Einander neu entdecken - Roland Kachler - E-Book

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Roland Kachler

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Beschreibung

Wenn die Liebe hinfällt In eine Paartherapie kommen nicht nur rationale erwachsene Partner: innen, die miteinander ihre Probleme diskutieren und lösen. In jeder Paarbeziehung begegnen sich auch Kinder: enttäuschte, wütende und verzweifelte Kinder, aber auch verwöhnte und egozentrische. Diese inneren Kinder der Partner:innen können sich mächtig in die Wolle kriegen, sind frustriert voneinander, schmollen, machen sich Vorwürfe und bekämpfen sich wie im Sandkasten. Die destruktiven Interaktionen zwischen diesen kindlichen Ego-States äußern sich dann in dauerhaften Paarproblemen bis hin zu einer Außenbeziehung. Die Arbeit mit den verletzten und bedürftigen inneren Anteilen eröffnet Paartherapeut:innen und den Paaren selbst ein Verständnis des unbewussten Zusammenspiels ihrer inneren Kinder. Die Partner:innen lernen dabei, die Bedürfnisse der eigenen Anteile zu entdecken und eigenverantwortlich für sie zu sorgen. Im Ergebnis können sie als Erwachsene ohne Beteiligung ihrer inneren Kinder miteinander kommunizieren. Roland Kachler vermittelt die theoretischen Grundlagen dieses umfassenden Paartherapie-Ansatzes u. a. anhand von Fallbeispielen und innovativen Ego-State-Grafiken. Paartherapeut:innen erhalten zahlreiche praktische Methoden und konkrete Handlungsinstruktionen, die sie unmittelbar einsetzen können. Der Autor: Roland Kachler, Dipl.-Psych. und Psychologischer Psychotherapeut, Klinischer Transaktionsanalytiker, Supervisor (EZI), Systemischer Paar- und Sexualtherapeut; Fortbildungen u. a. in Hypnotherapie, Ego-State-Therapie, EMDR, Traumatherapie (PITT); leitete von 1990–2013 eine Psychologische Beratungsstelle in Esslingen; Mitarbeit bei der Landesstelle der Psychologischen Beratungsstellen Stuttgart; eigene psychotherapeutische Praxis. Schwerpunkte: Psychotherapie, Paar- und Sexualtherapie, Trauerbegleitung und Trauertherapie; Vorträge und Workshops zu verschiedensten psychologischen Themen, bes. Trauer, Partnerschaft, Familie, Erziehungsthemen.

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Seitenzahl: 303

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Systemische Therapie und Beratung

In den Büchern der Reihe zur systemischen Therapie und Beratung präsentiert der Carl-Auer Verlag grundlegende Texte, die seit seiner Gründung einen zentralen Stellenwert im Verlag einnehmen. Im breiten Spektrum dieser Reihe finden sich Bücher über neuere Entwicklungen der systemischen Arbeit mit Einzelnen, Paaren, Familien und Kindern ebenso wie Klassiker der Familien- und Paartherapie aus dem In- und Ausland, umfassende Lehr- und Handbücher ebenso wie aktuelle Forschungsergebnisse. Mit den roten Bänden steht eine Bibliothek des systemischen Wissens der letzten Jahrzehnte zur Verfügung, die theoretische Reflexion mit praktischer Relevanz verbindet und als Basis für zukünftige nachhaltige Entwicklungen unverzichtbar ist. Nahezu alle bedeutenden Autoren aus dem Feld der systemischen Therapie und Beratung sind hier vertreten, nicht zu vergessen viele Pioniere der familientherapeutischen Bewegung. Neue Akzente werden von jungen und kreativen Autoren gesetzt. Wer systemische Therapie und Beratung in ihrer Vielfalt und ihren transdisziplinären und multiprofessionellen Zusammenhängen verstehen will, kommt um diese Reihe nicht herum.

Tom Levold

Herausgeber der Reihe Systemische Therapie und Beratung

Roland Kachler

Einander neu entdecken

Ego-State-Arbeit mit Paaren – Ein hypnosystemischer Ansatz für Therapie und Beratung

2024

Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats des Carl-Auer Verlags:

Prof. Dr. Dr. h. c. Rolf Arnold (Kaiserslautern)

Prof. Dr. Dirk Baecker (Dresden)

Prof. Dr. Ulrich Clement (Heidelberg)

Prof. Dr. Jörg Fengler (Köln)

Dr. Barbara Heitger (Wien)

Prof. Dr. Johannes Herwig-Lempp (Merseburg)

Prof. Dr. Bruno Hildenbrand (Jena)

Prof. Dr. Karl L. Holtz (Heidelberg)

Prof. Dr. Heiko Kleve (Witten/Herdecke)

Dr. Roswita Königswieser (Wien)

Prof. Dr. Jürgen Kriz (Osnabrück)

Prof. Dr. Friedebert Kröger (Heidelberg)

Tom Levold (Köln)

Dr. Kurt Ludewig (Münster)

Dr. Burkhard Peter (München)

Prof. Dr. Bernhard Pörksen (Tübingen)

Prof. Dr. Kersten Reich (Köln)

Dr. Rüdiger Retzlaff (Heidelberg)

Prof. Dr. Wolf Ritscher (Esslingen)

Dr. Wilhelm Rotthaus (Bergheim bei Köln)

Prof. Dr. Arist von Schlippe (Witten/Herdecke)

Dr. Gunther Schmidt (Heidelberg)

Prof. Dr. Siegfried J. Schmidt (Münster)

Jakob R. Schneider (München)

Prof. Dr. Jochen Schweitzer † (Heidelberg)

Prof. Dr. Fritz B. Simon (Berlin)

Dr. Therese Steiner (Embrach)

Prof. Dr. Dr. Helm Stierlin † (Heidelberg)

Karsten Trebesch (Dallgow-Döberitz)

Bernhard Trenkle (Rottweil)

Prof. Dr. Sigrid Tschöpe-Scheffler (Köln)

Prof. Dr. Reinhard Voß (Koblenz)

Dr. Gunthard Weber (Wiesloch)

Prof. Dr. Rudolf Wimmer (Wien)

Prof. Dr. Michael Wirsching (Freiburg)

Prof. Dr. Jan V. Wirth (Meerbusch)

Themenreihe »Systemische Therapie und Beratung«

hrsg. von Tom Levold

Reihengestaltung: Uwe Göbel

Umschlaggestaltung: B. Charlotte Ulrich

Umschlagmotiv: © cartoon-IT – stock.adobe.com

Redaktion: Eva Dempewolf

Satz: Drißner-Design u. DTP, Meßstetten

Printed in Germany

Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck

Erste Auflage, 2024

ISBN 978-3-8497-0540-4 (Printausgabe)

ISBN 978-3-8497-8498-0 (ePUB)

© 2024 Carl-Auer-Systeme Verlag

und Verlagsbuchhandlung GmbH, Heidelberg

Alle Rechte vorbehalten

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Informationen zu unserem gesamten Programm, unseren Autoren und zum Verlag finden Sie unter: https://www.carl-auer.de/Dort können Sie auch unseren Newsletter abonnieren.

