Für einen Kuss von Frisco - Suzanne Brockmann - E-Book

Für einen Kuss von Frisco E-Book

Suzanne Brockmann

4,9
7,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Das Leben ist vorbei, glaubt Frisco. Bis seine Nachbarin Mia ihn mit einem heißen Kuss überzeugt: Nichts ist vorbei - es beginnt erst …. Operation Heartbreaker: Besiege die Gefahr, vertraue deinen Freunden - und verschenke nie dein Herz.Für Alan "Frisco" Francisco bricht eine Welt zusammen, als er von einem gefährlichen Einsatz dauerhafte Blessuren davonträgt. Sein gefährlicher Job war sein Leben, und das kann er jetzt vergessen. Am besten, er ertränkt seinen Weltschmerz in Whiskey! Bis Frisco überraschend seine fünfjährige Nichte zu sich nehmen muss. Mit dem Fallschirm abspringen und im Nahkampf bestehen - kein Problem. Aber wie trocknet man die Tränen eines kleinen Mädchens? Wie kuschelt, wie umsorgt man? Und warum muss alles immer rosa sein? Frisco ist hilflos, und seine hübsche Nachbarin Mia Summerton die letzte Rettung! Dass Mia ihm dabei noch zeigt, was im Leben wirklich zählt, erwischt den harten Mann mit dem weichen Herzen allerdings eiskalt.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 352

Bewertungen
4,9 (34 Bewertungen)
29
5
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Alle Rechte, einschließlich das der vollständigen oder auszugsweisen Vervielfältigung, des Ab- oder Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten und bedürfen in jedem Fall der Zustimmung des Verlages.

Der Preis dieses Bandes versteht sich einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer.

Suzanne Brockmann

Operation Heartbreaker 3:

Für einen Kuss von Frisco

Roman

Aus dem Amerikanischen von

Anita Sprungk

MIRA® TASCHENBUCH

MIRA® TASCHENBÜCHER

erscheinen in der Cora Verlag GmbH & Co. KG,

Valentinskamp 24, 20350 Hamburg

Copyright © 2010 by MIRA Taschenbuch

in der CORA Verlag GmbH & Co. KG

Titel der nordamerikanischen Originalausgabe:

Frisco’s Kid

Copyright © 1997 by Suzanne Brockman

erschienen bei: Silhouette Books, Toronto

Published by arrangement with

HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V/S.àr.l.

Konzeption/Reihengestaltung: fredebold&partner gmbh, Köln

Umschlaggestaltung: pecher und soiron, Köln

Redaktion: Stefanie Kruschandl

Titelabbildung: Getty Images, München

Autorenfoto: © by Harlequin Enterprises S.A., Schweiz

Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

ISBN (eBook, PDF) 978-3-86278-277-2 ISBN (eBook, EPUB) 978-3-86278-276-5

eBook-Herstellung und Auslieferung: readbox publishing, Dortmundwww.readbox.net

www.mira-taschenbuch.de

1. KAPITEL

Friscos Knie brannte wie Feuer.

Obwohl er sich auf seinen Krückstock stützte, bereitete ihm jeder Schritt Höllenqualen.

Dabei war gar nicht der Schmerz das eigentliche Problem. Denn er gehörte zu Lieutenant Alan Franciscos Alltag dazu, seit ihm vor mehr als fünf Jahren bei einem verdeckten Einsatz fast das ganze Bein zerfetzt worden war. Mit dem Schmerz konnte er leben.

Aber nicht mit diesem verdammten Krückstock.

Der Umstand, dass sein Knie weder sein Gewicht trug – tragen konnte – noch sich vollständig durchstrecken ließ, trieb ihn fast zum Wahnsinn.

Es war ein warmer kalifornischer Sommertag. Lieutenant Alan Francisco entschied sich für Shorts, obwohl ihm klar war, dass so jeder die hässlichen Narben auf seinem Knie sehen würde.

