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Johnny Fletcher soll hängen, er wurde bewusstlos neben einer erdolchten jungen Prostituierten in einer dunklen Seitengasse gefunden. Die Marshals verhaften ihn, die Stadt schreit auf und will ihn hängen sehen. Doch irgendetwas scheint die Marshals zu beunruhigen,es scheint alles zu klar zu sein. Es entwickelt sich eine rasante Story über die Schattenseiten der Stadt, um Verlangen, Liebe und Eifersucht.
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Seitenzahl: 157
Veröffentlichungsjahr: 2014
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Ein Strick für Johnny Fletcher
Ein CassiopeiaPress E-Book
© by Author www.Haberl-Peter.de
© der Digitalausgabe 2013 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
www.AlfredBekker.de
1. digitale Auflage 2014 Zeilenwert GmbH
ISBN 9783956172731
Cover
Titel
Impressum
Über den Autor
Ein Strick für Johnny Fletcher
Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F.Unger eigen war – eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.
Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung."
Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.
Der kleine Zug bewegte sich nordostwärts. Es waren sechs Soldaten und ein Armee-Bagage-Wagen. Ein Lieutenant führte den Trupp. Das Ziel des kleinen Trupps war Fort Apache, Arizona-Territorium. Auf dem Fuhrwerk wurden außer Proviant die Soldgelder für das nächste halbe Jahr für die Besatzung des Forts befördert.
Sie befanden sich mitten in den Sierra Anchas Mountains. Das karge, zerklüftete Land ringsum war von der unablässig sengenden Sonne verbrannt, tot, und glich mit seinen ruinenähnlichen Felstürmen und -monumenten einem riesigen Trümmerfeld. Die glühende Backofenhitze machte jeden Atemzug zur Qual.
Der Lieutenant warf den rechten Arm in die Höhe. "Haaalt!", tönte sein Organ. Er vollführte eine halbe Drehung mit dem Oberkörper und rief nach hinten: "Pause, Leute. Wir rasten hier eine Stunde. Ich schau mich mal ein wenig in der Gegend um. Sergeant Jefford, Sie übernehmen während meiner Abwesenheit das Kommando."
"Jawohl, Sir!" Der Sergeant legte die Hand an die Mütze. Seine Stimme hob sich. "Absitzen, Männer! Tränkt die Gäule, und dann macht es euch bequem. Vor uns liegt ein Marsch durch die Hölle. Bis wir auf dem Pass sind, werdet ihr sicherlich noch Blut schwitzen."
Lieutenant Allan Burnell ritt zwischen die Felsen.
Bei den Soldaten wurde ein Wasserfass geöffnet. Mit Holzeimern, die an der Bordwand des Bagage-Wagens hingen, wurden die Pferde getränkt. Die Soldaten wuschen sich Staub und Schweiß aus den Gesichtern. Sie tranken und holten Dörrfleisch aus ihren Satteltaschen.
Sie saßen auf Felsbrocken oder lagen der Länge nach im Staub. Der eine oder andere drehte sich eine Zigarette und rauchte. Keiner der Trooper ahnte Schlimmes – außer dem Sergeant. Er wusste, dass hier der Weg der Soldaten ein blutiges Ende finden würde. Er saß auf dem Sprung …
"Heh, Sergeant", rief einer Trooper, "hast du Ameisen im Hintern? Denkst du etwa, hier gibt es noch streunende Apachen? Keine Sorge. Die sind alle befriedet. Selbst Geronimo …"
Der Rest ging unter im Peitschen eines Karabiners.
Einen der Soldaten riss es geradezu hoch, er machte das Kreuz hohl, und schlug lang hin. Staub wölkte unter seiner Gestalt auseinander.
Die anderen waren vom Schrecken wie gelähmt.
Wieder brüllte das Gewehr auf. Der zweite Soldat fiel nach hinten um.
In den Widerhall des Schusses mischte sich die dritte Detonation. Der nächste der Soldaten, er war gerade im Aufspringen begriffen, krachte auf den Boden.
