwohl er damit nicht andeuten wollte, dass sie während der Mutterschaft Wein trinken würde oder sollte.

„Der ist sehr schön. Ich danke dir. Und ich freue mich darauf, ihn auszuprobieren, genauso wie den Apfelentkerner und -schneider.“ Ardelle lächelte. „Aber du musst nicht jedes Mal ein Geschenk mitbringen, wenn du zum Unterricht kommst, Trip.“

„Ich weiß, Ma’am.“ Er biss sich auf die Lippe. „Aber Sie lassen mich nicht zahlen.“

„Ich weiß, was Offiziere verdienen. Das Militär ist nicht übermäßig großzügig, wenn man bedenkt, dass ihr täglich euer Leben riskiert.“

„Ich könnte Sie trotzdem bezahlen. Ich habe nicht viele Ausgaben.“

„Ich versichere dir, es gibt nichts zu bezahlen.“ Ardelle wich von der Tür zurück und bedeutete ihm mit einem Nicken, einzutreten. „Ich unterrichte gerne, und es ist mir eine Ehre, einen Schüler deines Kalibers zu unterrichten.“

„Sind Sie sicher? Denn das hat noch nie ein Lehrer zu mir gesagt. Ich erinnere mich deutlich an die Worte ‚bemüht‘ und ‚leicht ablenkbar‘ auf vielen meiner Zeugnisse.“

Die Augen des Babys waren geschlossen, aber es gab leise gurrende Geräusche von sich. Eine winzige Hand hob sich in die Luft, die Finger öffneten und schlossen sich. Ardelle nahm etwas von einem Tisch hinter ihr – ein Ringspielzeug mit kleinen Scheiben, die klapperten. Trip betrachtete es, während sie es in den Griff des Babys legte. Wäre Spielzeug ein besseres Geschenk als Haushaltswaren? Vielleicht konnte er sich etwas Passendes einfallen lassen.

„Bei den Referatu“, so Ardelle, „galt es immer als Ehre, zu lehren. In dem, was ich lehre, gebe ich einen Teil von mir selbst weiter, so wie meine Ausbilder einen Teil von sich weitergaben, als sie mich unterrichteten. Es ist eine Art Vermächtnis. Eines Tages wirst du auch andere unterrichten.“

Trip würde lieber jemandem beibringen, wie man einen Weinöffner herstellte, als wie man Magie benutzte. Aber er beschloss, dass er das nicht zugeben sollte. Alles, was er in den letzten Wochen gelernt hatte, machte ihm weiterhin Angst, und die Vorstellung, einen Drachen zum Vater zu haben, beunruhigte ihn weit mehr, als dass sie ihn faszinierte.

Oh, sie weiß, dass du lieber mit Werkzeugen als mit Magie spielst, sprach Jaxi, Ardelles empfindungsfähige Seelenklinge, in seinen Geist, wo auch immer im Haus sie sich befand. Niemand hier ist begriffsstutzig. Oder unaufmerksam.

Nur lästig, antwortete Trips neue Seelenklinge, Azarwrath.

Das Schwert hing in einer Scheide an seinem Gürtel. Obwohl Trip unsicher war, ob er unter dem „Auge“ eines fünfzehnhundertjährigen Magiers Magie lernen sollte, war Azarwrath nicht bereit gewesen, in der Kaserne zurückzubleiben.

Wehe, du hast damit Ardelle gemeint, knurrte Jaxi.

Das tat ich nicht. Sie ist eine Heilerin und kennt den richtigen Platz für eine Frau in der Gesellschaft. Sie ist auch nicht unverschämt oder übergriffig.

Beleidige mich noch einmal, und ich verwandele dich in eine Pfütze aus geschmolzenem Erz.

Du hast nicht die Macht, dies zu tun.

„Trip?“ Ardelle war durch den Wohnbereich in die Tür eines Raumes getreten, der gleichermaßen als Zirkanders Arbeitszimmer und als ihr Meditations- und Unterrichtssalon diente.

„Entschuldigung, Ma’am.“ Trip beeilte sich, ihr zu folgen, und bewegte sich um die riesige Couch herum, die aus zerschossenen Fliegerteilen maßgefertigt worden war. „Unsere Schwerter haben sich wieder gestritten.“

„Ja, ich weiß.“

Nein, sie war definitiv nicht begriffsstutzig oder unaufmerksam.

„Soll ich das Baby nehmen, Ardelle?“, fragte Tylie und stapfte mit einem weiteren Kind an ihrer Hüfte, dem Kleinkind von Grat und Ardelle, aus der Küche. Wie war ihr Name? Marinka.

„Vielleicht in einer kleinen Weile. Ich glaube, er legt sich gleich hin und macht ein Nickerchen. Danke, dass du auf Marinka aufgepasst hast.“

„Ich liebe Babysitten“, sagte Tylie.

Den Göttern sei Dank, dass es jemand tut, sagte Jaxi. Ich war froh, hier zu sein, um Ardelle bei der Geburt zu helfen, aber es gab seitdem so viel Geschrei im Haus.

Trip kratzte sich am Kopf und fragte sich, wie ein magisches Schwert, das auf Feuerbälle spezialisiert war, bei einer Geburt „helfen“ konnte.

Indem ich sie unterstütze, du Genie.

Man mag sich vorstellen, dass ihre Feuerbälle weniger beunruhigend sind als ihre Vorstellung von Unterstützung, murmelte Azarwrath.

