Gefahr längsseits – Kapitän Dalton auf Kurs South Carolina - Dan Parkinson - E-Book
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Gefahr längsseits – Kapitän Dalton auf Kurs South Carolina E-Book

Dan Parkinson

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Beschreibung

Auf tödlichem Kurs: Der Seefahrerroman »Gefahr längsseits – Kapitän Dalton auf Kurs South Carolina« von Dan Parkinson jetzt als eBook bei dotbooks. Chesapeake Bay, 1775: Der Aufstand der amerikanischen Kolonien gegen das englische Mutterland wird auf dem Meer ausgetragen. Seit der für seine Tapferkeit gerühmte Kapitän Patrick Dalton fälschlicherweise des Verrats gegen die britische Krone angeklagt wurde, werden er und seine Crew unbarmherzig von der britischen Marine verfolgt. Trotzdem steht der ehrenhafte Seemann zu seinem Eid gegenüber dem Vaterland. Als er hört, dass die imposante »Fury« von spanischen Piraten gekapert wurde, zögert er keine Sekunde und nimmt mit seiner Ketsch »Mystery« die Verfolgung auf. Aber kann es ihm durch geschicktes Taktieren wirklich gelingen, den Kampf mit der ungleich mächtigeren Schnau zu überleben? Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der nautische Abenteuerroman »Gefahr längsseits – Kapitän Dalton auf Kurs South Carolina« von Dan Parkinson – der zweite Band seiner Reihe maritimer Romane rund um den tollkühnen Seefuchs Patrick Dalton wird alle Fans von Julian Stockwin und C. S. Forester begeistern! Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 504

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 21

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Lesetipps

Über dieses Buch:

Chesapeake Bay, 1775: Der Aufstand der amerikanischen Kolonien gegen das englische Mutterland wird auf dem Meer ausgetragen. Seit der für seine Tapferkeit gerühmte Kapitän Patrick Dalton fälschlicherweise des Verrats gegen die britische Krone angeklagt wurde, werden er und seine Crew unbarmherzig von der britischen Marine verfolgt. Trotzdem steht der ehrenhafte Seemann zu seinem Eid gegenüber dem Vaterland. Als er hört, dass die imposante »Fury« von spanischen Piraten gekapert wurde, zögert er keine Sekunde und nimmt mit seiner Ketsch »Mystery« die Verfolgung auf. Aber kann es ihm durch geschicktes Taktieren wirklich gelingen, den Kampf mit der ungleich mächtigeren Schnau zu überleben?

Über den Autor:

Dan Parkinson (1935–2001) war ein US-amerikanischer Autor, der zahlreiche Romane in den Genres Historischer Roman, Western, Fantasy und Science-Fiction verfasste. Seinen größten Erfolg feierte er mit seiner Reihe sorgfältig recherchierter marinehistorischer Romane über den raffinierten Kapitän Patrick Dalton.

Bei dotbooks erschienen in der »Kapitän Dalton«-Reihe folgende Seefahrerromane:

»Landfall in höchster Not – Kapitän Dalton in amerikanischen Gewässern«

»Der Blockadebrecher – Kapitän Dalton vor der amerikanischen Ostküste«

»Im Kampf mit den Freibeutern – Kapitän Dalton zwischen Florida und den Bahamas«

***

eBook-Neuausgabe Januar 2022

Die amerikanische Originalausgabe erschien erstmals 1989 unter dem Originaltitel »The Fox and the Fury« bei Pinnacle Books, New York. Die deutsche Erstausgabe erschien 2000 unter dem Titel »Gefahr längsseits« bei Ullstein

Copyright © der amerikanischen Originalausgabe 1989 by Dan Parkinson

Published by Arrangement with KENSINGTON PUBLISHING CORP., NEW YORK, NY 10018 USA

Copyright © der deutschen Erstausgabe 2000 by Econ Ullstein List Verlag GmbH & Co. KG, München

Copyright © der Neuausgabe 2022 dotbooks GmbH, München

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung eines Gemäldes von Charles Brooking »A Bomb Ketch«

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (fb)

ISBN 978-3-96655-956-0

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Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags

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Liebe Leserin, lieber Leser, in diesem eBook begegnen Sie möglicherweise Begrifflichkeiten, Weltanschauungen und Verhaltensweisen, die wir heute als unzeitgemäß oder diskriminierend verstehen. Bei diesem Roman handelt es sich um ein rein fiktives Werk, das vor dem Hintergrund einer bestimmten Zeit spielt oder geschrieben wurde – und als solches Dokument seiner Zeit von uns ohne nachträgliche Eingriffe neu veröffentlicht wird. Diese Fiktion spiegelt nicht unbedingt die Überzeugungen des Verlags wider.

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Dan Parkinson

Gefahr längsseitsKapitän Dalton auf Kurs South Carolina

Roman

Aus dem Amerikanischen von Karin König und Hans Joachim Alpers

dotbooks.

Für

Glenn Heath, für »waterline x 1.4« und andere Weisheiten

Heidi Hannusch, für die Feinheiten ihrer Muttersprache

für Spec. 2C Ronald Hüll, USCG

für Kipp Soldwedel und seinen magischen Pinsel

für Jack Coggins

für Tre Tryckare

und für andere.

Vielen Dank!

Kapitel 1

Mehr als zwei Jahre lang hatten die Feindseligkeiten zugenommen – Beleidigungen von seiten der Kolonien, politische Konflikte und unvereinbare Interessen, die sich Monat für Monat verschärften, bis nur noch eine Frage übrigblieb: Konnten die neuen Kolonien einen Krieg durchstehen, der gegen die stärkste Marine der Welt auf dem Meer gewonnen werden mußte?

Erst zwölf Jahre waren vergangen, seit Großbritannien sein Weltreich im Pariser Vertrag vereinigt hatte. Jetzt flatterte die britische Flagge über Gibraltar, Menorca, Bengalen und der Küste Tscherkessiens, Madras und den Bahamas, über Südflorida und allen großen Wasserstraßen, die in den Norden der eigensinnigen dreizehn Kolonien führten. Die Franzosen waren aus Nordamerika vertrieben und die Spanier bis zum Mississippi zurückgedrängt worden. Der Union Jack herrschte in der gesamten atlantischen Hemisphäre. Konnte der Kongreß der Kolonien für einen solchen Goliath den David spielen?

Wo immer sich Männer versammelten, um über Politik zu reden, hielten nur wenige das für möglich. Und von denen hegten manche, nach einigem Nachdenken, heftige Zweifel. Pitt war nicht mehr an der Macht, und Englands Regierung war in die Hände eines engstirnigen Königs gefallen, der sich im wesentlichen auf seine eigene Zufriedenheit beschränkte und dessen einziger Ehrgeiz darin bestand zu herrschen. Im Unterhaus wurde ernsthaft daran gezweifelt, ob die Royal Navy der Aufgabe gewachsen war, die Handelsbeschränkungen von 1775 zu überwachen, und gleichzeitig Großbritannien selbst und alle seine neuen Besitzungen zu beschützen. Selbst die Minister unter Lord North äußerten sich besorgt, obwohl der Auftrag des Königs eindeutig war. Zu herrschen bedeutete, die Herrschaft durch Machtausübung zu garantieren, und so sah es auch George III.

Der Bürgerkrieg lag in jenen ersten Monaten des Jahres 1775 bereits in der Luft. Und dann war es plötzlich keine Spekulation mehr. In Machias in Maine enterten und übernahmen Kolonisten mit Hilfe der kleinen Handelsschaluppe Unity, mit Mistgabeln und Äxten bewaffnet, den bewaffneten Schoner Margaretta, und ihr Kriegsgeschrei fand in Lexington und Concord sein Echo. Die Reaktion folgte auf dem Fuß. König George besaß zweihundertsiebzig Schiffe, von denen mehr als die Hälfte Linienschiffe und gut bestückte Fregatten waren. Die Beherrschung der Meere und der Kolonien würde geschwächt.

Dennoch – wo immer sich Männer versammelten, um über Politik zu reden, in Massachusetts und Connecticut, in Virginia und den Carolinas, in New Hampshire, Rhode Island und Providence Plantation, argumentierten immer einige damit, daß ein volles Drittel der Flotte des Königs in Amerika gebaut worden war, und während der Kongreß in Philadelphia über die »Aufstellung eines Fregatten-Geschwaders« und die Bewaffnung von Handelsschiffen diskutierte, gab es Männer, deren Perspektiven über die Einführung des Rechts auf freien Handel hinausreichten.

Ihr Rumpf wurde in Werften unterhalb Wilmingtons zusammengebaut, und jene, die sie entwarfen, hatten die besten Handwerker und die Schätze des ganzen Kontinents zur Verfügung. Niemand konnte die Zukunft sicher voraussehen, und so kam man überein, sie so zu konstruieren, daß sie als Handelsschiff wie auch als Kriegsschiff zu verwenden war. Man achtete auf Schnelligkeit und Stärke und entwarf entsprechende Pläne für das Rigg, alle nur möglichen Segel und für einen Rumpf, der beides tragen konnte. Man entwarf einen robusten, tiefliegenden Kiel und sah ausreichend Raum für den enormen Ballast vor, der nötig war, um dem Druck geheißter Segel bei starkem Wind standzuhalten. Unter den Wantengängen wurden sechzehn Stückpforten eingefügt, hinzu kam vorn und achtern ein Rahmenwerk, das den Druck der Ladung abstützen sollte, wenn nicht mehr Kanonen gebraucht würden.

