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Am besten sind meine Briefe an Ludwig dort, wo ich fast etwas wahnhaft war. Es macht mich glücklich, dass meine Bewunderung für Ludwig wie für seine Bücher nun dokumentiert ist. Auch handeln sie von meinem Alltag, meinen Überlebensnotwendigkeiten und von meinen Begeisterungen, sie sind Aufhellungen und Verdunkelungen des Augenblicks. Paul Gisi
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Seitenzahl: 226
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Vorwort
Ausbruch aus dem Tusculum
Die Heisenbergsche Unsicherheitsrelation
Du trägst dich durch die Ewigkeit dahin
Das existenzielle Fest auf das Leben
Jean Pauls Fantasieverwilderung
Die kühne Sprach-Äquilibristik
Gehirnrunzeln im elastischen Training
Nachbemerkung
Mein ganzes Schreiben – meine Gedichte, Aphorismen, autobiografischen Notate, Zeitungskolumnen, Briefe – ist vesuvisch, das heisst, ich speie unter hohem Druck Rauch und Feuer aus, anschliessend bin ich eine Zeitlang erloschen.
Als ich meine Briefe an Ludwig schrieb, habe ich niemals auch nur einen aufflackernden Augenblick daran gedacht, dass sie publiziert werden könnten. Dass nun ein Grossteil davon vorliegt, erscheint mir wie ein Wunder, Ludwig hat hiefür die Initiative ergriffen, auf die ich mit Freude, ja grenzenloser Überraschung eintrat.
Mein ganzes Leben lang habe ich Wesentliches und Unwesentliches an Gedanken, Gefühlen, Meinungen, Bejahungen und Ablehnungen in Briefen festgehalten, in den letzten fünfzig Jahren sind es über zwanzigtausend; dass diese weitgehend Makulatur werden, ist mir sorgenfrei klar, ficht mich nicht an, denn ich bin kein Dokumentarist, kein Archivar meines Lebens. Doch die Briefe an Ludwig sind mir in meinem alternden Leben existenziell wichtig geworden.
In der Zeit zwischen Oktober 2009 und März 2018 schrieb ich Ludwig über 1350 Briefe, wie sie mir durch den Kopf schossen, kribblig aufwühlten: spontan, rübezahlhaft, krautartig, wohlkomponiert, gargekocht, verwildert roh: es waren Balanceversuche des Augenblicks, ein Spagat der Nacht. Dass bei dieser Kompositionstechnik, besser: bei diesem Tohuwabohu einzelne Wiederholungen aufgetreten sein mögen, liess sich nicht gänzlich vermeiden. Ein Riff (eine Felsenklippe, eine Sandbank) wiederholt sich auch immer wieder und ist doch stets neu; in diesem Sinn hoffe ich, dass der Leser dieser Briefe mild über mich urteilen möge und viele Überraschungen erlebe, dass diese Wortfarbakkorde nachhallend wirken, als Lesegenuss, in Einverständnis und Widerspruch.
Paul Gisi
11.10.2009
Lieber Ludwig,
ich danke Dir für Dein Grüsschen. Deinen Text werde ich ausdrucken und heute Abend in meinem Tusculum lesen. Von meinen intensiven Höhlenerlebnissen wieder in diese seichte Luft zu schliddern, löst bei mir Weltschmerz aus (darüber, wie man das Leben mit Unwichtigkeiten verschleudern muss).
Hab ein paar wenige, sehr intensive Gedichte geschrieben – war halt auch wiederum liebesaufgewühlt
Meine kürzlich erschienene Brosmete „Der freie Fall“ schicke ich Dir per Post.
Versuchte, in den Ferien mein Auto für 50 Franken zu verkaufen, brachte es nicht ab – wird als Schrottauto eingestuft. Nun mache ich in der „Fundgrube“ ein Gratisinserat, dass man es gratis abholen kann. Müsste ich es abholen lassen und Schrottprämie zahlen, könnte mir das teuer zu stehen kommen. Es eilt nicht – doch wie bringe ich mein Auto ohne Kosten weg? Ich habe jetzt ein „Ostwind“-Abo (Fr. 129.- pro Monat), muss mich jetzt an dieses Unflexiblere gewöhnen.
Ich bin glücklich, dass Du mein Weggefährte bist, mir immer wieder helfend zur Seite stehst. Manchmal friere ich, wenn ich mich so verloren im Kosmos fühle …
Ich wünsche Dir herzlich eine schöne Zeit, Dein Paul
29.10.2009
Lieber Ludwig,
mich freut riesig, dass Dir meine neusten Gedichte gefallen. Habe wirklich etwas „Aufschwung“ bekommen.