Trip folgte Ardelle in das Büro und setzte sich ihr gegenüber auf ein Bodenkissen. Es sah so aus, als würden sie heute Abend nur zu zweit sein. Vielleicht würde sein Ego eine Chance haben, sich zu erholen. Es war zerquetscht worden, weil ein elfjähriger Junge und ein zwölfjähriges Mädchen ihn im gemeinsamen Unterricht übertroffen hatten. Auch wenn er sich einredete, dass sie viel mehr Übung gehabt hatten, da sie seit einem Jahr mit Ardelle trainierten, war es nicht angenehm, von Kindern übertroffen zu werden.

Wie kommst du mit deinem Banktresor voran?, fragte Ardelle telepathisch und schloss ihre Augen.

Sie bezog sich auf die Übung, die Jaxi ihm einmal gezeigt hatte. Dabei stellte er sich seinen Geist in einem Tresor vor, damit andere Magier – und Drachen – seine Gedanken nicht lesen konnten. Zumindest war das das Ziel.

Ich arbeite daran, Ma’am. Und ich versuche auch, den Tresor zu erweitern, um zu verhindern, dass die Gedanken der Menschen um mich herum gelesen werden können. Aber ich hatte noch keinen Drachen zum Üben, um zu sehen, ob es funktioniert.

Wenn du einen Drachen willst, schicken wir dir gerne einen mit in die Kaserne, dachte Ardelle.

Ich glaube nicht, dass die Wache am Eingang das gutheißen würde.

Wir werden uns heute mit Übungen zum Schutz des Geistes aufwärmen und dann zu deiner Spezialität übergehen, dem Erzeugen und Manipulieren von Feuer. Später wird Tylie ihre Seelenklinge Wreltad herbringen. Er hat sich bereit erklärt, mit dir an Gedankenkontrolle zu arbeiten, eine seiner Spezialitäten.

Ein Schauer lief Trip über den Rücken. Gedankenkontrolle, Ma’am? Ich möchte niemanden kontrollieren.

Das ist ermutigend zu hören, aber es wird bei all den mentalen Künsten helfen. Soweit ich weiß, hattest du Glück im Umgang mit Drachen und konntest ihre Barrieren niederreißen, indem du ihren Verstand angegriffen hast.

Ach ja, richtig. Ja.

Trip verdrängte seine Zimperlichkeit und redete sich ein, dass dies dem Allgemeinwohl diente. Es wäre nützlich, wenn er seine Pilotenkollegen vor Drachenangriffen schützen und denen helfen könnte, die die Chapaharii-Klingentrugen.

Ein Bild von Rysha kam ihm in den Sinn, wie sie gelächelt hatte, als sie ihre Forschungsergebnisse mit ihm geteilt hatte. Und wie sie sich dann in der Taverne für ihn eingesetzt hatte, als andere ihn wegen seiner uniskandischen bronzenen Haut und seiner dunkelgrünen Augen hatten einschüchtern wollen. Oder vielleicht auch nur, weil er seltsam war. Komisch, wie viele Leute das bemerkt hatten, noch bevor ihm selbst aufgefallen war, dass er mehr als nur einen gut entwickelten sechsten Sinn besaß.

Ein Klirren ertönte, als sich die Haustür öffnete.

„Wir sind hier drin, Grat“, rief Ardelle, deren Augen noch immer geschlossen waren, während sie mit dem Baby im Arm im Schneidersitz saß.

„Ich habe Gesellschaft“, antwortete der General. „Sind alle anständig?“

„Olek ist unter seinem Tuch nackt, aber ich glaube, alle anderen sind vollständig bekleidet.“

Trip rappelte sich auf und salutierte, als Zirkander hereinkam, während dieser seine Mütze abnahm und sich mit den Fingern durch sein kurzes braunes Haar strich. Er erwiderte den Gruß träge in Richtung Trip und ging auf Ardelle zu.

„Nackt unter seinem Tuch?“, fragte Zirkander. „Klingt skandalös.“ Er beugte sich vor und küsste sie auf den Kopf.

Die Augen des Babys öffneten sich, und es hob beide Hände. Zirkander senkte einen Finger, und winzigere Finger legten sich um seinen.

„Kann ich mir deinen Schüler für ein paar Minuten ausleihen?“ Zirkander winkte mit der freien Hand in Richtung des Wohnbereichs.

Von seiner Position aus konnte Trip nicht durch die Türöffnung sehen, aber er ließ seine Sinne nach außen schweifen. Sein Herz schlug höher, als er Ryshas Aura erkannte.

War sie gekommen, um ihn zu sehen? Oder Ardelle? Wahrscheinlich Ardelle, entschied er, nicht ohne Enttäuschung. Trip hatte den Leuten nicht gesagt, dass er abends hierher kam. So aussichtslos es auch war, er versuchte dem Rest seiner neuen Geschwaderkameraden vorzumachen, dass er einfach nur Captain „Sidetrip“ war. Ein ganz normaler Pilot mit einer Vorliebe dafür, Befehle zu missachten und Ahnungen zu folgen. Vielleicht war das nicht ganz normal.

„Ich weiß nicht“, sagte Ardelle, nahm den Arm von Grat und ließ sich von ihm auf die Beine helfen. „Er beherrscht den mentalen Kraftaufbau noch nicht.“

„Daran arbeite ich auch noch.“ Zirkander zwinkerte.

Ardelle schlug ihm auf den Arm.