Der vierte Trooper und der Sergeant hatten den Wagen erreicht und waren in Deckung gegangen.
Das vielfältige Echo der Schüsse grollte durch Canyons und Schluchten, trieb Abhänge hinauf und verebbte schließlich.
Gehetzt schaute der Soldat über die Schulter auf Sergeant Jefford. Ergriffen, noch immer im Banne der hinterhältigen Schüsse, flüsterte er heiser: "By Gosh, Sergeant, was …"
Jetzt bemerkte er, dass der schwere Armee-Colt des Sergeanten auf ihn gerichtet war. Das Begreifen riss ihn herum. Sein Mund klappte zu, seine Augen weiteten sich.
"Farewell, Reiter-Soldat", stieß Jefford ohne jede Gemütsregung hervor und drückte ab. Die schwere Kugel ließ den Trooper drei Schritte zurückwanken. Seine Hände verkrampften sich vor der Brust. Seine Lippen formten tonlose Worte.
Ungerührt hob Sergeant Jefford noch einmal die Faust mit dem Colt. Aber in diesem Moment brach der Soldat zusammen wie eine Marionette, deren Schnüre losgelassen werden. Er streckte sich, seine Gestalt erschlaffte.
Der Sergeant blies den Rauchfaden von der Mündung, holsterte den Colt und ging um den Wagen herum.
Lieutenant Burnell trieb sein Pferd zwischen den Felsen hervor. Der Karabiner stand mit dem Kolben auf seinem Oberschenkel. Der Lieutenant hielt das Gewehr mit der Rechten am Kolbenhals fest. Sein Zeigefinger lag um den Abzug.
Der Sergeant stemmte beide Arme in seine Seiten und erwartete Burnell mit einem schiefen Grinsen. Burnell hielt zwei Pferdelängen vor ihm an. Er ließ seinen kalten Blick über die toten Soldaten schweifen und hörte Jefford staubheiser sagen: "Dreißigtausend Dollar, Allan. Und alles gehört uns."
Allan Burnell richtete seinen Blick auf ihn – und gleichzeitig das Gewehr. "Irrtum, Jefford. Du bist ein Dummkopf. Ja, du bist wirklich dümmer, als du aussiehst."
Mit seinem letzten Wort drückte er ab.
Donnernd brach der Schuss aus dem Lauf. Feuer, Rauch und Blei stießen auf Jefford zu. Der Treffer schleuderte ihn gegen den Wagen. Und jetzt, da er merkte, dass er hereingelegt worden und er so gut wie tot war, zeigte sich eine ganze Gefühlswelt in seinen geweiteten Augen. Da waren das Grauen und die Angst, die Verzweiflung, das Entsetzen und eine Reihe anderer Empfindungen mehr zu lesen.
Noch einmal krachte das Gewehr.
Die Kugel richtete Jefford zu seiner vollen Größe auf, und plötzlich sackte er zusammen.
"Yeah, dreißigtausend Dollar, Jefford", murmelte der Lieutenant mit schmalen Lippen. "Und jetzt gehören sie mir – mir ganz allein. Bestell dem Satan schöne Grüße von mir, Amigo."
Burnell sprang vom Pferd und stieß den Karabiner ins Sattelhalfter. Sattelsteif stakste er zum Fuhrwerk. Er schlug die Plane zurück und griff nach der Stahlkassette, die da lag und auf die die Initialen der U.S.-Armee gepinselt waren.
Habgier schlich sich in seine Augen.
Er warf die Kassette auf den Boden und zog den Colt. Ein Schuss, und das schwere Schloss sprang auf. Burnell holsterte das Eisen und öffnete den Behälter. Sein Blick saugte sich an den sauber gebündelten Dollarscheinen fest.
"Dreißigtausend", flüsterte er fast andächtig. "Dafür muss ein Lieutenant verdammt lange Dienst schieben in einem Indianer-Fort."
Dann lachte er überschnappend. Schauerlich trieb das teuflische Gelächter über die Ermordeten hinweg und verlor sich. Burnell trug die Kassette zu seinem Pferd. Hastig stopfte er seine Satteltaschen mit den Notenbündeln voll.
