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Die neue Serie von Liora Blake: Sexy und romantisch vor der grandiosen Kulisse der Rocky Mountains! Denvers Wide Receiver Cooper Lowry hat eine grandiose Karriere hinter sich. Dafür hat er schwer gearbeitet und sich keine Ablenkung gegönnt. Aber so langsam merkt Cooper, dass sein Körper die Schläge auf dem Football Feld nicht mehr so leicht wegsteckt. Nach einem besonders harten Match hilft nur noch der Gang in die Apotheke, wo ihm eine faszinierende, wunderschöne und leicht chaotische junge Frau hilft, das unterste Regalbrett zu erreichen. Cooper ist sich sicher, dass er diese Frau unbedingt wiedersehen muss. Und als sein Arzt ihm dann noch ein paar Tage Auszeit verschreibt, weiß Cooper genau, wo er hin will ... Whitney Reed steht kurz davor ihre Apfelplantage zu verlieren, die sie vor drei Jahren in Hotchkiss, Colorado, gekauft hat. Damals suchte sie nur einen Ort zum Unterkommen, fand stattdessen ein Zuhause. Nun könnte jederzeit der Gerichtsvollzieher an ihre Tür klopfen. Stattdessen tut das allerdings ein leicht mürrischer, aber wahnsinnig gutaussehender Football Spieler. Und vielleicht ist er genau das, was Whitney braucht, um endlich Wurzeln zu schlagen ... Ein tolles Buch, das durch erotische Augenblicke, tiefgreifende dramatische Sequenzen und ganz viel Gefühl überzeugt. - Bloggerin Anja von Merlins Bücherkiste "Fair Catch" ist eine wundervolle Liebesgeschichte voller Emotionen und mit einem ganz besonderen Setting. Die Charaktere überzeugen durch ihre vielen Facetten und dadurch, dass sie so unterschiedlich sind und dadurch automatisch einen hohen Unterhaltungswert bieten. - Bloggerin Jessica von Zeilenspringerin Ein toller Roman einer neuen Reihe, in der man dieses Buch super als Einzelroman lesen kann, da er hervorragend in sich abgeschlossen ist. Er hat neben knisternd-erotischer Spannung viele andere emotionale Momente zu bieten. - Bloggerin Michelle von Naraliyas Journey To Fairytales
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Seitenzahl: 518
Veröffentlichungsjahr: 2017
Die AutorinLiora Blake ist Romance-Autorin und lebt in Colorado. Sie schreibt, weil es das ist, was sie immer tun wollte. Sie schreibt Romane, weil sie es mag, die ganze Geschichte zu erzählen. Und sie schreibt Liebesromane, weil Happy Endings einfach am schönsten zu erzählen sind. Wenn Sie nicht gerade tippt, backt sie wahrscheinlich Kekse, die sie nicht essen sollte, denkt sich raffinierte Entschuldigungen aus, damit sie nicht joggen muss, oder bittet einen netten Barista ihr einen weiteren vierfachen Espresso zu machen.
Das Buch
Denvers Wide Receiver Cooper Lowry hat eine grandiose Karriere hinter sich. Dafür hat er schwer gearbeitet und sich keine Ablenkung gegönnt. Aber so langsam merkt Cooper, dass sein Körper die Schläge auf dem Football Feld nicht mehr so leicht wegsteckt. Nach einem besonders harten Match hilft nur noch der Gang in die Apotheke, wo ihm eine faszinierende, wunderschöne und leicht chaotische junge Frau hilft, das unterste Regalbrett zu erreichen. Cooper ist sich sicher, dass er diese Frau unbedingt wiedersehen muss. Und als sein Arzt ihm dann noch ein paar Tage Auszeit verschreibt, weiß Cooper genau, wo er hin will ...
Whitney Reed steht kurz davor ihre Apfelplantage zu verlieren, die sie vor drei Jahren in Hotchkiss, Colorado, gekauft hat. Damals suchte sie nur einen Ort zum Unterkommen, fand stattdessen ein Zuhause. Nun könnte jederzeit der Gerichtsvollzieher an ihre Tür klopfen. Stattdessen tut das allerdings ein leicht mürrischer, aber wahnsinnig gutaussehender Football Spieler. Und vielleicht ist er genau das, was Whitney braucht, um endlich Wurzeln zu schlagen ...
Liora Blake
Fair Catch
Roman
Aus dem Amerikanischen von Peter Groth
Forever by Ullsteinforever.ullstein.de
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Cooper Lowry
Beim Profi-Football muss man zwei Arten von Schlägen einstecken: die, die man kommen sieht und die, die man nicht kommen sieht. Und wenn ich es mir nach acht Jahren Football aussuchen könnte, dann würde ich jedes Mal einen Überraschungsschlag bevorzugen. Warum? Weil ich nach tausenden von eingesteckten Schlägen gemerkt habe, dass es besser ist, einfach umgehauen zu werden. Wenn ich den menschlichen Güterzug auf mich zurasen sehe, dann spanne ich alle Muskeln an. Das ist eine normale Reaktion. Doch so dringt der Schlag durch jeden Nerv, jedes Gelenk und bis in die kleinsten Zehenknochen.
Vor fünf Minuten ist genau das passiert – ich hatte die perfekte Aussicht auf den unmittelbar folgenden Zusammenstoß und erwischte die falsche Sorte Schlag. Der Aufprall war so heftig, dass ich sogar kontrolliert habe, ob womöglich ein Zahn locker war, bevor ich aufzustehen versuchte. Als ich feststellte, dass alle Beißerchen noch am Platz waren, trabte ich an die Seitenlinie, um unbeeindruckt zu wirken.
Ich schaue zum Spielfeld, dieser saftig grünen Fläche, die zu allem gehört, was ich mir immer gewünscht habe. Ein volles Stadion, ein Trikot mit meinem Namen auf dem Rücken und eine in Viertel eingeteilte Uhr, die zu einem Sieg heruntertickt. Wir sind in der Red Zone und mein zuletzt gefangener Ball hat uns dorthin gebracht. Leider war daran auch ein Strong Safety des gegnerischen Teams mit dem Namen Stinger beteiligt, der meinen Arsch auf den Boden befördert hat. Der Spitzname passt zu ihm. Ich sah wie eine Marionette aus, die mitten in der Luft kaputtgegangen ist und völlig verdreht auf den Boden prallt.
»Lowry. Komm her, Junge. Wir müssen das machen.«
Als Hunt mit den Fingern vor meinem Gesicht schnippt, lege ich den Kopf schief und präsentiere mein bestes »Keine Sorge, Doc«-Gesicht. Ein Mannschaftsarzt ist entweder dein bester Freund oder dein schlimmster Feind, je nachdem, was du gerade brauchst. Die Ärzte haben immer die guten Sachen: die Schmerzmittel, die Schlaftabletten und an der Seitenlinie die schnellen Spritzen, die dich das Spiel durchhalten lassen. Zugleich ignorieren sie geschickt dein Flunkern, nehmen dir das »Keine Sorge«-Lächeln nicht ab und können dich mit einer Unterschrift aus dem Trikot heraus und in Anzug und Krawatte an die Seitenlinie befördern.
»Welchen Monat haben wir, Lowry?«
»Oktober.«
»Welchen Wochentag?«
»Sonntag.«
»Wer hat zuletzt Punkte geholt?«
Ich muss grinsen. »Wir. Ich, genauer gesagt.«
Hunt schüttelt den Kopf und erwidert das Grinsen. Ich hatte gegen Ende des dritten Spielviertels einen weiten Pass erwischt und bin wie ein König in die Endzone geschlendert. Das hat uns einen Vorsprung von vierzehn Punkten verschafft und jetzt, wo weniger als eine Minute auf der Uhr angezeigt wird, ist es fast sicher, dass wir das Spielfeld siegreich verlassen.
Aber nichts in dieser Welt ist sicher. Egal, wie nah sich ein Sieg anfühlt oder aussieht: Irgendein Mist kann immer passieren. Spieler lassen den Ball fallen. Ein Blitz schlägt ein. Ein nackter Verrückter schwebt mit dem Fallschirm aufs Spielfeld. Zombies stürmen das Stadion. Im Livefernsehen und beim Profisport ist alles möglich, deshalb gibt es auch keine Sicherheit, dass nicht all das zur selben verdammten Zeit eintreten kann.
Mein Blick geht zurück aufs Spielfeld – auf der Suche nach lästigen Zombies – und Hunt klopft mir mit seinem Block auf den Arm.
»Großer Gott, Lowry. Du wirst schon nichts verpassen. Wir haben es im Sack. Lass uns das hier zu Ende bringen.«
Er verzichtet darauf, mir in den Gesichtsschutz zu greifen und daran zu reißen, um meine Aufmerksamkeit zu bekommen, denn unter Berücksichtigung der von der Liga vorgeschriebenen Verhaltensregeln bei Gehirnerschütterung ist dieser Mist Vergangenheit. Heutzutage bekommen wir nach einem heftigen Zusammenprall keinen Schlag auf den Hinterkopf und den Befehl, uns nicht so anzustellen, sondern wir landen an der Seitenlinie und beantworten hirnverbrannte Fragen über unser Wohlbefinden und müssen wie ein Flamingo auf einem Bein stehen, um zu zeigen, dass wir nicht umkippen. All das nur, um zu zeigen, dass unser Gehirn nicht völlig zermatscht ist.
Ich zeige mit dem Kinn nach vorn und setze einen ernsten Ausdruck auf.
