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Das vorliegende Buch ist ein Geschenk für alle suchenden Menschen. Es ist vom ersten bis zum letzten Satz ein eindringlicher Aufruf zum Erwachen, Erleben und Verwirklichen. Wohl stammt es von einem indischen Mönch, doch werden alle nationalen und konfessionellen Fesseln gesprengt. Swami Omkarananda führt uns nicht zu Dogmen oder theoretischen religions-philosophischen Ansichten, sondern direkt zum einen Urquell des Lebens. Damit handelt es sich hier auch nicht um eine Art geistiges Erbauungsbuch, sondern um eine Aufforderung zum täglichen Gebet und zur täglichen Meditation, zur harten Arbeit an sich selber.Die Selbstverwirklichung als Gottverwirklichung in unserem Leben ist das Grundthema, das in den neun Kapiteln des Buches immer neue Variationen erfährt. Neben Abschnitten mehr allgemeiner Art stehen beispielsweise Anleitungen zur Meditation, und auch so aktuelle Themen wie Okkultismus, Yoga und Sexualität werden berücksichtigt.Der Leser findet in diesem Buch keine spezifisch östliche Weisheit und noch weniger eine Einführung in hinduistisches Denken. Wohl aber findet er jenes Wissen, das aus den Tiefen der wahren Gottbegegnung und der Gott-Inspiriertheit stammt.
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Seitenzahl: 174
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Swami Omkarananda
Ein Licht in unserer Zeit
Gespräche und Reden Zusammengefasst und eingeleitet von
3. überarbeitete Auflage 2012
Alle Rechte vorbehalten
©2012 Heinrich Schwab Verlag
D-88260 Argenbühl-Eglofstal
www.heinrichschwabverlag.de
Tel. (+49) 07566-941957
ISBN 978-3-7964-0508-2
Vorwort H. Wagner-Glanzmanna
Vorwort zur 2. Auflage Dr.med. J. Wunderli
Einleitung Dr.med. J. Wunderli
1. Kapitel Vom Sinn und Ziel des Lebens
Welches ist die schnellste Art, die Gottverwirklichung zu erlangen?
Über das Reich Gottes
Reinheit und Einheit
Der eine Herr und die vielen Namen
Von der Notwendigkeit der kirchlichen Unterweisung
2. Kapitel Die Entfaltung des Bewusstseins
3. Kapitel Yoga und der Pfad nach oben
4. Kapitel Heilige und Weise
5. Kapitel Spezielle östliche Methoden
Bedeutung und Hilfe des Mantras
Übe, erlebe und verwirkliche!
Die Meditation
6. Kapitel Sexualität und Sublimation
7. Kapitel Über den Okkultismus
8. Kapitel
Mensch, was du liebst, in das wirst du verwandelt werden – Gott wirst du, liebst du Gott und Erde, liebst du Erden.
Angelus Silesius
Die Mystiker Indiens haben die letzten Höhen der Evolution erreicht und im täglichen Leben die vollständige göttliche Erfahrung gemacht, ohne zu denken wie Newton und Einstein, ohne zu schreiben wie Racine und Goethe, ohne zu sprechen wie Cicero, ohne zu analysieren wie Aristoteles, ohne zu malen wie Raffael und ohne zu komponieren wie Johann Sebastian Bach. Sie bilden eine Klasse für sich. Heute aber scheint Indien seinen heiligen Söhnen neue Dimensionen zu erschließen. Lassen wir Swami Vivekananda, Swami Ramathirtha und Swami Sivananda beiseite und betrachten wir Sri Aurobindo oder Swami Omkarananda, dessen Worte, aus seinem reichen Gottbewusstsein gesprochen, den Inhalt dieses Buches bilden. Sie sind in reichem Maße intellektuell durchsetzt. Diese Ausrüstung hat sich aber als großer Wertfaktor erwiesen, als Mittel zur Weitergabe ihrer inneren intuitiven Wahrnehmung und Erfahrung. Auf der Ebene des verworrenen und komplexen menschlichen Bewusstseins scheint die Evolution anderen Gesetzen zu gehorchen, als denen, die der modernen Biologie und Wissenschaft bekannt sind.