Carl-Auer Verlag GmbH

Vangerowstraße 14 • 69115 Heidelberg

Tel. +49 6221 6438-0 • Fax +49 6221 6438-22

[email protected]

Inhalt

Vorwort – Willkommen im Abenteuerland der Paartherapie!

Einführung – Die Ego-States und die Paarbeziehung: eine Herausforderung für die Liebe

Was sind Ego-States eigentlich?

Was sind Kind-Ego-States im Besonderen?

Die Kind-Ego-States in der Paarbeziehung

Paartherapie als Arbeit mit den Kind-Ego-States der Partner

1 Warum Ego-State-Arbeit in der Paartherapie? Ausgangspunkt und Ziel einer Paartherapie

1.1 Warum kommen Paare in die Paartherapie?

1.2 Welche Paare kommen in die Paartherapie?

1.3 Worin liegt die Lösung für das hilfesuchende Paar?

1.4 Was brauchen Paare in der Paartherapie?

1.5 Warum jetzt auch noch Ego-State-Arbeit in der Paartherapie?

2 Was ist ein Paar eigentlich? – Die theoretischen Grundlagen der Paarpsychologie kurz gefasst

2.1 Wie tauscht sich das Paar aus? – Kommunikationstheoretische Grundlagen der Paartherapie

2.2 Wer bringt sich wie in die Partnerschaft ein? – Verhaltenstheoretische Grundlagen der Paarherapie oder das »Bankkonto einer Paarbeziehung«

2.3 Wie funktioniert die Paarbeziehung? – Systemische Grundlagen der Paartherapie

2.4 Wie sicher gebunden sind die Partner? – Die Bindungstheorie als Grundlage der Emotionsfokussierten Paartherapie

2.5 Wer hypnotisiert wen? – Hypnotherapeutische Grundlagen der Paartherapie

2.6 Wie reagieren die Körper der Partner aufeinander? – Körpertherapeutische Grundlagen der Paartherapie

2.7 Um was geht es unbewusst eigentlich? – Tiefenpsychologische Grundlagen und er Kollusionsansatz

3 Wer kommuniziert eigentlich mit wem? – Das hypnosystemische Ego-State-Modell der Paarbeziehung

3.1 Seitenmodell, Teilemodell, Inneres Team, Ego-State-Modell, Schema-Therapie und Transaktionsanalyse – Was hilft Paaren und Paartherapeuten am besten?

3.2 Was sind Ego-States und wie lassen sie sich verstehen? – Die relevanten Ego-States der Partner

3.3 Gegenwärtige auf das Hier und Jetzt bezogene Ego-States

3.4 In der Kindheit entstandene Ego-States

3.5 Das hypnosystemische Ego-State-Modell der Paarbeziehung

3.6 Wie unbewusste Paarverträge, das Paararrangement und die Paarkollusion hypnosystemisch verstanden aus der Interaktion der Ego-States entstehen

3.7 Wie aus dem unbewussten Paararrangement hypnosystemisch verstanden die Paarprobleme entstehen

3.8 Mit dem hypnosystemischen Ego-State-Modell die Paarstruktur und Paardynamik verstehen

4 Wie geht Ego-State-Arbeit in der Paartherapie? – Therapieplanung, Therapiephasen und Therapieablauf

4.1 Eingangsphase mit Therapieanliegen, Psychoedukation und Vertragsarbeit

4.2 Deeskalation, Einüben von Kommunikationsregeln und Aktivierung der Paarressourcen

4.3 Arbeitsphasen mit der Ego-State-Arbeit als Zentrum

4.4 Das Grundprinzip und der rote Faden der Paartherapie – Die bezogene Individuation und die individuierte Bezogenheit

5 Und wo sind nun die inneren Kinder der Partner? – Der Zugang zu den relevanten Kind-Ego-States des Paares

5.1 Zugang zu den relevanten Kind-Ego-States über die Analyse der Partnerwahl und des Verliebens

5.2 Zugang zu den Kind-Ego-States über die Paargeschichte

5.3 Zugang zu den relevanten Ego-States über die Biografie der Partner

5.4 Zugang zu den relevanten Ego-States über die parallele Analyse der Herkunftsfamilien der Partner

5.5 Zugang zu den relevanten Ego-States über die aktuellen Paarkonflikte

5.6 Das Verstehen der Paarverträge und des Paararrangements

6 Wie nun die Kind-Ego-States beeltern und heilen? – Die paartherapeutische Arbeit mit den relevanten Kind-Ego-States der Partner

6.1 Ziele und Grenzen der Arbeit mit Kind-Ego-States in der Paartherapie

6.2 Grundprinzipien der Ego-State Arbeit – Verantwortung für die eigenen Ego-States übernehmen

6.3 Die therapeutische Arbeit mit den Kind-Ego-States der Partner

6.4 Installation eines neuen Paarvertrages und der Erwachsenenebene in der Paarbeziehung

6.5 Probleme und Schwierigkeiten in der Arbeit mit den Kind-Ego-States

7 Nur nicht die inneren Eltern vergessen! – Die paartherapeutische Arbeit mit den relevanten Eltern-Ego-States der Partner

7.1 Die destruktive Wirkung der Eltern-Ego-States in der Paarbeziehung

7.2 Ziele und Grenzen der paartherapeutischen Arbeit an den Eltern-Ego-States

7.3 Die paartherapeutische Arbeit mit den Eltern-Ego-States

7.4 Formulierung und Einüben des neuen Paarvertrages

7.5 Schwierigkeiten in der paartherapeutischen Arbeit mit den Eltern-Ego-States

8 Wer oder was ist der, die oder das Dritte im Bunde? – Die Arbeit mit Kind-Ego-States bei komplexen Paarkonstellationen

8.1 Die Triangulierung – Das sich destruktiv auswirkende Dritte in der Paarbeziehung

8.2 Was geschieht bei einer Triangulierung, und wie sind die Kind-Ego-States der Partner beteiligt?

8.3 Die paartherapeutische Arbeit an der Triangulierung – Eine komplexe Aufgabe in der Paartherapie

8.4 Eruieren der Triangulierung, Krisenintervention und Vertragsarbeit bei Aufbrechen der Triangulierung

8.5 Arbeit an der Entstehung der Triangulierung auf der Paarebene

8.6 Arbeit mit dem relevanten Kind-Ego-State des ausgeschlossenen Partners

8.7 Arbeit mit dem triangulierenden Partner und dessen relevantem Kind-Ego-State

8.8 Lösung und Transformation der Triangulierung

8.9 Schwierigkeiten bei der paartherapeutischen Arbeit an einer Triangulierung

8.10 Exkurs: Die nötige und schwierige Triangulierung mit dem Paartherapeuten

9 Wie wird es für das Paar wieder gut? – Die Schlussphase der Paartherapie

9.1 Die Schlussphase der Paartherapie einleiten

9.2 Lösung der konkreten Paarthemen auf er Erwachsenen-Ego-State-Ebene

9.3 Lösung von noch verbliebenen Verletzungen und Kränkungen

9.4 Beendigung der Paartherapie und Startschuss für das »neue« Paar

Literatur

Über den Autor

Vorwort – Willkommen im Abenteuerland der Paartherapie!