»Hunt, lass mir das hier noch. Die letzten paar Sekunden. Dann kannst du mir so viele bescheuerte Fragen stellen wie du willst. Ich werde dir nicht mal den Tod androhen, wenn du mit diesem nervigen kleinen Licht vor meinen Augen herumfuchtelst.«
Hunt gibt seufzend auf, klemmt sich den Block unter den Arm und lässt sich mit einem Plumps auf die Bank fallen, denn er weiß, dass es einfacher ist, nachzugeben. Er lehnt sich zurück, legt sich die gefalteten Hände auf den Kopf und versucht zu entspannen.
Wenn ich nicht auf dem Spielfeld und mittendrin bin, dann genieße ich die letzten Minuten eines Spiels am meisten. So war es schon immer, denn als Kind hat mir mein erster Trainer erklärt, dass es diese Sekunden sind, die wichtig sind. Er meinte, in diesen Momenten würden wir die Wahrheit über Erfolg und Niederlage und über Teamwork begreifen. Für meinen achtjährigen Verstand war alles, was er sagte, wie das Evangelium, deshalb glaubte ich ihm jedes Wort.
Die Uhr tickt auf Null und die Menge jubelt auf – siebzigtausend Halbbetrunkene in der Höhe der Rocky Mountains, die sich jetzt für nichts anderes interessieren als für uns. Unser Sieg, ihr Sieg – in dieser Stadt macht das keinen Unterschied.
Hunt steht wieder auf und neigt den Kopf in meine Richtung, womit er mich wortlos fragt, ob wir das Gespräch jetzt beenden können. Ich nicke kurz und er legt wieder los, bittet mich, Worte zu wiederholen, eine Zahlenreihe zu nennen und für seine Untersuchung ruhig stehen zu bleiben. Als wir dahin kommen, dass ich ein Bein vom Boden anheben muss, bringt mich ein Ziehen im Knie fast aus dem Gleichgewicht.
Doch ich habe das schon oft genug gemacht. Ich weiß, wie man die Fragen beantworten muss und wie ich meinem Körper befehle, zu tun, was er tun muss. Man überlebt keine acht Jahre im Profi-Football, ohne die richtigen Antworten zu lernen.
»Auf einer Skala von eins bis sechs. Null bedeutet nicht vorhanden, sechs bedeutet ernst. Kopfschmerzen?«
»Null.«
Gelogen. Der Schmerz, der sich an der Schädelbasis zusammenbraut, wo der Okzipitalnerv auf die Wirbelsäule trifft, fühlt sich an, als würde mein Kopf in hunderte von Glasscherben zersplittern, wenn ich ihn zu schnell auf eine Seite drehe.
»Schwindelgefühl?«
»Eins.«
Gelogen. Es ist eher eine Fünf, doch ich sage nie bei allem null. So ist es glaubwürdiger.
»Verschwommenes Sehen?«
»Null.«
Gelogen. Vor meinen Augen schweben unscharfe helle Sternchen und wenn ich zu lange blinzle, dann werden es mehr.
Hunt kritzelt etwas auf den Zettel auf seinem Klemmbrett und unterschreibt dann unten auf der Seite.
»Du weißt, was du tun musst, ja? Kein Aspirin, kein Alk. Geh nach Hause und entspann dich.«
»Jawohl.«
Wir wissen beide, dass ich lüge.
***
Im Umkleideraum versuche ich, so angeschlagen wie möglich zu wirken. Wenn man völlige Erschöpfung vortäuscht, dann bleiben die Medienvertreter etwas auf Abstand, sodass nur die Mutigsten und Tollkühnsten in die Nähe meines Spinds kommen. Bei so einem sterbenden Schwan auf dem Boden, wie ich ihn zuvor hingelegt habe, sagen die Moderatoren während der ganzen Spielunterbrechung Dinge wie »hoffentlich ist er okay« und »das war ein ziemlicher Schlag.« Dabei wiederholen sie die Szene die ganze Zeit, zum Vergnügen und für die Einschaltquote.
Doch so läuft die Show, oder? Man sieht einem Typen wie mir zu, der – wenn er gut in Form ist – als Idiot den Ball über das Spielfeld trägt und dabei eine Zielscheibe auf dem Rücken hat. Abhängig davon, auf welcher Seite man steht, hofft man entweder, dass ich es schaffe, oder, dass einer dieser Hundertfünfzig-Kilo-Typen mich umhaut und auf den Rasen befördert.
Als ich heute Abend auf den Rasen geknallt bin, hat es sich wie immer angefühlt: heftig, gnadenlos und zerschmetternd. Dann ist alles in meinem Kopf still geworden. Diese Sekunden, wenn man nicht mehr weiß, wo man ist, wie der zweite Vorname lautet, oder warum der Himmel so flimmert, sind total unheimlich. Denn plötzlich gehorcht dir dein Körper nicht mehr, was völlig seltsam anfühlt. Als ich in West-Texas noch in der Highschool gespielt habe, habe ich mich immer gefragt, ob es sich genauso anfühlt, wenn man stirbt. Nach jahrelanger Erfahrung mit Ärzten, die mich immer wieder fitgerüttelt haben, habe ich schließlich aufgehört, mir darüber Sorgen zu machen.
Fast hätte der Trick mit der Erschöpfung funktioniert. Ich bin schon halb durch den Gang, als sich mir Bodie Carmichael von Channel Eight direkt in den Weg stellt und mir ein Mikrofon ins Gesicht hält. Ich stöhne laut auf. Wie immer streicht er sich sein schmalziges Haar zurück und grinst, bevor er loslegt.
»Verdammt heftiger Schlag, Coop. Wie geht’s?«
Mich durchfährt der spontane Impuls, ihm den richtigen Spruch zu verpassen.
Wie es mir geht? Nun, beschissen, Bodie … Ich fühle mich so, als hätte mich gerade ein Typ namens Stinger fertig gemacht. Als hätte ich meine eigenen Eier verschluckt, dann eine Weile auf ihnen herumgekaut, bevor ich versucht habe, sie mit einer krummen Nähnadel wieder zu befestigen.
Bodie würde das gefallen, den Zuschauern würde es gefallen, und es würde den perfekten Abspann für die Sendung heute Abend abgeben. Doch die Mediendirektorin der Mannschaft? Würde sie diese Antwort auch lieben? Eher nicht. Ich atme angestrengt und antworte etwas angemessener.
»Mir geht es gut. Bin froh, dass wir es geschafft haben. Das ist alles, was zählt.«
Ich will nicht länger bleiben, da ich Bodie keine Gelegenheit für eine weitere Frage bieten möchte. Selbst ein höfliches Nicken zum Abschied, um das schwierige Verhältnis zwischen Sportlern und Journalisten im Gleichgewicht zu halten, übersteigt meine Kräfte, deshalb wende ich mich ab und gehe weiter. Mehr wird er heute Abend nicht von mir bekommen. Verdammt, wahrscheinlich ist es genauso wie an all den anderen Abenden, doch mit den in Wellen auf mich einstürmenden Kopfschmerzen, fühlt es sich jetzt richtiger an als sonst.
An Tagen, an denen sie nachsichtig sind, bezeichnen mich die Medien als ruhig, schweigsam oder zurückhaltend. An allen anderen Tagen sagen sie einfach, ich bin ein Arsch. Beide Varianten haben etwas Wahres an sich.
***
Es war eine beschissene Idee, unseren Sieg in einer Bar im Zentrum feiern zu wollen. Ich wusste es sofort, doch immerhin hatten wir gerade das gegnerische Team mit einer weiteren Niederlage auf ihrem Spielkonto und ein paar Spielern mehr auf der Reservebank zurück an die Westküste geschickt. Und footballverrückte Städte lieben es, wenn man ihre langjährigen Rivalen mit einem lodernden, herrlichen Sieg vernichtend schlägt. Ohnehin müssen wir die meisten Abende nichts für die Getränke bezahlen, doch heute Abend bekommen wir alles, was wir wollen. Alkohol. Frauen. Lob. Arschkriechen. Nimm, was du willst.
Ich dachte, ein Drink wäre okay. Doch ich hatte vergessen, wie effektiv Schnaps in die Blutbahn einschlägt, wenn das Adrenalin verschwindet und dein dehydrierter Körper zu erlahmen beginnt. Es hat einen Effekt, den man nicht vermeiden kann, selbst wenn man den Whiskey mit doppelt so viel Wasser abzuschwächen versucht und hofft, das rauschende Geräusch im Kopf zu dämpfen, das vom Blutfluss in den Adern stammt.
Deshalb winke ich ab, als mir die niedliche Studentin – an deren Namen ich mich nicht erinnern kann – einen weiteren Whiskey Sour geben will. Dieser Kopfschmerz, über den ich gelogen hatte, strahlt jetzt von jedem einzelnen Haar auf meinem Kopf aus.
Darci? Sandi? Auf jeden Fall war da ein I am Ende, daran erinnere ich mich. Es wäre eine nette Ablenkung, wenn ich Blondie meine ganze Aufmerksamkeit schenken würde, doch mir dröhnt der Schädel und so langsam tun mir auch die Zähne weh.
»Süße.«
Das muss fürs Erste reichen. Ein nichtssagendes Kosewort, bei dem auch die Reste meines texanischen Akzents durchkommt. Als ich das sage, merke ich sofort, wie sehr ich nach einem Arschloch klinge. Namen sind immer besser. Doch ich lasse mich nur deshalb zu lahmen Plattitüden herab, um mein Gesicht zu wahren angesichts der Tatsache, dass ich den Eindruck habe, es würden jetzt zwei von ihr vor mir stehen. Vielleicht auch noch mehr. Und ich kann mich an den Namen von keiner erinnern.