Leider ist’s mit der Vermieterin hier in Staad zum riesigen Eklat gekommen. Nachdem sie meine Wäsche kontrolliert hat (sie befürchtete, weil ich in den Ferien so viel hatte, wasche ich noch für andere …), wollte sie jetzt verbieten, dass mein Kätzchen nach sieben Uhr abends noch auf der Terrasse ist. Maunzli kommt immer in die Wohnung zurück, es kann jedoch acht oder neun Uhr werden; zudem verbot sie mir, z. B. nachts noch auf die Terrasse zu gehen, um meine Pfeife zu rauchen. Da riss es mir den Geduldsfaden und ich schrie sie an, „verargumentierte“ sie ungespitzt in den Boden. Diese Belästigungen dieser bösartigen, falschen, verlogenen, giftzüngelnden Generalin muss ich niemals mehr „einsacken“. Ich habe absolut endgültig genug!!!!!!!! Ich bin sehr still im Hause, rücksichtsvoll usw., und dann diese Anrempelungen und absurden Befehle und Einschränkungsversuche. Dieses primitive händelsüchtige Weib sollte man in eine Alterspsychiatrie stecken.
(Am liebsten würde ich sie totschlagen, sorry, ich denke so – mach’s natürlich nicht.)
Diese Furie wird mich niemals in Ruhe lassen – mein Schritt zur Polizei ist nahe …: Mobbingversuche, Belästigungen, Vertragsbruch, irrsinnige Behauptungen und Befehle, die vom Wahn dirigiert sind usw.
Na, bin gespannt, wie’s weitergeht.
Dir wünsche ich alles Gute, Paul
1.11.2009
Lieber Ludwig,
bei diesem schönen Sonnenwetter klempere ich im Stollen. Geniesse Du die Sonne also auch noch für mich.
Gestern Nacht schrieb ich nochmals ein paar „Vögelchen“-Liebesgedichte – doch ich weiss, wegen dem Eklat mit meiner Vermieterin wird mein lyrisches Schreiben wiederum für ein paar Wochen verschüttet sein… Vielleicht sind meine neusten Gedichte zu wenig dicht und zu wenig kühn im Bilderausgreifen? Werde sie sehr eingehend prüfen und notfalls „therapieren“.
Härzzligg grüeszestens – Paulinho
16.11.2009
Lieber Ludwig,
wie geht es Dir? Fast mache ich mich etwas Sorgen um Dich, weil ich sooo (?) lange nichts mehr von Dir hörte.
Ich sammle nun meine „Vögelchen“-Liebesgedichte; das sieht so aus: der neuste Lyrikband, an dem ich meissle, heisst „Bei den Windmühlen hinter den Schwarzen Löchern“, Kapitel I: „Die Amöbe umarmt den Quasar“, Kapitel II: „Vögelchen mein Vögelchen“, für Kapitel III habe ich noch keinen Titel (und erst zwei, drei Gedichte).
Gleichzeitig arbeite ich an meinem elften „Sätze“-Band, er heisst: „Die Farben der vorläufigen Wahrheiten oder Rausch der Dämonen“.
Und meine Liebesgedichte aus fünfzehn Jahren (etwa 200 Gedichte schätze ich / ich weiss es nicht, zählte sie nicht) – Titel: „Auf deinen Fingerbeeren tanzt das Weltall“ – die ich längst sammelte, möchte ich ringheften lassen – diese drei „Sachen“ (zwei Lyrikbände und ein Sätzeband) liegen mir sehr am Herzen, sind für mein Werk (für eine Steigerung meines Werks in der Bildhaftigkeit und Kompromisslosigkeit) existenziell wichtig…
Ich freue mich riesig, wenn ich bald wieder etwas von Dir hören darf.
Herzlichst grüsst Dein Paul
14.3.2010
Lieber Ludwig,
herzlichen Dank für Deine Aufmunterung. Ich glaube auch, das die Kraft des positiven Denkens eine reale Macht darstellt, doch manchmal bin ich halt auch vom „Negativen“ umlauert … Jetzt habe ich vier Wochen eine 6-Tage-Arbeitswoche, pro Tag muss ich für Arbeit, Mittagspause und Arbeitsweg elf Stunden einsetzen, dann brauche ich bei dieser enormen Belastung acht Stunden Schlaf, das heisst also: 19 Stunden! Da verbleiben mir abzüglich Nachtessenkochen, Essen, Geschirrmachen noch etwa drei Stunden für mich – für Lektüre, Schreiben, Musik hören, Pfeife rauchen … oder einfach schier erschöpft im Drehfauteuil hangen. Ich postuliere schon lange: Arbeit macht dumm, macht kaputt! Tötet den Künstler! All das ist ein Faktum und kann leider mit keinen positiven Gedanken wettgemacht werden. Und in diesem ganzen Chrampfen schaut für die Restfreizeit nichts mehr heraus: kein Geld, kein Auto, kein Restaurant, kein Film- oder Theaterbesuch, kein Konzertbesuch, kein Buchkauf, kein CD-Kauf. Keine notwendigen neuen Kleider. Wahrlich, das mache ich nicht mehr allzu lange mit! Da habe ich einfach genug vom kümmerlichen Leben – weil ich doch mehr, Geistigeres, Poetischeres will!
