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Kluge Aufteilung des Lernstoffes Seit der 3. Auflage des Lehrbuchs zum Eingriffsrecht NRW haben sich zahlreiche Neuerungen ergeben, die eine vollständige Überarbeitung und viele Ergänzungen erforderten. Die 4. Auflage behält das Grundkonzept der bewährten Fallsammlung bei. Aufgrund der Fülle des Stoffs hat der Autor die Fallsammlung in zwei Bände mit jeweils 15 Fällen aufgeteilt. Ein dritter Band mit weiterführenden Erläuterungen ist geplant. Inhaltlich orientiert sich das Buch an den curricularen Inhalten der Studiengänge für den Polizeivollzugsdienst. Alle Bände erleichtern nicht nur die Vor- und Nachbereitung der Unterrichtseinheiten, sondern bieten auch effektive Hilfe bei der Klausurvor- und -nachbereitung. Der erste Band Band 1 enthält das Grundwissen, das den Studierenden in Nordrhein-Westfalen im Grundstudium vermittelt wird: •Aufbauschemata mit Erläuterungen •Tipps und Hinweise zur Klausurbearbeitung •15 Fälle mit entsprechend ausformulierten Lösungen zu polizeilichen Standardmaßnahmen des Polizei- bzw. Strafprozessrechts Weitere Bände folgen Der später folgende Band 2 vervollständigt das nötige Wissen der Studierenden mit ebenfalls 15 Fällen und Lösungen aus den Lehrbereichen: •Zwang •Besonderes Polizei- und Ordnungsrecht (Versammlungs-, Waffen-, Gewerberecht) •Verdeckte Eingriffsmaßnahmen (u.a. Einsatz technischer Mittel, Maßnahmen im Hinblick auf terroristische Gefährder) Band 3 wird Hinweise zu Methodik und Technik der Fallbearbeitung und vertiefende Ausführungen zu den Inhalten der Fälle aus Band 1 und Band 2 bieten. Dabei handelt es sich um grundsätzliche Probleme des Polizeirechts und des Strafprozessrechts, die sowohl für die Theorie als auch für die Praxis von besonderer Bedeutung sind. Lernen mit System Alle Bände zusammen bilden einerseits eine inhaltliche Einheit. Dadurch werden die Zusammenhänge der Rechtsmaterie klar und die Bearbeitung von Klausuren wird erleichtert. Andererseits kann Band 3 auch alleine zur Vor- und Nachbereitung der Unterrichtsinhalte genutzt werden. Einfacher Einstieg, umfassende Erläuterungen Die ersten Falllösungen folgen streng den im Buch dargestellten Aufbauschemata, um den Studierenden die Orientierung zu erleichtern. Im weiteren Verlauf sind die Lösungen problemorientiert aufgebaut, sodass die Aufbauschemata – schon aus Platzgründen – nicht Punkt für Punkt abgearbeitet werden. Die Lösungstexte enthalten darüber hinaus vertiefende Hinweise, Ergänzungen, Urteile sowie weitere (prüfungs-)relevante Beispiele. Diese sind mit einem Symbol gekennzeichnet und durch graue Balken hervorgehoben. Zahlreiche Fußnoten mit Literaturhinweisen in den Sachverhaltslösungen ermöglichen außerdem ein vertiefendes (Selbst-)Studium. Hierbei wurden, soweit ersichtlich, die am meisten verbreiteten Lehrbücher berücksichtigt. Den Lösungen und den weiterführenden Erläuterungen liegt – soweit es um präventiv-polizeirechtliche Maßnahmen geht – nordrhein-westfälisches (Landes-)Recht zugrunde. Auf die Parallelvorschriften der Länder wird aber jeweils explizit hingewiesen. Optimaler Lernbegleiter für ... ... Kommissaranwärterinnen und Kommissaranwärter der Polizei Nordrhein-Westfalen.
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Fälle und Lösungen zum Eingriffsrecht in Nordrhein-Westfalen
Band 1: Aufbauschemata, Standardmaßnahmen
Christoph Keller, Polizeidirektor, Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung (HSPV NRW)
4. völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, 2021
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek | Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.
4. Auflage, 2021
Print ISBN 978-3-415-06612-0 E-ISBN 978-3-415-06614-4
© 1997 Richard Boorberg Verlag
E-Book-Umsetzung: Datagroup int. SRL, Timisoara
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Titelfoto: © Dietmar Schäfer – stock.adobe.com
Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG | Scharrstraße 2 | 70563 Stuttgart Stuttgart | München | Hannover | Berlin | Weimar | Dresdenwww.boorberg.de
Das Studium bei der Polizei ist stark durch Klausuren geprägt. Die meisten Prüfungen werden in Form schriftlicher Arbeiten abgehalten. Daneben treten zwar Haus- oder Seminararbeiten, mündliche Prüfungen (Fachgespräche) auf den Plan. Für den Kern des Studiums steht aber das Klausurenschreiben im Mittelpunkt.
Gerade die ersten Klausuren im Rahmen des Studiums stellen eine besondere Herausforderung für Studierende dar, da sie zu Beginn des Studiums noch keinerlei Erfahrung mit der Anfertigung einer juristischen Klausur haben. So verwundert es nicht, dass auf der Beliebtheitsskala Klausuren keinen Spitzenplatz einnehmen. Mehrere, nicht repräsentative Umfragen in Veranstaltungen an der HSPV NRW mit jungen Studierenden ergaben, dass man vor Klausuren am liebsten davonliefe bzw. sie zu umgehen versucht, wo immer dies möglich ist.1 Klausuren erzeugen regelmäßig mehr Stress und Angst als mündliche Prüfungsformen. Um Studierenden Hilfestellung zu geben, wurde 1997 die Fallsammlung Eingriffsrecht konzipiert, die nun in der 4. Auflage vorliegt.
Seit der 3. Auflage 2010 haben sich Neuerungen ergeben, die eine Aktualisierung erforderten. Eine vollständige Überarbeitung und zahlreiche Ergänzungen waren notwendig, um die Aktualität zu gewährleisten. Die 4. Auflage behält das Grundkonzept prinzipiell bei. Aufgrund der Fülle des Stoffs erfolgt die Fallsammlung nunmehr in zwei Bänden mit jeweils 15 Fällen.
Band 1: Aufbauschemata, Tipps und Hinweise zur Klausurbearbeitung, Standardmaßnahmen
Band 2: Zwang, Besonderes Polizei- und Ordnungsrecht, Verdeckte Eingriffsmaßnahmen.
In Band 1 erfolgt einführend zunächst ein Kapitel „Aufbauschemata mit Erläuterungen“ sowie daran anschließend einige Tipps und Hinweise zur Klausurbearbeitung. Sodann folgen 15 Sachverhalte (Fälle) mit entsprechend ausformulierten Lösungen zum Polizei- bzw. Strafprozessrecht. Inhaltlich geht es vor allem um Grundwissen, welches den Studierenden in Nordrhein-Westfalen im Grundstudium vermittelt wird. Eine Vertiefung (Zwang, Einsatz technischer Mittel, Maßnahmen im Hinblick auf terroristische Gefährder) sowie Bereiche des besonderen Polizei- und Ordnungsrechts (Versammlungs-, Waffen-, Gewerberecht) enthält Band 2, der ebenfalls 15 Falllösungen enthält.
Die Lösungen der Sachverhalte orientieren sich im Grundsatz an den dargestellten Schemata. Insbesondere die ersten Falllösungen orientieren sich gar streng an diesen „Aufbauten“. Dies vor allem deshalb, um dem „Direkteinsteiger“ die „Orientierung“ zu erleichtern. Im weiteren „Verlauf“ der Falllösungen wird indes an diesen „Aufbauschemata“ – schon aus Platzgründen – nicht durchgehend („sklavisch“) festgehalten. Die Lösungen erfolgen vielmehr problemorientiert. Ein Abweichen von den Schemata verfolgt überdies den Zweck, um zu verdeutlichen, dass es starre Aufbauregeln im Eingriffsrecht nicht gibt, sondern dass Variationen entsprechend den jeweiligen Besonderheiten des Falles völlig legitim und manchmal sogar unvermeidlich sind.
Die vorliegenden Bände der „Fallsammlung Eingriffsrecht“ sollen nicht nur die Vor- und Nachbereitung der Unterrichtseinheiten erleichtern, sondern vor allem eine effektive Hilfe für die Klausurvorbereitung und -nachbereitung darstellen. Durch Beifügung zahlreicher Anmerkungen (Fußnoten) in den Sachverhaltslösungen soll ein vertiefendes (Selbst-)Studium ermöglicht werden. Die Literatur wurde primär unter dem Gesichtspunkt ausgewählt, ob sie dem Leser vertiefende oder weiterführende Hinweise bietet. Hierbei wurden – soweit ersichtlich – die am meisten verbreiteten Lehrbücher berücksichtigt.
In die Lösungen „eingebaut“ sind ergänzende, vertiefende Hinweise, die mittels Symbol () eingeleitet und mit einem grauen Balken hervorgehoben sind. Ebenso werden hervorgehoben besonders relevante Rechtsprechung sowie zusätzliche (prüfungs-)relevante Beipiele.
Inhaltlich erfolgt eine Orientierung an den curricularen Inhalten der Studiengänge für den Polizeivollzugsdienst.
Den Lösungen liegt – soweit es um präventiv-polizeirechtliche Maßnahmen geht – nordrhein-westfälisches (Landes-)Recht zugrunde, wobei die Fälle grundsätzlich keine Landesspezifika behandeln, so dass die Ergebnisse in anderen Bundesländern identisch sein dürften. Auf die Parallelvorschriften der Länder wird aber jeweils hingewiesen, so dass die Bände auch in anderen Bundesländern genutzt werden können.
Mettingen, im August 2020
Christoph Keller
1Glenewinkel/Heiermannn, DVP 2011, 102.
