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Bruder Rafael (1911-1938) ist hierzulande wenig bekannt, obwohl er 1992 von Papst Johannes Paul II. selig und 2009 von Papst Benedikt XVI. heiliggesprochen wurde. Der junge Spanier war Künstler, folgte jedoch dem Ruf, ins Trappistenkloster San Isidro de Dueñas bei Palencia einzutreten. Schon bald erkrankte er an einer schweren Diabetes mellitus. Dreimal musste er, meist aus gesundheitlichen Gründen, das Kloster wieder verlassen, kehrte aber immer wieder zurück. Er verfasste viele kleine Schriften und zahreiche Briefe, die von seiner geistlichen Entwicklung und tiefen Frömmigkeit zeugen und mit Therese von Lisieuxs "Geschichte einer Seele" vergleichbar sind. Er starb mit erst 27 Jahren. Dieses reich bebilderte Büchlein führt in das Leben des Heiligen, Mystikers und Künstlers ein.
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Seitenzahl: 81
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Einleitung
Kindheit und Jugend
Studentenleben in Madrid
Kontakt mit den Trappisten
Eintritt ins Kloster – Postulat
Noviziat
Wieder zuhause
Als Oblate im Kloster
Dritte Rückkehr in die Trapa
Erneut zuhause
Die letzten Monate im Kloster
Chronologie
Literaturverzeichnis
Bruder Rafael ist hierzulande wenig bekannt, obwohl er 1992 von Papst Johannes Paul II. selig und 2009 von Papst Benedikt XVI. heiliggesprochen wurde.
Grundlage dieses Buches, das als eine Einführung verstanden werden soll, sind seine Opras Completas (Gesammelten Werke), eine posthume Zusammenstellung seiner Aufzeichnungen und Briefe, die unter dem Titel „Nur Gast auf Erden?“ ins Deutsche übersetzt wurden. Sie erinnern sehr an die „Geschichte einer Seele“ von Therese von Lisieux. Mit Therese hat Rafael auch gemeinsam, dass er sehr jung, mit erst 27, starb.
Sein besonderes Schicksal war es, dass er zwar den Ruf zum Mönch verspürte, aber wegen einer schweren Diabetes mellitus, die sich kurz nach Beginn seines Noviziats im Trappistenkloster San Isidro de Dueñas bei Palencia einstellte, das Kloster wieder verlassen musste. Er konnte schließlich nur als Oblate ins Kloster zurückkehren und kein volles Mitglied der Mönchsgemeinschaft werden. Auch danach musste er das Kloster noch zwei weitere Male verlassen, einmal, weil er ins Militär eingezogen wurde, und ein weiteres Mal erneut wegen seiner Krankheit. Es war ein ständiges Kommen ins Kloster und Verlassen des Klosters. Jedoch war ihm vergönnt, seine letzten Monate in seiner geliebten „Trapa“ zu verbringen und dort zu sterben.
Rafael war künstlerisch sehr begabt und studierte vor seinem Eintritt ins Kloster Architektur in Madrid. Seine Bilder wurden in dem Kunstband La pintura y mensaje del Hermano Rafael veröffentlicht. Einige davon wurden in dieses Buch eingefügt. Weitere Fotos von ihm finden sich auf der Homepage des Klosters: https://www.abadiasanisidro.es/
Rafael wurde am 9. April 1911 in der kastilischen Stadt Burgos (Spanien) geboren. Sein Vater Don Rafael Arnaíz Sánchez de la Campa war Ingenieur für Forstwesen und somit ein höherer Beamter. Seine Mutter, Dona Maria de la Mercedes Barón Torres, stammte aus einer aristokratischen Familie, war künstlerisch begabt und schrieb Kunst- und Theaterkritiken für die Presse. Die Familie war wohlhabend, angesehen und sehr religiös.