Wieso soll ich durchhalten? Nur um der Bank meine Schulden zurückzuzahlen? Der Vermieterin den Rachen zu stopfen? Den Staat noch feisser zu machen? Die Telefongesellschaft noch reicher zu machen? In dieser verdummten kapitalistischen gnadenlosen Gesellschaft fühle ich mich nicht wohl! Mag nicht mal mehr Sri Aurobindo zu lesen, weil ich abends einfach zu erschöpft bin.
Doch wie es auch sei und wird, lieber Ludwig: Du hast mir schon sehr, sehr oft existenziell geholfen, dafür bleibe ich Dir unendlich dankbar – und auch Deinetwegen, damit Du von mir nicht zu sehr enttäuscht bist, versuche ich noch meine Trilogie abzuschliessen.
Ganz härzligg grüsst Dein Paul
26.3.2010
Brücke aus Feuer
Manifest über die Kunst
„Die Worte zogen an mir vorüber wie unbegreifliche, geschäftige Käfer in einer geheimnisvollen Welt.“
Roberto Bolaño
Fragwürdigkeit eines Positionsbezugs. Unsere Zeit, unsere Gesellschaft ist zugemauert, geistlos, fantasielos. Lektoren stutzen auf eine sprachliche Trivialvereinheitlichung herunter, Auktionäre hecheln marktorientiert gewinngeil, Museen zelebrieren Bombast. Ausbeutung, Raubzüge allerorten. Rigorose Moralvorstellungen feiern ein Comeback, SMS-Kastrationen dominieren. Der lange, ozeanwellende Satz ist verpönt, schnallt doch niemand mehr. Kunst als Brot, als Brechmittel. Beides.
Fragmente von Fragmenten: Wasserkraftwerke in Sambia, Eichelhäher, Bücherverbrennung, Exekution, Vendetta, Klimaerwärmung, Zungenkuss, Götterdämmerung, Kathedrale von Rouen, Vermassung der Menschheit, Pulverisierung der Gedanken: die Kunst kann ALLES einbeziehen, alles ausschliessen. Es geht ums Feuer in der Steppe, in der Küche, im Gehirn.
„Monsieur, ich nehme ein Entrecôte, Eiernudeln an Morchelsauce, Broccoli“, auch das kann Kunst sein im Kontext eines Kriminalromans.
Kunst ist beheimatet in sich selbst, in den Grenzüberschreitungen, im Grenzenlosen; ihre Farben sind individuell, expressiv, trunken dem Schweigen verfallen, quirlig kommunikativ. Im Zusammenfall der Entgegensetzungen von Lust und Leid, Liebe und Triebe, Tod und Auferstehung, Mathematik und Träumen brennt das Wort, das Bild, der Klang – wird der Schatten zur Figur.
Positionsbezüge bleiben fragwürdig, was aber nicht heisst, dass nicht eindeutig Position zu beziehen ist.
Satz und Gegensatz oder das Unausmessbare des Kleinen. Spiralgalaxien, Protuberanzen, Rotwein, Amöbe, Frauengesicht: der moderne Lyriker grüsst Po Chü-i (772 – 846) und seine „Lieder eines chinesischen Dichters und Trinkers“. Zeiten verlagern sich, verschachteln sich, verketten sich neu. Vergangenheit stürzt in die Gegenwart. Planeten können mit Zahlen ausgemessen werden, das kleine Herz ist unausmessbar. Im Satz und im Gegensatz findet sich so etwas wie eine vorläufige Wahrheit, auf Widerruf, auf Abruf, auf Rückruf – auf Zuruf.
Luzid. Luziferisch. Vorbild, Abbild, Hinterbild, Unterbild, Querbild: Kunst liebt die Nähe zum Bildhaften. Spiegelungen von Spiegelungen. Ein Umherirren in der Tiefe des Unterbewusstseins, ein Sichausruhen in den Höhen des Seins blitzen in sehr seltenen Fällen ins Bewusstsein auf, so darf Kunst auch sein; meistens aber meint Kunst ein Unbehaustsein, ein brennendes Labyrinth, eine existenzielle Obdachlosigkeit und sucht den Ausdruck des Nachtmahrischen, gar der Verzweiflung. Doch starke Gefühle sind heute tabuisiert, es muss alles cool sein, nachvollziehbar, durch die Masse verdünnt, abgekühlt, nivelliert. Doch: Erbauung hat nichts mit Kunst zu tun, Lebenshilfe gehört endgültig ins Verzwergte.
Der Engel als Dämon. Der Dämon als Dämon, ungeschminkt. „Nehmen sie die Perücke ab“, so Chesterton.
Kunst versucht, das Böse einzuschränken; das Böse auszugrenzen ist nicht möglich.