Literaturverzeichnis
1. Teil: Aufbauschemata mit Erläuterungen
Vorbemerkungen
I. Prüfung einer Eingriffsmaßnahme ohne Zwang
Erläuterungen zur Prüfung einer Eingriffsmaßnahme ohne Zwang
II. Prüfung einer gefahrenabwehrenden Zwangsmaßnahme im gestreckten Verfahren
Allgemeine Erläuterungen zum polizeilichen Zwang
Erläuterungen zur Prüfung einer gefahrenabwehrenden Zwangsmaßnahme im gestreckten Verfahren
III. Prüfung einer gefahrenabwehrenden Zwangsmaßnahme im Sofortvollzug
Erläuterungen zur Prüfung einer (gefahrenabwehrenden) Zwangsmaßnahme im Sofortvollzug
IV. Prüfung einer strafprozessualen Zwangsmaßnahme („gestrecktes Verfahren“)
V. Prüfung einer strafprozessualen Zwangsmaßnahme („Sofortvollzug“)
Erläuterungen zur Prüfung einer strafprozessualen Zwangsmaßnahme
Anhang: Klausurbearbeitung: Tipps und Hinweise
1. Allgemeines zur Klausurtechnik
2. Auswertung von Bearbeitervermerken
3. Sachverhaltsanalyse
4. Schwerpunktsetzung
5. Gliederungskonzept (Konzeptpapier)
6. Zeiteinteilung
7. Äußere Form, Gliederungssystem
8. Typische Fehler in der Fallbearbeitung
2. Teil: Fälle mit Lösungen
I. Schwerpunkt: Polizeirecht
Fall 1: Brand im Altenheim
Fall 2: Champions-League: Fans vor dem Spiel
Fall 3: Champions-League: Der Schalker „Flaggenfall“
Fall 4: Verdächtige Person im Industriegebiet
Fall 5: Der uneinsichtige Randalierer
Fall 6: Häusliche Gewalt
Fall 7: Der kriminogene Weihnachtsmarkt
Fall 8: Hilflose Person
II. Schwerpunkt: Strafprozessrecht
Fall 9: Trunkenheitsfahrt mit Folgen
Fall 10: Der arbeitslose Einbrecher
Fall 11: Maßnahmen nach Banküberfall
Fall 12: Einbruch mit Folgen
Fall 13: Gras in der Wohnung
Fall 14: Dirty Harry
Fall 15: Kindlicher Ladendieb
Stichwortverzeichnis
Artkämper/Schilling
Vernehmungen, 5. Aufl. 2018 (zit. Artkämper/Schilling Vernehmungen)
Baldarelli/von Prondzinski
Polizeigesetz Nordrhein-Westfalen – Kommentar in Kurzform, 2019 (zit. Baldarelli/von Prondzinski PolG NRW)
Basten
Privatrecht in der polizeilichen Praxis, 2014 (zit. Basten Privatrecht)
Basten
Recht der Polizei, 2016 (zit. Basten Recht der Polizei)
Beck/Hötzel
Fälle und Lösungen zum Polizeigesetz Baden-Württemberg für die Ausbildung in der Polizei, 2015 (zit. Beck/Hötzel PolG BW)
Becker/Heckmann/Kempen/Manssen
Klausurenbuch Öffentliches Recht in Bayern, 6. Aufl. 2015 (zit. B/H/K/M ÖR)
Bernau
Die Aufsichtshaftung der Eltern nach § 832 BGB – im Wandel, 2005 (zit. Bernau Aufsichtshaftung)
Beulke/Swoboda
Strafprozessrecht, 14. Aufl. 2018 (zit. Beulke/Swoboda StrafProzR)
Bittmann/Köhler/Seeger/Tschakert
Handbuch der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung, 2019 (zit. BKST Vermögensabschöpfung)
von Blohn/Schucht
Standardfälle Polizei- und Ordnungsrecht, 8. Aufl. 2019 (zit. von Blohn/Schucht POR)
Blum/Mokros/Vahle
Polizeigesetz Nordrhein-Westfalen, 2019 (zit. BMV PolG NRW)
Blum/Hofmann/Kohler
Fälle zum Strafrecht für Polizeibeamte, 2. Aufl. 2019 (zit. BHK StrafR)
Borsdorff/Kastner
Musterklausuren Einsatzrecht für die Bundespolizei, 4. Aufl. 2010 (zit. Borsdorff/Kastner Einsatzrecht)
Braun
Staatsrecht für Polizeibeamte, 2019 (zit. Braun StaatsR)
Brendel/Hauer/Kische
Polizeiliche Ermittlungen im Strafprozess, 2. Aufl. 2019 (zit. BHK Strafprozess)
Burhoff
Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 8. Aufl. 2019 (zit. Burhoff Hdb Ermittlungsverfahren)
Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke
Straßenverkehrsrecht, 25. Aufl. 2018 (zit. Bearbeiter, in: BHHJ StraßenverkehrsR)
Chemnitz
Polizeirecht Nordrhein-Westfalen, 5. Aufl. 1996 (zit. Chemnitz PolR)
Detterbeck
Allgemeines Verwaltungsrecht, 16. Aufl. 2018 (zit. Detterbeck AVR)
Derks
Häusliche Gewalt, 2018 (zit. Derks HG)
Dietel/Gintzel/Kniesel
Versammlungsgesetze, 18. Aufl. 2019 (zit. Bearbeiter, in: DGK VersG)
Dietlein/Burgi/Hellermann
Öffentliches Recht in Nordrhein-Westfalen, 6. Aufl. 2016 (zit. Bearbeiter, in: DBH ÖR NRW)
Dölling/Duttge/König/Rössner
Gesamtes Strafrecht, 4. Aufl. 2017 (zit. Bearbeiter, in: DDKR)
Dreier/Schulze
Urheberrechtsgesetz, 6. Aufl. 2018 (zit. Dreier/Schulze UrhG)
Drews/Wacke/Vogel/Martens
Gefahrenabwehr, Allgemeines Polizeirecht des Bundes und der Länder, 9. Aufl. 1986 (zit. DWVM Gefahrenabwehr)
Eisenberg
Beweisrecht der StPO, 10. Aufl. 2017 (zit. Eisenberg BeweisR)
Eisenberg/Kölbel
JGG, 21. Aufl. 2020 (zit. Eisenberg/Kölbel JGG)
Engländer
Examens-Repetitorium Strafprozessrecht, 8. Aufl. 2017 (zit. Engländer StrafProzR)
Floren, Thorsten
Schutzwürdige Interessen von Beschuldigten im Rahmen der audiovisuellen Vernehmung, 2019 (zit. Floren Videovernehmung)
Gabor
Strafprozessordnung, 9. Aufl. 2018 (Gabor StPO)
Geis
Fälle zum Polizei- und Ordnungsrecht, 2. Aufl. 2015 (zit. Geis POR)
Gercke/Julius/Temming/Zöller
Strafprozessordnung – Heidelberger Kommentar, 6. Aufl. 2019 (zit. Bearbeiter, in: HK-StPO)
Gertler/Kunkel/Putzke
BeckOK JGG, 17. Edition, Stand: 1.8.2019 (zit. Bearbeiter, in: BeckOK JGG)
Götz/Geis
Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 16. Aufl. 2017 (zit. Götz/Geis POR)
Gola/Heckmann
Bundesdatenschutzgesetz, 13. Aufl. 2019 (zit. Bearbeiter, in: Gola/Heckmann BDSG)
Gornig/Jahn
Fälle zum Sicherheits- und Polizeirecht, 4. Aufl. 2014 (zit. Gornig/Jahn PolR)
Graf
BeckOK StPO mit RiStBV und MiStra, 31. Edition, Stand: 1.1.2020 (zit. Bearbeiter, in: BeckOK StPO)
Gusy
Polizeirecht, 10. Aufl. 2017 (zit. Gusy PolR)
Hannich
Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Aufl. 2019 (zit. Bearbeiter, in: KK-StPO)
Hartmann-Wergen
Grundlagen zum Strafprozessrecht, 9. Aufl. 2018 (zit. Hartmann/Wergen StrafProzR)
Hartmann/Schmidt
Strafprozessrecht, 2. Aufl. 2008 (zit. Hartmann/Schmidt StrafProzR)
Hasselbach
Die Novellierung der forensischen DNA-Analyse, 2008 (zit. Hasselbach DNA)
Haurand
Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht in NRW, 7. Aufl. 2017 (zit. Haurand POR)
Heckmann
Die Zwischenprüfung im öffentlichen Recht, 2006 (zit. Heckmann ÖR)
Heger
Strafprozessrecht, 2013 (zit. Heger StrafProzR)
Heinrich/Reinbacher
Examinatorium Strafprozessrecht, 2. Auflage 2017 (zit. Heinrich/Reinbacher StrafProzR)
Henrichs
Eingriffsrecht Rheinland-Pfalz – Eine Lern- und Entscheidungshilfe für den polizeilichen Alltag in Ausbildung und Praxis, 2. Aufl. 2008 (zit.Henrichs ER RP)
Herrmann/Lang/Schneider
Polizeirelevante Grundrechte – Anleitung für Studium und Ausbildung, 2. Aufl. 2004 (zit. Herrmann/Lang/Schneider Grundrechte)
Horn
Biometrische Sicherungen von Smartphones und Tablets als Herausforderung für Gefahrenabwehr und Strafverfolgung, 2020 (zit. Horn Biometrie)
Hufen/Siegel
Fehler im Verwaltungsverfahren, 6. Aufl. 2018 (zit. Hufen/Siegel Verwaltungsverfahren)
Huppertz
Fahrerlaubnisrecht, 4. Aufl. 2013 (zit. Huppertz FahrerlaubnisR)
Jauernig
BGB, 17. Aufl. 2018 (zit. Bearbeiter, in: Jauernig BGB)
Jäckel/Mundinger
Jugendschutzgesetz, 3. Aufl. 2015 (zit. Jäckel/Mundinger JugendschutzR)
Jäger
Beweisverwertung und Beweisverwertungsverbote im Strafprozess, 2013 (zit. Jäger Beweisverwertung)
Kay/Böcking
Polizeirecht Nordrhein-Westfalen, 1. Aufl. 1992 (zit. Kay/Böcking PolR NRW)
Kay/Keller
Bußgeldverfahren, 2016 (zit. Kay/Keller Bußgeldverfahren)
Keller
Der genetische Fingerandruck – Die DNA-Analyse in der polizeilichen Praxis, 3. Aufl. 2006 (zit. Keller DNA)
Keller
Basislehrbuch Kriminalistik, 2019 (zit. Keller KR)
Keller
Persönlichkeitsrechte des Polizeibeamten, 2019 (zit. Keller APR)
Keller
Häusliche Gewalt, Stalking und Gewaltschutzgesetz, 2. Aufl. 2016 (zit. Keller HG)
Keller/Braun
Telekommunikationsüberwachung und andere verdeckte Maßnahmen, 3. Aufl. 2019 (zit. Keller/Braun TKÜ)
Kingreen/Poscher
Polizei- und Ordnungsrecht, 10. Aufl. 2018 (zit. Kingreen/Poscher POR)
Kingreen/Poscher
Grundrechte – Staatsrecht II., 34. Aufl. 2018 (zit. Kingreen/Poscher StaatsR)
Kindhäuser/Schumann
Strafprozessrecht, 5. Aufl. 2019 (zit. Kindhäuser/Schumann StrafProzR)
Kudlich/Schneider (Hrsg.)
Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, Bd. 3–1, 2019 (zit. Bearbeiter, in: MüKo StPO)
Knemeyer
Polizei- und Ordnungsrecht, 10. Aufl. 2004 (zit. Knemeyer POR)
Knemeyer/Schmidt
Polizei- und Ordnungsrecht – Rechtsfälle in Frage und Antwort, 4. Aufl. 2016 (zit. Knemeyer/Schmidt POR)
König/Roggenkamp
Grund- und Eingriffsrecht Niedersachsen – Band 1: Grundrechte, Standardmaßnahmen und Zwang, 2018 (zit. König/Roggenkamp ER)
König/Trurnit
Eingriffsrecht, 4. Aufl. 2017 (zit. König/Trurnit ER)
Kramer
Grundbegriffe des Strafverfahrensrechts, 8. Aufl. 2014 (zit. Kramer StrafVerfR)
Kugelmann
Polizei- und Ordnungsrecht, 2. Aufl. 2012 (zit. Kugelmann POR)
Lehmann
Professionelles Handeln gegen häusliche Gewalt – Der Platzverweis aus der Sicht von Polizei, Beratung und schutzsuchender Frauen, 2016 (zit. Lehmann HG)
Lerm/Lamblase
Einsatzrecht kompakt – Fälle zum Recht des unmittelbaren Zwanges, 2020 (zit. Lerm/Lamblase Zwang)
Lisken/Denninger
Handbuch des Polizeirechts, 6. Aufl. 2018 (zit. Bearbeiter, in: Lisken/Denninger HdbPolR)
von Mangoldt/Klein/Starck
Grundgesetz: Kommentar, 6. Aufl. 2010 (zit. Bearbeiter, in: MKS GG)
Meier/Bannenberg/Höffler
Jugendstrafrecht, 4. Aufl. 2019 (zit. MBH JugendstrafR)
Meyer-Goßner/Schmitt
Strafprozessordnung, 63. Aufl. 2020 (zit. Meyer-Goßner/Schmitt StPO)
Möller/Warg
Polizei- und Ordnungsrecht, 6. Aufl. 2011 (zit. Möller/Warg POR)
Möllers, M.
Wörterbuch der Polizei, 2. Aufl. 2018 (zit. Bearbeiter, in: WB-Polizei)
Möstl/Kugelmann
Beck’scher Online-Kommentar Polizei- und Ordnungsrecht Nordrhein-Westfalen, 13. Edition, Stand: 1.1.2020 (zit. Bearbeiter, in: BeckOK POR NRW)
Möstl/Weiner
BeckOK Polizei- und Ordnungsrecht Niedersachsen, 14. Edition, Stand: 1.5.2019 (zit. Bearbeiter, in: BeckOK POR Nds.)
