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Jiddu Krishnamurti (1895-1986), einer der bekanntesten spirituellen Vortragsredner des 20. Jh., wurde im Alter von vierzehn Jahren von der Theosophischen Gesellschaft zum Weltlehrer bestimmt und erzogen. Er wandte sich schließlich von dieser Rolle ab, brach mit den Theosophen und wurde ein unabhängiger Redner. Er reiste durch die ganze Welt und verkündete: "Die Wahrheit ist ein wegloses Land." Seine Lehre der Freiheit fand überall unzählige Zuhörer. Er errichtete Schulen und Zentren und schrieb viele Bücher. Dies ist eine Einführung in sein überaus spannendes Leben und umfangreiches Werk.
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Seitenzahl: 142
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Einleitung
Geburt und Kindheit
Die Theosophische Gesellschaft
Krishnamurti wird als künftiger Weltlehrer entdeckt
Die Jahre in England
In Indien und Australien
Die Erweckung der Kundalini
Nitya stirbt
Der Weltlehrer ist hier
Der Bruch mit der Theosophischen Gesellschaft
Krishnamurti in Ojai (1938-1947)
Leben als unabhängiger Vortragsredner
Krishnamurtis Ende
Krishnamurtis Lehre in Umrissen
Chronik von Krishnamurtis Leben
Literaturverzeichnis
Jiddu Krishnamurtis Leben ist äußerst spannend. Als Jugendlicher wurde er von den Theosophen Charles Leadbeater und Annie Besant zum erwarteten Weltlehrer bestimmt und musste eine strenge westliche Erziehung über sich ergehen lassen. Schließlich fand er aus sich selbst die Kraft, die in ihn gesetzten Erwartungen von sich zu weisen, sich von allen Glaubensvorstellungen der Theosophischen Gesellschaft zu befreien und seinen ganz eigenen Weg zu gehen. Er wurde ein unabhängiger Philosoph, der keiner Glaubensrichtung angehörte, jede religiöse Institution, Hierarchie und Konditionierung verwarf, auch die des Lehrers, Freiheit verkündete und von seinen Zuhörern intensive innere Arbeit erwartete, ohne jedoch eine Technik vorzugeben.
Er machte zeitlebens eigentümliche Erfahrungen, die bei den Yogis als Erweckung der Kundalini bekannt sind. Mit seiner charismatischen Ausstrahlung zog er Menschen auf der ganzen Welt an und wurde auf seine Art doch noch ein Weltlehrer. Er reiste um die ganze Welt – von Indien nach Europa, Amerika und Australien, und hielt Vorträge, führte Gespräche, beantwortete Fragen in Hallen, Schulen, Camps, Zentren und in privatem Rahmen. Überall, wo er länger war, bildete sich ein Freundeskreis um ihn, der ihn unterstützte. Seine zahlreichen Schriften, Tonaufnahmen (er sprach später auch im Rundfunk) und Videos fanden und finden bis heute weltweite Verbreitung.
Krishnamurti lässt sich keiner Strömung zuordnen. Seine Themen betreffen alle Lebensbereiche. Er fordert eine radikale innere Verwandlung. Seine Lehre gründet auf seiner eigenen Erfahrung. Das macht seine Schriften sehr ursprünglich und ansprechend, ob man nun mit ihm in allem übereinstimmt oder nicht.
Krishnamurti führte zweimal Tagebuch: in den 1960ern das Notebook und in den 1970ern das Journal. 1983, gegen Ende seines Lebens, sprach er seine Gedanken auf ein Tonbandgerät. Letzteres Material erschien in Buchform unter dem Titel „Krishnamurti to Himself“ (Selbstgespräche). Diese drei Bücher vermitteln unter seinen vielen Werken seine Persönlichkeit am besten.
In Deutsch gibt es die Übersetzungen von zwei umfassenden Biografien von Pupul Jayakar und Mary Lutyens, die beide von ihm beauftragt worden waren, über sein Leben zu schreiben. Lutyens war seit Kindheit mit ihm verbunden, Jayakar ab Ende der 40er Jahre.
Die vorliegende Biografie will nur eine Einleitung in Leben und Werk Krishnamurtis geben und bedient sich ihrer als Hauptquelle.
Mein besonderer Dank geht an Duncan Toms, den Archivar des Krishnamurti Foundation Trust in Brockwood, der mir die hier verwendeten Fotos von Krishnamurti zur Verfügung gestellt hat.