Seine letzte Operation lag erst wenige Monate zurück. Die Ärzte hatten das zertrümmerte Gelenk zum wer weiß wievielten Mal aufgeschnitten und versucht, die Einzelteile wie ein Puzzle neu zu sortieren. Hinterher war er hierher geschickt worden, in dieses renommierte Rehabilitationszentrum der Navy. Hier tat man alles, um die Beinmuskulatur aufzubauen und die Beweglichkeit in seinem verletzten Knie wiederherzustellen – leider ohne nennenswerten Erfolg. Die Operation hatte nichts gebracht. Auch sein jetziger Arzt konnte ihm nicht helfen.

Es klopfte an der Tür, und sie öffnete sich einen Spalt.

„Yo, Frisco! Bist du da?“

Auf der Schwelle stand Lieutenant Joe Catalanotto, Commander der Alpha Squad. Frisco schien dieser Eliteeinheit des SEAL Team Ten vor Ewigkeiten angehört zu haben. Seitdem war sein Leben bestimmt von Schmerz, Enttäuschung und geplatzten Hoffnungen.

„Wo sollte ich wohl sonst sein?“, brummte er.

Er sah, wie Joe auf seine verbitterte Antwort reagierte. Der große Mann spannte den Kiefer an, als er das Zimmer betrat und die Tür hinter sich schloss. Es war seinen dunklen Augen anzusehen, dass er auf der Hut war. Früher war Frisco der Optimist seiner Einheit gewesen. Wohin die Alpha Squad auch geschickt wurde, Frisco hatte sich fröhlich und aufgeschlossen unters Volk gemischt und Freundschaften geschlossen. Immer hatte er ein Lächeln auf den Lippen gehabt. Er war es immer gewesen, der vor einem Fallschirmsprung aus großer Höhe Witze gerissen hatte, damit sich die Anspannung löste. Und hatte damit alle zum Lachen gebracht.

Aber jetzt lachte er nicht. Er hatte aufgehört zu lachen, als die Ärzte vor fünf Jahren an sein Krankenbett getreten und ihm eröffnet hatten, sein Bein würde nie wieder in Ordnung kommen. Er würde nie wieder gehen können.

Zunächst hatte er auf dieses Urteil mit demselben unbekümmerten Optimismus reagiert wie immer. Er und nie wieder gehen? Wetten, dass doch? Er würde viel mehr als nur wieder gehen können! Er würde in den aktiven Dienst als SEAL zurückkehren. Er würde wieder rennen, aus dem Flugzeug springen und tauchen – gar keine Frage.

Es hatte Jahre gedauert. Er hatte sich ganz und gar auf seine Wiederherstellung konzentriert, etliche Operationen über sich ergehen lassen und jede nur denkbare Form der Physiotherapie mitgemacht. Eine endlose Odyssee hatte ihn von Krankenhäusern zu Rehabilitationszentren geführt und wieder zurück. Er hatte ausdauernd und hart gekämpft. Mit Erfolg: Er konnte wieder gehen.

Aber er konnte nicht laufen, auch nicht rennen. Er schaffte kaum mehr, als zu humpeln – auf seinen Krückstock gestützt. Und seine Ärzte rieten ihm dringend, es selbst damit nicht zu übertreiben. Sie warnten ihn davor, dass sein Knie sein Gewicht nicht tragen könne. Wiesen ihn darauf hin, dass der Schmerz, den er so stoisch ignorierte, ein Alarmsignal seines Körpers war. Wenn er nicht aufpasste, sagten sie, könnte er sein Bein möglicherweise bald endgültig nicht mehr gebrauchen.

Doch das Erreichte war einfach nicht genug für ihn.

Denn bevor er nicht wieder rennen konnte, konnte er auch nicht wieder als SEAL arbeiten.

Fünf Jahre lang hatte er immer wieder Enttäuschungen und Rückschläge erlebt. Fünf Jahre, die seiner Unbekümmertheit und seinem Optimismus gewaltig zugesetzt hatten. Fünf Jahre, in denen er sich nichts sehnlicher gewünscht hatte, als wieder das aufregende Leben als Navy SEAL aufnehmen zu können. Fünf Jahre, die er ohne echte Hoffnung im einstweiligen Ruhestand verbracht hatte. Er hatte mit angesehen, wie die Alpha Squad ihn ersetzte – einfach ersetzte] Fünf Jahre, in denen er sich mühsam voranquälte, obwohl er doch rennen wollte. Diese fünf Jahre hatten ihn zermürbt. Er war zutiefst deprimiert. Und verbittert. Voller Zorn auf sich und alle Welt.

