FRRK! - Mein Alien und ich - Nicole Röndigs - E-Book
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FRRK! - Mein Alien und ich E-Book

Nicole Röndigs

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Beschreibung

Ein galaktisches Tentakelmonster wird Schüler der 5. Klasse

Tom hat es geschafft: Alle Jungs in seiner Klasse finden ihn cool, sogar der Supersportler Jonas. Da kracht Tom eines Tages ein rundliches Flugdings vor die Füße. Heraus wabbelt Frrk, ein glibberiger Außerirdischer, und bittet Tom, ihm bei der Reparatur seines Raumschiffs zu helfen. Die notwendige Salpetersäure wollen sie aus dem Chemielabor der Schule klauen. In seiner wahren Gestalt kann sich Frrk dort natürlich nicht blicken lassen. Also transformiert er sich in den Körper eines elfjährigen Kindes. Doch dabei passiert eine entsetzliche Katastrophe ... Eine irre witzige Geschichte über Jungs, Mädchen und andere seltsame Wesen – und über das, was echte Freundschaft ausmacht.

Spannende Abenteuer mit Frrk, dem coolsten Alien der Galaxis:

Alle drei Bände der Frrk-Reihe:

Frrk! Mein Alien und ich

Frrk! Mission Supermatsch

Frrk! Echsen-Alarm

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Seitenzahl: 174

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© 2020 cbj Kinder- und Jugendbuchverlag

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover

Umschlagkonzeption und -illustration: Zapf

Umschlagfertigstellung: Geviert

CK · Herstellung: AJ

Satz und Reproduktion: Uhl + Massopust, AalenISBN 978-3-641-25730-9V001www.cbj-verlag.de

1. Unheimliche Begegnung der glibberigen Art

Die Sache mit Frrk begann an einem nieseligen Mittwoch. Ich wartete gerade auf den Schulbus, als plötzlich ein eiförmiges Ding von der Größe eines VW-Golf durch die Wolken brach und mit Karacho im Wald hinter Wittlers Scheune einschlug.

Schon komisch, dass kein Mensch außer mir das Spektakel mitkriegte. Aber da, wo wir wohnen, ist wenig los. Außer unserem Haus gibt es bloß Weiden, Kühe und den Hof vom alten Wittler. Meine Mutter war unterwegs, meine Schwester Lilly in der Kita. Und der Wittler ist stocktaub.

Bis dahin war es ein ganz normaler Morgen gewesen. Ich war wie immer früh aufgestanden. Weil wir so weit draußen wohnen, muss ich schon um Viertel nach sieben den Schulbus kriegen. Beim Frühstück hatte ich mich mit Lilly gestritten, weil sie darauf bestanden hatte, sämtliche Strophen des „Prinzessin Pippifee“-Lieds abzusingen, und das auch noch mit vollem Mund. Lilly ist fünf. Alles an ihr ist rosa, sogar ihre Schnürsenkel. Sie redet von nichts anderem als von Prinzessin Pippifee, und wenn sie mal still ist, dann bestimmt nur, weil sie gerade einem Prinzessin-Pippifee-Hörspiel lauscht. Seit Monaten geht sie nicht mehr ohne ihre Feenflügel in die Kita. Eigentlich ist mir das total schnuppe. Nur leider hat sie die Flügel auch noch an, wenn sie mich nachmittags mit Mama von der Schule abholt. Und dann versucht sie auch noch, mich zur Begrüßung zu küssen! Nicht aus Geschwisterliebe, sondern aus purer Bosheit, weil sie genau weiß, dass die Jungs aus meiner Klasse zuschauen. „Hey, guckt mal, Tom knutscht mit ’ner Fee!“, schreien sie dann. Man muss vorsichtig sein mit so was. Wenn es zu oft vorkommt, verlieren die anderen den Respekt.