Neuwirth
Polizeilicher Schusswaffengebrauch gegen Personen, 2. Aufl. 2006 (zitiert Neuwirth SWG)
Nimtz/Thiel
Eingriffsrecht, 2017 (zit. Nimtz/Thiel ER)
Nowrousian
Ordnungswidrigkeitenrecht, 2019 (zit. Nowrousian OwiR)
Ostendorf
Strafprozessrecht, 3. Aufl. 2018 (zit. Ostendorf StrafProzR)
Park
Durchsuchung und Beschlagnahme, 4. Aufl. 2018 (zit. Park Durchsuchung)
Pieper
Grundrechte, 15. Aufl. 2012 (zit. Pieper GR)
Putzke/Scheinfeld
Strafprozessrecht, 6. Aufl. 2015 (zit. Putzke/Scheinfeld StrafProzR)
Rössner/Safferling
30 Probleme aus dem Strafprozessrecht, 3. Aufl. 2017 (zit. Rössner/Safferling StrafProzR)
Reitemeier
Vermögensabschöpfung, 2018 (zit. Reitemeier Vermögensabschöpfung)
Reitemeier/Koujouie
Vermögensabschöpfung, 2017 (zit. Reitemeier/Koujouie Vermögensabschöpfung)
Roxin/Schünemann
Strafverfahrensrecht, Ein Studienbuch, 29. Aufl. 2017 (zit. Roxin/Schünemann StrafVerfR)
Satzger/Schuckebier/Widmaier
Strafprozessordnung, 4. Aufl. 2020 (zit. Bearbeiter, in: SSW-StPO)
Savini
Handbuch zur Vermögensabschöpfung, 5. Aufl. 2017 (zit. Savini Vermögensabschöpfung)
Schenke
Polizei- und Ordnungsrecht, 10. Aufl. 2018 (zit. Schenke POR)
Schmidbauer/Holzner
Bayerisches Polizei- und Sicherheitsrecht, 2019 (zit. Schmidbauer/Holzner BaySicherheitsR)
Schmidt
Besonderes Verwaltungsrecht II, 12. Aufl. 2008 (zit. Schmidt BesPOR)
Schoch
Besonderes Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2013 (zit. Schoch BesPOR)
Schroeder
Polizei- und Ordnungsrecht Nordrhein-Westfalen, 3. Aufl. 2017 (zit. Schroeder POR)
Stelkens/Bonk/Sachs
Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Aufl. 2018 (zit. Bearbeiter, in: SBS VwVfG)
Schlacke/Wittreck
Landesrecht Nordrhein-Westfalen – Studienbuch, 2017 (zit. Bearbeiter, in: Schlacke/Wittreck NRW)
Schnur
Polizeilicher Zwang zur Gefahrenabwehr, 2000 (zit. Schnur Zwang)
Schönke/Schröder
Strafgesetzbuch, 30. Aufl. 2019 (zit. Bearbeiter, in: Schönke/Schröder StGB)
Schütte/Braun/Keller
Polizeigesetz Nordrhein-Westfalen, 2012 (zit. Bearbeiter, in: SBK PolG NRW)
Schütte/Braun/Keller
Eingriffsrecht, 2016 (zit. SBK ER)
Soine
Ermittlungsverfahren und Polizeipraxis, 2. Aufl. 2019 (zit. Soine Ermittlungsverfahren)
Soyka
StPO-Grundzüge des Strafverfahrensrechts, 18. Aufl. 2015 (zit. Soyka StPO)
Stein/Paintner
Fälle und Erläuterungen zum Polizei- und Ordnungsrecht (JA-Repetitorium), 2000 (zit. Stein/Paintner POR)
Tegtmeyer/Vahle
Polizeigesetz Nordrhein-Westfalen, 12. Aufl. 2018 (zit. Tegtmeyer/Vahle PolG NRW)
Tetsch
Eingriffsrecht, Band 1: Grundlagen der Datenverarbeitung, 4. Aufl. 2008 (zit. Tetsch ER Bd. 1)
Tetsch
Eingriffsrecht, Band 2: Eingriffsmaßnahmen, Zwang, Rechtsschutz und Haftung, 4. Aufl. 2010 (zit. Tetsch ER Bd. 2)
Tetsch/Baldarelli
Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen, 2011 (zit. Tetsch/Baldarelli PolG NRW)
Thiel
Polizei- und Ordnungsrecht, 4. Aufl. 2020 (zit. Thiel POR)
Wagner
Bundespolizeirecht, 3. Aufl. 2016 (zit. Wagner Bundespolizeirecht)
Webel
Prüfungswissen Staats- und Verfassungsrecht, 2. Aufl. 2018 (zit. Webel StaatsR)
Wehr
Examens-Repetitorium Polizeirecht, 3. Aufl. 2015 (zit. Wehr PolR)
Wiacek
Bild- und Tonaufnahmen von Polizeieinsätzen, 2018 (zit. Wiacek Bild-/Tonaufnahmen)
Wolffgang/Hendricks/Merz
Polizei- und Ordnungsrecht in Nordrhein-Westfalen: Polizeirecht NRW, 3. Aufl. 2011 (zit. WHM POR)
Würtenberger/Heckmann/Tanneberger
Polizeirecht in Baden-Württemberg, 7. Aufl. 2017 (zit. WHT PolR BW)
Wüstenbecker
Polizei- und Ordnungsrecht, 2. Aufl. 2018 (zit. Wüstenbecker POR)
Zink
Autonomie und Strafverteidigung zwischen Rechts- und Sozialstaatlichkeit, 2019 (zit. Zink Strafverteidigung)
Literatur (Juristische Methodik)
Adomeit/Hähnchen
Rechtstheorie mit Juristischer Methodenlehre, 7. Aufl. 2018 (zit. Adomeit/Hähnchen Rechtstheorie)
Braun, J.
Einführung in die Rechtsphilosophie, 2006 (zit. Braun Rechtsphilosophie)
Degenhart
Klausurenkurs im Staatsrecht, 3. Aufl. 2013 (zit. Degenhart Klausurenkurs)
Engisch
Einführung in das juristische Denken, 1977 (zit. Engisch Juristisches Denken)
Gast
Juristische Methodik, 5. Aufl. 2015 (zit. Gast Juristische Methodik)
Hildebrand
Juristischer Gutachtenstil, 3. Aufl. 2017 (zit. Hildebrand Juristischer Gutachtenstil)
Hinterhofer/Lagodny
Höchstrichterliche Rechtsprechung zum materiellen Strafrecht, 2001 (zit. Hinterhofer/Lagodny Rechtsprechung)
Joerden
Logik im Recht, 3. Aufl. 2018 (zit. Joerden Logik)
König
Juristische Methoden für „Dummies“, 2016 (zit. König Juristische Methoden)
Lagodny
Gesetzestexte suchen und in der Klausur anwenden, 2. Aufl. 2012 (zit. Lagodny Klausuren)
Michel
Die audiovisuelle Aufzeichnung von Beschuldigtenvernehmungen im Ermittlungsverfahren, 2019 (zit. Michel Audiovisuelle Vernehmung)
Möllers, T. M. J.
Juristische Arbeitstechnik und wissenschaftliches Arbeiten, 5. Aufl. 2010 (zit. Möllers T. M. J. Juristische Arbeitstechnik)
von Münchhausen/Püschel
Lernprofil Jura, 2002 (zit. von Münchhausen/Püschel Jura)
Putzke
Juristische Arbeiten erfolgreich schreiben, 6. Aufl. 2018 (zit. Putzke Juristische Arbeiten)
Raabe/Wacker/Oberle/Baumann/Funk
Recht ex machina, 2012 (zit. RWOBF Recht)
Schimmel
Juristische Klausuren und Hausarbeiten richtig formulieren, 9. Aufl. 2011 (zit. Schimmel Juristische Klausuren)
Schwacke
Juristische Methodik – mit Technik der Fallbearbeitung, 5. Aufl. 2011 (zit. Schwacke Juristische Methodik)
Schwerdtfeger/Schwerdtfeger
Öffentliches Recht in der Fallbearbeitung, 15. Aufl. 2018 (zit. Schwerdtfeger/Schwerdtfeger ÖR)
Stein
Die rechtswissenschaftliche Arbeit, 2000 (zit. Stein Rechtswissenschaft)
Ulrici
Fallsammlung zur Rechtsgestaltung, 2010 (zit. Ulrici Rechtsgestaltung)
Valerius
Einführung in den Gutachtenstil, 4. Aufl. 2017 (zit. Valerius Gutachtenstil)
Walter
Kleine Stilkunde für Juristen, 2002 (zit. Walter Stilkunde)
Zippelius
Das Wesen des Rechts, 6. Aufl. 2012 (zit. Zippelius Recht)
Am Anfang steht die Frage nach einer Arbeitsdefinition für das Eingriffsrecht. Dieses wird (vereinfacht) beschrieben als die Summe der polizei- und strafverfahrensrechtlichen Normen, die die Polizei zu Eingriffen in die Grundrechte ermächtigen.1 In eingriffsrechtlichen Klausuren haben die Studierenden im Regelfall im Sachverhalt geschilderte, von Polizeibeamtinnen und -beamten getätigte Maßnahmen sozusagen „nachträglich“ auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu „prüfen“. Dabei sollten sie sich an einem konsistenten Prüfungsschema orientieren, denn eine nachvollziehbare, konsequente und überzeugende Reihenfolge der Darstellung gehört zu den wesentlichen Bewertungskriterien für Klausurbearbeitungen.2 Eine gewisse „Systematik“ gewährleistet, dass alle relevanten Fragen, die ein Sachverhalt aufwirft, benannt und eingeordnet werden. Mithin wird auch der Gnade der menschlichen Vergesslichkeit so entgegengetreten. Für die Prüfung einer Eingriffsmaßnahme aus dem Polizei- oder Strafprozessrecht werden daher Aufbauschemata zugrunde gelegt. Es handelt sich bei diesen Schemata allerdings nicht um eine zwingend zu beachtende Form, in die die Lösung hineingepresst werden muss. In der Klausur müssen zwar bestimmte Prüfungspunkte durchgegangen werden. Der konkret zu bearbeitende Fall darf aber nicht von dem Schema „verschluckt“ werden. Aufbauschemata bieten keineswegs die Gewähr für das Gelingen einer guten Fallbearbeitung, sie sind eher als Aufbauhilfen zu verstehen, die für die rechtliche Prüfung erforderliche Merkposten enthalten, ohne dass deswegen auch immer jeder Merkposten überhaupt oder in der gleichen Ausführlichkeit geprüft werden muss. Wer das Schema „im Kopf hat“, weiß zudem, welche Gesichtspunkte formeller und materieller Natur bei der Lösung eines Falles zu beachten sind. Zu beachten ist vor allem, dass nur solche „Schemapunkte“ näher auszuführen sind, die problematisch sind. Unproblematische Punkte sind dagegen mit bündiger Kürze im sog. Urteilsstil abzuhandeln. Es verbietet sich ein sklavisches Festhalten an Aufbauschemata („Schema-Manie“).3
„Schemata sind wie Laternen: Wenn es dunkel ist, können sie den Weg weisen, aber nur Betrunkene halten sich an ihnen fest“4
Prüfungsschemata sind Lern- und Verständnishilfen. Sie ermöglichen, einen thematischen Abschnitt und seine Vorschriften auf einen Blick zu erschließen. Viel wesentlicher ist noch die anwendungsorientierte Perspektive auf das geltende Recht. Schemata ermöglichen den Lernenden, die Prüfungsreihenfolge entsprechend der Systematik und Dogmatik zu erfassen.5
Prüfungsschemata ersetzen nicht das Verstehen rechtlicher Zusammenhänge und nicht die Lektüre des Gesetzes.
Gleichwohl kann die gutachtliche Prüfung einer polizeilichen Maßnahme durch eine Aufbauhilfe wesentlich erleichtert werden.6 Methodisches Vorgehen im Rahmen der Fallbearbeitung soll gewährleisten, dass alle rechtlich relevanten Fragen, die ein Sachverhalt aufwirft – und nur diese –, benannt und in ihren Konsequenzen zutreffend eingeordnet werden. Diesem Ziel dienen Aufbauschemata, die allerdings nur werthaltig verwendet werden können, wenn die den einzelnen Prüfungsstationen zu Grunde liegenden Sachfragen bekannt sind.7
Die richtige Schwerpunktsetzung in der Fallbearbeitung ist für das gesamte Studium wichtig.