Joe machte sich nicht die Mühe, Friscos Frage zu beantworten. Er musterte den durchtrainierten Körper seines Kameraden, wobei sein Blick kurz auf dem vernarbten Bein hängen blieb. „Du siehst gut aus“, sagte er. „Wie ich sehe, hältst du dich in Form. Das ist gut, wirklich gut.“

„Ist das ein Freundschaftsbesuch?“, fragte Frisco schroff.

„Unter anderem.“ Joe lächelte unbeeindruckt von Friscos abweisender Reaktion. „Ich habe tolle Neuigkeiten!“

Tolle Neuigkeiten. Verdammt, wann hatte Frisco zum letzten Mal eine tolle Neuigkeit gehört?

Einer seiner Zimmernachbarn, der ausgestreckt auf seinem Bett in einem Buch las, blickte interessiert auf; Frisco teilte das Zimmer mit drei anderen Veteranen. Joe schien das nicht zu stören. Im Gegenteil. Sein Lächeln wurde noch breiter. „Ronnie ist schwanger“, verkündete er stolz. „Wir bekommen ein Baby.“

„Ich werd verrückt.“ Unwillkürlich musste auch Frisco lächeln. Es fühlte sich merkwürdig an, geradeso, als wüssten seine Gesichtsmuskeln gar nicht mehr, wie das ging. Vor fünf Jahren noch hätte er Joe bei dieser freudigen Mitteilung in die Seite geboxt, einige derbe Sprüche über Männlichkeit und Zeugung vom Stapel gelassen und sich vor Lachen kaum wieder einkriegen können. Jetzt brachte er so gerade eben noch ein Lächeln zustande. Er streckte die Hand aus, um Joe zu gratulieren. „Hätte ich dir gar nicht zugetraut, Junge. Du und eine Familie gründen – wer hätte das gedacht? Hast du Angst?“

Joe grinste. „Geht so. Aber Ronnie ist schon ganz nervös. Sie verschlingt alles, was sie über Schwangerschaft und Babys in die Finger bekommt.“

„Ein Baby! Ich fass es nicht.“ Frisco schüttelte den Kopf. „Wie willst du es nennen? Joe Cat Junior?“

„Um ehrlich zu sein: Ich wünsche mir ein Mädchen“, gab Joe zu, und sein Lächeln wurde weich. „Mit roten Haaren, wie ihre Mutter.“

„Richte Ronnie meine Glückwünsche aus! Ich freu mich für euch“, sagte Frisco. „Also, was gibt’s sonst noch?“

Joe sah ihn verdutzt an.

„Du sagtest, es sei ‚unter anderem‘ ein Freundschaftsbesuch. Also führt dich noch etwas anderes hierher. Was?“

„Oh. Ja. Steve Horowitz hat mich gebeten, bei einem Gespräch mit dir dabei zu sein.“

Augenblicklich war Frisco auf der Hut. Steve Horowitz war sein Arzt. Warum wollte er Joe bei einem Gespräch mit seinem Patienten dabei haben? „Wieso?“

Joes Lächeln verschwand. „Steve erwartet uns in der Offizierslounge“, sagte er, ohne auf die Frage einzugehen.

Ein Gespräch in der Offizierslounge. Dann war es also noch ernster, als Frisco ohnehin schon befürchtete. „Okay, gehen wir“, gab er zurück. Er wusste, es hatte keinen Zweck, weiter in Joe zu dringen. Sein ehemaliger Commander würde keine Details preisgeben.

„Was macht das Knie?“, fragte Joe auf dem Weg durch den Flur. Er ging absichtlich langsam, damit Frisco mithalten konnte.

Erneut machte sich Frust in Frisco breit. Er hasste den Umstand, sich nicht schnell voranbewegen zu können. Verdammt, früher hatte er beim Training alle Geschwindigkeitsrekorde gebrochen!