Trotzdem lief es vor diesem verrückten Mittwoch gut für mich in meiner Klasse. Die meisten meiner Mitschüler fanden mich cool, sogar Jonas Höppner. Jonas ist supersportlich, ein Mathe-As und trägt Turnschuhe, die mindestens fünfzig Euro mehr kosten als meine. Letztes Jahr hat er mich noch „Bauer“ genannt, weil meine Mutter einen Hof hat, und das auch noch in einem Ort, der Kuhstedt heißt. Er hat sogar behauptet, ich würde nach Mist riechen!

Zum Glück bin ich selber ziemlich sportlich. Außerdem kann ich ein paar gute Tricks auf dem Longboard. Was Jonas aber endgültig zum Schweigen gebracht hat: Ich habe sämtliche „Star Wars“-Filme gesehen! Er dagegen noch keinen einzigen. Seine Eltern sind Biologielehrer und lassen ihn immer nur Naturfilme gucken. Seit Kurzem waren wir sogar richtig gute Freunde, Jonas und ich. Jedenfalls gingen wir öfters zusammen Longboard fahren, und in den Pausen hing ich jeden Tag mit ihm und seinen Kumpels ab. Die paar Schmatzer von Lilly reichten also nicht, um meinen guten Ruf zu versauen. Da hätte ich schon selber mit Feenflügeln ankommen müssen.

Aber zurück zu dem Mittwochmorgen, an dem Frrk auftauchte und mit einem Schlag mein ganzes Leben auf den Kopf stellte. Ich stand also mit meinem Schulrucksack an der einsamen Bushaltestelle und starrte müde auf die Kuhweide jenseits der Landstraße. Die Luft war kühl und feucht, es roch nach Mist, ein paar Vögel zwitscherten. Und plötzlich, von einer Sekunde auf die andere, ging ein Wahnsinnsgetöse los: Erst blitzte und donnerte es wie bei einem Gewitter. Dann brach hoch über mir ein rundliches Ding aus den Wolken. Wild blinkend eierte es durch den grauen Himmel und sauste schließlich in einer steilen Abwärtskurve zu Boden: Krawumm!

All das dauerte nur einen winzigen Augenblick. Danach war es wieder still. Die Vögel sangen, die Kühe muhten. Aus Wittlers Wäldchen stieg Rauch auf, und mir klappte die Kinnlade runter.

Ich habe meiner Mutter schon tausendmal gesagt, dass ich ein Handy brauche. In diesem Fall war es aber echtes Glück, dass ich keins hatte. Sonst hätte ich wahrscheinlich die Polizei oder die Feuerwehr angerufen, was für Frrk vermutlich übel ausgegangen wäre. So aber rannte ich einfach los, dahin, wo es qualmte. Ich dachte, ein kleines Flugzeug wäre abgestürzt.

Ich sprintete über die Weide zu dem Wäldchen, kämpfte mich zwischen Büschen und Bäumen durch – und stand plötzlich vor dem qualmenden Ding. Es war oval und schillerte in allen Regenbogenfarben. Ein bisschen sah es aus wie ein riesiges, in Glanzpapier eingewickeltes Osterei. Fenster und Türen hatte es keine, ich konnte nirgends eine Öffnung entdecken. Eins war klar: Ein Flugzeug war das mit Sicherheit nicht.

Ich staunte noch, da fing das Ding auf einmal an, wie verrückt zu wackeln. Dabei produzierte es jede Menge weißen Qualm. Ich hustete und taumelte vor Schreck ein paar Schritte rückwärts. Das Ei sirrte und zischte. Dann öffnete sich in der Mitte plötzlich ein Spalt, wie bei einem Fahrstuhl. Heraus fiel grelles Licht. Geblendet hielt ich mir die Hände vor die Augen. Ich wollte weglaufen, aber aus irgendeinem Grund stand ich weiter wie angewurzelt da und plierte zwischen meinen Fingern in die gleißenden Strahlen. In der Öffnung erschien jetzt eine quallenartige Gestalt. Sie war grün und glänzte glibberig. Lange, dünne Tentakeln hingen von ihr herab.