Persönliche Wirrköpfigkeit des Künstlers. (Eine Charakteristik) Diplomatenbücklinge dürfen ruhig den seifigen Kulturfunktionären, den bedepperten Juroren, den einseitigen Professoren, den Salbadern und Honoratioren und den verlogenen Politikern überlassen werden. Das Gehirn des Künstlers ist eckig, kantig, schorfig. Eine Brandung. Ein Vulkanschlot. Ein Einsturztrichter. Ein Fieberherd. Ein granitenes Nein an einer Steilküste.
Das Ziel des Künstlers ist die Ziellosigkeit, der ultimative Kollaps, die Bankrotterklärung vor den Bestsellern und den Boulevardweisheiten. Über die geschliffenen, sensationsstrukturierten Events hohnlacht er. Sicherheiten entsorgt er. Zynismen pflegt er.
Er hält innige Zwiesprache mit der Küchenschabe, schreibt Liebesbriefe an den Borstenwurm, das närrische Lachen des Entwurzelten befreit ihn. Den Massentourismus möchte er sprengen. Die Idylle vergiften. Staatspräsidenten verhaften.
Die Nacht ist nicht da, um zu schlafen, sondern um den Orinoco oder den Yangtsekiang zu befahren, sich in den Cordilleren zu verlieren, in Marseille zu einer Nutte zu gehen, in Hyderabad Mönchsschriften zu lesen. Die Nacht ist da, um zu wachen. Um zu lieben. Um die Welt in Brand zu setzen. Die Friedhofskälte ist nahe genug. Es gilt, Verwüstungen zu vermehren. Das Höllentor zu durchschreiten. Im Labyrinth zu schreien. ZU SCHREIEN, ZU SCHREIEN!
Im Stundenwinkel der Gestirne. Brennend. Kunst zu konsumieren ist Sache des Spiessers, des Philisters, des Bildungsverbürgerlichten. Der Anruf des grossen Kunstwerks kommt aus dem Feuer im Innern der Erde. Von Sonnenbränden des Weltalls. Wer es gemässigter möchte, soll Comics-Sprechblasen lesen, Zeitschriften durchblättern.
KUNST IST LIEBE. Eine Lustraserei, ungebändigt. Ein Brand des Herzens, ein Feuer der Nacht. Es gibt kein rettendes Ausruhen. Nur Flucht – Flucht in sich selbst hinein, in die Feuerströme. In die Verlorenheit. In tausendundeine Lustbarkeitsqualen. Ins Niemandsland der Einsamkeit.
Wie wieseln sie doch scharenweise umher, die Künstler als Zuckerbäcker, Operettenliebhaber, Marzipanfresser, Onkelundtantenschwachköpfige, Gedankenkurzsichtige, Charakterverzitterte, als labile Debile. Das Elementare verkommt zur Puppenhaftigkeit. Das sich ins Unendliche ausdehnende Weltall findet Platz in Paragraphen, im Fingerhut der Vernunft. Derweilen ächzt es in den arthritischen Gelenken Gottes, schreit es im Stundenwinkel der Gestirne. Die interplanetare Materie ächzt, das letzte grosse Atoll vergammelt, in der Sorbonne wuchert der Schimmelpilz, die Wasserdrachen verrecken. Alles zur Ehre des Geldes. Für den Ruhm des Menschen.
Kausalitäten, Dualitäten, Syllogismen sind etwas für Stümper. Die Welt hat keinen Grund, keine Grenzen, keinen roten Faden. Alles ist nur eine Sekunde des Widerrufs. Wohnhaft in der Ortlosigkeit.
Die Welt brennt. Doch fern bimmelt ein Glöcklein. Ich will es suchen – über die Brücke aus Feuer. Und das ist Kunst.
Paul Gisi
13.4.2010
Lieber Ludwig,
ich versuche, positiv zu denken, vielleicht kommt mir das Persephone-Mythos zu Hilfe, oder mineralische, weltenwerdende, bewusstseinsseelische, seraphische, ahrimanische, michaelische Kräfte spülen mich an einen rettenden Strand? – Nun, Du siehst, ich habe Rudolf Steiner gelesen; ja, alles, was Du mir schicktest, habe ich gestern Abend in meinem Drehfauteuil bei Schubert-Quartetten, meiner demokritischen Pfeife, einem Schluck zungenkräuselnden Montepulciano d’Abruzzo gelesen – dadurch wurde ich zu vielen, zu sehr vielen Ideen inspiriert. Wenn ich bei Steiner lese: „“Tiere (…) sind keine Erdenwesen“ beginne ich natürlich wie ein Meteor zu glühen; auch seine alleinseligmachende Lehrmeinung mag ich nicht: „Das Mysterium von Golgotha ist das einmalige grösste Ereignis innerhalb der Menschheits-Entwickelung.“ – Da denken Milliarden von Menschen anders. Und sein Stil ist oft raunend anstatt präzis: „Die Vergangenheit Schatten werfend, die Zukunft Wirklichkeitskeime enthaltend, begegnen sich in der menschlichen Wesenheit.“ Ist das Deutsch? Tönt fast wie eine verunglückte Übersetzung; kein Deutschlehrer, Lektor oder Korrektor würde diesen schlagseitigen Satz durchgehen lassen dürfen. – Doch das letzte Kapitelchen „Was ist die Erde in Wirklichkeit im Makrokosmos?“ gefällt mir am besten, z. B.: „In die mineralische Grundlage der Erde sind die andern Reiche, das Pflanzen- und das Tierreich, eingebettet.“ (Da lässt Novalis grüssen.) – Besonders am Anfang der ausgedruckten Seiten gibt es viele (zu viele) Zitate: Die eklektizistische Natur von Rudolf Steiner springt ins Auge.