Dann warf er sich in den Sattel und ritt in die Felswildnis.
Seine Spur verlor sich in der Weite des Landes …
*
Über ein Jahr später …
In Lincoln war Wochenende. In den Saloons und anderen Vergnügungsetablissements war der Teufel los. Es wurde gespielt, gerauft, geschossen und gehurt. Waco Jordan, der Town-Marshal, hatte alle Hände voll zu tun. Aber souverän setzte er sich gegen jedwede Gewalt durch. Er brachte Streithähne zur Raison, kassierte Ordnungsgelder von den Betrunkenen, die im Übermut ihre Colts leerballerten, jagte eine Handvoll Cowboys aus der Stadt, weil sie trotz seiner eindringlichen Ermahnungen keine Ruhe geben wollten …
Aber auch die wilden Nächte neigten sich einmal dem Ende entgegen.
Es war gegen drei Uhr. In der Stadt war ziemlich Ruhe eingekehrt. Nur im 'Lonesome Rider Saloon' ging es noch recht toll her. Der Lärm trieb durch die Main Street und sickerte in die Gassen.
In einem kleinen Haus am Stadtrand flüsterte eine Frau ihrem Lover, der neben ihr ihm Bett lag, zärtlich ins Ohr: "Ich muss gehen. Stryker wird mich schon vermissen. Ich kann ihm ja schließlich nicht auf die Nase binden, wo ich war. Das wäre doch sicher ganz und gar nicht in deinem Interesse."
"Warte noch", erwiderte der Mann mit belegter Stimme und griff nach ihrer Brust. Sie fühlte sich hart und prall an. Er strich darüber hinweg, spürte, wie die Knospe hart und steif wurde. "Lass uns noch eine Nummer schieben, Honey. Solange noch der Lärm aus dem 'Lonesome Rider Saloon' zu hören ist, geht es dort drunter und drüber, und keiner vermisst den anderen."
Er führte ihre Hand nach unten, sie ertastete sein halbsteifes Glied, manipulierte es, bis es richtig steif war, dann setzte sie sich auf ihn.
Er stöhnte wollüstig und hob ihr seine Mitte entgegen. Seine Hände lagen auf ihren Hüften.
Ihr Po zuckte auf und ab, er hielt im Rhythmus ihrer Bewegungen mit. Ihr Ritt auf seinem Pfahl wurde schneller, stürmischer. Sein Glied schrubbte in ihrem Lustkanal hin und her. Ihre Scheidewände produzierten hormonelle Flüssigkeit, und mit der Steigerung des Lustgefühls verkrampften sich ihre Körper.
Schließlich öffneten sich seine Samendrüsen. Sein Steifer spuckte das Sperma regelrecht in sie hinein, pumpte und zuckte. Der Höhepunkt ließ ihn ächzen.
Sie presste ihm den letzten Tropfen regelrecht heraus, dann stieg sie von ihm herunter.
Er setzte sich auf und drehte den Docht der Lampe auf dem Nachttisch höher. Das Licht kroch in die Ecken des spartanisch eingerichteten Raumes. An der Wand hing ein großes Kreuz. Darunter lag auf einem Wandbrett eine abgegriffene, dicke Bibel.
"Kommst du wieder?", fragte er keuchend, mit belegter Stimme – Zeichen dafür, dass er noch immer erregt war.
"Sicher, Padre", murmelte das Mädchen lächelnd, mit leisem Spott. Die Lady war rothaarig und aufregend gewachsen. Sie schlüpfte in ihre Kleidung. Es war das Huren-Habit, das sie während ihrer Arbeit im 'Lonesome Rider Saloon' Stan Strykers trug. Es zeigte mehr als es verdeckte, und bestand aus einem blauen, mit schwarzen Spitzen besetzten Korselett, einem schwarzen Strapsgürtel und grauen Strümpfen.