Aus meinem Mund kam ein Schrei, der irgendwie nach Lilly klang: ein hohes, dünnes Quieken. Ich machte auf dem Absatz kehrt und rannte los! Viel zu spät natürlich, wie mir im selben Sekundenbruchteil klar wurde. Das Ding hatte mich hundertprozentig bemerkt, schließlich hatte ich direkt vor ihm gestanden. Panisch stolperte ich vorwärts. Von der Straße klang jetzt ein Motorengeräusch herüber. Der Schulbus! „Hilfe!“, brüllte ich. Aber da entfernte sich das Brummen schon wieder. Na klar, an der Haltestelle in Kuhstedt steigt außer mir nie jemand zu.

Mitten im Lauf spürte ich, wie sich etwas wie ein Lasso um meinen Fußknöchel legte. Ein Fangarm!, schoss es mir durch den Kopf. Kreischend fiel ich der Länge nach ins Laub, während das Wesen weiter auf mich zuwabbelte.

Ich brüllte und zappelte aus Leibeskräften, als das Glibberding sich über mich beugte. „Woas schreist’n so, Bua? I will di nix dun. I komm in Friad’n, soz’sogn!“

Abrupt verstummte ich und glotzte es groß an. „Hä?“, brachte ich heraus.

Das Wesen starrte aus einem halben Dutzend Augen genauso verständnislos zurück.

„Wie bitte?“, schob ich mit Zitterstimme hinterher.

Der Grüne wabbelte verwirrt. „Jo, bin i do ned in Deitschland?“

Seine Stimme klang ein bisschen, als würde jemand mit einem Strohhalm in Milch blubbern. Sie schien tief aus seinem schleimigen Leib zu kommen. Einen richtigen Mund hatte er jedenfalls nicht und scheinbar auch keine Nase. „Doch“, antwortete ich vorsichtig und schielte nach dem Tentakel, der immer noch meinen Knöchel umklammerte. „Aber du bist in Norddeutschland. Nicht in Bayern.“

Es fühlte sich komisch an, das Wesen zu duzen. Aber zu einem Außerirdischen „Sie“ zu sagen, wäre mir noch schräger vorgekommen. Denn mit einem Außerirdischen hatte ich es hier ja wohl eindeutig zu tun. „Kruzifixtürk’n!“, fluchte der Schleimkloß. Es zog einen eckigen Kasten hervor, der wie eine zu groß geratene Fernbedienung aussah, und drückte eine Weile hektisch darauf herum. „Verzeihung, mein Computer hatte mir die falsche Sprachsoftware heruntergeladen“, sagte er dann in perfektem Hochdeutsch. „Ist es so besser?“

Ich nickte. „Viel besser. Aber könntest du bitte meinen Fuß loslassen? Ich hab schon Ameisenlaufen!“

„Pardon!“, sagte er höflich und zog seinen Fangarm zurück.

Ich seufzte erleichtert. Was immer das war, es schien nicht besonders bösartig zu sein. Der Grüne hielt mir einen seiner vielen Arme unter die Nase: „Gestatten, Frrk.“

„Äh, wie bitte?“, fragte ich schon wieder, während ich mich aufrappelte und mir das Laub von der Jacke klopfte.

„Frrk!“, machte er noch einmal.

„Was soll das heißen, Frrk?“

„Das ist mein Name“, erklärte er geduldig. „Ich heiße Frrk.“

„Ach so. Das klingt … ein bisschen seltsam für mich. Wie ein kaputtes Radio oder so. Wir Leute von der Erde, also wir Menschen, haben ganz andere Namen. Ich heiße zum Beispiel Tom.“

„Tom“, wiederholte Frrk. „Das klingt, als wenn etwas Großes zu Boden fällt.“ Immer noch hielt er mir einen Arm vors Gesicht. Ich begriff, dass er von mir erwartete, ihn zu schütteln. Ich überwand mich und packte zu. Sein Tentakel war klebrig, aber überraschend warm.