Und Du kennst mich, ich könnte über diesen Auszug von Rudolf Steiner einen langen Brief schreiben … (doch mein Drucker zuhause ist im Eimer).
Dieses Mail schrieb ich spontan während meiner Arbeitszeit – nun muss ich aber wieder seriös ran an die Korrekturarbeiten.
Ich wünsche Dir einen schönen Tag, herzlich grüsst Dein Paul
21.5.2010
Rezension
"Verwandelt sind die Dinge deines Lebens"
„Das Unaussprechliche ist gegenwärtig in den eignen Tiefen." Der Gossauer Elektro-Ingenieur, Textilfabrikant, Poet und Philosoph Ludwig Weibel publizierte zwei wichtige Prosawerke.
PAUL GISI
Gossau. Wie gut, dass es in der saisonal sich überstürzenden Buchhektik noch erratische Blöcke gibt: Ludwig Weibels seinsphilosophische Werke finden nichts ihresgleichen – als Weg der „Erkenntnis, dargelegt als Schreiten zur Glückseligkeit".
Die innere Textur aller Werke von Ludwig Weibel ist das Sein; frühere Werke hiessen „Poesie des Seins" und „Glückselig im Sein". Nun sind zwei weitere Prosawerke von Weibel im Focus-Verlag, Giessen (Deutschland), erschienen: „Liebe und Sein" und „Seinsgewissen".
„Liebe und Sein"
Faszinierend, wie Ludwig Weibel eine Sprache schreibt in einer Balance, die fein ziseliert ist und harmonisch quirlständig aufblühend, manchmal auch wie in Stein gehauen, doch immer von einem inneren feurigen Rhythmus kündend, ansprechend elegant und exquisit formuliert; man spürt aber auch das gewaltige unterirdische Strömen des Lebens, des aufsteigenden Seins; ein Sein, im Atem der Evolution gesehen, das unmöglich irren kann. „Wenn es still wird in den Seelengründen, öffnen sich die Tore zur Unendlichkeit."
Es darf ruhig gesagt werden, es gibt auch heute noch Mystik, Mystik im einfachen menschlichen Sinn von Erfahrung und Versenkung der Gedanken, der Seele in die Urgründe des Seins, als eine Schau in die Unendlichkeit, in das, was im vergänglichen Menschen ewig ist, als eine persönliche Wahrnehmung der Erde, des Menschen im Kosmos. Ludwig Weibels inspirierte Prosa zeugt wunderbar davon für all jene, die sich die Mühe nehmen, sich mit seinem Gedankenkosmos einzulassen.
„Seinsgewissen"
Dieses umfangreiche Prosabuch darf als Weibels vorläufiges Hauptwerk verstanden werden. Alles „was da kreucht und fleucht" in den Kräften der Evolution, des Seins, das sich transzendiert, kommt hier in einer umfassenden Schau des Lebens zur Sprache, das Kleinste immer im Bezug auf das Grösste. „Nur die Nacht enthüllt dir das brillante Funkeln ungezählter Sterne, die gar liebenswert mit ihrem Schein das himmlische Gewölbe zieren."
Weibel spricht eine weiche, sanfte, an die Dinge des Lebens anschmiegsame hochdifferenzierte Sprache, und wenn sich ein Zeitgenosse zuerst etwas befremdet fühlt von der poetischen Zeitlosigkeit der Bilder, so stellt sich sehr bald eine Beglückung ein beim Lesen dieser unbeirrbaren Sätze, die sich nicht scheuen, Wörter wie „hold", „das Weiselose", „Lauterkeit und Trautheit" einzusetzen. Der philosophisch gestelzte akademische Gestus fehlt glücklicherweise. „Bestimmung ist's, das Sein zu finden allseits", steht wie ein Wegweiser da.
„Ein Traum von Hoffnung ist es, dem Ich Wirklichkeit gewähr in unerschöpflichem Begehren, ein Wunscherfüllen, das Mein Inneres nach aussen kehrt und es zu Weltgebilden stilisiert von hehrer Pracht und seiender Gewissheit an sich selbst, die sich in Wesenhaftigkeit und Schönheit der Geburt verfluten."
Das ist die Sprache des Ekstatikers. Des Menschen, der innerlich brennt. Des Künstlers, der vom Sein ergriffen worden ist. Die kleinsten Lebensdinge sind zutiefst verbunden mit dem ganzen Weltensein.
