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Weihnachten, für den Großteil der Menschen das Fest der Liebe, der Besinnung, der Freude und der Gemeinschaftlichkeit; doch es gibt auch einige, für die ist es ein »Fest« des Hasses, des Neides und der Kaltblütigkeit. Und diese Menschen nehmen Weihnachten zum Anlass, sich an ihren Mitmenschen zu rächen, sie zu hintergehen, sie zu betrügen oder manchmal auch aus dem Weg zu räumen …
Zu »Schnee im Dezember«: Kriminalrat Wegener ist des Mordes an seiner Frau Gesine angeklagt. Das Gericht spricht ihn zwar frei, weil die Beweise nicht ausreichen, aber damit ist seine Karriere am Ende. Vom Dienst suspendiert, zieht er in das Dorf und in das Haus, in dem seine Frau seit ihrer Trennung gelebt hat. Hier sucht er Indizien, die ihn auf die Spur des Mörders führen könnten.
Die Dorfbewohner reagieren mit Verachtung und offener Feindseligkeit. Wegener erhält anonyme Drohbriefe. Dann entgeht er knapp einem Mordanschlag. Wollen die Dorfbewohner nur einen vermeintlichen Mörder verjagen oder steckt etwas anderes dahinter?
Wegener versucht, die Vergangenheit seiner Frau aufzuhellen. Wer könnte ein Motiv haben, sie umzubringen? Er findet heraus, dass sie offensichtlich erpresst worden ist. Es tauchen Hinweise auf, dass sie Kontakt zu zwei Kriminellen gehabt hat.
Und dann macht er eine Entdeckung, die eine längst geahnte Wahrheit enthüllt …
In diesem Band sind folgende Weihnachts-Krimis enthalten:
› Gefährliche Liebschaft – von Marie Kamp
› Schneeflöckchen, Schwarzröckchen – von Anja Gust
› Schnee im Dezember – von Horst Bieber
› Bankraub mit Lametta – von Antje Ippensen
› Weihnachten – von Richard Hey
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Anja Gust, Marie Kamp, Antje Ippensen, Richard Hey & Horst Bieber
Ein kriminelles Weihnachtsfest
- Schneeflöckchen, Schwarzröckchen -
5 Krimis zum Fest
Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv
Cover: © by Sofia Steinbeck nach Motiven, 20243
Korrektorat: Katharina Schmidt, Sandra Vierbein, Bärenklau Exklusiv
Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang
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Inhaltsverzeichnis
Impressum
Das Buch
Gefährliche Liebschaft
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
Schneeflöckchen, Schwarzröckchen …
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
Schnee im Dezember
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
Bankraub mit Lametta
Weihnachten
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
Folgende Weihnahtbände sind ebenfalls erhältlich:
Weihnachten, für den Großteil der Menschen das Fest der Liebe, der Besinnung, der Freude und der Gemeinschaftlichkeit; doch es gibt auch einige, für die ist es ein »Fest« des Hasses, des Neides und der Kaltblütigkeit. Und diese Menschen nehmen Weihnachten zum Anlass, sich an ihren Mitmenschen zu rächen, sie zu hintergehen, sie zu betrügen oder manchmal auch aus dem Weg zu räumen …
Zu »Schnee im Dezember«: Kriminalrat Wegener ist des Mordes an seiner Frau Gesine angeklagt. Das Gericht spricht ihn zwar frei, weil die Beweise nicht ausreichen, aber damit ist seine Karriere am Ende. Vom Dienst suspendiert, zieht er in das Dorf und in das Haus, in dem seine Frau seit ihrer Trennung gelebt hat. Hier sucht er Indizien, die ihn auf die Spur des Mörders führen könnten.
Die Dorfbewohner reagieren mit Verachtung und offener Feindseligkeit. Wegener erhält anonyme Drohbriefe. Dann entgeht er knapp einem Mordanschlag. Wollen die Dorfbewohner nur einen vermeintlichen Mörder verjagen oder steckt etwas anderes dahinter?
Wegener versucht, die Vergangenheit seiner Frau aufzuhellen. Wer könnte ein Motiv haben, sie umzubringen? Er findet heraus, dass sie offensichtlich erpresst worden ist. Es tauchen Hinweise auf, dass sie Kontakt zu zwei Kriminellen gehabt hat.
Und dann macht er eine Entdeckung, die eine längst geahnte Wahrheit enthüllt …
In diesem Band sind folgende Weihnachts-Krimis enthalten:
› Gefährliche Liebschaft – von Marie Kamp
› Schneeflöckchen, Schwarzröckchen – von Anja Gust
› Schnee im Dezember – von Horst Bieber
› Bankraub mit Lametta – von Antje Ippensen
› Weihnachten – von Richard Hey
***
von Marie Kamp
Laetizia Montero blickte auf ihre Armbanduhr und stellte mit einiger Befriedigung fest, das sich der große Zeiger auf zehn Uhr hinbewegte und das bedeutete, dass die Weihnachtsferien vor der Türe standen.
Gedankenversonnen starrte sie auf das goldene Zifferblatt und es erinnert sie schlagartig daran, wie sie in den Besitz der goldenen Rolex gekommen war, die nun an ihrem Handgelenk prangte und sie gleichzeitig an eine dunkle Zeit erinnerte.
Sieben Monate war es her, als Jorge Caballero sie mit ihren vierzehn Jahren aus ihrem Sumpf herausgezogen und ihr das Leben ermöglicht hatte, welches sie nun führte, sorglos und unbeschwert.
Laetizias Leben bestand bis dahin aus einer Mischung aus Flucht, Drogen und körperlicher Erniedrigung auf die schrecklichste Art und Weise. Sie war ein Waisenkind, als Säugling in einer Babyklappe abgelegt, welches zunächst in Heimen groß geworden war, hatte diverse Pflegefamilien durchlaufen, wobei diese teilweise nicht annähernd den Namen verdient hatten, und war letztendlich mit zwölf Jahren auf der Straße gelandet.
Und dort hatte sie der scheinbar unendliche Albtraum eingefangen, der sie in den letzten beiden Jahren ihres noch jungen Lebens gequält und gedemütigt hatte.
Ausgerissen aus ihrer letzten Pflegefamilie in Valencia, wo sie den Launen und den Nachstellungen des Pflegevaters ausgesetzt war, hatte sich Laetizia als blinder Passagier auf eine Fähre geschmuggelt und war auf Mallorca gelandet, wo sie sich zunächst mit kleinen Diebstählen und betteln über Wasser hielt. Und dann war sie in die Fänge von Emilio Garrido geraten, einem Zuhälter der übelsten Sorte, der in dem schlaksigen jungen Mädchen mit den langen, honigblonden Haaren sofort eine ergiebige Verdienstquelle erkannt hatte. Ihr Vertrauen hatte er rasch gewonnen, hatte sie in einer exklusiven Appartementanlage untergebracht, zog mit ihr durch die Clubs von Mallorca und verwöhnte sie mit Geschenken und Komplimenten. Zuvor hatte Laetizia in ihrem Leben nur Ablehnung und Gleichgültigkeit erfahren und Emilio war der Erste gewesen, in dessen Gegenwart sie sich geborgen und hofiert fühlte, aber das war alles nur Lug und Trug, wie sie bald erfahren sollte.
Es fing damit an, dass sie in einem der Clubs mit Kokain in Berührung kam, wo sie bedenkenlos ihre erste Line zog. Bald folgten andere, härtere Drogen und nach kurzer Zeit war sie Heroinabhängig. Und von da an ließ Emilio die Maske fallen. Seine anfängliche Fürsorge verwandelte sich in brutale Gewalt.
Eines Abends, nach einem der Clubbesuche, war Emilio plötzlich mit zwei seiner Freunde in ihrem Zimmer aufgetaucht und aus den lüsternen Mienen der beiden wusste Laetizia sofort, was auf sie zukam. Ihre flehenden Blicke, die sie Emilio zuwarf, quittierte dieser mit einem höhnischen Grinsen und forderte seine beiden Kumpane dazu auf, das Mädchen richtig zuzureiten.
Laetizias Albtraum dauerte die ganze Nacht lang und als die Männer mit ihr fertig waren, war Laetizia innerlich zerbrochen. Anfangs führte Emilio ihr noch betuchte ältere Männer der oberen Gesellschaftsschichten zu, die sich regelrecht darum rissen, es mit einem jungen, scheinbar unverbrauchten Mädchen zu treiben, aber mit der Zeit zeichnete sich der immer größer werdende Drogenmissbrauch ab. Ihr ausgemergelter Körper und die Akne in ihrem Gesicht machte sie zunehmend unattraktiver und dementsprechend änderte sich ihre Klientel.
In diesem Zustand und nach einem völligen Drogenabsturz hatte Jorge Caballero sie in der zugigen Halle einer stillgelegten Fischfabrik im verruchtesten Stadtteil Palmas, in San Bayol, gefunden und sich ihrer angenommen. Ihr erstes Zusammentreffen hatte sie nur noch schemenhaft in Erinnerung, aber diese Uhr, welche sie an ihrem Handgelenk trug und die sie einem Toten abgenommen hatte, dessen Leiche sie in der Fabrik gefunden hatte, verdankte sie praktisch ihr neues Leben. Für Jorge war sie ein entscheidendes Puzzle in einem seiner Fälle gewesen, aber das erfuhr Laetizia erst später.