Wir schwiegen eine Weile und betrachteten einander. Frrk war ungefähr so groß wie ich. Ab und an tropfte etwas Schleim von seinen insgesamt acht Fangarmen ins Laub hinunter. Wie gesagt hatte er keine Nase, dafür aber sechs Glupschaugen in seinem runden Kopf, die alle in verschiedene Richtungen guckten, wie bei einem Chamäleon. Beine hatte er auch nicht. Dafür eine Art Stiel, ungefähr wie ein Pilz, auf dem er wie eine Schnecke dahinglitt. Frrk bestaunte mich übrigens nicht weniger neugierig. Wahrscheinlich sah ich für ihn genauso komisch aus wie er für mich.

„Du bist abgestürzt, oder?“, fragte ich schließlich. „Ist dein Raumschiff kaputt?“

Frrk nickte. „Ja, es ist kaputt“, antwortete er sachlich. „Der Gammakompensator ist ausgelaufen.“

„Kannst du es reparieren?“, fragte ich.

Frrk nickte noch mal. „Ja. Ich brauche Salpetersäure für den Gammakompensator. Hast du Salpetersäure?“

Ich blies die Backen auf und zog die Schultern hoch. „Tut mir leid. Salpetersäure gehört nicht zu den Sachen, die ich ständig mit mir rumschleppe.“

Frrk grunzte etwas Unverständliches und sah jetzt irgendwie verzweifelt aus – so weit man das von jemandem, der kein Gesicht hat, überhaupt sagen kann. „Ohne Salpetersäure geht der Kompensator nicht“, blubberte er. „Ohne Kompensator geht das Raumschiff nicht. Ohne Raumschiff kann ich nicht nach Hause.“

Eigentlich wollte ich ihn unbedingt fragen, wo dieses Zuhause war und ob da alle grün und wabbelig aussahen und seltsame Namen hatten. Aber plötzlich hörte ich nicht weit weg einen Hund bellen und bekam einen Schreck. Was, wenn noch jemand mitgekriegt hatte, wie Frrk in den Wald gekracht war? Ich hatte mal einen Film gesehen, in dem gemeine Wissenschaftler einen Außerirdischen in ein Labor sperrten und mit Experimenten quälten. Das konnte ich auf keinen Fall zulassen! Schließlich hatte ich Frrk gefunden und war gewissermaßen für ihn verantwortlich.

„Vielleicht kann ich dir doch helfen“, sagte ich schnell. „Aber erst mal müssen wir hier dringend abhauen. Am besten, du kommst mit zu mir nach Hause.“

2. Die Verwandlung

Wir versteckten Frrks Raumschiff unter Laub und Tannenzweigen. Davon gab es in Wittlers Wald zum Glück jede Menge. Die meiste Arbeit musste ich erledigen, weil Frrk mit trockenen Blättern zu kämpfen hatte, die an seinem Schleim festklebten. Als wir fertig waren, sah das verbuddelte Raumschiff aus wie ein sehr, sehr großer Ameisenhügel und Frrk auch. Ich beschloss, die Blätter an ihm dranzulassen, schließlich brauchte er dringend eine Tarnung. Unser Hof war nur 500 Meter von der Absturzstelle entfernt. Aber wenn man mit einem knallgrünen, tentakelbehängten Außerirdischen kein Aufsehen erregen will, sind 500 Meter ein verdammt weiter Weg. Bei uns in Kuhstedt ist zwar nicht viel los. Aber Autos fahren schon ab und zu vorbei.

Die Blätter reichten natürlich nicht, um Frrk unauffällig aussehen zu lassen, aber wenigstens deckten sie sein grelles Grün ein bisschen ab. Dazu hängte ich ihm noch meine Jacke über den Kopf. Tatsächlich verhüllte sie ihn größtenteils, nur sein Stiel guckte unten raus. Wir machten uns auf den Weg über die Wiese. Frrk schleimte neben mir her und schielte dabei mit seinen vielen Augen interessiert unter der Jacke hervor. Aber als wir an ein paar Kühen vorbeikamen, die gemächlich vor sich hin grasten, erstarrte er und gab einen ängstlich klingenden Pfeifton von sich.

