Es ist doch nur ein Tier ... - Susi Menzel - E-Book

Es ist doch nur ein Tier ... E-Book

Susi Menzel

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Beschreibung

Haustiere begleiten uns manchmal sogar über mehrere Jahrzehnte hinweg. Wenn solch ein Tier dann stirbt, ist man unendlich traurig. Und ich meine tatsächlich wörtlich unendlich, denn viele Erlebnisse mit seinen Tieren vergisst man nie. Die Erinnerung an sie bleibt ein Leben lang. In diesem Buch berichte ich über das Leben meiner Katzen, die bei mir gelebt haben. Aber ich schreibe auch über die eigene Hilflosigkeit, wenn ein Tier alt und krank wird und über die große Trauer, wenn es seinen letzten Weg beschreiten muss.

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Gewidmet allen meinen Katzen, die immer noch zu mir kommen, wenn ich traurig bin.

Inhaltsverzeichnis:

Es ist doch nur ein Tier …

Erinnerungsfotos

Katzengeschichten

Tiger

Tiger zieht ein

Wie Tiger zu ihrem Namen kam

Tigers erster Ausflug in den Garten

Tigers Abendausflug auf den alten Apfelbaum

Tiger und der Keller

Tiger und das knurrende Sofa

Tiger und das Schlafengehen

Tiger und der Dachboden hinter der geheimnisvollen Tür

Kater Oskar

Und dann kam Oskar

Der erste Schnee

Tiger und Püppi

Tiger, Püppi und das Sofa

Tiger, Püppi und die Silvesternacht

Püppi und der Besen

Püppi und ein Regentag

Rein Raus - Fressen

Das Schlafritual mit Tiger und Püppi

Püppi und die Maus im Bett

Kater Kringel

Kringel und der Fasan

Kringel und Karl-Fridolin

Kringel und der Vogelschiss

Erinnerungen an weitere Tiere

Klara und Hund Max

Hansi, das Meerschweinchen

Über die Autorin:

Es ist doch nur ein Tier …

„Es ist doch nur ein Tier“. Dieser Satz gepaart mit einem leicht überheblichen Gesichtsausdruck, der besagt, dass derjenige nie Tiere hatte, die ihn lange begleitet haben, bringt mich regelmäßig auf die Palme. Ein Haustier, das jahrelang, manchmal sogar über Jahrzehnte mit im Haushalt lebt, ist ein vollwertiges Familienmitglied. Es wird geliebt, hat seine eigenen Bereiche, seine speziellen Mahlzeiten, genau wie die Menschen, und fügt sich in den Lebensablauf der Menschen ein. Aber: Es beeinflusst auch den Lebensablauf des Menschen. Der passt sich nämlich auch an die Lebensweise des Tieres an. Mit Hunden geht man spazieren, alleine schon, um die Exkremente nicht in der Wohnung zu haben. Für Katzen baut man Katzenklappen ein oder steht morgens um 5 Uhr auf, um sie hinauszulassen. Natürlich hat man auch Katzentoiletten und Schlafplätze. Man sucht seine geliebten Freigänger, wenn sie nicht zur richtigen Zeit nach Hause kommen. Spätestens dann merkt man, wie sehr einem die Tiere ans Herz gewachsen sind. Man wird fast verrückt, wenn sie sogar über Nacht wegbleiben. Das machen Katzen öfters, denn sie haben oftmals Reviere, die einige Kilometer groß sind. Oder sie haben sich vorgenommen, endlich diese eine Maus zu fangen, hinter der sie schon lange her sind (ja, auch das gibt es) oder müssen mit einer anderen Katze einen Kampf um ein Stück Revier ausfechten. Manchmal verhandeln sie, ob die eine den Weg tagsüber und die andere ihn nachts geht oder ob sie ein Stück ganz abgeben, weil die andere Katze stärker ist. Und wenn dann unser Liebling ausgehungert, lädiert und sehr müde zurückkommt, dann fällt einem so ein Stein vom Herzen, genau wie bei dem Kind oder dem Partner oder den alten Eltern, die wohlbehalten wieder angekommen sind. Man atmet auf und knuddelt es erst einmal von oben bis unten durch, bevor es das Lieblingsfutter bekommt und sich endlich ausschlafen darf.

Wenn so ein Tier letztendlich stirbt, dann ist man so unendlich traurig. Und ich meine tatsächlich wörtlich unendlich, denn viele Erlebnisse mit seinen Tieren vergisst man nie und sie prägen unser Leben nachhaltig. Es gibt jedoch nur wenige Menschen, mit denen man seine Erinnerung darüber austauschen kann.