„Trip, bist du bereit für deine Mission?“ Zirkander neigte seinen Kopf in Richtung Wohnzimmer.

Trip spürte auch Captain Kaika, die in die Küche schlenderte, wo Tylie, der Drache in Menschengestalt Phelistoth und das Kleinkind sich unterhielten und Essen zubereiteten. Vermutlich erledigte Tylie den Großteil der Arbeit.

Mit einem Anflug von Aufregung – und Beunruhigung – wurde Trip klar, dass es um die Mission gehen musste, die er vorgeschlagen hatte. Diejenige, die ihm damals wie eine gute Idee erschienen war, ihm aber jetzt, wo er mehr Zeit zum Nachdenken gehabt hatte, Angst machte.

„Ja, Sir“, zwang er sich zu sagen und folgte Zirkander zur Tür. „Vielen Dank für Ihre Hilfe, Ma’am“, sagte er zu Ardelle, bevor er aus dem Büro trat.

„Gern geschehen. Ich kann dir ein paar Arbeitsbücher mitgeben, wenn du länger weg bist.“

„Arbeitsbücher?“ Trip stellte sich Blätter vor, die ihn aufforderten, Substantive und Verben zu identifizieren und zu beweisen, dass er die Anzahl der Fische in einem Teich zählen konnte.

„Ich habe sie für meine jüngeren Schüler gemacht.“ Ihre Lippen wölbten sich nach oben. „Du bist vielleicht bereit dafür.“

„Vielleicht“.

„Vielleicht. Wir haben nicht alle Themen bearbeitet, die vorkommen, also wirst du darin Herausforderungen finden.“

Zu deiner Information, dachte Jaxi, du musst die Fische im Teich auf der Seite bewegen. Ohne das Papier zu zerschneiden und Klebstoff zu verwenden.

Bedeutet dein Kommentar, dass es mir nicht gelingt, die Tür meines Banktresors geschlossen zu halten?, fragte Trip.

Er bedeutet, dass iskandische Seelenklingen unverschämt sind, sagte Azarwrath.

Zwing mich nicht, mich von Ardelle nach draußen bringen zu lassen und mich mit dir zu duellieren, erwiderte Jaxi.

„Guten Abend, Captain Trip“, sagte Rysha und ging auf das Büro zu, als Trip heraustrat. Sie lächelte ihm zu, aber sie sah auch so aus, als wollte sie schnell vorbeigehen, ohne eine längere Begegnung zu haben.

Er trat zur Seite, um ihr nicht im Weg zu stehen, aber sein Herz brach ein wenig. Er war sich immer noch nicht ganz sicher, ob ihre Distanz mit dem Problem der Kontrolle über das Schwert zusammenhing. Ihr erster Kuss war gewesen, bevor seine Herkunft enthüllt worden war. Natürlich hatte es auch danach nocheinen Kuss gegeben. Einen kurzen Kuss, bevor sie zusammen in die Schlacht gezogen waren. Sie hatte davon gesprochen, dass sie ein gemeinsames Wochenende in einem malerischen Landhaus im Tal ihrer Familie verbringen würden, wovon er seither mehr als einmal geträumt hatte.

Ardelle erschien in der Tür, und Rysha blieb kurz stehen.

„Ma’am, General Zirkander hat mich hergebracht, damit ich Ihnen ein paar Fragen zu den Chapaharii-Waffen stellen kann.“

Ardelle nickte. „Ich weiß.“

„Oh. Ähm, richtig.“ Rysha zögerte und wirkte verwirrt über diese Demonstration telepathischer Kommunikation, die um sie herum stattfand, aber sie schob ihre Brille auf die Nase und erholte sich. Sie trug immer noch ihre Armeeuniform, eine zerknitterte und schlammverschmierte Uniform mit einem Messereinschnitt in einem Ärmel. Sie musste direkt aus dem Fort gekommen sein. Sie schien Dorfindral nicht mitgebracht zu haben. Wahrscheinlich war das klug in Anbetracht der ganzen Magie in diesem Haus. „Es geht um die Befehlsworte. Und … Macht.“ Rysha blickte Trip an.

„Willst du, dass ich gehe?“ Er konnte nicht sagen, ob dieser Blick bedeutete, dass es ihr unangenehm war, in seiner Gegenwart darüber zu sprechen. Er sah sich nach Zirkander um. Hatte der General nicht mit ihm sprechen wollen?

Aber Zirkander war in ein Gespräch mit einem silberhaarigen Mann verwickelt, den Trip als Phelistoth in Gestaltwandlerform erkannte. Er bemerkte Trips Blick nicht. Das Wort „Kaffeemaschine“ fielen, und Zirkander runzelte die Stirn über den Drachen.

„Nein“, sagte Rysha. „Ich versuche, eine Lösung für mein Problem mit Dorfindral zu finden, das auch dein Problem mit Dorfindral ist.“

„Das Problem, dass er mich tot sehen will?“, fragte Trip.

„Ja, und es wurde ihm erlaubt – befohlen – mich zu benutzen, um zu versuchen, dies zu erreichen. Obwohl ich die Befehlsworte benutzt habe.“ Rysha zuckte zusammen und wandte sich wieder an Ardelle. „Ma’am, ich habe von Ihnen und Captain Kaika gehört, dass sich die Chapaharii-Schwerter schon einmal gegen ihre Träger gewendet haben.“

„Mehrfach, ja.“

Das Baby gurrte und winkte mit einer Hand. Rysha lächelte kurz und wackelte mit den Fingern zurück, aber sie war eindeutig zu abgelenkt, um ein Neugeborenes zu bewundern. „Als mir das mit Trip passiert ist, habe ich die Befehlsworte gesagt, aber eine Cofah-Magierin auf der anderen Seite der Kammer hat es auch getan.“

Ardelle nickte ohne Überraschung.