Joshua Slaughter, der Mann, der seit etwa drei Monaten als Priester in Lincoln eingesetzt war, erhob sich. Er war pudelnackt. Sein Glied war erschlafft und baumelte nach unten. Es glitzerte noch feucht vom Verkehr mit dem Mädchen.
Slaughter war etwa vierzig Jahre alt. Ein wildes Bartgestrüpp, das schon von etlichen Grauen Fäden durchsetzt war, wucherte in seinem Gesicht. Sein Kopf war kahl. Blaue Augen beherrschten das hohlwangige Gesicht.
Er ging zu einer Kommode, zog den Schub auf, griff hinein und reichte der Rothaarigen einen Zehner. Sie sagte lächelnd: "Thanks, Padre. Du bist wirklich großzügig. Für zehn Bucks muss ich normalerweise bei drei Kerlen abhalten, und dann kassiert der verdammte Stan Stryker noch mit."
"Geh jetzt, Sally", murmelte der Pfarrer. "Wie du weißt, beinhalten die zehn Dollar, die ich dir immer gebe, ein Gutteil Schweigegeld. Als Priester bin ich ja schließlich auf dem fleischlichen Sektor zur Abstinenz verdammt. Und sollte die ehrenwerte Miss Virginia Mosley jemals herauskriegen, dass ich eine von Strykers Huren dreimal die Woche bumse, erschießt sie mich standrechtlich."
"Manchmal frage ich mich, ob du wirklich ein Pfarrer bist, Hochwürden", kam es schnippisch von Sally. "Vielleicht versteckst du dich nur hinter deiner schwarzen Kutte."
Seine Brauen schoben sich finster zusammen. In seinen Augen glomm plötzlich ein seltsames Licht. "So etwas darfst du nicht einmal denken!", fuhr er sie an. Und abgehackt setzte er hinzu: "Wie kommst du überhaupt auf diese Idee?"
"Na ja", erwiderte das Mädchen. "Ich kannte bisher nur Priester, die alt und vertrocknet waren; sie wetterten gegen die Wollust des Fleisches und predigten ewige Verdammnis für Leute wie mich. Du aber bist geil wie ein brunftiger Rehbock, und du trägst einen Revolver im Schulterholster …"
Sein Gesicht veränderte sich schlagartig und auf erschreckende Weise. Als wäre unvermittelt ein Dämon in ihm erwacht. "Hast du darüber schon irgendeinem Menschen in dieser Stadt etwas erzählt?", hechelte er und durchbohrte sie regelrecht mit seinem lodernden Blick.
Sally erschrak bis in ihren Kern. Sie kannte den Mann, der immer so gutmütig und verständnisvoll schien, plötzlich nicht wieder. Von ihm ging unvermittelt etwas Raubtierhaftes, Gefährliches aus, etwas, das ihr einen Kälteschauer den Rücken hinunter jagte.
Der Schreck ging tief. Er schnürte ihr die Kehle zu. Sie schüttelte nur den Kopf.
"Äußere nie wieder einen Zweifel an meiner Integrität", knurrte er und bemühte sich, wieder gemäßigt zu klingen. "Ich bin Priester, aber eben nur ein Mensch. Wie heißt es in der Bibel? Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Und die ganze Heuchelei mit dem Zölibat ist nicht Gottesgebot, sondern wurde von irgendeinem Papst in die Welt gesetzt worden, der wahrscheinlich keinen hochbekam. Ich pfeife drauf. Ich kann den Drang in meinen Lenden eben nicht zu den Rippen hinausschwitzen. – Was die Waffe anbetrifft – so ist sie nichts weiter als Selbstschutz. Viel zu viel Gesindel treibt sich im Lande umher. Manche Kerle schrecken nicht mal davor zurück, in die Kirche einzudringen und den Opferstock auszurauben. Sie töten für eine Handvoll Cents Menschen. Deshalb die Waffe …"
Er streichelte ihr mit den Handknöcheln über die Wange. "Jetzt geh, Kind. Sonst vermisst dich Stryker tatsächlich noch und stellt unbequeme Fragen."
Sally nickte.