Rafael mit seiner Mutter
Rafael mit seinem Vater
Rafael war der älteste unter vier Geschwistern und hatte noch zwei Brüder: Luis Fernando und Leopoldo, sowie eine Schwester Mercedes. Mit achteinhalb empfing er am 25. Oktober 1919 die Erstkommunion. Im Oktober 1920 wurde er externer Schüler des Jesuitenkollegs La Merced in Burgos und trat der Marianischen Kongregation bei.
Rafael, Luis Fernando, Leopoldo und Mercedes
Am 1. Dezember erkrankt Rafael am Coli-Bazillus-Fieber und musste den Besuch der Schule für mehrere Monate unterbrechen. Im darauffolgenden Sommer bekam er eine ernste Rippfellentzündung. Am Ende des Sommers, als er vollständig genesen war, nahm ihn sein Vater mit nach Saragossa, um ihn der Jungfrau, die dort verehrt wird, zu weihen und ihr für seine Genesung zu danken.
1922 zog die Familie nach Oviedo, da sein Vater versetzt worden war. Dort besuchte er ebenfalls die Jesuitenschule. Sie wohnten im Zentrum von Oviedo (Asturien) in einer schönen, geräumigen Wohnung gegenüber dem Campo de San Francisco, dem Garten des alten Franziskanerklosters, der in einen romantischen Park umgewandelt worden war. Von ihrer Wohnung aus war auf der anderen Seite des Parks die Jesuitenschule San Ignacio zu sehen, die Rafael fortan besuchte.
Der Schulpräfekt schrieb über Rafael: „Rafael Arnáiz Barón! Ein intelligenter Junge, wie man an seinen Zeugnisnoten erkennt. Hervorzuheben ist seine mathematische Begabung, während seine Neigung für die Fächer der Geisteswissenschaften nicht besonders groß war, genau in dem Bereich, auf dem er später so brillant werden sollte.
Vom ersten Augenblick an eroberte er sich die Sympathien aller im Kolleg und wurde die Mitte, in der die Freude herrschte, die er in seinen Schulkameraden zu wecken verstand. Mit seinem Einfallsreichtum und seiner feinen fröhlichen und schelmischen Art zog er unweigerlich alle an, die um ihn waren. Er war wohlerzogen, sehr pflichtbewusst und äußerst fleißig. Seine Noten in Führung und Leistungen waren immer überdurchschnittlich. … Aufgrund seiner tiefen Frömmigkeit gehörte er zum Vorstand der Marianischen Kongregation. Man könnte Rafael so beschreiben: ein intelligentes, fröhliches Kind, ausgelassen beim Spiel, gewissenhaft beim Lernen, tief fromm.“1
Ab 1926 nahm Rafael Zeichen- und Malunterricht bei dem Landschaftsmaler Don Eugenio Tamayo, da er sehr an Kunst interessiert war. Er widmete sich auch der Musik und dem Theater und bereiste mit seinem Vater Asturien.
Seine Mutter bemühte sich, ihre Liebe zur Musik auch auf die Kinder zu übertragen. Sie spielte hervorragend Klavier und hatte sogar den ersten Preis bei einem Wettbewerb am Konservatorium in Madrid gewonnen. Rafael spielte Geige, und es gab lange Musikabende im Haus Arnaíz.
Im Juni 1929 beendete Rafael das Gymnasium am Jesuitenkolleg in Oviedo. Wegen seiner künstlerischen Neigungen wollte er Architektur studieren. Am 15. April 1930 erhielt er an der Universität Oviedo den Bachelor in Naturwissenschaften.