Hätten Sie gerne noch ein paar weitere Abenteuer in Ihrem Leben – als Therapeutin bzw. Therapeut oder als Beraterin bzw. Berater1? Dann nichts wie hin zur Paartherapie. Hier gibt es noch wahre Abenteuer, hier wartet noch großes Kino, wahrhaft aufregende Spannung, und hier harren große Aufgaben. Aber es gibt auch das Risiko eines harten Scheiterns, eines ziemlichen Absturzes, des ausweglosen Verirrens und der heftigen Verwirrung. Das kennen Sie sicherlich auch aus eigenen Paarbeziehungen. Wenn Sie davon noch nicht genug haben, dann, wie gesagt, auf ins Abenteuerland der Paartherapie.

Dort begegnen Sie Paaren in allen Irrungen und Wirrungen der Liebe und des Lebens, in den Enttäuschungen der großen Liebe und im Zusammenbruch aller Lebensträume. Diese in Not geratenen Paare warten in großer Hoffnung auf Sie als Paartherapeut, als Retter, als Prophet und Heiler der Liebe. Auch wenn das ein bisschen zu viel verlangt ist – Paare dürfen kompetente, mit den besten und aktuellsten Ansätzen und Methoden der Paartherapie ausgestattete Paartherapeuten erwarten. Wenn Sie das werden oder Ihre bereits vorhandenen Kenntnisse und Kompetenzen auf diesem Gebiet aktualisieren und erweitern wollen, dann sind Sie mit diesem Buch genau richtig unterwegs. Hier bekommen Sie einen guten Überblick über das Vorgehen in der Paartherapie und über die wichtigsten aktuellen Modelle. Denn für das Abenteuer der Paartherapie braucht es auch eine gute Landkarte, einen Kompass, eine entsprechende Ausrüstung, gute Kondition und spezifisches Fachwissen. Genau das bekommen Sie in diesem Buch als Ihrem kompetenten Reisebegleiter.

Dieses Abenteuerland der Paartherapie ist auch das Land der Kindheit. Dort warten nicht nur rationale erwachsene Partner, die miteinander ihre Probleme diskutieren und lösen. In jeder Paarbeziehung sind Kinder unterwegs. Einerseits ist das ganz schön, aber dann doch auch schwierig, wenn diese Kinder miteinander im Streit liegen. So erwarten Sie dort eben nicht nur liebe, sondern vor allem enttäuschte, wütende und verzweifelte, dazu auch verwöhnte und egozentrische Kinder. Diese »inneren Kinder« der Partner sind miteinander verclincht, liegen sich buchstäblich in den Haaren, sind frustriert übereinander, schmollen, machen sich gegenseitig Vorwürfe und bekämpfen sich oft bis aufs Messer – eben wie zwei Kinder, die in einem Sandkasten um die Sandförmchen raufen. Sind solche Kinder einmal losgelassen, hat die Paarbeziehung und die Liebe der beiden erwachsenen Partner keine Chance mehr. Deshalb braucht es in der Paartherapie die Arbeit an diesen wild gewordenen, aber eben auch verzweifelten inneren Kindern – im Folgenden als Kind-Ego-States bezeichnet – der Partner, ohne die es keine Lösung der Probleme gibt, mit denen die Paare zu Ihnen kommen. Wie nun mit diesen Kindern umgehen, wie mit ihnen arbeiten? Hierfür hält dieses Buch Ansätze, Strategien und Methoden einer hypnosystemischen Ego-State-Arbeit bereit, sodass Sie bestens vorbereitet sind für diese so wichtige und zugleich so fesselnde Aufgabe. Und glauben Sie mir: Nichts ist so schön, so spannend und sinnerfüllend wie die Arbeit mit Kindern, auch wenn die Kind-Ego-States der Problempaare schwierige Kinder sind.

Wir werden sehen, dass die Arbeit mit Paaren eine Transformation der Paardynamik und Paarstruktur anstrebt, damit die vom Paar beklagten Probleme eine langfristige Lösung finden können. Ich nenne diese Arbeit in diesem Buch durchgehend Paartherapie, obwohl sie natürlich auch im Setting einer Beratungsstelle stattfinden kann. Die zugrundliegende Theorie der Paarbeziehung und die hier vorgestellten Interventionsmethoden sind für beide Settings dieselben. Einen Unterschied gibt es lediglich im institutionellen Rahmen und der möglichen Dauer. Paarberatung findet im Rahmen einer Beratungsstelle mit meist begrenzter Anzahl von Sitzungen, Paartherapie in einer psychotherapeutischen Praxis mit einer meist größeren Anzahl von Sitzungen statt. Für beide Kontexte ist die hier vorgestellte Arbeit mit Ego-States außerordentlich hilfreich und zielführend.

Nochmals also die Frage: Hätten Sie gerne noch ein paar weitere Abenteuer in Ihrem Leben? Ja? Dann sind Sie hier genau richtig in der Ego-State-Arbeit im Abenteuerland der Paartherapie. Herzlich willkommen!

Roland KachlerRemseck bei Stuttgart

1 Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird in diesem Buch ab hier das generische Maskulinum verwendet, das per definitionem alle Geschlechter umfasst.

Einführung – Die Ego-States und die Paarbeziehung: eine Herausforderung für die Liebe

Paarberatung und Paartherapie sind ein spannendes und zugleich herausforderndes Arbeitsfeld, das von vielen Paaren sehr nachgefragt ist. Hierfür stellt dieses Buch die Ego-State-Arbeit in der Paartherapie als einen Ansatz vor, der diese Aufgabe sowohl für die Paartherapeuten als auch für die betroffenen Partner einfacher und zugleich wirksamer werden lässt.

Was sind Ego-States eigentlich?