„Heute etwas besser“, log er, obwohl ihn jeder Schritt fürchterlich schmerzte. Und obwohl ihm ohnehin klar war, dass Joe ihn durchschaute.

Er stieß die Tür zur Offizierslounge auf. Der Raum wirkte recht einladend: Schwere Polstermöbel gruppierten sich vor dem riesigen Panoramafenster mit Blick auf den Park. Der Teppich war blau, etwas heller als der Himmel, und die grünen Bezüge der Polstermöbel passten sehr gut zu dem üppig wuchernden Pflanzenwuchs vor dem Fenster. Die Farben verblüfften Frisco. Er hatte sich bisher fast nur nachts in diesem Raum aufgehalten, wenn er nicht schlafen konnte. Und da er nie die Deckenbeleuchtung eingeschaltet hatte, war ihm alles, Wände wie Möbel, grau erschienen.

Steve Horowitz betrat die Offizierslounge nur wenige Augenblicke nach ihnen. „Schön, dass Sie kommen konnten“, begrüßte er Joe. „Ich weiß, wie voll Ihr Terminkalender ist, Lieutenant.“

„Nicht zu voll hierfür, Captain“, entgegnete Joe knapp.

„Was genau ist ‚hierfür‘?“, fragte Frisco. Er fühlte sich in höchstem Maße unwohl. Fast so wie bei seiner letzten Erkundung auf Feindesgebiet.

Der Arzt wies zum Sofa. „Wollen wir uns nicht setzen?“

„Danke, ich stehe lieber“, erwiderte Frisco.

Joe machte es sich auf dem Sofa bequem und streckte seine langen Beine von sich. Der Arzt dagegen ließ sich auf der Kante eines Sessels nieder und gab so schon durch seine Körpersprache zu erkennen, dass er nicht die Absicht hatte, lange um den heißen Brei herumzureden.

„Was ich Ihnen sagen muss, wird Ihnen nicht gefallen, Mr. Francisco“, begann er unverblümt. „Ich habe gestern Ihre Entlassung aus dieser Klinik angeordnet.“

„Sie haben was getan?“ Frisco traute seinen Ohren nicht.

„Sie sind entlassen“, bestätigte der Arzt nicht unfreundlich. „Sie müssen Ihr Zimmer bis heute Nachmittag räumen.“

Ungläubig sah Frisco von Steve Horowitz zu Joe und wieder zurück. Joes Augen waren dunkel vor Mitgefühl, doch er schwieg. „Aber meine Therapie …“

„Ist hiermit beendet“, schnitt Horowitz ihm das Wort ab. „Die Bewegungsfähigkeit Ihres Knies ist hinreichend wiederhergestellt und …“

„Hinreichend wiederhergestellt? Wofür?“, fauchte Frisco wütend. „Um herumzuhumpeln? Das reicht nicht! Ich muss rennen können. Ich muss …“

Joe richtete sich auf. „Steve beobachtet dein Training seit Wochen“, erklärte er ruhig. „Ganz offensichtlich gibt es keinerlei Fortschritte …“

„Das ist ein vorübergehendes Tief. So was kommt vor …

„Ihr Therapeut befürchtet, dass Sie sich überfordern“, unterbrach Horowitz ihn. „Sie übertreiben mit Ihren Übungen.“

„Verschonen Sie mich mit diesem Mist.“ Frisco umklammerte seinen Krückstock so fest, dass seine Knöchel weiß hervortraten. „Meine Zeit ist abgelaufen. Das ist der Punkt, nicht wahr?“ Er sah zu Joe hinüber. „Irgendjemand ganz oben hat entschieden, dass genug für mich getan wurde und ich keine weiteren Ansprüche habe. Ich soll mein Bett frei machen für irgendein anderes armes Schwein, das genauso wenig wie ich darauf hoffen kann, wieder ganz auf die Beine zu kommen. Richtig?“

„Sicher, sie brauchen dein Bett“, nickte Joe. „Die Kapazitäten in den Rehakliniken sind begrenzt, das weißt du. Aber …“