»Ich habe genug getrunken. Nimm du ihn.«
Sie lächelt und trinkt einen Schluck, dann schaut sie mich durch ihre Wimpern an. Scheiße. Bin mir nicht sicher, ob ich gerade schiele, doch drei von ihr sind entschieden zu viele. Wenn Hunt hier wäre, würde er die Arme vor der Brust verschränken und den Kopf schütteln, bevor er mich aus dieser lauten Bar zerren würde, um mich Trottel ins nächste Bett zu werfen. Ich werde dieser Idee mal eine Chance geben und von hier verschwinden.
Beiläufig klopfe ich auf die Theke, um meinen Plan anzudeuten und beuge mich zu ihr, damit sie mich sicher hört.
»Ich werde mal etwas früher gehen. Ich habe heute ganz schön was abbekommen.«
Sie verzieht den Mund zu einem Schmollen, dann reißt sie ihre blauen Augen weit auf, bevor sie sie zusammenkneift. Sie ist wütend, überspielt es aber schnell. Sehr, sehr gut gemacht, Darci-Mandi-Sandi.
Als sie ihren Gesichtsausdruck wieder vollständig im Griff hat, legt sie die Hand an meine Brust und gurrt los.
»Armes Baby. Ich habe es gesehen. Brauchst du jemanden, der sich heute Abend um dich kümmert?«
Als wir die Bar betreten haben, war sofort klar, dass sie eine Trikotjägerin ist. Ich habe bemerkt, wie sie uns gründlich taxiert und unsere Gesichter vollständig und fast unmittelbar eingeordnet hatte. Dann hat sie innegehalten und überlegt, wer das beste Spiel, den dicksten Vertrag und die wenigsten Exfrauen hatte. Mit den zwei Touchdowns heute, einem so guten Fünfjahresvertrag, dass er es bei meiner Unterzeichnung bis in die Nachrichten brachte, und keiner Exfrau, hatte ich gewonnen.
Doch jetzt lasse ich sie im Stich, deshalb muss sie einen Gang zulegen. Ich glaube auch nicht, dass sie sich ernsthaft um mich kümmern will, wenn sie wüsste, wie es mir wirklich geht. Womöglich muss ich kotzen, wenn die Schmerzen stärker werden und ich kann mir nicht vorstellen, dass ein brühendheißes Bad mit Bittersalz die sexy Episode ist, die sie im Kopf hat, wenn es um eine Nacht mit Cooper Lowry geht, dem Wide Receiver mit der Nummer zweiundachtzig in dem NFL-Team, das im Begriff ist, bei den Play-offs mitzuspielen, sodass die Buchmacher in Vegas bereits Überstunden machen. Das arme Mädchen weiß womöglich nicht, wie sie die verlorene Zeit wettmachen kann, wenn ich gehe, da alle anderen Spieler im Raum bereits in Frauen und Alkohol baden.
Ich sehe mich in der Bar um, dann pfeife ich einem der Jungs vom Übungsteam und winke ihn zu mir. Er Junge ist ehrgeizig und bereit und fit – was will sie also mehr? Er hat ein Trikot wie wir anderen auch. Und ganz ehrlich: Das ist es doch, was sie will.
»Das hier ist Derek. Wurde letztes Jahr in der dritten Runde in die Mannschaft berufen, Süße.«
Es ist fast zu einfach, für Derek die Angel auszuwerfen. Sie betrachtet ihn eingehend von Kopf bis Fuß, dann legt sie mit ihrem Charme los, komplett mit den Händen an seinem Bizeps und ihrer Hüfte gegen sein Bein. Sie verabschiedet sich nicht einmal von mir, als ich mein Glas hinter ihr über die Theke schiebe.
***
Auch wenn ich auf einer mehrere hundert Hektar großen Ranch aufgewachsen bin und diese Ruhe vermisse, so hat es doch seine Vorteile, mitten im Zentrum von Denver zu wohnen. Zunächst einmal bedeutet es, dass ich fast überall zu Fuß hingehen kann. Von meinem Loft sind es zweihundert Meter bis zu meinem Lieblingscafé. Zweihundert Meter weiter ist der beste Burgerladen in der Stadt. Unser Trainingszentrum ist gerade mal einen Kilometer weiter nördlich und das Stadion liegt etwas mehr als drei Kilometer im Süden. Wenn ich nicht unbedingt aus der Stadt will, weg von den Häusern, dem Lärm, den Fans, kann ich meinen Wagen bequem wochenlang stehen lassen.
Manche denken, dass Colorado noch immer voll Cowboys und Indianer ist, doch heutzutage sind es hauptsächlich Hipster und am Wochenende militante Triathleten. Bei all den Radwegen, die sich den Platte River entlangschlängeln, und den kilometerlangen, gepflegten Fußwegen durch die Stadt, ist sie die Stadt zu einem Ort für alles geworden, außer für dein Auto. Deshalb ist es meist übel, wenn die Leute Auto fahren. Sie fahren sehr schlecht, sehr unhöflich, immer eine Bremsung entfernt von Gewalt im Straßenverkehr. Man meint immer, dass nur in Texas jedes Mittel erlaubt ist, doch ein Fahrer aus Colorado macht den Westen wieder wild.
Ich hatte gehofft, dass ich vielleicht wieder klar im Kopf werde, wenn ich aus dieser verschwitzten Bar herauskomme, mit ihren grellen Lichtern und den lauten Rockhymnen, die im Hintergrund plärren. Doch draußen ist es eiskalt und das tut mir nicht gut, sondern bringt meinen Schädel vom Pochen zum Kreischen. Vor mir hängen die Wolken warmer Luft, die aus meinem Mund kommen, und ich bin so von ihnen abgelenkt, dass ich fast auf die Straße stolpere. Ich bleibe auf dem Bürgersteig stehen, stecke mir die Hände in die Taschen und versuche, wieder klar zu sehen.
Die Ampel in meiner Nähe wechselt von Rot zu Grün und ich höre, wie es dabei hörbar klickt. Was kein gutes Zeichen ist. Denn ein plötzliches Auftreten von extrem gutem Gehör hält normalerweise für rund zwanzig Minuten an, und dann knie ich auf dem Boden, halte mir den Kopf und überlege mir, ob es sich so anfühlt, wenn einem eine Axt auf den Schädel geschlagen wird. Dieser Rebound-Effekt eines heftigen Schlages kann tagelang andauern, er täuscht friedliche Momente vor, dann knallt er dir wie ein Baseballschläger mitten ins Gesicht.
Die einzige mögliche Linderung ist meine riesige footballspielergroße Badewanne mit einer grobkörnigen Schicht Bittersalz und so heißem Wasser, dass meine Haut davon puterrot wird. Wenn doch meine Nächte nur so voller endloser Ausschweifungen wären, wie man es von einem Mann mit meinem Job erwartet. Doch mit meinem Körper sind Ausschweifungen nicht mehr so leicht umzusetzen, und selbst die Idee an sich ist durch meine Lebenseinstellung über die Jahre immer weniger verlockend geworden.
Ich gehe über die Straße und öffne die Tür einer Nachtapotheke, um mir vorsichtshalber noch einen Sack Salz zu besorgen. Wenn ich erst einmal zu Hause bin, werde ich bis zum nächsten Training am Dienstag wahrscheinlich nicht mehr rausgehen. Solange es einen Kühlschrank voll Essen und genügend Batterien für die Fernbedienungen gibt, kann ich dort gut untertauchen.
Der Laden ist so leer, wie es an einem bitterkalten Sonntagabend kurz vor Mitternacht zu erwarten ist. Der Angestellte hinter der Theke schaut von seinem ziegeldicken Fachbuch auf, in dem er gerade liest, und wirft mir ein knappes Lächeln zu. Ich werfe ihm ein noch knapperes zurück.
Ich gehe in einen entfernt gelegenen Gang und halte mich mit ausgestreckten Händen an einem Regal fest, um mich kurz abzustützen. Am Ende des Gangs finde ich, was ich suche. Einen riesigen, herrlichen Sack voll Salz. Als ich ankomme, bemerke ich mit neu gewonnener Klarheit, dass der Sack auf dem untersten Regalbrett steht, und dass ich mich bücken muss, um ranzukommen. Wer zum Teufel stellt Bittersalz auf ein unteres Regalbrett? Die einzigen traurigen Gestalten, die so etwas brauchen, sind alte Leute und Typen wie ich. Keiner davon ist in der Lage, sich so tief zu bücken, ohne zusammenzubrechen oder ein paar Tränen zu vergießen. Ich halte mich am obersten Brett fest, schließe die Augen und lasse den Kopf hängen.
»Arschlöcher.«
An diesem Punkt findet in meinem Kopf eine aufwendige Berechnung statt. Eine etwas wacklige Addition der Bewegungen, die nötig sind, um sich zu bücken und zu ergreifen, was ich brauche. Zur gleichen Zeit bemühe ich mich, nicht ohnmächtig zu werden. Ich habe mir gerade alle Schritte vorgestellt und zurechtgelegt, da wird meine Konzentration von einer Stimme unterbrochen.