Ego-States können wir als Teile oder Seiten unserer Persönlichkeit verstehen, die sich wie eine eigene Person in uns anfühlen. Wir fühlen uns zum Beispiel wie der zehnjährige Junge, der sich bei der Trennung der Eltern als verlassen erlebt, oder wie das fünfzehnjährige verliebte junge Mädchen. Genauso hat sich früher das Kind von damals gefühlt, und dies wurde als eigenes Erleben abgespeichert und ist heute immer noch zugänglich. Diesen Erlebenszustand aus der Kindheit und Jugendzeit bezeichnen wir als Kind-Ego-State, also als Teilpersönlichkeit, die sich jetzt heute wieder zeigen kann und die wir heute wieder erleben können. Wir werden sehen, dass diese Kind-Ego-States für die Paarbeziehung und die Entstehung von Paarproblemen eine entscheidende Rolle spielen. In unserer Person gibt es aber auch innere Gestalten, die wir in unserer Kindheit von außen aufgenommen und abgespeichert haben. Da sind zuerst natürlich die Eltern, die Großeltern, aber auch ältere und jüngere Geschwister zu nennen, später kommen dann wichtige andere Bezugspersonen, beispielsweise Lehrer dazu. Diese zunächst äußeren Personen werden internalisiert und damit zu inneren Personen, die ebenfalls eigenständige Teile unserer Persönlichkeit darstellen. Sie wirken weiterhin nach innen wie zum Beispiel der fordernde, ständig kritisierende Vater oder die depressiv vorwurfsvolle Mutter, die uns und besonders unsere Kind-Ego-States weiterhin kritisieren oder vorwurfsvoll behandeln. Manchmal verhalten wir uns aber auch nach außen wie diese nach innen übernommene Personen. So sind wir beispielsweise in unserem Verhalten unserem Partner gegenüber gleichfalls der kritische Vater oder die vorwurfsvolle Mutter.

Diese internalisierten inneren Elterngestalten bezeichnen wir als Eltern-Ego-States. Auch sie sind für das Entstehen von Partnerschaftsproblemen relevant, wenn auch die wesentliche Dynamik in der Paarbeziehung von den Kind-Ego-States stammt.

Meist befinden wir uns aber in unserem sogenannten Erwachsenen-Ego-State. Dabei fühlen und verhalten wir uns als Erwachsene, die sich mit der Realität und ihren Anforderungen im Hier und Jetzt auseinandersetzen. Als Erwachsene tun wir das in unserem Denken, Reflektieren und Planen auf dem Hintergrund unseres Wissens und unserer Lebenserfahrung. Dabei fühlen wir durchaus auch Wut oder Trauer, die eine angemessene, also erwachsene Reaktion auf konkrete Umstände wie eine Abweisung oder einen Verlust darstellen. Im Kind-Ego-State dagegen reagieren wir auf eine Abweisung oder einen Verlust als eine Katastrophe mit überbordendem Zorn oder abgrundtiefer Trauer. Während wir als Kind und damit später in unserem Kind-Ego-State nur kindliche Reaktionen und Lösungen zur Verfügung haben, können wir als Erwachsene diese Situation über unsere Selbstreflexion auf eine konstruktive Weise lösen.

Die Ego-State-Arbeit umfasst also drei Ebenen:

Arbeit mit dem Erwachsenen-Ego-State: Hier werden die Klienten in ihren erwachsenen Fähigkeiten und Funktionen in der Realität im Hier und Jetzt gestärkt.

Arbeit mit den Kind-Ego-States: Hier werden die Ego-States bearbeitet, die die Klienten in ihrer Kindheit und Jugend entwickelt und nun in ihrer Person als eigene Anteile gespeichert haben. Hier wird zum Beispiel der verletzte Kind-Ego-State des fünfjährigen Jungen heilsam versorgt.

Arbeit mit den Eltern-Ego-States: Hier werden die Ego-States bearbeitet, die die Klienten in ihrer Biografie internalisiert haben und die als innere Gestalten weiter wirken. So wird also zum Beispiel der Ego-States des abwertenden Vaters in seiner destruktiven Wirkung begrenzt.

Der Begriff Ego-State-Arbeit beschreibt also den gesamten Ansatz und umfasst alle der drei genannten Ebenen. Spezifische Begriffe wie zum Beispiel die Arbeit mit den Kind-Ego-States beschreiben dann den Arbeitsprozess mit den jeweils für die Paarbeziehung relevanten Kind-Ego-States.

Ich will im Folgenden nun das Konzept der Ego-States am Beispiel der Kind-Ego-States genauer entfalten, weil eben die Kind-Ego-States unsere Paardynamik von der Partnerwahl über das Verlieben bis hin zu unseren Paarproblemen in besonderer Weise intensiv prägen. Die Eltern-Ego-States werden dann in Kapitel 7 genauer erläutert.

Was sind Kind-Ego-States im Besonderen?

Das »innere Kind« ist ein derzeit populärer und gängiger Begriff, der gerade auch Partnern hilft, sich und das eigene Erleben und Verhalten zu verstehen und über die Ego-State-Arbeit mit den entsprechenden Schwerpunkten zu verändern. In einer Partnerschaft sind die Partner in ihrer Kommunikation zentral mit ihren Kind-Ego-States beteiligt, und diese wiederum sind beim Entstehen und Aufrechterhalten von partnerschaftlichen Problemen wirksam. Wir könnten sagen, dass die Kind-Ego-States der Partner die Liebe eines Paares gefährden, oft auch massiv belasten oder gar scheitern lassen. Dies zu verstehen, ist nicht nur für uns Paartherapeuten, sondern gerade auch für die Partner eine spannende und eine zugleich die Liebe rettende Aufgabe. Inzwischen gibt es verschiedenste Modelle, Kind-Ego-States wissenschaftlich zu beschreiben, zu analysieren und zu fassen (Kachler 2021). Demnach können wir sie in einem ersten Zugang wie folgt beschreiben:

Ein Kind-Ego-State stellt ein Subsystem der Persönlichkeit dar

Ein bestimmter Kind-Ego-State ist Teil der Persönlichkeit eines Menschen, der zugleich wie eine eigene Persönlichkeit fühlt, denkt und agiert, allerdings als Person eines Kindes in einem bestimmten Alter. Ein Kind-Ego-State, der zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Biografie eines Menschen entstanden ist, ist ein zusammenhängendes internales System, das sich von anderen Teilsystemen einer Person deutlich unterscheidet und sich im Erleben von anderen Erlebenszuständen abgrenzen lässt.

Ein Kind-Ego-State ist als abgegrenztes komplexes System aus Kognitionen, Erleben, Gefühlen, Körperreaktionen und Bedürfnissen zu verstehen

Ein Kind-Ego-State ist also zu verstehen als ein aus der Kindheit und Jugend stammendes kohärentes Erlebens- und Verhaltenssystem, das um ein emotionales und motivationales Zentrum der basalen Bedürfnisse eines Kindes und Jugendlichen organisiert ist (Peichl 2020; 2021). Dieses kohärente System eines Kind-Ego-States besteht aus Erinnerungen, Gedanken und Kognitionen, Gefühlen, Körperempfindungen und Bedürfnissen, die zu einer bestimmten Entwicklungsphase oder zu einer das Kind damals prägenden Situation gehören.