Jorge Caballero hatte sie in sein Haus nach San Vidal gebracht und Laetizia dort vor die Wahl gestellt, sich entweder einer Entziehungskur zu unterziehen oder aber wieder zurück auf die Straße zu gehen. Die Wahl war ihr zunächst schwergefallen, da sie Emilios Brutalität kannte und sie genau wusste, dass er sie niemals vom Haken lassen würde. Aber Jorge hatte ihr versichert, dass sie nie mehr etwas von ihm hören würde und so geschah es auch.
Erst viel später hatte sie von ihm erfahren, dass Emilio für sechs Jahre in einem Gefängnis in Tarragona schmorte.
Damals war die Person Jorge Caballero für sie wie ein Buch mit sieben Siegeln gewesen. Anfangs sah sie in ihm einen Freier wie jeden anderen auch, aber sie hatte recht schnell festgestellt, dass er ihr keinerlei sexuelle Avancen machte. Im Gegenteil. Er hatte dafür gesorgt, dass Emilio sie nicht mehr behelligte und sie durch den Entzug in der Privatklinik wieder clean wurde, was in den ersten Tagen für sie die Hölle bedeutet hatte. Aber nach drei Wochen Aufenthalt dort fühlte sie sich wie neu geboren und als Jorge sie aus der Klinik abholte und in sein Haus brachte, fühlte sie sich zum ersten Mal in ihrem Leben zu Hause.
»Junge Dame. Die Stunde ist zu Ende«, hörte Laetizia die Stimme ihrer Lehrerin und schrak aus ihren Tagträumen.
»Ich möchte echt gerne wissen, an was du wieder gedacht hast«, drang das Kichern ihrer Freundin Arantxa an ihr Ohr, die hastig ihre Bücher in eine Umhängetasche stopfte.
»An nichts Besonderes«, lächelte Laetizia. »Gehen wir heute Nachmittag shoppen?«
»Na klar. Weihnachten steht vor der Tür und ich hab’ noch nichts für meine Eltern. Um halb zwölf bei dir?«
»Lieber um zwölf. Ich muss noch meine …«
»… Übungen machen«, grinste Arantxa und vervollständigte den Satz. »Was du an diesen Kampfsportsachen findest«, schüttelte Arantxa ihren Kopf.
Nie mehr wehrlos ausgeliefert sein, dachte Laetizia. »Reine Körperertüchtigung«, antwortete sie stattdessen. »Täte dir auch ganz gut«, grinste sie Arantxa fröhlich an, als sie deren, doch etwas stämmigen Körperbau musterte und erntete einen Knuff in ihre Rippen.
Arantxa Blanco war wie inzwischen auch Laetizia fünfzehn Jahre alt und praktisch mit einem goldenen Löffel im Mund geboren worden. Ihr Vater war Immobilienmakler und seine Klientel gehörte der Upperclass an. Natürlich hatte Laetizia ihre Vergangenheit vor ihr verborgen gehalten. Für Arantxa war sie die Tochter eines Rechtsanwaltes, was irgendwo ja auch stimmte. Jorge war promovierter Anwalt, war als Privatdetektiv tätig und hatte die Vormundschaft für sie problemlos erlangt.
Das Haus, in dem er lebte, war äußerlich eine windschiefe Hütte, an der sich scheinbar irgendein Architekt auf Drogen ausgetobt hatte. Aber das war nur der äußere Schein. Jorges Lebensraum war der ausgebaute Bunker unter dem Haus, dem, außer den Fenstern natürlich, nichts an Luxus fehlte. Dort hatte Laetizia einige Zeit verbracht, bis Jorge das eigentliche Haus schweren Herzens extra für sie hatte ausbauen lassen, wobei die äußere Fassade erhalten blieb.
Aber er hatte ein dunkles Geheimnis, von dem er Laetizia nichts erzählen wollte oder konnte, das spürte sie, aber im Grunde war es ihr egal. Sie vertraute ihm voll und ganz und er war für sie mittlerweile der Vater geworden, den sie nie hatte.
Jorge Caballero saß auf der neu errichteten Terrasse vor seinem Haus in einem Korbsessel und genoss seinen Cappuccino. Schon von Weitem erkannte er Laetizias Gestalt, die sich auf ihrem E-Scooter rasch dem Grundstück näherte und per Fernsteuerung das schmiedeeiserne Tor zu seinem Anwesen öffnete.
Das Mädchen hatte sein bisher unstetes Leben völlig umgekrempelt und in ganz andere Bahnen gebracht. Ein halbes Leben lang war er im Auftrag des CESID, dem spanischen Geheimdienst, auf der ganzen Welt unterwegs gewesen, hatte unzählige Probleme gelöst, zu denen nur ein ganz enger Kreis von Menschen fähig war. Er war ein Cleaner und im Grunde nichts anderes als ein Auftragsmörder gewesen, der im Auftrag seines Landes international gesuchte Gangster und Terroristen zur Strecke brachte und auf diesem Gebiet war er wie ein paar andere ein Virtuose, was das Töten anbelangte. Die meisten seiner Kollegen hatte es irgendwann einmal selbst erwischt, aber er hatte überlebt und sich vor ein paar Jahren aus diesem Geschäft zurückgezogen. Eine Familie hatte Jorge nie gehabt, was angesichts seiner Tätigkeit auch nicht möglich gewesen war. Er war ein einsamer Wolf unter anderen Wölfen gewesen, hatte sich nach dem Ausscheiden aus der CESID ins Privatleben zurückgezogen und hier und da ein paar Aufträge als privater Ermittler übernommen und zudem besaß er eine Anwaltslizenz.
Bei einem seiner letzten Fälle hatte er Laetizia in einer Lagerhalle gefunden, sich ihrer angenommen und letztendlich ihre Vormundschaft erlangt, was aufgrund seiner Kontakte kein Problem gewesen war.
Er blickte auf ihre große Gestalt, die sich ihm mit einem Lächeln im Gesicht näherte, und bereute es keine Minute, dieses junge Wesen aus seinem Sumpf aus Drogen und Prostitution herausgezogen zu haben.
Äußerlich hatte Laetizia sich in den letzten Monaten komplett verändert.
Ihre langen, strähnig-blonden Haare waren einem schwarzgefärbten Bob gewichen und ihr Körper war athletischer geworden, was dem körperlichen Trainingsprogramm, welches sie täglich gemeinsam mit Jorge durchzog, geschuldet war. Ihre leicht dunkelbraune Haut war mittlerweile völlig frei von der fürchterlichen Akne, die sie als Junkie befallen hatte, und mit ihren hellbraunen Augen strahlte sie ihn mit einem selbstbewussten Blick an. Sie hatte nichts mehr gemeinsam mit dem erbarmungswürdigen dünnen Wesen, welches er zusammengekauert auf einer alten schäbigen Matratze gefunden hatte und Jorge wurde warm ums Herz, als Laetizia sich zu ihm herunterbeugte, ihm einen Kuss auf die Wange gab und sich in den zweiten Sessel warf.
»Das wars. Drei Wochen nichts tun. Mann geht’s mir gut«, strahlte sie und streckte sich in ihrem Sessel aus.
»Hast du dir verdient«, sagte Jorge mit einem warmen Lächeln im Gesicht. »Was hast du heute noch vor?«
»Erst mal Training, dann duschen und danach holt mich Arantxa zum Shoppen ab.«
»Tu das. Aber pass auf dich auf. Emilio kann dir zwar nicht mehr schaden, aber seine Buddies laufen immer noch frei herum.«
»Mach dir keine Sorgen. So, wie ich jetzt aussehe, erkennt mich sowieso niemand«, lächelte Laetizia seine Bedenken weg.
»Du hast dich natürlich verändert und bist praktisch ein anderer Mensch geworden, aber bitte nimm das nicht auf die leichte Schulter. Es sind erst sieben Monate vergangen. Und mach bitte einen großen Bogen um das Amüsierviertel.«
»Da kriegen mich keine zehn Pferde mehr hin. Arantxa und ich machen nur die Shoppingmall unsicher«, sagte Laetizia und stand auf. »Wollen wir?«
»Na sicher«, lächelte Jorge und eine knappe Viertelstunde später standen sie sich in ihren Judoanzügen gekleidet im Dojo gegenüber.
Seit etwa einem halben Jahr unterrichtete Jorge sie in Aikido und Krav Maga und ihre Fortschritte in diesen Kampfkünsten waren enorm, da sie täglich und mit Feuereifer bei der Sache war.
Zudem unternahm Laetizia jeden Morgen einen knapp fünf Kilometer langen Trainingslauf was ihre Fitness enorm steigerte.
Nach einer Stunde intensiven Trainings verschwand Laetizia unter der Dusche, während Jorge eine verborgene Wand öffnete, hinter der sich sein Schießstand befand. Er nahm seine Lieblingswaffe, eine Glock 17 von der Wand, ließ den Schlitten mit der Zielscheibe auf fünfundzwanzig Meter nach hinten fahren und jagte sechs Kugeln in die Mitte der Scheibe.
»Wann zeigst du mir, wie man damit umgeht?«, hörte er Laetizias Stimme hinter seinem Rücken.
»Nie!«, antwortete Jorge, ohne sich herumzudrehen und schloss die Schussfolge mit einem weiteren Magazin ab. Er wandte sich um und sah Laetizia tief in die Augen.
»Selbstverteidigung ist das Eine, aber das hier führt nur dazu, dass du es benutzt, auch wenn es eigentlich gar nicht nötig ist«, sagte er und hielt ihr die Glock vor die Nase. »Und ein Schuss kann endgültig sein. Vergiss es«, fügte er nun mit einem schwachen Lächeln hinzu.