»Entschuldigung. Ist alles okay bei dir?«
Es ist eine Frauenstimme, leise aber deutlich und sie klingt leicht besorgt. Natürlich. Es musste ja eine Frau sein, die mich so sieht. Als Antwort bringe ich nur ein Knurren zustande.
Sie senkt die Stimme und ich merke, wie sie den Gang entlang auf mich zukommt.
»Brauchst du Hilfe?«
»Ja. Scheiße, ja, ich brauche Hilfe.«
Als sie keinen halben Meter mehr entfernt ist, kann ich sie riechen. Sie ist von einem Kokosnussaroma umgeben. Es verwandelt sich schnell zu dem Besten, was ich heute Abend erlebt habe, und instinktiv atme ich tief durch die Nase ein. Wahrscheinlich hält sie mich für völlig verrückt, doch ich brauche diese nach einer tropischen Brise duftenden Frau, damit sie mir den Sack mit Salz reichet, danach können wir beide wieder unserer Wege gehen. Sie kann zurück an den Strand, oder in den Himmel, oder woher sie auch gekommen sein mag. Ich zeige auf das untere Regalbrett.
»Ich brauche einen Sack Bittersalz. Aber wenn ich mich bücke, um ihn zu holen, dann komme ich wahrscheinlich nie wieder hoch. Ich brauche nur das Salz, bitte. Ich gebe dir, was du willst, wenn du mir einfach nur diesen gottverdammten Sack anreichst. Was du willst.«
Dann lacht sie, es ist ein freundliches Lachen, fern von Verachtung oder Grausamkeit, und sie lacht eindeutig nicht über mich, denn es klingt mitleidig. Langsam öffne ich die Augen, als sie gerade unter meinem Arm hindurchtaucht, wobei ihr der Duft folgt. Ich sehe nur ihren Kopf von oben, wilde, hellbraune Locken in einem unordentlichen Haarknoten und ein rotes Haarband, um die längeren Strähnen aus dem Gesicht zu halten. Sie hat sich zwischen mir und dem Regal hindurchgedrängt, hockt auf den Knien und bückt sich zum unteren Regalbrett.
Dann blickt sie auf, um mich anzusehen – zwischen meinen verdammten Beinen –, während sie auf das Regal deutet.
»Großer Sack oder kleiner?«
Verdammt. Womöglich habe ich in den letzten paar Stunden einen Gehirntumor bekommen, denn sie ist einfach umwerfend. Hübsch gebräunte Haut, braune Augen und volle, rosa Lippen. An der rechten Nasenseite hat sie ein winziges goldenes Piercing. Sie trägt einen Männer-Schlafanzug - nicht so einen, wie Mädchen sie normalerweise tragen, rosafarben und voller Kätzchen oder anderen Mist. Nein, dies ist ein richtig klassischer, zu großer Opa-Schlafanzug in Dunkelblau.
Als sie den Kopf zurücklegt und den Arm hebt, um auf das Regal zu zeigen, bekomme ich – oh Mann – einen ziemlich deutlichen Ausblick auf ein sehr hübsches, sehr nacktes Dekolleté. Die Sorte Dekolleté, bei der ich mich normalerweise bemühen würde, um damit viel Zeit zu verbringen. Stöhnend schließe ich die Augen und hoffe, dass ich es leichter durchstehen werde, wenn ich ihre Haut nicht mehr sehe.
»Großer Sack. Den größten, den es da unten gibt.«
Ich höre, wie sie nach vorn rutscht und eine weitere Duftwelle mit Kokosnuss oder Was-auch-immer-sie-trägt steigt auf. Als ich die Augen wieder öffne, zerrt sie gerade einen Sack aus dem Regal und gleitet dann aus der Hocke vom Boden in einem anmutigen Kniebeugenhüpfer über meinen Fuß.
Gut gemacht, Arschloch. Bleib einfach da stehen, während diese Frau dich vor dir selbst rettet, und versuche nicht einmal, dich höflich zu benehmen und aus dem Weg zu gehen, während sie für dich einen Sack über den Boden zerrt.
Die wohlerzogene, höfliche Version von mir – voller Wertschätzung für wohlriechende, hilfsbereite Frauen mit hübschen Dekolletés – wurde durch die oberste Schwachkopfversion meiner selbst ersetzt. Normalerweise ist diese Version für die Medien reserviert und für Leute, die meine Geduld herausfordern. Doch in diesem Moment ist mir egal, wie großartig diese Frau ist, denn ich bin einfach nur ein Typ, der nicht viel mehr als ein Knurren zustande bringt, denn es gehört zu seinem Job, manchmal ein menschlicher Sandsack zu sein.
Nachdem ich meine Gliedmaßen sortiert habe, drehe ich mich und entferne mich von der Sicherheit der Regale. Miss Hawaiian Tropic schiebt den Sack zu mir und neigt langsam den Kopf, während sie mich taxierend ansieht, als wollte sie herausfinden, was für eine Sorte Blödmann ich eigentlich bin.
»Das wird dir bei einem Kater nicht viel helfen – das weißt du, oder? Ohnehin ist es ziemlich gefährlich, betrunken in die Wanne zu steigen.«
Ich blinzle und runzle die Stirn. »Ich bin nicht betrunken, ich habe Schmerzen. War ein harter Tag bei der Arbeit.«
Sie nickt langsam und kneift die Augen zusammen.
»Du solltest etwas Zitronengras ins Wasser geben. Das ist gut zum Entgiften und wohltuend bei Entzündungen.«
Sie hebt den Zeigefinger, um mich davon abzuhalten, irgendwohin zu gehen – als ob ich das einfach so könnte – dann wuselt sie den Gang entlang und sieht sich um. Sie schaut sich ein paar Reihen an, verschwindet dann für eine Sekunde und taucht wieder auf, wobei sich ihre Locken bei jedem Schritt leicht bewegen.
Schließlich kehrt sie zurück und reicht mir eine kleine Flasche. »Schüttle ein paar Tropfen hinein, wenn die Wanne voll ist.«
Ich werfe einen Blick auf die unverhältnismäßig kleine Schrift auf der Flasche. Bevor ich noch eins der Worte lesen kann, bemerke ich ihre Füße. Sie stecken in einem Paar dicker, hässlicher, haferbreigrauer Wollsocken ohne Schuhe.
»Trägst du gar keine Schuhe?«
Sie schaut nach unten und lacht noch einmal ihr angenehmes Lachen.
»Ach ja. Nö, keine Schuhe. Mach dir keine Sorgen … Ich glaube nicht, dass ich in irgendeine Spritze oder so getreten bin. Ich bin nur vom Hotel auf der anderen Straßenseite gekommen. Das ist alles.«
Sie zeigt über die Straße zu einem Hotel und mein Blick schweift erneut über ihr Gesicht, während sie wegsieht, der kleine goldene Ring baumelt ihr an der perfekten kleinen Nase. Zusammen mit dem Haarband um ihr unordentliches Haar ist es ein ziemlich hippieartiger Look, aber verdammt, es sieht absolut heiß an dieser Frau aus.
Als sie den Arm senkt und mich ansieht, erreicht der Schmerz, der mir den Schädel zu zerspalten droht, einen neuen Höhepunkt, denn ihre hübschen Lippen öffnen sich ein wenig, während sie mich für einen Augenblick anschaut und dann zu reden beginnt. Beim Sprechen sieht sie mich die ganze Zeit an, ohne dass ein besonderer Ausdruck auf ihrem Gesicht liegt. Sie plappert einfach weiter und verschlingt mich dabei mit ihren Augen.
»Sie wollten sieben Dollar für die Flasche Wasser in meinem Zimmer. Sieben Dollar, kannst du dir das vorstellen? Das ist entsetzlich. Sieben Dollar für dreihundertvierzig Milliliter Wasser, das sie von einem öffentlichen Wasserhahn abgezapft und in nicht recycelbare Plastikflaschen gefüllt haben, die voll mit BPA und anderen Giften sind. Aber das Leitungswasser im Hotel schmeckt nach einer Strahlen- und Fluoridverschwörung. Ich hatte mir überlegt, dass ich zumindest etwas weniger für das Vorrecht bezahlen sollte, die Erde und alles darauf zu vergiften. Das kleinere Übel, oder was auch immer.«
Ich nicke und warte, dass sie den Augenkontakt unterbricht, denn ich will ihn so lange genießen, wie ich kann. Bis sie schließlich aufgibt oder ein Blutgefäß in meinem Gehirn platzt, werde ich einfach hier stehenbleiben und den Anblick genießen.
Schließlich murmelt sie etwas über Deponien und Höllenfahrt, dann schlüpft sie an mir vorbei und geht zu einer Kühltruhe hinten im Laden. Als sie zum Bezahlen an die Theke kommt, gehe ich zu ihr und lege meinen Salzbeutel neben ihre Flasche.
»Lass mich dir diese böse, schuldbeladene Wasserflasche kaufen. Als kleines Dankeschön für deine Hilfe.«
Sie senkt den Blick und sieht mich nicht mehr an. Nicht mal, als sie einen Protest murmelt, dann ein Dankeschön. Ich sehe zu, wie sie in ihren Wollsocken quer über die vierspurige Straße schlendert und dann durch die Drehtür des Hotels verschwindet.
Nur wenige Häuser die Straße entlang stolpere ich durch den Eingang meines Lagerhauslofts und drücke den Knopf für den Fahrstuhl, bis das quietschende Ding schließlich auftaucht. Charmante Authentizität am Arsch. Heute Nacht bin ich davon überzeugt, dass die Eigentümer dieses umgebauten Lagerhauses den Vorkriegslift belassen haben, weil sie geizige Mistkerle sind.