Gabriele Ebert
Krishnamurti wurde nach westlicher Zeitrechnung am 12. Mai, nach östlicher am 11. Mai 18951 kurz nach Mitternacht in Madanapalle in Andra Pradesh, zwischen Madras und Bangalore in Südindien gelegen, geboren. Seine Eltern waren Jiddu Narianiah, ein Beamter in der Finanzverwaltung der Britischen Administration, und Sanjeevamma, die zugleich Narianiahs Cousine zweiten Grades war. Beide gehörten der Brahmanenkaste an.
Das zweistöckige Elternhaus lag im Brahmanenviertel. Die Umgebung von Madanapalle war karg und die Verhältnisse ärmlich. Sanjeevamma gebar Krishna im Pujaraum (Gebetsraum) des Hauses, wo beim täglichen privaten Gottesdienst die Hausgötter verehrt werden. Dies war völlig unüblich, da eigentlich etwas so Unreines wie eine Geburt in einem solchen Raum nicht stattfinden durfte. Vermutlich hatte sie das Empfinden, dass dieses Kind besonders sein würde.
Wie es Sitte war, kam ein Astrologe, um das Horoskop des Neugeborenen zu erstellen. Er prophezeite, dass der Junge einst ein berühmter Mann werden würde, aber zuvor viele Hindernisse überwinden müsse. Er erhielt den Namen Krishna, da er wie Krishna, die Inkarnation des Gottes Vishnu, das achte Kind war. Zudem war seine Mutter eine Verehrerin Krishnas. Später nannte man ihn Krishnamurti, was die Gestalt (Murti) von Krishna bedeutet. In Andhra Pradesh wird gewöhnlich der Vorname vor den Nachnamen gestellt. Jiddu ist also der Familienname.
Drei Jahre nach ihm wurde sein Bruder Nityananda, verkürzt Nitya, (Nityananda bedeutet ewige Glückseligkeit) geboren, mit dem Krishnamurti zeitlebens sehr verbunden war. Es waren insgesamt zehn Geschwister, von denen allerdings nur fünf das Erwachsenalter erreichten.
Mit sechs Jahren erhielt Krishna bei der Upanayama-Zeremo-nie die heilige Brahmanenschnur. Er wurde in neue Gewänder gekleidet, in bestimmte Riten eingeführt, und sein Vater flüsterte ihm das Gayatri-Mantra ins Ohr. Damit hatte er den Stand der Schülerschaft erreicht.
Nitya war außergewöhnlich intelligent, Krishna dagegen körperlich schwach und kränklich. Er litt an schweren Malariaanfällen und Krämpfen, die von einer Malaria-Erkrankung im Alter von zwei Jahren zurückgeblieben waren, an der er fast gestorben wäre. Da er ständig heftig aus der Nase und dem Mund blutete, konnte er ein Jahr lang nicht die Schule besuchen. Das mag allerdings ganz in seinem Interesse gewesen sein, denn er konnte der Schule sowieso nichts abgewinnen.
Krishna war sehr introvertiert und verträumt, beobachtete die Wolken, die Insekten oder starrte einfach in die Ferne. Zeitlebens war er ein großer Beobachter. Man hielt ihn deshalb für geistig unterentwickelt. Doch er interessierte sich für mechanische Dinge und schraubte einmal konzentriert die Uhr seines Vaters auseinander, studierte, wie sie funktionierte, und setzte sie wieder zusammen. Dieses Interesse blieb ihm bis ins hohe Alter erhalten. Später interessierte er sich für Autos, Kameras, Computer und alle neuen technischen Erfindungen, aber auch für wissenschaftliche Errungenschaften jeder Art.
Ein weiteres Wesensmerkmal, das ihm Zeit seines Lebens erhalten blieb, war, dass er sehr freundlich war und Mitgefühl zeigte. Oft kam er ohne Stift, Schiefertafel oder Bücher aus der Schule zurück, weil er sie einem ärmeren Kind gegeben hatte. Wenn die Bettler morgens zum Haus kamen und seine Mutter ihn hinausschickte, um Essen zu verteilen, kam er schnell zurück und holte Nachschub, nachdem er dem ersten Mann den ganzen Reis in seinen Beutel geschüttet hatte. Wenn Sanjee-vamma den Kindern besondere Süßigkeiten als Belohnung zubereitete, nahm Krishna nur eine kleine Portion und gab den Rest seinen Brüdern.
Krishna im Alter von fünf mit seiner Mutter, 1900
1904 starb seine älteste Schwester mit zwanzig. In dieser Zeit zeigte sich, dass er wie seine Mutter hellseherisch veranlagt war, denn beide sahen das verstorbene Mädchen an einer bestimmten Stelle im Garten.