„Sie machen nicht nur keine Fortschritte mehr“, mischte sich Horowitz ein. „Ihr Zustand verschlechtert sich wieder. Ich habe es Ihnen bereits einmal gesagt, aber Sie scheinen nicht begreifen zu wollen: Schmerz ist immer ein Signal des Körpers, das darauf hindeutet, dass etwas nicht in Ordnung ist. Wenn Ihr Knie schmerzt, schreit es nicht danach, noch härter trainiert zu werden, sondern ganz im Gegenteil: Es verlangt nach Schonung. Gönnen Sie sich eine Pause. Wenn Sie so weitermachen wie bisher, Lieutenant, dann sitzen Sie spätestens im August wieder im Rollstuhl.“

„Ich werde nie wieder in einem Rollstuhl sitzen, Sir.“ Er benutzte zwar die respektvolle Anrede – sein Ton jedoch ließ alles andere als Respekt erkennen.

„Wenn Sie nicht den Rest Ihres Lebens sitzen wollen, sollten Sie damit aufhören, Ihr verletztes Gelenk zu ruinieren“, schoss Horowitz zurück. „Ich will mich nicht mit Ihnen streiten, Alan. Seien Sie dankbar, dass Sie wieder stehen können. Sie können laufen! Sicher, Sie brauchen einen Stock, aber …“

„Ich werde wieder rennen. Ich gebe nicht eher auf, ehe ich nicht wieder rennen kann.“

„Das schaffen Sie nicht“, widersprach der Arzt grob. „Ihr Knie wird Ihr Gewicht nie mehr tragen können. Und Sie werden es auch nie mehr ganz beugen oder durchstrecken können. Finden Sie sich damit ab, dass Sie den Rest Ihres Lebens humpeln werden.“

„Dann brauche ich eben eine weitere Operation!“

„Was Sie brauchen, ist die Einsicht, dass das Leben auch so weitergeht.“

„Mein Leben kann nur weitergehen, wenn ich in der Lage bin zu laufen“, widersprach Frisco heftig. „Kennen Sie einen SEAL, der am Stock geht? Ich nicht.“

Dr. Horowitz schüttelte missbilligend den Kopf und sah Hilfe suchend zu Joe hinüber.

Doch der sagte kein einziges Wort.

„Sie sind jetzt fünf Jahre lang von einem Krankenhaus und Rehazentrum zum anderen gewandert“, fuhr der Arzt fort. „Alan, Sie sind keine zwanzig mehr. Die Wahrheit ist: Die SEALs brauchen Sie nicht mehr. Es werden jede Menge junger Männer ausgebildet, die Sie selbst dann wieder und wieder überrunden würden, wenn Sie noch rennen könnten! Glauben Sie wirklich, dass die da oben auf einen alten Kerl mit einem kaputten Knie warten?“

Frisco bemühte sich um ein ausdrucksloses Gesicht. „Vielen Dank, Doc“, erwiderte er tonlos, während er aus dem Fenster sah. „Ich weiß Ihr Vertrauen zu schätzen.“

Joe beugte sich vor. „Was Steve da sagt, klingt hart – und es ist auch nicht ganz richtig“, sagte er. „Wir ‚alten Kerle‘ über dreißig verfügen über Erfahrung, die den Frischlingen noch fehlt, und das macht uns allgemein zu den besseren SEALs. Aber in einem Punkt hat er dennoch recht: Du bist seit fünf Jahren weg vom Fenster. Du stehst noch vor ganz anderen Herausforderungen als ‚nur‘ den körperlichen – und damit allein hättest du schon genug zu tun. Unsere Ausrüstung hat sich entscheidend verändert, du müsstest dich mit Strategiewechseln vertraut machen und …“

„Gönnen Sie sich eine Auszeit“, wiederholte Dr. Horowitz eindringlich.