Schon im Alter von 14 Jahren machte Swami Omkarananda verschiedene mystische Erfahrungen. Zwei Jahre später verließ er – unter dem Eindruck dieser Erfahrungen – in totaler Abkehr von allem Weltlichen sein Elternhaus im Süden Indiens. Er zog gegen Norden und suchte im Himalayagebiet die Umgebung, die er brauchte. So konnte er ausschließlich und absolut seinen Studien obliegen, konnte seine Praktiken und Experimente durchführen und seine Erfahrungen in Tantra, Yoga, Vedanta und anderen Formen der alt-indischen, mystisch-okkulten Mittel und Wege zu hoher göttlicher Vollkommenheit erreichen.
Ein halbes Jahr später weihte ihn ein weltberühmter Meister und Weiser in den Heiligen Orden von Adi-Shankara ein, denn er sah in dem Jüngling außergewöhnliche Reinheit des Herzens und Weisheit (Adi-Shankara ist einer der bedeutendsten indischen Philosophen, Mystiker und religiösen Reformer). – Der junge Mann erhielt das Mönchsgewand und den neuen Namen Sri Swami Omkarananda Saraswati. Danach blieb er volle 20 Jahre in jenem Kloster der Himalayaregion, das der Sitz einer internationalen Organisation zur Ausbreitung von Wissen im Zusammenhang mit einem göttlichen Leben ist.
Diese 20 Jahre waren unermüdlichen, streng überwachten Erforschungen im Bereich des göttlichen Bewusstseins gewidmet. Sie führten den jungen Mönch durch göttliche Gnade von einer Erleuchtung zur anderen. Sie brachten Swamis unermüdliche, selbstlose Dienste für jene Organisation durch die Herausgabe von einigen Dutzend Büchern in englischer Sprache, die angesichts ihrer Qualität und Quantität für jeden anderen Menschen eine Lebensarbeit bedeutet hätten. Diese Jahre ermöglichten Swami Omkarananda auch intensive Studien in allen modernen Wissensgebieten, einschließlich Psychologie, Erziehung, Psychoanalyse, Parapsychologie, Soziologie und Politik. Er arbeitete an diesen Studien im Bemühen, das Beste in diesen mit den zentralen geistigen Zwecken und Zielen des Menschen in eine Einheit zu bringen. – Im Jahre 1954 wurde Swami Omkarananda von der Yoga-Vedanta Wald-Universität (jetzt Akademie) der Grad eines Meisters der Philosophie verliehen. Ein Jahr später wurde er als Mitglied des „International American Institute“ gewählt: das Resultat tiefer Bewunderung für seine Mitwirkung und seinen bemerkenswerten Beitrag durch seine Schriften und seinen Überblick über die grundlegenden Prinzipien des Erziehungsprozesses über die ganze Welt hin und durch die Jahrhunderte hindurch bis in unsere Zeit.