Ein Kind-Ego-State ist neurobiologisch ein neuronales konnektiv verknüpftes Netzwerk

Neurobiologisch verstanden, ist dieses Teilsystem einer Persönlichkeit, also der Kind-Ego-State, als ein eigenes neuronales Netzwerk im Gehirn, insbesondere im biografischen und impliziten Gedächtnis gespeichert. Wird dieses neuronale Netzwerk aktiviert, werden auch die in den verschiedenen Gehirnteilen befindlichen, zu diesem speziellen Kind-Ego-State gehörigen Neuronen und das dazugehörige Erleben aktiviert.

Zusammenfassend gesagt verstehen wir unter dem Kind-Ego-State den jetzt aktualisierten Erlebenszustand, den der Betroffene damals in seiner Biografie als Kind oder Jugendlicher erlebt hat. Dieses Erleben wurde und ist in Form eines Kind-Ego-States verdichtet und neurobiologisch als konnektives Netzwerkes abgespeichert und stellt ein in sich relativ geschlossenes Teilsystem der Persönlichkeit dar, in dessen Zentrum die Bedürfnisse bzw. deren Verletzungen des Kindes und Jugendlichen von damals auch heute noch wirksam sind.

Wir können nun die Kind-Ego-States noch ein wenig genauer beschreiben und dabei festhalten:

Kind-Ego-States stammen aus der Biografie des heute erwachsenen Menschen

In jedem Kind-Ego-State sind Erfahrungen eines Menschen gesammelt und verdichtet, die aus seiner biografischen Vergangenheit, aus einer bestimmten Zeit oder von einem bestimmten Ereignis stammen, also zum Beispiel die Erfahrung eines Unfalls und des nachfolgenden Krankenhausaufenthaltes. Kind-Ego-States entstehen in den wichtigen entwicklungspsychologischen Phasen in bestimmten interaktionellen, familiären und situativen Kontexten. So bildete sich zum Beispiel ein parentifizierter, einfühlsamer Kind-Ego-State, weil der Junge mit seiner depressiven Mutter litt und für sie sorgte.

Kind-Ego-States – vom Embryo bis zum jungen Erwachsenen

Die Kind-Ego-States, die im Gehirn eines heute erwachsenen Menschen abgespeichert sind, stammen aus dessen gesamter Biografie, vom intrauterinen Erleben des Embryos, dem Erleben des zur Welt kommenden Babys, den Erfahrungen des Kindes in der frühen und späteren Kindheit und des Jugendlichen in der Pubertät bis hin zu den Erfahrungen des jungen Erwachsenen im frühen Erwachsenenalter mit etwa 25 Jahren.

Deshalb trägt jeder Erwachsene eine Vielzahl von Kind-Ego-States, die im Verlauf seiner Biografie entstanden sind, in sich. Diese Kind-Ego-States, in denen sehr massive Erfahrungen der Kindheit gespeichert sind, können heute noch rasch, oft unwillkürlich getriggert und somit wirksam werden.

Im Zentrum jedes Kind-Ego-States steht ein kindliches Grundbedürfnis

Die Gefühle eines Kind-Ego-States wie Schmerz, Trauer, Ohnmacht oder Wut zeigen, dass im Zentrum dieses Kind-Ego-States ein zentrales kindliches Bedürfnis steht, das enttäuscht, abgewertet, verletzt oder nicht angemessen erfüllt wurde. Dieses Bedürfnis ist der motivierende Kern eines jeden Kind-Ego-States, aus dem heraus er bis heute aktiv wird und agiert. So kämpft der Kind-Ego-State des damals übersehenen Kindes heute in den Beziehungen des Erwachsenen verzweifelt um Beachtung. Natürlich gibt es auch Kind-Ego-States, die lustvolle Gefühle wie Liebesgefühle, Freude, Glück, Wohlbefinden und Lust speichern.

Der Kind-Ego-State befindet sich in der biografischen Vergangenheit

Ein heute erlebter Kind-Ego-State zeichnet sich zunächst intuitiv dadurch aus, dass das Erleben in diesem Zustand, also insbesondere die jetzt aktualisierten damaligen Gefühle und das dazugehörige Verhalten, augenscheinlich nicht in eine gegenwärtige Situation mit ihren Anforderungen passen. Das jetzige Fühlen und Erleben hat eine andere Quelle und eine größere Intensität, die nicht aus der gegenwärtigen Situation eines erwachsenen Menschen heraus erklärbar und einfühlbar ist, sondern auf einen Kind-Ego-State aus der Kindheit oder Jugend verweist.

Ein Kind-Ego-State kann das heutige Erleben und Handeln dominieren

Menschen können zeitweise ganz »im« Kind-Ego-State sein, sodass dieser das Erleben und Verhalten gänzlich dominiert. In diesem Fall agiert fast ausschließlich dieser aktivierte Kind-Ego-State, während die Fähigkeiten des Erwachsenen wie ruhiges Reflektieren blockiert und abgespalten sind. Meistens aber wirken ein oder mehrere Kind-Ego-States indirekt unbewusst auf das Erleben des in der jetzigen Gegenwart befindlichen Erwachsenen, was die Funktion des Erwachsenen einschränkt oder trübt. Sein Denken, Fühlen und Wollen ist maßgeblich von jetzt wirksamen, aber meist nicht bewussten Kind-Ego-States beeinflusst.

Kind-Ego-States sind am gegenwärtigen Problem oder Symptom beteiligt

Verschiedene Kind-Ego-States sind in komplexer Weise an dem von Klienten beklagten und eingebrachten Problem oder der zu behandelnden Symptomatik beteiligt. Über das Symptom können die beteiligten Kind-Ego-States eruiert werden, und umgekehrt wird aus den beteiligten Kind-Ego-States das Problem oder Symptom verständlich und erklärbar. Über die Arbeit mit den beteiligten Kind-Ego-States können wir also das Problem oder die Symptomatik der Klienten elegant und nachhaltig lösen (Kachler 2021). Bei Paaren haben die Kind-Ego-States beider Partner einen wesentlichen Anteil am gegenwärtigen Paarproblem.

Soweit also eine erste Beschreibung der Kind-Ego-States, die jeder Mensch in sich trägt und die er natürlich auch in seine Paarbeziehungen einbringt. Hier sind sie zuerst am Zustandekommen einer Paarbeziehung, dann an der Kommunikation der Partner, schließlich an der Struktur des Paares und nicht zuletzt auch an der Entstehung der typischen partnerschaftlichen Probleme beteiligt.