Und doch wurde sie von den Ereignissen geprägt, noch während der schlanke Rumpf für den Stapellauf geschliffen und geteert wurde. Die Vorstellung, Ladung zu verschiffen, verlor nämlich zunehmend an Reiz für alle, die in ihren Bau investiert hatten. Statt dessen sprachen die Männer über einen gefährlicheren, aber erheblich profitableren Einsatz eines solchen Schiffes. Obwohl viele Schiffe in den Häfen der Kolonien lagen und man in jeder Spelunke oder Herberge fähige Seesoldaten finden konnte, gab es keine richtige Marine. Benedict Arnolds zusammengewürfelte kleine Flottille auf dem Lake Champlain hatte zwar den Plan General Sir Guy Carletons vereiteln können, von den Seen her anzugreifen, aber die Schlacht bei Valcour vom vergangenen Oktober hatte elf der sechzehn Schiffe unter Arnolds Kommando vernichtet. Erbärmlich wenige Schiffe wurden in der folgenden Zeit gebaut und dem Befehl des Kongresses unterstellt. Damit wurde schnell klar: Wenn man mit Hilfe von Schiffen der britischen Flotte standhalten müßte, dann würde es sich um Schiffe in Privatbesitz handeln. Die Investoren lauschten also interessiert den Geschichten von Dales Freibeutern im Süden sowie den Erzählungen über Haraden und seine mit vierzehn Kanonen bestückte Tyrannicide. Es hieß, daß Haraden innerhalb weniger Monate fünf englische Schiffe aufgebracht hätte, einschließlich eines Linienschiffes und der schnellen Brigg St. John. Sechs Monate abseits der Wasserwege von Salem – und die Erbauer der Tyrannicide waren bereits reiche Leute geworden. Haraden selbst war ebenfalls reich… Und selbst ein vierzehnjähriger Schiffsjunge hatte einen Anteil von siebenhundert Dollar, eine Tonne Zucker und jeweils zwanzig Pfund Ingwer und Nelkenpfeffer bekommen.

Sie betrachteten erneut den hoch aufragenden Rumpf ihrer Schöpfung und wußten, was sie wollten: einen Freibeuter.

Aber die Gegend rund um Wilmington war nicht geeignet für die Ausrüstung eines Freibeuters. Also verholten die Männer den Rumpf bei Nacht heimlich die Küste hinab in die Chesapeake-Bay, wo sie einen verborgenen Platz fanden, um das Schiff fertigzustellen. Auch die Fragen im Zusammenhang mit der Ausrüstung waren bald gelöst. Der Ballast würde aus Munitionskisten bestehen, der Laderaum sollte als Waffenkammer dienen, und die beiden Masten würden so getakelt sein, daß sie dem Druck allen Segeltuchs standhielten, das man nur irgend auf ihren Spieren aufspannen konnte.

Und während man die Werftmannschaft mit Scharen von Männern verstärkte, die mit Äxten, Breitbeilen, Sägen, Beiteln, Hämmern, Bohrern und Schleifsteinen ausgerüstet waren – eine ganze Kompanie von Schiffbauern, Segelmachern, Taklern und Kalfaterern wurde beraten, welchen Namen man dem Schiff geben sollte. Der dicht hinter dem Großmast stehende zusätzliche Mastbaum wies sie als Schnau aus, während sie nach dem für die Geschütze vorgesehenen Raum als Achtzehner einzustufen war, wobei die Maße der Geschützdecks längsseits zweiundsiebzig Fuß und dwars vierundzwanzig Fuß betrugen.

Der Schnelligkeit und der Feuerkraft nach würde sie ein Kreuzer sein, ihrem Auftrag nach ein Freibeuter. Die Auftraggeber zerbrachen sich die Köpfe und experimentierten mit Wörtern, die sich ihrer Meinung nach gut auf den Namensschildern des Schiffes machen würden. Letztendlich war es einem vorübergehenden Segelmacher mit einem Kneifer auf der Nase zu verdanken, daß sie sich irgendwann einigten. »Oberbramsegel und Leesegelspieren«, sagte er und schüttelte verwundert den Kopf. »Spinnaker und einen Ringelfalk für den Treibermast! Wenn sie sich nicht bei der ersten Wende selbst zum Kentern bringt, wird sie eine wahre Furie auf dem Meer sein.«

Und so wurden ihre Namensschilder geschnitzt.

Ihr Name war Fury.

Kapitel 2

»Jetzt kann man sehen, was sie zum Sinken gebracht hat«, sagte Patrick Dalton, und er nickte, während er auf der gefährlich schwankenden Plattform auf und ab schritt, die in einem Fluß namens Caradine vom gekippten Rumpf des halb auf der Seite liegenden Schiffes an Seilen herabhing. »Der Rammstoß wurde abgemildert, weil sie Schlagseite hatte. Die Püttings dort – sehen Sie, wie verzogen sie sind? Sie haben die Hauptwucht der Kollision abgefangen, und der Druck darauf hat die untere Rüste nach oben gezogen.«

Während Dalton mit den Fingern die Kanten der auseinander klaffenden Planken nachzog, beugte sich Claude Mallory, der ihm gefolgt war, näher heran, um durch den einen Fuß breiten Riß in den dahinterliegenden Kielraum zu spähen.

»Gehen Sie nicht zu nahe heran«, warnte Dalton ihn. »Die Planken ruhen nicht mehr sauber auf den Auflangern. Wenn die Püttingseisen sich lösen sollten, würden die Planken wie Schildkrötenzähne zusammenschnappen.«

Auf dem Floß unter ihnen hob Billy Caster den Kopf von dem Kanzleipapier, auf dem er Bemerkungen, Zahlen und Ziffern notiert hatte. Dann beugte er sich wieder darüber. Der Kapitän mußte in unbekannten Redewendungen gesprochen haben, entschied er. Oder er bezog sich auf irische Schildkröten. Denn die einzigen Schildkröten, die der junge Master Caster je gesehen hatte, waren amerikanische Schildkröten, die keine Zähne besaßen.

»Das wäre natürlich eine Möglichkeit, das Schiff zu reparieren«, sagte Claude Mallory. »Mit einigen festen Schlägen auf einen Meißel könnte man die Püttingseisen lösen.«

»Ja«, sagte Dalton und nickte. »Wie es aussieht, kann das Schiff gerettet werden.«

»Aye.« Mallorys sonnengebräuntes Gesicht überzog ein Grinsen. »Wer immer sie aufgegeben hat – er muß ein Narr gewesen sein. Oder vielleicht war er auf der Flucht.«

»Wahrscheinlich letzteres.« Patrick Dalton ließ sich auf dem Rand des Arbeitsgerüsts nieder, so daß seine schlammbeschmierten Stiefel zehn Fuß über Billy Casters Kopf schwangen. Eine stramme Woche zermürbender Plackerei hatte ihn vor Erschöpfung wie erstarrt zurückgelassen – zuerst das Drehen des Wracks ins Hochwasser und dann das Kielholen auf einer Schlammbank mitten im aufgewühlten Strom, wobei ein Dutzend kräftiger Eichen am nahen Ufer für das Anholen als Anker gedient hatten. Die sieben Männer hatten die Arbeit von siebzig geleistet, um diese Aufgabe zu bewältigen.

»Käpt’n Dalton?« Billy Casters jugendliche Stimme erklang von unten. »Glauben Sie, daß, wer auch immer sie hier zurückgelassen hat, sie vielleicht absichtlich auf Grund gesetzt hat, damit er zurückkommen und sie für sich beanspruchen kann?«

»Das werden wir nicht erfahren, Mister Caster, es sei denn, die früheren Besitzer kehren zurück. Aber ich vermute, daß das Ausmaß der Schäden überschätzt wurde und man sie als verloren ansah.«

»Sie liegt noch nicht lange hier, Käpt’n.« Claude Mallory hatte, Daltons Warnung ignorierend, den Kopf jetzt ganz durch die gähnenden Kiefer der aufgesprungenen Beplankung gesteckt. »Die Plankengänge hier drinnen sind frisch wie der neue Tag. Und ich kann dort unten Leinen und Taljen sehen.«

»Wenn eines dieser Stage reißen sollte, wird Ihr Kopf noch genauer hinschauen können.«

»Oh. Aye, Kapitän.«

Mallory zog sich aus dem Spalt zurück und setzte sich neben seinen Kapitän auf das Arbeitsgerüst. Die Spätnachmittagssonne fiel am fernen Ufer des Carradine Cut durch das Herbstlaub und sprenkelte den großen dunklen Rumpf, von dem ihr Gerüst herabhing. Dieses Schiff wies mehr als neunzig Fuß Rumpflänge auf, war ein mit Besansegeln bestückter Frachtkreuzer mit den schmucklosen Linien und der komfortablen Breite eines Leichters. Der hohe Großmast, der am Fuß über zwei Fuß Durchmesser aufwies, war weit zurückgesetzt, unmittelbar vor der Mitte, so daß das gesamte Vorderdeck für die Fracht freiblieb.