„War es bei den Malen, bei denen Sie Zeuge waren, etwas Ähnliches? Und haben die Worte des neuen Sprechers die des Trägers übertrumpft?“

„Das erste Mal, als es passierte“, sagte Ardelle, „hatten wir gerade Kasandral erworben, und niemand kannte die Worte. Die Königin sprach sie, und das Schwert ergriff von Cas – seiner damaligen Trägerin – Besitz und griff mich damit an. Danach konnten wir ein altes Buch finden, in dem die Befehlsworte standen. Cas lernte sie auswendig, und sie funktionierten, um die Klinge in normalen Situationen zu bändigen, aber der Drache, gegen den wir bald kämpften, kannte sie irgendwie. Vielleicht hatte er sie aus ihrem Gedächtnis gerupft, oder er hatte sie vor langer Zeit in seinem Leben gelernt. Er sprach sie aus, und obwohl Cas die Worte immer wieder sagte, beschloss das Schwert, auf den Drachen zu hören.“

„Gut.“

Ardelle zog die Augenbrauen hoch. „Gut?“

„Ich habe eine Hypothese, und Ihre Erfahrungen unterstützen sie.“

„Dass die Schwerter jede Gelegenheit nutzen, um zu tun, was sie wollen?“

„Nein. Ich meine, das ist möglich, aber meine Hypothese ist, dass diejenigen mit Drachenblut mehr Macht haben, die Chapaharii-Waffenzu kontrollieren als wir – als ich –, auch wenn sie sie selbst nicht berühren können.“

Trip erinnerte sich an den Kampf in der Eiskammer und daran, dass Kiadarsa diese unsinnigen Worte gerufen hatte. Wäre es möglich, dass er, wenn er sie gekannt hätte, den Befehl „Bleib zurück“ hätte geben können, und das Schwert hätte gehorcht? Wenn ja, dann hätte er nicht all die Schläge von Rysha abwehren und ihre Brille zerbrechen müssen, um sie endlich zum Aufhören zu bewegen.

Das Baby zappelte, und Ardelle legte es auf ihren anderen Arm. „Ich glaube nicht, dass das Sinn ergibt, da die Waffen speziell dafür gemacht wurden, diejenigen mit Drachenblut zu vernichten. Warum sollten sie eher Befehle von ihren Feinden annehmen?“

„Nicht ihre Feinde“, sagte Rysha. „Ihre Verbündeten. Während der Reiterkriege kämpften die Magischen gegen die Magischen, Drachen gegen Drachen und Zauberer gegen Zauberer, richtig?“

„Das lehrt uns die Geschichte.“

„Die Chapaharii-Waffen wurden für den Kampf gegen feindliche Magieanwender hergestellt, aber wie Sie gesehen haben, waren sie auch für verbündete Magieanwender eine Gefahr. Diejenigen, die sie geschmiedet und mit ihrer Macht ausgestattet haben, werden das gewusst haben. Vielleicht haben sie die Befehlsworte nicht nur für die Waffenbesitzer selbst, sondern auch für ihre Verbündeten mit Drachenblut geschrieben.“

„Aber wenn ihre Feinde sie kennen würden …“

„Wahrscheinlich wollten sie nicht, dass ihre Feinde sie jemals kennenlernen. Ursprünglich wurden sie in Iskandia hergestellt, und deshalb sind die Befehlsworte auf Alt-Iskandisch, richtig? Schließlich stahlen die Cofah einige der Waffen und auch, wenn die Texte, die ich gelesen habe, korrekt sind, das Wissen, wie man sie herstellt. Nach einer Weile waren die Worte wahrscheinlich kein Geheimnis mehr, aber ursprünglich waren sie vielleicht dazu gedacht, von Leuten mit Macht gesprochen zu werden. Denken Sie darüber nach. Die Magier hätten nicht gewollt, dass sich ihre Verbündeten, die die Waffen benutzten, gegen sie wenden konnten. Es könnte eine Sicherheitsvorkehrung gewesen sein, die den Worten, die von jemandem mit Drachenblut ausgesprochen werden, mehr Gewicht verleiht.“

„Hm, du überzeugst mich von der Möglichkeit. Ich nehme an, wir sollten ein Experiment starten.“ Ardelle sah Trip an und fragte sich, ob er sich in das Gespräch der Kaffeemaschine hätte einmischen sollen. Tylie war herausgekommen und stand jetzt neben Phelistoth. Aber, nein. Wenn Trip Rysha helfen konnte, musste er es tun. Vor allem, wenn Dorfindral wirklich das Einzige war, was sie von einem Date abhielt.

„Was kann ich tun?“, fragte er.