„Die fressen nur Gras und Heu“, beruhigte ich ihn. Aber Frrk stand da, als hätte sein Schleimfuß Wurzeln geschlagen und machte weiter Pfeiflaute. „Komm schon, wir müssen hier weg“, drängelte ich. Als er sich immer noch nicht rührte, packte ich ihn an einem Tentakel und zerrte ihn weiter.

Schließlich waren wir schon fast an der Straße, es konnte jederzeit ein Auto kommen. Schon meinte ich, in einiger Entfernung einen Motor zu hören. „Bleib dicht bei mir und benimm dich möglichst unauffällig“, ermahnte ich Frrk.

Frrk hörte auf zu pfeifen und bemühte sich, mit seinem einen Fuß genauso dahinzustapfen wie ich. Es sah aus, als würde er Sack hüpfen. Das Auto kam näher. Als es direkt neben uns war, verringerte es abrupt die Geschwindigkeit. Ich konnte das erstaunte Gesicht des Mannes hinter dem Steuer sehen, der mit großen Augen Frrk anstarrte. Wumm-wumm-wumm, hämmerte mein Herz. Doch dann beschleunigte der Wagen wieder und zog an uns vorbei. Typisch Erwachsene: Der Fahrer hatte es wahrscheinlich zu eilig, um sich lange zu wundern.

Die letzten Meter bis zu unserer Haustür schafften wir tatsächlich ohne Zwischenfälle. Meine Mutter war zu einer Traktorenmesse in die Stadt gefahren und Lilly wie gesagt in der Kita. Und meinen Vater sah ich sowieso nur alle zwei Wochen. Er hatte vor anderthalb Jahren plötzlich die Nase voll gehabt vom Bauersein und war nach Hamburg gezogen, wo er jetzt einen stinklangweiligen Job bei der Landwirtschaftsbehörde hatte. Und eine neue Freundin. Meine Mutter schmiss den Hof seitdem alleine und hatte schon deswegen nicht viel Zeit, im Haus herumzuhocken. Frrk und ich hatten also einige Stunden für uns allein. Zeit genug, um ein Versteck für ihn zu finden.

„Uff!“, machte ich erleichtert, als ich endlich die Tür meines Zimmers hinter uns zumachte. Frrk pflückte Blätter von seinem Leib und guckte sich neugierig um. Mir fiel der Film E.T. ein, in dem ein Junge einen Außerirdischen findet. Er versteckt ihn in seinem Schrank und gibt ihm M&Ms zu essen. Ich dachte an die Rolle Smarties, die im Küchenschrank rumlag – vielleicht gingen die auch?

„Hast du Hunger?“, fragte ich.

Frrk guckte interessiert. „Schon. Was hast du denn?“

Ich holte die Smarties und schüttete ein paar davon auf meinen Schreibtisch.

Frrk begutachtete sie und machte ein angewidertes Geräusch. „Nein, vielen Dank! Tmllper essen keine toten Nahrungsmittel. Wir essen nur lebende Proteine in mundgerechten Portionen.“

„Lebende – was!?“

„Proteine. So wie das da. Es hat genau die richtige Größe für meinen Geschmack!“ Er zeigte auf eine kleine Spinne, die arglos die Wand über meinem Bett hochkrabbelte.

„Wääh!“, machte ich. „Die würdest du essen? Lebendig?“

„Sie sieht schmackhaft aus“, antwortete Frrk. „Aber wenn du es ekelhaft findest, werde ich mich beherrschen.“

„Danke!“, sagte ich und meinte es ehrlich. Andererseits, was hatte ich erwartet? Dass sie sich da draußen im Weltraum Pizzas machten?