In diesem Moment ging die Türklingel und Laetizia schaute ungläubig auf die Uhr.
»Scheiße. Zwölf Uhr. Das muss Arantxa sein«, rief sie aus und flitzte zum Aufzug, um auf die obere Etage in ihr Zimmer zu gelangen.
Nachdenklich blickte Jorge ihr nach und im Aufzug stehend warf ihm Laetizia noch einen Kuss zu, als sich die Tür schloss. Er wusste ganz genau, dass Laetizia keine Ruhe geben würde, bis er sie in allem unterrichten würde. Sie war eben immer noch ein Kind der Straße und das würde sich niemals ändern. Zu viel hatte sie in ihren jungen Jahren bereits erlebt und dabei eine gewisse Kaltblütigkeit entwickelt, mit der sie diese Phase ihres Lebens überlebt hatte.
»Sorry. Stand unter Dusche«, begrüßte Laetizia ihre Freundin, die bereits ungeduldig vor der Türe wartete. »Ich zieh’ mich rasch an.«
»Wir haben Zeit«, antwortete Arantxa, die sich in einen Sessel fläzte und Laetizia beim Anziehen zuschaute.
»Woher hast du die Narben?«, fragte sie erschrocken, als Laetizia ihr den Rücken zuwandte.
»Bin beim Klettern auf einem Felsen ausgerutscht und einen Abhang runter.«
Dass sie von Emilio gezüchtigt worden war, da sie Geld von Freiern gebunkert hatte, verschwieg sie ihrer Freundin natürlich.
»Autsch«, stieß Arantxa aus.
»Lange her. Wollen wir?«
»Na klar«, grinste Arantxa.
Die beiden verließen das Haus, nahmen ihre E-Scooter und fuhren in Richtung des Zentrums von Palma, wo sich das Fan-Shopping-Center befand.
»Neuer Anhänger? Der ist schön. Gold?«, fragte Laetizia ihre Freundin, als sie einen Tropfenförmigen Anhänge am Hals ihrer Freundin erblickte, während sie ihre Scooter in einer großen, hohen Box verstauten.
»Von meinem neuen Freund«, grinste Arantxa.
»Du hast einen Neuen? Los. Sag schon. Wer ist es. Kenne ich ihn?«, stieß Laetizia neugierig aus.
»Nein. Davon weiß keiner was außer dir«, antwortete Arantxa geheimnisvoll.
»Wo hast du ihn kennengelernt?«
»Vor zwei Wochen Samstag im Paradiso. Da war ich mit meiner Cousine aus Madrid die uns hier besucht hat.«
Laetizia hatte Arantxas Cousine kennengelernt, die bereits achtzehn war und die sie wohl ins Paradiso geschmuggelt hatte, da Jugendliche unter sechzehn Jahren dort keinen Zutritt hatten.
Ihr selbst war die In-Disko natürlich bestens bekannt, da der Besitzer einer von Emilios Kumpanen war.
»Da warst du? Dann muss der Junge ja auch älter sein.«
»Dani ist achtzehn und so süß«, schwärmte Arantxa. »Wir haben getanzt, ein paar Cocktails getrunken und dann haben wir uns verabredet. Ich musste ja um elf zu Hause sein.«
»Und? Lass dir doch nicht die Würmer aus der Nase ziehen.«
»Naja. Seitdem haben wir uns ein paarmal getroffen und nein, wir haben noch nicht …«, grinste sie.
»So einer ist er nicht und beim letzten Treffen vorgestern hat er mir den Anhänger geschenkt. Aber du lernst ihn ja gleich kennen«, feixte Arantxa.
»Du triffst dich mit ihm? Hier?«, stieß Laetizia aus. »Also keine Shoppingtour?«
»Doch. Nur auf einen Espresso. Er hat zu tun und kann nur kurz bleiben.«
»Was macht er denn?«, fragte Laetizia misstrauisch.
»Irgendwas in der Touristikbranche.«
»Aha. Na gut. Bin neugierig, was für einen Typen du dir da an Land gezogen hast«, grinste Laetizia und stürzte sich mit Arantxa ins Einkaufsgetümmel.
Für Jorge hatte Laetizia ein ganz spezielles Geschenk im Auge. Sein grauer Trenchcoat, der mit Sicherheit schon Jahrzehnte auf dem Buckel hatte und den er immer trug, war ihr von Anfang an ein Dorn im Auge gewesen und um einen totalen Stilbruch zu vermeiden hatte Laetizia einen ähnlichen Mantel in einem Vintage-Shop bestellt. Von Jorge hatte sie eine begrenzte Kreditkarte bekommen, dessen Limit sie noch nie voll ausgeschöpft hatte. Sie war es gewohnt, mit wenig auszukommen, wobei sich ihr Lebensstil natürlich unter Jorges Fittichen enorm zum Positiven verändert hatte, da er ein Liebhaber von gehobener Extravaganz war. Wie er sich seinen Lebensstil überhaupt leisten konnte, war Laetizia ein Rätsel, aber im Grunde genommen egal. Er konnte es und seine finanziellen Möglichkeiten schienen unerschöpflich zu sein. Auf jeden Fall war sie glücklich darüber, ihm zu Weihnachten eine Überraschung zu bereiten.
»Nervös?«, kicherte sie, als sie bemerkte, dass Arantxa permanent auf ihre Armbanduhr blickte.
»Wir müssen los zu Starbucks. Dani hat mir eine SMS geschrieben, dass er schon auf uns wartet.«
»Auf uns?«, sah Laetizia sie erstaunt an.
»Ich hab’ ihm geschrieben, dass ich eine Freundin mitbringe«, grinste sie und zog Laetizia in Richtung des Cafés, welches recht gut besucht war. Arantxa blickte sich kurz um und dann erhellte sich ihre Miene.
»Dort ist er«, sagte sie und wies mit ihrem Finger auf einen jungen, gutaussehenden Mann, der irgendetwas in sein Mobiltelefon tippte. Laetizia folgt ihrem Finger in die Blickrichtung und erstarrte. Augenblicklich holte sie ihre Vergangenheit wieder ein. Sie kannte den Mann, wenn auch nur flüchtig und mit Sicherheit würde er sie nicht wiedererkennen. Dazu hatten sie keinen großartigen Kontakt gehabt, weil es dazu keinen Grund gegeben hatte. Sie war damals bereits abhängig und Emilio praktisch hilflos ausgeliefert gewesen. Dieser Mann, der sich wohl Dani nannte, war ein Loverboy und arbeitete für Mateo Ribeiro, einem von Emilios Zuhälterfreunden. Von Mateo wusste sie, dass selbst Emilio dessen Methoden, was die Behandlung seiner Huren betraf, nicht schätzte und er Kontakte bis ins Ausland pflegte, wohin er die minderjährigen Mädchen verkaufte und die dort in irgendwelchen schäbigen Bordellen verschwanden. All das ging Laetizia durch den Kopf, als sie zusammen mit Arantxa den Tisch ansteuerte, wo Dani genüsslich seinen Espresso trank und Arantxa mit einem bezaubernden Lächeln auf seinen geschwungenen Lippen begrüßte.
»Hallo, Süße«, begrüßte er Arantxa mit einem Kuss. »Und deine Freundin heißt?«, wandte er sich an Laetizia.
»Lara«, antwortete Laetizia an Arantxas Stelle, die sie erstaunt anblickte.
»Ein schöner Name. Setzt euch doch«, forderte er die beiden Mädchen auf.
Laetizia konnte er nicht täuschen. Sie kannte die Masche dieser Aufreißer nur zu gut und durchschaute sofort, dass Dani seine Fühler auch nach ihr ausstreckte. Mit einem Lächeln auf ihren Lippen setzte sie sich Dani gegenüber, während Arantxa an seiner Seite Platz nahm und den jungen Mann regelrecht anschmachtete. Natürlich war Laetizia fest entschlossen, ihre Freundin vor dem Fehler ihres Lebens zu bewahren und sie zu schützen, aber das würde ein schwieriges Unterfangen werden. Nur zu gut wusste sie von sich selbst, welche Konsequenzen das für ihre Freundschaft zu ihr hatte und vor allem würde es bei Arantxa zu einer Trotzreaktion führen, wenn sie nicht behutsam und umsichtig dabei vorging. Für Laetizia war es kein Problem, ihr Dani auszuspannen und all sein Interesse auf sie lenken. Darin war sie, trotz ihrer Jugend, ein absoluter Profi. Sie wusste mit Männern, egal welchen Alters, umzugehen und welche Knöpfe sie drücken musste.
Laetizia beobachtete, wie Arantxa die Hand von Dani nahm und munter drauf los plapperte, während sie seinen verstohlenen Blick auf sich spürte und sie diesen gespielt schüchtern heimlich erwiderte. Sie sprach kein Wort, hörte nur zu und spielte nur mit ihrer Mimik. Auf Kommando trat ein Glanz in ihre Augen, wobei sie genau wusste, wie dieser auf Männer wirkte. Flirten ohne Konversation beherrschte Laetizia aus dem Effeff und Dani sprang darauf an wie ein junger Bock. Plötzlich spürte sie seine Hand auf der ihren, als er ihr einen kleinen Zettel zusteckte, auf dem, wie sie ahnte, sicherlich seine Handynummer stand. Ohne eine Regung steckte sie den Zettel in ihre Umhängetasche, während Dani aufstand und sich mit einem Kuss von Arantxa verabschiedete.
