Einführung in die Lehre Ramana Maharshis in seinen eigenen Worten - Gabriele Ebert - E-Book

Einführung in die Lehre Ramana Maharshis in seinen eigenen Worten E-Book

Gabriele Ebert

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Beschreibung

Eine Einführung in die Lehre Ramana Maharshis (1879-1950), des Weisen vom Berg Arunachala, der vorwiegend die Selbstergründung (atma vichara) lehrte, bei der der Ich-Gedanke bis zu seiner Quelle zurückverfolgt wird, aber auch die Gottesliebe (bhakti) und andere Wege. Als Quellen dienen v.a. die vielen Gespräche, die er mit seinen Schülern und Verehrern führte. Ramana Maharshi war ein authentischer Lehrer, denn was er lehrte, entstammte seiner eigenen Erfahrung. Sein Weg ist klar verständlich und nachvollziehbar. Jeder kann darin eine Anleitung nach seinen Bedürfnissen finden.

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Dualismus und Nicht-Dualismus

Die drei Zustände des Geistes und der vierte Zustand

Die falsche Identifizierung mit dem Körper

Was ist der Geist?

Was ist die Welt?

Was ist Gott?

Der Guru

Studium der heiligen Schriften

Der Lebensstil

Geburt, Tod und Wiedergeburt

Das Ich und das „Ich-Ich“

Das Wesen des Selbst – Sein, Bewusstsein, Seligkeit

Die Methode der Selbstergründung

Die negierende und die affirmative Methode

Das Herz als Zentrum der Erfahrung des Selbst

Konzentration und Meditation

Die Gottesliebe

Atemkontrolle

Yoga und okkulte Kräfte

Die Wiederholung eines Mantras

Schweigen

Die Arbeit

Vom Übenden zum Verwirklichten

Samadhi – der Zustand des Verwirklichten

Literaturverzeichnis

Einleitung

Ramana Maharshi lehrte v.a. den Weg der Selbstergründung mit der Frage „Wer bin ich?“, wobei mit dem Ich der Frage das Ego-Ich gemeint ist. Es ist eine Methode des Jnana-Yoga, des Yoga der Erkenntnis, dem Advaita, die Lehre der Nichtdualität, zugrunde liegt.

Ramanas Lehre beruhte auf seiner eigenen Erfahrung. Als er erst 16 war und noch zur Schule ging, ergriff ihn plötzlich eine unmissverständliche Todesangst. Ihm war, als würde er jetzt sterben. In dieser Situation lenkte er sich nicht ab, sondern trat ihr entgegen. Spontan stellte er sich dabei die Frage: Was geschieht mit dem Tod? Wer stirbt? Der Körper, der Geist? Da stieg eine Kraft in ihm hoch und nahm von ihm Besitz. In dieser für ihn existenziell bedrohlichen Situation erfuhr er das unsterbliche Sein oder Selbst. Diese Erfahrung blieb unverändert bestehen. Sie stellte sein bisheriges Leben völlig auf den Kopf und eröffnete ihm eine neue Seins- und Sichtweise.

Der junge Ramana hatte nie zuvor spirituelle Übungen gemacht. Auch hatte er kein spirituelles Ziel, das er erreichen wollte, wie etwa die Befreiung (mukti) aus dem Kreislauf von Geburt und Tod, wie es die meisten Inder haben. Er kannte die Advaita-Lehre und die Schriften nicht und wusste nicht, dass auch andere dieselbe Erfahrung gemacht hatten. Aber er zweifelte seine Erfahrung nie an. Erst später, als sich Schüler einstellten, kam er mit den Schriften in Berührung, weil seine Anhänger sie ihm brachten, damit er sie ihnen erklärte, und fand darin seine eigene Erfahrung beschrieben.

In der Folge lernte er verschiedene philosophischen Schulen kennen. Da Advaita seiner Erfahrung entsprach, bediente er sich fortan der dort üblichen Begrifflichkeit.1

Da Advaita keine Religion, sondern eine existenzielle Philosophie ist, der eine ebenso existenzielle Erfahrung zugrunde liegt, ist dieser Weg völlig unabhängig davon möglich, ob man religiös oder nicht religiös ist. Doch Ramana unterstützte ebenso Bhakti, die Gottesliebe, als zweiten, ebenso wirksamen Pfad. So ist auch für den Religiösen, der sich Gott hingeben will, der Weg offen. Er versicherte, dass letztendlich beides zum selben Ziel führt, der Vernichtung des Egos.