Sie war namenlos. Ihre Namenszüge waren entfernt worden, und alles unter Deck, was nicht unter Wasser gestanden hatte, war entfernt worden. Sogar die Segel waren verschwunden.

Cadman Wise hatte sie durch puren Zufall vor über einer Woche gefunden. Er war einer Patrouille hessischer Söldner auf der Daltry Road ausgewichen und hatte sich in die Wälder geschlagen. Dann hatte er sich, wie von einem erfahrenen Vollmatrosen, der kürzlich noch der Weißen Flotte Seiner Majestät angehörte, nicht anders zu erwarten, hoffnungslos im Wald verirrt. Ziellos umherwandernd, war er an eine Flußbucht gelangt, die sich zu einem ansehnlichen Strom verbreiterte. Dann hatte er hier in der Wildnis östlich der Chesapeake Bay dieses ausgeschlachtete und verlassene Schiff gefunden.

Ein Tag war vergangen, und ein weiterer begann, bevor die verirrte Teerjacke ihren Weg zur Daltry Road zurück fand und schließlich zu der kleinen Bucht gelangte, wo Patrick Daltons Flüchtlingsmannschaft die Gefangennahme, das Kriegsende oder eine glückliche Fügung erwartete, was auch immer zuerst käme.

Sie waren ein gereizter und wirrer Haufen, diese neun Überlebenden des Kriegsschoners Faith, und nur gegen den jungen Billy Caster lag kein Haftbefehl vor.

In nur wenigen Monaten war Patrick Dalton vom stolzen Ersten Offizier der bewaffneten Brigg Herrett und als einer der besten jungen Offiziere der Königlichen Marine gefeiert, zu einem von Haftbefehlen wegen Verrat, Fahnenflucht, Sabotage, Körperverletzung und wahrscheinlich Piraterie gejagten Flüchtling geworden. Den Haftbefehl wegen Verrats verdankte er seiner Bekanntschaft mit dem berüchtigten Fitzgerald, nachdem der wackere alte Krieger als Anführer der gegenwärtigen Rebellion in Irland entlarvt worden war. Die übrigen Haftbefehle hatte Dalton während seiner Anstrengungen gesammelt, den Konsequenzen des ersten zu entfliehen. Die Übernahme des Schoners Faith im Hafen von New York wäre von der Admiralität vielleicht noch verziehen worden, weil das Schiff nicht der Registrierung durch die Krone übergeben worden war. Aber daß Dalton die siebenfache Tonnage an Royal Navy-Schiffen versenkt hatte und außerdem eine erstklassige, mit vierundvierzig Kanonen bestückte Fregatte im offenen Kampf auf hoher See in Brand gesetzt und versenkt hatte, würde man wohl kaum ignorieren.

Nein, diese Eskapaden würden Patrick Dalton so lange verfolgen, wie der Union Jack über amerikanischen Gewässern wehte … oder über jeglichen Gewässern, in denen Dalton sich zufällig aufhielt. Verwegenheit war schön und gut, aber Demütigungen nahmen die Flottenoffiziere Seiner Majestät nicht gerade freundlich auf.

Auch die übrigen, die sich an Bord der Faith befunden hatten, waren Flüchtlinge.

Sechs von ihnen waren aus dem Festungsgefängnis bei den Long Island Yards entflohen. Charley Duncan hatte Diebstähle und Claude Mallory die Körperverletzung eines Zahlmeisters auf dem Kerbholz, Victory Locke und Purdy Fisk hatten eine Schenke und Ishmael Bean den Besitzer selbiger Schenke ramponiert, und Cadman Wise hatte sich auf die Stiefel eines ranghöheren Offiziers erleichtert.

Michael Romart, ein amerikanischer Kolonist, wurde von den Gerichten des Königs wegen Sabotage und von den Kolonistengerichten in Delaware wegen Ehebruch gesucht. Nur Billy Caster befand sich freiwillig bei ihnen. Seit er an Bord der Herret als Patrick Daltons Schreiber und an Bord der Faith bei ihrer Flucht vor der Weißen Flotte als Mannschaftsmitglied gedient hatte, verehrte der heimatlose junge Mann den Iren. Billys Heimat war dort, wo sein Kapitän war.

Eines Tages würden seltsame Geschichten über die Flucht des Schoners Faith und noch seltsamere Geschichten über ihr letztes Duell auf See erzählt werden. Aber nur wenige außer diesen neun Männern würden die Wahrheit kennen. Sie alle waren an Bord der Faith gewesen, als diese floh, und alle außer Billy waren auch dabei gewesen, als sie kehrtmachte und kämpfte. Und nicht einer unter ihnen hatte die Faith nicht lieben gelernt.

Patrick Dalton zuckte jetzt die müden Achseln und beschattete seine Augen, um stromabwärts zu der Biegung zu schauen, wo sich der Carradine Cut zur Bucht erweiterte. »Sie werden bald zurück sein«, sagte er. »Es kann nicht so lange dauern, sich eine Bucht anzusehen und festzustellen, was dort los ist.«

»Waren Sie jemals in der Chesapeake Bay, Sir?« Mallory rieb sich über den braunen Stoppelbart an seinem Kinn. »Mister Romart sagt, sie sei sehenswert. Um die Hälfte größer als der Long Island Sound und ein wahres Labyrinth von Kanälen, Einschnitten und Verstecken. Mister Romart kennt dieses Gebiet, Sir.«

»Ganz gewiß«, stimmte Dalton ihm zu. »Und er und Mister Duncan können selbst auf sich aufpassen. Aber sie haben unser einziges Boot, das wir bald brauchen werden, wenn wir Werkzeuge und Vorräte finden wollen.«

»Ich habe eine Liste mit allem aufgestellt, was wir brauchen werden, Sir«, sagte Billy Caster von unten. »Es ist eine Menge Material nötig, um ein Schiff dieser Größe überhaupt flott zu bekommen. Dann wird ein Satz Segel erforderlich sein und Schiffsvorräte und Proviant und …«

Aus den Wäldern hinter ihnen erklangen, durch die Entfernung gedämpft, Feuerwaffen. Es waren mindestens drei einzelne Schüsse zu hören.

»Gewehre«, vermutete Billy. »Das waren Gewehre, Sir. Musketen dröhnen lauter.«

»Vielleicht haben die famosen Burschen Abendessen für uns gefunden«, sagte Mallory sehnsüchtig. »Ein paar Waldhühner würden mir genügen.«

»Waldhühner werden nicht mit Gewehren geschossen.« Billy faltete seine Papiere zusammen und stieß das Floß vom Rumpf des Schiffes ab. »Ein Schuß pro Vogel genügt. Sie haben sich wahrscheinlich im Wald verirrt. Soll ich losgehen und sie zurückführen, Sir?«

»Das wäre vermutlich besser, Mister Caster.« Dalton erhob sich und straffte im schwindenden Sonnenlicht die müden Schultern. »Wir werden das zweite Floß benutzen.«

Der Junge stakte das Floß kopfschüttelnd zum Heck des Schiffes, dessen Kiel man seitlich aufgeholt hatte, und ließ es am Ufer auf Grund laufen. Er passierte durch das dortige Behelfslager und verschwand im Wald.

Dalton und Mallory kletterten auf den Rumpf des Schiffes und ließen sich mit Hilfe von verknoteten Leinen auf das Deck hinab. Die Steuerbordschandecks waren überflutet, und an der hinteren Nagelbank des Großmasts hing ein zweites kleines Floß.

»Wenn es unsere Jungs waren«, sagte Mallory, »hoffe ich, daß ihre Schüsse niemanden auf uns aufmerksam gemacht haben.«

»Wann hat es schon mal einen Tag gegeben, an dem wir nicht irgendwo in dieser Bucht Schüsse gehört haben?« beruhigte Dalton ihn.

»Aye, aber für gewöhnlich handelt es sich um Kanonenfeuer, Sir.«

»Das kommt durch den Krieg, Mister Mallory, der in den letzten Wochen anscheinend überwiegend in unserer Nähe stattfand. Wie steht es mit unseren Teevorräten?«

»Reichlich, Sir. Dank Mister Duncan, der letzte Woche einen Ballen Tee fand, haben wir keinen Mangel.« Mallory hob den Deckel einer Wassertonne und spähte hinein. »Wir haben auch noch Wasser. Soll ich einen Tee aufbrühen, Sir?«

Im Lager stocherte Dalton im Feuer und legte weiteres Holz nach, während sich Mallory daran machte, Tee aufzubrühen. Da die Sonne bereits untergegangen war, setzte der Abendfrost ein, und Dalton zog seine zerschlissene blaue Jacke an und setzte sich auf den einzigen Schemel, den es hier gab. Es war ein seltsamer Schemel, aus gespaltenen Dachbalken und Schindeln gefertigt, aber Dalton hatte ihn aus dem Wrack der Faith gerettet, als es sonst kaum etwas zu retten gab. Dieser Schemel barg für ihn Erinnerungen. An Constance Ramsey.