„Ich habe nicht erwartet, dich hier zu finden, aber das ist ein guter Zufall.“ Rysha zog ein gefaltetes Stück Papier aus einer schlammbespritzten Tasche. „Kannst du das auswendig lernen? Wir sehen uns morgen für die Mission, und ich nehme Dorfindral mit. Wir können sehen, ob du mich überstimmen kannst. Ich sage dem Schwert, es soll sich zurückhalten, und du sagst ihm, es soll angreifen. Oder andersherum.“

„Was ist, wenn es nicht funktioniert und du mich angreifst und wir es nicht verhindern können?“

„Ich nehme alle meine zusätzlichen Brillen mit auf die Mission, nur für den Fall.“ Rysha lächelte, aber die Geste erreichte nicht ihre Augen.

„Man könnte es einfach mit den Befehlen für ‚bleib zurück‘ und ‚mach dich bereit‘versuchen“, sagte Ardelle.

„Ja, gut. Das werden wir versuchen.“ Ryshas Lächeln wurde wärmer.

Trip mochte dieses Lächeln, und sein Magen drehte sich in nervöser Erwartung um, als es sich voll und ganz auf ihn konzentrierte. Aber er machte sich auch Sorgen, dass dieses Experiment nicht so einfach sein könnte, wie sie es klingen ließen. Das Letzte, was er wollte, war, dass Rysha ihn wieder angriff und er ihre Brille zerbrechen musste – oder noch Schlimmeres –, um sie aufzuhalten.

Außerdem bestand die Möglichkeit, dass der Tag kommen würde, an dem er sie nicht mehr aufhalten konnte. Beim letzten Mal hatte er sowohl Azarwrath als auch Jaxi zur Unterstützung seiner Verteidigung gehabt, aber Jaxi war jetzt wieder bei Ardelle. Und nach dem, was er gehört hatte, trainierten Rysha und die anderen neuen Schwertkämpfer unter Oberst Therrik, um ihre Fähigkeiten im Umgang mit den Waffen zu verbessern.

„Captain Trip“, kam eine schüchterne Stimme von der Seite. Tylie ging herüber und lächelte zaghaft. „Wenn du noch ein Geschenk für Ardelle machst, könnten wir eine neue Kaffeemaschine gebrauchen. Phelistoth hat heute Morgen versucht, selbst Kaffee zu kochen.“

„Ist es nicht gut gelaufen?“

Der silberhaarige Mann schritt zurück in die Küche, das Kinn in einem arroganten und trotzigen Winkel.

„Phel ist ein Gelehrter, kein Ingenieur“, sagte Tylie. „Er kennt sich nicht mit Geräten aus.“

Zirkander schüttelte den Kopf und blickte Trip verärgert an. „Ich kann nicht glauben, dass eines der mächtigsten Wesen der Welt, das in der Lage ist, feindliche Luftschiffe zu zerstören, die Gedanken von Armeen zu kontrollieren und einen ganzen Käselaib zu essen, keine Kaffeemaschine bedienen kann.“

„Menschliche Apparate geben Drachen manchmal Rätsel auf“, sagte Ardelle milde.

„Ich finde, wir sollten das irgendwie zu unserem Vorteil nutzen können“, sagte Zirkander. „Indem wir Legionen von Kaffeemaschinen auf Cofah-sympathisierende Drachen schleudern.“

„Sie würden sie einfach verbrennen“, sagte Trip.

„Anscheinend ist das auch mit meiner Kaffeemaschine passiert. Als jemand launisch und frustriert wurde.“ Zirkander blickte finster in die Küche und deutete dann auf die Eingangstür. „Lass mich dich für eine Minute von den Damen ablenken, Trip. Es geht um deinen neuen Auftrag.“

„Ja, Sir.“

Trip trottete um die Couch herum und gesellte sich zu ihm auf die vordere Treppe, obwohl er bereits über die verschiedenen Kaffeemaschinen nachdachte, die er gesehen hatte, und darüber, wie man sie verbessern könnte. Er würde das Design einfach halten müssen, um die Drachenbenutzer nicht zu verwirren, aber sicherlich könnte er ein paar nützliche Funktionen hinzufügen.

„Ihr werdet nach der ersten Formation aufbrechen“, sagte Zirkander ohne Vorrede. „Es hat eine Weile gedauert, bis ich die Erlaubnis bekommen habe, die Flieger und die Schwerter auf ein Abenteuer zu schicken, das euch vermutlich aus dem Land führen wird, aber der König hat es jetzt persönlich genehmigt. Dein Team wird dich im Hangar treffen, und du kannst ihnen vorher sagen, wohin du willst.“

„Habe ich das Kommando, Sir?“ Der Gedanke schüchterte Trip ein, auch wenn die Mission seine Idee gewesen war und der ganze Zweck darin bestand, den Drachen zu finden, der ihn gezeugt hatte.

„Du bist im Unterkommando.“

„Was soll das bedeuten?“

„Wenn drei Leute schlafen oder aus anderen Gründen nicht verfügbar sind, hast du das Sagen.“

Trip schnaubte.

„Aber du wirst den Leuten sagen, wohin sie gehen sollen. Hast du eine Idee, wo wir anfangen könnten?“

„Ich dachte, ich schaue mal, ob meine Großeltern mehr wissen als das, was sie mir als Kind erzählt haben, Sir. Zumindest sollten sie den Kontinent kennen, den meine Mutter erforschte, bevor sie schwanger zurückkam.“

Trips Gedanken überschlugen sich bei der Vorstellung, dass seine Mutter an einem weit entfernten Ort mit einem fremden Drachen geschlafen haben könnte. Er hatte sie als starke, abenteuerlustige Frau in Erinnerung, aber auch als sanftmütige und freundliche Zaubertrankbrauerin. Was hatte sie dazu bewogen, einen goldenen Drachen zu suchen? Könnte es ein Unfall gewesen sein? Oder könnte der Drache sie … gezwungen haben? Der Gedanke daran ließ ihn erschaudern, aber er konnte den Gedanken nicht von der Hand weisen, nicht, wenn er die Macht der Drachen am eigenen Leib gespürt hatte, und es gab viele Geschichten über Drachen, die Menschen kontrollierten. Sie zwangen sie, gegen ihren Willen zu handeln. Er betete, dass Agarrenon Shivar eine edle Ader hatte und so etwas nicht getan hätte.