Vergessen ist keines der Tiere und ich weiß heute noch ihre Namen, ihre Besonderheiten und wie sie gestorben sind. Dieses prekäre Thema möchte ich in diesem Beitrag thematisieren.

Es war einmal eine Katzendynastie in einem kleinen Dorf in Ostwestfalen …

Als Tigerchen zu uns kam, war sie eindeutig zu jung. Mit ihren gerade mal acht Wochen war sie nicht richtig sozialisiert. Dazu wären vier weitere Wochen vonnöten gewesen. Vielleicht hätten wir auch zwei Katzen holen sollen, aber Tigerchen lag immer allein. Ihre vier Geschwister hatten sich zu Zweiergruppen zusammengeschlossen und sie war sozusagen übrig geblieben. Und da sie sogar von den anderen gemobbt und oft verhauen wurde, sollten wir sie so früh holen. Die Menschen, bei denen sie geboren wurde, hatten wirklich Angst um sie. Also retteten wir sie unserer Meinung nach. Ob ihre Katzenfamilie sie wirklich verstoßen oder man ihr nur ihre Grenzen aufgezeigt hatte, kann man natürlich nur erraten. Wir, etwas unerfahren in Katzenhaltung, holten den kleinen grauweiß getigerten Zwerg ab und liebten ihn vom ersten Moment an bis in alle Ewigkeit.

Mich sah Tigerchen anfangs scheinbar als Mutterersatz an. Sie war vollkommen auf mich fixiert und kletterte wochenlang auf mir herum. Sie wurde fast panisch, wenn ich nicht da war. Selbst nachdem sie sich richtig eingelebt hatte, war sie manchmal sogar regelrecht beleidigt, wenn ich sie allein zu Hause ließ. Und jeder der Katzen hat weiß, wie es ist, wenn sie einem die kalte Schulter zeigen. Das kann man nicht übersehen oder fehldeuten. Das hält manchmal lange an. Egal ob man bettelt oder mit Leckerlis lockt. Katzen können das lange durchhalten. Wer weiß, vielleicht genießen sie es sogar, ihren Menschen so katzbucklig um sie buhlen zu sehen. Erst wenn das tägliche Futter kommt, sind sie wieder so gnädig, sich zu einem Schnurrer oder sogar Streichler herabzulassen.

Tiger und Oskar

Tiger und Oskar auf dem Apfelbaum

Tiger war eigentlich eher eine Einzelgängerin, aber als Oskar zu uns kam, machte sie eine Ausnahme. Er war ein halbes Jahr jünger als sie, klein, schwarz, langhaarig, frech wie Oskar und scheinbar interessanter als ich. Die beiden liebten sich vom ersten Moment an. Wer weiß, vielleicht kannten sie sich sogar schon. Denn Oskar wurde wild geboren und lebte mit seiner Mutter in einem alten Lagerhaus ganz in der Nähe. Das Revier der beiden dürfte sich wohl überschnitten haben. Oskar war im Herbst geboren, einige seiner Geschwister waren schon vermittelt worden. Zwei waren scheinbar, wie es bei Katzen üblich ist, schon ausgezogen, um sich ein eigenes Revier zu suchen. Das neue Revier musste sehr weit weg sein. Die Kleinen werden sogar von der Mutter verjagt, wenn die Zeit gekommen ist. Das machen Katzen, um Inzest vorzubeugen. Aber Oskar war übrig geblieben. Das verband ihn wohl mit Tigerchen. Als das kleine schwarze Fellknäuel zu uns ins Wohnzimmer kam, hat Oskar sofort alles übernommen. Er untersuchte neugierig alles, was da war. Auch Tigerchen wurde beschnuppert und ignoriert, als sie fauchend ihren Lieblingsplatz verteidigen wollte. Das hatte Tigerchen lange nicht gehabt, dass ihr ein Etwas, das aussah wie eine Katze, ihren Platz streitig machen wollte. Hier in diesem Haus war sie die Prinzessin, der alles gehörte. Tigerchen schüttelte sich einmal, knurrte Oskar an, der sie wiederum schnurrend um die Kralle wickelte. Ab dem Moment war ich abgeschrieben. Die beiden waren von nun an zusammen. Zwei Wochen lang musste Oskar drinnen bleiben, um sich an sein neues Zuhause zu gewöhnen. Er lernte übrigens sofort das Katzenklo zu benutzen und forderte schon am dritten Tag ein, dass ich ihn kämmen sollte; sein langes Fell war schlecht zu pflegen und er hatte dazu wohl auch keine Lust, es selbst zu machen. Aber Lust auf paschaähnliche Behandlung, die hatte er.