Ramana besteht auf der Unabdingbarkeit des Übens (sadhana) und erklärt die verschiedenen Übungswege, ihre Voraussetzungen und Hindernisse. Ohne Übung ist das Ziel nicht zu erreichen. Insofern widerspricht er jenen modernen Gurus, die lehren, man müsse nichts tun. Er lehrt auch nicht nur Gewahrsein oder Achtsamkeit. Die Ergründung der Quelle des Ichs ist viel mehr und ein radikaler, unumkehrbarer Prozess. Das Ziel ist, die Unwirklichkeit des individuellen Ichs zu erkennen und bewusst sein eigenes unvergängliches Wesen zu sein, das Selbst, was mit „Selbstverwirklichung“ gemeint ist, wobei Ramana betont, dass es eigentlich keine Selbstverwirklichung gibt, da das Selbst immer verwirklicht ist und nicht erst „verwirklicht“ werden muss. Darin zeigt sich in gewissem Sinn die Beschränktheit der Sprache. Deshalb begegnet man solchen scheinbaren Paradoxons häufig in der Lehre Ramanas.

Seine Lehre korrespondierte mit dem Bedürfnis des jeweils Fragenden. So ermutigte er einen Verehrer des persönlichen Gottes, der eine Gestalt Gottes verehrte, wie auch einen Yogi, der hochkomplizierte Yogaübungen ausführte, auf seinem je eigenen Weg. Da ihm in seinem Leben viele spirituellen Schriften vorgelegt wurden, kannte er sich neben Advaita auch mit Yoga, Tantra, Siddhanta, Dualismus und begrenztem Dualismus aus und konnte aus seiner Erfahrung die Fragen der Schüler beantworten. Er kannte auch das Christentum, denn er hatte eine christliche Schule besucht.

Nachdem ich im Laufe vieler Jahre die meisten Schriften von und über Ramana Maharshi übersetzt habe, kam mir der Gedanke, wichtige Zitate Ramanas zusammenzutragen, um eine einfache Einführung in seine Lehre zu erstellen, ohne tiefer in die verschiedenen Philosophien und ihre Begrifflichkeit einzugehen, was verwirren kann, wenn man sich mit den indischen Philosophiesystemen nicht auskennt. Jedem, der sich detaillierter mit Ramanas Lehre befassen möchte, sei besonders die Lektüre der umfangreichen „Gespräche mit Ramana Maharshi“ und der Werke im Literaturverzeichnis ans Herz gelegt.

Die Zitate sind folgenden Quellen entnommen:

Gespräche mit Ramana Maharshi von Munagala Venkataramiah, zitiert als

Talk

(für den englischen Titel Talks with Sri Ramana Maharshi)

Tagebuch der Gespräche mit Ramana Maharshi von Devaraja Mudaliar, zitiert als

DD

(für den englischen Titel Day by Day with Bhagavan)

Briefe aus dem Ramanashram von Suri Nagamma, zitiert als

N

Die Botschaft des Ramana Maharshi zitiert als

G

(für den englischen Titel Maharshi’s Gospel)

Conscious Immortaliy von Paul Brunton und Munagala Venkataramiah, zitiert als

C

Ramana Maharshi: „Wer bin ich?“ zitiert als

W

Gabriele Ebert

1 über das Leben von Ramana Maharshi s. die Biografien im Literaturverzeichnis

Dualismus und Nicht-Dualismus

Im Hinduismus wird zwischen Dualismus, eingeschränktem Dualismus und Nicht-Dualismus unterschieden. Im Dualismus (Dvaita) bleiben Mensch und Gott auf dem Weg der Gottesverehrung stets getrennt. Judentum, Christentum und Islam sind dualistische Religionen. Der eingeschränkte Nicht-Dualismus (Visishtadvaita) lässt eine teilweise Vereinigung von Gott und Mensch zu, während der Nicht-Dualismus (Advaita) betont, dass es nur das Eine gibt, das Selbst, und kein eigenständiges Ego ebenso wenig wie eine eigenständige Welt. Gott ist nicht irgendeine Gottheit, sondern das Selbst.

Ramana ermutigt keine philosophischen Diskussionen. Dennoch vertritt er in seinen Lehren eindeutig Advaita.