»Wir sehen uns«, lächelte er den beiden Mädchen zu und knipste verstohlen Laetizia mit dem Auge zu.
»Ist er nicht süß?«, giggelte Arantxa und strahlte über ihr hübsches Gesicht.
»Ja. Ist er«, spielte Laetizia das Spiel mit. »Wenn du ihn nicht …«
»Komm mir bloß nicht in die Quere«, fauchte Arantxa sie leicht an. »Warum hast du gesagt, dass du Lara heißt?«
»Mein zweiter Vorname. Der muss ja nicht alles wissen«, grinste sie »und nein. Natürlich nicht. Beste Freundinnen machen so was nicht«, fügte Laetizia hinzu, »Obwohl …?«, kicherte sie nun und bekam von Arantxa einen leichten Boxhieb auf den Arm.
»Finger weg von ihm«, lachte sie. »Im Ernst. Samstag wollen Dani und ich nach Magaluf fahren. Seine Eltern haben dort eine Finca«, sagte sie leise.
»Und deine Eltern haben nichts dagegen?«, fragte Laetizia scheinbar erstaunt.
»Ich hab’ denen erzählt, dass ich bei dir übernachte«, grinste Arantxa. »Du verrätst mich doch nicht?«
»Nein. Alles gut. Natürlich nicht«, antwortete Laetizia im Brustton der Überzeugung, obwohl ihr ein Kloß im Halse stecken blieb. Sie wusste, was hinter der Einladung steckte und sie musste unbedingt mit Jorge ihre Befürchtung teilen.
Nachdem sich die beiden Freundinnen getrennt hatten, fuhr Laetizia mit einem unruhigen Gefühl in der Magengegend in Richtung San Vidal. Heute war Donnerstag und Arantxa davon zu überzeugen, dass sie nicht mit Dani nach Magaluf fuhr, war ein Ding der Unmöglichkeit. Sie würde so oder so fahren. Dazu war sie viel zu verliebt in den jungen Mann. Auf jeden Fall musste sie sich Jorge anvertrauen der bestimmt wusste, was in dem Fall zu tun war.
Als sie sich dem Haus näherte, sah sie schon von Weitem, dass Jorge Damenbesuch hatte und runzelte die Stirn. In den sieben Monaten, in denen sie in seinem Haus wohnte, hatte er bis auf seinen Freund Ramon Garcia, einem Polizisten der Mallorquinischen Guardia Civil, nie Besuch gehabt und jetzt eine Frau? Laetizia fuhr ein breites Grinsen übers Gesicht und als sie näher kam, entpuppte sich die Frau als eine Dame, im wahrsten Sinn des Wortes, die sie dem Äußeren nach in Jorges Alter einschätzte. Das Cremefarbene Kostüm, welches sie trug, war edel, sehr edel und der Goldschmuck, den sie angelegt hatte, war exorbitant. Die Frau war mittelgroß, vielleicht einsfünfundsechzig, war von schlanker Statur und wirkte auf den ersten Blick wie eine von den Charity-Ladys der Upperclass. Ihr dunkelbraunes gestyltes Haar fiel ihr bis auf die Schultern und ihr Gesicht war scharf geschnitten.
»Du musst Laetizia sein. Jorge hat mir schon einiges über dich erzählt«, sprach sie Laetizia in Spanisch, mit einer dunklen Stimme an und beäugte das Mädchen aus dunkelbraunen, fast schwarzen Augen.
Laetizia wusste sofort, dass diese Frau etwas Besonderes war, da ihre Augen sie fast sezierten.
»Das ist meine alte Freundin Maria. Sie hat ein Ferienhaus in Santa Ponca und sie und ihre Familie verbringen das Weihnachtsfest dort«, stellte Jorge sie vor.
»Laetizia Monteiro«, stellte Laetizia sich vor und reichte Maria die Hand. »Er hat Ihnen alles erzählt?«, fragte sie erstaunt.
»Für dich Maria. Ja, das hat er. Wir haben keine Geheimnisse voreinander. Ich war recht neugierig auf dich und du musst etwas Besonderes sein, um den alten Brummbär aus seinem Trott herauszubringen«, grinste sie nun.
»Er hat mir das Leben gerettet und dafür bin ich ihm ewig dankbar«, antwortete Laetizia mit einem warmen Lächeln in Jorges Richtung. »Ihr kennt euch schon lange?«, fragte sie lauernd.
»Sie ist clever, wie ich es dir schon gesagt habe«, grinste Jorge an Maria gewandt.
»Wir haben früher des Öfteren zusammengearbeitet. Wir kennen uns schon ewig«, wich Maria gekonnt der Frage aus, »und da meine Familie in Santa Ponca das Weihnachtsfest verbringt, musste ich Jorge natürlich besuchen.«
»Wie war dein Shopping? Erfolgreich?«, wechselte Jorge das Thema.
»Ja. Wobei … Ich muss später etwas mit dir unter vier Augen besprechen. Es geht um Arantxa, meine Freundin«, druckste Laetizia herum.
»Nur zu. Das kannst du auch jetzt machen. Maria ist eine Frau. Vielleicht ist es gar nicht so schlecht, wenn sie dabei ist«, grinste Jorge.
»Um so etwas geht es nicht. Es hat mit meiner Vergangenheit zu tun.«
Sofort wurde Jorge hellhörig.
»Jetzt erst recht. Was ist passiert.«
Laetizia warf einen Blick zu Maria, die interessiert zuhörte.
»Jorge hat mir alles über dich erzählt. Ich vertraue nur wenigen Menschen und Jorge ist einer von ihnen. Wir haben keine Geheimnisse voreinander.«
Laetizia erzählte den beiden über ihre Begegnung mit Dani und ihre Befürchtungen.
»Du bist dir sicher, dass du ihn kennst?«, fragte Jorge.
»Hundertprozentig. Und er hat mich nicht erkannt.«
»Dieser Mateo. Wie heißt er mit Nachnamen.«
»Ribeiro. Mateo Ribeiro. Ein richtiges Schwein. Jorge, ich hab’ Angst, dass Arantxa etwas passiert. Dani ist ihre erste große Liebe. Dafür macht man alles und man ist völlig blind vor Liebe. Das habe ich mit Emilio am eigenen Leib erfahren, bis es zu spät war.«
»Du hättest den Typen erledigen sollen. Stattdessen kommt er nach sechs Jahren wieder raus und du glaubst doch nicht, dass er danach Brötchen in einer Bäckerei verkauft«, sagte Maria etwas ärgerlich, während Laetizia sie mit großen Augen erschrocken anschaute.
»Du hast ja recht. Aber Ramon Garcia von der Guardia Civil war dabei, als ich ihn festgenagelt habe. Da konnte ich ihn nicht so einfach zu den Fischen schicken.«
»Aber diesen Mateo Ribeiro knöpfen wir uns gemeinsam vor und der landet nicht vor Gericht. Und seinen Kinderfänger ebenso. Diesen Abschaum habe ich immer mit dem größten Vergnügen eliminiert«, sagte Maria mit einem, nun maskenhaft starren Gesicht, welches Laetizia einen Schrecken einjagte. Sie saß wie betäubt zwischen den beiden und konnte nicht glauben, was sie da gerade hörte.
»Zu den Fischen schicken? Eliminieren? Wovon redet ihr beide da?«, stieß sie hervor.
»Das war nur so daher gesagt«, versuchte Jorge die Wogen zu glätten.
»Nein, nein, nein. Das war es nicht«, sagte Laetizia aufgebracht. »Das war ernst gemeint. Ich bin zwar erst fünfzehn, aber ich weiß genau, wenn jemand so daherredet oder nicht. Du vergisst anscheinend aus welchem Milieu ich komme und da musste ich mir so was fast jeden Tag anhören. Also raus mit der Sprache. Ich kann einiges vertragen.«
»Sie hat recht, Jorge. Ja, sie ist noch ein halbes Kind, aber eines, das längst erwachsen ist, und früher oder später muss sie die ganze Wahrheit über dich erfahren.«
»Na gut«, sagte Jorge resignierend. »Maria und ich haben früher für die Geheimdienste unserer Länder gearbeitet und das nicht hinter dem Schreibtisch. Daher kennen wir uns, weil wir einige Aufträge gemeinsam durchgezogen haben. Das muss als Erklärung reichen.«
»Und? Wo war jetzt das Problem«, grinste Laetizia. »Das du kein normaler Anwalt oder Privatschnüffler bist, war mir schon immer klar, aber das erklärt einiges. Was machen wir jetzt?«
»WIR machen gar nichts. Du hältst dich da schön raus«, antwortete Jorge, was Maria ein leichtes Schmunzeln entlockte, da dieses Kind sie an ihre Enkelin Amira erinnerte.
Amira war damals aus Palmyra vor den anrückenden Truppen des IS von dort geflohen, hatte auf der Flucht traumatische Erlebnisse erlitten und war von Marias Tochter Dorota adoptiert worden. Auch sie hatte extreme Gewalt kennengelernt, welche jedoch temporär war und sich nicht über zwei Jahre wie bei Laetizia hingezogen hatte, unabhängig von dem, was sie alles in den Pflegefamilien erleben musste. Diese Kinder waren nicht mit Barbiepuppen und Einhörnern aufgewachsen und Amira hatte auf eigenen Wunsch die volle Ausbildung von Maria absolviert, sehr zur Missbilligung ihrer Stiefmutter Dorota, wobei sie ihr einmal, aufgrund ihrer Fähigkeiten, das Leben gerettet hatte.
