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In diesem autobiographischen Roman erzählt António Lobo Antunes, wie es ihm nach der Rückkehr aus dem Krieg in Angola erging. Dort hatte er als Militärarzt über zwei Jahre lang schlimmstes Leid und Elend gesehen, junge Männer, die inmitten von Schlamm, Gestank und Dreck dem Tod und der Hoffnungslosigkeit ausgeliefert waren – und doch hat ihn nichts darauf vorbereitet, was er nun als Psychiater in der Lissabonner Nervenheilanstalt Miguel Bombarda erlebt. Erst hier bietet sich ihm ein »Einblick in die Hölle«.
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Seitenzahl: 399
Aus Freude am Lesen
Auf der Fahrt von der südlichen Algarveküste, wo er einen ärztlich verordneten Urlaub verbrachte, nach Lissabon zu seinem Arbeitsplatz versucht António Lobo Antunes sich darüber klarzuwerden, was mit ihm passiert ist. Als Kind schon wollte er Psychiater werden, um die Erwachsenen besser zu verstehen, aber von Verständnis ist er weiter entfernt denn je. Abgrundtiefer Hass erfüllt ihn: auf die Ärzte, die den Kranken jede Würde nehmen, auf sich selbst, weil er sich angepasst hat. Einen Tag und eine Nacht lang fährt er durch die verschiedenen Landschaften Portugals, und die Erinnerungen vermischen sich mit den Wahrnehmungen unterwegs, den Gerüchen, Farben und Formen des Landes, bis die Grenze zwischen Realität und wahnhaften Gewaltvisionen verschwimmt.
ANTÓNIO LOBO ANTUNES, geboren 1942 in Lissabon, war während des Kolonialkriegs 27 Monate lang als Militärarzt in Angola. Danach arbeitete er in der Psychiatrie und war lange Jahre Chefarzt in einer Psychiatrischen Klinik in Lissabon. Seine Werke sind in über dreißig Sprachen übersetzt und wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, zuletzt mit dem prestigeträchtigen Camões-Preis.
Für Tita und für João de Melo
– Freunde, die ich fand, wo zwei Bücher sich trafen
We do not believe any good end is to be effected by fictions which fill the mind with details of imaginary vice and distress and crime, or which teach it ... instead of endeavoring after the fulfillment of simple and ordinary duty ... to aim at the assurance of superiority by creating for itself fanciful and incomprehensible perplexities. Rather we believe that the effect of such fictions tends to render those who fall under their influence unfit for practical exertion ... by intruding on minds which ought to be guarded from impurity (and) the unnecessary knowledge of hell.
»The Quarterly Review«, 1860.
Aus einer Kritik von George Eliots Roman
Die Mühle am Floss.
Das Meer des Algarve ist aus Pappe gemacht wie die Kulissen im Theater, und die Engländer merken es nicht: Sie breiten gewissenhaft die Handtücher auf dem Sägespänesand aus, schützen sich mit dunklen Brillen gegen die Papiersonne, spazieren begeistert über die Bühne von Albufeira, auf der ihnen als Karnevalshippies verkleidete Beamte, auf dem Boden hockend, heimlich vom Tourismusbüro hergestellte marokkanische Ketten aufdrängen, und gehen schließlich am Spätnachmittag in künstlichen Straßencafés vor Anker, wo ihnen in nicht existenten Gläsern erfundene Getränke serviert werden, die im Mund den faden Geschmack der Whiskys zurücklassen, die Komparsen während der Fernsehdramen erhalten. Hinter dem auf der horizontalen Landschaft wie Butter auf einer verbrannten Scheibe Brot verflüchtigten Alentejo gaben ihm die Schornsteine, die so aussehen, als hätten geschickte Altersheimbewohner sie aus Klebstoff und Streichhölzern gebaut, und die Wellen, die sich in zahmer Häkelspitzengischt lautlos am Strand auflösen, das Gefühl, eine dieser Puppen auf Hochzeitstorten zu sein, ein verstörter Bewohner einer Welt aus Eiergebäck und auf Zahnstocher gespießten Kroketten, die Häuser und Straßen nachahmten. Er war einmal mit Luísa in Armação de Pera gewesen und hatte das Hotel fast nicht verlassen können, so verblüfft war er über diese ungewöhnliche Kulissenmystifikation gewesen, die die Leute ernst zu nehmen schienen, während sie sich unter dem orangefarbenen Scheinwerfer der Sonne, die von einem unsichtbaren Elektriker durch ein Wolkenloch bewegt wurde, mit imaginären Cremes einschmierten: Von einer Absurdität, die ihn erschreckte, auf dem Balkon des Zimmers festgesetzt, begnügte er sich damit, in einen Bademantel gewickelt, der ihn wie einen besiegten Boxer aussehen ließ, bei dem Schnitte mit dem Rasierapparat die Spuren der Faustschläge ersetzten, die Gruppe der Familie dort unten zu beobachten, die um einen Berg aus Sandalen und Pantoffeln wie disziplinierte Pfadfinder um ihr rituelles Feuer versammelt war. Nachts stieß ein rostiger Ventilator den süßen, lauwarmen Atem eines diabetischen Inspizienten in seine Richtung, eine Konstellation von Lichtern hing an Drähten von Blechschiffen, die nur noch die gewichtslose Geometrie von Umrissen hatten. Auf dem Bett liegend, an Luίsa geklammert, sah er, wie sich die Gardinen in der phosphoreszierenden Helligkeit einer Zellophanaurora bewegten, und fragte sich verwirrt, ob die Liebe, die er gerade machte, nur eine frenetische Übung war, die er einem nicht existenten Publikum darbot, für das er seine gestöhnten Texteinsätze mit der pathetischen Überzeugung eines Schauspielers artikulierte. Und jetzt, so viele Jahre später, als ich allein von Balaia nach Lissabon aufbrach, hoffte ich fast ungewollt, dir im Garten inmitten von blonden Ausländerinnen zu begegnen, die tragisch und reglos wie Phädren dastanden, in deren leerem Blick die resignierte Einsamkeit von Statuen und Hunden wohnt. Ich würde mich auf eine Bank zwischen die zärtlichkeitsfernen Krampfadern einer alten Deutschen und die ineinander verschränkten Schenkel von zwei Heranwachsenden setzen, die auf einem Haschischfloß dahintrieben und mit der Fröhlichkeit einer unbekannten Dimension niemand Bestimmten anlächelten, bis ich dich plötzlich auf der anderen Seite des Platzes sähe, einen Weidenkorb auf der Schulter, das Haar in der Mitte von einer Squawfrisur geteilt, kommst du wie das Mädchen von der Repimpa-Matratzen-Reklame auf mich zu, das die Greta-Garbo-Brille recycelt hat.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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