Nach Lesen eines von Swami Omkaranandas Büchern sagt Prof. Dr. Gebhard Frei: „Heute bilden die vom Materialismus, Mechanismus, Positivismus und von einer engstirnigen Evolutionstheorie vorgebrachten Argumente ein brennendes Problem. Ich verbrachte kürzlich eine Woche am Kongress und im internationalen Institut für Philosophie und beobachtete, wie diese Tendenzen nicht nur die Philosophie des Kommunismus beherrschen, sondern auch die Gedankengänge vieler westlicher Denker. Für sie schafft die Philosophie dieses indischen Weisen – deren Grundlagen und Anwendung, wie sie Swami Omkarananda zeigt – ein machtvolles Gegengewicht. – In meiner Eigenschaft als Präsident der Schweizerischen Philosophischen Gesellschaft, einer Korporation, welcher Vertreter der philosophischen Fakultäten der Universitäten von Genf, Lausanne, Neuenburg, Bern, Basel, Zürich und Freiburg als Mitglieder angehören, und in meiner Eigenschaft als Präsident der Internationalen Parapsychologischen Gesellschaft sowie als Mitglied anderer wissenschaftlicher Vereinigungen halte ich mich für kompetent, eine Meinung auszusprechen: Erst als ich den ersten Band des großen zusammenfassenden Werkes in drei Bänden von Swami Omkarananda gelesen hatte, gingen mir die Augen auf für die wahre Größe und Bedeutung dieses indischen Gelehrten, Wissenschaftlers, Weisen und Lehrers. Die Vergleiche Omkaranandas zwischen Sivananda und Plato, Kant, Leibnitz, Schleiermacher und anderen Philosophen sind sehr wesentlich für ein besseres Verständnis zwischen dem Osten und dem Westen.“
Nach einem tiefen Studium von Omkaranandas ersten drei Werken schreibt ein intellektueller Führer in Santiago, Südamerika, Dr. Edward de Bittencourt: „Omkarananda verfügt über die intellektuelle Kraft, die literarische Gewandtheit, die geistige Brillanz und den kulturellen Hintergrund, die nötig sind, um den meisten modernen Herausforderungen gerecht zu werden.“ Von Indiana, USA, haben wir folgendes Zeugnis über Swami Omkarananda von Dr. Florence La Fontaine, Ph. D.: „Der junge Weise Indiens hat ein Wesen, gekennzeichnet durch transzendentale Zartheit und Empfindsamkeit, durch eine Weisheit, die seine Jahre übersteigt. Er ist zu sehr geschult für sein Alter und überrascht die westliche Elite ebenso sehr durch seine Kultur höchster Ordnung wie durch sein Genie im klassischen literarischen Ausdruck in allen dessen vielseitigen Formen. Die Vorsehung hat ihn, wie mir scheint, mit jeder Vortrefflichkeit beschenkt. Er bringt eine wertvolle kostbare Botschaft für unsere Zivilisation.“
Was uns an Swami Omkarananda am meisten interessiert, sind weder seine wertvolle Botschaft an unsere Zivilisation, noch irgendeine der Facetten seiner Größe, die ebenso sehr in seinem täglichen Leben, als auch durch die Urteile der führenden Intelligenzen dieser Welt zum Ausdruck gelangen. Ich habe keinen speziellen inneren Anteil an dem lauten Beifall, der Omkaranandas Genialität gezollt wurde. Ebenso berührt mich seine erstaunliche Fähigkeit, auf jedes Problem, jedes Gebiet Licht zu werfen und Menschen auf allen Lebensstufen und in allen Verhältnissen Führung zu geben, nicht im Innersten. Meine tiefste Bewunderung gilt den Fällen, in welchen Swami Omkaranandas selbstlose göttliche Gebete für Kranke, Leidende, Trauernde, Verlassene und Unglückliche Trost und Hilfe brachten und noch bringen. Mein Interesse gilt der Art, wie er in den Herzen der Menschen den Glauben an die allgegenwärtige, allmächtige und allwissende Gottheit entzündet, der Art, wie er in den meisten von uns das große Vertrauen in die angeborene Würde und Göttlichkeit des menschlichen Lebens weckt. Es gilt der Art und Weise, wie es nur ihm, der in der göttlichen Gnade lebt, möglich ist, durch Akte der Einweihung dem geistig Suchenden unter uns die unfehlbaren geistigen Techniken der Gotterfahrung zu übermitteln für jede Phase und Form unseres täglichen Lebens in einer so geschäftigen Stadt wie Zürich.
Es ist meine Überzeugung, dass diese nur wenigen, Tag um Tag geäußerten Worte Swami Omkaranandas, die Dr. Jürg Wunderli nun hier veröffentlicht, uns tiefe Inspiration, eine neue Vision des Lebens, eine neue Hoffnung, neue Kraft und ein neues Licht schenken werden.
Ostern 1966 Helli Wagner-Glanzmann
Überraschend schnell ist schon eine zweite Auflage notwendig geworden. Aus verschiedenen Gründen ist es aber leider nicht möglich, das Buch in umfassender Weise umzuarbeiten, wie dies auch einem Wunsche von Swami Omkarananda entsprochen hätte. So liegt denn also hier ein im Wesentlichen unveränderter Nachdruck vor. Eine weitere und nach etwas anderen Gesichtspunkten bearbeitete Sammlung soll voraussichtlich bis Ende dieses Jahres als neues Buch vorliegen, im Sinne einer Fortsetzung des vorliegenden Buches.