F.: „Man sagt, der Endzustand der Verwirklichung sei nach Advaita (der Lehre der Nicht-Dualität) die absolute Vereinigung mit dem Göttlichen, gemäß Visishtadvaita (der Lehre der eingeschränkten Nicht-Dualität) teilweise Vereinigung, während Dvaita (die Lehre der Dualität) behauptet, es gäbe überhaupt keine Vereinigung. Welche von diesen Anschauungen soll man als die richtige betrachten?“

A.: „Warum willst du immer über Zukünftiges spekulieren? Alle stimmen darin überein, dass es ein ‚Ich‘ gibt. Der ernsthaft Suchende muss ohne Rücksicht auf die geistige Richtung, der er angehört, zunächst einmal herausfinden, was das ‚Ich‘ ist. Dann wird ihm noch Zeit genug bleiben, zu erkennen, was der letzte Zustand sein wird – ob das ‚Ich‘ mit dem höchsten Wesen verschmelzen oder von ihm getrennt bleiben wird. Nimm das Ende nicht vorweg, sondern halte den Geist offen.“ G S. 75

„Dvaita und Advaita sind relative Begriffe. Sie basieren auf dem Empfinden der Zweiheit. Das Selbst ist, wie es ist. Es gibt weder Dvaita noch Advaita. ‚Ich bin, der ich bin.‘ Das Selbst ist einfach Sein.“ Talk 433

Die drei Zustände des Geistes und der vierte Zustand

Um die Begriffe „wirklich“ und „unwirklich“ in der Lehre Ramanas zu verstehen, muss vorausgeschickt werden, dass nur das wirklich ist, was dauerhaft besteht, also keinen Anfang und kein Ende hat, und alles unwirklich ist, was begrenzt ist.

Ramana unterscheidet zwischen drei Geisteszuständen: Wachen, Träumen und Tiefschlaf, die abwechselnd kommen und gehen, und dem sogenannten vierten Zustand, der dauerhaft ist und ihre Grundlage bildet. Um dies zu illustrieren, verwendet er das Beispiel von der Kinoleinwand, die stets unverändert bleibt, und den Filmen, die auf ihr abgespielt werden und denen sie als Grundlage dient.

Die Erfahrung der ersten drei Zustände, die jedem Menschen täglich zugänglich ist, bildet in gewissem Sinn die Basis für Ramanas Lehre, denn er kommt immer wieder darauf zurück und erinnert seine Schüler wiederholt daran.

Ramana vergleicht die Erfahrung im Wachzustand mit der im Traumzustand. Beide Zustände sind unwirklich im Sinn von nicht dauerhaft, und in beiden gibt es das individuelle Ich, den Körper und die Welt, im Gegensatz zum Tiefschlaf, in dem es weder Körper noch Welt gibt und auch nicht das individuelle Ich. Im Traum sind sie als Traum-Ich, Traum-Körper und Traum-Welt vorhanden. Obwohl sie im Tiefschlaf nicht vorhanden sind, existiert man auch in ihm, denn wenn man aufwacht, sagt man, man habe selig geschlafen. Aus dieser Erfahrung schließt Ramana, dass dies ein Beweis dafür ist, dass es ein Sein, ein Selbst, das wahre, unbegrenzte Ich gibt, das auch ohne Körper, Welt und individuelles Ich dauerhaft existiert. Dies ist der sogenannte vierte Zustand, der die Basis der drei anderen Zustände bildet und immer besteht, ohne Anfang und Ende. Er ist identisch mit dem Selbst und muss ins Bewusstsein rücken.

Daraus könnte man nun schließen, dass man nur in den Tiefschlaf eingehen müsse, um das Selbst zu erfahren. Das schließt Ramana jedoch aus, da im Tiefschlaf das Bewusstsein fehlt und er wie die beiden anderen Zustände nur vorübergehend besteht. Die Erfahrung des Selbst muss man im Wachzustand machen. Das wird in seinen späteren Erläuterungen deutlich.

Ramana empfiehlt, die Erfahrung des Tiefschlafs in den Wachzustand herüberzuholen, also ins Bewusstsein, das im Tiefschlaf ja fehlt. Er spricht dann von Wachschlaf.