Dann beeilte sie sich, das Haus zu verlassen. Der Padre war ihr plötzlich nicht mehr geheuer. Allzu heftig war seine Reaktion, als sie im Spaß an seiner echten Priesterschaft zweifelte.
Sie schlich durch verschlungene, nachtschwarze Gassen zum 'Lonesome Rider Saloon' zurück. Als sie den Hof betrat, vertrat ihr ein Schemen den Weg. Zunächst erschrak Sally so sehr, dass ihr Herz einen Schlag lang aussetzte, als aber der Mann seine Stimme erklingen ließ, erkannte sie in ihm Johnny Fletcher, einen Cowboy von der Triangle-M Ranch. Der Cowpuncher stieß wütend hervor: "Ich habe dich vermisst, Sally. O verdammt, du weißt genau, dass ich nur dich will. Wo hast du dich herumgetrieben?"
Er packte sie hart an den Oberarmen.
"Du tust mir weh, Johnny!", stöhnte das Mädchen.
Sein Griff lockerte sich ein wenig. "Sag es mir!", hechelte er.
"Hast du … Johnny, hast du Stryker nach mir gefragt?"
"Natürlich. Ich wollte doch wissen, wo du bist. Er wusste es auch nicht. Also sprich. Warum hast du mich über eine Stunde warten lassen? Sag mir den Namen des Schweins, in dessen Bett du dich herumgetrieben hast, damit ich ihn mit dem Bowie-Knife kastrieren kann!"
"Ich – ich hatte Kopfweh und bin spazieren gegangen. Der Qualm, der Lärm …"
"Lüg mich nicht an, verdammt!" Er packte wieder härter zu und schüttelte sie zornig.
Um den Bretterzaun glitt eine schattenhafte Gestalt. Sie erschien im Rücken des Cowboys. Sally wollte eine Warnung ausstoßen, aber da zischte der Mann schon: "Sie ist dir keine Rechenschaft schuldig!"
Mit dem letzten Wort, als Johnny Fletcher herumwirbelte, schlug der Schemen mit einem harten Gegenstand zu. Es war die Latte von einem Staketenzaun, die er abgerissen hatte.
Mit einem hohlen Seufzer brach der Cowboy besinnungslos zusammen. Der Mann warf die Latte neben ihn auf den Boden. Er griff unter seine Jacke …
"Du!", entfuhr es Sally überrascht, als sie ihn erkannte. "Bist du mir …"
Der Arm des Mannes zuckte nach vorn. Blanker Stahl bohrte sich in Sallys Leib. Ein Schrei staute sich in ihr und wollte ihr schmerzhaft in die Kehle steigen. Er entrang sich ihr nur als ersticktes Röcheln. Glühender Schmerz zuckte in ihrem Körper in die Höhe, breitete sich mit Vehemenz aus und wehte wie ein heißer Wind durch ihren Verstand. Doch dann kam die bleierne Schwäche, und mit ihr senkten sich dunkle Schleier vor ihre Augen. Plötzlich war sie über den Schmerz hinaus, und das konnte nur bedeuten, dass der Tod mit kalter, gebieterischer Hand sie bereits berührte.
Er stieß ihr noch einmal das Messer in den Leib.
Sally brach zusammen. Ein Zittern durchlief ihre Gestalt, dann riss ihr Denken.
Der Mörder beugte sich über den Cowboy. Johnny hatte ein Bowie-Knife im Stiefelschaft stecken. Das zog der Mörder heraus. Das mit Sallys Blut besudelte Messer warf er neben den Cowboy auf den Boden.
Er verschwand genauso lautlos, wie er gekommen war.
*
Als ein Gast des 'Lonesome Rider Saloons' das Toilettenhäuschen im Hof aufsuchte, rappelte Johnny sich ächzend in die Höhe. Sein Schädel brummte von dem Schlag, in seinen Ohren dröhnte das Blut. Er hatte keine Ahnung, was vorgefallen war.
Der Mann, den ein natürliches Bedürfnis ins Freie getrieben hatte, hörte ihn Ächzen und kam zur Einfahrt, um nachzusehen, was los sei.