Die Kind-Ego-States in der Paarbeziehung

Wenn Männer und Frauen sich begegnen, sich attraktiv finden und sich näherkommen, bringen sie immer unbewusst ihre biografischen Prägungen, ihre frühen unerfüllten oder verletzten Bedürfnisse und damit immer auch ihre Kind-Ego-States in die Beziehung mit ein. Gerade beim Verlieben, aber auch im weiteren Verlauf einer Paarbeziehung sind die Partner intensiv mit ihren aus der Biografie stammenden Emotionen beteiligt, und diese wiederum triggern und aktualisieren die mitgebrachten Kind-Ego-States beider Partner. Daher sind die Partner nicht mehr nur die verständigen und liebenden Erwachsenen, sondern sehr häufig auch die verletzten und bedürftigen Kinder, die vom anderen Partner sehr viel erwarten, dies oft einfordern oder mit massiven Mitteln um die eigenen Bedürfnisse kämpfen. Insofern kann jede Paarbeziehung aus der Perspektive der Kind-Ego-States in einem ersten Zugang wie folgt beschrieben werden:

Die Kind-Ego-States der Partner wirken unbewusst an der Partnerwahl mit

Die Partnerwahl wird auch in Zeiten des Online-Datings von vielen bewussten Vorstellungen und Wünschen gesteuert. Aber sie ist zugleich in großen Teilen ein unbewusster Prozess, in dem die Kind-Ego-States mit ihren Bedürfnissen und Heilungswünschen sich den anderen entsprechend wählen. Der andere scheint in der Idealisierung des Verliebtseins genau der dafür richtige und passende Partner zu sein. Ein Teil der intensiven Verliebtheitsgefühle geht auf die euphorischen Gefühle der Kind-Ego-States zurück, im anderen den für die eigenen kindlichen Bedürfnisse richtigen Partner gefunden zu haben.

Die Kind-Ego-States schließen einen unbewussten Paarvertrag, der nach der Verliebtheitsphase enttäuscht wird

Die Kind-Ego-States wünschen sich vom anderen die Erfüllung ihrer Bedürfnisse und die Heilung ihrer Verletzungen. Hier entsteht ein unbewusster Paarvertrag, in dem die beiden Partner dem Kind-Ego-State des anderen genau das versprechen, was sich dieser ersehnt. Dies gelingt in der Verliebtheitsphase durchaus. So fühlen sich die Kind-Ego-States der beiden Partner vom jeweils anderen verstanden, genährt und – zumindest zum Teil – auch geheilt. Beide Partner zeigen sich in dieser Phase von ihrer besten Seite, sind zugewandt, aufmerksam und liebevoll. Dies lässt sich aber im Alltag nicht auf Dauer durchhalten. So entstehen nun die ersten Enttäuschungen, und zwar nicht nur bei den Erwachsenen, sondern gerade auch und besonders intensiv in den Kind-Ego-States der Partner.

Enttäuschungen der Kind-Ego-States führen zu Konflikten und dann zu Paarproblemen

In den Enttäuschungen der Kind-Ego-States gegen Ende der Verliebtheitsphase erleben diese nun erneut ihre alten Verletzungen und Mangelerfahrungen. Da sie sich dabei oft nicht nur enttäuscht, sondern regelrecht bedroht fühlen, kämpfen sie nun vehement um die Einhaltung des unbewussten Paarvertrags bzw. die Erfüllung ihrer Bedürfnisse. Und sie tun dies auch mit ihren alten Strategien aus der Kindheit, wie beispielsweise durch wütende Angriffe oder beleidigten Rückzug.

Paarprobleme entstehen aus dem Kampf der enttäuschten Kind-Ego-States um die eigenen Bedürfnisse

Aus diesem Kampf der enttäuschten Kind-Ego-States entstehen nun massive Konflikte, die häufig emotional eskalieren und zu Verletzungen der beiden erwachsenen Partner und der Kind-Ego-States führen. Diese Konflikte entzünden sich meist an scheinbar unwichtigen Auslösern und führen zu zahlreichen Missverständnissen. Zugleich können die Partner wichtige Probleme, zum Beispiel in Fragen der Hausarbeit oder Kindererziehung, nicht mehr lösen, weil sie auch bei diesen Themen sofort emotional aus ihren Kind-Ego-States heraus agieren. Die Partner sind nun nicht mehr die Erwachsenen, die ruhig, rational und lösungsorientiert miteinander reden und die üblichen Paarprobleme lösen können.

Paarprobleme eskalieren und führen zu einer unlösbaren Störung der Paarbeziehung

Die Eskalationen und weiteren Verletzungen führen nun häufig dazu, dass die Partner mit ihren Kind-Ego-States zu weiteren destruktiven Strategien greifen. Sie agieren mit Vorwürfen und Abwertungen, sie gehen in den Rückzug oder in die Resignation. In aller Regel ist nun auch keine Sexualität mehr möglich. Es tauchen Trennungswünsche auf, in Extremfällen kommt es auch zu partnerschaftlicher Gewalt. Nicht selten versuchen ein Partner und seine verletzten Kind-Ego-States nun, in der Arbeit oder in einer Außenbeziehung das in der Partnerschaft Vermisste zu erhalten oder darin Heilung zu erleben.

Spätestens in diesem Stadium ihrer Paarbeziehung suchen Paare nun nach einer Paartherapie. Sie spüren oder wissen, dass sie nicht mehr als Erwachsene kommunizieren, sondern emotional tief verstrickt oder distanziert sind. Nicht selten beschreiben beide Partner ihr eigenes Verhalten und das des Partners als »kindisch« oder unvernünftig. Doch alle bisherigen Versuche, ihre Probleme vernünftig und »erwachsen« zu lösen, führten geradewegs weiter in die Paarprobleme und damit in die Entstehung einer unlösbaren Paarbeziehungsstörung hinein. Hier wird besonders deutlich, dass eine Lösung dieser grundlegenden Beziehungsstörung nicht ohne den Rückgriff auf die Kind-Ego-States der Partner möglich ist.

Paartherapie als Arbeit mit den Kind-Ego-States der Partner

In der Paartherapie, in deren Zentrum die Arbeit mit den Kind-Ego-States beider Partnern steht, arbeiten wir mit den für die Paarbeziehung relevanten Kind-Ego-States und deren unbewusstem Zusammenspiel. Dabei lassen sich folgende Kernelemente dieses Therapieprozesses in einem ersten Überblick festhalten:

Zugang zu den problemerzeugenden Kind-Ego-States der Partner finden

In einem ersten Schritt leiten wir die Partner an, in ihren Konflikten und Paarproblemen die dafür relevanten Kind-Ego-States aufzuspüren und sie dann herauszuarbeiten. Die in einem Konflikt auftauchenden Emotionen wie Ärgerlichkeit, Enttäuschung oder Wut führen die Partner zu den Kind-Ego-States, die zu diesem Konflikt oder Problem beigetragen haben und die Paarprobleme aufrechterhalten. Nun können die Partner auch einen Zugang zu den verletzten oder unerfüllten Bedürfnissen ihrer Kind-Ego-States finden und sich so in ihre eigenen Kind-Ego-States, aber auch in die des Partners einfühlen.