„Es gibt nur ein Bewusstsein, das im Wachen, Traum und Tiefschlaf fortbesteht. Im Tiefschlaf gibt es kein Ich. Der Ich-Gedanke erhebt sich beim Aufwachen, und dann erscheint die Welt. Wo war dieses Ich im Tiefschlaf? War es da oder nicht? Es muss auch da gewesen sein, aber nicht auf die gleiche Weise, wie du es jetzt empfindest. Das gegenwärtige Ich ist nur der IchGedanke, während das schlafende Ich das wahre Ich ist. Es bleibt immer bestehen. Es ist Bewusstsein. Wenn du es erkennst, wirst du verstehen, dass es jenseits des Denkens ist.“ Talk 43

„Bald gehst du schlafen. Wenn du am Morgen aufwachst, wirst du sagen: ‚Ich habe selig geschlafen.‘ Was im Tiefschlaf geschah, ist deine wahre Natur. Sie besteht auch jetzt fort, sonst wäre sie nicht deine wahre Natur. Erlebe auch jetzt den Schlafzustand.“ Talk 304

F.: „Was ist turiya (der vierte Zustand)?“

A.: „Es gibt nur drei Zustände: Wachen, Traum und Tiefschlaf. Turiya ist nicht ein vierter Zustand, sondern das, was diesen dreien zugrunde liegt. Aber die Leute verstehen das nicht ohne weiteres. Deshalb nennt man ihn den vierten Zustand und die einzige Wirklichkeit. Tatsächlich existiert er nicht getrennt von irgendetwas, denn er bildet die Grundlage für alle Ereignisse. Er ist die einzige Wahrheit. Er ist dein wahres Sein. Die drei Zustände erscheinen als flüchtige Phänomene auf diesem vierten Zustand und sinken dann wieder in ihn zurück. Deshalb sind sie unwirklich. […]

Turiya ist lediglich ein anderer Name für das Selbst. Wir sind uns des Wachens, Träumens und Tiefschlafs gewahr, aber nicht unseres eigenen Selbst. Trotzdem ist das Selbst hier und jetzt da. Es ist die einzige Wahrheit. Es gibt nichts anderes. Solange wir uns mit dem Körper identifizieren, liegt die Welt scheinbar außerhalb von uns. Verwirkliche das Selbst, und alles andere verliert seine Realität.“ Talk 353

„Es ist wie im Kino. Die Leinwand ist immer da. Auf ihr erscheinen unterschiedliche Bilder und verschwinden wieder. Nichts bleibt an der Leinwand haften. Sie bleibt immer die Leinwand. Ebenso bleibst du in allen drei Zuständen dein eigenes Selbst. Wenn du das weißt, werden dich die drei Zustände nicht beunruhigen. So wie die Bilder nicht an der Leinwand haften, haften die drei Zustände nicht an dir.

Auf der Leinwand erscheint ein mächtiger Ozean mit endlosen Wellen und verschwindet wieder. Dann siehst du überall Feuer. Auch es verschwindet. Die Leinwand ist in beiden Fällen da. Ist sie vom Wasser nass geworden oder vom Feuer verbrannt? Nichts hat die Leinwand beeinträchtigt. Ebenso wenig beeinträchtigen dich die Ereignisse, die im Wachzustand, Traum und im Tiefschlaf geschehen. Du bleibst dein eigenes Selbst.“ N 28.4.1948

F.: „In welchem Sinn haben die drei Bewusstseinszustände [Wachen, Traum und Tiefschlaf] eine geringere Wirklichkeit als der ‚vierte Zustand‘ und sind ihm untergeordnet? In welcher Beziehung stehen sie zum ‚vierten Zustand‘?“

A.: „Es gibt nur einen Zustand, den des Bewusstseins oder des Seins. Die drei Zustände von Wachen, Traum und Tiefschlaf können nicht wirklich sein. Sie kommen und gehen. Das Wirkliche existiert immer. Das Ich oder Sein, das als einziges in allen drei Zuständen fortdauert, ist wirklich. Die drei Zustände sind nicht wirklich, und deshalb kann man auch nicht sagen, dass sie diesen oder jenen Grad an Wirklichkeit haben. Wir können es grob so beschreiben: Sein oder Bewusstsein ist die einzige Wirklichkeit. Bewusstsein plus Wachen nennen wir den Wachzustand. Bewusstsein plus Tiefschlaf nennen wir den Zustand des Tiefschlafs. Bewusstsein plus Traum nennen wir den Traumzustand. Das Bewusstsein ist die Leinwand, auf der alle Bilder kommen und gehen. Die Leinwand ist wirklich, die Bilder sind lediglich Schatten auf ihr. Da wir durch lange Gewohnheit die drei Zustände für wirklich halten, nennen wir den Zustand reiner Bewusstheit den ‚vierten Zustand‘. Aber es gibt keinen ‚vierten Zustand‘, sondern nur den einen. Dieser sogenannte ‚vierte Zustand‘ wird bei Thayumanavar auch als Wachschlaf oder Schlaf im Wachen beschrieben, was bedeutet, dass man der Welt entschlafen und zum Selbst erwacht ist.“ DD 11.1.1946 Nachmittag