Im Eingriffsrecht werden für die Überprüfung polizeilicher Maßnahmen (allgemein) verschiedene Lösungsschemata zugrunde gelegt8, die im Detail voneinander abweichen. Welches Schema im Einzelfall „benutzt“ wird, erscheint zweitrangig. Eine „Grundstruktur“ wird (abgestimmt) an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung (HSPV NRW) im Rahmen des Bachelor-Studiums verwandt.9 Ansonsten folgt ein „allgemeiner“ Prüfungsaufbau einem „Dreierschritt“ und besitzt folgende „Grundstruktur“10:
I.Ermächtigung
–Grundrechtseingriff
–Zielrichtung
–Ermächtigungsgrundlage
II.Formelle Rechtmäßigkeit
–Zuständigkeit (örtliche, sachliche)
–Verfahren, Form
III.Materielle Rechtmäßigkeit
–Tatbestandliche Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage
–Besondere Verfahrensvorschriften
–Adressatenregelung
–Rechtsfolge, Bestimmtheit, Ermessen und Verhältnismäßigkeit
IV.Ergebnis
Erst die Grundrechtsbetroffenheit erzeugt ein Legitimationsbedürfnis. Liegt ein Grundrechtseingriff nicht vor, handelt es sich um sog. „schlicht-hoheitliches Handeln“. Es bedarf dann keiner gesetzlichen Eingriffsgrundlage. In diesem Fall reicht eine Aufgabenzuweisung aus. Zu prüfen ist dann (nur) die Zuständigkeit (formelle Rechtmäßigkeit). Es ist also zwingend zu klären, ob ein Eingriff vorliegt oder ob (nur) schlicht-hoheitliches Handeln vorliegt.11 Unter formeller Rechtmäßigkeit werden mithin alle rechtlichen Vorgaben hinsichtlich des Zustandekommens, unter materieller Rechtmäßigkeit die Anforderungen an den Inhalt staatlicher Maßnahmen geprüft. Die Unterscheidung zwischen formellen und materiellen Rechtmäßigkeitsanforderungen ermöglicht dabei einerseits eine übersichtlichere Darstellung und trägt andererseits der Tatsache Rechnung, dass Verstöße gegen formelle Vorgaben (Zuständigkeit, Verfahren, Form) im Vergleich zu Verletzungen materiellen, also inhaltlichen Rechts häufig von geringerem Gewicht sind.12
Die Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit einer polizeilichen Eingriffsmaßnahme bildet regelmäßig den Schwerpunkt in einer Fallbearbeitung.
I.Ermächtigungsgrundlage
Nach dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes bedarf es bei einem Grundrechtseingriff einer Ermächtigungsgrundlage, welche auf ein verfassungsmäßiges Gesetz zurückzuführen ist.
1.Grundrechtseingriff
2.Zielrichtung (präventiv/repressiv)13
3.Ermächtigungsgrundlage
II. Formelle Rechtmäßigkeit
1.Zuständigkeit
a)Örtliche Zuständigkeit
b)Sachliche Zuständigkeit
2.
Verfahren
§ 28 Abs. 1 VwVfG NRW:
Anhörung Beteiligter
3.
Form
§ 37 Abs. 2 VwVfG NRW:
Grundsatz: Formfreiheit
4.
Begründung
§ 39 VwVfG NRW:
Begründung des VA
5.
Ordnungsgemäße Bekanntgabe
§ 41 VwVfG :
Bekanntgabe des VA
III. Materielle Rechtmäßigkeit
1.Tatbestandliche Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage
2.Besondere Verfahrensvorschriften
a)Vorschriften, die bei einzelnen Maßnahmen zu beachten sind14
b)Anordnungsbefugnis
3.Adressatenregelung
4.Rechtsfolge der konkret herangezogenen Ermächtigungsgrundlage
a)Rechtsfolge entspricht der Ermächtigungsgrundlage
b)Bestimmtheit (§ 37 Abs. 1 VwVfG NRW)
c)Ermessen (§ 3 PolG NRW)
aa)Entschließungsermessen, ggf. Ermessensreduzierung auf Null
bb)Auswahlermessen (§ 3 Abs. 2 PolG NRW)
d)Übermaßverbot; Verhältnismäßigkeit i. w. S. (§ 2 PolG NRW)
aa)Geeignetheit
bb)Erforderlichkeit
cc)Verhältnismäßigkeit i. e. S. (Angemessenheit)
IV.Ergebnis
Nach einem Einleitungssatz beginnt die Prüfung mit der Feststellung der Grundrechte, in die durch die polizeiliche Maßnahme eingegriffen wird. Häufig greift die Polizei mit ihren Maßnahmen in die Schutzbereiche von Grundrechten ein. Hierfür benötigt sie aufgrund des Vorbehalts des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG) eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage.15 Der Begriff „Schutzbereich“ drückt nicht aus, dass ein bestimmtes, darunter fallendes Verhalten einen absoluten Schutz genießt, sondern dass der Staat zwar in das Grundrecht eingreifen kann, aber hierfür eine Rechtfertigungslast hat.16 Die Schutzbereiche der entsprechenden Grundrechte sind mit (kurzer) Begründung zu benennen. Es ist darauf zu achten, dass alle in Betracht kommenden Grundrechte Erwähnung finden. Nach herkömmlichem Verständnis gehören zum klassischen Eingriffsbegriff die Merkmale der Finalität, der Unmittelbarkeit, der Qualität als Rechtsakt sowie der Durchsetzung mit Befehl oder Zwang. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ gegeben sein und zu einer Verkürzung des Schutzbereichs führen.17 Allerdings greift dieser (klassische) Eingriffsbegriff in der heutigen Grundrechtsdogmatik zu kurz, z. B. im Falle einer polizeirechtlichen Observation, die sich als Realakt darstellt. Es bedarf der Erweiterung dieses Eingriffsbegriffs.18 Mithin versteht man unter einem Eingriff jedes staatliche Handeln, das dem Einzelnen ein Verhalten, das in den Schutzbereich eines Grundrechts fällt, ganz oder teilweise unmöglich macht (sog. Moderner Eingriffsbegriff).19 Mit diesem weiten Begriffsverständnis sollen vor allem mittelbare und auch faktische Eingriffe abgedeckt werden. Diese Begriffe sind aber nicht synonym zu verwenden. Mittelbar ist zunächst nur der Gegensatz zur Unmittelbarkeit, faktisch bedeutet „tatsächlich“ und ist als Gegensatzpaar zur Rechtsförmlichkeit zu verstehen.
Prüfungsreihenfolge: Eingriff20
1.Klassischer Eingriff
a)Verkürzung des Schutzbereichs
b)durch staatliches Handeln
Kumulativ: Final, unmittelbar, rechtsförmlich, imperativ
2.Moderner Eingriff
a)Verkürzung des Schutzbereichs
b)durch staatliches Handeln
Kausalität: Äquivalenz und Adäquanz
Alternativ: Final, unmittelbar, rechtsförmlich, imperativ
Ein Eingriff ist dann zu verneinen, wenn der Betroffene wirksam auf das Grundrecht verzichtet (Grundrechtsverzicht).21 So ist eine Anordnung gem. § 105 Abs. 1 StPO dann entbehrlich, wenn der von der Durchsuchung Betroffene in die Durchführung der Maßnahme eingewilligt hat. Zu berücksichtigen ist generell, dass es immer nur um eine individuelle Verfügung gehen kann; ein allgemeiner (Grundrechts-)Verzicht würde die Wesensgehaltsgarantie missachten (Kollektivtheorie). Grundsätzlich gilt: Dem Einwilligenden geschieht kein Unrecht (volenti non fit iniuria). Ein Verzicht auf die Menschenwürde ist mithin nicht möglich.22 Dagegen kann auf die Ausübung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung verzichtet werden.
Zielrichtung
Als nächstes ist die sog. Zielrichtung der polizeilichen Maßnahme zu bestimmen. Sofern nicht ein Fall der Wahrnehmung einer besonderen polizeilichen Aufgabe vorliegt, geht es allein um die Abgrenzung von „präventivem“ und „repressivem“ Handeln.23 Es ist zu bewerten, ob die konkret zu prüfende Maßnahme der Gefahrenabwehr (präventives Tätigkeitsfeld) oder der Erforschung und Verfolgung von Straftaten bzw. Ordnungswidrigkeiten (repressives Tätigkeitsfeld) zuzuordnen ist. Es kann sich allerdings die Notwendigkeit ergeben, mit eingehender Begründung eine Zuordnung vornehmen zu müssen. Dies ist etwa dann erforderlich, wenn es sich um eine Maßnahme handelt, die sowohl präventive als auch repressive Ziele verfolgt (sog. doppelfunktionale Maßnahme). Ein mögliches Abgrenzungskriterium ist die Zuordnung nach dem Schwerpunkt der konkreten Maßnahme, wobei dies nach objektiven Maßstäben oder aber aus Sicht der handelnden Beamten bewertet werden kann.
Steht die Zielrichtung fest, ist die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Maßnahme möglichst präzise zu benennen;24 gedankliche „Checkliste“:
(1)Ermächtigungsgrundlage aus speziellem Gesetz
(2)Standardmaßnahme aus dem PolG NRW oder der StPO
(3)Generalklausel (§ 8 Abs. 1 PolG NRW oder § 163 Abs. 1 Satz 2 StPO)
Enthält die entsprechende Vorschrift mehrere unterschiedliche Ermächtigungsgrundlagen, sind Absatz, Satz, Nummer, Buchstabe genau zu bezeichnen.
Die Prüfung von Grundrechtseingriff, Zielrichtung und Ermächtigungsgrundlage sowie der Zuständigkeit weisen in Klausuren regelmäßig keine besonderen Schwierigkeiten auf und sollen in diesen Fällen in der gebotenen Kürze dargestellt werden. Auf eine Darstellung im Gutachtenstil kann verzichtet werden.
Die formelle Rechtmäßigkeit ist anhand der Trias Zuständigkeit – Verfahren – Form zu überprüfen.25
Zuständigkeit ist neben Verfahren und Form eine Voraussetzung der formellen Rechtmäßigkeit des polizei- und ordnungsbehördlichen Handelns. Es muss die im konkreten Fall zuständige Behörde handeln. Unter Zuständigkeit versteht man die Zuordnung einer Kompetenz zu einer Behörde, unter Kompetenz die Zuordnung von Aufgaben und Befugnissen. Die Zuständigkeit bestimmt also, welche Behörde welche Aufgaben zu erfüllen hat und welche Befugnisse sie dafür besitzt.26 Es gilt der Grundsatz, dass speziellere Regelungen den allgemeinen vorgehen. Grundsätzlich richtet sich die Frage der Zuständigkeit nach den Regelungen des jeweiligen Gesetzes, aus dem die Ermächtigungsgrundlage stammt. Soweit das jeweilige Gesetz dort einfach auf die zuständige Behörde verweist, richtet sich die Zuständigkeit nach den allgemeinen Regelungen des jeweiligen Landesrechts. Wenn es sich um eine Ermächtigung aus einem Bundesgesetz handelt, ist zusätzlich darauf zu achten, ob auf der Landesebene spezielle Durchführungsgesetze oder Verordnungen bestehen.27
Bei der Zuständigkeit unterscheidet man die sachliche, die instanzielle, die funktionelle und die örtliche Zuständigkeit; es handelt sich um feste Größen bei der rechtlichen Beurteilung polizeilichen Handelns.28
Die funktionelleZuständigkeit betrifft die Unterscheidung zwischen eigenständiger Aufgabenwahrnehmung und deren Beaufsichtigung durch Fach- und Rechtsaufsichtsbehörden. Die instanzielle Zuständigkeit bedeutet die Aufteilung derselben sachlichen Zuständigkeit auf die unterschiedlichen hierarchischen Ebenen. Die sachliche Zuständigkeit bezieht sich auf den Inhalt der wahrzunehmenden Aufgaben und Befugnisse. Die örtliche Zuständigkeit betrifft den räumlichen Bereich, innerhalb dessen eine sachlich zuständige Behörde handeln darf. Da sich im Regelfall eine Aufgabenzuweisung an die Kreispolizeibehörden ergibt und dort keine verschiedenen Ebenen bestehen, können die sachliche und die instanzielle Zuständigkeit zusammengefasst werden.29 Die örtliche Zuständigkeit wird Klausuren oftmals unterstellt. Ist dies nicht der Fall, genügt im Regelfall ein Hinweis auf § 7 Abs. 1 Satz 1 POG NRW (Regelzuständigkeit). Sonderfälle eines Tätigwerdens der Polizei außerhalb ihres Polizeibezirks, außerhalb von Nordrhein-Westfalen oder im benachbarten Ausland regeln §§ 8 und 9 POG NRW.30
Die sachliche Zuständigkeit für die Gefahrenabwehr ergibt sich aus § 1 Abs. 1 Sätze 1, 2 (bzw. Satz 3) PolG NRW, §§ 10, 11 Abs. 1 Nr. 1 POG NRW. Für die Erforschung von Straftaten ist die Polizei gem. § 1 Abs. 4 PolG31 NRW i. V. m. § 163 Abs. 1 Satz 1 StPO zuständig. Für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten ist die Polizei zuständig gem. § 1 Abs. 4 PolG NRW i. V. m. § 11 Abs. 1 Nr. 2 POG NRW i. V. m. § 53 Abs. 1 OWiG.32
Überdies ist die Polizei sachlich zuständig aufgrund spezialgesetzlicher Regelungen, z. B. nach dem BVersG oder dem WaffG. Aus den genannten Bestimmungen ergibt sich eine sachliche Zuständigkeit der Kreispolizeibehörden (§ 2 Abs. 1 POG NRW). Für diese handeln die tätig werdenden Polizeibeamtinnen und -beamten („Amtswalter“).