Swami Omkarananda vertritt äußerst weite, universale Ansichten. Er ist mit den östlichen wie westlichen Kulturen tief vertraut und appelliert daher nicht speziell an die eine oder andere, sondern an die ganze Menschheit, an das Herz jedes Einzelnen. Da nun Swami Omkarananda von Indien, vom Osten her kommt, hörte ich schon den Einwand, dass die Einleitung den Wesensunterschied von westlichem und östlichem Denken nicht mehr betone. Ich kann darauf nur diese Antwort geben: Wer diesem Mönch wirklich mit offenem Herzen begegnet und nicht ganz und gar in dogmatischen Fesseln gefangen ist, hat nie den Eindruck, dass hier ein Mensch aus dem Osten oder ein Mensch aus dem Westen zu ihm spricht, sondern ganz einfach „ein Gottesmann“, ein Mystiker, ein Mensch, der sein Leben in der letzten Radikalität auf Gott hin ausgerichtet hat. Das ist im Übrigen auch der Eindruck von katholischen Priestern und protestantischen Pfarrern, die ihn kennen gelernt haben. So hat auch dieses Buch keineswegs die Aufgabe, auf Trennendes oder Begrenzendes hinzuweisen, als vielmehr auf das eine, klare und gemeinsame Licht, das von Gott kommt, und auf den Ruf, der unablässig an unser Ohr dringt, dass wir unser ganzes Sein immer intensiver im Strahle jenes Lichtes aufglühen lassen.
Ostern 1967
Swami Omkarananda ist ein einfacher, gotterfüllter Mönch aus dem Himalayagebiet.
Als Kind schon ausgezeichnet durch eine ungewöhnlich brennende Sehnsucht nach dem Wirklichen und durch eine außerordentliche Gabe der Intuition verließ er schon mit 16 Jahren sein Elternhaus und suchte für höhere geistige Verwirklichung die Himalayavorberge auf. Ein halbes Jahr später erhielt er die Mönchsweihe durch einen sehr großen Meister der Gottverwirklichung und blieb nachher während 20 Jahren in dessen Ashram (Kloster) als rastlos schaffender, demütiger Diener seines Meisters, absorbiert durch höhere geistige und mystische Praktiken und unermüdlich arbeitend für das geistige Wohlergehen der Menschheit.
Durch eine gütige Fügung kam Swami Omkarananda im Frühjahr 1965 in die Schweiz und blieb einige Monate bei uns. Anfangs mochte man der angekündigten Ankunft des Swami einige Skepsis entgegenbringen. War das nicht ein Mensch, der noch nie seinen Heimatboden verlassen und sich seit 20 Jahren in meist strenger Abgeschiedenheit in seinem Kloster aufgehalten hat? Ob er wohl fähig wäre, zu uns Europäern über unsere europäischen Probleme zu sprechen? Ob er wohl fähig wäre beispielsweise über Geld- und Eheprobleme zu reden, wo er doch nie in seinem Leben mit Derartigem konkret in Berührung kam? Und wie würde er als Inder mit unseren westlichen geistigen Problemen und den Anliegen des Christentums fertig?
Selber erwog ich in meinem Herzen solche Gedanken und befürchtete ein wenig, es werde ein lebensfremder und abgeschlossener Asket kommen, der uns höchstens interessante Dinge über indische Philosophie erzählen könnte. Wer als Wanderer und Sucher den geistigen Pfad betritt, ist vor Enttäuschungen nicht gefeit, und so soll es auch sein. Der Pfad ist sehr schmal und der falschen Propheten sind gar viele. – Was für merkwürdige Leute befinden sich unter denen, die sich als Lehrer auf dem geistigen Pfad bezeichnen! Wie viele bleiben auf der vorletzten oder einer noch tieferen Stufe stehen, und wie viele finden wohl wunderschöne Worte und können damit vielleicht Menschen begeistern, leben aber selber nicht entsprechend ihren Worten!