Er hing sehr an seiner Mutter, bei der er Verständnis fand. Doch als er zehneinhalb war, starb sie und ließ ihn verstört und einsam zurück. Auch von ihr hatte er wiederholt Visionen wie von seiner verstorbenen Schwester.
Als Jugendlicher beschloss Krishna, seine Autobiografie zu schreiben, doch er gab sein Vorhaben nach wenigen Seiten auf. Darin schrieb er über seine Mutter:
„Die glücklichsten Erinnerungen meiner Kindheit sind mit meiner Mutter verknüpft, die uns allen die Liebe und Fürsorge gab, für die die indischen Mütter bekannt sind. Ich kann nicht sagen, daß ich in der Schule besonders glücklich war, denn die Lehrer waren nicht sehr freundlich und gaben mir Lektionen auf, die zu schwer für mich waren. Ich mochte Spiele, die nicht allzu rauh waren, denn ich war nicht sehr robust. Der Tod meiner Mutter im Jahre 1905 beraubte meine Brüder und mich des Menschen, der uns am meisten geliebt und umsorgt hatte. Mein Vater war zu sehr von seinen Geschäften in Anspruch genommen, um uns besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Ich führte das Leben eines gewöhnlichen indischen Jugendlichen, bis ich im Jahre 1908 nach Adyar kam (es war tatsächlich im Januar 1909). […]
Während ich über meine Mutter schreibe, kommen mir einige Ereignisse in den Sinn, die vielleicht erwähnenswert sind. Sie war bis zu einem gewissen Grade medial veranlagt und sah oft meine Schwester, die vor zwei oder drei Jahren gestorben war. Sie sprachen miteinander, und es gab im Garten einen besonderen Platz, zu dem meine Schwester kam. Meine Mutter wußte immer, wann meine Schwester da sein würde und nahm mich manchmal mit an diese Stelle im Garten. Sie fragte mich, ob auch ich meine Schwester sehen könne. Anfangs lachte ich über diese Frage, aber sie bat mich, noch einmal hinzuschauen, und dann sah ich meine Schwester manchmal. Später konnte ich sie jedesmal sehen. Ich muß zugeben, daß mir das sehr viel Angst machte, denn ich hatte sie doch auf dem Totenbett gesehen und war bei ihrer Verbrennung dabeigewesen. So suchte ich in diesen Momenten Schutz bei meiner Mutter, aber sie beruhigte mich und sagte, es gäbe keinen Grund, sich zu fürchten. Ich war außer meiner Mutter der einzige in unserer Familie, der diese Visionen hatte, obwohl auch die anderen daran glaubten. Meine Mutter konnte auch die Auren anderer Menschen sehen, und manchmal konnte ich das auch. […]
Meine Mutter war eine sehr gütige, großzügige Frau. Sie war freundlich zu den armen Jungen aus der Nachbarschaft und gab denen, die ihrer eigenen Kaste angehörten, regelmäßig zu essen. Jeder Junge kam an einem bestimmten Wochentag zu uns und ging an anderen Tagen zu anderen Familien. Es kamen auch täglich ziemlich viele Bettler bei uns vorbei. Manche von ihnen kamen von weit her, und meine Mutter gab ihnen Reis, Dal und ab und zu auch Kleidungsstücke.
Bevor wir nach Adyar kamen, besuchten mein Bruder und ich viele verschiedene Schulen, von denen die Schule von Madanapalle die angenehmste war. Diese Schule besuchte ich als Kind, denn ich war ja in Madanapalle geboren. Da mein Vater Regierungsbeamter war, wurde er häufig versetzt, und so wurde unsere Ausbildung oft unterbrochen.
Nach dem Tode meiner Mutter verschlechterte sich unsere Situation sehr, denn wir hatten nun wirklich niemanden mehr, der sich um uns kümmerte. In Zusammenhang mit dem Tod meiner Mutter möchte ich noch erwähnen, daß ich sie sehr oft sah, nachdem sie gestorben war. Ich erinnere mich, daß ich einmal ihrer Gestalt folgte, als sie die Treppe hinaufging. Ich streckte meine Hand aus, und es schien, als bekäme ich ihr Kleid zu fassen, aber sie verschwand, sobald wir am Treppenabsatz angekommen waren. Bis vor kurzem hörte ich meine Mutter oft hinter mir, wenn ich zur Schule ging. Ich erinnere mich so genau daran, weil ich den Klang der Kettchen hörte, die indische Frauen an den Handgelenken tragen. Zuerst schaute ich mich halb erschrocken um, und dann sah ich den verschwommenen Umriß ihres Kleides und einen Teil ihres Gesichtes. Das geschah fast täglich, wenn ich das Haus verließ.“2