Unausrottbar scheint die in Polizeirechtsklausuren ausgelebte Neigung zu sein, innerhalb der – zumeist unproblematischen – Zuständigkeitsprüfung – eingehend darzulegen, dass eine konkrete oder gar qualifizierte (z. B. gegenwärtige) Gefahr vorliegt. Eine solche Erörterung wirkt besonders befremdlich, wenn die spätere Eingriffsnorm überhaupt keine konkrete Gefahr voraussetzt (z. B. § 12 Abs. 1 Nr. 2 PolG NRW).33
Bei der Frage des Verfahrens ist danach zu differenzieren, ob die Maßnahme als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist oder nicht, denn die allgemeinen Regelungen der Verwaltungsverfahrensgesetze gelten (vgl. § 9 VwVfG NRW) – nur bei Verfahren, die auf den Erlass eines Verwaltungsaktes (oder den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages) gerichtet sind.34 Die Relevanz der Unterscheidung zwischen Verwaltungs- und Realakt ist an dieser Stelle allerdings gering. Da weder das VwVfG NRW noch das PolG NRW für Realakte Verfahrensanforderungen normieren35, wird für Realakte auch eine Regelungslücke angenommen. Insoweit wird teilweise vertreten, die Regelungen des VwVfG NRW für Verwaltungsakte analog auch auf Realakte anzuwenden.36 Im Falle des Erlasses eines Verwaltungsaktes ist das Anhörungsgebot aus § 28 Abs. 1 VwVfG NRW zu beachten. Die Norm ist auch dort anzuwenden, wo es keine inhaltsgleiche gesetzliche Regelung gibt.37 Verlangt wird, dass dem Adressaten eines ihn belastenden Verwaltungsakts vor dessen Erlass Gelegenheit dazu gegeben werden muss, sich zum Sachverhalt zu äußern (Anhörung). Ist eine Anhörung erfolgt (bzw. hat der Adressat die Gelegenheit zur Äußerung erhalten, sie aber nicht genutzt), kann dies schlicht festgestellt werden.38 Nur wenn Verfahrensvorschriften verletzt wurden, sind die Rechtsfolgen dazulegen. Fehlt eine vorherige Anhörung, ist zu erörtern, ob von ihr nach § 28 Abs. 2 VwVfG NRW abgesehen werden konnte.39
Im dritten Schritt ist der Frage nachzugehen, ob die Maßnahme unter Einhaltung bestehender Formvorschriften getroffen wurde. Gem. § 37 Abs. 2 Satz 1 VwVfG kann ein Verwaltungsakt schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Realakte sind (mit Ausnahme schriftlicher Hinweise u. ä. ohne Regelungscharakter) regelmäßig faktische Handlungen, die nicht in einer bestimmten „Form“ erfolgen können (z. B. der Einsatz von unmittelbarem Zwang).40
Von Bedeutung ist zudem, dass gem. § 41 VwVfG jeder Verwaltungsakt bekannt gegeben werden muss. Ansonsten kommt allenfalls ein Vorgehen der Polizei im Rahmen des Sofortvollzugs in Betracht.41 Gem. § 43 Abs. 1 VwVfG NRW wird ein Verwaltungsakt gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.
Sind entsprechende (Form-)Vorschriften verletzt worden, sind die Rechtsfolgen anhand der §§ 44–46 VwVfG NRW zu untersuchen.
Im vierten Schritt ist darzulegen, ob die entsprechende Verfügung begründet wurde. Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen (§ 39 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW; Ausnahmen in Absatz 2).
Für die Zugang mündlicher Verwaltungsakte ist eine tatsächliche Kenntnisnahme erforderlich. Für den Zugang schriftlicher Verwaltungsakte ist eine tatsächliche Kenntnisnahme nicht vonnöten. Der schriftliche Verwaltungsakt muss in den Machtbereich des Empfängers gelangt sein (§ 41 Abs. 2 VwVfG NRW und subsidiär § 130 BGB analog).42
Wenn der Sachverhalt zu Zuständigkeit, Verfahren oder Form keine Angaben enthält, dürfen die entsprechenden Punkte nicht etwa in der Weise im Gutachtenstil behandelt werden, dass erst umständlich ein Obersatz und eine Definition gebildet werden, um dann lapidar festzustellen, dass der Sachverhalt zu diesen Punkten schweigt. Stattdessen gilt der Grundsatz, dass mangels entgegenstehender Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass die Behörden richtig gehandelt haben.43
Die materielle Rechtmäßigkeitsprüfung setzt sich aus der Untersuchung des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage („Vorbehalt des Gesetzes“), der Behandlung der besonderen (maßnahmenspezifischen) Verfahrensanforderungen (Anordnungsbefugnis und Durchführungsbestimmungen), Überlegungen zum zulässigen Adressaten, zur Rechtsfolge, zum Ermessen und zur Verhältnismäßigkeit zusammen.
Viele Ermächtigungen enthalten lediglich eine Ermächtigungsgrundlage, andere gliedern sich dagegen in mehrere solcher Grundlagen. Zudem kann es erforderlich sein, weitere gesetzliche Vorschriften heranzuziehen, die z. B. Definitionen tatbestandlicher Voraussetzungen enthalten oder diese wiederum an weitere Voraussetzungen knüpfen.44
Während die Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen die Frage behandelt, „ob“ die Polizei eine bestimmte Maßnahme treffen darf, regeln die maßnahmenspezifischen Verfahrensanforderungen das „Wie“. Aufgrund des Grundsatzes des „Vorrangs des Gesetzes“ haben die handelnden Polizeibeamtinnen und -beamten auch diese Anforderungen zu beachten. Nicht jeder Verstoß führt allerdings zur Rechtswidrigkeit der Eingriffsmaßnahme.45 Auch ist zu klären, wer die konkrete Maßnahme anordnen (bzw. durchführen) darf. Bestimmte Ermächtigungsgrundlagen verlangen zudem die Beachtung besonderer Durchführungsbestimmungen. So ordnet § 39 Abs. 3 Satz 1 PolG NRW als Durchführungsbestimmung für die Durchsuchung von Personen an, dass Personen nur von Personen gleichen Geschlechts oder Ärzten durchsucht werden dürfen.
Zu klären ist, ob derjenige, gegen den sich die konkrete Maßnahme richtet, aufgrund der gesetzlichen Vorgaben auch in rechtlich zulässiger Weise mit dieser belegt werden darf. Soweit sich nicht eindeutig aus der Ermächtigungsgrundlage ergibt, wer Adressat der Maßnahme ist, muss auf allgemeine Bestimmungen zurückgegriffen werden. Bei Maßnahmen der Gefahrenabwehr sind – soweit keine spezielleren Vorschriften einschlägig sind – die §§ 4–6 PolG NRW zu prüfen. Bei strafprozessualen Maßnahmen ergibt sich der Adressat aus der Ermächtigung (Beschuldigte, Verdächtiger, Zeuge).46
Unter dem Punkt „Rechtsfolge“ ist zu erörtern, ob die tatsächlich getroffene Maßnahme von der Ermächtigungsgrundlage erfasst ist, also „gedeckt“ ist. Es bietet sich an, an dieser Stelle zu definieren, zu welchen Maßnahmen die Norm konkret ermächtigt.47 Prüfungsmaßstab ist damit die Frage, ob sich die Maßnahme innerhalb des durch die Ermächtigungsgrundlage eröffneten Rechtsfolgerahmens bewegt. Dies ist keinesfalls nur eine Frage des Ermessens, vielmehr sind der Maßnahme auch zahlreiche, von der Willensbildung der Behörde unabhängige, objektive Grenzen gesetzt. Die wichtigste dieser Fragen, nämlich ob die Maßnahme abstrakt der von der Ermächtigungsgrundlage vorgesehenen Rechtsfolge entspricht, wurde allerdings bei der Suche nach der richtigen Ermächtigungsgrundlage vorweggenommen.48
Der Bestimmtheitsgrundsatz verlangt, dass auch die im Einzelfall polizeilich getroffene Maßnahme hinreichend bestimmt sein muss. Der Adressat muss erkennen können, wie er sich zu verhalten hat, um dem ihm auferlegten Ge- oder Verbot zu entsprechen. Polizeiliche Maßnahmen genügen diesen Anforderungen, wenn sie so bestimmt sind, dass sie aus sich selbst heraus verständlich sind und ohne weitere Konkretisierung Grundlage einer nachfolgenden Vollstreckungsmaßnahme sein können.49 Ist ein polizeilicher Verwaltungsakt nicht inhaltlich hinreichend bestimmt, ist er materiell rechtswidrig und im schlimmsten Fall sogar nichtig.50
„Ermessen“ bedeutet, dass den handelnden Polizeibeamten durch die Ermächtigungsgrundlage Entscheidungsspielräume hinsichtlich der Rechtsfolge, also der zu treffenden Maßnahme eingeräumt sind.51 Zwei Stufen der Ermessenausübung sind zu unterscheiden:52
–Entschließungsermessen: Infrage steht das Handeln überhaupt.
–Auswahlermessen: Infragesteht die Art der Maßnahme selbst.
Bei präventivem Handeln, insbesondere zur Gefahrenabwehr, kommt der Polizei ein Entschließungsermessen zu. Sie kann also entscheiden, ob sie überhaupt tätig wird. Gem. § 3 Abs. 1 PolG NRW hat die Polizei ihre Maßnahmen nach „pflichtgemäßem Ermessen“ zu treffen (§ 3 Abs. 1 PolG NRW). Bei der Rechtmäßigkeitsprüfung einer bereits getroffenen Maßnahme ist allein zu prüfen, ob der Polizei Ermessensfehler unterlaufen sind. Die Frage der Ermessensreduzierung spielt dabei hauptsächlich in Verpflichtungskonstellationen eine Rolle, in denen ein Anspruch auf das Ergreifen einer bestimmten Maßnahme geltend gemacht wird. Mitunter besteht eine „Ermessensreduktion auf Null“, insbesondere wenn es um die Abwehr von Lebensgefahren geht.53 Ob eine Ermessensreduktion auf Null vorliegt, ist im Rahmen einer Güterabwägung zu ermitteln. Ermessensreduzierende Gründe sind dabei:54
–Schwere und Ausmaß der Gefahr,
–die hohe Bedeutung des gefährdeten Rechtsguts und
–die Möglichkeit der Polizei zum Handeln und das Fehlen anderer vorrangiger Aufgaben.