Die Beteiligung der Kind-Ego-States an der Kommunikation und den Paarproblemen analysieren und verstehen

Die Partner können mit unserer Anleitung nun verstehen, wie sich ihre Kind-Ego-States zum Beispiel in einem Konflikt gegenseitig verhaken, gegeneinander kämpfen, und wie dies zu den jetzt beklagten Paarproblemen geführt hat. Sie können dann immer rascher die Beteiligung ihrer Kind-Ego-States erkennen und mit ersten Maßnahmen wie einem Stoppsignal eine von den Kind-Ego-States getriebene Eskalation abmildern. Damit entspannt sich die Paarbeziehung meist bereits deutlich, da die Partner die Beteiligung ihrer Kind-Ego-States beim Entstehen ihrer Probleme mit unserer Hilfe nachvollziehen können.

Verantwortung für die eigenen Kind-Ego-States übernehmen

Bei Paarproblemen macht jeder Partner praktisch immer den anderen für die Paarprobleme verantwortlich und sucht deshalb für sich und seine Kind-Ego-States die Lösung beim anderen. Dies führt zu Schuldzuweisungen und Abwehr, sodass eine Lösung verhindert wird. Deshalb leiten wir die Partner an, für sich und vor allem für die eigenen Kind-Ego-States Verantwortung zu übernehmen und an sich selbst, also besonders an den eigenen Kind-Ego-States und deren Verletzungen und Mangelerfahrungen zu arbeiten.

Jeder Partner arbeitet versorgend und heilend mit den eigenen Kind-Ego-States

Nun kommen wir zum Zentrum der Kind-Ego-State-Arbeit in der Paartherapie. Wir leiten die Partner mit verschiedensten Methoden, zum Beispiel mit Imaginationen an, die eigenen Kind-Ego-States zu versorgen. So können sich beide wohlwollend ihren bedürftigen und verletzten Kind-Ego-States in einem inneren Dialog zuwenden. Sie können diese Kind-Ego-States imaginativ an einem heilsamen Ort versorgen und dort Heilung erfahren lassen. Damit müssen die Kind-Ego-States ihre Bedürfnisse nicht mehr in der Paarbeziehung vom anderen einfordern oder erkämpfen. Die Kind-Ego-States sind nun nicht mehr Teil der destruktiven Paardynamik, weil sie gut versorgt an ihrem heilsamen Ort verbleiben.

Wieder als erwachsene Partner miteinander kommunizieren und die Paarprobleme lösen

Die Partner können sich also wieder als Erwachsene gegenübertreten und sich wieder als Mann und Frau sehen lernen. Nun können sie auch die lange liegengebliebenen Paarprobleme lösen und sich gegenseitig die zugefügten Verletzungen verzeihen. Vielleicht hat jetzt auch die Liebe der beiden wieder eine Chance, und sie können sich – wenn auch vielleicht nicht mehr so heftig wie anfangs – neu ineinander verlieben.

Nach diesem Überblick lade ich Sie nun ein, mit mir zusammen das Abenteuerland der Paartherapie als Ego-State-Arbeit zu betreten. In Kapitel 1 schauen wir uns an, welche Paare in die Paartherapie kommen und welche Rahmenbedingungen eine gute Paartherapie braucht. Kapitel 2 beschreibt die wichtigsten gegenwärtigen Ansätze in der Paartherapie. Diese Ansätze greife ich auf und führe sie mit Fokus auf die Arbeit mit den Kind-Ego-States zusammen. Kapitel 3 stellt den Ansatz einer Paartherapie als hypnosystemische Ego-State-Arbeit im Genaueren dar. In Kapitel 4 beschreibe ich die Ziele, den Ablauf und die Phasen der Paartherapie. Und in den Kapiteln 5 bis 9 geht es dann in die ganz konkrete Arbeit mit den Paaren hinein. Dabei werden Sie das genaue Vorgehen der Arbeit mit den Kind-Ego-States der Partner und die dazugehörigen Methoden kennenlernen.

Verschiedene Fallbeispiele illustrieren den hypnosystemischen Ego-State-Ansatz und dessen konkrete Umsetzung. Sie stehen am Beginn jeden Kapitels, wobei sich das erste Fallbeispiel mit dem Ehepaar Bertold über die Kapitel 1 bis 6 erstreckt, sodass der gesamte Therapieverlauf verfolgt werden kann. Am Beginn von Kapitel 7, 8 und 9 stehen weitere, jeweils eigene Fallbeispiele, die die Themen dieser Kapitel konkretisieren.

Die Fallbeispiele und die Beschreibung des hypnosystemischen Ego-State-Ansatzes beziehen sich auf das klassische Mann-Frau-Paar, da dies in der Praxis der Paartherapie am häufigsten vorkommt. Der hier beschriebene Ansatz kann aber ohne Weiteres auf gleichgeschlechtliche oder divers zusammengesetzte Paare übertragen werden. Die Partner solcher Paarbeziehungen haben zwar häufig spezifische konkrete Paarprobleme, aber auch ihnen liegen eine unbewusste Kollusion und entsprechende Paararrangements zu Grunde, die sich aus dem unbewussten Zusammenspiel der Kind- und Eltern-Ego-States der Partner entwickeln.

1 Warum Ego-State-Arbeit in der Paartherapie? Ausgangspunkt und Ziel einer Paartherapie

Fallbeispiel 1

Ehepaar Bertold – Kampf um Autonomie und Verlassenwerden

Das Paar, beide etwa 40 Jahre, zwei Kinder im Alter von fünf und neun Jahren, kommt in die Paartherapie, weil es massive Konflikte gibt. Diese entstehen immer dann, wenn er – in seinem Beruf sehr engagiert – beruflich über mehrere Tage wegfährt. Sie fühlt sich dann immer wieder allein und mit den Kindern im Stich gelassen. Anfangs war sie traurig darüber, inzwischen ist sie ärgerlich und äußert dies in massiven Vorwürfen. Er entzieht sich dem Gespräch und fühlt sich ständig kritisiert. Zudem sieht er sich in seiner beruflichen Karriere von ihr blockiert. Die Streitigkeiten eskalieren immer stärker, und bei beiden gibt es Trennungsimpulse.

1.1 Warum kommen Paare in die Paartherapie?

Paare kommen dann, wenn ihre erlebten Probleme sehr massiv werden und bei einem oder bei beiden Partnern schweres Leid verursachen. Die bisherigen Lösungsversuche des Paares haben das Problem nicht lösen können. Im Gegenteil: Meist wurden dadurch die Probleme des Paares unglücklicherweise, aber theoretisch verständlich, noch schwerwiegender. Meist haben die Partner versucht, ihre Themen rational in Diskussionen zu lösen. Dabei hat sich das Paar verstrickt, die Diskussionen eskalierten und wurden abwertend oder verletzend. Dies verstärkte die destruktive Dynamik des Paares, was wiederum die Partner zu weiteren Strategien der Abwertung und Verletzung greifen ließ.