„Wie heißt noch mal dein Planet?“, fragte ich, auch um das Thema zu wechseln.

„Tmllp.“

„Okaaay“, sagte ich gedehnt. „Und wo ist, äh … das?“

Frrk setzte sich auf mein Bett und baumelte mit seinem einen Fuß. Ich wünschte dringend, Jonas Höppner könnte mich so sehen: im Gespräch mit einem absolut monstermäßigen, von mir persönlich vor fiesen Wissenschaftlern geretteten Außerirdischen! Dass Frrk gerade mein Bett vollschleimte, war zugegebenermaßen weniger cool.

„Wenn man ein einigermaßen schnelles Raumschiff hat, ist Tmllp von der Erde aus quasi um die Ecke“, erklärte Frrk. „Er gehört zur Pssk-Fssk-Galaxie und ist genau 11,7 Millionen Lichtjahre von hier entfernt.“

„11,7 Millionen“, murmelte ich beeindruckt. „Und wie ist es da so? Ich meine, wie lebt ihr auf Tmllp? Sehen dort alle so aus wie du?“

Frrk schüttelte den Kopf. „Uns gibt’s in allen möglichen Farben und Formen. Manche Tmllper sind blau, andere violett oder orange … Einige sind lang und dünn, andere so platt wie das hier.“ Er stieß mit seinem Fuß gegen den Flickenteppich vor meinem Bett.

„Wohnt ihr in Häusern?“, fragte ich gespannt weiter.

„Tmllp ist ein Matschplanet. Häuser würden dort sofort im Schlamm versinken“, erklärte Frrk. Er räkelte sich auf meiner Bettdecke und sonderte dabei reichlich Glibber ab. Ich beschloss im Stillen, alles in die Waschmaschine zu stecken, wenn ich ihn erst in seinem Versteck untergebracht hatte. Wo das sein würde, hatte ich mir allerdings immer noch nicht überlegt.

„Aber Tmllper fühlen sich im Matsch sowieso am wohlsten. Wir brauchen viel Feuchtigkeit, damit unser Schleim nicht austrocknet.“

„Und was machst du hier auf der Erde?“, fragte ich weiter. „Willst du uns erforschen?“

„Erforschen, wieso?“, fragte Frrk erstaunt.

„Na, weil wir doch bestimmt total spannend für euch sind!“

Frrk machte eine wegwerfende Bewegung mit einem seiner Tentakel. „Menschen sind eine langweilige Rasse. Außer vor Computern und Fernsehern zu sitzen macht ihr ja nicht viel.“

„Hm, ach so“, murmelte ich. Ich war schon ein bisschen beleidigt, dass er sich so wenig für uns interessierte. Frrk schien das zu bemerken, denn er fuhr schnell fort: „Dafür ist euer Planet sehr hübsch. Er könnte für meinen Geschmack etwas matschiger sein, aber farblich finde ich ihn sehr gelungen – das Blau, das viele Grün …“

Ich schwieg verlegen, weil ich es etwas seltsam fand, Komplimente für meinen Planeten entgegenzunehmen. „Um deine Frage zu beantworten, warum ich hier bin“, erzählte Frrk einfach weiter, „bevor ich abstürzte, war ich auf dem Weg zum Pferdekopfnebel. Da findet demnächst ein Rennen statt, bei dem die schnellsten Flugobjekte der Galaxis gegeneinander antreten. Und mein Raumschiff ist eins der schnellsten überhaupt, musst du wissen. Ich habe es selbst entwickelt.“ Seine sechs Augen leuchteten vor Stolz. Ich war beeindruckt: Mein neuer Freund war also nicht nur Außerirdischer, sondern auch Erfinder und Rennpilot! „Als ich schon halb da war, ist der Gammakompensator kaputtgegangen“, erzählte Frrk weiter. „Ich wollte auf der Erde notlanden und ihn reparieren. Aber dann ist auch noch die Salpetersäure ausgelaufen. Deswegen bin ich abgestürzt. Ohne Säure funktioniert der Kompensator nämlich nicht.“