Über die Aufnahmeprüfung an der Hochschule für Architektur in Madrid schrieb er seinem Vater am 23. Juni 1930: „Die Prüfung im Zeichnen von Statuen habe ich glücklich hinter mir. Man gab uns den Moses von Michelangelo, den Du bestimmt kennst. Ich hatte einen sehr guten Platz, und zwar seitlich. Ich begab mich an die Arbeit mit Ruhe und Gelassenheit trotz der ungünstigen Zeit, die man uns ansetzte, nämlich von neun bis um ein Uhr in der Nacht. Ich muß Dir wohl nicht sagen, daß nach drei Tagen Examen die Leute aus Müdigkeit durchfallen, und mehr als eine Prüfung scheint das ein ‚Rekord‘ an Widerstandskraft zu sein. Aber für mich war es nicht so; da ich nämlich die Figur liebgewonnen hatte und mit Begeisterung und ohne Schwierigkeit an die Arbeit ging, erschien mir die Zeit nicht lang. Und nicht, weil ich es sage, aber sie gelang mir sehr gut. Ehrlich gesagt: ich hätte meine Zeichnung für keine der anderen sechzig getauscht, die in der Klasse waren.“2
Es ist klar, dass er die Prüfung bestanden hatte.
In den folgenden beiden Jahren pendelte er zwischen Oviedo und Madrid.
Im Februar 1931 trat er der „Bruderschaft der Nächtlichen Anbetung“ in Oviedo bei und zwei Monate später dem männlichen Zweig der Bruderschaft des hl. Vinzenz von Paul.
Entwürfe von Rafael für Theaterkostüme für eine Benefizveranstaltung, die seine Mutter organisierte
1 Wenn ich tausend Leben hätte, S. 15
2 Nur Gast, S. 30
Im September 1931 legte Rafael seine ersten Prüfungen ab. Zum Semesterbeginn am 17. September 1932 zog er von Oviedo nach Madrid. Er wählt eine Pension an der Plaza de Callao im 8. Stock des Edificio de la Prensa, damals eines der höchsten Häuser der Hauptstadt. Seinen Unterhalt, über den er genau Buch führte und Rechenschaft ablegte, bezahlten seine Eltern.
In dieser Zeit genoss er sein studentisches, privilegiertes Leben. Er las französische Zeitungen, von denen er seinem Bruder Fernando Ausschnitte schickte. In der Nähe der Pension befanden sich die Erstaufführungskinos an der Gran Vía, in die er gerne ging. Er besuchte Musikaufführungen und Kunstausstellungen, gute Restaurants, und er ging mit seinem Freund und Mitstudenten Juan Vallaure und anderen aus, um sich zu amüsieren. Auch schwang er hin und wieder gern das Tanzbein. Seine Kommilitoninnen schwärmten von ihm, und ein argentinisches Mädchen verfolgte ihn buchstäblich bis in sein Zimmer. Kurz und gut, er genoss sein Studentenleben.
Einer seiner Kommilitonen, der in der Pension das Zimmer mit ihm teilte, berichtete beim Seligsprechungsprozess, vermutlich von dem oben erwähnten Mädchen: „Eine junge Frau, die ein etwas leichtfertiges Leben führte und fast zwei Monate in unserer Pension wohnte, war ganz versessen auf Rafael. Eines Abends wollte sie ihn dazu bringen, mit ihr zu schlafen. Er lehnte es aber entschieden ab, und, um der Versuchung zu widerstehen, stand er auf und legte sich auf den Fußboden.“3
Rafael schrieb gern lange Briefe an seine Verwandte und erzählte auf eine sehr humorvolle Art von seinem Alltag, wobei er dann die geschilderten Szenen gern illustrierte. So schrieb er am 4. November an seinen Bruder Fernando aus seiner Pension in Madrid: „Wir haben einen Pförtner, der nur aus Rücken besteht. Die Haare trägt er wie eine Bürste, an einem Auge hat er eine Narbe und ‚liest‘ auf dem Boden [es folgt eine Zeichnung]; keiner wagt ihm zu widersprechen. Der Laufbursche vom Aufzug sammelt Briefmarken und Kinobilder. Die Köchin der Pension ist äußerst dünn und klein, und Juan4 schmeichelt ihr immer sehr: ‚Der Reis war köstlich, die Suppe ist so lecker, das Fleisch so gut gebraten, sie bereitet es so gut zu.‘ …