Er riss ein Streichholz an. Im vagen Lichtschein sah er Johnny am Boden hocken und sich mit beiden Händen den Kopf halten, und er sah die blutüberströmte Leiche des Mädchens.
"Gütiger Gott!", entrang es sich ihm entsetzt. In seine Gestalt kam Leben. Er hetzte in den Saloon und brüllte: "Draußen liegt Sally, alles voll Blut, bei ihr Johnny Fletcher! Mein Gott, ich glaube, Sally ist tot, und wahrscheinlich ist Johnny ihr Mörder!"
Alles was zwei Beine hatte, drängte nach draußen. Durch Vorder- und Hintereingang. Einige von Strykers Angestellten kamen mit Lampen. Stan Stryker und Corby, sein Top-Revolverschwinger, bahnten sich einen Weg durch die Menge, die Schulter an Schulter stand und einen Kreis aus Leibern um Johnny und Sally bildete.
Stryker beugte sich über das Mädchen und fühlte dessen Puls. Nach wenigen Augenblicken richtete er sich auf und sagte kratzig: "Sie ist tot."
Sofort zog Corby seinen Sechsschüsser und richtete ihn auf den Cowboy. "Sitzen bleiben, sonst knallt's!", drohte er mit eisigem Tonfall.
Der Cowboy schaute verstört. Das Licht der Laternen ringsum malte Licht- und Schattenreflexe in sein zuckendes Gesicht. Nur nach und nach schien er zu begreifen.
"Aber …"
"Schnauze!", herrschte ihn Corby an.
Johnny schwieg erschreckt.
"Da liegt auch das Messer", sagte jemand.
Stryker wandte sich dem Cowboy zu. "Gehört das dir?"
"Nein – nein", hechelte Johnny. "Mein Knife steckt im Stiefelschaft. Hier …"
Er zog sein Hosenbein hoch und griff in den Stiefel. Sein Gesicht wurde kalkig. "Es – es ist nicht mehr da", röchelte er, und mit aller Schärfe begriff er die Tragweite dessen. "Das kann doch nicht sein", stöhnte er. "Ich sprach mit Sally. Plötzlich bekam ich einen Schlag übergebraten. Von da an weiß ich nichts mehr. Ich …"
"Du hast dich vor über einer Stunde bei mir nach Sally erkundigt!", schnitt ihm Stryker mit frostiger, entschiedener Stimme das Wort ab. "Und du warst ziemlich wütend auf sie, weil sie nicht da war."
"Ja, und du hast ihr hier aufgelauert", ergänzte Corby mitleidlos. "Ihr bekamt Streit, und du gingst mit dem Messer auf sie los. Du hast sie in deiner Wut niedergestochen, und sie hat dir mit letzter Kraft eins übergezogen. Das ist dein Pech, Kumpel. Du weißt, was darauf steht?"
Johnny wurde plötzlich der Hals eng.
Rundum setzte drohendes, unheilvolles Gemurmel ein.
Johnny Fletcher schluckte trocken.
"Bringt ihn zum Marshal!", stieß Stryker hervor. "Und dann holt Jeff Turner, damit er Sally ins Leichenschauhaus bringt. Die Kosten für ihre Beerdigung übernehme natürlich ich."
Stryker holte ein Taschentuch aus seiner Tasche und hob damit das blutverschmierte Messer auf. Mit den bloßen Händen wollte er es nicht anfassen. Ihm ekelte vor Blut …
Johnny wurde brutal auf die Beine gezerrt. Jemand zog ihm den Colt aus dem Holster. Sie stießen ihn vor sich her in die Main Street und weiter zum Marshal's Office.
Waco wollte gerade absperren, um nach Hause zu gehen und sich schlafen zu legen.
Der Pulk schob sich heran. Johnny Fletcher wurde vor dem Vorbau in den Staub gestoßen. Er schrie auf. Er wollte sich hochstemmen, ein brutaler Tritt zwischen die Schulterblätter warf ihn wieder auf den Bauch.
Waco wandte sich der bedrohlich anmutenden Meute zu.