»Warum eigentlich nicht?«, sagte Maria, während Jorge sie verdutzt anschaute.
»Fällst du mir jetzt in den Rücken?«, fuhr er sie ärgerlich an.
»Nein«, lächelte Maria ihn an. »Aber wir brauchen Laetizias Hilfe. Wir kennen diesen Dani nicht, wissen nicht wie er aussieht und für lange Recherchen ist die Zeit zu knapp. Du weißt, wo er sich normalerweise aufhält?«, wandte sie sich an Laetizia.
»Arantxa hat ihn im Paradiso kennengelernt. Das ist eine der IN-Diskos hier in Palma. Da würde ich anfangen und mich durchfragen, wenn er nicht dort ist. Aber ich habe heimlich ein Foto von ihm geschossen«, grinste sie und zeigte es den beiden über ihr Mobiltelefon.
»Gut gemacht«, tätschelte Maria sie an der Schulter. »Deine Freundin will am Samstag mit ihm nach Magaluf?«
»Ja. Das hat sie jedenfalls gesagt. Ich soll ja ihr Alibi sein. Natürlich ist nichts davon wahr. Er wird sie wahrscheinlich unter Drogen setzen und sie Ribeiro zuführen. Arantxa ist keine Ausreißerin so wie ich damals, das heißt, Ribeiro wird sie verkaufen. Und das ist das Schlimmste, was einem Mädchen passieren kann, gerade für jemandem wie sie: wohlbehütet aufgewachsen und dann im schlimmsten Albtraum aufwachen.«
»Wissen wir«, sagte Jorge mit belegter Stimme. »Vor ein paar Monaten hatte ich einen ähnlichen Fall.«
»Willst du nicht Ramon Garcia informieren?«, fragte Laetizia.
»Worüber? Das sich ein fünfzehnjähriges Mädchen verliebt hat und du vermutest, dass sie auf einen Loverboy reingefallen ist, auf den du möglicherweise eifersüchtig bist? Ich weiß, dass es nicht so ist«, schmunzelte er, weil er Laetizias Augen aufblitzen sah, »aber so könnte es aussehen. Das ist kein Fall für die Polizei.«
»Ja, stimmt«, maulte das junge Mädchen. »Ich habe übrigens seine Telefonnummer. Die hat mir der Schuft heimlich zugesteckt.«
»Dann rufst du ihn an, um ihn auf den Zahn zu fühlen und am besten ist es, wenn du ein Treffen mit ihm arrangieren kannst. Keine Angst, wir sind immer in deiner Nähe. Ich hab’ da einen Plan.«, sagte Maria mit einem süffisanten Lächeln. »Aber vorher schlage ich vor, dass ihr beide in unser Ferienhaus kommt. Für meinen Plan brauch ich nämlich noch zwei ganz bestimmte Personen, die ihr dann kennenlernen werdet.«
»Ein Ferienhaus?«, rief Laetizia aus, als sie vor einer riesigen Villa stand, welche direkt auf den Klippen über dem Meer errichtet war.
»Die Familie mag es halt ein bisschen größer«, schmunzelte Jorge und gemeinsam folgten sie Maria ins Haus, wo sie von einem älteren Herrn empfangen wurden, der sich als Richard Weinreich vorstellte und der Ehemann von Maria war.
»Maria hat mir schon einiges über Sie erzählt«, wandte er sich mit einem freundlichen Lächeln an Jorge. »Und Sie sind seine Tochter?«
»Ziehtochter«, lächelte Laetizia etwas schüchtern, erschlagen von der Pracht, welche sie erblickte, als sie das riesige Wohnzimmer betrat, von dem aus der Blick auf das Meer einen atemberaubenden Anblick bot. Vor einem Infinity-Pool erkannte sie ein junges Pärchen, welches es sich auf zwei Liegen gemütlich gemacht hatte und die immer noch wärmenden Strahlen der Sonne genoss.
Maria führte sie und Jorge nach draußen und die jungen Leute sahen die Neuankömmlinge mit neugierigen Blicken an.
»Die beiden sind meine Geheimwaffe«, schmunzelte Maria.
»Für was«, grinste die junge Frau und stand auf, um Jorge und Laetizia zu begrüßen. »Immer, wenn sie so etwas sagt, heckt sie einen Plan aus«, sagte sie und wies mit ihrem Daumen auf Maria. »Ich bin Amira und das ist mein Lebensgefährte Andre«, stellte sie den jungen Mann vor, der die Neuankömmlinge unter seiner Sonnenbrille beäugte.
Die junge Frau war bildschön, hatte orientalisch anmutende Gesichtszüge und ein Blick in ihre Augen verriet Jorge, dass sie, trotz ihrer Jugend, vom selben Kaliber war wie seine alte Freundin. Ihnen entging nichts und der abschätzende Blick auf ihn sprach Bände.
»Sie waren auch bei der Firma«, sagte sie mit einem leicht spöttischen Lächeln.
»Ja. Woher wussten Sie …?«
»Kamil Kulecka hat uns von den Ereignissen im Sommer hier in der Villa erzählt und hat ihren Part dabei erwähnt«, verriet sie ihm. »Muss ziemlich heftig gewesen sein, den Einschusslöchern im Haus nach zu urteilen.«
»Das war es auch, aber wir haben es hinbekommen«, antwortete Jorge trocken.
Der Mann war das genaue Gegenteil seiner Freundin und machte auf Jorge eher den Eindruck eines unscheinbar wirkenden Nerds.
»Sie arbeiten ebenfalls für die Firma?«, fragte Jorge.
»Nein. Wir sind private Ermittler und arbeiten gelegentlich für das BKA«, ertönte Andres Stimme.
»Für Buchner also. Dann kennen Sie ja auch Ewa Stepinska und Falk Möller.«
»Unsere Best Buddies«, grinste Amira. »Wir haben die beiden am Anfang unter unsere Fittiche genommen. Für das BKA zu arbeiten, ist etwas anderes, als normalen Polizeidienst zu absolvieren.«
»Da war Ihre Ausbildung recht erfolgreich. Die beiden haben sich tapfer geschlagen.«
»Danke, für die Blumen«, lächelte Amira. »Was können wir für euch tun.«
Laetizia hatte dem Dialog schweigend zugehört und schaute mit einiger Bewunderung auf Amira, die nicht viel älter als zwanzig Jahre zu sein schien. Amira zog sie neben sich auf die Couch und gemeinsam mit Andre hörte sie sich die ganze Geschichte an. Plötzlich spürte Laetizia die Hand von Amira in der ihren, die sie fest drückte.
»Ich bin als Kind auch von einem Mann sexuell missbraucht worden, aber nicht annähernd in solch einer Hölle gelandet wie du. Solchen Typen gehört das Handwerk gelegt. Was ist euer Plan und wie können wir helfen?«
»Laetizia hat die Telefonnummer von diesem Dani. Er ist die Kontaktperson und leitet die Mädchen weiter an seinen Boss Ribeiro. Andre. Kannst du mithilfe von Laetizias Handy das von Dani anzapfen?«, fragte Maria ihn.
»Kann ich, wenn es nah genug bei der Person ist. Du kannst dein Handy auf einen Tisch legen und wenn dein Gegenüber nicht weiter als einen Meter von dir entfernt ist, stellt das kein Problem dar.«
»Er wird nah genug sein, verlass dich drauf«, grinste Laetizia.
»Du sollst nicht …«, warf Jorge ein, worauf sie ihn mitleidig anlächelte.
»Meinst du, nach etwas über einem halben Jahr bei dir habe ich die letzten zwei Jahre vergessen? Meine Unschuld habe ich schon vor langer Zeit verloren und um ihn aus dem Verkehr zu ziehen, mach ich das freiwillig. Und nein. Ich gehe nicht mit ihm in die Kiste, aber ein bisschen rumfummeln macht mir nun wirklich nichts aus. Ich empfinde keine Gefühle gegenüber Männern, jedenfalls keine sexuellen. Die hat man mir ausgetrieben, weil es nichts gibt, was ich nicht kennengelernt habe und glaube mir, da waren Sachen dabei, von denen selbst du noch nie etwas gehört hast. Ich rufe ihn an und mache ein Treffen mit ihm aus. Den Rest macht ihr dann.«
Alle hatten ihrem Monolog schweigend zugehört und besonders Richard Weinreich, der ein Familienmensch durch und durch war, zeigte sich besonders betroffen. Gleichzeitig nahm er aber zur Kenntnis, wie besorgt sich Jorge Caballero um seinen Schützling gab und blickte zu seiner Frau.
»Ihr wird nichts passieren. Versprochen«, sagte sie zu ihm und tätschelte seine Hand.
»Ich kann einiges vertragen, glauben Sie mir, Herr Weinreich«, meldete sich nun auch Laetizia. »Die Hauptsache ist, dass Arantxa nichts zugefügt wird.«
»Für dich bin ich Richard«, lächelte ihr der ältere Mann zu und ergriff ihre Hand, der, wie seine Frau Maria des spanischen mächtig war.
Dani Jimenez fuhr zufrieden in seinem BWM-Cabriolet in die Richtung seines Appartements im Stadtteil Santa Catalina. Er liebt den Rummel und gleichzeitig auch die gewisse Beschaulichkeit, die von diesem Stadtviertel Palmas ausging und zudem war es recht zentral gelegen.