Wie vielen geistigen Lehrern sind wir begegnet, die außerordentlich gelehrt diskutieren können, aber keine echte Gotterfahrung besitzen; wie viele Bücher haben wir gelesen, die nur trockene Buchweisheit verkünden und nicht von Herz zu Herzen zünden! Dabei kommt mir eine Geschichte von Ramakrishna in den Sinn: Einige Männer gingen in einen Mangogarten. Sie beschäftigten sich damit, die Äste, Zweige und Blätter der Mangobäume zu zählen, ihre Farbe, Größe und Form zu registrieren, miteinander zu vergleichen und hernach fein säuberlich alles aufzuschreiben. Nach getaner Arbeit ereiferten sie sich in einer gelehrten Diskussion über ihre Forschungsresultate. Einer unter diesen Männern aber war klüger als die anderen. Er kümmerte sich nicht um die Diskussionen und begann stattdessen eine saftige Mangofrucht zu verspeisen. Swami Vivekananda, der berühmteste Schüler von Ramakrishna, meint dazu: „Und hat er nicht gut daran getan? Überlassen wir also das Blätter- und Ästezählen den anderen. Diese Art von Arbeit hat ihren Platz, doch nicht im Gebiet des Geistes. Nie wird man unter diesen ‚Blätterzählern‘ einen wahrhaft religiösen Menschen finden.“1)
Andere wiederum meinen, nach den ersten kleinen Erkenntnissen, die sie gesammelt und nach den ersten kleinen Schritten, die sie selber getan, seien sie ausgerüstet als geistige Lehrer. Stimmt dann das, was sie sagen, keineswegs überein mit dem, was sie sind und wie sie leben, so geben sie zur Antwort: „Es ist nicht notwendig, dass der Wegweiser den Weg selber geht; es genügt, dass er ihn weist.“ Das ist keineswegs richtig. Das Wesentliche am wegweisenden Menschen ist nicht so sehr das, was er sagt, sondern das, was er selbst ist. Darum sind Reinheit des Herzens, selbstlose Liebe und lebendige Gotterfahrung unbedingte Voraussetzungen für jeden, der auf dem geistigen Gebiet lehren will.
Solcherlei Gedanken beschäftigen mich also bei der Ankunft von Swami Omkarananda. Aber dieser indische Mönch erwies sich als ein Mensch, der alle meine Dimensionen überschritt und alle Zweifel und Fragezeichen wie ein Sturmwind hinwegfegte. Als Erstes mussten wir staunen über die grenzenlose Demut und Bedürfnislosigkeit dieses Menschen. In der Haltung der vollendeten Demut trat er uns entgegen und bat uns, seine Dienste entgegenzunehmen. In einem Brief schrieb er: „Ich bin Ihr kleiner Diener. Bitte braucht meine bescheidenen Dienste völlig und zu irgendeiner Euch passenden Zeit.“ Swami Omkarananda hat dieses Versprechen wortwörtlich erfüllt. Seine Audienzen und Beratungen dauerten von morgens früh bis abends spät und gar nicht selten bis nach Mitternacht, Tag für Tag. Keine Bitte schlug er ab, jederzeit war er da und stellte sich bedingungslos zur Verfügung. Wissen wir, was das heißt: sich bedingungslos zur Verfügung stellen?
Bei Swami Omkarananda wird es uns in kristallklarer Deutlichkeit bewusst, was wahre und echte Demut ist. Nicht gemeint ist damit jegliche Art von Unterwürfigkeit, jegliche Demütigung vor den Menschen als Mensch. Der wahrhaft demütige Mensch ist nämlich nicht demütig vor dem Menschen als Person, sondern er beugt sich vor Gott, den er in jedem Antlitz erblickt. Der Grund der Demut liegt nicht im Menschlich-Persönlichen, sondern nur im Göttlichen. Der demütige Mensch hat gelernt, seine eigene Person hintanzustellen und sich ganz dem Göttlichen hinzugeben. Er hat aber auch gelernt, dieses Göttliche in allen Menschen, ja überhaupt in jeglichem Ding zu sehen.