Damals waren sie dreiundzwanzig Leute gewesen, eine bunte, schlecht zusammengewürftelte Mischung aus Schurken, Flüchtlingen und Freigeistern, die es nur mit einem einzigen gemeinsamen Ziel an Bord eines kleinen, geschmeidigen Schoners verschlagen hatte… zu entkommen.

Einige von ihnen waren Seesoldaten der Krone, einige amerikanische Rebellen gewesen. Und es war eine Fee mit kastanienbraunem Haar und wildem Temperament dabeigewesen, die Dalton zunächst unbarmherzig gequält hatte … um ihn dann zu trösten, als es am nötigsten war.

Sie hatte zur Faith gehört, war eine von ihnen gewesen wie jeder Mann an Bord und besser als mancher von denen, und letztendlich, als die hochaufragende Fregatte des Prisenmeisters auf dem Wasser hinter ihnen brannte und die Magazine der Faith kurz vor dem Explodieren standen, hatte Dalton seine Gedanken auf sie gerichtet und an die Hoffnung geglaubt.

Es war eine aufregende Reise gewesen, während der die Brüder Grimm – zwei gewohnheitsmäßige Frauenschänder und zugleich die besten Seeleute, die sich ein Mann unter seinem Kommando wünschen konnte – der Lady zu Ehren aus Dachbalken einen Schemel gefertigt hatten.

Constance war fort, und Dalton bezweifelte, daß er sie auf seinem Lebensweg jemals Wiedersehen würde. Sobald die Schlachten auf dem Delaware beendet wären, würde John Ramsey seinen Hausstand wieder nach Wilmington verlegen, und dort würde auch sie leben. Patrick Dalton konnte nicht nach Wilmington zurückkehren. Nirgends in diesem verdammten Land war Platz für einen Iren, der vor der Justiz des Königs geflüchtet war, so daß er versuchen mußte, in Länder zu gelangen, wo der Union Jack nicht wehte. Er hatte von Anfang an geplant, ein Schiff zu finden, das ihn nach Neuspanien brachte. Von dort, nun – niemand kannte die Zukunft.

Während sich Mallory mit dem Feuer abmühte, schmiegte sich Dalton an Constance Ramseys Schemel und streckte seine langen Beine vor sich aus. Seine Stimmung wurde zunehmend freudloser. Als er jedoch erneut zu dem großen Schatten des freiliegenden Kiels des Schiffes am Ufer des Carradine Cut schaute, kam Freude in ihm auf. Er hatte ein Schiff gesucht. Dieses hier, auch wenn es im Moment nur ein verlassenes Wrack war, konnte ein gutes Schiff werden, wenn man sich Mühe damit gab. Sie könnte stolz und stabil auf dem Wasser dahingleiten, den Wind mit hohen Segeln aufnehmen und ihre Nase zum offenen Meer erheben, während an ihrem Bug Gischt aufspritzte.

Ihr Gesang würde niemals der Faith nahekommen, aber selbst dieser armselige alte Kahn konnte der richtigen Hand am Ruder ein Lied singen. Wie war sie hierher gelangt, in die Wildnis, verlassen, allein und verwaist, auf eine Schlammbank? Wohin waren die Männer gegangen, die sie verlassen hatten? Was hatte sie so hart getroffen, daß alle Planken entlang ihrer Backbordseite mittschiffs geteilt worden waren?

»Ein Mysterium«, sagte Dalton laut.

Mallory, der den Tee vom Feuer herüberbrachte, zog eine Augenbraue hoch. »Sir?«

»Ich sagte: Ein Mysterium, Mister Mallory. Dieses verlassene Schiff wurde ohne Namen zurückgelassen, so daß ich sie taufen werde. Ihr Name ist Mystery.«

»Ah.« Der Seemann stellte das, was er in Händen hielt, auf ein kleines umgedrehtes Faß und nahm seinen Hut ab. »Mystery. Ein vielversprechender Name, Käpt’n. Wirklich ein recht vielversprechender Name.«

Dalton überquerte mit seinem Teebecher die dunkler werdende Lichtung bis zu der Stelle, wo die stramm gespannte Trosse – ein geteertes Seil von vier Zoll Durchmesser – durch Spleiß und Klampe an einem großen Eisenankerring gesichert war, von dem aus sich dünnere Seile fächerförmig zum Fuß der Eichen ausbreiteten, die dort standen. Das Kabeltau, das an dieser Stelle in Kopfhöhe verlief, erstreckte sich aufwärts auf die kleine Bucht zu, wo es oben am Großmast des Schiffes gesichert war. Diese Vorrichtung hielt das Schiff auf der Seite. Doppelte Stage vom Großmast zu den Backbordstiepern des Schiffes unterstützten den Mast und hielten das erhebliche Gewicht des Backbordrumpfes hoch über der Wasseroberfläche.

Man hatte den Kiel seitlich aufgeholt, wobei man die an Bord befindliche Haspel als Winde benutzt und sie mühsam Zoll um Zoll auf die Seite gezogen hatte, bis die Wunde vollkommen freilag und trocknen konnte. Der Rumpf lag so weit auf der Steuerbordseite, daß das Deck fast senkrecht stand, wenn die Flut kam.

Dalton überprüfte den Spleiß am Ankerring und stellte fest, daß er gut hielt. Das Schiff würde an seinem Platz bleiben, bis er und seine Männer die Möglichkeit fanden, es zu reparieren.

»Wenn Mister Duncan und Mister Romart mit unserem Boot zurückkommen«, informierte er Mallory, »werde ich zum Eagle’s Head hinaufrudern und mit Mister Ramsey sprechen. Vielleicht wird er die Reparatur finanzieren.«

Es erfolgte keine Antwort, und plötzlich nahm Dalton scharrende Geräusche und das Klingen von Metall in seinem Rücken wahr. Er wandte sich um.

Er sah in der Dämmerung ein großes Walfängerboot mit dem Steuerbordbug anlanden, Männer vom Boot herabspringen und das Ufer hinaufstürmen. Zwei dieser Männer hatten Claude Mallory bereits die Hände gefesselt, und als Dalton sich erneut umwandte, sah er einen dritten Mann, der eine Keule hob, um sie dann auf den Kopf des Seemannes niedersausen zu lassen. Mallory brach zusammen.

Daltons einzige Waffe war sein Säbel, der jenseits des Feuers bei den Decken am Stamm eines Baumes lehnte. Er wollte gerade hinlaufen, als ihn etwas in den Bauch traf und einknicken ließ. Dann ergriffen grobe Hände seine Arme, verdrehten sie und hievten ihn hoch.

Vier Männer hielten ihn in seiner hilflosen Lage fest, während die anderen das Lager durchstöberten. Im Handumdrehen wurden Laternen angezündet, und Dalton konnte die Kerle besser sehen. Es schien sich um rauhe Burschen zu handeln, ein Dutzend oder mehr, in der bunten Kleidung der amerikanischen Hinterwäldler. Buchträuber, erkannte Dalton, Schakale, die die abgelegenen Gewässer durchstreiften und alles mitnahmen, was nicht niet- und nagelfest war.

Plötzlich trat einer vor und drückte Dalton eine schwere Pistole ins Gesicht, deren Lauf seine Lippen gegen die Zähne quetschte.

»Du bist nich allein hier«, knurrte der Mann. »Wo is der Rest von deiner Mannschaft?«

Dalton drehte den Kopf zur Seite, spuckte Blut und kämpfte gegen Arme an, die ihn festnagelten.

»Oho!« höhnte einer der Männer. »Er besitzt wahrhaftig Kampfgeist.«

Ein anderer griff in Daltons Haar und riß seinen Kopf grausam zurück. Der Kerl mit der Pistole hob die freie Hand und schlug Dalton hart ins Gesicht, wobei die wuchtigen Knöchel blaue Flecke auf seinen Wangen hinterließen. Die Welt drehte sich um Dalton, und der Mann schlug ihn erneut.

»Antworte!« brüllte er. »Ich fragte: Wo is deine Mannschaft?«

Dalton sank halb bewußtlos zusammen. »Fort«, flüsterte er.

»Is das dann dein Schiff?« Der Mann schaute zu dem in der Dämmerung dunkel wirkenden Rumpf zurück. »Was is’ los damit?«

Mit letzter schwindender Kraft hob Patrick Dalton den Kopf und würgte wegen des Blutes und Speichels in seinem Mund. Er wußte, daß diese Männer Geächtete waren, und er war allein mit ihnen. Er hatte keine Chance. Heißer Zorn stieg ihm in die Kehle, und er sah seinen Peiniger mit hartem Blick an.

»Es ist leck«, keuchte er und spie dem Mann dann voll ins Gesicht.

In der folgenden Schrecksekunde entwand er seinem Bezwinger einen Arm, schwang herum und schlug in ein grinsendes Gesicht, wobei er Knochen brechen spürte, als er traf. Er trat einen weiteren Mann in den Bauch, drehte sich um und versuchte, im Gewirr zu entkommen. Doch sie erwischten ihn wieder und zwangen ihn auf die Knie, während Fäuste auf ihn einschlugen und Stiefel ihn brutal in Rippen und Rücken trafen.

»Schlagt dem Bastard den Schädel ein!« schrie jemand, aber die Stimme des Anführers übertönte ihn. »Nein! Knüpft ihn da an den Baum. Niemand spuckt Clive Hensey an! Knüpft ihn auf und laßt ihn eine Weile baumeln. Er wird höflicher werden, wenn wir anfangen, ihm ’n paar Teile abzuschneiden. Ganz sicher.«

Dalton erwachte schmerzerfüllt und schwindelig. Lange Momente vergingen, bevor er sich ausreichend orientieren konnte, um die auf dem Kopf stehende Szenerie um sich herum zu erkennen. Er war mit einem Seil verschnürt, hing an den Knöcheln an einem Ast, der Kopf baumelte drei Fuß über dem Boden. Eine trübe Laterne auf einem Baumstumpf offenbarte die über das Lager verteilten Gestalten, einschließlich eines gefesselten und bewußtlosen Mister Mallory am Ufer der kleinen Bucht. Dalton versuchte sich zu bewegen, und der Schmerz schoß durch seinen Körper und ließ ihn durch die zusammengebissenen Zähne stöhnen. Seine Nase und sein Mund waren mit trocknendem Blut angefüllt, und er konnte kaum atmen.

Bei dem Schmerzenslaut erhob sich jemand, trat zu ihm und betrachtete sein Gesicht.

»Biste also wach? Has du jetzt Lust zu reden?«

Es war der Anführer, Clive Hensey. Der Mann kniete sich hin, spähte Dalton ins Gesicht und stieß dann einen Daumen in sein Auge. Dalton zuckte zurück, und die Bewegung ließ erneut höllischen Schmerz durch seinen Körper schießen.

»Aye«, sagte Hensey zufrieden. »Du bis wach. Jetzt sag mir höflich, was mit’m Schiff da los is. Kann man’s reparieren?«

Dalton schüttelte den Kopf und brachte mühsam die Worte hervor: »Fahr zur Hölle.«

»Oha.« Hensey richtete sich auf. »Er is feindselig.« Schon im Umwenden, trat der Mann heftig zu, wodurch Dalton wie ein Pendel schwang. Die auf dem Kopf stehende Welt drehte sich … Licht und Schatten, Zweig und Stumpf, ein kurzer Blick auf einen Schnallenschuh unter einem Busch …

Noch während Schmerz und Schwindel Dalton vollständig einzunehmen versuchten, kam er vollends zu sich. »Ich werde reden«, krächzte er. »Es reicht. Ich werde reden.«

Grobe Hände hielten seinen Schwung auf, und Hensey kniete sich erneut hin, wobei er erfreut wirkte.

»Das Schiff hat einen Riß im Backbordbergholz«, krächzte Dalton. »Es könnte repariert werden.«

»Und wo is das Backbordbergholz?« spottete der Mann. »Un erzähl mir’s nich in deiner verdammten Seemannssprache. Red klar.«

»Es befindet sich am Rumpf. So wie sie jetzt liegt, auf der Oberseite. Dort ist ein Gerüst. Sehen Sie selbst nach.«

Hensey wandte sich um und betrachtete den hochaufragenden Berg des Schiffes. »Auf der anderen Seite?«

»Ja.« Daltons Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »Auf der anderen Seite.«

»Dann wer’n wir uns das mal anseh’n.« Hensey trat ihn erneut, quetschte Daltons Rippen und schritt dann durch das Lager davon, wobei er seine Männer aufscheuchte. »Kommt schon, Jungs! Hoch mit den Ärschen und zündet mehr Laternen an. Is bald Morgen un Zeit, was zu tun. Hoch! Hoch!«

Als alle wach waren, befahl er zweien der Männer, Wache zu halten, und drängte die übrigen in das Walfängerboot. »Wir fahr’n herum un seh’n uns den Boden von diesem Kahn an«, sagte er. »Wenn wir sie flott machen könn’, is sie ’ne Menge wert.«

Als er im Wind schwang, erhaschte Dalton kurze Blicke auf das ablegende Walfängerboot, das wieder in die Bucht hinauslief und hinter dem freiliegenden Teil des Rumpfes der Mystery verschwand. Ein guter Name, dachte Dalton. Ein wirklich guter Name.

Er baumelte und drehte sich, und der Schnallenschuh war nicht mehr dort hinter dem Busch, wo er gewesen war. Daltons Rücken war der Lichtung zugewandt, als er einen dumpfen Schlag und schwache Würgegeräusche hörte, aber das überraschte ihn nicht. Daltons Männer waren von ihrem Jagdausflug zurück.

Billy Caster und Victory Locke schnitten ihn schweigend vom Baum und lösten seine Fesseln, und der Schmerz des wieder einsetzenden Blutkreislaufs lähmte ihn fast. Dann gelang es ihm mit ihrer Hilfe, sich hinzustellen. Er stützte sich keuchend auf ihre Schultern.

»Was jetzt, Kapitän?« flüsterte Billy.

»Können Sie meinen Säbel finden?«

»Aye, Sir.« Purdy Fisk kam mit der im Gurt steckenden Klinge heran. »Einer von dem Abschaum hat ihn getragen. Hier ist er.«

»Hat jemand nach Mister Mallory gesehen?«

»Aye, Sir.« Sie flüsterten weiterhin. »Mister Bean und Mister Wise kümmern sich um ihn. Er scheint zu leben.«

»Gut, Mister Caster.« Dalton balancierte mühsam auf bleischweren Füßen und stolperte zu dem Kabelgeschirr hinüber. Er zog seinen Säbel und prüfte die Schneide. Dann begann er zu schneiden.

Momente vergingen, während er über dem Ankerring an dem dicken Tau sägte. Ein Strang teilte sich und dann ein weiterer. Siebzig Yards entfernt, von der anderen Seite der Mystery, waren Stimmen zu hören und Laternenlicht zu sehen. Dalton verlagerte seinen Griff um das Säbelheft und schnitt weiter.

Billy Caster und Victory Locke standen seitlich und sahen ihn an, wobei sich ihre Augen weiteten, als sie erkannten, was er tat.

Das Kabeltau vibrierte und summte, als sich ein weiterer Strang teilte, und dann riß es plötzlich mit einem Knall wie von einem Gewehrschuß entzwei, und Dalton wurde zurückgeworfen. Das Schiff am Ufer ergab sich dem freien Gewicht seines Kiels und rollte aufrecht ins Wasser, wodurch Flutwellen über den Spalt fegten. Ein erstickter Schrei vermischte sich mit dem Geräusch zermalmter Planken, und dann war nur noch das Plätschern kleiner Wellen zu hören, als sich der tonnenschwere Holzkiel in den von der Ebbe freigelegten Schlamm schmiegte.

»Gütiger Gott im Himmel«, flüsterte Victory Locke.

»Mist!« entfuhr es Billy Caster.

Dalton saß mit gespreizten Beinen auf dem Boden und versuchte mit zitternden Händen, seinen Säbel wieder in die Scheide zu stecken. »Ich glaube, ich würde mich gern auf meinen Schemel setzen«, sagte er, »und einen Becher Tee trinken. Wenn es hell genug ist, können wir den Kiel der Mystery wieder aufholen. Es wird dieses Mal nicht so lange dauern, da wir jetzt wissen, was zu tun ist.«

Kapitel 3

»Sie haben Philadelphia eingenommen.« John Singleton Ramsey verlagerte sein Gewicht auf der Holzbank und trank einen Schluck von dem leichten Grog. »Ihr General Howe hat am Head of the Elk Feldtruppen angelandet und sie gegen George Washingtons Verteidigungslinien geschickt. Sie brachen letzten Dienstag durch, und Howe hält die Stadt, obwohl Washington ihn dort belagern läßt. Die Howes werden jetzt vermutlich den Delaware einnehmen müssen, um ihre Streitkräfte zu versorgen. Und es liegen noch immer zwei Geschwader vor der Chesapeake Bay. Dadurch sind wir eigentlich mittendrin gefangen, nicht wahr?«

»Vermutlich mit einigen wertvollen verborgenen Vorräten.« Patrick Dalton zog eine Augenbraue hoch … und bereute es sofort. Sein Gesicht war, wie auch andere Teile seines Körpers, teilweise noch immer zu wund, um die Schmerzen ignorieren zu können.

»Möglicherweise. Handel kann in Kriegszeiten recht gefährlich sein.« Ramsey hob die Lampe an, um sich den großen Iren genauer anzusehen. In dem mit Fensterläden abgedunkelten Räucherhaus, in dem sie sich getroffen hatten, war es düster, aber es war weitaus sicherer, als Dalton auf dem offenen Gelände von Ramseys Landsitz in Virginia zu präsentieren, wo Rotjacken und Hessen über das Land ausschwärmten. »Wissen Sie, Patrick, Sie sehen mit Ihrem blauen Auge und dem geschwollenen Kiefer wie der leibhaftige Teufel aus. Mein Arzt wird einen Blick auf Sie werfen, bevor Sie gehen. Er wird gut bezahlt und ist vertrauenswürdig.«

»Ich habe gutes Heilfleisch.« Dalton schüttelte den Kopf. »Wenn jemand, wie Sie sagten, möglicherweise irgendwo eine wertvolle Ladung versteckt hat, wäre es vielleicht einigen Einsatz wert, diese sicher zu einem Stützpunkthafen zu bringen.«

»Vielleicht«, räumte Ramsey ein. »Aber die Risiken, alles zu verlieren, wären enorm … vorausgesetzt, es gäbe eine solche Ladung.«

»Zu verlieren? Wäre das Risiko größer, daß sie gefunden und identifiziert würde, Mister Ramsey?«

»Warum beginne ich zu vermuten, daß Sie wissen, was ich vielleicht zu transportieren habe, Patrick?«

»Ich weiß nicht, was Sie haben, John. Aber ich habe Sie inzwischen ein wenig kennengelernt und schätze Ihren, äh, kaufmännischen Instinkt hoch ein. Es muß sich wohl etwas in Ihrem Besitz befinden, das im richtigen Hafen vielleicht einen ansehnlichen Gewinn erzielen könnte. Und ich habe das Schiff, mit dem ich es für Sie dorthin bringen könnte.«

»Im Austausch gegen Vorräte und Ausrüstung? Ich bin überrascht, daß Sie nicht auch einen Anteil fordern.«

Daltons düsteres Gesicht wurde starr. »Ich bin nicht am Handel mit Schmuggelwaren interessiert, Sir. Trotz allem, was geschehen ist, betrachte ich mich als treuen Untertan Seiner Majestät.«

»Ach, Unsinn. Jedermann weiß, daß Seine Majestät ein vollendeter Tyrann ist. Ganz zu schweigen davon, daß er ein unerträglicher Dummkopf ist. Sie haben äußerst merkwürdige Prinzipien, Patrick. Hier stehen Sie, mit Haftbefehlen belastet, die Sie mindestens siebenfach an den Galgen bringen können, und dennoch scheuen Sie vor ein wenig ehrlicher Schmuggelei zurück? Ob Krieg oder nicht, Junge, Geschäft ist Geschäft.«

»Ich habe eine Liste der Dinge, die ich brauchen werde, Sir. Mit diesen Dingen könnte ich ein Schiff innerhalb von zwei Wochen unter Segel setzen, vorausgesetzt meine Männer haben den Rumpf bis zu meiner Rückkehr repariert und den Kielraum ausgepumpt.«

»Es ist eine ziemlich lange Liste, Patrick. Eine komplette Ausrüstung und Proviant für ein Schiff, bis hin zu einem Satz Segel und schweren Geschützen. Sie verlangen eine Menge Geld.«

»Aber gewiß nichts, was dem Wert Ihrer Ladung entspräche, Sir.«

»Sie wissen nicht einmal, woraus meine Ladung bestehen könnte.«

»Noch will ich es wissen. Aber ich weiß, daß Sie nicht mit alltäglichen Waren handeln. Die Kanonen wären übrigens einzig zu dem Zweck gedacht, Ihre wertvolle Ladung zu verteidigen.«

»Und woher soll ich wissen, daß Sie, wenn Sie erst ausgerüstet sind, nicht einfach mit der Ladung und allem nach Neuspanien auslaufen werden?«

»Durch mein Ehrenwort, Sir.«

»Sie sind Ire, Sir.«

»Und Sie sind ein Schmuggler, Sir.«

»Nun, zumindest berufen Sie sich nicht zu Ihren Gunsten auf meine Tochter. Das hätte ich für möglich gehalten.«

»Was haben Sie von Miss Constance gehört, Sir? Ich hoffe, es geht ihr gut.«

»Recht gut, danke. Ich habe sie und die Diener nach Baltimore geschickt. Die meisten der Mitglieder des Kongresses sind dorthin gegangen, und man kann sich normalerweise darauf verlassen, daß Politiker die besten Orte für ihre persönliche Sicherheit kennen. Constance sollte in Baltimore ausreichend sicher sein, bis diese Unannehmlichkeiten hier in der Gegend beendet sind.«

»Wenn sie dort bleibt.«

»Und warum sollte sie nicht? Ich habe ihr versprochen, daß hier alles gutgehen wird, daß ich vollkommen sicher bin und…« Er schloß jäh den Mund und nahm dann hastig einen weiteren Schluck des zu drei Vierteln aus Wasser bestehenden Grogs.

»Und?« drängte Dalton ihn verwirrt.

»Nun, Sir, ich mußte ihr auch versprechen, daß ich in ihrer Ab Wesenheit für Ihre Sicherheit sorgen werde …«

»Das dürfte schwer zu bewerkstelligen sein.«

»Ja.«

»Und?«

»Nun, ich habe ihr auch versprochen, daß ich Sie … nun… sozusagen im Schlepptau behalten werde. Daß ich dafür sorgen werde, daß Sie nicht ohne sie irgendwohin davonlaufen.«

»Ah. Ich verstehe.«

Ramsey zuckte die Achseln. »Meine Tochter kann manchmal schwierig sein.«

»Ja. Ich weiß. In diesem Falle hat es vermutlich keinen Sinn, mein Vorhaben weiter zu erörtern, Sir?«

»Das habe ich nicht gesagt, Patrick. Tatsächlich gefällt mir der Gedanke selbst recht gut. Es ist natürlich ziemlich riskant.«

»Ein Mann mit einem guten Schiff und genügend Segelfläche sollte in der Lage sein, in einer so großen Meeresbucht wie der Chesapeake Bay an ein oder zwei Geschwadern von Kriegsschiffen vorüber zu gelangen, Sir.«

»Tatsächlich habe ich nicht an das Risiko der Kriegsschiffe gedacht, Patrick, obwohl es beträchtlich ist. Außerdem gibt es da auch noch die konzessionierten Freibeuter und all die gewöhnlichen Piraten, die diese Gewässer frequentieren, und die Risiken des Wetters in dieser Jahreszeit. Aber ich dachte hauptsächlich an das Risiko, das meine Tochter darstellt, sollte sie Wind hiervon bekommen. Nur der Himmel allein weiß, was zu unternehmen ihr in ihren hübschen Kopf steigen könnte.«

»Mister Ramsey, sie ist immerhin nur eine Frau. Natürlich eine recht hübsche junge Frau, wie Sie bereits sagten, aber dennoch nur eine …«

»Oh, kommen Sie schon, Patrick. Seien Sie ehrlich zu mir. Würden Sie sich lieber dem Ingrimm von Kriegsschiffen oder dem von Constance aussetzen?«

Dalton runzelte die Stirn und nickte dann. »Dem Ingrimm von Kriegsschiffen, Sir. Jederzeit.«

»Ich auch. Wie dem auch sei. Eine Woche, sagten Sie?«

»Ich sagte, zwei Wochen. Vom Zeitpunkt der Proviantlieferung an gerechnet.«

»Zu lange. Black Dick Howes Flotte nähert sich in diesem Moment der Delaware Bay. Ich habe meine hiesigen Lager nach Eagle’s Head verlegt, aber ich erwarte, daß innerhalb von zwei Wochen hessische Söldner hier auftauchen werden. Die Delaware-Verteidigung wird nicht lange standhalten. Danach werden die Howes ihre Stellungen an Land ausbauen. Ich fürchte, wir haben keine große Wahl. Entweder verschiffen wir die Ware jetzt, oder wir versenken das wertvolle Material in der Bucht.«

»Mister Ramsey?«

»Ja?«

»Haben Sie gewußt, daß ich heute mit dem Angebot hierher kommen würde, um ihre Ladung zu transportieren?«

»Tatsächlich, Patrick, hatte ich Sie schon gestern erwartet. Einer meiner Verwalter beschäftigt mehrere Indianer… wirklich recht zivilisierte Eingeborene… und sie haben einen Blick auf Ihr verlassenes Schiff geworfen …«

Ein Pochen an der Tür wurde von einem dunklen hereinspähenden Kopf gefolgt. »Soldaten kommen, Mister Ramsey. Die Straße hinauf.«

»Danke, Colly. Gut, Patrick. Machen Sie Ihr Schiff flott und halten sich für die Ladung bereit. Stellen Sie einen Mann an der Pforte auf, der eine Laterne schwenken soll, wenn er uns kommen sieht, und wir werden sehen, wie viele Lastkähne wir an der verdammten Königlichen Marine vorbeischleusen können.«

»Lastkähne? Ich hätte Wagen erwartet.«

»Es gibt in diesem Land momentan nicht genügend Wagen, um die Ladung, die ich habe, zu befördern, Patrick. Aber machen Sie sich darüber keine Sorgen. Kümmern Sie sich einfach um Ihr Schiff, und ich werde mich um den Rest kümmern.«

Ramsey stand ohne weiteres Zögern auf und schlüpfte aus dem Räucherhaus, wobei er die Lampe mitnahm und Dalton in der Dunkelheit allein zurückließ. Er wartete, bis das Geräusch von Ramseys Schritten verklungen war, öffnete dann vorsichtig die Tür, schaute in den Abend hinaus, verließ das Räucherhaus und lief um das abgelegene Blockhaus in den dahinter liegenden Wald. Eine Meile entfernt wartete Billy Caster in einer kleinen Bucht mit einer gestohlenen Jolle auf ihn, und sie mußten stundenlang rudern, bevor sie es wagen konnten, das Lateinsegel des kleinen Bootes zu heißen und auf den verborgenen Einschnitt zuzuhalten, wo die Mystery erneut auf der Seite lag, um ihren Rumpf reparieren zu lassen.