1 In der indischen Zeitrechnung beginnt der Tag erst um 4 Uhr morgens. So war es nach diesem Kalender noch der 11. Mai.
2 Jayakar: Krishnamurti, S. 33 f. Autobiografie im Archiv der TG in Adyar
Blavatsky und Olcott, 1888
Um den weiteren Werdegang von Krishnamurti zu verstehen, muss ein kurzer Einblick in die Theosophische Gesellschaft (TG) gegeben werden, die in der Folge die prägende Rolle in seinem Leben spielte.
Sie war von Helena Petrovna Blavatsky (1831-1891), einer gebürtigen Russin, die eine medial veranlagte, tatkräftige, aber auch provozierende Persönlichkeit war, und Colonel Henry Steel Olcott (1832-1907), einem Veteranen des amerikanischen Bürgerkriegs, 1875 in New York gegründet worden. 1882 wurde der Hauptsitz nach Adyar, einem Vorort von Madras (Chennai), verlegt, wo er bis heute ist.
Das Ziel der TG war:
Eine universelle Bruderschaft zu bilden, ohne Unterschied von Herkunft, Glaube, Geschlecht und Hautfarbe.
Das Studium der vergleichenden Religionswissenschaft, Philosophie und Naturwissenschaften anzuregen.
Ungeklärte Naturgesetze und die im Menschen verborgenen Kräfte zu erforschen.
Um Mitglied der Gesellschaft zu werden, musste man lediglich den Glauben an die Brüderlichkeit der Menschen und die Gleichheit aller Religionen bekennen. Aber ihr Herzstück war die Esoterische Abteilung, in die man nur aufgenommen wurde, wenn man seine Aufrichtigkeit und Nützlichkeit für die TG bewiesen hatte. In ihr wurden okkulte, aus verschiedenen Religionen herausgefilterte alte Weisheiten gelehrt.
Die TG entstand als Gegenreaktion auf den Materialismus der Neuzeit und den strengen Dogmatismus der Kirche. Sie entwickelte eine Art Okkultismus, der auf hinduistischen und buddhistischen Traditionen aufbaute, mit einer strengen Hierarchie in der spirituellen Welt, aber auch innerhalb der Organisation. Die Lehre beruht auf dem Reinkarnationsglauben, der besagt, dass die Seele sich durch viele Leben entwickelt und an Vollkommenheit gewinnt. Die Mitglieder bilden eine große Weiße Bruderschaft, die die Welt lenken soll. Nach der Bewährung folgen vier Einweihungen, die in der fünften, der Erlangung der Vollkommenheit, dem Nirvana, gipfeln.
Blavatsky und die anderen beriefen sich auf zwei spirituelle Meister: Moriya und Kuthumi (auch K.H. genannt), die beide anscheinend in Tibet lebten. Es ist aber nicht klar, ob diese beiden Meister überhaupt jemals existiert haben. Nach der theosophischen Vorstellung reisten sie auf der Astralebene, und die bedeutenden Mitglieder konnten mit ihnen kommunizieren. Blavatsky behauptete, viele Monate mit den Meistern in Tibet gelebt zu haben, wo sie von ihrem eigenen Meister Morya die okkulte Lehre erhalten habe.
Über den Meistern steht der Bodhisattva Maitreya, der Weltlehrer, der sich bereits zweimal inkarniert hat, nämlich im Osten als Krishna und im Westen als Christus, die beide Religionen gründeten. Über Maitreya steht Buddha und über diesem Sanat Kumara, ein zeitloser Jüngling, der als Herr der Welt gilt.
Hier sieht man deutlich, dass die Lehre der TG eine Vermischung mehrerer Religionen ist. Die TG glaubte, die Menschheit sei reif für eine neue Religion, und Maitreya würde bald wieder herabsteigen, indem er einen geeigneten Menschen als Vehikel benutzen würde. So hatte Blavatsky 1891 einer Gruppe von Anhängern erklärt, dass das eigentliche Ziel der TG darin bestünde, die Menschheit auf die Ankunft des Weltlehrer vorzubereiten.