Die Demut ist also nur eine Folge dessen, dass ein Mensch gelernt hat, Gott überall zu sehen und überall zu lieben. Nur von dieser allumfassenden, ja beinahe ekstatischen Gottesliebe aus wird das wahre Wesen der Demut begreifbar.
Damit hängt zusammen, dass uns Swami Omkarananda in seinen Briefen, Gesprächen und Vorträgen stets als „gnadenvolle Engel“ oder als „höchst verehrungswürdige Söhne und Töchter Gottes“ bezeichnet. Manchen mag das im ersten Augenblick etwas irritiert haben, und es gab sogar Menschen, welche diese Verehrung auf ihre Person bezogen. Das ist aber absolut falsch. Omkarananda schreibt einmal: „Auch für mich sehen alle Menschen wie normale Personen aus. Aber als die Wahrheit meines ganzen inneren Seins ist jeder Mensch völlig göttlich, erfüllt von der selbstleuchtenden, selbstgenügenden Vollkommenheit der allgegenwärtigen, allmächtigen, allwissenden Gottheit.“
Omkarananda sieht also nicht unsere Person, sondern hinter die Person und hinter das persönliche Ich. Dort aber sieht er die vollkommene Gottheit, dort sieht er das lebendige Reich Gottes, das inwendig in uns ist2), dort sieht er eine uferlose Schönheit und vollendete Reinheit, die unbeschreibbar ist.
Wir haben von der allumfassenden Gottesliebe gesprochen, als den wahren Grund echter Demut. Diese Liebe sucht in jedem Ding, in jeder Erscheinung und in jeder Begebenheit einzig und allein Gott. Diese Liebe verehrt in allem Geschaffenen, im bescheidensten Pflänzlein so gut wie im größten Genius, im unscheinbaren Kieselstein so gut wie im ganzen Universum, den einen allmächtigen Schöpfer. Diese Liebe brennt vor Sehnsucht nach dem allgegenwärtigen und allmächtigen Vater, der sich in allem Sein, Werden und Vergehen offenbart. Von dieser Liebe haben alle Heiligen und Erleuchteten gesprochen. Ist es nötig, einige dieser Aussprüche hier erklingen zu lassen? Ich tue es dennoch, weil es nicht viel gibt, das uns inniger zur rechten Betrachtung und Einkehr helfen kann als das inspirierte Wort eines Heiligen oder Weisen:
Meister Eckhart schreibt einmal: „Von der Liebe her empfängt jedes tüchtige Werk die Kraft, den Menschen zu Gott zu bringen. Denn die Liebe, sagt Dionysius, ist solcher Natur, dass sie den Menschen wandelt in das, was er liebt. Darum soll der Mensch also sein, dass all sein Leben Liebe sei.“
Sri Aurobindo, ein kürzlich verstorbener indischer Meister, spricht jene erstaunlichen Worte: „Für die, die Gott lieben, ist das Gespött der Welt wilder Honig und die Steine, die der Pöbel wirft, wie Sommerregen auf einen heißen Körper. Denn bist nicht Du es, der da spottet und steinigt, und bist nicht Du in dem Stein, der uns trifft und verletzt?“ Oder jene andern Worte: „Leben! Leben! Leben! höre ich die Leidenschaften rufen. Gott! Gott! Gott! ist die Antwort der Seele. Solange du das Leben nicht als Gott siehst und liebst, solange ist das Leben selbst eine versiegelte Freude. – Er liebt sie, sagen die Sinne. Doch die Seele sagt: Gott! Gott! Gott! Dies ist die Formel des Daseins, die alles in sich schließt.“3)
Swami Omkarananda ist ein Mönch und Mystiker. Zu beidem gehört dem Wesen nach die Askese. Und ein Asket ist Omkarananda allerdings! Freilich, davon verspürt man zunächst wenig. Wer etwa glaubte, einem lebensfremden, selbstquälerischen oder gar fanatischen Asketen gegenüberzutreten, wurde bald eines Besseren belehrt. Omkarananda strahlt nichts als Ruhe, Frieden und Liebe aus. Seine Augen blicken voller Güte, den Mund umspült ein sanftes Lächeln und sein Gemüt ist voll grenzenloser Offenheit und Weite. Kein Problem, und möge es noch so menschlich – allzumenschlich sein, ist ihm zu gering, um darauf mit aller Sorgfalt und Liebe einzugehen. Den Liebeskummer eines jungen Mädchens behandelt er mit genauso großer Geduld, Aufgeschlossenheit und Hingabe wie etwa Fragen, welche die Meditation betreffen.