Nun ja, so ganz zufrieden war Dani nicht. Das Arantxa mit ihrer Freundin im Schlepptau auftauchen würde, passt ihm ganz und gar nicht in seinen Kram und war auch unüblich. Normalerweise war die beste Freundin bei seinen Treffen mit den Girlies nie dabei, schon wegen der üblichen Eifersuchtsfantasien der jungen Mädchen. Er konnte keine Zeugen gebrauchen, die später, wenn die Mädchen auf Nimmerwiedersehen verschwanden, mit ihm in Bezug gebracht wurden. Aber es hatte auch etwas Gutes gehabt. Lara, Arantxas Freundin, war etwas ganz Besonderes. Schon ihr Anflirten, ohne etwas zu sagen, war fast meisterhaft gewesen und dieses Naturtalent konnte er sich nicht durch die Lappen gehen lassen, zumal Lara dann ebenfalls von der Bildfläche verschwand und es keine Zeugen gab. Zwei Fliegen mit einer Klappe, grinste er, aber nach diesem Doppelcoup musste er von der Bildfläche verschwinden. Dies machte Dani, der natürlich nicht so hieß, ziemlich regelmäßig, wenn ihm der Boden etwas zu heiß unter den Füßen wurde. Ibiza war nicht weit und auch dort gab es hübsche und vor allem unerfahrene junge Dinger, die auf seine Masche hereinfielen. Dabei stand er eigentlich gar nicht auf Frauen und so geriet er regelmäßig aus dem Fokus der etwaigen Ermittlungen, da er sich eigentlich in der Schwulenszene bewegte. Zudem war Dani ein Meister der Verwandlung. Das musste er auch sein und so trieb er sein Unwesen auf den gesamten Balearen, den Kanaren und auf dem spanischen Festland, überall dort, wo es galt, Frischfleisch für Ribeiro zu besorgen.
Wie auf Bestellung klingelte sein Mobiltelefon. Er nahm den virtuellen Hörer ab und hörte Laras helle Stimme, die sich mit einem melodischen »Hallo« meldete und ein sardonisches Lächeln um seine geschwungenen Lippen zauberte.
»Hallo, Süße. Eigentlich hatte ich schon vorher mit deinem Anruf gerechnet«, flötete er mit samtweicher Stimme in den Hörer.
»Musste erst warten, bis Arantxa nach Hause gefahren ist. Was machst du?«
»Cruise in der Gegend herum. Sehen wir uns heute?«
»Geht nicht. Muss meinem Vater im Geschäft helfen. Außerdem, du fährst doch mit Arantxa am Samstag nach Magaluf.«
»Am Samstag. Aber nicht schon morgen. Morgen Abend im Paradiso? Um acht? Schaffst du das?«
»Das geht. Wenn ich Papa den ganzen Tag im Laden helfe, krieg ich ihn rum«, kicherte Laetizia.
»Na dann. Bis morgen, Süße.«
Dani fuhr seinen Wagen rechts ran und überlegte. Wenn Lara ihrer Freundin von dem Treffen berichten würde, war es das mit Samstag und er hatte Ribeiro zugesagt, dass er Arantxa an diesem Tag bei ihm abliefern würde. Gut, da blieb noch Lara, aber die Provision für beide würde ihm ein hübsches Sümmchen einbringen.
»Alles bleibt wie besprochen. Die kleine dralle Schönheit geht nach Tanger. Die muss komplett von der Bildfläche verschwinden, da ihr Vater einen mächtigen Einfluss hat.«
»Wie wäre es dann mit Lösegeld?«, fragte Dani, nachdem er Ribeiro über den neuesten Stand unterrichtete hatte.
»Das geht meistens schief und ich gehe kein Risiko ein. Für die Kleine wird eine Million fällig, wenn sie denn noch Jungfrau ist. Abd el Insaf steht darauf, warum weiß ich auch nicht«, hörte Dani das Gelächter von Ribeiro. »Nein. Mach das für heute Abend klar. Die andere. Was ist das für ein Girlie?«
»Ich schicke dir ein Foto«, sagte Dani und sendete Ribeiro ein Bild, welches er heimlich von Laetizia gemacht hatte.
»Sieht gut aus. Aber die kommt mir irgendwie bekannt vor«, murmelte Ribeiro, nachdem er das Portrait erhalten hatte.
»Die ist fünfzehn und geht zur Schule«, wandte Dani ein.
»Trotzdem. Ich kenn die irgendwo her. Sei vorsichtig mit der. Ich will keinen Ärger.«
»Okay Boss. Dann mach ich das mit Arantxa für heute schon klar und morgen treffe ich mich mit Lara.«
»Was ist ihr Hintergrund?«
»Ihr Vater betreibt wohl einen kleinen Laden hier in Palma. Was Genaues weiß ich nicht, aber die ist eher etwas für ein Bordell. Wie die mich angemacht hat. Ein richtig kleines Luder. Die hat es faustdick hinter den Ohren.«
»Hm. Wenn du das sagst. Bring die beiden in mein Haus in Magaluf und dann sehen wir weiter. Gute Arbeit, Dani. Und nächste Woche verschwindest du nach Ibiza!«
»Alles klar, Boss«, grinste Dani, unterbrach die Verbindung und war mit sich und seinem Leben zufrieden.
»Also du triffst dich morgen Abend mit ihm im Paradiso. Natürlich werde ich dich begleiten, unauffällig natürlich«, sagte Amira.
»Und wir halten uns im Hintergrund, damit ich sein Mobilphone anzapfen kann«, ergänzte Andre.
Laetizia war erleichtert darüber, dass ihre Sorgen bezüglich ihrer Freundin ernst genommen wurden. Ihr Blick wanderte von Jorge zu Maria, die angeregt miteinander tuschelten und spürte Amiras Hand auf ihrer Schulter.
»Was hältst du davon, wenn wir zum Hafen fahren und dort auf dem Meer eine Runde mit dem Boot drehen. Ein bisschen Abwechslung tut dir bestimmt gut. Das macht den Kopf frei und wir beide lernen uns besser kennen.«
»Ein Boot?«
»Ja. Maria und Richard sind mit dem Schiff aus Nizza gekommen. Es wird dir bestimmt gefallen.«
»Na dann los«, grinste Laetizia. »Ich liebe das Meer und Jorge und ich fahren oft mit seinem Segler aus.«
»Das nennst du ein Boot?«, echote Laetizia, als die beiden vor einer mindestens vierzig Meter langen Yacht standen.
»Mit einem Schlauchboot kommst du nicht übers Mittelmeer«, lachte Amira, als die beiden über das Fallreep an Bord gelangten.
»Können wir eine kleine Ausfahrt machen?«, fragte Amira den Kapitän des Schiffes.
»Natürlich. Wo soll es hingehen?«
»Port Adriano«, antwortete Amira aus einer Eingebung heraus.
»Kein Problem. Wir legen in einer Viertelstunde ab.«
Laetizia folgte Amira ins Innere der Yacht und wurde von der Pracht der Inneneinrichtung fast erschlagen.
»Ist die Yacht gechartert?«, fragte sie fast schüchtern.
»Nein. Sie gehört Richard und Maria, aber die Familie kann sie natürlich nutzen, wie sie will«, lächelte Amira, die Laetizia nach oben auf eines der Freidecks führte, wo sie sich auf einer großen Lounge niederließen. Ein Steward servierte ihnen zwei frischgepresste Fruchtsäfte sowie zwei leichte Decken und ein paar Minuten später legte die Yacht in Richtung Port Adriano ab.
»Ich fühl mich wie im Himmel«, seufzte Laetizia, als sie sich in den weichen Polstern den leichten Fahrtwind um die Nase wehen ließ und in den strahlend blauen Himmel starrte.
»Schade, dass wir den Pool nicht benutzen können. Er ist zwar beheizt, aber bei vierzehn Grad ist es ein wenig kühl«, sagte Amira und nippte an ihrem Saft.
»Egal. Das alleine ist schon ein Erlebnis. Mein Gott. Vor noch etwas über einem halben Jahr lag ich auf einer schäbigen Matratze in einem fünftklassigen Hotel und …«
»Vergiss das. Die Zeiten sind vorbei. Jeder Gedanke daran ist verschwendete Zeit und belastet dich.«
»Ist schon gut. Das war ein Teil meines Lebens und das vergesse ich nicht. Ich habe einfach Glück gehabt, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, um auf Jorge zu treffen. Ihm habe ich mein Leben zu verdanken.«
»Du weißt über seine Beziehung mit Maria Bescheid?«
»Die beiden haben sich vage gehalten. Nur, dass sie wohl für den Geheimdienst gearbeitet haben. Bis heute Morgen war er eigentlich für mich nur ein Privatdetektiv, wobei ich ihm das nie abgekauft habe.«
Gedankenversonnen schaute Laetizia auf das blaue Wasser des Mittelmeeres. Sie waren nicht die Einzigen, die mit einem Schiff unterwegs waren, wobei die Yacht, auf der sie fuhren, schon aus dem Rahmen fiel und sie einige neidische Blicke von anderen Bootsfahrern erhaschte. Ein kleines Sportboot überholte sie und als Laetizias Blick auf die beiden Insassen fiel stockte ihr Atem.
»Das Boot da«, stieß sie aus und wies mit dem Finger auf das weiße Sportboot, welches sich langsam entfernte. »Das sind Arantxa und Dani.«
Sofort war Amira bei ihr und erblickte zwei jugendlich aussehende Personen. Sie reagierte augenblicklich und drückte die Sprechtaste, die sie mit der Brücke verband.
