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Schräg ins Leben gebaut sind sie alle: Eine reiche, weltberühmte Schönheit lädt einen völlig unbekannten Mann in ihre Villa nach Andalusien ein, doch der Aufenthalt entwickelt sich ganz anders als erhofft; ein Schriftsteller wird von seinem neuen Nachbarn erpreßt und muß sich dessen "geniale Idee" für eine Geschichte anhören; jemand stellt entsetzt fest, daß eigentlich schon alles gesagt worden ist und erfindet ein Überhörgerät; und in ungeheurer satirischer Überspitzung muß ein Mann namens Martin die Beerdigung seiner Frau organisieren, unterstützt vom Sarghändler Gernot, auf dessen Schaufenster schon der passende Werbeslogan steht: 'Bei uns liegen Sie richtig'. In den neuen Geschichten von Markus Orths geht es um verrückte Fluchtversuche, um gewagte Auf- und Ausbrüche. Es geht um unser Leben, das wir so oft aufschieben und in eine ferne Zeit verlegen. Oder um die Chance, es endlich entschlossen am Schopf zu packen, auch wenn man nie weiß, was geschehen wird. Genau wie in diesen Erzählungen: Jede von ihnen birgt eine Überraschung, das ganze Buch ist eine Wundertüte: skurril, hintersinnig, berührend oder voller Humor - Markus Orths beherrscht jede Tonlage. Ungemein fesselnde, von irren Drehbuchideen getragene Geschichten vom Autor des Bestsellers LEHRERZIMMER.
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Seitenzahl: 153
Inhalt
[Cover]
Titel
Fluchtversuche
Kleine Welt
Vom Töten
Konrad spricht
Das Diktat
Kruft und Schill
Familienbande
Von einem, der aufhört
Das große O
Bei uns liegen Sie richtig
Die Scholl-Anekdote. Bonus-Track
Impressum
Kurzbeschreibung
Autorenporträt
Fluchtversuche
Kleine Welt
Es begann damit– und wenn ich Es sage, so meine ich all das, was dazu führte, dass ich nunmehr, mit knapp dreißig Jahren, in dieser Anstalt lebe, obwohl es mir ein Leichtes wäre, meine Entlassung zu bewirken, kann ich doch mit Fug und Recht behaupten, niemals zuvor in meinem Leben die Dinge in einem klareren Licht gesehen zu haben als zum jetzigen Zeitpunkt, doch ziehe ich diesen Ort allen anderen möglichen Orten vor, da man hier drinnen, wenn man nicht unbedingt will, keinem Menschen begegnet–, und es begann eben alles mit einer Begegnung gegen Ende meines Aufenthalts im Hochland von Chiapas, als plötzlich eine Maya-Frau auf mich zutrat und mir auffordernd ihre Hand entgegenstreckte, in die ich mechanisch ein Geldstück legte, während ich im selben Augenblick dachte: Die sieht ja aus wie die Obschruff. Das mag äußerst befremdlich klingen, umso mehr, wenn man weiß, dass es sich bei Frau Elisabeth Obschruff um meine schwäbische Nachbarin aus Hohenmemmingen handelt. Ich begriff zunächst überhaupt nicht, woher mir dieser Gedanke so plötzlich, sozusagen aus dem Nichts, zugefallen war: Die Obschruff, eine weißhäutige, bebrillte Landfrau mit dritten Zähnen– die Maya-Frau dagegen, eine gegerbte, schlitzäugige, zahnlose Bettlerin. Aber ich konnte mich gegen den nackten Gedanken nicht wehren, und als die Maya-Frau nun lachte, während sie sich, mein Geld in der Hand, fortdrehte– (kein höflich-nickendes Lachen übrigens, kein sich-bedankendes Lachen, eher ein Auslachen, ein meckerndes, zahnloses Auslachen, ganz so, als wäre ich der lächerlichste Mensch auf der Welt, weil ich einer bettelnden Frau ein paar Pesos gab)–, als sie also lachte, fragte ich mich, ob das Lachen der Maya-Frau nicht genauso klang wie das der Obschruff. Das Obschruffsche Lachen, ich erinnerte mich, war mir einmal entgegengetönt, als ich mit zwei leeren Mülltonnen an ihrem Fenster in Hohenmemmingen vorbeigepoltert war und die Obschruff wie üblich aufs Sims gestützt die Welt betrachtete, mich höflich grüßte, sodass ich zu ihr hinsah, nickte, irgendwo hängen blieb, stolperte, der Länge nach zu Boden fiel und die Mülltonnen mitriss, was so komisch ausgesehen haben muss, dass ich eben jenes Obschruffsche Lachen vernahm, wobei die Obschruff wohl vergessen hatte, sich am Morgen die Zähne ins Maul zu schieben.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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