Diese Nachsicht und Geduld, diese liebevolle Hingabe und das unglaubliche Verständnis für alles und jedes ist bei Omkarananda vereinigt mit einer beispiellosen Härte gegen sich selber. In ihm begegnet uns ein Mensch, der bis an die einsamen letzten Grenzen der Selbstzucht und der Selbstverleugnung gegangen ist. Man hat den Eindruck, dass er seinen körperlichen Wünschen und Regungen überhaupt keine Beachtung schenkt. Ebenso wenig Bedeutung misst er seinen Gefühlsäußerungen bei. Alles ist bei ihm auf das Eine ausgerichtet und daneben wird alles andere vollkommen bedeutungslos. Hier ist ein Mensch, der uns die Worte Aurobindos mit einer geradezu unfassbaren Radikalität vorlebt: „Eine bloße Idee, ein nur intellektuelles Suchen nach etwas Höherem, wie intensiv das Interesse des Geistes es auch ergreifen mag, richtet nichts aus. Das Herz muss sich darauf werfen als auf das Eine, das zu begehren ist, und der Wille als auf das eine, das getan werden muss. Denn Wahrheit des Geistes ist nicht nur zu denken, sondern zu leben, und sie zu leben verlangt eine einige, einzig auf eines gerichtete Zielstrebigkeit des Menschen.“4)
Die echte Askese bezweckt nichts anderes, als dass die Seele leer werde von allem Rost und Schmutz, leer von allem ichbezogenen Denken und Fühlen, so leer, dass Gott mit seiner ganzen Herrlichkeit in die Seele einziehen kann. Die falsche Askese dagegen betreibt Kasteiung und Selbstabtötung gewissermaßen als Selbstzweck, indem das Mittel zum Ziel selber wird. Wohl gehören beispielsweise Fasten und nächtliches Wachen zu einem mystischen Leben, und die unglaubliche physische Bedürfnislosigkeit von Omkarananda versetzte uns immer wieder in Erstaunen; rein menschlich gesehen scheint es unmöglich, dass ein Mensch während Monaten nur 2-3 Stunden des Nachts schläft und sich von einem kaum vorstellbaren Minimum ernährt. Aber so sicher Omkarananda diese Bedürfnislosigkeit lebt, so sicher sind diese Dinge nicht das Wesentliche. Denn die Askese ist letzten Endes immer ein geistig-mentaler Akt, eine Ausrichtung des ganzen Menschen auf die eine Grundrichtung und ein mutiges, konsequentes Verlassen all dessen, was nicht dazu gehört oder hinderlich ist.
Omkarananda hat uns dazu folgendes Gleichnis erzählt: Was tut ein Mann, dessen Haus in Flammen steht? Sucht er etwa nach den Pantoffeln seiner Frau oder dem Lippenstift seiner Tochter? Nein, er rafft in höchster Eile alles zusammen, was am notwendigsten und wertvollsten ist, und schafft es aus dem brennenden Haus. Gleichermaßen sollen wir in höchster Eile uns auf das ausrichten, was einzig notwendig und wertvoll ist im Leben, nämlich das Göttliche.
So beispiellos hart, konsequent und zielgerichtet also Omkarananda gegenüber sich selber ist, so verständnisvoll und liebevoll erweist er sich gegenüber seinen Mitmenschen, gegenüber den Rat Suchenden, Verzweifelten und Fragenden. Dieses Verständnis für unsere jeweilige Situation und für unsere Schwächen schließt aber nicht aus, dass er mit nimmermüder Konsequenz immer wieder zur Nachfolge aufgerufen hat: