Troubleshooters - Am Limit - Suzanne Brockmann - E-Book

Troubleshooters - Am Limit E-Book

Suzanne Brockmann

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Beschreibung

Ist sie bereit, alles zu geben?

Das Fliegen ist die große Leidenschaft von Lieutenant Teri Howes, einer der besten Helikopterpilotinnen der US-Marine. Doch als ein Jet mit der Tochter eines amerikanischen Senators an Bord entführt wird, werden ihre Fähigkeiten auf eine harte Probe gestellt. Gemeinsam mit Senior Chief Stan Wolchonok leitet sie die gefährliche Rettungsmission und muss schon bald feststellen, dass sie dabei nicht nur ihr Leben, sondern auch ihr Herz verlieren könnte ...

»Ausgefallen und außergewöhnlich! Bravo!« BOOKLIST

Spannung pur gepaart mit prickelnder Leidenschaft: Die Troubleshooter-Reihe - die heißesten Navy SEALs der Welt!

Band 1: Troubleshooters - Tödlicher Hinterhalt
Band 2: Troubleshooters - Bedingungslos
Band 3: Troubleshooters - Am Limit

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Inhalt

Grußwort des Verlags

Über dieses Buch

Titel

Widmung

Prolog

1

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Danksagung

Über die Autorin

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Impressum

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Über dieses Buch

Das Fliegen ist die große Leidenschaft von Lieutenant Teri Howes, einer der besten Helikopterpilotinnen der US-Marine. Doch als ein Jet mit der Tochter eines amerikanischen Senators an Bord entführt wird, werden ihre Fähigkeiten auf eine harte Probe gestellt. Gemeinsam mit Senior Chief Stan Wolchonok leitet sie die gefährliche Rettungsmission und muss schon bald feststellen, dass sie dabei nicht nur ihr Leben, sondern auch ihr Herz verlieren könnte …

SUZANNE BROCKMANN

Troubleshooters

AM LIMIT

Aus dem amerikanischen Englisch von Christian Bernhard

Für die tapferen Frauen und Männer,

die im Zweiten Weltkrieg für die Freiheit gekämpft haben. Ihnen gilt mein aufrichtigster, bescheidener Dank.

Prolog

Vor vier Monaten

Der Mond stand unverfroren und voll am Himmel, gleich links von einer Werbetafel für einen Insolvenzanwalt, und Stan wusste es.

Der Vollmond war schuld.

Es musste am gottverdammten Vollmond liegen.

Senior Chief Petty Officer Stan Wolchonok stützte sich ab, indem er sich seitlich an einem Pick-up festhielt, der auf dem Parkplatz vor der Ladybug Lounge stand, und betete zu welchem Gott auch immer, der ihm Gehör schenken mochte, dass er sich nicht übergeben würde.

Sein Fieber schoss in die Höhe. Er konnte spüren, wie er am ganzen Körper in Schweiß ausbrach, als ihn eine starke Hitzewallung erfasste. Gottverdammt, ausgerechnet jetzt die Grippe … Natürlich gab es nie einen guten Zeitpunkt, um krank zu werden. Es war nur zufällig ein denkbar schlechter Zeitpunkt, wo er doch nach zwei endlosen Monaten unterwegs wieder zurück in die Staaten gekommen war.

»Senior! Gott sei Dank sind Sie hier!«

Stan war nicht bereit, irgendwem für irgendetwas zu danken – besonders nicht für seine Galavorstellung heute Abend in dieser billigen, zwielichtigen Bar, die er seit über zwei Jahren nicht mehr freiwillig betreten hatte.

Was nicht bedeutete, dass er in den letzten zwei Jahren nicht viele Male hier gewesen wäre.

Um aufzuräumen, nachdem irgendein Blödarsch aus dem Team ausgerastet war.

Der durchschnittliche Blödarsch bekam nicht mehr als zwei solcher Verstöße, bevor er aus den SEAL-Teams flog – oder zumindest aus der Elite-Einheit der Team-16-Troubleshooter.

Die Wahrheit lautete, dass jeder durchschnittliche Blödarsch, der klug genug war, um ein SEAL zu werden, recht schnell lernte, sich die meiste Zeit über weder blöd noch wie ein Arsch zu benehmen. Aber jeder musste mal Dampf ablassen, besonders nach zwei Monaten weit weg von den Menschen, die man liebte, zwei Monaten unter großem Stress und ohne verdammt viel Auszeit.

Die verheirateten Männer – und die, deren Beziehungen mit ihren Freundinnen die vergangenen zwei sehr kalten und einsamen Monate der Trennung überstanden hatten –, waren alle zu Hause in den sanften Armen ihrer Liebsten. Die Singles steckten in Bars wie dem Ladybug – einem alkoholgeschwängerten Ort, an dem es für einen Blödarsch extrem einfach war, ernsthaft in Schwierigkeiten zu geraten.

Bei dem Blödarsch des heutigen Abends handelte es sich um den frisch ernannten Chief Petty Officer Ken Karmody, besser bekannt unter seinem so passenden Spitznamen WildCard. Leider hatte er nichts auch nur im Entferntesten Durchschnittliches an sich.

Das hier war ohne jeden Zweifel schon sein siebzehnter Verstoß. Ein anderer Mann wäre schon längst rausgeflogen. Das Problem war nur, dass andere nicht mal die Hälfte der Dinge mit Computern anstellen konnten, zu denen WildCard Karmody in der Lage war.

Und Lieutenant Tom Paoletti, der CO von SEAL-Team 16, mochte das kleine Arschgesicht wirklich. Die Wahrheit war, dass auch Stan ihn mochte.

Aber nicht heute Abend. Im Moment mochte er ihn überhaupt nicht.

Und die Eine-Million-Dollar-Frage lautete: Was hatte WildCard diesmal getan, um seinem Spitznamen alle Ehre zu machen?

Chief Frank O’Leary hatte den Notruf abgesetzt, der Stan aus dem Bett holte. O’Leary, ein Mann weniger Worte mit einer ansonsten trägen, gedehnten Sprechweise, hatte kurz und knapp geklungen. Er war gleich auf den Punkt gekommen. »Senior, WildCard steckt tief in der Scheiße. Der könnte Sie sicher so schnell wie möglich im Bug gebrauchen.«

Wenn es irgendjemand anderes gewesen wäre, hätte Stan sich umgedreht und sich wieder in einen fiebrigen Halbschlaf gestöhnt. Aber O’Leary bat selten um etwas. Also war Stan innerhalb von drei Minuten aufgestanden, hatte sich angezogen und war in seinen Pick-up gestiegen.

Er zwang sich jetzt, sich aufzurichten, während Petty Officer Second Class Mark Jenkins über den Parkplatz auf ihn zugerannt kam. »O’Leary und Lopez haben Karmody in der Toilette eingesperrt und Starrett, Muldoon, Rick und Steve halten um die zwanzig Marines in Schach, die ihn in Stücke reißen wollen.«

Stan hämmerte der Kopf. »Sam Starrett und Mike Muldoon sind hier?« Scheiße. Sie waren Offiziere. Abgesehen von der Tatsache, dass Sam ein Mustang war – ein Soldat, der zur OTS – der Officer Training School – gegangen war und den Sprung zum Offizier geschafft hatte –, und Muldoon praktisch den Boden anbetete, über den Stan gegangen war, machte ihre Anwesenheit das Bereinigen dieser Angelegenheit sehr viel komplizierter.

Und dabei waren die zwanzig US-Marines, die WildCard Karmody – vermutlich aus einem guten Grund – in Stücke reißen wollten, noch ganz außen vor. Zwanzig Marines. Nicht zwei. Nicht drei. Zwanzig. Toll. Einfach toll.

»Starrett schwört, dass er von den extrem üppigen, äh, Reizen einer jungen Dame geblendet ist, die er heute Abend hier getroffen hat. Er hat nichts gesehen und wird auch weiterhin nichts sehen. Und Muldoon hat versprochen, sich zur Hintertür rauszumachen, sobald Sie da sind«, berichtete Jenk in seinem Schuljungentenor. Dass er eine Stimme wie eine Cartoonfigur hatte, passte zu den Sommersprossen in seinem täuschend ehrlich wirkenden Gesicht.

Stan schaffte es, aufrecht bis zur Tür des Ladybug zu gehen. Verdammt, er triefte vor Schweiß. Der Schlüssel, wie man eine solche explosive Lage entschärfte, lag darin, beim Hereinkommen total ruhig und gelassen zu wirken. Er fand sein Taschentuch, wischte sich die Stirn ab und betete erneut, dass er nicht auf den Boden kotzen würde. »Was ist passiert?«

»Ich weiß es nicht genau, Senior.« Jenk, ein wahrer Quell an Informationen und offiziellem Teamklatsch, lag trocken. Wann war das zuletzt vorgekommen?

Stan verfluchte den Vollmond aufs Neue. »Raten Sie«, befahl er dem Jungen.

»Ich glaube, WildCard ist mal wieder hergekommen, um Adele zu sehen«, erzählte Jenk ihm. »Und ich schätze, es ist nicht allzu gut gelaufen. Mal wieder.«

Adele Zakashansky. WildCards Highschoolliebe, die ihn nach Jahren angeblicher Zuneigung ohne großes Federlesen abserviert hatte. Zumindest war das WildCards Version der Geschichte. Dieses Abservieren hatte sich vor sechs chaotischen Monaten ereignet. Wenn Stan nie wieder ihren Namen hören würde, käme das zu früh.

»Ich hab mit Lopez und Rick Billard gespielt«, fuhr Jenk fort. »WildCard hab ich nicht mal reinkommen sehen. Dann gab es diesen Tumult, ich sehe hoch und da legt er sich einer gegen zwanzig mit diesem Haufen Marines an, als wäre er Jackie Chan oder so. O’Leary stand bei der Bar, er griff sich WildCard und beförderte ihn in die Toilette. Muldoon hat die Marines zu einem vorübergehenden Waffenstillstand überredet. Aber eben nur vorübergehend.«

Gott segne Chief Frank O’Leary und Ensign Mike Muldoon. »Irgendwas zu Bruch gegangen?«

»Ein großer Spiegel an der Wand«, sagte Jenk. »’n paar Stühle.« Er lachte. »Und jede Menge Marines-Eier. Card ist ein wilder Mann.«

Die Tür ging auf und Mike Muldoon spähte hinaus. »Senior! Gott sei Dank. Sie kommen besser rein. Der Manager ist kurz davor, die Polizei zu rufen, WildCard brüllt was davon, aus der Toilette rauszukommen und zu beenden, was er angefangen hat, und die Marines sind mehr als bereit, es krachen zu lassen.«

Stan wischte sich noch einmal über das Gesicht und ging dann hinein. »Von jetzt an übernehme ich, Muldoon«, sagte er zu dem jüngeren Mann.

»Oh, Mann, Senior, Sie sehen wirklich schrecklich aus. Sie haben die Grippe«, wurde es Muldoon klar. Er hatte eines von diesen viel zu jungen, viel zu attraktiven Gesichtern mit großen, ausdrucksstarken blauen Augen, die jede Gefühlsregung verrieten. Und er wunderte sich, warum er nie beim Pokern gewann. »Sie sollten zu Hause sein, im Bett …«

»Und Sie sollten raus hier«, sagte Stan unverblümt. »Mit Ihnen hier drin kann ich das nicht für Karmody regeln.«

Muldoon sah aus, als würde er gleich anfangen zu heulen. »Aber …«

»Ziehen Sie Leine. Sir.«

Muldoon war kein Dummkopf und verschwand mit einem weiteren gequälten Blick.

Stan schaute sich im Raum um. Marines, Manager, Mann auf der Toilette. Heute Abend arbeitete Kevin Franklin als Manager – er kannte den Kerl gut. Er war ein Arschloch, aber in dieser Situation ein bekanntes Übel – besser, als es mit einem unbekannten zu tun zu haben.

Ja, in der Tat, WildCard Karmody hatte heute Abend Glück – Stan konnte das regeln. Vorausgesetzt, er hielt sich auf den Beinen und reiherte nicht auf irgendwen.

Schritt eins. Die Marines hier rauskriegen. Ohne sie würde der Manager weniger dazu tendieren, die örtliche Polizei zu rufen. Stan ging auf die missmutige Gruppe zu.

Der Marine mit dem höchsten Rang war nur ein Corporal – Herrgott, sie waren alle Kinder. Das würde es entweder richtig einfach oder richtig schwer machen.

»Sagen Sie Franklin, er soll aushalten«, murmelte er Jenk zu. »Bitten Sie ihn – höflich, wohlgemerkt –, mir fünf Minuten zu geben. Höchstens zehn. Sagen Sie ihm, ich sorge für reine Luft und seh dann zu, was ich machen kann, damit es eine angemessene Wiedergutmachung für den entstandenen Schaden gibt.«

Jenk zog ab.

»Wie wär’s, wenn wir alle rausgehen, Corporal«, sagte Stan zu einem großen, bulligen Jungen, der nicht mehr als dreiundzwanzig zarte Jahre alt sein konnte. »Ich bin Senior Chief Stan Wolchonok, US Navy, SEAL-Team 16. Ich weiß nicht genau, was sich hierzu sagen lässt, aber ein bisschen frische Luft kann nicht schaden, hm?«

»Warum sollten wir diejenigen sein, die gehen?« Ein anderer, noch größerer und bulligerer Junge – noch betrunkener als Corporal Bizeps – trat vor. »Dieses dumme kleine Arschloch hat angefangen.«

Stan konnte WildCard – das besagte dumme kleine Arschloch – in der Toilette brüllen hören, er schlug gegen die Tür und verlangte, rausgelassen zu werden.

»Wir gehen auf den Parkplatz«, schlug ein anderer Marine vor, »wenn Sie ihn auch raus auf den Parkplatz schicken.«

Stan seufzte. »Das kann ich nicht machen, Jungs. Wenn ihr gegen ihn kämpfen wollt«, sagte er, »und das kann ich wirklich nicht empfehlen – er ist klein, aber schnell und die Bedeutung des Worts aufhören kennt er nicht –, was haltet ihr dann davon, wenn ich euren CO anrufe und wir einen Termin ausmachen, wann euer bester Mann gegen Chief Karmody im Boxring antritt? Schön sauber, alle nüchtern, keiner geht danach wegen Trunkenheit und ordnungswidrigem Verhalten in den Knast.«

Ein weiterer Marine, ein Junge, der in direkter Linie von Cromagnonmenschen abstammte, tänzelte nach vorn, sich wie ein Boxkämpfer bewegend. Das war definitiv ihr bester Mann, direkt zur Stelle, höchstpersönlich. Wer hätte das gedacht?

Stan taxierte ihn mit einem Blick. Großspurig und stark, aber unerfahren. Zu unerfahren, um zu wissen, dass man durch Unerfahrenheit schneller auf der Matte landen konnte, mit dem Gesicht nach unten, die Lichter ausgeknipst, als ein Schiri blinzeln konnte.

»Ich würd lieber gegen dich kämpfen, Paps«, sagte der Junge so überzeugt von sich selbst, dass sich Stan vorstellen konnte, wie sein Kopf durch das übermäßig aufgeblasene Ego explodierte. Blamm.

»Du wärst eine größere Herausforderung«, fuhr der Junge fort. Er grinste. »Du siehst aus, als würdest du sogar zwei volle Runden überstehen, bevor ich dich k. o. schlage.«

Seine Deppen von Freunde lachten und schubsten einander an. Sie waren die Könige der Welt – doch ihr Planet war ein sehr, sehr kleiner. Sie waren nur zu jung und zu dumm, um es bereits zu wissen.

Der Cromagnonjunge kam langsam näher und drang in Stans persönliche Distanzzone ein. »Und ich sage, wir machen es gleich hier. Jetzt sofort.«

Scheiße auch. Stan wollte nicht kämpfen. Nicht in vier Tagen in einem Ring und heute Abend schon gar nicht. Heute Abend wollte er nur nach Hause und sich ins Bett legen.

Er atmete den Jungen in der Hoffnung an, dass er ansteckend war. Leider nahm diese Sorte grippalen Infekts keinen schnellen Verlauf.

Stan konnte spüren, wie ihn aus allen Ecken des Raums seine Männer anstarrten. Er konnte WildCard Karmody noch immer auf dem Klo herumbrüllen hören. Gott, er musste die Sache mit dem Arschloch von Manager bereinigen und dann Karmody beruhigen, an welchem emotionalen Abgrund auch immer der stand.

Nach Gin stinkend, baute sich Cromagnon drohend vor ihm auf, und schlagartig wurde Stan klar, dass dies der perfekte Zeitpunkt war, um Schnelligkeit den Vorzug vor Raffinesse zu geben. Raffinesse erforderte zu viel Reden und verdammt, er hatte Halsschmerzen.

»Schön. Machen wir’s. Jemand gibt das Startzeichen«, sagte Stan, ohne den Blick auch nur ein einziges Mal von Cromagnon abzuwenden.

»Los«, kam es von Jenk, guter Mann.

Ein schneller Schlag, ein harter Aufwärtshaken und den Ellbogen gegen den Hinterkopf. Stan trat zurück, der Höhlenjunge lag am Boden und würde nicht so bald wieder aufstehen.

Es wäre noch beeindruckender gewesen, wenn Stan nicht geschwitzt hätte, während er leichtfüßig wie ein Tänzer auf den Fußballen dastand. Das Fieber machte ihn auch benommen, aber das wussten diese Narren nicht. Er sah die anderen Jarheads an und schenkte ihnen seinen besten tödlichen Blick. Kalt und gefühllos. Eine totale Maschine. »Wer ist der Nächste? Kommt schon, stellt euch in die Schlange, Mädels. Ich nehm es der Reihe nach mit jedem von euch auf, wenn ihr das wollt.«

Er hatte eindeutig ihre Aufmerksamkeit. Und auch die seiner SEALs.

»Bleib zurück, Junior«, sagte er tonlos, ohne sich umzudrehen, um zu sehen, wer sich schlurfenden Schrittes hinter ihm aufstellte. Er brauchte sich nicht umzudrehen. Er kannte seine Männer.

Und sie kannten ihn. Aber gerade eben hatte er sie überrascht, denn obwohl er ein geborener Kämpfer war, bevorzugte er es normalerweise, die Situation durch reden zu klären.

Die jüngeren Marines sahen den Corporal auf Anweisungen wartend an, und der besaß Gott sei Dank noch ein paar funktionierende Gehirnzellen. Er starrte hinunter auf den Boxchampion aus seinem Zug, der bewusstlos dalag und auf den dreckigen Fußboden der Bar sabberte.

Stan sah zu, wie der Corporal langsam die Gleichung anstellte. Wenn Stan ihren besten Mann in eins Komma drei Sekunden ausschalten konnte, dann …

»Wie wär’s, wenn ich euren CO anrufe und wir einen Termin abmachen, wann sich Karmody mit eurem besten Mann im Boxring trifft?«, fragte Stan noch einmal.

Der Corporal nickte ruckartig, sah von Stan zur Toilettentür, rief sich zweifellos Karmody mit seiner Verrückter-Professor-Frisur und seiner hageren Gestalt ins Gedächtnis und dachte ebenso zweifellos, dass ihr Mann ihm im Ring eine Abreibung verpassen könnte.

Wäre Stan nicht grippekrank gewesen, hätte er gelächelt. Die würden eine Riesenüberraschung erleben. »Wie wär’s, wenn du die schlafende Schönheit hier nimmst und dich zurück zum Stützpunkt bewegst?«, schlug er vor. Wenn man es mit Alkohol und Idioten zu tun hatte, war unaufhörliches Wiederholen meistens notwendig. »Und morgen früh setzen wir einen Boxkampf an.«

»Gut …«, sagte der Corporal endlich.

»Großartig«, überfuhr Stan ihn. »Wir haben eine Abmachung.« Er hätte dem Corporal die Hand geschüttelt, wenn seine eigene nicht so schwitzig gewesen wäre. Er konnte es jetzt nicht gebrauchen, dass der Junge dachte, er hätte Angst, also nahm er die Hände zu einer Art Rührt-euch-Stellung hinter den Rücken. »Bring ihn raus«, befahl er.

Zwei der Marines nahmen Cromagnon, und sie alle schlurften davon.

Als die Tür hinter ihnen zufiel, schien der ganze Raum vor Erleichterung einen kollektiven Seufzer auszustoßen. Nicht dass noch viele Leute übrig gewesen wären. Ein paar Biker, die enttäuscht darüber wirkten, dass es keine Schlägerei geben würde. Zwei Frauen, die zu Jay Lopez und Frank O’Leary herüberschielten, während die beiden SEALs vor der Tür zur Männertoilette standen und sie fest zuhielten. Einige Paare, die in der Dunkelheit der Eckseparees rummachten und den Rest der Welt ignorierten.

Es hatte eine Zeit gegeben, in der Stan selbst in einem dieser Eckseparees gesessen hatte und Frauen nähergekommen war, denen es nichts ausmachte, dass er nicht wie Mel Gibson aussah, denen es nichts ausmachte, dass er die Stadt mir nichts, dir nichts verließ und sich manchmal nicht darum scherte, zurückzukommen. Candy, Julia, Molly, Val. Laura. Lisa. Linda. Er hatte sie alle getroffen, wenn nicht hier, dann in einer Kneipe, die dieser hier sehr ähnlich war. Er sollte nostalgische Gefühle verspüren und keine Übelkeit.

Aber scheiße, er wollte nur nach Hause.

Und jetzt kam erst einmal Schritt zwei.

Lieutenant Junior Grade Sam Starrett fing ihn auf dem Weg zur Bar und dem wartenden Manager ab. Starrett hatte den Arm um eine Frau gelegt, die mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit die größten Brüste der Welt besaß. Er grinste und war ein wenig beschwipst – sofern man dieses Wort benutzen konnte, um einen großen, bösen Navy-SEAL zu beschreiben.

Die Frau flüsterte Starrett etwas ins Ohr, wobei sie ihn mit ihren enormen Titten streifte, und er lachte. Offensichtlich meinte er, die richtige Form von Trost für das gefunden zu haben, was in den letzten paar Monaten an ihm genagt hatte.

»Senior Chief Stan Wolchonok«, sagte Starrett, »darf ich Ihnen die wunderbare Miss Mary Lou Morrison vorstellen.«

Verdammt, sah er vielleicht so aus, als wäre er hier, um auf einer Party mitzufeiern? Starrett hatte mehr getrunken, als Stan angenommen hatte, wenn er nicht sah, dass Stan der wandelnde Tod war. »Ma’am.« Er schaffte es, höflich zu nicken. Es kostete ihn Mühe, ihr in die Augen zu sehen, statt wie hypnotisiert in diesen erstaunlichen Grand Canyon von Dekolleté zu starren.

Guter Gott.

Er löste das Problem, indem er Starrett finster ansah. »Sie sollten gerade nicht hier sein. Sir.«

Der kürzlich zum Lieutenant Junior Grade Ernannte sollte auch nicht mit dem Feuer spielen, indem er etwas mit dieser Mary Lou Morrison anfing. Sie war zu jung, zu hübsch, zu sehr voller verzweifelter Hoffnung. Während Starrett nur auf eine Nacht in ihrem Bett aus war, hatte sie es auf einen Ring abgesehen. Einer von beiden würde am Ende enttäuscht sein.

»Ja, ich weiß, Senior«, sagte Starrett in seinem näselnden Cowboytonfall, der durch die vielen Drinks noch ausgeprägter war, »aber ich liebe es, Ihnen bei der Arbeit zuzusehen. Und ich bin nicht der Einzige, der hier beeindruckt ist. Mary Lous Schwester Janine dort hinten hat sich gefragt, was Sie wohl später heute Abend machen.«

Starrett deutete mit dem Kopf zur anderen Seite des Raums, wo eine Frau stand. Sie winkte Stan kurz zu. Ah ja, sie war definitiv Mary Lous Schwester.

Ein bisschen älter, nicht ganz so hübsch, aber ganz genauso erstaunlich gut ausgestattet. Sie kam näher, doch Stan floh, indem er der jüngeren Schwester zunickte. »Entschuldigen Sie mich. Ich muss mit Kevin Franklin sprechen.« Er wandte sich um und eilte los.

Doch Janine war clever. »Hi – Stan, richtig?« Sie hatte es geschafft, um ihre Schwester sowie Starrett herumzugehen und Stan den Weg abzuschneiden, bevor er die Bar erreichte. »Ich konnte nicht umhin, Sie zu bemerken.«

Sie war nüchtern. Erstaunlich. Sie hatte tiefblaue Augen und nippte, wie es aussah, an einer einfachen Limo. Er hatte sich getäuscht. Sie war die hübschere Schwester. Vielleicht nicht oberflächlich betrachtet. Aber sie war gewiss die weniger verzweifelte Schwester, und einen Mangel an Verzweiflung hatte er schon immer anziehend gefunden.

»Wie ist das als Anmach-Spruch?«, fuhr sie fort. Ihr Blick war aufrichtig, offen, total bewundernd und sie lächelte freundlich. Er kam sich fast attraktiv vor. »Haben Sie später ein bisschen Zeit, sich einen Stuhl heranzuziehen und so zu tun, als wollten Sie mich kennenlernen?«

Darüber musste Stan lachen. »Verlockend, aber glauben Sie mir, Ma’am, das, was ich habe, wollen Sie nicht.

Ihr Lachen klang tief und melodisch. »Wollen Sie wetten?«

Oh, Mama. »Im Ernst – Janine, richtig?« Er senkte die Stimme. »Janine, ich habe eine Grippe, und es dauert maximal noch zwanzig Minuten, bevor ich umkippe.«

Auch sie senkte die Stimme und kam näher. »Oh, Sie Armer. Dann brauchen Sie jemanden, der sich um Sie kümmert, oder nicht? Ich mache eine fantastische Hühnersuppe, nur dass Sie’s wissen.«

Jemanden, der sich um ihn kümmert? »Ich glaube nicht …«

»Na, dann haben Sie vielleicht einen Freund, dem Sie mich vorstellen könnten. Ich suche nicht nach etwas Längerfristigem, würde den Posten aber gern umgehend besetzen. Verzeihen Sie meine Direktheit, aber wir sind doch beide erwachsen und wissen, warum Leute an einen Ort wie diesen kommen, oder?«

Ihre Ehrlichkeit brachte ihn erneut zum Lachen. »In Wahrheit bin ich hergekommen, um mit dem Manager zu reden und meinen Mann aus der Toilette herauszuholen, ohne dass er sich selbst oder jemand anderen verletzt. Es war nicht freiwillig.«

Sie überfuhr ihn genauso, wie er es mit dem Marine Corporal getan hatte, und fühlte ihm die Stirn. Ihre Hand fühlte sich kühl und weich auf seiner viel zu heißen Haut an. »Gott, Sie glühen ja.«

Er trat einen Schritt weg von ihr. Zum Teufel mit Brüsten aus dem Guinnessbuch der Weltrekorde und schönen Augen – er wollte nicht, dass sie ihn anfasste. In letzter Zeit schien er von keiner Frau berührt werden zu wollen außer von Teresa Howe.

Gott, woher war das denn gerade gekommen?

Das Fieber. Das war ein gottverdammter Fiebergedanke, keine Frage. Denn die Hubschrauberpilotin und Marinereservistin Lieutenant Junior Grade Teri Howe war die letzte Frau auf der Welt, die ihn anfassen wollen würde. Gott, wie bei die Schöne und das Biest. Ja, eine Frau wie sie ließ sich nur im Märchen mit einem Kerl wie ihm ein.

Und auch wenn sein Leben nicht im Entferntesten stumpfsinnig war, handelte es sich doch nicht um ein verdammtes Märchen, so viel stand fest.

In der Zwischenzeit hatte er Janines Gefühle verletzt. »Es tut mir leid, aber ich muss jetzt wirklich …«

»Ist okay«, sagte sie leise. »Sie brauchen nichts zu erklären. Es war nett, Sie kennenzulernen.«

Scheiße. Jetzt ging sie weg. Was machte er denn? Sie war hübsch, lustig und wie ein Playboy-Häschen gebaut, und es lag Monate zurück, dass er zuletzt flachgelegt worden war. Trotzdem hatte er auf ihre Berührung reagiert, als hätte sie die Pest. Was machte er denn? Sich selbst für Teri Howe aufsparen? Dieses Fieber vernebelte ihm definitiv das Hirn.

»Senior Chief.« Kevin Franklin, der Manager des Bugs, rief ihn von der Bar aus. »Was machen wir wegen des zerbrochenen Spiegels?«

Ach, zum Teufel. Stan drehte sich zu ihm um und zwang sich, sich auf die zu erledigende Arbeit zu konzentrieren, wobei er sich Janine komplett aus dem Kopf schlug, so wie er es sonst schaffte, alle Gedanken daran, jemals von Teri Howe berührt zu werden, zu verbannen.

Der alte Kev war heute Abend noch mehr Arschloch als sonst. Schade, dass Stan nicht ein paar Schläge austeilen konnte, um ihm das Maul zu stopfen, so wie er es mit dem Marine getan hatte. Stattdessen ließ er eine endlose Liste an Beschwerden und jede Menge Gejammer über sich ergehen, während er sich selbst bei Laune hielt, indem er versuchte, zu erraten, wann genau seine Knie nachgeben würden und was seine Männer täten, wenn das passierte.

Stan gab sein Bestes, nicht hinzuhören, doch einige Dinge konnte er einfach nicht ignorieren. Erstens wollte Franklin immer noch die Polizei rufen. Und zweitens hatte er genug von Barschlägereien unter seiner Aufsicht, insbesondere genug von WildCard Karmody.

Da waren sie schon zwei.

»Der Deal ist folgender«, sagte Stan ausdruckslos, als er endlich zu Wort kam. »Du erstattest keine Anzeige und Karmody bezahlt sowohl für den Spiegel als auch für die Stühle, und er kommt nie wieder ins Bug, wenn du Nachtschicht hast.«

»Er kommt zu keiner Schicht von mir rein«, erwiderte Franklin, so wie Stan es erwartet hatte. Gut, er sollte das Gefühl haben, er hätte hart verhandelt.

»Also …« Stan tat so, als würde er darüber nachdenken. »Ich schätze ja. Ich schätze wir haben einen Deal.« Er hielt dem Mann eine Hand hin.

»Karmody wird sich nicht darauf einlassen«, warnte Franklin.

»Ich kümmer mich um Karmody.«

Was Schritt drei war.

Herrgott, jetzt kam der Teil, in dem Stan in die Männertoilette gehen, sich auf den gefliesten Boden setzen und mit WildCard reden würde. »Was ist diesmal passiert, Karmody?« Durch zusammengebissene Zähne: »Nichts, Senior.« Ein Seufzen von Stan. »Verarschen Sie mich nicht, Kenny. Ich weiß, dass Sie hergekommen sind, um Adele zu sehen.« »Scheiß auf Adele!« Sie würden sich vor und zurück bewegen, WildCard würde seinem Ärger Luft machen und über irgendeine Ungerechtigkeit, die Adele diesmal gemacht hatte, schimpfen und fluchen, bis er sich ausgemeckert hatte und bereit war, nach Hause zu gehen und dort umzukippen.

Wozu Stan jetzt sofort bereit wäre.

Morgen würde WildCard völlig zerknirscht und mit einem Kater aufwachen. Stan würde ihn zu sich ins Büro rufen und selbst eine Runde schimpfen und fluchen. WildCard würde die Nachwirkungen der kleinen Höllenparty heute Abend noch lange Zeit zu spüren bekommen.

Mit bleischweren Beinen legte Stan den Weg von der Bar zur Männertoilette zurück. Janine war noch immer da und ließ ihn weiterhin nicht aus den Augen. Er konnte sie nicht ansehen, war nicht zu mehr in der Lage, als einen Fuß vor den anderen zu setzen.

O’Leary bewachte immer noch die Tür, doch WildCard hatte mit dem Hämmern und Schreien aufgehört. Da drinnen war es still. Vielleicht hatte der Mistkerl sich selbst ausgeknockt, weil er den Kopf gegen die gefliesten Wände gerammt hatte.

Nein, darauf konnte man nicht hoffen, das konnte man sich nicht wünschen.

O’Leary machte die Tür für ihn auf, Stan ging hinein und … Oh Gott.

»Machen Sie die Tür zu und lassen Sie niemanden hier rein«, wies Stan O’Leary an.

WildCard weinte.

Er saß auf dem Fußboden, die Arme um die Knie geschlungen, die er bis an die Brust herangezogen hatte, hielt den Kopf gesenkt, zitterte am ganzen Leib und schluchzte, als bräche es ihm das Herz. Und so war es wahrscheinlich auch, armer Hund.

Adele Zakashansky ahnte nicht, was sie verloren hatte, indem sie ihn vor sechs Monaten auf diese Art abserviert hatte. Ja, WildCard konnte vollkommen unausstehlich sein. Wenn man ihm genug Zeit gäbe, ginge er vermutlich sogar Mutter Teresa oder Ghandi auf die Nerven, aber ganz ehrlich, der Mann besaß ein Herz so groß wie Kalifornien.

»Scheiße«, flüsterte Stan und setzte sich vorsichtig neben ihn auf den Boden. Er sprach sanft. Morgen würde genug Zeit sein, den Mann anzuschreien. »Warum gehen Sie immer noch zu ihr, Kenny? Warum tun Sie sich das an?«

WildCard antwortete nicht. Stan hatte das auch nicht wirklich von ihm erwartet.

Er legte dem Jungen eine Hand auf den Rücken und fühlte sich völlig fehl am Platz. Selbst wenn er nicht gerade mit einer Grippe kämpfte, war er nicht der Typ, an dessen Schulter man sich ausweinte. Er umarmte keinen, berührte die Männer in seinem Team kaum je, wenn es nicht sein musste – zumindest gab es nicht viel mehr als ein gelegentliches High-five oder ein Schulterklopfen.

»Sie hat eine einstweilige Verfügung, Senior«, verkündete ihm WildCard mit der überzogen sorgfältigen Aussprache eines Volltrunkenen und hob dabei sein tränenüberströmtes Gesicht. Er sah aus als wäre er fünf Jahre alt und vollkommen verstört. »Wie kann sie auch nur denken, dass ich ihr wehtun würde? Ich liebe sie.«

Stan war selbst nach Weinen zumute, sein Kopf pochte vor Mitgefühl. Gott, verliebt zu sein war scheiße.

»Ja«, sagte er. »Ich weiß das, Ken, und Sie wissen es auch, aber vielleicht haben Sie in den letzten paar Monaten keinen ganz so guten Job dabei gemacht, es Adele zu vermitteln, wissen Sie? Wenn Sie laut und wütend auf sie zugehen, noch dazu stockbesoffen, na ja, dann muss sie das ein wenig aufregen. Ich schätze, Sie müssen versuchen, es aus ihrer Perspektive zu betrachten, meinen Sie nicht auch? Sie sagt Ihnen, dass es vorbei ist, und zwei Wochen später parken Sie um vier Uhr morgens Ihren Jeep in ihrem Blumenbeet und wecken die gesamte Nachbarschaft auf, weil Sie Michael Jackson in voller Lautstärke auf Ihrer Autostereoanlage laufen haben.«

»Es waren die Jackson Five«, korrigierte ihn WildCard. »›I want you back‹. Zu dem Zeitpunkt hielt ich es für eine gute Idee.«

»Und ihren neuen Freund vor dem Kino zusammenzuschlagen?«

»Ja, das war keine so gute Idee.«

»Sie die ganze Nacht lang alle fünfzehn Minuten anzurufen? Aus Afrika?«

»Ich wollte nur ihre Stimme hören.«

Stan sah ihn an.

WildCard lachte. »Ja, schon klar. Ich wusste, dass er dort war, bei ihr. Der gottverdammte Ronald vom MIT. Sie haben’s zum ersten Mal miteinander getrieben. Ich wollte sichergehen, dass es ein Abend wird, der ihnen in Erinnerung bleibt.« Er wischte sich über die Augen. »Sie wird mich nicht zurücknehmen, oder?«

In WildCards Herz war immer noch Hoffnung. Eine Hoffnung, die Stan schonungslos zunichte machte, indem er ihm rundheraus erklärte: »Nein, wird sie nicht. Nicht heute Abend, nicht nächste Woche, niemals.«

Bei diesen Worten brach WildCard nicht noch mehr in Tränen aus. Stattdessen wischte er sich die Nase am Ärmel ab. Setzte sich aufrechter hin. »Ich hab es so verdammt satt, allein zu sein, Senior Chief. Ich meine, als ich mit Adele zusammen war, haben wir uns nicht sehr oft gesehen, aber sie hat mir jeden Tag gemailt. Ich wusste, dass sie an mich denkt.« Er sah Stan mit der mitleiderregenden Ernsthaftigkeit eines wirklich Betrunkenen an. »Ich möchte einfach wissen, dass jemand an mich denkt. Ist das wirklich zu viel verlangt?«

Stan sah den Jungen an. Nein, er war kein Junge – er war Mitte zwanzig, ein gestandener Mann. Er verhielt sich nur verdammt noch mal die meiste Zeit wie ein Kind. Mit seinen dunklen Augen und dem kantigen Gesicht war Ken Karmody kein übel aussehender Mann. Wenn man seinen Dr. Frankenstein mal außen vor ließ.

Ich suche nicht nach etwas Längerfristigem … Schlagartig kamen ihm Janines schöne Augen und ihr umwerfender Körper in den Sinn, und Stan wusste, was er zu tun hatte. Er verspürte einen Anflug von Bedauern, aber es ging schnell genug wieder vorbei.

»Waren Sie mit irgendeiner anderen zusammen?«, fragte er WildCard. »Sie wissen schon, seit Adele?«

WildCard sah weg, wirkte verlegen. Schüttelte den Kopf, als wäre das etwas, wofür man sich schämen müsste.

»Vielleicht brauchen Sie das«, sagte Stan behutsam. »Vielleicht rückt es die Sache mit Adele in ein anderes Licht, wenn Sie für eine Weile mit einer anderen rummachen. Ja, sie war einige Jahre lang ein wichtiger Teil Ihres Lebens, aber Ihr Leben ist jetzt nicht vorbei, weil sie weg ist. Es gibt jede Menge Frauen, die liebend gern ihre Zeit damit verbringen würden, an Sie zu denken.« Er kam auf die Füße, erstaunt darüber, dass er noch stehen konnte. »Kommen Sie, gehen wir hier raus und schließen uns wieder der Welt an.«

WildCard erhob sich vom Boden. »Senior Chief, ich muss ehrlich mit Ihnen sein. Ich hab mich vorhin geprügelt. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube, draußen könnte entweder die Polizei oder ein ganzer Haufen Jarheads auf mich warten.«

»Franklin hat nicht die Polizei gerufen«, teilte Stan ihm mit. »Ich hab mich um ihn gekümmert – und auch um die Jarheads. Natürlich werden Sie für den Schaden aufkommen müssen.«

Neue Hoffnung trat in seine Augen. »Sie meinen, ich werde nicht festgenommen?«

»Nein. Sie werden sich in ein paar Tagen einem um die zwei Meter zehn großen Marine im Boxring stellen müssen. Und Sie können nicht wieder ins Bug kommen, wenn Kevin Franklin Schicht hat. Nie wieder. Wir werden das morgen ausführlich in meinem Büro durchgehen.«

Von allem, was Stan gesagt hatte, gab WildCard nur diese letzte Bemerkung zu denken. Das kleine Meeting morgen würde für keinen von beiden spaßig werden. Stan würde ihm ein Ultimatum stellen. Er machte schon einmal eine kleine Andeutung, denn obwohl er sicherstellen würde, dass WildCard sicher nach Hause gebracht wurde, blieben noch einige Stunden bis zum Tagesanbruch, und der Junge war ein Obertrottel.

»Eins müssen Sie wissen, Karmody, ohne Scheiß, hören Sie mir genau zu: Wenn Sie gegen die einstweilige Verfügung verstoßen, sind Sie auf sich allein gestellt. Kein Senior Chief kommt zur Rettung. Dann wird es Lieutenant Paoletti sein, der Sie im Gefängnis besuchen kommt, und er wird nicht erfreut darüber sein. Und was er Ihnen sagen wird, ist: ›Auf Wiedersehen und viel Glück‹. Und mit viel Glück wird er meinen, dass Sie die achtzehn Monate bis drei Jahre im Gefängnis überleben und danach einen Job bekommen, bei dem Sie Computer in irgendeinem Hinterzimmer von CompUSA reparieren können, vorausgesetzt, Sie finden einen Manager, der verurteilte Verbrecher einstellt. Verstehen Sie, was ich Ihnen sage?«

WildCard nickte mit benommenem Blick und Stan wusste, dass er den schlimmsten Albtraum des Jungen getroffen hatte. Gut.

Er drückte die Tür der Herrentoilette auf und WildCard folgte ihm hinaus in die Bar. Sein Zuhause – und sein Bett – waren so nah, dass er es beinahe riechen konnte. Nur noch eine weitere Sache war zu erledigen.

Sam Starrett war mit der jüngeren Schwester auf der Tanzfläche, wo er ein langsames Lied dazu ausnutzte, sich mit dem ganzen Körper an sie zu schmiegen. Janine stand bei der Jukebox, als wäre sie von der Liste an Songs ganz gebannt, und nippte immer noch an ihrer Limo.

Stan ging auf sie zu. »Janine. Ist dieser Posten noch zu vergeben?«

Sie schaute auf, sah von ihm zu WildCard, bemerkte, dass die Augen des jüngeren Mannes noch vom Weinen gerötet waren. Ihr Blick wurde etwas weicher, bevor sie ihn wieder auf Stan richtete, Erkenntnis und Klugheit lagen in ihren Augen, und er wusste, dass er das Richtige tat.

»Ja, ist er.«

WildCard hatte keine Ahnung, was vor sich ging, er war noch immer halb von der Horrorvorstellung dieser anderen Realität gefangen, die Stan ihm heraufbeschworen hatte.

»Ich möchte Ihnen Chief Ken Karmody von SEAL-Team 16 vorstellen«, sagte Stan zu Janine.

Sie sah erneut WildCard an. »Ich hab Sie vorhin mit den ganzen Marines gesehen. Sie haben keinen Rückzieher gemacht, als die Sie beleidigt haben. Sie müssen entweder richtig mutig oder richtig dumm sein, Matrose.«

»Wirklich mutig«, sagte Stan exakt im selben Augenblick, als WildCard erwiderte: »Wirklich dumm«, und sie lachte.

Sie hatte ein echt schönes, melodisches Lachen, sodass WildCard ein wenig zu sich kam und sie tatsächlich ansah. Er bekam große Augen.

»Haben Sie schon einmal eine Tour über den Marinestützpunkt gemacht?«, fragte Stan sie.

Sie nahm einen Schluck von ihrer Limo. »Ich glaube nicht.«

»Hätten Sie Lust dazu? Morgen?«

Janine sah wieder zu WildCard, diesmal checkte sie ihn ab, allerdings nicht ganz so offensichtlich, wie WildCard von ihren Brüsten hypnotisiert war. Sie lächelte. »Sicher. Warum nicht? Wie wäre es gleich nach der Kirche? Elf Uhr dreißig?«

»Toll«, sagte Stan. »Chief Karmody hier wird Sie am Tor treffen.«

»Ich?«, sagte WildCard überrascht.

Stan schob ihn in Richtung Tür.

»Ich werde da sein.« Janine sendete ihm mit ihrem Blick eine eindeutige Botschaft: Dein Pech.

Das war es vermutlich. Aber im Moment wollte er nur sein Bett. Und Teri Howe. Er verfluchte sein Fieber erneut. Hör auf an sie zu denken.

»Haben Sie gesehen, wie sie mich angesehen hat?«, fragte WildCard, als sie hinaus auf den Parkplatz traten. Die Luft war nicht kühler, aber weniger verqualmt. »Senior, wenn ich wieder reingehe, wird sie vielleicht …«

»Morgen um 1130 ist früh genug. Dann können Sie sie mit Ihrer blendenden Nüchternheit beeindrucken.«

»Haben Sie sie gesehen? Sie war heiß und ich glaube, sie mag mich! Ich weiß, dass sie mich mag!« WildCard vollführte einen Siegestanz und boxte in die Luft. »Yeah! Zum Teufel mit dir, Adele! Zum Teufel mit dir!«

Mike Muldoon rutschte von der Motorhaube von Stans Pick-up herunter, auf der er gesessen hatte, und starrte WildCard verblüfft an. Er sah Stan mit einem Ausdruck an, der normalerweise einer Heldenverehrung unangenehm nahe gekommen wäre. Aber im Moment wusste Stan es zu schätzen, dass Muldoon ihn durch eine rosarote Superheldenbrille sah – die verbarg die grünliche Gesichtsfarbe, die Stan gerade hatte, wie ihm klar war.

»Mein Gott, Senior Chief«, sagte Muldoon. »Sie können wirklich alles geradebiegen, was?«

»Allerdings«, erwiderte Stan, stieg in seinen Wagen und ließ den Motor mit einem Aufheulen an, wobei er betete, dass Muldoon nicht sah, wie seine Hände zitterten.

Herrgott, er litt vielleicht. Und wenn er nach Hause kam, musste er noch O’Leary anrufen, um ihn zu bitten, WildCard am Morgen zu wecken, ihn um 1130 zum Eingangstor zu schicken und ihn anzuweisen, um 1300 in Stans Büro zu sein. Dann würde Stan ihm ein zweites Arschloch verpassen und Janine Morrison als zusätzliche Motivation benutzen, damit WildCard spurte. Er ließ das Fenster herunter. »Tun Sie mir einen Gefallen, und bringen Sie Karmody sicher nach Hause.«

»Natürlich, Senior Chief. Aber was ist mit …«

»Danke, Muldoon.«

»… Ihnen?«

»Mir geht’s gut«, log Stan, während er den ersten Gang einlegte und aus der Parklücke zurücksetzte. Nie im Leben würde er sich von Muldoon heimfahren lassen. Sein Haus war verbotenes Terrain für die Männer aus seinem Team – sogar für Muldoon, der mehr an einen Freund herankam, als er es je erlebt hatte, trotz des Altersunterschieds und trotz der Tatsache, dass Muldoon ein Offizier war und Stan ein Soldat.

Stan schaffte es den ganzen Weg die Straße hinunter und bis um die Ecke, bevor er anhalten musste.

Und dann saß er einfach nur da, zitternd und schwitzend, fühlte sich hundeelend und brauchte es nicht länger zu verbergen.

Gottverdammt. Das war knapp gewesen. Aber es war in Ordnung. Die Illusion war ungebrochen. Er hatte wieder mal Glück gehabt. Der mächtige Senior Chief Stan Wolchonok blieb unbezwingbar, unaufhaltbar, unsterblich. Wie Muldoon es gesagt hatte, konnte er jeden Fehler beheben, jeden Schlamassel beseitigen, eine kreative Lösung für jedes Problem finden, fast sogar übers Wasser laufen, wenn es sein musste.

Ja, und wenn er nicht aufpasste, würde er noch anfangen, selbst an den ganzen Schwindel zu glauben.

Stan lachte über sich, während er so dasaß, mit klappernden Zähnen, weil ihn plötzlich ein Kälteschauer überkam. Er, ja er – der mächtige Senior Chief –, brauchte vier Anläufe, um die Heizung voll aufzudrehen.

Es war eine Sache, die Männer in seinem Team zu täuschen. Das zu tun war sein Job. Aber er würde sich auf keinen Fall selbst vormachen, er wäre eine Art Gott. Nein, er wusste verdammt gut, was passieren würde, wenn er wirklich versuchte, übers Wasser zu gehen.

Er würde untergehen wie ein Stein.

Er brauchte fast eine Stunde für die fünfminütige Fahrt nach Hause.

Aber er schaffte es. Ganz allein.

1

Vier Monate später

Lieutenant Commander Joel Hogan packte ihr an den Arsch.

Direkt im McDonald’s auf dem Stützpunkt. Direkt in …

Einem Raum voller Leute, die keinem der beiden auch nur das kleinste bisschen Aufmerksamkeit schenkten.

Lt. Junior Grade Teri Howe wusste nicht, ob sie bitter enttäuscht oder überaus erleichtert sein sollte. Sie nahm ihr Tablett und entfernte sich von Joel, wobei sie ihn absichtlich ignorierte. Schnell ging sie zur anderen Seite des Raums. Ausweichen und verbergen. Weglaufen und verstecken. Greif den Feind jetzt nicht an. Mach keine Szene.

Sie nahm an einem kleinen Tisch Platz, an dem bereits eine Offizierin saß, die ganz in ein Buch vertieft war. Sie sah erst fragend zu all den anderen leeren Tischen und dann Teri an.

»Arschgrapscher auf sechs Uhr«, erklärte Teri. »Ich werde leise sein, versprochen. Sie können weiterlesen.«

Die Offizierin lächelte, Mitgefühl und Verständnis lagen in ihrem Blick. »Einige dieser Kerle können wirklich unerbittliche Verfolger sein. Neu hier?«

»Reservistin«, sagte Teri. »Ich stecke zwischen zwei zivilen Jobs, also hab ich mich kurzfristig zum aktiven Dienst verpflichtet.« Einhundertundzwanzig Tage, einhundertvierzehn davon lagen noch vor ihr, um Joel Hogans wandernder Hand auszuweichen. Gott. Es schien eine lange Zeit zu sein, aber wenigstens war ein Ende in Sicht. Es war zum Heulen, sie wollte doch nur fliegen. »Ich bin Teri Howe.«

»Kate Takamoto.« Die Offizierin nickte, wandte sich dann wieder ihrem Buch zu und überließ Teri ihrem Mittagessen.

Teri öffnete die Verpackung ihres Sandwichs, hob eine Brötchenhälfte an und starrte auf das Hühnchen, ihr war der Appetit vergangen. Keine große Überraschung. Sie machte jetzt seit einer Woche die Joel-Hogan-Diät. Die war bemerkenswert effektiv – schon der Gedanke an diesen Mann verwandelte den Geschmack des Essens in ihrem Mund in etwas Unaussprechliches und schon gar nichts Genießbares.

Teri guckte hoch und sah, dass Joel von mehreren anderen Offizieren abgefangen worden war. Er lächelte, lachte, wobei sich seine geraden, weißen Zähne leuchtend vom Teint seines viel zu hübschen Gesichts abhoben. Seines schmierigen, feixenden, Gottes-Geschenk-an-alle-Frauen-Gesichts.

Es hatte eine Zeit gegeben, da fand sie ihn tatsächlich attraktiv. Jetzt erschien das unmöglich, aber es stimmte. Es hatte eine Zeit gegeben, in der sie den Inbegriff der Widerlichkeit tatsächlich begehrt hatte. Und ihre Jugend und Dummheit kamen jetzt zurück, um ihr in den Hintern zu beißen. Und zwar so richtig.

Fass mich nicht an. Sie hatte das schon unzählige Male zu ihm gesagt. Red nicht mit mir, sieh mich nicht an, denk nicht mal an mich. Das hatte sie nicht gesagt. Es war eine wenig vernünftige Aufforderung, wenn man bedachte, dass sie für die nächsten einhundertvierzehn Tage auf demselben Gelände arbeiten würden.

Gott, nur daran zu denken bereitete ihr Bauchschmerzen.

Sie musste ihm aus dem Weg gehen.

Das war am schlauesten. Sie würde auf Zack sein müssen und sichergehen, dass sie immer auf Abstand zueinander blieben.

Aus den Augenwinkeln sah sie Joel aufstehen und verspannte sich. Doch er ging sich nur Milch für seinen Kaffee holen. Sie zwang sich, noch einen Bissen von ihrem Sandwich abzubeißen, und bemerkte, dass sie Senior Chief Stan Wolchonok direkt in die Augen sah.

Er saß bei Lieutenant Paoletti und einigen anderen aus der Troubleshooter-Einheit von SEAL-Team 16, sowohl Offiziere als auch Soldaten. Sie hatte schon mit ihnen zusammengearbeitet, und nachdem sie sie letzte Woche zu einer Trainingseinheit hinaus in die Wüste und wieder zurück gebracht hatte, kannte sie alle ihre Spitznamen

Nilsson war Nils oder Johnny. Starrett wurde Sam genannt. Jenkins hieß Jenk, Jacquette war Jazz und Karmody war als WildCard bekannt. Sogar der Name von Commanding Officer Lt. Paoletti, dem befehlshabenden Offizier des Teams also, wurde zu L. T. abgekürzt.

Alle hatten einen Spitznamen, außer Stan Wolchonok, der nie anders als »Senior Chief« oder »Chief« genannt und immer in einem respektvollen, manchmal sogar ehrfurchtsvollen Ton angesprochen wurde.

Er war ein sehr Furcht einflößend aussehender Mann, nicht schrecklich groß, aber muskulös – genau genommen vollkommen durchtrainiert –, mit einem Gesicht, das aussah, als hätte er einige Jahre in einem Boxring verbracht. Seine breiten Wangenknochen, die hohe Stirn und die buschigen Augenbrauen schienen wie gemacht für den ständig finsteren Blick, den er perfektioniert hatte. Sein Kiefer und das Kinn gaben ihm etwas Kämpferisches, und die Nase war ganz leicht nach links gebogen – zweifellos hatte er sie sich einmal zu oft gebrochen. Seine Augen waren dunkel und sein Blick konnte durchdringend intensiv oder seelenlos matt und kalt sein. Sein üblicher schlichter Bürstenhaarschnitt war neuerdings herausgewachsen, sodass sein Haar dicht, wellig und erstaunlich blond wirkte. Seine Haut war blass – zu blass – und fast immer von der Sonne oder vom Wind gezeichnet, mit geröteten Wangen und einer sich schälenden Nase.

Doch der Respekt, den seine Männer und die Offiziere seines SEAL-Teams ihm entgegenbrachten, rührte nicht daher, dass er wie jemand aussah, dem man nicht unbedingt in einer dunklen Gasse begegnen wollte. Nein, er wurde geachtet, weil seine Männer wussten, dass er bis zum Tod für sie kämpfen würde, wenn es darauf ankam. Nein, er würde sogar bis über den Tod hinaus für sie kämpfen, denn noch nicht einmal der Tod könnte den mächtigen Senior Chief Wolchonok aufhalten.

Der Mann war ein Problemlöser. Ein Wundertäter, der genauso viel – und mehr – von sich selbst erwartete wie von seinen Männern.

Und während sie so dasaß, merkte Teri, dass sie ihn anstarrte. Sein mürrischer Blick huschte durch das Restaurant und ruhte kurz auf Joel Hogan.

Oh, Mist, sie hatte sich geirrt. Sie zwang sich, den Blick auf ihr Sandwich zu senken, und fühlte die Hitze in ihre Wangen steigen. Während sie ihren Müll einsammelte, sagte sie noch einmal schnell Danke zu Kate und ging dann hinaus, raus aus dem Gebäude und zum Wasser, in der Hoffnung, dass die frische Meeresluft ihr helfen würde, sich wieder in den Griff zu kriegen und zu beruhigen.

Doch sie hörte, wie die Tür aufging, als würde jemand ihr folgen. Bitte, lass es nicht der Senior Chief sein. Bitte, lass es nicht …

»Hey, Teri, wohin so eilig?«

Also, das war mal eine Lektion in »Sei vorsichtig, was du dir wünschst«. Es handelte sich nicht um Wolchonok. Es war Joel.

Ausweichen und verbergen.

Auf Abstand bleiben.

Weglaufen.

Teri senkte den Kopf, tat so, als würde sie ihn nicht hören, und ging weiter.

Es hätte ein herrlicher Aprilmorgen sein sollen. Frisch und klar, bei strahlend blauem Himmel und einer Brise, die ankündigte, dass es endlich Frühling wurde.

Helga Rosen wachte früh durch das merkwürdige Brummen von Flugzeugen über ihr auf. Von vielen, vielen Flugzeugen.

Sie trödelte bis acht Uhr in ihrem Zimmer herum und ging dann wie jeden Tag nach unten, um sich eine Schale von Fru Inger Gunvalds Haferbrei zu holen, bereit, sich in eine warme Ecke der Küche zu kuscheln und bei einem Buch ihr Frühstück zu genießen. Wenn sie Glück hatte, konnte sie wenigstens anderthalb Stunden lesen, bevor sie zur Schule los musste.

Und wenn sie richtig Glück hatte, war Fru Gunvald mit ihrer Tochter Marte gekommen, und sie würden draußen im Hof eins von Martes wunderbaren Fantasiespielen spielen.

Die zwei Jahre ältere Marte war Helgas beste Freundin auf der ganzen Welt.

Doch heute Morgen kam Fru Gunvald zu spät. Der Küchenherd war kalt, der Raum leer.

Poppi war so spät noch zu Hause und stritt mit Hershel.

Hershel! Helga rannte zu ihm. »Was machst du denn hier?«

Ihr Bruder umarmte sie rasch. »Wir wurden besetzt, Maus. Die Deutschen sind in Kopenhagen. Der Unterricht fällt aus.«

»Besetzt!«, keuchte sie.

»Mach dem Kind keine Angst«, schimpfte ihr Vater.

»Irgendjemand außer mir sollte sich fürchten.« Hershel wandte sich ihr wieder zu. »Es ist in weniger als zwei Stunden passiert, Helga. Deutsche Soldaten sind vor Tagesanbruch mit einem Kohleschiff angekommen. Sie sind jetzt überall in der Stadt, und der König hat ohne große Gegenwehr kapituliert. Das sind schlechte Nachrichten für alle Dänen.« Er schaute grimmig hoch zu seinem Vater. »Noch schlimmere für dänische Juden.«

»Helga, geh mit deiner Mutter nach oben.« Poppis Gesicht lief rot an, als er Hershel wütend anfunkelte. »Rede vor ihr nicht so.«

Das Geräusch eines Pferdekarrens, der draußen auf den Hof rumpelte, ließ sie alle zusammenfahren. Helga pochte das Herz. Sie hatte Berichte über die Verhaftungen von Juden in Deutschland und Polen in Untergrundzeitungen gelesen, die Hershel an der Universität bekommen und an sie weitergegeben hatte, wobei er ihr zugeflüstert hatte, sie müsse sie vor Poppi verstecken.

Sie rannte zum Fenster, doch es waren keine Nazis im Hof. Es war nur Herr Gunvald, Martes Vater.

Er sprang von seinem Holzkarren, ein großer, breitschultriger Mann, viel größer als Dr. Rosen. Er war ein Arbeiter, machte den Rücken krumm, um Häuser zu bauen – ein Beruf, der Helga schon immer viel mehr beeindruckt hatte als ihre Eltern.

»Helga muss wissen, was vor sich geht«, sagte Hershel zu ihrem Vater, »was in Deutschland passiert – und überall in Europa.«

»Das kann hier nicht passieren«, beharrte Poppi. »Das hier ist Dänemark. Rabbi Melchior sagt, wir müssen die Ruhe bewahren.«

Herr Gunvald hämmerte gegen die Tür, als wären die Höllenhunde hinter ihm her.

Helga machte auf.

»Herr Rosen, haben Sie es gehört?«, fragte er über ihren Kopf hinweg ihren Vater. »Wir sind jetzt Teil von Deutschland.«

»Wir haben es gehört«, sagte Hershel knapp.

»Wo ist Fru Gunvald?«, wollte Helga wissen. Es war niemand sonst im Wagen.

»Sie ist zu Hause«, erklärte Herr Gunvald ihr. »Bis wir rausgefunden haben, was los ist, dachte ich, es wäre besser, wenn Inger und Marte dortbleiben.«

»Helga, geh nach oben.« Das gerötete Gesicht ihres Vaters wurde nun puterrot. Kein gutes Zeichen.

Sie rührte sich nicht.

»Helga, hast du gehört?«

»Ich fahre nach Kopenhagen, um Annebet zu finden – und sicherzugehen, dass es ihr gutgeht«, fuhr Herr Gunvald fort.

»Annebet!«, konnte Helga sich nicht beherrschen, auszurufen. Martes Schwester Annebet war noch in Kopenhagen an der Universität, bei all diesen deutschen Soldaten. »Bitte bringen Sie sie nach Hause!«

»Das werde ich. Inger bat mich, auf dem Weg in die Stadt hier anzuhalten und Ihnen Bescheid zu sagen, dass sie heute nicht kommt.« Er bückte sich, um direkt mit Helga zu sprechen. »Würdest du gern mit in unser Haus kommen und dort mit Marte spielen?« Er schaute hoch zu ihrem Vater. »Sie sind alle herzlich eingeladen, mitzukommen, falls Sie irgendwie beunruhigt sind wegen …«

»Helga?«

»Mein Vater sagt, das hier sei Dänemark«, meinte Hershel. »Trotz der Tatsache, dass deutsche Soldaten durch unsere Straßen laufen, müssen wir die Ruhe bewahren.«

»Helga? Hallo? Hörst du mir zu?«

»Ich versuche, Hershel zuzuhören, Poppi!«

»Okay, Erde an Helga. Komm zurück zu mir, Frau. Du hast mir im Lauf der Jahre viele Namen verpasst, zum Teil auch obszöne, aber Poppi?«

Helga blinzelte.

»Desmond Nyland.« Sein vertrautes Gesicht war direkt vor ihr, aus seinen dunkelbraunen Augen schaute er sie besorgt an. Er sah so müde aus, wie sie sich fühlte, Müdigkeitsfalten ließen ihn viel älter aussehen, als sie wusste, dass er war.

»Das bin ich, meine Freundin. Bist du wieder bei mir?«

Sie nickte aufgewühlt. Weg war Dänemark. Weg waren Poppi und Herr Grunvald. Weg war Hershel. Schon so lange weg, erst gestern hatte sie gemerkt, dass sie sich nicht mehr an sein Gesicht erinnern konnte. Es gab keine Fotografien – nicht von ihm. Flüchtlinge brachten es in der Regel nicht auf allzu viele Familienfotos, und sie besaß mehr als die meisten.

»Also, wo warst du?« Des nahm gegenüber von ihrem Schreibtisch Platz und schlug die Beine übereinander. »In Dänemark?«

»Ja«, gab sie zu. Sie war gerade erst sieben Jahre alt gewesen, als die Deutschen einmarschierten. »Ich muss wohl eingeschlafen sein.«

»Ich glaube nicht, dass du geschlafen hast. Deine Augen waren offen, und du hast mit mir geredet.«

Sie schaute auf ihren Schreibtisch, durch ihr Büro. Auf ihrem Schreibtisch standen Bilder von ihrem Ehemann Avi und ihren beiden erwachsenen Söhnen. Ihren sieben Enkelkindern. Ein Foto von Desmond und seiner Frau Rachel, mit ihrer Adoptivtochter Sara – schwarz, weiß und asiatisch.

Sie waren eine ziemliche Multikultifamilie. Ja, Helga hatte heute viele Fotografien und ein schönes Haus – seit über vierzig Jahren dasselbe.

Nicht schlecht für einen einstigen Flüchtling.

»Also, ich weiß, wer Marte und Annebet Gunvald sind«, sagte Des. »Ihre Familie hat dir geholfen, dich vor den Nazis zu verstecken. Ich habe diese Geschichte oft gehört. Aber wer ist Hershel? Der ist mir neu.«

Vergiss niemals. Sie hatte ihr ganzes Leben so verbracht, die Leute, mit denen sie in Kontakt kam, immer wissen zu lassen, dass sie eine Holocaustüberlebende war. Sie hatte ihre Geschichte unzählige Male erzählt. Aber über Hershel sprach sie nie. Fast sechzig Jahre später war es immer noch zu schmerzlich.

»Möchtest du jetzt oder später darüber reden?«, fragte Des mit sanfter Stimme.

Gott, sie war müde. Alt und müde, mit schmerzenden Gliedern und einem Gehirn, das neuerdings angefangen hatte, Zeitreisen zu unternehmen. Nein, sie wollte überhaupt nicht darüber reden. »Später.«

Sie blickte stirnrunzelnd hinunter auf ihren Schreibtisch, auf die Ordner darauf und die Seite voller Notizen, die sie sich gemacht hatte – auf Dänisch. Darüber … nach Israel zu ziehen? Notizen darüber, wie sich Muttis Möbelstücke schützen ließen, von denen einige wundersamerweise von den Nachbarn in einem perfekten Zustand gehalten worden waren, während sie …

Oje.

Sie zog einen anderen Ordner darüber und Des stand auf. Als ihr jahrelanger persönlicher Assistent wusste er, dass er sie nicht bedrängen durfte. »In Ordnung. Lass es mich wissen, falls du irgendetwas brauchst.«

»Ich brauche tatsächlich etwas. Ich muss Marte Gunvald finden.« Helga sah ihn an. »Ich habe es bereits probiert, aber jetzt …« Wenn sie Marte ausfindig machte, etwas über Annebet herausbekam und eine Art physische Verbindung mit dem Teil ihrer Vergangenheit herstellte, den sie so lange ausgeklammert hatte, würde sie vielleicht nicht mehr von diesen lebhaften Erinnerungen heimgesucht werden, die sie zurück in die Vergangenheit zogen und sie so verwirrten. »Kannst du mir helfen, sie zu finden? Ich weiß, dass du immer noch Kontakte zum Geheimdienst hast.«

Das war noch vorsichtig ausgedrückt.

Als ehemaliges Mitglied eines Eliterettungskommandos der US Air Force war Desmond in den frühen Achtzigerjahren nach Israel gekommen, nachdem er eine Israelin geheiratet hatte und zum Judentum konvertiert war. In diesen ersten paar Jahren hatte er beim Mossad, dem einzigartigen israelischen Geheimdienst, gearbeitet. Als er einige Jahre später zu ihrem persönlichen Assistenten gemacht worden war, hatte Helga vermutet, er habe die Stelle bekommen, weil er mit ihr Dinge tun – an Orte reisen und Leute überwachen – konnte, zu denen er sonst nicht in der Lage gewesen wäre, weil er als schwarzer Mann in einer überwiegend weißen Welt ziemlich herausstach.

In all den Jahren, die sie miteinander verbracht hatten, hatte Helga Des nie um einen solchen Gefallen gebeten. Sie hatte den Geheimdiensttrumpf nie ausgespielt.

Bis jetzt.

Es war nie so wichtig gewesen.

Er nickte. Holte das kleine, in Leder gebundene Notizbuch heraus, das er immer in der Innentasche seiner Jacke hatte. »Marte Gunvald«, sagte er, während er schrieb. »Ich werd mich gleich dranmachen.«

»Danke«, sagte sie, als er zur Tür hinausging. »Liebe Grüße an Rachel.«

Des hielt inne. »Rachel ist seit zwei Jahren tot.«

Merde. »Es tut mir leid. Ich bin …«

»Müde«, sagte er. »Ja, ich weiß. Ich bin auch müde.«

Stan sah zu, wie Joel Hogan Teri Howe aus dem Fast-Food-Restaurant nach draußen folgte, schwang seine Beine aus dem Separee und stand auf.

»Entschuldigen Sie mich, Sir«, sagte er knapp und sah Tom Paoletti dabei in die Augen. Den anderen Offizieren am Tisch nickte er zu und schritt dann auf dieselbe Tür zu, durch die sowohl Howe als auch Hogan hinausgegangen waren.

Hogan war verheiratet, aber die Männer und Frauen auf dem Stützpunkt hatten manchmal außereheliche Affären, genauso wie in der zivilen Welt. Und möglicherweise hatte er gerade gesehen, wie Teri Howe eine Art sexy Spielchen mit dem filmstarmäßig gut aussehenden Lieutenant Commander spielte.

Wenn das der Fall war, würde er die beiden in irgendeinem Wandschrank vorfinden, wo Hogan ihr die Zunge in den Mund steckte und die Hand in ihrem Höschen hatte, was gegen jede Regel über das angemessene Verhalten eines Offiziers und Gentleman auf dem Stützpunkt verstieß.

Vorausgesetzt, er fand sie überhaupt.

Andererseits wirkten die Anspannung in Teris Miene und in ihren Schultern sowie die Art, wie sie ihr Tablett umklammert hatte, ganz sicher nicht so, als ginge es um irgendein Sexspielchen. Als sie im Mäckes vor Hogan zurückgewichen war, hatte es förmlich aus ihr herausgeschrien, dass er verdammt noch mal die Finger von ihr lassen sollte.

Vielleicht war es aber auch nur das, was Stan selbst am liebsten geschrien hätte.

Gottverdammt, die Frau verdiente ein bisschen Respekt. Sie war so ziemlich die beste Hubschrauberpilotin, mit der er je zusammengearbeitet hatte, und das waren immerhin jede Menge. Doch Howe war mehr als solide. Sie war zuverlässig. Effizient. Selbstsicher. Unerschütterlich. Furchtlos in der Luft.

Er hatte gesehen, wie sie ihren Heli mit wenigen Metern Abstand zum Funkturm eines ozeanografischen Forschungsschiffs namens SS Freedom mitten auf dem Pazifik heruntergebracht und fast bewegungslos hatte schweben lassen.

Als der Funkruf von der Freedom hereingekommen war, hatte sie das Troubleshooter-Team gerade von einer Trainingseinheit zurück nach Hause geflogen. Sie waren zuvor drei Wochen an Bord eines Flugzeugträgers gewesen und hatten unbedingt wieder an Land gewollt. Teri war sozusagen ihre Taxifahrerin gewesen.

Doch dann hatte es den Notruf gegeben, jede verfügbare Unterstützung war angefordert worden. Drei Schüler im Teenageralter, die auf irgendeine ozeanografische Schule à la Jacques Cousteau auf dem Schiff gingen, hatten einen Tauchunfall erlitten und zeigten schwere Formen der Taucherkrankheit. Die Freedom verfügte über eine transportable Dekompressionskammer, doch die hatte nicht funktioniert. Die Küstenwache und sogar die Rettungsspringer der Air Force waren erpicht darauf, ihnen zu Hilfe zu kommen, doch das Schiff lag gut zwei Flugstunden draußen – vier Stunden hin und zurück nach San Diego.

Es war pures Glück, dass die SEALs sich nur Minuten vom Standort der Freedom entfernt befanden. Sie konnten die Jungs holen und in der kürzest möglichen Zeit ins Krankenhaus bringen.

Das Schiff war zu klein, um mit dem Heli an Deck zu landen, aber Teri Howe hatte sie verdammt nah herangebracht. Sie hatten die drei Schüler an Bord genommen, als wäre es die leichteste Sache der Welt, eine Korbtrage von einem kleinen Schiff hochzuziehen, während man von ordentlichen, meterhohen Wellen und dem sturmartigen Wind eines Helikopters, der über einem schwebte, gebeutelt wurde. Die ganze Zeit über war Teris Stimme ruhig, gelassen und vollkommen kontrolliert über Stans Headset gekommen.

Sie hatte sie alle an Bord geholt und in Rekordzeit nach San Diego geflogen, wobei sie die ganze Zeit dicht über dem Wasser geblieben war. Es war ein wilder Flug, und als sie auf dem Krankenhausgelände gelandet waren und das medizinische Personal die Kids aus dem Heli holte, war er in der Maschine nach vorn gegangen, um ihr von Angesicht zu Angesicht für die gute Arbeit zu danken. Er war einer der Männer unten an Deck dieses Schiffes gewesen, die das Seil vom Helikopter an der Korbtrage festgemacht hatten, und wusste aus erster Hand, dass ihr Können als Pilotin dazu beigetragen hatte, diesen Kindern das Leben zu retten.

»Gute Arbeit, Ma’am.« Es war ein schlichtes Kompliment gewesen, und doch hatte sie ihn angesehen, als hätte er ihr eine Million Dollar gegeben. Mit ihren geröteten Wangen und den funkelnden braunen Augen hatte sie so überwältigend hübsch ausgesehen, dass er schnell zurückgewichen war.

»So fliege ich gern«, hatte er sie sagen hören. Höllisch schnell, offenbar, und unter Lebensgefahr. Sie war taff, sie war stark, sie war kompetent.

Also warum zum Teufel hatte sie Hogan da drinnen im McDonald’s nicht die Kniescheibe zertrümmert, als er ihr an den Arsch gegrapscht hatte?

Die Luft draußen war kühl, feucht und roch nach Meer – nach Salz, Fisch und großen Erwartungen.

Stan bewegte sich leise um die Ecke des Gebäudes und auf den entfernt liegenden Parkplatz zu, indem er nach dem Ausschlussverfahren riet, dass sie diesen Weg genommen haben mussten. Es war ein ziemlich öffentlicher Ort für ein Stelldichein, aber falls er sie in einer kompromittierenden Lage vorfinden sollte, würde er sich einfach leise zurückziehen.

Sicher, er wäre enttäuscht, aber das würde keinen Einfluss auf seine Meinung über Teri Howes Fähigkeiten als Pilotin und Mitglied des Unterstützungstrupps für sein Team haben. Er kannte jede Menge Männer, die in Bezug auf ihren Beruf ein hervorragendes Urteilsvermögen besaßen, in Sachen Privatleben aber absolute Trottel waren.

Vielleicht zählte er sogar selbst zu ihnen.

Und da waren sie. Teri Howe und Lieutenant Commander Hogan. Auf dem Parkplatz. Standen viel zu nah beieinander.

Nur dass Teri sich von Hogan abgewandt hatte, als versuchte sie, die Tür ihres Pick-ups zu öffnen.

Als versuchte sie, wegzukommen.

Hogan beugte sich näher, seine Stimme war zu leise, als dass Stan die Worte hätte verstehen können.

Teris Antwort war gut zu hören. »Ich sagte, lass mich in Ruhe.«

Stan ging auf sie zu und erhöhte das Tempo. Er war sich nicht sicher, ob er ihr zu Hilfe eilte oder bloß näher heranging, um einen besseren Blick darauf zu haben, wenn sie dem Arschloch das Knie in die Eier rammte.

Sie hatte es geschafft, die Tür aufzuschließen, konnte sie jedoch nicht öffnen. Nicht ohne sich gegen Hogan zu drücken. Er klemmte sie ein, hatte die Hände links und rechts neben ihr auf dem Autodach.

»Ich hab dir schon mal gesagt, dass ich kein Interesse habe«, hörte Stan sie sagen. »Welchen Teil davon verstehst du nicht?«

Hogan lachte, als hätte sie einen Witz gemacht.

»Die Eisprinzessin hat ja was, wenn es um deine Karriere geht, Teri, aber komm schon. Du redest hier mit mir. Wir beide kennen die Wahrheit. Wie wär’s, wenn ich heute Abend bei dir vorbeikomme?«, fragte Hogan. »Wie wär’s, wenn wir …«

»Bitte.«

Hogan, das Arschloch, lachte, als wäre das Ganze eine Art Spiel. »Du weißt, dass du mich willst.«