»Ist das Schlauchboot einsatzbereit.«
»Jederzeit«, erschallte die Stimme des Kapitäns aus dem Lautsprecher.
»Folgen Sie dem Sportboot rechts vor uns. Ich weiß, dass es schneller als die Yacht ist, aber wir dürfen es nicht aus den Augen verlieren.«
»Das entgeht uns nicht. Ich habe es auf dem Radar. Soll ich den Reifen am Davit ablassen?«, fragte er.
»Ja. Wir folgen dem Sportboot dann mit dem Schlauchboot und Sie folgen uns bitte.«
»Wird gemacht«, antwortete der Kapitän und die beiden bemerkten, dass sich die Geschwindigkeit der Yacht erhöhte.
»Komm mit. Wir gehen nach unten«, forderte Amira Laetizia auf, ihr zu folgen.
»Du willst dem Sportboot mit einem Schlauchboot folgen?«, fragte Laetizia in ungläubigem Ton.
»Warte ab, wenn du das Schlauchboot siehst. Maria gibt sich nicht mit halben Sachen ab«, grinste Amira.
Die beiden begaben sich in den unteren Bereich der Yacht, als ein großer Schatten auf sie fiel. Laetizia blickte nach oben und schaute auf den Festbodenrumpf eines etwa sieben Meter langen grauen Bootes, welches sich langsam nach unten bewegte und sich der Wasseroberfläche näherte. Es war kein normales Schlauchboot, sondern es glich denen, welche Laetizia in ein paar Actionfilmen gesehen hatte, wenn Spezialtruppen der Armee im Einsatz waren.
»Damit holen wir die beiden mühelos ein«, sagte Amira und sprang, gefolgt von Laetizia ins Boot. Amira löste die Tampen, startete den großen Außenborder, welcher sofort mit einem satten Sound ansprang, und entfernte sich von der Yacht, die nun in voller Fahrt dem Sportboot folgte.
»Schnall dich an«, rief Amira Laetizia zu, als das Schlauchboot einen Satz nach vorne machte und förmlich über das Wasser flog. Mühelos folgten die beiden nun dem Sportboot, wobei Amira nicht zu nahe aufrückte. Sie schnappte sich ein Headset, hatte Sekunden später eine Verbindung mit Maria hergestellt und schilderte ihr die Lage.
»Er hat schnell reagiert, das muss man ihm lassen«, hörte sie Marias Stimme aus dem Headset.
»Ja. Wahrscheinlich haben sie befürchtet, dass Laetizia mit ihrer neuen Eroberung gegenüber ihrer Freundin prahlt und das durften sie nicht zulassen. Wir verfolgen die beiden weiter und melden uns wieder. Wir fahren ja praktisch auf euch zu und ich vermute, dass sie nach Port Adriano unterwegs sind. Bis später.«
Amira unterbrach die Verbindung und hielt permanent Sichtkontakt zu dem Sportboot, welches, wie sie es vermutet hatte, in Richtung Santa Ponca unterwegs war, und orderte die Yacht zurück nach Palma.
Langsam näherten sich die Boote der großen Hafenanlage, wo das Sportboot nach links steuerte und den Bereich für die kleineren Boote erreichte. Es fuhr die lange Reihe der Stege entlang, während Amira das Schlauchboot an einen der ersten Stege steuerte und Laetizia ans Ufer sprang. Geschickt vertäute sie das Boot mit den Tampen an den Pollern und die beiden Frauen beeilten sich nun, auf das Pärchen aufzuschließen, welches eines der zahlreichen Lokale ansteuerte und sich im Außenbereich niederließ. Laetizia zog ihre dunkle Sonnenbrille an sowie ein Basecap über, das sie an Bord des Schlauchbootes gefunden hatte.
»Warum hat sie mir nicht Bescheid gesagt, dass sie mit Dani schon heute unterwegs ist? Das sieht ihr überhaupt nicht ähnlich«, murmelte Laetizia, die ihre Freundin aus sicherer Entfernung beobachtete und ihr Lachen bis zu sich herüberhörte.
»Dani wird ihr irgendetwas erzählt haben. Er musste schnell handeln, weil er ja glaubt, morgen mit dir ein Date zu haben. Das Risiko, dass du Arantxa davon erzählt hättest, ist ihm zu groß. Er will euch beide kassieren. Und wie ich sehe, ist deine Freundin so verliebt; die glaubt ihm alles.«
»Ja. Das sehe ich. Arme Arantxa. Am liebsten würde ich rübergehen und ihn zur Rede stellen.«
»Bringt nichts. Bisher hat er ja nur mit deiner Freundin einen Ausflug per Boot gemacht und Arantxa würde dir sowieso nicht glauben. Nein. Wir müssen ihn und vor allem seinen Boss Ribeiro aus dem Verkehr ziehen.«
Die beiden ließen sich viel Zeit und die Dämmerung brach über das Hafengelände ein. Die Tische füllten sich und Arantxas Stimmung wurde immer ausgelassener.
»Ihr habt die beiden im Visier?«, hörten sie Jorges Stimme, der sich mit Maria ihrem Tisch näherte.
»Haben wir. Dani setzt die Kleine unter Alkohol, keine harten Sachen, aber es reicht für sie.«
Marias Blick wanderte zu dem Pärchen ein paar Tische weiter und Laetizia erschrak, als sie in Marias Augen schaute. Wie eine Schlange starrte sie zu den jungen Leuten, emotionslos und kalt.
»Das Jüngelchen überlass ich euch, aber Ribeiro gehört mir. Und diesmal gibt es keine fünf oder sechs Jahre Knast. Dieser Abschaum …«
»Ohne mich«, fuhr Laetizia ihr dazwischen und Maria schaute das Mädchen erstaunt an, während Jorge und Amira ein Grinsen kaum unterdrücken konnte.
»Zwei lange Jahre habe ich mit meinen eigenen Augen gesehen, wie Männer und auch Frauen fast zu Krüppeln geschlagen wurden, habe gesehen wie man Konkurrenten einfach mit einem Schuss erledigt hat, Messer, mit denen man ihnen die Finger abgeschnitten hat und vieles mehr. Ich habe die Gewalt so satt. Natürlich müssen die beiden ihre Strafe bekommen, aber nicht mit einem Gewicht an den Füßen im Mittelmeer.«
Maria sah sie an und ein Lächeln zog über ihr Gesicht.
»Du hast recht, Kindchen. Das löst das Problem auch nicht.«, sagte sie leise, stand auf und umarmte das Mädchen.
»Sie bezahlen«, sagte Amira.
Sie sahen, wie Dani aufstand, Arantxa aus ihrem Stuhl half, die bereits leicht schwankte und sich die beiden zu einem Taxistand in der Nähe bewegten. Sofort rannte Jorge los, um den Wagen zu holen, währen die anderen dem Pärchen folgte. Arantxa und Dani bestiegen ein Taxi und etwas hinter ihnen tauchte ein Porsche Cayenne auf, auf den sich Maria und Amira zubewegten. Laetizia folgte den beiden und gemeinsam nahmen sie die Verfolgung des Taxis auf.
»Er hat sie bewusst abgefüllt«, sagte Jorge mit grimmiger Miene, als sie dem Taxi durch den Ortsteil El Toro folgten und dieses auf die Verbindungsstraße nach in Richtung Magaluf abbog. Jorge folgte in unauffälligem Abstand dem Taxi, welches Magaluf auf einer Umgehungsstraße umfuhr und sich in Richtung Badia de Palma, einem mondänen Vorort von Magaluf, zu bewegte.
»Dort gibt es keine Fincas«, bemerkte Jorge. »Da stehen nur ein paar Villen.«
»Wahrscheinlich gehört eine von ihnen Ribeiro. Andre, kannst du das checken?«, fragte Amira, die mit ihrem Headset nun mit Andre in Verbindung stand.
»Bin dabei«, hörten sie seine Stimme, da sie auf Lautsprecher gestellt hatte. »Mateo Ribeiro. Volltreffer. Ihm gehört eine Villa direkt über dem Meer. Ich schicke euch den GPS-Standort.«
Sekunden später hatten sie den genauen Standort der Villa auf ihren Mobiltelefonen und Jorge ließ sich weiter zurückfallen, weil die beiden Fahrzeug die Einzigen waren, die hier unterwegs waren. Maria sondierte das Terrain anhand Google Maps und erkannte einen kleinen Weg, der unterhalb der Villa zum Strand führte.
»Da gehen wir rein«, sagte sie, als Jorge den Porsche in der Nähe des Stichwegs parkte und sie gemeinsam auf Marias Handy schauten.
»Du natürlich nicht«, sagte Jorge und drehte sich zu Laetizia um. »Und keine Widerrede. Das ist viel zu gefährlich.«
»Aber ich …«, protestierte das Mädchen.
»Nein. Ribeiro ist mit Sicherheit nicht alleine. Leute wie er haben eine Wachmannschaft und die sind erfahrungsgemäß nicht zimperlich. Außerdem wird das Gelände mit Sicherheit durch ein Alarmsystem geschützt. Da müssen selbst wir aufpassen und improvisieren und können nicht auch noch auf dich aufpassen«, sagte Maria in bestimmendem Ton.