Wer sich die Mühe nimmt, sich auf die gut vierhundert Seiten „Seinsgewissen" einzulassen, der gewinnt einen Weggefährten durchs ganze Leben.
Existenzielle Lebensbereicherung
In einem Gedicht in Weibels Lyrikbuch „Poesie des Seins" steht: „So Bin Ich / ohne Vorbehalt / zu lieben was // in Mir keimt, / von Werdelust / getragen im Äonenschritt / dahin.“ – Wem es gelingt, das zuerst vielleicht Befremdliche dieser Bildsprache aufzuschlüsseln, der wird reich beschenkt an Einsichten, der findet ein ganz neues Gefunkel in sich selbst, ausgelöst von Weibels geheimnisvollem Glühen. Jeder Satz ist wie eine Perle, doch ob sich die Muschel öffnet oder nicht, liegt beim Leser. „Wach und innig, weise und erhaben überschaue Ich Mein Ziel und lass es sich in Mir zur Seligkeit entfalten", steht in „Glückselig im Sein". Wahrlich, Weibels Bücher können tief beglückseligen.
Wie ein riesiger Weltenstrom
Wie ein riesiger Weltenstrom fliessen Weibels Sätze ins grosse Meer des Seins. Es ist keine enge Esoterik, die Weibel pflegt. Alles öffnet sich in das grosse Menschheitsbewusstsein. Da nähert sich Weibel Sri Aurobindo, dem grossen indischen Seinsphilosophen, oder auch Pierre Teilhard de Chardin in der Wahrnehmung auf dem Weg der kollektiven Bestimmung in Richtung eines grösseren Bewusstseins, als geistige Potenz des Irdischen, als Aufstieg des Lebens, dessen Endpunkt nichts anderes als Gott ist, als Eigenart und Gefährdung unserer Individualentwicklung in den vielseitigen Verflechtungen des modernen Soziallebens – doch bei Weibel ist alles glückselig schwereloser, inspirierter und poetischer.
Und Weibel streift immer wieder die Moral, und bei ihm ist Moral verstanden als eine menschheitsgesamte Grundhaltung voller Güte und des frei verantwortlichen Handelns auf ein letztes Lebensziel hin geordnet.
Weibels Sprache ist immer auch hymnisch, funkelnd wie ein Juwel; ein brennender Dornbusch, der selbst nicht verbrennt.
Ein grundgütiger, sehr sanfter Mensch ist kennen zu lernen in einem gigantischen Werk, das womöglich erst Jahrzehnte später so richtig erkannt wird.
1.6.2010
Lieber Ludwig,
die Pendelzeichnung ist wunderbar!
Es wäre wirklich schön, Du könntest öffentlich vorlesen: geht’s in einer Zürcher Buchhandlung, die das Esoterik-Programm pflegt, nicht? – Oder beim Goetheanum in Dornach nachhaken?
Deine Mitteilung, dass Doris Haudenschild Lieder von Dir vortragen möchte, tönt in Deinem Mail auch sehr vage, leider noch nicht sicher konkret.
Nun, die „Rose“ wird (ich ahne es resp. schätze dies ab) nicht zusagen – Du weisst, man kann diesen schönen Keller mieten (siehe Internet). Nur ist da das Problem: Kommen die Leute, wie den Anlass bekannt machen?
Hast Du Josef Osterwalder schon kontaktieren können in Bezug auf eine „Tagblatt“-Publikation meines Artikels über Dich?
Ich denke mir, am besten wäre immer noch eine Vorlesung in der Buchhandlung „Cavelti“ in Gossau, da Du dort bekannt bist.
Ich muss leider schon etwas „prophezeien“, dass mein Artikel – mag er auch gut sein? – folgenlos für den Buchabsatz sein wird. Die Materie ist einfach zu schwierig „fürs Volk“. Am besten ist doch, unerschütterlich zu schreiben und zu publizieren, und ob das in dieser Gegenwart ankommt oder nicht, bedeutet nichts.
In der neuen Juni-Nummer der St. Galler Kulturzeitschrift „Saiten“ ist ein halbseitiger Artikel über meine „Windmühlen“-Liebesgedichte drin – unter dem Titel „In der Vergänglichkeit aufglühend“. – Ich schicke ihn Dir in ein paar Tagen.
Ich wünsche Dir ganz herzlich eine schöne Zeit, allergrüssestens Dein Paul
8.9.2010
Lieber Ludwig,
wunderbare Post bekam ich von Dir! Hab die ersten zwanzig Seiten bereits gelesen: Dein gelassener und gleichzeitig hymnisch inspirierter Stil und Deine hohen Gedanken nehmen mit wie ein Strom, hin zum Sein. Es ist wiederum schwierig zu lesen, und ich spüre, Du bist der Menschheit um einige Jahrhunderte voraus … Dein mystisch inspiriertes und philosophisch-poetisches Denken griff auf mich über und ich „vernahm“ eine kosmische Seinsweite, eingefaltet in das irdische Sein: es wurde mir froh, warm und weit ums Herz.