Dalton hatte vieles zu überdenken, während er sich in der Abenddämmerung seinen Weg durch den Wald bahnte. Constance war in Sicherheit, und das war eine Erleichterung, aber er teilte ihres Vaters Sorge um sie. Constance Ramsey besaß einen eisernen Willen, und ihre kleine, hübsche Gestalt beherbergte ein Temperament, das gelegentlich wahrhaft aufbrausend sein konnte.

Er sorgte sich auch um Charley Duncan und Michael Romart. Fast zehn Tage waren vergangen, seit er die beiden in einer Barkasse losgeschickt hatte, um den unteren Teil der Chesapeake Bay auszukundschaften und den dort herrschenden Verkehr zu beobachten. Er konnte nicht in Erfahrung bringen, ob sie gefangengenommen worden oder tot waren oder aber sich verirrt hatten, obwohl es wenig wahrscheinlich war, daß Romart sich verirrte. Die Amerikaner kannten dieses Land.

Dalton sorgte sich noch um etwas anderes: Nicht genügend Wagen, hatte Ramsey gesagt. Nicht genügend Wagen wofür? Was wollte der Kaufmann an Bord der Mystery laden, was nicht von einigen wenigen schweren Wagen gebracht werden könnte? An Dalton nagte der Verdacht, daß seine und Ramseys Ansicht über saubere Einhaltung der Höchstlast vielleicht sehr unterschiedlich waren. Zum Teufel mit allen Bedenken. Doch Dalton wünschte fast, er hätte eine Erklärung verlangt.

Für Charley Duncan und Michael Romart hatten sich die Dinge gar nicht gut entwickelt. Romart war über den Auftrag des Kapitäns, die Chesapeake Bay auszukundschaften, ziemlich entsetzt gewesen.

»Sir, man könnte einen Großteil seines Lebens damit verbringen, die Chesapeake Bay auszukundschaften«, hatte er zu bedenken gegeben.

Aber Dalton hatte sie dennoch losgeschickt. »Ich brauche nur einen allgemeinen Bericht«, hatte er den skeptischen Kolonisten belehrt, »kein Gutachten.«

Also waren Duncan und Romart in der arg mitgenommenen Barkasse aufgebrochen, die neben Flößen und einer Jolle das einzige Fahrzeug war, das der einstigen Mannschaft der Faith jetzt noch zur Verfügung stand.

Als ehemaliger Erster Offizier der Faith – in Nachfolge des einbeinigen alten Clarence Kilreagh, der durch die Kanonen einer Fregatte gestorben war – war Duncan der Offizier, der das Wagnis befehligte. Aber nur Romart war von ihnen beiden mit amerikanischen Gewässern und der amerikanischen Art zumindest vage vertraut. Die stumpfartigen Breitfocksegel und die Riemen des Schiffes betätigten sie beide, obwohl der Ire ein gewisses Besitzerinteresse an dem Boot insgesamt besaß. Er war es, der es »gefunden« hatte, als die Anwesenheit britischer Streitkräfte auf dem Delaware es geboten erschienen ließ, daß sich Verbrecher, Flüchtlinge und Freigeister in abseitige wilde Gewässer zurückzogen.

Duncan hatte das Boot am zweiten Tag des Ankerns einer Flottille von Admiral Lord Howes Flotte in der Bucht von Delaware auf mysteriöse Art erlangt, es flußaufwärts zu Squire Ramseys Privatbucht gebracht und dann mit den anderen selbstgefällig strahlend dabei gestanden, während Patrick Dalton es inspizierte. Aber die Selbstgefälligkeit war ihm rasch vergangen.

Nicht einmal hatte Dalton ihn gefragt, wo er das Boot gefunden hatte. Der Kapitän hatte es einfach inspiziert, taxiert und währenddessen beständig kommentiert: »Das Boot eines robusten Schiffes, Mister Duncan. Ein glücklicher Fund. Höchst ungewöhnlich, daß jemand ein solches Boot unbeansprucht lassen sollte … und noch dazu ohne Namensschilder. Und das rauhe Holz, wo die Namensschilder vielleicht angebracht waren, ist noch so frisch, als hätte keine Gischt es jemals berührt. Erst kürzlich verlorengegangen, würde ich sagen, da diese Kalfaterung am Achtersteven erst wenige Stunden unter Wasser war. Man könnte vermuten, daß dieses Boot noch gestern auf irgendeinem hübschen britischen Schiff in den Davits hing … vielleicht auf der Doughty selbst.«

An dieser Stelle seiner Kommentare erlosch Duncans Lächeln. »Ich habe niemals gesagt, wo ich es gefunden habe, Sir«, erklärte er. »Sie haben nicht danach gefragt.«

»Würde ich Ihnen einen solche Frage stellen, Mister Duncan?« Daltons hageres Gesicht war ausdruckslos, seine dunklen Augen wirkten unergründlich. »Ein Gentleman stellt Glück nicht in Frage, und ganz besonders nicht bei dem Mann, der einst für das Steuerrad vom Flaggschiff des Vizeadmirals einen guten Preis auf dem Diebesmarkt erzielte. Obwohl man sich natürlich fragt, wie solche Dinge vollbracht werden.«

»Sehr vorsichtig, Sir, das versichere ich Ihnen«, gestand Duncan ein. »Aber Sir, die Doughty? Wie könnte ein Gentleman ausgerechnet an dieses Schiff denken?«

»Die Barkasse ist britisch«, sagte Dalton achselzuckend. »Ihre Planken weisen darauf hin. Außerdem ist sie vierundzwanzig Fuß lang und sechs Fuß breit. Unsere britischen Schiffbauer unterliegen Formeln und der Gewohnheit, Mister Duncan. Ich fürchte, sie sind weniger erfinderisch als ihre amerikanischen Vettern. Die Formel für eine angemessene Barkasse eines britischen Schiffes ist zwei Komma sechs mal die Quadratwurzel der Länge des Schiffes… und die Breite macht natürlich ein Viertel dieser Summe aus. Daher könnte diese Barkasse kürzlich in Besitz eines Kriegsschiffes von neunzig Fuß Länge gewesen sein, welches bequem sechsundzwanzig Kanonen beherbergen könnte, und das einzige Schiff mit sechsundzwanzig Kanonen hier in der Nähe ist im Moment die Brigg Doughty. Es würde mich überhaupt nicht überraschen, wenn die Deckoffiziere und Bootsleute dieses Schiffes sich jetzt gerade an den Köpfen kratzen und sich daran zu erinnern versuchen, wohin sie ihre Barkasse Nummer zwei verlegt haben.«

Von der Herkunft einmal abgesehen, war es eine hübsche Barkasse mit fünf Seitenriemen mit separaten Sitzbänken, gut geschmierten Dollen, in denen die Riemen geführt und gesichert wurden, zwei stabilen Masten, die umgelegt werden konnten, und bereits für zwei Breitfocksegel getrimmten Spieren. Alles, was das Boot Duncans Meinung nach noch brauchte, waren eine Kanone und ein Name – Barkassen und dergleichen trugen normalerweise den Namen ihres Schiffes, aber da die ehemaligen Mannschaftsmitglieder der Faith im Moment kein Schiff besaßen, hatte Duncan bei dem Gedanken Unbehagen verspürt, daß die Barkasse nicht nach etwas benannt würde … und hatte das auch gesagt.

Und in dem Moment war die disziplinierte Ausdruckslosigkeit von Daltons Gesicht gewichen. »Gut«, sagte er, »dann werden wir sie Something nennen.«

Die Something hatte die Reise von der versteckten Bucht unterhalb von Wilmington über die Delaware Bay und unter der Nase des kleinen Geschwaders Seiner Majestät vor Lewes Point direkt auf The Horns zu fast ohne Zwischenfall bewältigt. Fast. In der Dämmerung vor Metompkin hatte einer aus einer Gruppe von Puntbesitzern, die wohl zur Jagd unterwegs waren, die Something entweder als ein britisches Schiff oder als Wasservogel identifiziert und ihr Vorsegel mit Schrot durchsiebt. Aber es war nur eine kurze Begegnung gewesen. Billy Caster und Victory Locke hatten die Punte mit amerikanischen Gewehren beschossen, während sich die übrigen Männer in die Riemen gelegt hatten, so daß sie entkommen waren.

Ihr einziger Verlust war Ishmael Beans Teerhut gewesen, der vielleicht noch immer – wie Bean entschieden hatte – irgendwo im Atlantik schwamm. Es war ein guter Hut gewesen.