„Hoffen wir, dass du mit Leutnant Ravenwoods Forscherdrang in der Lage bist, die Suche weiter einzugrenzen als auf einen Kontinent“, sagte Zirkander. „Wir würden dich gerne irgendwann in diesem Jahr wiedersehen.“

„Gibt es eine Frist, Sir? Ein Datum, an dem Sie uns zurückerwarten?“ Trip konnte sich nicht vorstellen, dass der König die Schwerter für lange Zeit außer Landes haben wollte.

Zirkander nickte. „Ihr habt einen Monat Zeit.“

„Ja, Sir.“

„Wenn ihr von irgendwelchen Problemen hier in Iskandia hört, wären wir euch dankbar, wenn ihr früher zurückkämt, um zu helfen.“

Dem grimmigen Gesichtsausdruck von Zirkander nach zu urteilen, befürchtete Trip, dass er mit solchen Problemen rechnen musste.

„Gab es bereits Drachenangriffe?“, fragte er.

„Mehrere in Cofahre, und wir haben Berichte über Sichtungen in Iskandia. Einige unserer Offiziere haben angedeutet, dass manche der Drachen zusammenarbeiten und offenbar so etwas wie Erkundungsmissionen durchführen. Die Menschen haben sich über die ganze Welt ausgebreitet, seit die Drachen weg waren. Nun, da sie zurückgekehrt sind, haben die Drachen vielleicht bemerkt, dass es nicht mehr viele Gebiete gibt, die sie für sich beanspruchen können. Es sei denn, sie erobern ein bestehendes Volk oder mehrere Völker.“

Trip nickte, nicht überrascht von den Geheimdienstberichten, die ihn erreichten. Nur wenige der Drachen, die er getroffen hatte, schienen daran interessiert zu sein, sich einfach unter die Menschen zu mischen und in Frieden mit ihnen zu leben. Selbst Iskandias größter Verbündeter und der zugänglichste Drache, den er kennengelernt hatte, Bhrava Saruth, hatte auf einem Tempel bestanden und wollte, dass die Menschen ihn wie einen Gott verehrten.

„Ich werde versuchen, Agarrenon Shivar zu finden und so schnell wie möglich zurückzukommen, Sir. Mit ihm.“

Das war schließlich der Grund, warum er diese Mission ins Leben gerufen hatte. Er hoffte, die Unterstützung seines Vaters als Verbündeten für Iskandia zu gewinnen. Da Agarrenon Shivar mehreren Quellen zufolge einst unter den Drachen respektiert worden war, hoffte Trip, dass dies immer noch der Fall war und dass sein Vater in der Lage wäre, andere Drachen davon zu überzeugen, Iskandia in Ruhe zu lassen. Trip musste Agarrenon Shivar nur davon überzeugen, ihnen zu helfen.

Zirkander packte ihn an der Schulter. „Viel Glück.“

KAPITEL 3

Während die Fliegerstaffel über den Eisklingen schwebte, peitschte kalter Wind in Ryshas Gesicht, und sie wünschte sich, sie hätte einen Schal mitgenommen. Für die Piloten gehörten sie zur Uniform, damit sie sich die Schmierfettspritzer von den Brillen abwischen konnten, aber ihre Passagiere waren auf sich allein gestellt. Da es zu Hause Spätfrühling war und von Besuchen in der Arktis keine Rede gewesen war, hatte Rysha nicht daran gedacht, Winterkleidung einzupacken, aber sie flogen noch höher als die fünftausend Meter hohen Gipfel, und die eisige Luft stach durch ihre Jacke.

Ein weiterer Flieger flog über ihr vorbei und erschreckte sie. Er drehte sich in einer trägen Rolle, während er am Himmel hin und her schwankte. Der Pilot – war das Trip? – schwebte im Sturzflug nach unten und zog dann nach oben, nachdem sein Flieger fast einen Gletscher geküsst hatte, der sich an die Seite eines Berges schmiegte.

Rysha hatte das vorher nicht bedacht, aber jetzt erkannte sie, dass Trips Drachenerbe zu seiner Vorliebe für das Fliegen beitragen könnte.

„Was machst du da, Sidetrip?“, fragte Major Blazer aus dem Cockpit vor Rysha, die Worte waren durch den Wind und die zwischen den Zähnen eingeklemmte Zigarre gerade noch zu hören.

„Ich amüsiere mich, Ma’am“, kam Trips Stimme über Blazers Kommunikationskristall. Er lenkte seinen Flieger in ein paar weitere Spiralen, bevor er sich der Formation wieder anschloss.

„Das ist die Armee. Wir erlauben es den Soldaten nicht, sich in der Öffentlichkeit zu vergnügen.“

„Das ist eine Regel?“ Trip klang nicht sehr eingeschüchtert. Vielleicht, weil er Blazers mürrische Art inzwischen gewohnt war.