Als ich in meinem Loft bin, lasse ich die Badewanne volllaufen und schüttle fünf Tropfen dieses Öls in das Wasser. Ich zieh meine Klamotten aus und werfe sie auf einen Haufen, gleite in das heiße Wasser und bleibe dort so lange sitzen, wie ich kann, bis sich meine Glieder kontrollierbar schwer anfühlen und mein Kopf mir schmerzfreien Schlaf verspricht.
Whitney Reed
Ich bilde mir das ganz bestimmt nicht ein.
Der Kreditberater schaut sich wirklich gerade meine Brust und meine Beine an und hat wahrscheinlich auch vor, meine Rückansicht zu betrachten, wenn er mich schließlich aus dem Büro scheucht. Während ich dasitze und mich bemühe, professionell zu erscheinen, zugleich enthusiastisch und engagiert in Bezug auf meine Obstplantage, starrt er einfach auf mein Dekolleté. Die ganze Sache ist mehr als armselig, doch die Tatsache, dass ich mir überlegt habe, wie ich seine ekelhafte Betrachtung meiner Vorzüge – nicht die aus der Bilanzaufstellung meines Geschäftsplans – am besten zu meinem Vorteil nutzen kann, ist sogar noch schlimmer.
Ich sitze da und verfolge seinen Blick nun seit gut zehn Minuten, seitdem ich angekommen bin, wie er wiederholt von den Beinen hinauf über meine Brust schweifte, während er mir Fragen stellt, die wenig mit meinem Geschäft zu tun haben. Woher ich komme? (Washington State. Eine Kleinstadt, die von einem Sägewerksbaron gegründet und jetzt von Leuten über Wasser gehalten wird, die nur ungern über die wenig ökologischen Anfänge sprechen.) Wie verbringe ich meine Zeit, wenn ich nicht arbeite? (Ich spottete innerlich, behauptete aber ein Interesse am Kochen und am Lesen, halbherzige Antworten, gemacht für halbherzige Fragen). Ob ich allein wohnen würde? (Das war schwierig. Ein Ja würde bedeuten, dass der schmierige Bankangestellte mit meiner Adresse vielleicht das Navi seines Autos füttern würde. »Allein, aber niemals einsam« war meine schlagfertige Antwort).
Ich bin hier mit einem weiten lilafarbenen Batikrock aufgetaucht, der bis kurz über die Knie geht und mit einer weißen Bluse mit U-Ausschnitt, da ich bohemehaft wirken wollte und ihn mit meinem Geschäftssinn überzeugen, während ich auf seine mitfühlende Ader hoffte. Doch offenbar scheine ich ihn mit meinem minimal entblößten Ausschnitt und meinen Beinen mehr zu beeindrucken. Doch er muss unbedingt auch die in dem Aktenordner zusammengestellten Berichte und Daten bewundern, den ich ihm gerade überreicht habe. Sonst werde ich keine weitere Finanzierung erhalten, die ich brauche, um meine taumelnde Obstplantage und mein Zuhause zu retten. Ohne das oder ein Wunder von Mutter Erde werde ich bis Neujahr obdachlos sein.
Da hatte ich gerade angenommen, endlich ein Zuhause gefunden zu haben, einen Ort, an dem mir die Erde unter den Füßen gehört, und gleich bin ich wieder kurz davor, alles zu verlieren. Und um es noch schlimmer zu machen, liegt mein Schicksal in den Händen eines Kindes mit einem Wirtschaftsdiplom, auf dem die Tinte noch gar nicht getrocknet ist.
»Ihre Umsatzprognose ist sehr mutig, Miss Reed.«
Beim Sprechen blättert er so schnell die Seiten um, dass es mir vorkommt, als überfliege er sie nur, ohne ein einziges Wort davon zu lesen. Vielleicht braucht er nur die Zahlen zu sehen, die steile Entwicklungskurve, mit der ich die nächsten fünf Jahre dargestellt habe, und die meine winzige Apfelplantage von einem sinkenden Schiff zu einem eleganten Segler machen würde. Es steht alles da, schwarz auf weiß. Jeder Groschen, den ich benötige, um meine Zukunft zu retten, ist vermerkt und erklärt, trotzdem blättert Mr Campbell durch jede einzelne Seite wie ein kleines Kind durch ein Bilderbuch.
»Mutig? Vielleicht. Doch Sie können sicherlich erkennen, dass angesichts der Marktnachfrage nach biologischen, regional angebauten Früchten das von mir dargestellte bescheidene Gewinnwachstum nicht übertrieben optimistisch ist.«
Ja. Genauso habe ich diese Rolle eingeübt. Ich gratuliere mir selbst für meine selbstsicheren Antworten. Da war ich mal die erfahrene Geschäftsfrau und nicht eine vor Kummer verkrampfte Frau, die vor drei Jahren von ihrem Heimatort losgefahren war, bis sie einen Ort gefunden hatte, der idyllisch genug schien, um sich darin zu verlieren.
Mr Campbell schlägt den Ordner zu und wirft ihn auf seinen teuren Schreibtisch, wo er mit einem dumpfen Knall liegen bleibt. Ich fixiere die Stelle für einen Moment und widerstehe dem Impuls, den kostbaren Beweis meines scheiternden Unternehmens an mich zu nehmen und in die Arme zu schließen. Campbell lehnt sich in seinem Stuhl zurück und fährt sich mit einer Hand übers Kinn. Es folgt eine weitere Begutachtung meiner Brust.
Wenn nur dieses Jahr nicht so rappelvoll mit meteorologischen Zwischenfällen gewesen wäre. Zuerst war da der Frost. Eine einzige Nacht im April, als wenige Stunden mit Temperaturen unter null fast neunzig Prozent der zarten Blüten meiner Bäume gekillt hatten. Dann kamen die feuchten, dunstigen Wochen, was die Bestäubung behinderte und schließlich einige Früchte davon abhielt, sich so zu entwickeln, wie sie es sollten.
Dann hagelte es. Der letzte Atemzug eines späten Sommergewitters, der innerhalb von fünfzehn Minuten alles Obst auf den Boden warf, was noch auf den Bäumen war. Nach dem Gewitter bin ich die Baumreihen entlanggegangen und habe das Einzige getan, was ich tun konnte. Ich hob die schwer angeschlagenen und eingedellten Früchte vom Boden, trug sie ins Haus und verbrachte die nächsten vier Tage damit, Apfelmus zu machen. Spare in der Zeit, dann hast du in der Not, dachte ich mir … Immerhin war es etwas, dass ich verkaufen konnte.
Leider wollen die Leute lieber ganze Früchte, Säcke und Kisten mit Äpfeln, die sie in den Kofferraum ihres Subarus stellen und damit zu Hause ihre eigenen Meisterwerke schaffen können. Apfelmus ist bestenfalls mal eine Abwechslung, eine, für die man Zeit, Zucker, Zitronen, Gläser, Deckel, Gummis und Etiketten benötigt – nicht gerade eine Geldmaschine.
Mutter Erde hatte es mir mit ihrer mürrischen Einstellung so richtig gezeigt. Mein Unternehmen ist zu jung und schwach, um auch nur eine schlechte Saison zu überleben, außerdem waren die Reserven, die ich den Winter über mit verschiedenen Aushilfsjobs angespart hatte, bereits weggeschmolzen, und das nur deshalb, weil ich versucht habe, mich - und meine Bäume – anständig zu ernähren.
Jetzt ist es Mitte Oktober und ich sollte eigentlich mitten in der Ernte stecken und alle Märkte besuchen, die ich erreichen kann. Stattdessen bin ich mit meiner Kreditrate drei Monate im Verzug und formell in der Zwangsvollstreckung. Es ist zwar noch kein Verkaufsdatum festgelegt worden, doch ich weiß, dass ich bestenfalls vier Monate Zeit habe, um irgendwo jemanden zu finden, der mir noch eine Chance gibt.
Campbell legt sich die Hände auf den Kopf und schaukelt mit seinem Stuhl hin und her.
»So sieht es aus, Whitney … Darf ich Sie Whitney nennen?«
Ich nicke und lächle knapp. Er verzieht den Mund zu einem wissenden Grinsen, als wäre er davon überzeugt, dass ich jeden Moment über den Tisch krieche und mich begierig auf seinen Schoß fallenlasse.
»Wunderbar. Also, wie ich gesagt habe, Whitney … Vor drei Jahren haben Sie eine Farm mit einem vier Hektar großen Grundstück und einem verfallenen Haus ohne Wasserrechte gekauft, und dazu dreihundert Apfelbäume, von denen die Hälfte so krank und vernachlässigt war, dass sie entfernt werden musste. Sie haben dieses Monstrum von Obstplantage bar gekauft und dann einen Geschäftskredit aufgenommen, um das Unternehmen zu starten, wobei sie das Grundstück als Kreditsicherheit eingesetzt haben. Jetzt sind Sie hier, Ihr existierender Kredit ist in Kündigung und Sie suchen nach einem Ausweg.« Er hält inne und öffnet meinen sorgfältig vorbereiteten Ordner. »Und in diesem Jahr haben Sie nur zweitausend Dollar Umsatz erwirtschaftet. Können Sie verstehen, warum ich zögere, Whitney?«
Ich lehne mich zurück und versuche, stark zu bleiben. Den ganzen Weg hierher hatte ich mir fest vorgenommen, die Hoffnung nicht zu verlieren und alles Mögliche zu tun, um durchzuhalten.