F.: „Es heißt, dass die Welt wie ein Traum ist. Aber zwischen Träumen und Wachen gibt es einen Unterschied. Im Traum sehe ich meine Freunde und Verwandten und erlebe etwas mit ihnen. Wenn ich aufwache und sie über mein Traumerlebnis frage, wissen sie nichts davon. Aber das, was ich im wachen Zustand sehe und höre, wird auch von vielen anderen bestätigt.“

A.: „Du solltest die beiden Zustände von Träumen und Wachen nicht vermischen. Ebenso wie du dir deine Erlebnisse, die du mit den Leuten im Wachzustand hast, von ihnen im Wachen bestätigen lässt, musst du auch die entsprechenden Leute fragen, während du träumst. Sie werden es dir dann in deinem Traum bestätigen. Es geht dabei um folgendes: Sagst du im Wachzustand, dass deine Erfahrungen im Traum wirklich waren? Ebenso ist es, wenn ein Mensch zur Erkenntnis (jnana) erwacht. Er kann nicht mehr sagen, dass die Erfahrungen im Wachzustand wirklich sind. Aus seiner Sicht ist der Wachzustand ein Traum.“ DD 19.3.1945 Vormittag

F.: „Aber wir sehen Leiden in der Welt. Ein Mensch hungert. Das ist eine physische Realität. Für ihn ist das sehr wirklich. Sollen wir es als einen Traum verstehen und uns von seinem Leid nicht berühren lassen?“

A.: „Vom Standpunkt der Erkenntnis oder Wirklichkeit aus betrachtet ist das Leiden, von dem du sprichst, ein Traum, genauso wie die Welt, von der dieses Leid ein winziger Teil ist. Auch im Traum bist du hungrig und siehst andere hungern. Du isst, hast Mitleid mit den Hungernden und gibst auch ihnen zu essen. Solange der Traum währt, ist all das Leid so realistisch wie das Leid, das du jetzt in der Welt wahrnimmst. Erst wenn du aufwachst, bemerkst du, dass das Leid im Traum unwirklich war und du mit vollem Bauch eingeschlafen bist. Du träumst, dass du den ganzen Tag in der heißen Sonne hart gearbeitet hast, müde und hungrig bist und viel essen willst. Wenn du aufwachst, bemerkst du, dass du satt bist und dich nicht aus dem Bett bewegt hast. Aber das bedeutet nicht, dass du während des Traums so tun kannst, als ob das Leid nicht wirklich sei. Der Traum-Hunger muss durch Traum-Nahrung gestillt werden. Die hungernden Mitmenschen im Traum müssen im Traum mit Nahrung versorgt werden. Du darfst die beiden Zustände nicht miteinander vermischen. Bis du den Zustand von jnana erreicht hast und aus dieser maya erwachst, musst du sozialen Dienst tun und das Leiden lindern, wenn immer du es siehst.“ DD 5.1.1946 Nachmittag

„Bringe den Tiefschlaf auch in den Wachzustand hinüber. Das ist Verwirklichung. Das Bemühen richtet sich auf die Vernichtung des Ich-Gedankens und nicht darauf, das wahre Ich herbeizuführen, denn das wahre Ich ist ewig und benötigt dein Bemühen nicht.“ Talk 222

Die falsche Identifizierung mit dem Körper

Ramana erklärt, dass der Hauptirrtum des Menschen darin besteht, sein wahres Ich mit dem Körper zu verwechseln. Wenn dieser Irrtum beseitigt ist, erstrahlt das Selbst.

„Gold ist kein Schmuckstück, aber das Schmuckstück ist Gold. Welche Gestalt das Schmuckstück auch haben mag und wie verschieden die Schmuckstücke auch sein mögen, es gibt nur die eine Grundsubstanz, nämlich das Gold. So ist es auch mit den Körpern und dem Selbst. Die eine Wirklichkeit ist das Selbst. Sich mit dem Körper zu identifizieren und dennoch das Glück zu suchen ähnelt dem Versuch, einen Fluss auf dem Rücken eines Krokodils zu überqueren. Die Identifizierung mit dem Körper geschieht, weil der Geist sich nach außen wendet und umherwandert. Wenn du diesen Zustand fortbestehen lässt, wird dich das nur in einem endlosen Wirrwarr gefangen halten, und es gibt keinen Frieden. Suche deine Quelle, gehe im Selbst unter, und bleibe dort.“ Talk 396