Ich freue mich auf heute Abend, dann lese ich den „Universensein“-Auszug zu Ende.
Ich wünsche Dir eine gute Zeit, herzlich grüsst Dein dankbarer Paul
10.9.2010
Lieber Ludwig,
habe gestern Abend den Auszug aus Deinem „Universensein“ zu Ende gelesen: ich wurde atemlos vor Freude beim Erahnen der grössern Seinsräume, die Du da wunderbar auffaltest, in einer Sprache voller Perlen. Ich danke Dir herzlich.
Ich wünsche Dir ein gutes Wochenende, Dein Paul
12.9.2010
Eingeborgen
in der Hingabe Kassiopeias
zu einer blauen Muschel
im verlornen Meer
der Nacht
dort singt die Schöpfung
lächeln die Augen
brennen die Lippen
dort rufst du
meinen Namen
wartest auf mich
Paul Gisi
Träume gegen den Wirklichkeitswahn
Ich glaube, es gibt keinen essentiellen Unterschied zwischen den Träumen und den Wirklichkeiten; die Grenzlinien zwischen den Träumen und den Wirklichkeiten sind ein gedanklicher Murks, eine stümperhafte Konstruktion von Menschen, die hohl das nachplappern, was schon lange vor ihnen geplappert wurde: eine geistlose lächerliche Kolportage; im Reich des Erlebens, der Wahrnehmung des Seins um uns herum ist eine Grenzlinie zwischen Traum und Wirklichkeit nicht haltbar. Brennende Wälder, stinkende Meere, der heroische Blick der Zebramuränen, Figurentanz der Wolken: Rede ich jetzt von Träumen oder von „realen“ Beobachtungen? Ein Flug der Silbermöwe, eine närrische Beamtenherrenklasse, geifernde tanzende Kobolde, ein lebenslanges Treten an Ort: Was ordne ich den Träumen, was den Wirklichkeiten zu? In den Zwängen des Gelderwerbs menschlich verarmen, im Feuerofen der Angst verbrennen, im Atomschutzschild der Giganten sich sicher fühlen: Traum? Albtraum? Alltagswirklichkeit? Lächerlichkeitswirklichkeit? Die Lügen der Politiker, die Schreie der Gefolterten der Politiker, der Balsam eines Streichquartetts für zwei Violinen, eine Viola und ein Cello von Mozart, die Vereisung einer liebenden Beziehung, das Aufflammen in einer Umarmung, der leichtfüssige Tanz der Sehnsucht mit der Harmonie: Sind das Träume? Wirklichkeiten? Was wäre besser, leidenschaftlicher, bereichernder für den Menschen? Nach dem ersten Herzinfarkt sich wieder erschöpft nickend einreihen unter einen neurotischen Chef? Redete ich jetzt von Träumen, Albträumen oder von weitverbreiteten nackten Tatsachen?
So genannte Realisten lächeln über die Träume, tun die Träume verachtend weg; so genannte Träumer lächeln über den Wirklichkeitswahn der Realisten. Wer von den beiden hat das bessere, menschlichere Recht, die hiebundstichfesteren Argumentationsgründe auf seiner Seite?
Die Realitäten sind meist platter Alltagstrott – die Träume sind nicht dermassen kümmerlich beschränkt. Das Geschehene, das Verlorene, das Gesuchte formen sich in den Träumen zu kühnsten Verknüpfungen, zu unerwarteten Kombinationen – in reissenden Strömen, blendenden Blitzen zu raunenden Bedrohungen und bizarren expressiven Bildern: Träume sind unermesslich reicher an geheimnisvollen und offenbarenden Wirklichkeiten als die dumpfe, epigonale Wirklichkeit der Alltagsbanalitäten. Wirklichkeiten ohne Träume sind erbärmliche Schrumpfsäcke.
Ich liebe die Wirklichkeiten der Träume.