Zwar hatte ich kurze Zeit Bedenken, dass er, sobald er wieder raus durfte, sofort in sein altes Revier zurücklaufen würde. Ob er das tat, weiß ich nicht. Seine Mutter Püppi war rigoros. Sie verjagte ihre Kinder, wenn sie groß geworden waren. Irgendwie einigten sie sich. Oskar suchte sich sein Stammrevier an einer anderen Stelle. Leider über die Straße hinweg. Die wurde ihm fast ein Jahr später zum Verhängnis.

Er saß drüben auf der anderen Straßenseite und flirtete mit einer Katzendame. Als er sah, dass ich nach Hause kam, raste er los, ohne zu gucken, und wurde von einem Auto erfasst. Er schaffte es noch, die Einfahrt herunter zu laufen. Dann starb er in meinen Armen, während ich immer wieder rief „Oskar, Kleiner Mann. Kleiner Mann bleib bei mir!“.

Wir alle trauerten um ihn, ich manchmal heute noch nach so vielen Jahren. Er war unser aller Herzenskater. Tigerchen hatte ihn, nachdem sie Kinder bekommen hatte und auch eine Kleine bei uns blieb, mit Prinzesschen zu teilen. Manchmal sah es aus, als gingen die beiden Hand in Hand die Auffahrt hinauf. Tigerchen schaute mit spitzem Mäulchen eifersüchtig hinter ihnen her. Es war ihr nicht recht, dass nun Prinzesschen auch noch im Haus – in IHREM Haus war. Auch von mir ließ sie sich nicht trösten. Sie zog sich zurück, bis Oskar ihr wieder die Ehre gab, sie wahrzunehmen. Dann blühte sie auf und Prinzesschen war beleidigt. Nach dem Unfall, bei dem Oskar gestorben war, hatte Tigerchen ihn tot gesehen und beschnüffelt. Sie wusste nun, dass er wirklich tot war und nicht wiederkommen würde. Prinzesschen hingegen hatte ihn nicht tot gesehen und sie suchte ihren Oskar jeden Tag, bis sie an derselben Stelle wie Oskar von einem Auto erfasst wurde und auf der Stelle tot war. Auch um sie trauerte letztendlich sogar Tigerchen. Ja, sie trauerte auch, erstaunlicherweise.

Von Prinzesschen konnten sich weder Tigerchen noch ich mich verabschieden. Man hatte die arme kleine Maus direkt in einen Karton gelegt und sofort beerdigt, weil sie wohl sehr verunstaltet war.

Wie wichtig es ist, sich von Freunden zu verabschieden, wenn sie gestorben sind, erfuhr ich am eigenen Leib. Und so ähnlich musste es Katzen auch gehen, denn auch sie suchten ihre Mitbewohner noch längere Zeit nach deren Verschwinden.

Oskar

Prinzesschen

Eine meiner ersten Katzen hieß Fritzi. Eine recht kleine, graubraungetigerte, wilde Katze. Ich glaube, sie hatte wirklich wilde Gene, obwohl es in meiner Kindheit viele Bauernhofkatzen gab, um die sich in der Regel niemand kümmerte. Man vertrieb sie nicht wirklich, weil sie gute Mäusefänger waren, aber kümmern im heutigen Sinn war damals nicht üblich. Also lebten diese drahtigen Katzen wie Wildkatzen und verhielten sich auch so. Zwar kennt man es von Katzen, dass sie, wenn sie genug vom Streicheln haben, plötzlich die Krallen ausfahren und in die Hand, die sie streichelt, hineinhacken, aber bei Fritzi war das besonders ausgeprägt. Eine Schmusekatze war sie nie, auch wenn sie von klein auf bei uns lebte. Aber so wie heute, dass Katzen mehr im Haus sind, war es nicht. Sie mussten Katzen damals draußen bleiben. Man fütterte sie und ließ sie auch schon mal impfen, aber das war nicht die Regel. Dennoch, Fritzi durfte schon mal nachts im Haus bleiben, wenn sie es wollte. Allerdings wollte sie es selten. Sie schlief lieber im Keller, in dem ein Kellerfenster für sie offenblieb, sodass sie rein und raus konnte, wann sie wollte. Sie bekam auch Junge, die bei uns im Haus blieben bis sie groß genug waren, mit ihr raus zu gehen und das Jagen zu erlernen. Nach zwölf Wochen kamen die Kleinen nach und nach nicht mehr zurück. Sie waren auf Wanderschaft gegangen, um sich ein eigenes Revier zu erkämpfen. Sicherlich von Mutter Fritzi rigoros dazu aufgefordert.