Die Schutzpflicht des Staates ist umso stringenter, je höher der Rang des jeweiligen Grundrechts bzw. Rechtsguts innerhalb der Wertordnung anzusetzen ist.
Liegt der Anfangsverdacht einer Straftat vor, greift das sog. Legalitätsprinzip (§ 152 Abs. 2, § 163 Abs. 1 Satz 1 StPO).55 Ein „Entschließungsermessen“ der Polizei, ob sie überhaupt zur Erforschung der Straftat tätig wird, besteht in diesem Fall nicht. Unzutreffend ist es allerdings, bei repressiven Maßnahmen im Zusammenhang mit Straftaten ein Ermessen generell abzulehnen. Denn die handelnden Polizeibeamten können auch im repressiven Tätigkeitsfeld entscheiden, an wen sie ihre Maßnahmen richten, z. B. welchen Zeugen sie zuerst vernehmen bzw. welche repressiven Maßnahmen zunächst getroffen werden sollen.
Formulierungsvorschlag:56
„Bei repressiven Maßnahmen im Zusammenhang mit Straftaten ist das Entschließungsermessen wegen des Legalitätsgrundsatzes auf Null reduziert. Ermessensfehler sind im Übrigen nicht ersichtlich.“
Die Prüfung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes spielt eine entscheidende Rolle und wird in vier Schritten vollzogen
(1)Legitimität des Zwecks der Maßnahme; dieser Zweck der Maßnahme ist dann legitim, wenn er sich im Rahmen der Staatsaufgaben bewegt
(2)Geeignetheit der Maßnahme; die Maßnahme ist geeignet, wenn sie zur Erreichung des angestrebten Ziels objektiv zwecktauglich ist
(3)Erforderlichkeit der Maßnahme; die Maßnahme ist erforderlich, wenn kein anderes milderes Mittel zur Verfügung steht
(4)Verhältnismäßigkeit i. e. S.; die Maßnahme ist angemessen, wenn sie den Betroffenen nicht übermäßig belastet und nicht unzumutbar ist. „Zweck“ und „Mittel“ müssen in einem angemessenen Verhältnis zueinanderstehen (sog. „Mittel-Zweck-Relation“).57
Der legitime Zweck ist zu bestimmen, um im Rahmen der Geeignetheit feststellen zu können, ob die Maßnahme diesen Zweck jedenfalls fördern kann. Bei präventiven Maßnahmen kann als Zweck allgemeiner die Gefahrenabwehr, konkreter das jeweils geschützte Rechtsgut (bzw. die geschützten Rechtsgüter) benannt werden.58 Bei repressiven Maßnahmen ist der Zweck die Sicherung einer ordnungsgemäßen Strafverfolgung bzw. einer Ahndung von Ordnungswidrigkeiten.59
Eine Maßnahme ist geeignet, wenn sie objektiv zwecktauglich ist, das polizeiliche Ziel zu erreichen, wenn sie den Zweck jedenfalls fördern kann („Schritt in die richtige Richtung“). Nur wenn sie unter allen denkbaren Gesichtspunkten nichts zur Erreichung des Zwecks beitragen kann, ist sie als ungeeignet und damit als unverhältnismäßig (und rechtswidrig) zu bewerten.
Erforderlich ist eine Maßnahme, wenn es kein milderes, mindestens gleich geeignetes Mittel gibt. An dieser Stelle ist zu erörtern, welche Handlungsalternativen in Betracht gekommen wären. Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen hat die Polizei gem. § 3 Abs. 1 PolG NRW diejenige zu treffen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt.
Bei der Verhältnismäßigkeit i. e. S. muss festgestellt werden, ob die Maßnahme auch angemessen gewesen ist. Hierbei ist die Zweck-Mittel-Relation zu erörtern. Der Eingriff in die Grundrechte des Adressaten darf nicht außer Verhältnis zu dem zu erreichenden Zweck stehen. Bei präventiven Maßnahmen sind die Grundrechte des Adressaten gegen die geschützten Rechtsgüter gefährdeter Dritter abzuwägen.
Einen gravierenden Fehler stellt es dar, wenn auch bei repressiven Maßnahmen die Grundrechte des Adressaten gegen die Grundrechte des „Opfers“ einer Straftat abgewogen werden. Denn der Zweck solcher Maßnahmen ist nicht – wie bei Gefahrenabwehrmaßnahmen – der Rechtsgüterschutz, sondern die Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Strafverfolgung.60 Daher sind die Grundrechte des Adressaten gegen das staatliche Strafverfolgungsinteresse abzuwägen.61
Prüfung der Grundmaßnahme ist erfolgt
I. Ermächtigungsgrundlage
Nach dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes bedarf es bei einem Grundrechtseingriff einer Ermächtigungsgrundlage, welche auf ein verfassungsmäßiges Gesetz zurückzuführen ist.
1.Grundrechtseingriff
2.Zielrichtung
3.Ermächtigungsgrundlage
II. Formelle Rechtmäßigkeit der Vollstreckungsmaßnahme
1.Zuständigkeit
–Verweis auf vorgängige Prüfung der Grundmaßnahme
–§ 56 VwVG NRW analog
2.Verfahren
–Anhörung entfällt (Ersatzvornahme/Unmittelbarer Zwang sind Realakte63)
–bei a. A. Anhörung entbehrlich, § 28 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG64
–bei Anlass: § 56 Abs. 4 PolG NRW, § 55 Abs. 3 PolG NRW
III. Materielle Rechtmäßigkeit der Vollstreckungsmaßnahme
1.Zulässigkeit des Zwangs (§ 50 Abs. 1 PolG NRW)
a)Vollstreckbare Grundverfügung
aa)Wirksamkeit
–ordnungsgemäße Bekanntgabe, § 43 VwVfG NRW
–keine Nichtigkeit nach § 44 VwVfG NRW
bb)Inhaltliche Vollstreckbarkeit
–Befehlender Verwaltungsakt (Handeln/Dulden/Unterlassen)
cc)Formelle Vollstreckbarkeit
–Bestandskraft oder
–sofortige Vollziehbarkeit gem. § 80 Abs. 2 Nr. 2 VwGO
dd)Nichterfüllung der durch die Grundverfügung auferlegten Pflicht
b)Konnexitätsgrundsatz
2.Zulässigkeit des Zwangsmittels (§ 51 PolG NRW)
a)Ersatzvornahme (§ 52 PolG NRW)
b)Zwangsgeld (§ 53 PolG NRW)
c)Unmittelbarer Zwang (§§ 55, 58 PolG NRW)
3.Art und Weise der Zwangsanwendung
a)Ersatzvornahme, § 56 PolG NRW, unter Hinweis auf Kostenmitteilung
b)Zwangsgeld, § 56 PolG NRW, Androhung in bestimmter Höhe;
Festsetzung, § 53 Abs. 1 und 2 PolG NRW
c)Unmittelbarer Zwang, § 61 PolG NRW
4.Bei Anlass: Besondere Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen
a)Fesselung (§ 62 PolG NRW)
b)Schusswaffengebrauch (§§ 63–65 PolG NRW)
5.Ermessen
6.Übermaßverbot
a)Geeignetheit
b)Erforderlichkeit
c)Verhältnismäßigkeit
IV. Ergebnis
§ 50 Abs. 1 PolG NRW beschreibt die polizeiliche Grundkonstellation von „Befehl und Zwang“. Das bedeutet, dass die Polizei nach Erkenntnis einer Gefahrenlage einen Verwaltungsakt (§ 35 Satz 1 VwVfG) erlässt, durch den der Adressat aufgefordert wird, durch zwecktaugliches Verhalten (= Tun, Dulden oder Unterlassen) die Gefahr abzuwehren.
Rechtsgrundlage der Verfügung ist regelmäßig eine Standardbefugnis oder die Generalklausel.67 Der sofortige Vollzug, § 50 Abs. 2 PolG NRW, enthält eine Ausnahme vom Grundsatz „Befehl und Zwang“. Die Vorschrift ermächtigt zur Anwendung von Zwangsmaßnahmen, ohne dass zunächst ein Verwaltungsakt („Befehl“) erlassen werden muss, der nicht befolgt wird. Dies ist aber nur gestattet, wenn der sofortige Vollzug „notwendig“ ist, um z. B. eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren (§ 50 Abs. 2 PolG NRW). Das heißt, nur wenn das gestreckte Verfahren nicht in Betracht kommt, etwa weil die Polizei im konkreten Fall besonders schnell handeln muss, um eine Gefahr abzuwehren, ist der sofortige Vollzug nach § 50 Abs. 2 PolG NRW zulässig. Das gestreckte Verfahren ist also der Regelfall, der sofortige Vollzug die Ausnahme.68 Die Zwangsmittel, die der Polizei zur Verfügung stehen, sind in § 51 Abs. 1 PolG NRW genannt. Das sind Ersatzvornahme, Zwangsgeld und unmittelbarer Zwang. Die Aufzählung ist abschließend. Die Ersatzzwangshaft (§ 54 PolG NRW) ist kein eigenes Zwangsmittel, sondern nur Verstärkung des Beugemittels Zwangsgeld.
Durch polizeiliche Zwangsmaßnahmen wird – je nach Fallgestaltung und Zwangsmittel neben dem (subsidiären) Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) – häufig in unterschiedliche besondere Freiheitsrechte eingegriffen, zu nennen sind vor allem
–Art. 2 Abs. 1 GG (Allgemeine Handlungsfreiheit, z. B. durch Festsetzung von Zwangsgeld)
–Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG (Körperliche Unversehrtheit, z. B. Anwendung unmittelbaren Zwangs)
–Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG (Recht auf Leben, z. B. durch „Finalen Rettungsschuss)
–Art. 13 Abs. 1 GG (Unverletzlichkeit der Wohnung, z. B. durch Eindringen in Wohnung)
–Art. 14 GG (Ersatzvornahme, z. B. durch Abschleppen eines Fahrzeugs, Schusswaffengebrauch gegen Sachen).
Nach Darlegung des Grundrechtseingriffs und der Zielrichtung (Verweis auf Grundmaßnahme) ist die Ermächtigungsgrundlage festzulegen. In Betracht kommt § 50 Abs. 1 PolG NRW. Ob im konkreten Fall das eingesetzte Zwangsmittel als Ersatzvornahme (§ 52 PolG NRW), Zwangsgeld (§ 53 PolG NRW) oder unmittelbarer Zwang (§§ 55, 57 ff. PolG NRW) zu bewerten ist, muss an dieser Stelle noch nicht entschieden werden.
Es gilt der Grundsatz, dass diejenige Behörde für die Anwendung von Zwangsmitteln zuständig ist, die die zu vollstreckende Grundverfügung erlassen hat (Prinzip der Selbstvollstreckung). Für die Vollstreckung nach dem VwVG NRW, das für die Polizei nicht einschlägig ist, ist dieser Grundsatz in § 56 VwVG NRW geregelt: Ein Verwaltungsakt wird von der Behörde vollzogen, die ihn erlassen hat.
In der Klausur ist es vertretbar, zur Begründung der sachlichen Zuständigkeit „nach oben“ auf die vorgängige Prüfung der Grundverfügung zu verweisen.