Rysha war überrascht gewesen, als alle, die bei der Portalmission dabeigewesen waren, im Hangar auftauchten, um Trip bei dieser neuen Mission zu begleiten. Zirkander dachte wohl, dass Agarrenon Shivar Ärger machen würde und dass Trip zahlreiche Verbündete brauchen würde, um den Drachen zu überzeugen, sich ihnen anzuschließen. Trotzdem hatte Rysha ein kleineres Team erwartet. Sie hatte auch damit gerechnet, dass Leutnant Leftie ausgeschlossen werden würde, da er Trip und seine Drachenhaftigkeit seit ihrer Abreise aus der Antarktis immer wieder scharf kritisiert hatte. Hatte Zirkander davon nichts gewusst? Oder hatte er es gewusst, aber gehofft, Leftie würde sein Problem überwinden, wenn er und Trip zusammen auf eine Mission gingen? Da beide Männer in das Wolfsgeschwader versetzt worden waren, würde Zirkander keinen Streit zwischen ihnen wollen.

„Absolut“, sagte Blazer.

„Ach, Major“, murmelte Duck über den Kristall. „Manchmal bekommt ein Pilot einfach Triebe und muss sie befriedigen. Das wissen Sie doch.“

„Auch keine Triebbefriedigung in der Öffentlichkeit“, sagte Blazer. „Das kannst du nachts allein in deinem Zimmer machen.“

„Das ist ekelhaft, Ma’am.“

„Das finde ich auch.“

„Ich dachte, Captain Kaika wäre die Einzige, die unausgegorene Sexwitze macht“, sagte Leftie aus dem Cockpit seines Fliegers. Kaika saß in einer gelassenen Körperhaltung hinter ihm und polierte ihr Chapaharii-Schwert Eryndral. Da Leftie kein Drachenblut besaß, würde das Schwert sie leider nicht dazu bringen, ihm eins über den Schädel zu ziehen. „Obwohl sie etwas zu alt dafür erscheint.“

„Das ist jetzt Major Kaika“, sagte Blazer. „Habt ihr nicht ihre glänzenden neuen Anstecknadeln gesehen?“

„Endlich“, sagte Kaika. „Ich dachte schon, ich würde als Captain sterben. Wer hätte gedacht, dass das Sprengen von feindlichen Kriegs- und Luftschiffen keine Beförderung wert ist? Dass man eine Drachenpforte zerfetzen muss?“

„Hast du das nicht im Armee-Handbuch gelesen?“, fragte Blazer. „Du hättest das Kleingedruckte lesen sollen.“

„Ha ha. Und um die Frage vom kleinen Leftie zu beantworten: Unreife Sexwitze kann man in jedem Alter machen. Ich habe die feste Absicht, eine unzüchtige Achtzigjährige zu sein, die jungen Leuten beibringt, wie man vom Schaukelstuhl aus Dinge in die Luft jagt.“

„Haben Sie mich klein genannt, Ma’am?“, fragte Leftie. „Ich versichere Ihnen, ich bin alles andere als das.“

„Nur auf der einen Seite?“

Leftie stöhnte und blickte zu Trip hinüber, der ihnen die Geschichte erzählt hatte, wie Leftie zu seinem Spitznamen gekommen war. Rysha dachte, er könnte Trip in ein paar Scherze verwickeln, wie er es vor ein paar Wochen getan hätte, aber er blickte kommentarlos zurück auf den Weg vor ihnen. Trip sah ihn einen langen Moment lang an, sagte aber nichts, sondern richtete seinen Blick wieder auf die vor ihnen liegende Strecke, die letzten Berge, bevor sie zu den grasbewachsenen Ausläufern am Fuß der Eisklingen hinunterflogen.

Obwohl Trip zu weit von Rysha entfernt war, als dass sie seinen Gesichtsausdruck hätte erkennen können, vor allem, wenn er seine Schutzbrille und seinen Schal trug, war sie sich sicher, dass sie in seinen Augen Schmerz gelesen hätte, wenn sie näher gewesen wären. Am liebsten hätte sie ihn umarmt, sobald sie gelandet waren.

Aus Dorfindral, dessen Scheide zwischen dem Sitz und dem Rand der Sitzmulde eingeklemmt war, sickerte Unzufriedenheit in ihren Geist. Das Bild, wie sie Trip mit der entblößten Klinge hinterherjagte, tauchte in ihren Gedanken auf.

Rysha knurrte und murmelte „meyusha“, das Wort für „bleib zurück“. Sie weigerte sich, sich von dem Schwert sagen zu lassen, was sie für Trip oder irgendjemand anderen empfand. Sie freute sich darauf, ihr Experiment auszuprobieren und zu sehen, ob Trip die Klinge kontrollieren konnte, nachdem sie ihm die Befehlsworte gegeben hatte. Dann könnte sie ihn umarmen, ohne sich Gedanken über die Konsequenzen zu machen.

Sie war überrascht, dass er nicht aufgeregter schien. An jenem Morgen war sie früh zum Hangar gekommen, in der Hoffnung, dass sie das Experiment durchführen würden, bevor alle an Bord gingen. Aber er war später gekommen und hatte ihr nur ein kurzes Lächeln geschenkt, bevor er sich mit Blazer und Zirkander unterhalten hatte. Es hatte fast den Anschein, als ob er Rysha aus dem Weg gehen würde.