Fritzi verschwand in der Nacht, in der in der Nähe ein altes Kiesloch zugeschüttet wurde. Wir suchten sie noch wochenlang, fuhren alle Straßen in der Nähe ab, fanden sie aber nicht.

Noch heute habe ich einen Hass auf den inzwischen verstorbenen Unternehmer, der damals unerlaubterweise das Kiesloch zuschütten ließ und der meiner Meinung nach meinen geliebten getigerten Wildfang darin mit verschüttet hat. Vermutlich war es ein Zufall, dass Fritzi genau in der Nacht verschwand, aber vergessen habe ich das nie. Dieser Unternehmer war bei vielen verhasst, insofern machte ihm mein zusätzlicher Hass wohl nichts aus. Gemerkt haben könnte er es, weil ich ihm nie die Hand gab, wenn wir uns trafen.

An Fritzi muss ich jedoch immer noch denken, wenn ich an dem Gelände des früheren Kieslochs spazieren gehe. Ich bin fest davon überzeugt, dass das bei Katzen ebenfalls so ist, wenn auch vielleicht nicht für lange Zeit.

Viele andere Katzen habe ich natürlich auch nicht vergessen, aber von den meisten konnte ich mich wenigstens verabschieden. Einige sind sogar auf schwarz-weiß-Fotos festgehalten und erinnern immer wieder an sie.

Im Jahr 1962 wurde Schneewittchen auf einem Foto festgehalten. Das kleine schwarz-weiße Etwas, das im Gras des Gartens fast verschwindet, gehörte den Großeltern, die im Hinterhaus gewohnt haben.

Fritzi mit ihren Kindern Mieze und Peter im Garten im Jahr 1966. Ihr Verschwinden hat meine Mutter sogar in ihr „Vergissmeinnicht“-Büchlein eingetragen. So sehr hat uns das Verschwinden des kleinen Wildfangs belastet.

Auch Mausi wurde fotografisch festgehalten. Das war damals, Ende der 1960er Jahre noch ungewöhnlich, weil die Filme und die Abzüge davon noch sehr teuer waren.

Mausi war uns auf einem Parkplatz zugelaufen. Jämmerlich miauend war die Kleine unter unser Auto gekrochen. Es hatte lange gedauert, bis wir sie darunter herausgelockt hatten. Natürlich musste sie mit nach Haus. Wir gaben sogar eine Anzeige in der örtlichen Tageszeitung auf, um die Besitzer zu finden. Aber niemand meldete sich darauf. Und so blieb sie bei uns. Besonders mein Vater mochte die kleine Maus sehr gerne. Er brachte ihr sogar das Jagen bei. Stundenlang saß er mit ihr vor einem Mauseloch und wartete, bis tatsächlich mal eine Maus herausschaute. Allerdings waren sowohl Mausi als auch mein Vater sehr höflich und wollten dem jeweils anderen den Vortritt lassen. Die Maus schaute sich das kurz an, schüttelte ihren spitzen Kopf, dass die Schnurrhaare nur so flogen, und verschwand in ihrem unterirdischen Bau, bevor die beiden Jäger reagierten. Daraufhin zeigte er ihr, wie man auf Bäume klettert. Beide saßen oben in dem alten Apfelbaum und schauten nach unten. Mein Vater musste sie jedoch auch wieder heruntertragen. Mausi fand das wohl superinteressant, denn das Spielchen machten die beiden des Öfteren. Dass dieses kluge Kätzchen bereits eine gute Mäusefängerin und eine hervorragende Kletterin war, zeigte sie jedem außer meinem Vater. Übrigens war Mausi die einzige Katze, die jemals im Bett meines Vaters schlafen durfte. So sehr mochten sich die beiden. Damals, in den Jahren nach dem 2. Weltkrieg, waren Katzen noch keine verwöhnten Lebewesen, die man einfach nur wegen ihres Daseins liebte. Die Fellnasen hatten ihre feste Aufgabe, nämlich Mäuse fangen. Genau deshalb wurden sie auch bei den Häusern gehalten, die kein Bauernhof waren. Damals hatte man noch mehr Platz in den Gärten. Man musste und wollte sich selbst versorgten und baute so viel Gemüse und Kartoffeln an, was auf das Land passte. Darum war es sehr wichtig, die Mäuse- und Rattenpopulationen so klein wie möglich zu halten. Eine Katze war nur dann eine gute Katze, wenn sie ein gute Mäusefänger war. Außerdem sollten sie auch die Vögel, die sich von Sämereien ernährten, in Schach halten. Spatzen gab es damals noch in riesigen Scharen. Wer hätte gedacht, dass diese