Wenn die Polizei zum Erlass der Grundverfügung sachlich zuständig war, dann ist sie nach dem Grundsatz der Selbstvollstreckung auch für die zwangsweise Durchsetzung der Maßnahme zuständig. Es reicht also aus, wenn kurz und bündig festgestellt wird, dass die Polizei sachlich zuständig ist, da sie den Grundverwaltungsakt erlassen hat, der vollstreckt wird. Ob man dies mit § 50 Abs. 1 PolG NRW belegt, mit § 56 VwVG NRW analog69 oder durch die allgemeinen Zuständigkeitsregelungen zum Grundverwaltungsakt („Verweis auf oben“), spielt letztlich keine Rolle.70
Zu erörtern ist, ob eine Anhörung nach § 28 Abs. 1 VwVfG NRW zu erfolgen hat. Dies ist dann der Fall, wenn die Anwendung des Zwangsmittels einen Verwaltungsakt i. S. des § 35 Satz 1 VwVfG NRW darstellt. Nach mittlerweile überwiegender Auffassung haben Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges und die Ersatzvornahme regelmäßig (mangels Regelungswirkung) keine Verwaltungsaktsqualität. Es wird kein Gebot ausgesprochen, welches der Betroffene zu befolgen hätte. Vielmehr wird die Behörde ohne Weiteres zu einem selbstständigen Tätigwerden befugt. Unmittelbarer Zwang und Ersatzvornahme sind Realakte, so dass § 28 VwVfG NRW nicht anwendbar ist (§§ 9, 28 Abs. 1 VwVfG NRW) und nicht angehört werden muss. Demgegenüber wurde früher die Verwaltungsaktsqualität von Ersatzvornahme bzw. unmittelbarem Zwang bejaht, da der Zwangsmaßnahme stets eine unausgesprochene „konkludente Duldungsverfügung“ innewohne.71 Dann wäre grundsätzlich eine Anhörung des Betroffenen nach § 28 Abs. 1 VwVfG NRW erforderlich, kann aber wiederum wegen § 28 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG NRW unterbleiben. Auch diese Ansicht ist vertretbar (wenn auch überflüssig und reichlich absurd): „Denn dann müsste man z. B. behaupten, dass der Schlag des Polizisten mit dem Gummiknüppel den unausgesprochenen Befehl enthielte, diesen Schlag zu erdulden …“72.
Bei der Anwendung von Zwangsmitteln entfällt die Anhörung.
Es können nur (befehlende) Verwaltungsakte (sog. Grundverfügungen) vollstreckt werden. Die entsprechende Polizeiverfügung muss einen vollstreckbaren Inhalt haben („ … auf ein Tun, Dulden oder Unterlassen gerichtet“).
Im Rahmen des gestreckten Verfahrens sind alle Schritte des Verwaltungszwanges einzuhalten. Grundlegend hierfür ist das Vorliegen einer wirksamen und vollstreckbaren Grundverfügung. Dabei muss der VA auf ein Handeln, Dulden oder Unterlassen des Polizeipflichtigen gerichtet sein:73
Handlung: „Halt Polizei! Legen Sie das Messer auf den Boden.“
Duldung: „Wir werden Sie jetzt durchsuchen.“
Unterlassung: „Unterlassen Sie den Angriff.“
Voraussetzung ist, dass die Grundverfügung wirksam erlassen wurde. Unwirksame Verwaltungsakte sind nicht-existent und können deshalb auch nicht mit Zwang durchgesetzt werden. Ein Verwaltungsakt ist wirksam, wenn er bekannt gegeben wurde (§ 43 VwVfG NRW) und nicht an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet, also nicht nichtig i. S. des § 44 VwVfG NRW ist. Allein aus der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes darf nicht auf seine Nichtigkeit geschlossen werden. Nichtigkeit darf nicht mit Rechtswidrigkeit verwechselt werden. Rechtswidrige Grundverfügungen sind wirksam und können vollstreckt werden. Nur bei besonders schweren Fehlern i. S. des § 44 VwVfG NRW ist eine Verfügung nichtig und damit unwirksam.74
Hierauf ist in einer Klausur nur dann einzugehen, wenn diesbezüglich Probleme bestehen sollten, was kaum jemals der Fall sein wird.
Die Grundverfügung muss formell vollstreckbar sein. Entsprechend § 50 Abs. 1 PolG NRW kann ein Verwaltungsakt vollstreckt werden, wenn er „unanfechtbar ist oder wenn ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat“. Unanfechtbar ist ein Verwaltungsakt erst nach Ablauf der Rechtsbehelfsfristen (Bestandskraft des Verwaltungsaktes) bzw. mit der letztinstanzlichen gerichtlichen Entscheidung (Rechtskraft). Dieser Fall hat in der vollzugspolizeilichen Praxis wegen der meist besonderen Eilbedürftigkeit der Gefahrenabwehr regelmäßig wenig Relevanz und kommt etwa in Betracht im Falle von sog. Aufenthaltsverboten (§ 34 Abs. 2 PolG NRW).75
Praxis- und klausurrelevant ist das Entfallen der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels. Zwar haben nach § 80 Abs. 1 VwGO Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung (Suspensiveffekt).76 Die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen entfällt in den Fällen des § 80 Abs. 2 VwGO.
§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO enthält für die typischen Maßnahmen des Polizeivollzugsdienstes eine maßgebliche Regelung: Bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten haben Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung. „Unaufschiebbar“ im Sinne der Vorschrift sind stets eilbedürftige Gefahrenabwehrmaßnahmen. Ein Abwarten würde den Erfolg der Maßnahme gefährden bzw. vereiteln.77 Dies ist beim Handeln der Vollzugspolizei regelmäßig der Fall. Weiterhin kann die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes durch die erlassende Behörde (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO: bei überwiegendem öffentlichen Interesse) angeordnet werden. Diese Alternative ist grundsätzlich dann einschlägig, wenn die Polizei einen schriftlichen Verwaltungsakt erlässt, der vollstreckt werden soll. Denn hier ist § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO („unaufschiebbare Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten) regelmäßig nicht einschlägig.78
Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass die Vollstreckung nur dann rechtmäßig sei, wenn auch die Grundverfügung selbst rechtmäßig ist (Grundsatz der Konnexität von Grundverfügung und Zwangsanwendung).79 Andererseits wird eine strikte Trennung zwischen Primärebene (Grundverfügung zur Gefahrenabwehr) und Sekundärebene (zwangsweise Durchsetzung) vorgenommen. Dieser Auffassung folgend ist eine Vollstreckungsmaßnahme auch dann rechtmäßig, wenn sich die sofort vollziehbare Grundverfügung (nachträglich) als rechtswidrig erweist.80 Hierfür spricht einerseits der Wortlaut von § 50 Abs. 1 PolG NRW. Der Gesetzgeber hat eine solche Voraussetzung in Abs. 1 im Gegensatz zu § 50 Abs. 2 PolG NRW nicht normiert. Dort wird als Vollstreckungsvoraussetzung (im Gegensatz zum Sofortvollzug nach § 50 Abs. 2 PolG NRW) nur gefordert, dass „ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat“, die Grundverfügung also sofort vollziehbar ist.
Wenn in einer Klausur die Rechtmäßigkeit der Grundmaßnahme vorab geprüft wurde und als rechtmäßig begutachtet wurde, ist auf die Frage der Konnexität bei der nachfolgenden Prüfung der Zwangsmaßnahme nicht einzugehen. Kommt man dagegen zu dem Ergebnis, dass die Grundmaßnahme rechtswidrig war, ist bei der Zwangsprüfung auf den Konnexitätsgrundsatz einzugehen. Gleichwohl kann (trotz rechtswidriger Grundmaßnahme) die Zwangsmaßnahme rechtmäßig sein. Wird in einer Klausur ausschließlich nach der Rechtmäßigkeit der Zwangsmaßnahme gefragt (ohne dass die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung vorab zu prüfen ist), ist auf die Frage der Konnexität einzugehen.
Zwangsmittel sind in § 51 Abs. 1 PolG NRW genannt. Falls unmittelbarer Zwang angewendet wird, ist die genaue Form des unmittelbaren Zwanges darzulegen (gegen Sachen oder Personen; mit Hilfsmitteln, Waffen usw.). Probleme kann die Abgrenzung zwischen Ersatzvornahme und unmittelbarem Zwang gegen Sachen bereiten, etwa im Falle des Aufbrechens einer Tür. Die Abgrenzung bereitet Schwierigkeiten, weil sich die Ersatzvornahme bei Einwirkung auf eine Sache ihrem äußeren Erscheinungsbild nach häufig nicht vom unmittelbaren Zwang unterscheidet. Bei der Abgrenzung zwischen Ersatzvornahme und unmittelbarem Zwang gegen Sachen ist nach hier vertretener Ansicht danach abzustellen, ob der Gefahrenabwehrzweck durch die Zwangsmaßnahme unmittelbar erreicht wird (dann Ersatzvornahme) oder die Einwirkung auf eine Sache den Erfolg nur mittelbar (im Sinne einer Beugefunktion) herbeiführen soll (dann unmittelbarer Zwang gegen Sachen).81 Danach liegt im Falle des Eintretens einer Tür unmittelbarer Zwang gegen Sachen vor. Denn Gefahrenabwehrzweck ist hier die Abwehr einer Gefahr in der Wohnung. Dieser Zweck wird durch das Einschlagen der Tür nicht erreicht. Das Einschlagen der Tür ermöglicht erst die eigentlich intendierten Gefahrenabwehrmaßnahmen. Zudem kann von einer Ersatzvornahme nur dann ausgegangen werden, wenn das polizeiliche Tätigwerden mit der vom Pflichtigen vorzunehmenden Handlung identisch ist. Ist dies nicht der Fall, sind die Vorschriften über den unmittelbaren Zwang einschlägig.82 Im Falle des Eintretens einer Tür sind diese Handlungen nicht identisch, wenn dem Pflichtigen zuvor aufgegeben wurde, die Tür zu öffnen. Zwar ließe sich argumentieren, dass eine polizeiliche Gebotsverfügung, die einen Wohnungsinhaber zum Öffnen der Tür verpflichtet, die Art und Weise des Türöffnens regelmäßig nicht vorgibt. Gegen eine solche Sichtweise spricht jedoch, dass vom Pflichtigen grundsätzlich nicht das Aufbrechen seiner eigenen Tür verlangt werden darf, weil eine solche Verfügung unverhältnismäßig wäre. Die Polizei nimmt mithin keine dem Wohnungsinhaber obliegende Handlung vor. Insofern ist im Fall des Eintretens einer Wohnungstür von unmittelbarem Zwang auszugehen.83
Jede Art von Zwang ist vor Anwendung grundsätzlich anzudrohen (§ 56 PolG NRW). Zwangsgeld und Ersatzvornahme sind möglichst schriftlich anzudrohen (§ 56 Abs. 1 Satz 1 PolG NRW). Die Androhung beim unmittelbaren Zwang (§ 61 Abs. 1 Satz 1 PolG NRW ist lex specialis zu § 56 PolG NRW) kann hingegen in jeder geeigneten Form erfolgen, z. B. auch mittels „Warnschuss“). Wann von der Androhung abgesehen werden kann, regeln § 56 Abs. 1 Satz 3 PolG NRW und § 61 Abs. 1 Satz 2 PolG NRW. Danach ist eine Androhung entbehrlich, wenn „die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig ist“.
In Betracht kommen Fesselung nach § 62 PolG NRW (unmittelbarer Zwang durch Hilfsmittel körperlicher Gewalt) und Schusswaffengebrauch gem. §§ 63 ff. PolG NRW (unmittelbarer Zwang durch Waffeneinsatz).
Die Anwendung unmittelbaren Zwanges ist in ganz besonderem Maße vom verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geprägt; der Schusswaffengebrauch ist dabei das letzte und äußerste Mittel des unmittelbaren Zwanges. Für den Schusswaffengebrauch gelten gegenüber sonstigen Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs erhöhte Anforderungen (§§ 63 ff. PolG NRW).84
Ermessen und Verhältnismäßigkeit sind nach den allgemeinen Vorschriften zu prüfen. Während die Prüfung des Ermessens in Klausuren regelmäßig sehr knapp erfolgen kann („Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.“), muss die Verhältnismäßigkeit von polizeilichen Zwangsmaßnahmen meist ausführlicher geprüft werden, insbesondere bei der grundrechtsintensiven Anwendung unmittelbaren Zwanges. Es ist zu klären, ob das Zwangsmittel das mildeste zur Verfügung stehende wirksame Mittel war. Dabei gilt grundsätzlich, dass das Zwangsgeld das mildeste Zwangsmittel ist, gefolgt von der Ersatzvornahme und dem unmittelbaren Zwang. Wurde unmittelbarer Zwang angewandt, muss bei der Erforderlichkeit nicht mehr geprüft werden, ob andere mildere Zwangsmittel hätten angewandt werden können. Denn das wurde vorab schon mit § 55 Abs. 1 PolG NRW geprüft. Somit ist nur bei der Ersatzvornahme zu prüfen, ob alternativ ein Zwangsgeld in Betracht gekommen wäre. Überdies ist zu prüfen, ob innerhalb des konkreten Zwangsmitteleinsatzes eine mildere Maßnahme in Betracht gekommen wäre. Ausführungen hierzu sind regelmäßig bei der Anwendung von unmittelbarem Zwang erforderlich.