Frrk schwieg bedrückt und machte wieder seinen ängstlichen Pfeiflaut, wie vorhin bei den Kühen. Dann guckte er mich groß an und sagte: „Ich brauche dringend Salpetersäure, sonst komme ich hier nie wieder weg. Kannst du mir helfen, Tom?“

Ein Außerirdischer bat mich um Hilfe bei der Reparatur seines Raumschiffs. Das war mit Abstand das Coolste, was mir je passiert war! Ach was: Das Coolste, was je einem Zehnjährigen im ganzen Universum passiert war! Ich wollte Frrk auf keinen Fall enttäuschen. Also durchwühlte ich meinen Kopf nach allem, was mir zu Salpetersäure einfiel. Ich erinnerte mich, dass ich auf dem Schulhof einmal zwei Siebtklässer von einem Salpetersäure-Experiment im Chemieunterricht hatte reden hören. Es musste also in der Schule welche geben, wahrscheinlich im Chemie-Labor, wo auch Sachen wie Erlenmeyerkolben und Bunsenbrenner aufbewahrt wurden. Jedenfalls hoffte ich das. „Ich kann welche aus der Schule mitbringen“, behauptete ich lässig. Dabei hatte ich nicht mal eine Ahnung, wie ich überhaupt in das Labor hineinkommen sollte. Das war natürlich immer abgeschlossen. „Wie viel brauchst du?“

„Vier bis fünf Liter würden reichen“, antwortete Frrk.

„Vier bis fünf Liter?!“ Ich hatte an ein kleines Fläschchen gedacht, das ich unbemerkt in meinem Schulrucksack rausschmuggeln könnte. „Wie soll ich denn fünf Liter Säure aus der Schule schleppen, ohne dass es jemand merkt?“

„Ich begleite dich und helfe dir tragen“, bot Frrk großzügig an.

„Wohl kaum“, murmelte ich. Wir hatten es gerade mal in mein Kinderzimmer geschafft, ohne von der Polizei, der NASA oder sonst wem geschnappt zu werden. Frrk heimlich in die Schule zu schmuggeln – unmöglich! Obwohl ich mir andererseits brennend wünschte, dass Jonas und die anderen Jungs aus meiner Klasse von meiner neuen Rolle erfuhren: Freund und Beschützer eines Schleimmonsters aus dem Weltall!

Triumphierend zog Frrk seinen schwarzen Fernbedienungskasten hervor. „Überhaupt kein Problem“, sagte er. „Mein Bordcomputer verfügt über ein Tarnprogramm, das sich mit diesem Gerät hier aktivieren lässt. Es kann einen Körper bis zu 48 Stunden lang in jeden beliebigen anderen Körper transformieren. Ich werde mich selbst umwandeln. In so einen wie dich. Damit ich in deiner Schule niemandem auffalle.“

„Das funktioniert?“, staunte ich.

Frrk nickte. „Na klar. Ich muss es sorgfältig programmieren, aber dann sehe ich genauso aus wie du. Allerdings nur für 48 Stunden, danach wird die Tarnung aufgehoben.“

„Aber das geht doch nicht!“, rief ich. „Wenn du so aussiehst wie ich, wundern sich doch auch alle. Nur eineiige Zwillinge sehen absolut gleich aus, und ich hab noch nicht mal einen Bruder!“

„Ihr unterscheidet euch voneinander?“, fragte Frrk ungläubig. „Interessant, das war mir nicht klar. Für mich sieht ein Mensch genauso aus wie der andere.“ Er glitt zu meinem Schreibtisch hinüber und betrachtete das Foto, das dort stand. „Bist das nicht du?“, erkundigte er sich.

Ich lachte. „Natürlich nicht! Das ist meine Uroma Gerlinde!“

Frrk blubberte gedankenvoll in sich hinein. „Ich könnte mich in deine Uroma Gerlinde transformieren!“, schlug er vor.