Jorge öffnete den Kofferraum und Laetizia sah eine große längliche Tasche. Als Jorge diese öffnete, wurden ihre Augen groß. In ihr befanden sich drei Sturmgewehre, diverse Pistolen, alle mit Schalldämpfer bestückt sowie dunkle Kleidungsstücke und Nachtsichtgeräte, mit denen sich Jorge, Amira und Maria nun ausrüsteten. Fassungslos sah sie zu, wie Jorge sich einen der beidseitig geschliffenen Dolche schnappte, die Waffe in seiner Hand mühelos rotieren ließ und sie unter seinen schwarzen, engen Overall schob und Maria es ihm nachtat.
»Die beiden sind wieder in ihrem Element«, hörte sie Amiras Stimme neben sich, die ebenfalls ein Sturmgewehr über ihre Schulter gelegt hatte, und eine großkalibrige Waffe in ein Halfter steckte.
»Bereit?«, fragte Maria und Laetizia erkannt im Blick der älteren Dame ein Leuchten.
»Bereit«, antworteten Jorge und Amira wie aus einem Mund. »Du verlässt den Porsche nicht, komme was wolle und halte dich versteckt«, sah Jorge sie eindringlich an. »Wir holen Arantxa da raus.«
»Ja. Schon gut«, antwortete das Mädchen und stieg in den Fond des Fahrzeuges. Sie schaute den dreien nach, bis sie in der Dunkelheit verschwanden und als sie außer Sichtweite waren, stieg sie aus dem Fond aus und öffnete die Kofferraumklappe. In der Tasche entdeckte sie ein weiteres Nachtsichtgerät und legte es sich an. Laetizia war keinesfalls gewillt, hier auf die anderen zu warten. Rasch zog sie sich die Tarnkleidung über, als ihr Blick auf einen schmalen Dolch fiel. Kurzentschlossen nahm sie ihn an sich, um nicht gänzlich unbewaffnet zu sein, und folgte den dreien in die Dunkelheit.
Arantxa war selig und gleichzeitig furchtbar aufgeregt.
Dani hatte sie am frühen Nachmittag angerufen und ihr erklärt, dass es mit ihrem Ausflug am Samstag nichts werden würde und bei dieser Nachricht hatte sie mit Tränen der Enttäuschung zu kämpfen. Als er ihr jedoch den Vorschlag machte, das Ganze vorzuziehen und sich mit ihr heute noch zu treffen, stockte ihr der Atem vor Aufregung. Der Treffpunkt war der Hafen von Palma um drei Uhr und Hitzewellen durchfuhren ihren Körper. Vor ihren Augen erschien der wunderschöne Junge, mit dem sie eine Nacht verbringen würde und hastig packte sie ein paar Anziehutensilien in ihren Rucksack. Ihrem Vater hinterließ sie eine Nachricht, dass sie bei ihrer Freundin Laetizia schlafen würde und verließ eilig das Haus. Der E-Roller flog förmlich dem Hafengelände entgegen und als sie es erreichte, sah sie Danis Gestalt, der gerade ein schlankes Motorboot betrat und sich um die Leinen kümmerte. Arantxa stoppte den Roller neben dem Sportboot, als Dani sich herumdrehte und ihr ein bezauberndes Lächeln schenkte.
»Da bist du ja, Süße«, sagte er, als Arantxa auf ihn zuflog und ihm einen leidenschaftlichen Kuss gab.
»Wir fahren mit dem Boot nach Magaluf?«, giggelte sie vor Freude.
»Ja. Zuerst nach Port Adriano und von da aus nehmen wir ein Taxi. Sorry wegen Samstag, aber meine Eltern kommen morgen Abend schon zurück und wir wollen doch für uns alleine sein«, schmachtete er sie an.
Arantxa fühlte sich wie im siebten Himmel und schmiegte sich an Dani, der ihr nun ihren Rucksack abnahm, ihn in das Boot legte und Arantxa an Bord half. Langsam fuhren die beiden durch den Hafen und als sie die Hafenausfahrt erreichten, zog Dani den Gashebel nach vorne. Wie ein Pfeil schoss das Boot nach vorne und Arantxa hüllte sich in eine Leichte Decke ein, da der Fahrtwind um diese Jahreszeit doch recht kühl war. Sie schaute auf die anderen Boote, welche die Bucht von Palma durchfuhren und ihr Blick blieb auf einer großen Yacht kleben, die in gemächlichem Tempo entlang der Küste fuhr. Sie erkannte zwei Frauen, die in einer Lounge auf einem der Decks saßen und irgendeinen Cocktail schlürften und für einen Moment dachte sie, dass sie in eine der beiden ihre Freundin Laetizia erkannt hätte. Aber das war natürlich nur ein Trugschluss, da ihr Vater eine mittelgroße Segelyacht besaß und nicht ein solches Schiff. Sie blickte wieder nach vorne und betrachtete voller Stolz die Gestalt ihres Freundes Dani, der sich nun zu ihrer umschaute und sie anlächelte. Sie blickte wieder nach hinten und sah, dass die große Yacht rasch zurückfiel und erspähte gleichzeitig ein merkwürdig aussehendes Schlauchboot, welches etwa einen Kilometer hinter ihnen fuhr und mühelos mit dem Sportboot mithielt. Arantxa ging nach vorne auf den Backbordsitz und wies mit ihrem Finger auf das Boot.
»So eines hab’ ich noch nie gesehen«, schrie sie Dani zu, der seinen Kopf wandte.
»Die Küstenwache hat solche Dinger. Aber die wollen nichts von uns«, grinste er, wobei ihm doch etwas mulmig wurde. Eine geraume Zeit behielt er das Schlauchboot im Auge, aber da es sich nicht näherte, hakte er es innerlich nach einer kurzen Zeit ab. Etwa drei Stunden noch musste er den pubertären Teenager ertragen und dann war Arantxa nicht mehr sein Problem, wobei seine Gedanken schon zu Lara schweiften, die ihn viel mehr interessierte, da dieses Mädchen etwas ganz Besonderes zu sein schien.
Hätte Arantxa Gedanken lesen können, sie wäre wahrscheinlich in voller Fahrt über Bord gesprungen, aber so hing der Himmel für sie voller Geigen. Es sollte ihr erstes Mal werden und als sie im Außenbereich eines der zahlreichen Lokale in Port Adriano saß und einen Tequila Sunrise schlürfte, fühlte sie sich wie eine Königin, da sie bemerkte, dass zahlreiche jungen Mädchen ihrem Schwarm schmachtende Blicke zuwarfen, aber Dani hatte Augen nur für sie.
»Wir müssen los«, hörte sie seine Stimme und schon leicht beschwipst erhob sie sich mit Danis Hilfe aus ihrem Stuhl. Sie hakte sich bei ihm unter und gemeinsam steuerten sie einen Taxistand an, wobei Dani sich von ihr löste und neben dem Fahrer Platz nahm, was sie irgendwie irritierte. Arantxa sank in die weichen Lederpolster der Rücksitzbank und nach ein paar Kilometern Fahrt nickte sie aufgrund des Alkoholkonsums ein.
»Keine schlechte Ware die du Ribeiro da bringst«, grinste der Fahrer des angeblichen Taxis, welcher den Rückspiegel so justierte, dass er einen Blick auf das schlafende Mädchen hatte.«
»Du kennst mich doch Pepe. Ich schleppe keinen Durchschnitt ab. Hast du das Ketamin bei?«
Pepe griff in seine Jackentasche und reichte Dani eine Spritze mit einem farblosen wässerigen Inhalt. Dani beugte sich nach hinten, schob Arantxas Rock nach oben und versenkte die Nadel in ihrem Oberschenkel.
»Guck auf die Straße«, grinste Dani, da Pepe auf Arantxas Oberschenkel stierte.
»Ja, ja, schon gut«, murmelte dieser und nach kurzer Zeit erreichten sie Ribeiros Villa in Badia de Palma. Pepe fuhr auf ein großes, schmiedeeisernes Tor zu, welches sich lautlos öffnete und vorbei an zwei Wachen fuhr Pepe das Taxi vor den Haupteingang, wo ein großer, muskulöser Mann sie schon erwartete.
»Gab es Probleme?«, fragte Ribeiro, als Dani mit Arantxas Körper über seiner Schulter auf ihn zuschritt.
»Keine, Boss. Die Kleine schläft wie ein Baby und ich hab’ aufgepasst, dass Pepe sie nicht anrührt«, flachste er in die Richtung seines Kumpans.
»Das will ich ihm auch geraten habe«, grinste Ribeiro und drohte Pepe scherzhaft mit dem Finger. »Aber du darfst sie in den Keller zu den anderen beiden tragen«, sagte er zu ihm, was Pepe sichtlich erfreute. »Komm rein und erzähl mir von der anderen«, fuhr Ribeiro fort und legte seine Pranke auf Danis Schultern.
Arantxa erwachte aus einem traumlosen Schlaf und wunderte sich, dass sie auf einer harten, stinkenden Matratze lag. Das Letzte an das sie sich erinnern konnte, war der weiche Lederbezug im Taxi und nun lag sie in einem muffig riechenden Raum, an dessen Decke eine kleine, wenig Licht spendende Glühbirne hing. Arantxa streckte ihre Glieder und als sie aufstehen wollte, sackte sie sofort wieder zusammen. Sie hatte Probleme, das Gleichgewicht zu finden und hockte sich erst einmal hin.
»Das hatten wir auch«, hörte sie eine weibliche Stimme hinter sich und als sie sich herumdrehte, erblickte sie zwei Mädchen, die in etwa demselben Alter waren wie sie.
»Was ist hier los?«, fragte sie um Fassung ringend.