Ich richte mich auf und umklammere die Armlehnen fester.
»Ich verstehe Sie, Mr Campbell, wirklich. Doch mein Geschäftsplan ist solide und da draußen gibt es eine gewaltige Nachfrage. Ich suche nicht einfach nur nach einem Ausweg. Ich brauche eine Bank, die über meine gegenwärtige Situation hinaussehen und das unerschlossene Potenzial erkennen kann, und mir dabei hilft, die Schulden umzustrukturieren, damit sie besser zu verkraften sind.«
»Die Mitglieder unseres Kreditausschusses sind nicht an unerschlossenen Potenzialen interessiert. Wenn ich ihnen das hier vorlege, dann werden sie nur eine Obstplantage ohne nennenswerten Profit sehen, die einer Frau gehört, die bereits neunzig Tage mit ihrer gegenwärtigen Rate im Rückstand ist.« Er seufzt, beugt sich vor und schiebt den Ordner in meine Richtung. »Ich wünschte, ich hätte eine andere Antwort für Sie, Whit. Ich wünschte, es gäbe eine Möglichkeit, wie wir hier zusammenkommen könnten – glauben Sie mir, das tue ich wirklich.«
Okay. Das war es.
Der. Letzte. Strohhalm.
Innerhalb von drei Minuten ist er von »Miss Reed« über »Whitney« zu »Whit« gekommen. Wenn ich noch fünf Minuten bleibe, dann wird er Schätzchen auf der Spitze seiner gespaltenen Zunge haben. Dann hat er darauf angespielt, mit mir zusammenzukommen, und hat sich über die Lippe geleckt, da er sich wohl schon vorstellt, wie ich in sein Ohr gurre, wie wir zu einer kreativen Lösung kommen.
Es ist also offiziell, die Reise war reine Zeitverschwendung. Ich bin fünfhundert Kilometer gefahren und bei minus zehn Grad mit einem Truck ohne Gebläse und mit unregelmäßig arbeitender Heizung über den Kenosha-Pass. Dann habe ich ein paar hundert Dollar für ein Hotelzimmer bezahlt, das so klein ist, dass man nicht einmal die Badezimmertür richtig öffnen kann, ohne gegen die Badewanne zu stoßen. Und ich habe siebenunddreißig Dollar für ein Club-Sandwich über den Zimmerservice und fünfzehn Dollar für Blaubeerpfannkuchen zum Frühstück ausgegeben. Und sie hatten noch nicht einmal den Anstand, mir mehr als eine Portion Butter für die Pfannkuchen zu geben. Wer kommt mit einer Portion Butter für Pfannkuchen aus? Niemand.
Ich stehe auf, lege mir meinen heiligen Ordner in die Armbeuge und greife über den Tisch, um Campbell die Hand zu schütteln, wobei ich mit dem Ordner meine Brust verdecke. Seine Hand ist feuchtklamm. Und er reicht sie mir wie einen toten Fisch. Ich verstärke meinen Griff, um ihn zu ermuntern, doch er reagiert nicht darauf. Er ist halt nur ein Kind mit schlaffem Händedruck.
Und ich bin halt eine Frau, der die Möglichkeiten ausgehen.
***
Ich taumle durch die Eingangstüren aus der Bank und die Kitten-Heel-Absätze meiner schicken Schuhe klappern laut über den Asphalt, während ich entschlossen davonschreite, bis ich um die nächste Ecke und außer Sichtweite bin. Als Bank und Campbell weit genug zurückliegen, lehne ich mich an eine Hauswand und neige den Kopf nach oben, um das Stück Himmel zu betrachten, das zwischen den Wolkenkratzern zu sehen ist.
Zwischen der überwältigenden Größe dieser Gebäude fühlt sich alles schrecklich trostlos an. Anstatt eines wenn, ist es nur noch ein wann. Wann ich meine kleine Farm verliere, wann sie kommen, um alles einzusammeln, was nicht länger mir gehört. Dann werde ich nichts mehr haben, an dem ich mich festhalten kann, nur die Erkenntnis, dass ich jeden einzelnen Dollar verschwendet habe, den der vorzeitige Tod meines Vaters mir beschert hatte. Ich werde ohne Halt sein. Wieder einmal.
***
Als ich wieder in dem schuhkartongroßen Hotelzimmer bin, ziehe ich mir den Batikrock aus, knülle ihn zusammen, werfe ihn in eine Ecke des Koffers und lasse die schwarzen Leggings an, die ich darunter getragen habe. Die Kitten-Heels tausche ich gegen ein Paar Wollsocken und Arbeitsstiefel. Die weiße Ösenbluse kommt runter und enthüllt ein weißes Unterhemd. Ich schlüpfe in einen Hoodie mit Reißverschluss, und als ich meine Rauchquarz-Halskette wieder umlege, verschwindet Campbells Negativität und das Gefühl des Versagens. Ich drücke mit der Hand so fest gegen den Kristall, dass die scharfen Kanten in die Haut meiner Brust stechen und hole tief Luft. Wenn mein Vater mich jetzt sehen könnte, würde er den Kopf schütteln, mich einen Hippie nennen und sagen, dass er mich trotzdem liebt.
Als sich mein Körper endlich wieder anfühlt, als gehöre er mir, schließe ich den Reißverschluss meines Koffers und sehe mich noch einmal im Raum um, damit ich nichts vergesse. Nachdem ich mich versichert habe, dass ich all meine kümmerlichen Habseligkeiten bei mir habe, lege ich zwei Dollar für den Zimmerservice auf den Tisch, wobei ich mir wünsche, mehr geben zu können. Dann ziehe ich die schwere Hotelzimmertür auf und zerre meinen Koffer mit Schwung auf den Gang. Er wippt gefährlich und bevor er auf die Seite kippt, kommt ein Mann in Hoteluniform herangeeilt, um ihn aufzufangen. Hinter mir schließt sich die Tür mit einem lauten Geräusch und ich hechte vor, um meinen Koffer zu retten. Wir stoßen zusammen und als er zurücktritt, scheint er für einen Moment völlig durcheinander zu sein, bevor er die Fassung zurückgewinnt und sich die Krawatte richtet.
»Ms Reed?«
Ich schaffe es, den Koffer aufzurichten und finde auch mein eigenes Gleichgewicht, sodass keiner von uns umkippt.
»Ja?«
»Ihre Kreditkarte wurde heute Morgen abgelehnt. Wir haben schon vorher versucht, Sie zu erreichen, denn Sie müssen Ihre Rechnung begleichen, bevor Sie auschecken.«
Ich spüre, wie in mir die Scham aufsteigt, denn auch jenseits des Kreditproblems ist Geld ein ständig präsentes Übel. Jeden Monat kontrolliere ich meine Rechnungen und starre auf meine kleinen Apfelbäumchen. Dann setze ich mich mit einem Schmierzettel und einem Bleistift hin und versuche, die Zahlen so zusammenzurechnen, dass es irgendwie aufgeht. Es ist ein heikler Balanceakt, manchmal die Propangasrechnung bis zum nächsten Monat hinauszuzögern, während ich die Autoversicherung in diesem Monat nachhole, um ein paar Extradollar herauszukitzeln. Wenn ich mir dadurch wenigstens schicke Handtaschen oder ein schönes Auto zulegen könnte. Stattdessen habe ich verrostete Farmwerkzeuge, Düngemittel und Baumscheren.
Am Empfang hat eine burschikose zierliche Frau mit einem platinblonden Kurzhaarschnitt Mitleid mit mir und zieht meine Karte viermal mit immer kleiner werdenden Beträgen durch, bis sie schließlich angenommen wird. Ich wühle in meinem Portemonnaie und fische einen Fünfziger heraus, den ich als Notgroschen immer dabei habe, dann gebe ich ihn ihr, um zu bezahlen, was meine Kreditkarte nicht gedeckt hat. Ich bemühe mich, mein Entsetzen für mich zu behalten, als sie mir nur Münzen als Rückgeld gibt.
Der Hotelpage geht, um meinen Wagen aus der Tiefgarage des Hotels zu holen und unter das Vordach des Eingangs zu stellen, während ich mich auf meinen Rollkoffer setze und den an mir vorbeiziehenden Straßenverkehr beobachte.
Es ist draußen kühl und die frische Luft dringt durch meinen Hoodie und die Leggings. Meine richtige Jacke habe ich im Wagen hinter dem Sitz gelassen, neben einer Packung Knochenmehl und verschiedenen gebrauchten Arbeitshandschuhen. Wenn ich mir vorstelle, ich wäre ein Reisender in einem fernen Land mit tropischen Temperaturen, dann könnte ich die Kälte vielleicht abwehren.
Ich schließe die Augen und stelle es mir vor: weißer Sand, der unter den Fußsohlen brennt, ein breitkrempiger Hut, der dem unerbittlichen Sonnenschein nichts entgegenzusetzen hat, und eine männliche Begleitung mit Schweißtropfen an genau den richtigen Stellen.
Die Ablenkung funktioniert für ein paar Minuten, bis eine plärrende Autohupe alles zunichtemacht. Auf der anderen Straßenseite steht ein Typ in weiter Trainingsshorts und einem Hoodie an der Bordsteinkante, um seine iPod-Ohrstöpsel zu justieren. Nachdem ich mir kurz seine Figur angesehen habe, beschließe ich, dass er das ideale Modell ist, um mit mir den unerbittlichen Sonnenschein zu teilen, den ich mir gerade vorgestellt habe. Er hat die Kapuze auf und sie verdeckt seinen Kopf, auf dem bereits eine Strickmütze ist. Als er über die Straße nach dem Verkehr sieht, bemerkt er meinen Blick.