I. Ermächtigungsgrundlage
Nach dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes bedarf es bei einem Grundrechtseingriff einer Ermächtigungsgrundlage, welche auf ein verfassungsmäßiges Gesetz zurückzuführen ist.
1.Grundrechtseingriff
2.Zielrichtung
3.Ermächtigungsgrundlage
II. Formelle Rechtmäßigkeit der Vollstreckungsmaßnahmen
1.Zuständigkeit
2.Verfahren
–Anhörung entfällt (Ersatzvornahme/unmittelbarer Zwang sind Realakte)
–bei a. A. Anhörung entbehrlich, § 28 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG
III. Materielle Rechtmäßigkeit der Vollstreckungsmaßnahme
1.Zulässigkeit des Zwangs (§ 50 Abs. 2 PolG NRW)
a)gegenwärtige Gefahr
b)Notwendigkeit des Sofortvollzugs
c)Handeln innerhalb der Befugnisse
–Inzidentprüfung der fiktiven Grundverfügung (hypothetischer VA)
aa)Rechtsgrundlage
bb)Materielle Rechtmäßigkeit
2.Zulässigkeit des Zwangsmittels (§ 51 PolG NRW)
a)Ersatzvornahme (§ 52 PolG NRW)
b)Unmittelbarer Zwang (§§ 55, 58 PolG NRW)
3.Art und Weise der Zwangsanwendung
a)Androhung (§§ 51 Abs. 2, 56, 61 PolG NRW)
b)Bei Zwangsgeld: Festsetzung, § 53 Abs. 1 und 2 PolG NRW
4.Bei Anlass: Besondere Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen
a)Fesselung (§ 62 PolG NRW)
b)Schusswaffengebrauch (§§ 63–65 PolG NRW)
5.Ermessen
6.Übermaßverbot
a)Geeignetheit
b)Erforderlichkeit
c)Verhältnismäßigkeit
IV.Ergebnis
In Betracht kommt § 50 Abs. 2 PolG NRW (Sofortvollzug).
Bei Prüfung der sachlichen Zuständigkeit gilt der Grundsatz, dass diejenige Behörde für die Anwendung von Zwangsmitteln zuständig ist, die die zu vollstreckende Grundverfügung erlassen hat (§ 50 Abs. 2 PolG NRW, § 56 VwVG analog). Nachdem im Sofortvollzug eine solche fehlt, ist auf die hypothetische Grundverfügung abzustellen und die sachliche Zuständigkeit der Polizei zu deren Erlass kurz festzustellen.
Dabei sollte die hypothetische Grundverfügung stets exakt benannt werden (z. B. „Unterlassen Sie den Angriff“).
Neben dem Fehlen einer Grundverfügung setzt ein Vorgehen im Wege des Sofortvollzugs nach § 50 Abs. 2 PolG NRW voraus, dass dieses zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig ist und die Polizei hierbei innerhalb ihrer Befugnisse handelt.
Zur Abwendung einer gegenwärtigen Gefahr (womit die besondere Eilbedürftigkeit beim Handeln mittels Sofortvollzugs beschrieben wird) muss der Sofortvollzug – also die Zwangsanwendung ohne vorausgehenden Verwaltungsakt – notwendig sein. Eine solche Notwendigkeit liegt vor, wenn der Zeitraum zwischen der Feststellung der gegenwärtigen Gefahr und dem voraussichtlichen Schadenseintritt so gering ist, dass die Durchführung des gestreckten Verfahrens den Erfolg des Zwangsmittels unmöglich machen oder wesentlich beeinträchtigen würde.86 Die Notwendigkeit ergibt sich somit regelmäßig daraus, dass bis zur möglichen Ausführung der Abwehrmaßnahme ein gestrecktes Verfahren nicht abgewartet werden kann, da der Schaden kurzfristig einzutreten droht.87
Die Polizei muss „innerhalb ihrer Befugnisse“ handeln. Im Gegensatz zum gestreckten Verfahren ist der Konnexitätsgrundsatz hier also gesetzlich angeordnet. Eine Vollstreckung im Wege des sofortigen Vollzugs ist deshalb nur dann rechtmäßig, wenn eine entsprechende Grundverfügung – würde sie tatsächlich ergehen – auch rechtmäßig wäre. Es müssen also stets die Voraussetzungen für eine mittels Sofortvollzugs durchgesetzte „fiktive Grundverfügung“ (hypothetischer Verwaltungsakt) vorliegen.
Anders als teilweise vorgeschlagen88 ist dabei ausschließlich zur materiellen Rechtmäßigkeit der gedachten Grundverfügung Stellung zu nehmen. Auf deren formelle Rechtmäßigkeit ist nicht einzugehen.
Denn die Zuständigkeit der Polizei zum Erlass der fiktiven Grundverfügung wurde bereits bei der Zuständigkeit zur Zwangsanwendung bejaht. Ausführungen zu etwaigen allgemeinen Form- und Verfahrensvorschriften (z. B. Anhörung oder ein etwaiges Schriftformerfordernis) sind indes bei der Prüfung einer Verfügung, die nicht ergangen ist, überflüssig und ergeben keinen Sinn.89
Da die Grundverfügung tatsächlich nicht ausgesprochen wurde, also nur „gedacht“ ist, ist bei der Prüfung in der Klausur der Konjunktiv zu verwenden. Eine häufige Fehlerquelle liegt darin, dass bei der Inzidentprüfung der fiktiven Grundmaßnahme „der Überblick verloren geht“ und im Rahmen der Verhältnismäßigkeit nicht mehr allein auf die Grundmaßnahme abgestellt wird, sondern auch auf die Zwangsmaßnahme. Anzuraten ist daher eine klare, detaillierte Klausurgliederung unter Verwendung eindeutiger Überschriften.
Prüfung der Grundmaßnahme ist erfolgt
I. Ermächtigungsgrundlage
Nach dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes bedarf es bei einem Grundrechtseingriff einer Ermächtigungsgrundlage, welche auf ein verfassungsmäßiges Gesetz zurückzuführen ist.
1.Grundrechtseingriff
2.Zielrichtung
3.Ermächtigungsgrundlage (aus Grundmaßnahme, z. B. § 81a StPO i. V. m. §§ 57 ff. PolG NRW
II. Formelle Rechtmäßigkeit
Zuständigkeit (Verweis zur Grundmaßnahme)
III. Materielle Rechtmäßigkeit
1.Zulässigkeit des Zwangs
a)Die Eingriffsermächtigung der Grundmaßnahme enthält auch die Befugnis zum Zwang und der Anwendung des unmittelbaren Zwanges, wenn die durchzusetzende StPO-Maßnahme rechtmäßig ist
b)Rechtmäßigkeit der Grundmaßnahme
c)Grundmaßnahmen – Maßnahme wird nicht befolgt, da Adressat sich weigert
2.Zulässigkeit des Zwangsmittels
–Es kommt nur die Anwendung unmittelbaren Zwanges in Betracht
3.Art und Weise der Zwangsanwendung, §§ 57 ff. PolG NRW
–Androhung (§§ 57 Abs. 1 i. V. m. 61 PolG NRW)
4.Bei Anlass: Besondere Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen
a)Fesselung (§§ 57 Abs. 1 i. V. m. 62 PolG NRW)
b)Schusswaffengebrauch (§§ 57 Abs. 1 i. V. m. 63 ff. PolG NRW)
5.Ermessen
6.Übermaßverbot
a)Geeignetheit
b)Erforderlichkeit
c)Verhältnismäßigkeit
IV.Ergebnis
Die Prüfung der Rechtmäßigkeit einer strafprozessualen Zwangsmaßnahme im Sofortvollzug ist vorzunehmen wie Prüfung im gestreckten Verfahren, indes mit dem Unterschied, dass hier eine fiktive strafprozessuale Grundmaßnahme zu prüfen ist.
Im Strafprozessrecht ergibt sich nach h. M. das Recht zur Vollstreckung der Eingriffsmaßnahme aus der jeweiligen StPO-Befugnisnorm selbst.91 Dass z. B. bei Maßnahmen nach der StPO überhaupt auch Zwang zur Durchsetzung in Betracht kommt, ergibt sich vor allem aus praktischen Erwägungen. Nach überwiegender Auffassung schließen die Ermächtigungsnormen der StPO daher auch die Befugnis ein, (unmittelbaren) Zwang zur Durchsetzung bzw. Ermöglichung der Maßnahme einzusetzen (z. B. bei der Entnahme von Blutproben, §§ 81a StPO).92 Diese „großzügige“ Interpretation der StPO hat vor allem historische Gründe. Die StPO ist ein vorkonstitutionelles Gesetz aus dem Jahr 1877 und kann folglich nicht den Stand heutiger Vollstreckungsgesetze aufweisen.93 Bei repressiven Befugnissen gilt noch heute sinngemäß der Rechtszustand, wie er bereits in § 89 der Einleitung zum Preußischen Allgemeinen Landrecht formuliert war: Wem die Gesetze ein Recht geben, dem bewilligen sie auch die Mittel, ohne welche dasselbe nicht ausgeübt werden kann“.94
Die sachliche Zuständigkeit der Polizei für die Zwangsmaßnahme ergibt sich aus deren Zuständigkeit für die (ggf. fiktive) StPO-Grundmaßnahme nach § 163 Abs. 1 Satz 1 StPO (i. V. m. § 1 Abs. 4 PolG NRW95). Die instanzielle Zuständigkeit folgt aus § 11 Abs. 1 Nr. 2 POG NRW, die örtliche aus § 7 POG NRW.
Die StPO enthält keine expliziten Befugnisse zur Zulässigkeit der Zwangsanwendung. Aus einer Interpretation der jeweils durchzusetzenden strafprozessualen Grundmaßnahme ergibt sich aber der Grundsatz, dass dieser die ungeschriebene Ermächtigung immanent ist, die aus ihr folgenden Duldungspflichten mittels unmittelbaren Zwangs durchzusetzen; vorausgesetzt, die StPO-Grundverfügung war rechtmäßig.96 Die Zulässigkeit der Zwangsanwendung wird auch aus einem Umkehrschluss aus § 81c Abs. 6 StPO hergeleitet: Wenn eine Zwangsanwendung im Einzelfall schon gegen Zeugen möglich ist, so muss diese auch bei einem Tatverdächtigen oder Beschuldigten möglich sein.97
Zulässigkeit des Zwangsmittels
Polizeiliche Strafverfolgungsmaßnahmen erlegen dem Betroffenen ausschließlich Duldungspflichten auf. Handlungspflichten begründen polizeiliche Strafverfolgungsmaßnahmen nicht, da niemand an seiner eigenen Strafverfolgung mitzuwirken braucht. Somit kommt als Zwangsmittel ausschließlich unmittelbarer Zwang in Betracht. Auch aus gesetzessystematischen Gründen kommt eine Ersatzvornahme (§ 52 PolG NRW) respektive Zwangsgeld (§ 53 PolG NRW) nicht in Betracht, wie sich (indirekt) aus § 57 Abs. 1 PolG NRW ergibt („… gelten für die Art und Weise der Anwendung die §§ 58–66 …“).
Über die Art und Weise der Anwendung von unmittelbarem Zwang enthält die StPO (mit Ausnahme von § 119 Abs. 5 StPO: Fesselung in der Untersuchungshaft) keine Regelungen. Über die Brückennorm des § 57 Abs. 1 PolG NRW gelten die §§ 58–66 PolG NRW.