Frau Blavatsky starb 1891, und Colonel Olcott folgte ihr als Präsident der TG nach. Nach seinem Tod wurde Annie Besant (1847-1933) 1907 Präsidentin der TG. Sie war Britin und eine tatkräftige Persönlichkeit, die sich schon in jungen Jahren für die Menschenrechte, v.a. für die Rechte der Frauen, bessere Lebensbedingungen und Bildung engagiert hatte. 1893 zog sie nach Indien, wo sie Sanskrit lernte, um die heiligen Schriften besser zu verstehen. Später wandte sie sich Indiens Kampf um die Unabhängigkeit, den Reformbewegungen und der Bildung zu. Sie war sehr redegewandt. So wurde auch der junge Jawaharlal Nehru (Indiens späterer Premierminister) von ihren Reden angezogen und Mitglied der TG.
Einer ihrer engsten Vertrauten war der Brite Charles Webster Leadbeater (1847-1934), der mediale Fähigkeiten besaß. Er war anglikanischer Geistlicher und interessierte sich für Esoterik, Okkultismus, Spiritismus, Séancen und Medien, was ihn zur TG führte. Als er unter Blavatksys Einfluss kam, brach er mit der Anglikanischen Kirche und wurde ihr Schüler. Fortan beschäftigte er sich mit übersinnlichen Kräften und der Erforschung der Wiedergeburt. Später betrieb er mit Besant esoterische Studien. Beide behaupteten, dass sie ihre jeweiligen spirituellen Meister (Moriya war Besants und Kuthumi Leadbeaters Meister) in ihren astralen Körpern besuchten und den vierten Rang erreicht hätten.
Annie Besant
1906 wurde Leadbeater homosexueller Beziehungen zu kleinen Jungen bezichtigt, was für viel Unruhe in der TG sorgte. Er reichte seinen Austritt aus der Gesellschaft ein. Danach lebte er fast drei Jahre lang ruhig in England oder auf Jersey, mit gelegentlichen Reisen zum Kontinent, unterrichtete privat und wurde von den vielen Freunden, die er in der TG behalten hatte, finanziell unterstützt.
Als Annie Besant im Juni 1907 mit großer Mehrheit zur Präsidentin gewählt wurde, gelang es ihr nach einer intensiven Kampagne, dass Leadbeater Ende 1908 wieder in die Gesellschaft aufgenommen wurde. Schon bald nahm er eine bedeutende Stellung in der Hierarchie ein und sollte, wie Annie Besant, eine bedeutende Rolle in Krishnamurtis Leben spielen. Sie bat ihn, nach Indien zu kommen, wo sie seine Hilfe benötigte.
Besant und Leadbeater machten es sich zur Aufgabe, den künftigen Weltlehrer zu entdecken. 1907 glaubte Leadbeater bei einer Vortragsreise in den USA, ihn in dem 11jährigen Amerikaner Hubert van Hook entdeckt zu haben. Besant überredete seine Mutter, mit ihrem Sohn nach Indien zu kommen, damit er dort eine spezielle Erziehung genießen konnte. Als er schließlich nach Adyar kam, hatte Leadbeater jedoch Krishnamurti entdeckt, und er war in dieser Rolle nicht mehr gefragt.
Krishnas Eltern hatten eine langjährige Beziehung zur TG, der sein Vater 1882 beigetreten war. Er organisierte zuhause regelmäßige Treffen, und das Foto von Annie Besant hing im Pujaraum.
Krishnamurti berichtet in seiner Autobiografie:
„Adyar war von besonderem Interesse für mich, da mein Vater dort an den Zusammenkünften der Theosophischen Gesellschaft teilnahm. Auch in unserem Haus in Madanapalle hielt er solche Treffen ab, bei denen die theosophische Philosophie gelehrt wurde, und ich kam durch ihn und meine Mutter mit Adyar in Berührung. Meine Mutter hatte einen Puja-Raum, in dem sie regelmäßig betete und meditierte. In diesem Zimmer hingen Bilder der indischen Gottheiten und ein Photo von Mrs. Besant, das sie in indische Gewänder gehüllt und im Schneidersitz auf einer mit einem Tigerfell bedeckten Chowki (einer kleinen Plattform) sitzend zeigte. Ich war meistens zu Hause, während meine Brüder in der Schule waren, denn ich hatte oft Fieber – eigentlich fast täglich –, und ich ging oft um die Mittagszeit in den Puja-Raum, wenn Mutter ihre täglichen Rituale hielt. Oft sprach sie dann mit mir über Mrs. Besant und über Karma und Reinkarnation und las mir aus dem Mahabharata, dem Ramayama und anderen indischen Schriften vor. Ich war erst sieben oder acht Jahre alt, und so verstand ich nicht viel, aber ich glaube, ich spürte schon viele Dinge, die ich damals noch nicht verstehen konnte. […]3