Sein düsterer und gereizter Gesichtsausdruck ist mir unerwartet vertraut. Wenn das nicht der mürrische Salzjunge von gestern Abend ist, dann muss es sein böser Zwillingsbruder sein. Vielleicht auch sein guter Zwilling. Denn der Typ in der Apotheke war genauso mürrisch, verdrießlich und grüblerisch, dazu noch etwas angeschlagen.
Wäre er nicht wie ein römischer Gott gebaut, mit kurzem, aber struppigem dunkelblondem Haar, dann hätte ich mich nicht so genau an ihn erinnert. Und als er mich aus seinen blauen Augen angeschaut hat, grollend und mit konzentrierter Aufmerksamkeit, hätte ich ihm fast angeboten, ihn nach Hause zu bringen und ihn selbst in das Salzbad zu setzen. Er wirkte so leidend, so sehnsüchtig nach etwas Zartem und Tröstendem, dass ich ihm am liebsten einen Kuchen gebacken und ihm die Schultern massiert hätte, bis das offenbar dauerhafte Stirnrunzeln endlich nachgelassen hätte.
Bevor ich wegsehen kann, kommt mein Wagen und versperrt mir die Sicht, wobei sich seine Ankunft durch den lauten Auspuff und einen so heftig stotternden Motor, dass es schon peinlich ist, ankündigt. Ich seufze, gehe um die Rückseite und ziehe die hintere Scheibe des Truckaufsatzes hoch, um meinen Koffer auf die Ablage zu werfen, zwischen die kurze Leiter und verschiedene Scheffeleimer, die sich dort angesammelt haben. Es war eine gute Entscheidung, diesen zuverlässigen, wenn auch kleinen Truck bar zu kaufen, denn er hat eine Abdeckung. Womöglich werde ich bald darin schlafen müssen.
»Hey.«
Oh je! Vielleicht klingt er heute Morgen etwas weniger gequält, doch die Stimme des mürrischen Salztypen ist definitiv genauso rau wie gestern Nacht. Wenn ich behaupten würde, dass sie mir nicht durch und durch geht und selbst meine goldenen Zehenringe zum Vibrieren bringt, wäre das gelogen. Ich lasse die Rückscheibe zuklappen und drehe die Griffe an beiden Seiten, um sie für die Fahrt zu sichern. Dann drehe ich mich, lege die Hand zurück an meinen Kristallanhänger und neige leicht den Kopf.
»Hey, Salztyp.«
Seine Augen wirken heute Morgen klarer, und abgesehen von den dunklen Ringen darunter sieht er aus, als wäre seine Nacht doch nicht so übel ausgegangen. Wahrscheinlich war ihm ein ganzes Haus voller kuchenbackender, schultermassierender Frauen zu Diensten. »Du siehst besser aus.«
Er nickt und seine konzentrierten Augen gehen dahin, wo meine Hand auf der Brust liegt. Als ich das bemerke, senke ich den Arm und sehe, wie sein Blick weicher wird.
»Und du wirkst nicht mehr wie ein älterer Herr, der aus einem Seniorenheim entflohen ist. Nicht dass diese Pyjamahose und die Wollsocken letzte Nacht nicht auf eine seltsame Art total sexy waren, aber das lag vielleicht an meiner drohenden Migräne. Tut mir leid, wenn ich ein komplettes Arschloch war.«
Ich registriere sofort das Wort sexy und obwohl ich weiß, dass ich ihn deshalb zur Rede stellen und eine Entschuldigung verlangen sollte, hüpft mein Herz immer weiter. Verdammtes Hüpfen.
Nach Campbell sollte ich eigentlich genug von Männern und ihren spitzen Kommentaren und umherstreifenden Blicken haben. Mir sollte sich die Kehle zuschnüren und meine Hände sollten sich wütend zu Fäusten ballen. Unglücklicherweise löst der mürrische Salztyp mit seinen unverschämt hübschen Augen nur eine Ganzkörperempfindung weiblichen Triumphes aus – zugleich bringt er meinen Puls dazu, noch heftiger in meinem Hals zu pochen.
»Kein komplettes Arschloch. Das erste Wort, das ich von dir gehört habe, war allerdings Arschlöcher. Und danach Scheiße. Aber du hast mir die Wasserflasche gekauft, also ist mein Karmakonto bei dieser Transaktion ausgeglichen geblieben.«
Ich schlängle mich an ihm vorbei und gehe zur Fahrertür, wo der Hotelboy mit meinem Schlüssel in der Hand wartet. Der Austausch würde eigentlich ein Trinkgeld vorsehen, was bereits ein Problem für mich ist. Schlimmer wird es durch die plötzliche Erkenntnis, dass ich auf dem Heimweg tanken muss und absolut pleite bin. Auf dem Weg aus der Stadt werde ich wohl bei einem Pfandhaus anhalten müssen. Eine der kurzen Leitern wird mir hoffentlich genug Geld einbringen, um bis nach Hause zu kommen. Ich beuge mich in den Truck und klappe die Sonnenblende herunter, damit der Fünfdollarschein herabfällt, der unter einem Stapel Visitenkarten steckt. Ich reiche ihn dem Jungen und er überlässt mir die Schlüssel. Der Salztyp kommt hinterher und bleibt neben meiner Autotür stehen.
»Wie heißt du?«
Bevor ich noch etwas Ausweichendes oder Schlagfertiges antworten kann, platze ich mit meinem Namen heraus. Meinem ganzen Namen. Vorname, Mittelname und Familienname. »Whitney Willow Reed.«
Er hebt kurz seine Augenbrauen, bevor er die Hand ausstreckt. Und ich, Whitney Willow Reed, tue nichts anderes, als verwirrt auf seine Hand zu starren. Hinter uns hört man lautes Rufen von der anderen Seite des Bürgersteigs, ein männliches Grölen.
»COOOOOP! DU WARST MEGA GESTERN ABEND!«
Während er noch immer die eine Hand zu mir ausgestreckt hat, hebt er den anderen Arm und winkt beiläufig mit zwei Fingern in Richtung des Rufenden.
»Ich bin Cooper Lowry. Cooper Marcus Lowry, wenn das eine Rolle spielt.«
Schließlich ergreife ich seine Hand und schüttle sie schwach. Der Salztyp, Cooper Marcus Lowry, hat ziemlich kräftige Hände. Kein wabbeliger, kalter Fisch à la Campbell. Ich greife direkt fester zu. Dann merke ich, dass ich sie jetzt etwas zu aggressiv schüttle, hoch und runter in einem weiten Bogen und viel länger, als es angemessen wäre.
Wir lassen unbeholfen unsere Hände fallen, Cooper tritt zurück und wirft einen Blick auf meinen Truck. »Nach Hause?«
Ich nicke und wende mich nach vorn, um den Schlüssel ins Zündschloss zu stecken.
»Und wo ist zu Hause, Whitney?«
»Hotchkiss. Am Western Slope.«
Cooper betrachtet mich für einen Moment, wobei er die Augen zusammenkneift. Er versucht, sich einen Reim auf mich zu machen, die einzelnen Teile zusammenzubringen. Wenn er nur wüsste. Ich bin wie ein Puzzle, das hauptsächlich aus Eckteilen besteht und bei dem alle wichtigen Teile fehlen, die dazwischen gehören.
»Langer Weg. Was tut eine Frau wie du in einer Stadt wie Hotchkiss?«
Kurz verspüre ich das Verlangen, laut aufzuheulen und nichts zu schreien. Ich tue nichts, ich bin nichts und ich fahre nach Hause zu nichts. Keine Perspektiven, das traurige Ende einer Ernte und ein kaltes, leeres Haus. Stattdessen lehne ich mich in den Truck, wühle auf der Beifahrerseite herum und ziehe dann ein kleines Einmachglas hervor.
»Das hier.« Ich reiche ihm das Glas mit meinem Apfelmus und er dreht es von einer Seite zur anderen, um das Etikett zu lesen, dann reicht er es zurück. Ich werfe es auf den Sitz, ohne mich wegzudrehen.
»Delaney Creek Obstplantage? Da arbeitest du?«
»Es ist meine.«
»Dir gehört eine Obstplantage? Beeindruckend.«
Sein Kompliment weckt in mir das Bedürfnis, lauthals aufzuschluchzen, da ich kurz davorstehe, die einzige nennenswerte Sache zu verlieren, die ich jemals getan habe. Aber beeindruckend? Wohl kaum.
»Sei nicht beeindruckt. Es sind nur vier Hektar Land mit einem Haufen ums Überleben kämpfender Apfelbäume, einer Handvoll Birnenbäume, die in diesem Jahr eine großartige Gesamternte von zwanzig Früchten erbracht haben, und einem Haus, das so zugig ist, dass ich mir eine Strickjacke über den Pyjama ziehen muss, um nachts nicht zu frieren. Und manchmal zwei Paar Socken.«
Er nickt nachdenklich und ich möchte ihm am liebsten noch einen Kuchen backen. Doch aus der Nähe, bei Tageslicht betrachtet, wirkt es nicht gerade so, als würde viel Kuchen über Coopers Lippen gehen. Jene Lippen, die er jetzt ein kleines bisschen schürzt, können in den letzten paar Jahren nicht viel mehr gesehen haben als gesundes Essen und mageres Protein, denn wenn ich auch letzte Nacht nicht sehr viel von den Umrissen seines Körpers erkennen konnte, so kann ich das jetzt sehr gut.