Paare kommen deshalb in einem hoch emotionalisierten Zustand einer latenten oder offenen Feindseligkeit und Aggressivität. Darunter liegen Gefühle von Hilflosigkeit und Ohnmacht, die aus den negativ verlaufenden zirkulären Prozessen resultieren. Wir werden sehen, dass genau hier die enttäuschten und verletzten Kind-Ego-States des Paares beteiligt sind und miteinander im Clinch liegen. Schon deshalb sind rationale Lösungen in einer Diskussion nicht mehr möglich, vielmehr ist eine Lösung nur über die Emotionen, über die enttäuschten und verletzten Bedürfnisse und schließlich eben über die relevanten Kind-Ego-States der Partner möglich.

Paare kommen aus ihrer Not heraus mit dem Wunsch nach einer Lösung, dabei haben sie verständlicherweise meist folgende problematische, oft teils unbewusste Lösungsvorstellungen, die auf die magischen Erlösungswünsche der beteiligten Kind-Ego-States zurückgehen:

1.1.1 Der Wunsch nach magischen Lösungen

Die Partner erhoffen sich für ihre partnerschaftlichen Probleme eine Lösung. Diese soll:

rasch und »auf Knopfdruck« eintreten

das konkrete Problem des Paares beseitigen

durch das Befolgen einfacher Rezepte und Verhaltensanweisungen möglich werden

durch den Paartherapeuten und weniger durch eigene Veränderung bewirkt werden

durch die Parteinahme des Paartherapeuten ermöglicht werden

dadurch geschehen, dass der Paartherapeut den anderen Partner zur Einsicht bewegt oder verändert

das Problem ganz und gar und ein für alle Mal »wegmachen«.

Auch wenn die Partner rational wissen, dass diese Vorstellung unrealistisch ist, sind diese Wünsche doch aus ihrem großen Leidensdruck und aus ihrem jeweiligen relevanten Kind-Ego-State in jeder Paartherapie präsent und wirksam.

Beachte!

Paare kommen in die Paartherapie mit Gefühlen der Feindseligkeit, Ohnmacht, Verzweiflung oder Resignation. Deshalb haben sie magische Lösungsvorstellungen aus ihrem relevanten Kind-Ego-State, die an den Paartherapeuten gerichtet werden.

Methode2: Konfrontation mit magischen Lösungswünschen und Vertragsangebot

Als Paartherapeuten sprechen wir diese Erwartungshaltung im Erstgespräch an, würdigen sie als verständlich und benennen einfühlsam, aber klar die Unerfüllbarkeit dieser Vorstellungen. Dann bieten wir in einem Vertragsangebot eine andere, nämlich konstruktive und langfristig wirksame Transformation der Paardynamik und -struktur an. Wir erläutern dies näher und bitten beide Partner um Zustimmung für einen längeren, intensiven Arbeitsprozess, der vor allem auch die Arbeit an der eigenen Person und damit den jeweiligen relevanten Kind-Ego-State umfasst.

1.1.2 Der Wunsch, die Paarbeziehung zu retten

Nicht selten kommen die Partner trotz ihrer sehr verfahrenen Situation oder massiv verletzenden gegenseitigen Entwürdigungen mit dem Wunsch, dass die Paartherapie das Fortbestehen der Paarbeziehung ermöglicht oder sichert. Auch dieses Anliegen greifen wir würdigend auf, stellen aber klar, dass es dafür auch durch die Paartherapie keine Garantie gibt. Vielmehr besteht das Risiko, dass gerade die Paartherapie in eine Trennung führen kann. Schließlich kann die Lösung einer Paarproblematik auch in der Trennung des Paares liegen.

1.1.3 Der Wunsch, die Trennungsabsicht bestätigt zu bekommen

Doch auch das Gegenteil ist nicht selten der Fall: Ein Partner hat die bewusste oder unbewusste Absicht, sich zu trennen. Er will dies – meist nicht offen – vom Paartherapeuten bestätigt bekommen und arbeitet häufig selbst, bzw. durch seinen relevanten Kind-Ego-State oder Eltern-Ego-State, am Scheitern der Paartherapie. Die Paartherapie besteht für ihn also in einer Bestätigung der eigenen bewussten oder unbewussten Trennungsabsichten.

1.2 Welche Paare kommen in die Paartherapie?

In einer allerersten diagnostischen Einschätzung, die sich meist schon über den Anmeldegrund und über erste Hinweise bei der Anmeldung ergibt, können wir die Paare, die zur Paartherapie kommen, grob in sechs Gruppen einteilen. Dies hilft uns als Paartherapeuten zunächst zu entscheiden, ob wir mit diesem Paar überhaupt arbeiten wollen und können. Zudem wird klar, ob zuerst eine Krisenintervention, eine Entscheidungs- oder eine Trennungsberatung für das angemeldete Paar ansteht.

Stabil-eskalierende Konfliktpaare

Diese Paare, oft als Streitpaare bezeichnet, kommen mit massiv eskalierenden Streitigkeiten, die sich an kleinsten Missverständnissen entzünden. Meist gibt es kein benanntes Streitthema, vielmehr kann jedes Paarthema zur Eskalation führen. Hier ist also der destruktive Streit selbst das Paarproblem. Manchen Streitpaaren gelingt es, immer wieder Wege aus den Streitigkeiten zu finden (zum Beispiel über Versöhnungssex), die meisten Paare aber befinden sich in einer Abwärtsspirale mit immer massiveren Streitigkeiten bis hin zur körperlichen Gewalt oder Angriffen auf die Person des anderen in Form von Demütigungen und Entwürdigungen. Hier agieren die Kind-Ego-States aus ihren Verletzungen und Bedürftigkeiten heraus mit ihren früheren, erlernten destruktiven Verhaltensstrategien.

Stabil-verstrickte Problempaare

Stabil verstrickte Problempaare sind über ein beiden Beteiligten bekanntes und benanntes Problem miteinander verstrickt. Zum Beispiel ist ein sexuelles Problem oder der Umgang mit den Kindern Ausgangspunkt und emotionaler Kern der immer wieder gleich ablaufenden Diskussionen und Streitigkeiten. Häufig ist eine dritte Größe (häufig die Kinder, in anderen Fällen die Eltern oder Schwiegereltern eines Partners) im Spiel, um die sich die Konflikte und damit das Paar in einem ausweglosen Kreisen drehen. Hier findet eine Triangulierung eines Partners statt, dessen relevanter Kind-Ego-State sich an ein Drittes, zum Beispiel an ein Suchtmittel wie den Alkohol, bindet und den anderen Partner damit ausschließt.

Stabil-distanzierte und entfremdete Paare