Paul Gisi
14.2.2012
LIEBER LUDWIG,
mit Wasserdrachen, Gelbkehlchen, Paul Klees Bildern, Gedichten und Tuschbildern des Zen-Meisters Sengai, Wolfgang Amadeus Mozarts „Missa Solemnis“ (KV 337), allen Menschen, der Schönheit des Gesangs und des Seewellenmurmelns, mit dem Tanz des Windes, den unendlich vielen Sternbildern im Nachtgewölbe des Universums zu leben: du, ich bin leidenschaftlich atemlos ins Leben verliebt! Manchmal fasse ich es kaum, wenn mich die göttliche Fülle des Seins streift, nicht als abstraktes diffuses Gefühl, sondern in der mikro- und makrokosmisch erlebten wahrnehmenden Fülle der Schöpfung mit all ihren abermillionenfachen ganz einmaligen Lebensbedingungen. Wunder um Wunder brennen in mir, erfüllen mich in einer taumelnden nicht eingrenzbaren Begeisterung! Zutiefst ist das Leben Leidenschaft, Ekstase, Lust, LIEBE. Eine brennende Trunkenheit überfällt meine Seele, wenn ich versuche, Spitzkopfkugelfische, Laubheuschrecken, das Sternbild Füchschen, Gedichte von Vicente Aleixandre, die Architekturen, Skulpturen und Bilder von Le Corbusier, die weiten Romanströme von Thomas Wolfe, mein geliebtes Kätzchen Maunzli, das Wanderleben des Sophisten Protagoras von Abdera, russische Mönchsgesänge, Johannes vom Kreuz, unscheinbare Kieselsteine, Auguste Rodins Skulpturen, Rainer Maria Rilkes „Sonette an Orpheus“ zu umarmen. Farben, Formen, Klänge, Wortwucherungen, Schraffierungen, Erhellungen, Verdunkelungen: das Leben ist ein Fest, ich trinke es stürmisch! Ich weine vor Freude beim Betrachten einer Tropfsteinhöhle einer feingliedrigen Hand, eines Windmühlenatems, bin glücklich über die ungestüme Brandung eines nackten Körpers, über die Wanderdüne einer Zuneigung, den Blütenzweig eines Arms, stürze mich in den Traum einer Wolfsbeere, singe im lasziven Tanz. Manchmal weiss ich nicht mehr, wo mir der Kopf steht, ich möchte einfach weinen, lachen, trinken, singen, tanzen, umarmen, umarmt werden. Ich habe eine dithyrambische, dionysische, anachronistisch-anachoretische Natur (doch Werner Heisenbergs Unschärferelationen und Quantentheorien sowie Ludwig Wittgensteins „Tractatus logicophilosophicus“ sind mir nicht ganz fremd). Wie es auch sei, als kleiner Strudelwurmlyriker lasse ich DIE WELTEN in mich einstürzen, ich mag das.
Was gäbe es Schöneres, als den Wind in der Hand, in den Augen, auf der Stirn, im Wort, in einer Beziehung? Der Wind ist da, wenn man sich ihm aussetzt. Das schafft einen grossen Raum, besser: fächert das Raumlose auf. Der Wind ist das Besitzlose, Niemalsbesitzenkönnen; ich liebe die „beständige Flüchtigkeit“ des Winds; Wind ist Lebensatem, Blättergeraschel, Wellentanz, Wolkenfantasie, Lichtgesang, Nachtflüstern, ein kalter Sturzwind, ein heisser Wüstenwind: WIND IST LEBEN. Man weiss nur ungefähr, von woher der Wind kommt, man kennt nicht, wohin er hinzieht; der Wind ist in sich ziellos, absichtslos, man kennt die Stunde seines Erscheinens, seines Verschwindens nicht – er ist einfach da (oder dann nicht da). Etwas wie die Liebe.
Seit Oktober des letzten Jahres habe ich nichts mehr (für mein Werk) geschrieben, und es wird wohl gewiss lange dauern, bis ich wieder schreibe; das ist gut so! Ich erlebe zurzeit immer wieder ekstatische Liebeslusttaumelleidenschaften, doch ich habe die Worte, die Bilder, die Formen, die Klänge, um davon adäquat, aufschäumend zu singen, noch nicht ... Ich bin ein Stümper, es fehlen mir die notwendigen, entsprechenden Farben. Ich nehme diese schöpferische Pause gelassen (zuversichtlich). Nur wenn es mir gelingt, NEUE Liebesgedichte zu schreiben, bestehe ich vor mir. Ich bin in einer Verpuppungsphase, „erträume“ einen Quantensprung; es muss „Neues“ her! Ich bin neugierig gespannt, wohin mich diese Verpurzelungen führen werden, ich taxiere es als ein existenzielles Geschenk, dass ich offen für vieles geworden bin in einer Freiheit, in der ich auch vieles ablehnen kann, darf. Wer schöpferisch ist, kann dies nur auf der evidenten Basis der Freiheit – hin zu einer „Fruchtbarkeit“ der Wahrheitsmöglichkeit der individuellen Wahrnehmungen der vielfältigsten Schöpfungen (Geschöpfe) des Seins, des Werdens. Meine Verpuppung kann sich nur zum EINFACHEN entwickeln (verbunden in der absoluten Komplexität). Da fühle ich mich wie neugeboren, erst am Anfang ...! In meiner körperlich alternden, feststellbar zunehmenden Müdigkeit entwickelt sich eine sinnliche geist-seelische Quirligkeit, von der ich gespannt bin, wohin sie mich führen wird.
Ich habe in diesen Tagen mein elftes „Sätze“-Bändchen „Testament der Leidenschaft“ abgeschlossen, ich schmunzle: vermutlich echt „gisisch“ (hat auch veritable Angriffe ....); es ist mein Opus 90 (es wird vor Dir nicht bestehen).
Für die Prosa, so sehe ich, muss und will ich die Wortschatzfülle etwas herunterfahren, einfacher werden.