Frisco wandte den Kopf und sah dem Arzt direkt in die Augen. „Nein!“ Er blickte hinüber zu Joe. „Keine Auszeit. Nicht, solange ich auf diesen Stock angewiesen bin. Nicht, solange ich die Meile nicht wieder in sechs Minuten schaffe.“

Der Arzt verdrehte entnervt die Augen, stand auf und wandte sich zur Tür, um zu gehen. „Die Meile in sechs Minuten? Vergessen Sie’s. Das schaffen Sie nie wieder.“

Frisco schaute aus dem Fenster. „Captain, Sie haben mir auch prophezeit, ich würde nie wieder gehen können.“

Horowitz drehte sich noch einmal zu ihm um. „Das ist etwas ganz anderes, Lieutenant. Das Training, mit dem Sie sich derzeit quälen, schadet Ihrem Knie mehr, als es ihm nützt. Das ist die Wahrheit, ob Sie es nun glauben oder nicht.“

Frisco rührte sich nicht. Schweigend beobachtete er, wie sich draußen leuchtend rosa Blüten sanft im Wind wiegten.

„Es gibt auch noch andere Aufgaben für einen SEAL“, fügte der Arzt etwas freundlicher hinzu. „Zum Beispiel im Innendienst …“

Wutentbrannt wirbelte Frisco herum. „Ich bin Spezialist auf zehn verschiedenen Gebieten der Kriegsführung, und Sie schlagen mir einen verdammten Job als Schreibtischhengst vor?“

„Alan …“

Joe erhob sich. „Du solltest dir wenigstens die Zeit nehmen, in Ruhe darüber nachzudenken“, meinte er. „Sag nicht von vornherein Nein.“

Frisco musterte Joe mit kaum verhohlenem Entsetzen. Vor fünf Jahren noch hatten sie ihre Witze darüber gerissen, wie es wohl wäre, nach einer Verletzung im Innendienst zu landen. Dieses Schicksal war ihnen damals fast schlimmer als der Tod erschienen. „Du willst, dass ich über einen Schreibtischjob nachdenke?“, fragte er.

„Du könntest unterrichten.“

Frisco schüttelte ungläubig den Kopf. „Großartig. Du hast wirklich Nerven. Kannst du dir etwa vorstellen, dass ich vor einer Tafel stehe? Zumindest von dir hätte ich erwartet, dass du verstehst, warum ich so etwas niemals könnte.“

„Als Ausbilder wärst du noch immer ein SEAL“, beharrte Joe. „Entweder das – oder du scheidest aus dem Dienst aus. Irgendjemand muss den Jungs doch beibringen, wie man überlebt. Warum nicht du?“

„Weil ich mittendrin war!“ Frisco schrie fast. „Weil ich weiß, wie es ist. Weil ich wieder dabei sein will, mittendrin. Ich will aktiv etwas tun, nicht … unterrichten. Verdammt!“

„Die Navy will dich nicht verlieren“, sagte Joe leise und eindringlich. „Du bist jetzt seit fünf Jahren weg, aber nach wie vor kann dir niemand das Wasser reichen, wenn es um strategische Kriegsführung geht. Klar, du kannst aussteigen. Du kannst den Rest deines Lebens mit dem Versuch verplempern, wiederzuerlangen, was du einmal hattest. Du kannst dich in dein Mauseloch verkriechen und dir selbst leidtun. Du kannst aber auch dein Wissen an die nächste Generation von SEALs weitergeben.“

„Aussteigen?“, fragte Frisco mit einem bitteren Auflachen. „Ich kann nicht aussteigen. Man hat mich nämlich bereits rausgeschmissen. Richtig, Captain Horowitz? Heute Nachmittag ist Schluss für mich.“

Einige Sekunden lang herrschte drückendes Schweigen zwischen den drei Männern.

„Es tut mir leid“, murmelte der Doktor schließlich. „Ich muss tun, was das Beste für Sie und für diese Einrichtung ist. Wir müssen Ihr Bett für jemanden räumen, der es dringender braucht, und Sie müssen Ihrem Knie eine Pause gönnen, bevor Sie es noch ganz ruinieren. Mir bleibt gar nichts anderes übrig, als Sie nach Hause zu schicken. Eines Tages werden Sie mir dafür danken.“ Damit verließ er den Raum.