„Da ist der Ozean“, sagte Duck strahlend, als sie aus den Eisklingen flogen. „Mein Ozean. Provalia liegt im Süden der Provinz Charkolt, meiner Heimat. Ich bin dort unten in den Wäldern aufgewachsen. Es ist immer noch sehr ländlich dort draußen. Ich wurde hauptsächlich von Wölfen aufgezogen.“

„Das erklärt einiges“, sagte Leftie.

„Zum Beispiel meine Gerissenheit in der Wildnis?“

„Nicht ganz.“

„Wir haben Gesellschaft“, sagte Trip, nachdem er den größten Teil des Fluges über relativ ruhig gewesen war, vorausgesetzt, er hatte nicht mit seinem Sitznachbarn geplaudert.

Der mürrische Cofah-Krieger Dreyak ritt wieder einmal in seinem Flieger, was Rysha verwundert hatte. Angeblich war er bei ihrer letzten Mission dabei gewesen, um sie bei der Zerstörung des Portals zu unterstützen. Aber das war erledigt, warum war er also wieder dabei? Angeblich sollte er nur bis nach Charkolt mitgenommen werden, aber auch das ergab für sie keinen Sinn. Was könnte es im östlichen Iskandia geben, das einen Cofah interessieren könnte?

Blazer hatte genau das gefragt, und Zirkander hatte nur die Achseln gezuckt und gesagt: „Der König hat gesagt, er kann mit euch mitgehen, wenn er will. Offenbar hast du ihn verzaubert, Blazer, und er konnte nicht von dir fortbleiben.“

Daraufhin hatte sie geantwortet: „Ich bin genauso bekannt dafür, Männer zu bezaubern, wie Sie, General“.

„Bitte sag mir, dass es sich nicht um feindliche Gesellschaft handelt“, sagte Blazer als Antwort auf Trips Bemerkung.

„Es sind Bhrava Saruth und Shulina Arya“, sagte Trip.

„Scheiße, ich hätte lieber feindliche Gesellschaft.“

„Ich mag Bhrava Saruth“, sagte Duck. „Und das neue Weibchen scheint auch freundlich zu sein. Sie sind wie Hunde, die bereit sind, mit ihren Menschen auf die Jagd zu gehen.“

„Ich schlage vor, du bezeichnest die Drachen nicht als Hunde, wenn sie nah genug sind, um es zu hören“, sagte Blazer.

„Eigentlich können Drachen nicht hören“, sagte Rysha und beugte sich vor, damit alle sie über Blazers Kristall hören konnten. „Zumindest nicht so wie die Menschen. Sie spüren Schwingungen, sowohl im Boden als auch in der Luft, und man glaubt, dass ihre physischen Sinne durch Magie verstärkt werden.“

„Können wir sie also Hunde nennen oder nicht?“, fragte Blazer.

„Sie werden eher spüren, dass Sie sie so nennen, als dass sie es hören.“

Seid gegrüßt, Menschen! Shulina Aryas Stimme hallte so stark in Ryshas Schädel, dass ihr der Kopf wehtat. Apropos Schwingungen … Kann rohe geistige Kraft schwingen? Geht ihr auf ein Abenteuer? Wird es lustig werden? Ihr habt uns nicht eingeladen, mitzukommen.

Als die Flieger das Vorgebirge verließen und über das Ackerland in Richtung der Küstenstadt Charkolt flogen, tauchten die beiden goldenen Drachen in der Ferne hinter ihnen auf und kamen aus den Bergen.

Ihr könnt gerne mitkommen, dachte Rysha, vor allem, weil es unklug erschien, einem Drachen zu sagen, dass er etwas nicht tun konnte. Würde Shulina Arya ihre Gedanken lesen und ihre Worte aufschnappen? Wir wurden vom König auf diese Mission geschickt. Es ist möglich, dass er nicht dachte, ihr wärt daran interessiert, uns zu begleiten.

Angulus würde es wahrscheinlich auch bevorzugen, dass Bhrava Saruth und seine Verbündeten sich in der Nähe der Hauptstadt aufhielten, damit sie die Stadt oder andere Teile des Landes verteidigen konnten, wenn es in Iskandia zu Problemen kam.

Ich liebe Abenteuer!, rief Shulina Arya, die Worte noch lauter als zuvor, und Rysha zuckte zusammen. Sie bezweifelte, dass der Drache eine Ahnung davon hatte, wie laut ihre Stimme in den Köpfen der Menschen klang, und dass es wehtat. Wie wäre es, eine solche Macht zu haben und nicht einmal zu begreifen, wie schädlich sie sein konnte? Und Geschichten. Wirst du mir heute Abend noch mehr Geschichten erzählen? Ich möchte mehr von den Drachenreitern hören.

Heute Abend?, dachte Rysha. Heute Abend muss ich Trip vielleicht helfen, seine Herkunft zu erforschen, aber ich sollte Zeit für ein paar Dinge haben.

Ich würde gerne noch einmal die Geschichte des ersten Drachenreiters hören.

Das ist eine meiner Favoriten.

„Hauptquartier des Pumageschwaders“, sprach Blazer in ihren Kristall. „Hier ist Major Blazer vom Wolfsgeschwader. Wir haben vier Flieger, die für die Nacht ankommen. Habt ihr eine Möglichkeit, uns unterzubringen?“

„Das kommt darauf an, Major“, kam die prompte und besorgte Antwort. „Werden es nur