Offenbar befinden sich unter diesem Hoodie nichts als flache Berge und Täler aus Muskeln, so weit das Auge reicht. Und die Beine, oh Gott, diese Beine. Oberschenkelmuskeln und Wadenmuskeln und wie die Muskeln alle heißen, die am Schienbein sind – sie sind alle da, und dann noch ein paar andere, deren Namen ich überhaupt nicht kenne, und alle in ihrer prallen, wohldefinierten und ausgearbeiteten Pracht.
Mein Blick verweilt bei seinen Beinen und bleibt lange genug dort, dass er es bemerkt, denn er spannt die Waden an, indem er seine Fersen minimal anhebt. Da ist zu viel Kraft, zu viel Stärke, zu viel Männlichkeit, als dass ein einziger Körper damit klarkäme. Vor allem mein aus der Übung geratener Körper. Sein Anblick führt mir vor Augen, was ganz offensichtlich ist: dass ich diesen albernen Halbflirt mit einem Fremden beenden muss, in meinen Truck steigen und nach Hause fahren sollte. Ich habe viel, viel größere Probleme. Die Sorte, für die ich einen klaren Kopf brauche.
Bevor ich mich verabschieden und ihm alles Gute wünschen kann und er davonhüpft, um einen Marathon zu laufen, oder wofür auch immer sein Körper gerüstet ist, verzieht sich Coopers Gesicht und er kneift die Augen zusammen. Dann presst er mit den Fingern auf seine Nase und stöhnt.
»Geht’s dir gut?«
»Pochende Kopfschmerzen. Das kommt und geht. Meistens, wenn ich irgendwas Verrücktes mache – wie zum Beispiel, aufrecht zu stehen, oder so.«
Er lässt die Hand runterfallen und holt tief Luft, dann öffnet er wieder die Augen. Als er das tut, ist sein Blick unerträglich sanft, seine düstere Ausstrahlung macht etwas viel Einfacherem Platz. Mit einer Bewegung, die meiner letzten inneren Aufforderung widerspricht, in den Truck zu steigen und davonzudüsen, greife ich nach seiner linken Hand und nehme sie in meine beiden Hände. Er wirkt nicht sonderlich überrascht – wahrscheinlich ist Cooper daran gewöhnt, dass ihn ständig fremde Frauen berühren –, doch er kneift die Augen zusammen und sein Blick wandert zwischen unseren verbundenen Händen und meinem Gesicht hin und her.
»Entspann deine Finger.«
Er lockert die Finger und streicht mit den Spitzen über meine offenen Handflächen. Mit zwei Fingern drücke ich fest gegen den fleischigen Teil seiner Hand zwischen Zeigefinger und Daumen. Er zuckt zusammen und ich presse fester. Dann entspannt sich sein Gesicht und er schließt die Augen.
»Ich habe keine Ahnung, was zum Teufel du da gerade machst, aber wenn du einfach die ganze Zeit so mit mir verbunden bleiben könntest, für die ganze absehbare Zukunft, dann wäre das verdammt cool.« Cooper gibt ein langes Seufzen von sich und seine Brust senkt sich dabei langsam. »Was zur Hölle ist das?«
»Das ist nur Akupressur. Das hier hilft mir, wenn ich Sinusitis habe, doch an den Spitzen deiner Finger hilft es auch gegen Kopfschmerzen. Du musst einfach so drücken, wenn du Schmerzen hast.«
Cooper hält die Augen geschlossen. »Ich schätze, es wird sich nicht so gut anfühlen, wenn ich es mache und nicht du.«
Ich kichere leise, dann drücke ich mit den Händen gegen jede seiner Fingerspitzen. Ich greife gerade nach seiner anderen Hand, da erinnere ich mich daran, dass wir die Hotelauffahrt blockieren. Doch der Bereich ist fast völlig leer, abgesehen von einem kleinen Jungen, der schüchtern ungefähr drei Meter von uns entfernt steht und die Hände hinter dem Rücken verschränkt hat. Hinter ihm bemerke ich ein Paar, das den Jungen sanft ermutigt, näher zu uns zu kommen.
Cooper spürt, dass ich seine Hand jetzt nur noch locker halte, denn er öffnet die Augen und folgt meinem Blick über seine Schulter. Dann lässt er meine Hand los und dreht sich zu dem Jungen, bevor er in die Hocke geht.
»Hey, Kumpel.«
Sofort beginnt der Junge zu strahlen wie ein Honigkuchenpferd, was nur von seinen Eltern überboten wird, seine Mom klatscht sogar stumm in die Hände, während sie auf den Fußballen wippt. Der kleine Junge zieht seine Hand hinter dem Rücken hervor und hält einen schwarzen Marker hoch. Cooper winkt ihn zu sich und nimmt den Stift.
»Okay, Kumpel, wie heißt du?«
»Sean.«
»Was soll ich dir signieren, Sean?«
Alle Verdrießlichkeit ist von Cooper verschwunden – keine Spur mehr davon in seiner Stimme, seiner Körpersprache, oder seinen Worten. Der kleine Junge schaut fragend zu seinen Eltern und sie flüstern ihm zu: »Dein Shirt, Süßer. Lass es dir hinten auf dem Rücken signieren.«
Er dreht sich um und steht stocksteif da, während Cooper die Rückseite signiert, direkt über der kleinen Schulter des Jungen, bevor er den Marker wieder verschließt und ihn der Mutter des Jungen zurückgibt. Nach einer unbeholfen enthusiastischen Runde des Händeschüttelns gehen sie davon und Cooper kehrt zu mir zurück.
Ich hebe eine Augenbraue und neige den Kopf.
»Nun sagen Sie schon, Cooper Marcus Lowry, was tun Sie eigentlich für Ihren Lebensunterhalt? Was immer es auch sein mag, so wird es auf jeden Fall wesentlich beeindruckender sein, als eine marode Obstplantage im südwestlichen Colorado zu besitzen.«
Cooper zuckt die Schultern. »Ich spiele Football.«
»Als richtigen Job? Wie die Profis? Nicht wie, meine Kumpel und ich haben eine Freizeitliga und wir wälzen uns über irgendeine Wiese und tun so, als wären wir in einer Bierwerbung? Und in Wahrheit leitest du ein Schreibwarengeschäft?«
Ein lautes Schnauben kommt aus Coopers Mund und er reibt sich mit der Hand übers Gesicht.
»Nein, es ist alles völlig rechtmäßig. Ich meine, ich war in einer Bierwerbung oder zwei, aber ich bekomme wirklich Geld fürs Footballspielen.«
Verrückt. Das ist es also, ungelogen, verrückt wie ein krasser Trip. Ich habe gerade Minuten damit verbracht, einen Typen anzuschmachten und seine Hand zu reiben, der für … ich weiß nicht einmal, für wen er spielt. Mir ist der Name unseres Footballteams entfallen, falls ich ihn überhaupt schon einmal gewusst habe. In Hotchkiss kommt nur selten das Thema Football vor, und dann auch nur, wenn ich beim Genossenschaftsladen bin. Und selbst dann beteilige ich mich nicht am Gespräch. Es findet nur in meinem Umfeld statt, zwischen den Männern, die Hühnerfutter und Antibiotika für ihre Rinder kaufen. Offenbar hätte ich besser aufpassen sollen.
»Tut mir leid, ich bin mir sicher, dass ich das hätte wissen sollen und dich angemessen anreden müssen, indem ich deine Trikotnummer rufe, während ich mit einem Schaumstofffinger wedle oder so. Aber ich habe noch nicht einmal einen Fernseher, deshalb bin ich nicht ganz auf dem Laufenden, was die regionale Sportszene betrifft.«
Cooper sieht mich fest an und kommt näher, bis er eine Hand oben an die geöffnete Tür des Trucks legen kann und die andere auf das Dach, womit er mich effektiv in der Falle hat, und sein Körper auf eine unerwartet angenehme Weise in die Ecke drückt. Er hebt den Blick, um mich anzusehen.
»Das freut mich. Nicht, dass du keinen Fernseher hast. Das ist einfach schräg. Aber ich mag es, dass du nicht gewusst hast, wer ich bin. Erklärt eine Menge.«
Er riecht nach Schweiß und nach … Zitronen? Dann erinnere ich mich an das Zitronengrasöl. Meine Gedanken begeben sich auf einen sehr direkten und zuchtlosen Weg zu der Vorstellung von Cooper, wie er in der Wanne liegt. Nackt, natürlich. Und mürrisch. Möglicherweise lässt ihn meine flüchtige Fantasie auch ein wenig knurren und seufzen, heiser und unbefriedigt.
Es kann sein, dass sich meine Pupillen verdreht haben oder dass ich tatsächlich etwas sabbere, denn er tritt zurück und tut so, als wollte er gehen.
»Noch eine Sache, Whitney. Es ist ein Gefallen, würde ich sagen. Eine persönliche Bitte.«
Ich lege meine Hand auf der Armlehne meiner Tür ab und versuche, die Fingernägel nicht zu tief hineinzudrücken.
»Klar. Schieß los.«
Er zeigt in den Truck. »Kann ich das Apfelmus haben? Das hat nostalgischen Wert für mich. Ich habe kein anständiges Apfelmus mehr gehabt, seit meine Oma verstorben ist.«