Frisco wandte sich entschlossen an Joe. „Richte der Navy aus, dass für mich nichts anderes infrage kommt als der aktive Dienst. Nichts anderes, verstehst du? Niemals werde ich unterrichten.“

Bedauern und tiefes Mitgefühl lagen in Joes dunklen Augen. „Es tut mir leid“, sagte er leise.

Frisco blickte zur Wanduhr. Fast Mittag. Ein paar Stunden noch, dann musste er gepackt haben und zur Abreise bereit sein. Ein paar Stunden noch, in denen er ein Navy SEAL war, der sich vorübergehend von einer Verletzung erholte. Ein paar Stunden noch, dann würde er ein ehemaliger Navy SEAL sein – Navy SEAL Lieutenant a. D. Nur noch ein paar Stunden, und er war ein Zivilist, ohne zu wissen, wohin er gehen und was er tun sollte.

Zorn kochte in ihm hoch. Vor fünf Jahren war ihm das nur selten passiert. Er war immer ruhig und ausgeglichen gewesen. Aber heute kannte er kaum noch ein anderes Gefühl als Wut.

Aber halt! Er wusste ja doch, wohin. Der Gedanke hatte etwas Beruhigendes: Vor ein paar Jahren schon hatte er sich eine kleine Eigentumswohnung in San Felipe gekauft, in einer relativ billigen Wohngegend. Er konnte dorthin ziehen. Und dann? Was sollte er tun? Er hatte keine Arbeit, keine Aufgabe.

Nichts zu tun zu haben war schlimmer, als nicht zu wissen, wohin. Was sollte, ja, was konnte er nur tun? Den ganzen Tag vor der Glotze herumsitzen und Invalidenrente kassieren? Prompt flackerte der Zorn wieder in ihm auf und drückte ihm fast die Luft ab.

„Ich kann mir die Physiotherapie nicht leisten, die mir hier in der Klinik zuteil wurde!“ Frisco hoffte inständig, dass ihm seine Verzweiflung nicht anzuhören war.

„Vielleicht solltest du wirklich auf Steve hören und deinem Knie ein wenig Ruhe gönnen“, schlug Joe vor.

Er hatte leicht reden. Er würde schließlich gleich aufstehen und das Krankenhaus verlassen, ohne Stock, ohne zu humpeln, ohne vor den Scherben seines Lebens zu stehen. Er würde nach Hause zurückkehren zu seiner wunderschönen Frau, die mit ihrem ersten Baby schwanger war. Er würde mit ihr zu Abend essen, sie dann wahrscheinlich lieben und schließlich in ihren Armen einschlafen. Und am nächsten Morgen würde er aufstehen, eine ausgedehnte Runde joggen, sich duschen, rasieren, anziehen und zur Arbeit gehen – als befehlshabender Offizier der Alpha Squad.

Joe hatte alles.

Frisco hatte nur ein leeres Apartment in einer eher miesen Wohngegend.

„Glückwunsch zu deinem Baby, Mann.“ Frisco gab sich allergrößte Mühe, es aufrichtig zu meinen. Dann humpelte er aus dem Raum.

2. KAPITEL

In Apartment 2c brannte Licht.

Mia Summerton blieb auf dem Parkplatz stehen, setzte ihre schweren Einkaufstaschen ab und sah hinauf zu dem Fenster im zweiten Stock. Es lag direkt neben ihrer eigenen Wohnung. Sie hatte schon geglaubt, der Eigentümer von 2c würde nie mehr auftauchen, so viele Jahre stand das Apartment schon leer.

Aber heute Abend war er da – wer er auch immer sein mochte.

Dass die Wohnung einem Mann gehörte, das wusste sie immerhin. Sie hatte seinen Namen wiederholt gelesen, sowohl auf der Liste der Wohnungseigentümer als auch auf diversen Postwurfsendungen, die irrtümlich in ihrem Briefkasten landeten: Lt. Alan Francisco, United States Navy, a. D. Mia nahm ihre Einkaufstaschen wieder auf und stieg die steinerne Außentreppe hinauf in den zweiten Stock.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!