Aber nach dem Zwischenfall hatte Charley Duncan über Puntgewehre nachzudenken begonnen – jene monströsen Flinten, die von den Kolonisten an der Bucht gern benutzt wurden. Er träumte davon, sich irgendwie ein Paar der mörderischen kleinen Waffen anzueignen, um sie als Bug- und Heckgeschütze auf der Something anzubringen. Wenn man die unterschiedliche Größe der Schiffe bedachte, konnten solche Waffen seiner Meinung nach der Something ebenso gut nützen wie die beiden langen Achten, die er damals in Rhode Island von einer Kolonistenschnau gestohlen hatte und die anschließend dem Schoner Faith gute Dienste leisteten.

So wurde die Erkundung des Verkehrs auf der Bucht, zu der Dalton ihn und Mister Romart ausgeschickt hatte, durch Abstecher in manche Bucht, verborgene Einfahrten und einen von Wald umschlungenen Fluß erschwert, auf der Suche nach jenen Zufluchtsorten, von denen aus Puntfahrer operieren konnten – und wo vielleicht Puntflinten zu erlangen wären. Bei einem solchen Abstecher stießen sie auf Indianer.

Die beiden Männer ruderten einen abgelegenen Nebenarm hinauf, als die Something plötzlich erschüttert wurde, an Fahrt verlor und ein gurgelndes Geräusch von ihrem Heck erklang. Charley Duncan, der auf der zweiten Bank ruderte, zog die Riemen ein und ging nach hinten, um nachzusehen. Er kniete sich neben die angelaschte Ruderpinne, beugte sich über die Reling, um ins bewegte Wasser zu blicken und wandte sich dann zu Romart um.

»Wir sollten besser einen Moment anhalten«, sagte er. »Es hat sich etwas in unserem Steuerblatt verfangen.«

Romart zog seine Riemen ebenfalls ein und betrachtete unbehaglich die Flecken Himmel, die zwischen den hoch aufragenden Bäumen zu sehen waren. Es sollten mehr Vögel dasein, dachte er. »Können Sie erkennen, was es ist?«

Duncans Stimme von unterhalb des Hecks, wo er sich an etwas zu schaffen machte, klang gedämpft.

»… Fische … mit Federn …« war alles, was der Kolonist hören konnte.

Dann richtete sich Duncan wieder auf und hielt ein verheddertes Schnurknäuel hoch, aus dem hier und da Federn und zwei oder drei zappelnde Fische herausragten.

»Eine Kiemenschnur«, sagte er.

»Eine was?«

»Kiemenschnur. Hier hat jemand gefischt.«

»Ich weiß, was das ist«, sagte Romart. »Aber warum haben Sie es so genannt? Es ist eine Treibleine.«

»Ich erkenne eine Kiemenschnur, wenn ich sie sehe.«

»Nun, ich habe noch niemals von einer Kiemenschnur gehört, aber ich habe schon viele Treibleinen gesehen, und das ist eine. Diese Federn daran – das ist ein indianischer Trick. Macht es leichter, sie unter dem Wasser zu erkennen.«

»Nun, sie ist kaputt – wie auch immer Sie das Ding nennen. Indianisch? Sie meinen, es gibt hier Indianer?«

»Soweit ich zuletzt gehört habe.« Romart hatte jetzt sein Gewehr erhoben und überprüfte das Zündpulver. »Ich glaube, wir sollten verschwinden, wenn Sie das Hindernis beseitigt haben. Aber Sie können diese Fische ebenso gut zum Abendessen aufbewahren.«

Duncan löste die Fische aus dem Gewirr, warf sie in den Kielraum und schnitt dann das Durcheinander ganz aus dem Ruderblatt frei. Er fügte ihrer Sammlung einen weiteren Fisch hinzu und lehnte sich weit hinüber, um mit den Fingern über den Heckmast zu streichen.

»Rudern Sie uns einen Strich weiter, Mister. Ich glaube, wir sind jetzt frei.«

Romart reagierte nicht, und Duncan richtete sich auf und sah sich um. Der Kolonist saß wie erstarrt an seinem Platz, die Hände vor sich ausgestreckt, die Handflächen nach außen gedreht. Und am Ufer, nur wenige Ellen entfernt, sahen ein halbes Dutzend dunkelbraune Gesichter an den Pfeilschäften gespannter, kräftiger Bogen entlang zu ihnen herab.

Unmittelbar stromaufwärts glitt ein langes Kanu mit mehreren Kriegern auf sie zu.

Duncan setzte sein entwaffnendstes Lächeln auf. »Hallo«, sagte er zu dem Wilden, der ihm am nächsten war. »Ich habe gerade die Fische für euch in Sicherheit gebracht.«

Die darauffolgenden Minuten verstrichen sowohl für Duncan als auch für Romart in Unsicherheit. Schließlich wurde jedoch deutlich, daß die Indianer beschlossen hatten, sie nicht zu töten und zu skalpieren, sondern nur über eine angemessene Entschädigung für ihre zerstörte Fischfalle zu verhandeln. Sie erwiesen sich im Grunde als sehr freundlich. Die Verhandlungen dauerten diesen ganzen und noch den größten Teil des darauffolgenden Tages, dauerten mehr oder weniger so lange, bis alle genießbaren Vorräte an Bord der Something verbraucht waren.

Zwei der Indianer, Brüder namens Squahamac und Pitacoke, sprachen eine merkwürdige Sprache, die für die Teerjacke immerhin zu verstehen war, obwohl sie für den Kolonisten unverständlich blieb.

»Ihr Problem, Mister Romart«, erklärte Duncan, »ist, daß Sie niemals in London waren. Ich habe den gleichen beglückenden Dialekt viele Male unter den guten Leuten von Heathrow und St. Ives gehört. Nun, wären sie nicht rot und halbwegs nackt, Michael, dann könnten sich diese Gentlemen in Piccadilly direkt zu Hause fühlen.«i

Pitacoke kaute an einem Fisch und sah Duncan stirnrunzelnd an. »Ik ’äw ’nog vo’ Pig’dilly«, berichtigte er Duncan ernst. »Squahamak ünn ’ik günn ’no Nanticoke.«

»Nanticoke?« Duncan wölbte eine sandfarbene Augenbraue. »Ünn’ wokän üss dadd?«

»Ström rünner«, sagte Pitacoke und deutete in die entsprechende Richtung. »Wi sünn’ midd Nahamish vörbün’.« Er zeigte auf einen kräftigen Wilden mittleren Alters, der mehr oder weniger der Anführer zu sein schien. »Vördammig, dadd ’e uss Chiif üss. Chiif uk vo’ Nanticoke. ’e wüll yi dä Strow vatell’n.«

»Worum geht es?« fragte Romart. »Strow?«

»Strafe«, sagte Pitacoke gemächlich. »Wieder-gut-machung. Dadd üss nu’ rech’, wadd? ’äs ’nu ’nog Inglish ’örd, Macker?«

»Er sagt, Nahamish dort drüben sei der Gentleman, der entscheiden wird, was wir ihnen schulden«, erklärte Duncan dem Kolonisten.

Nach einiger Zeit entschied Nahamish, was sie ihnen schuldeten, und Squahamac und Pitacoke übersetzten es für Duncan, der es wiederum für Romart übersetzte. Nahamish sprach ernst und langatmig und wandte sich dann an Squahamac.

»’e gäw Ro’, wänn yi ’äm twee Spool’n Goorn gäw«, erklärte Squahamac.

»Er sagt, er wird sich mit zwei Spulen Garn zufriedengeben«, erklärte Duncan.

»Aber wir haben kein Garn«, gab Romart zu bedenken.

»’e sägg’, wi ’äw kään Goorn«, übersetzte Duncan für Squahamac.

Squahamac erklärte es Nahamish auf Indianisch. Nahamish schüttelte den Kopf und sprach dann erneut langatmig in seiner Sprache.

»’e wädd bannig good, dadd yi kään Goorn ’äw’«, informierte Squahamac Duncan. »’e sägg’ yi künn dä Goorn klau’n gei’n, ünn ’e wüll gäw yi’n poa’ vün ’üss Mackers too dä Siid.«

Duncan wandte sich kopfschüttelnd an Romart. »Der Häuptling weiß, daß wir kein Garn haben. Er will, daß wir losziehen und etwas für ihn stehlen, und einige dieser Burschen werden mit uns gehen, um uns zu helfen.«

»Weiß er denn, wo es etwas zu stehlen gibt?« Romart wurde allmählich gereizt.

Duncan wandte sich an Squahamac. »Wädd yo, wokän dadd Goorn too klau’n …?«

»Dadd ’is näch wiid«, unterbrach Squahamac ihn. »Veel Goorn ünn veel anner vördammig Kroom üss’ bi dä Lüüd too finn’, dä upp dä Warf dadd näj’ Schipp bau’n dään.«

»Neues Schiff? Wo … äh, wo ist es denn?«

»Öva dä Wodder«, sagte Squahamac achselzuckend. »Ünn twee ünn halbig Meil’s.«

Duncan war nachdenklich, als er sich wieder dem finster dreinblickenden Kolonisten zuwandte. »Äh… hm, er sagt, jemand baut auf der anderen Seite der Bucht ein Schiff. Er sagt, dort gäbe es eine Menge Garn.«

»Hier in der Gegend gibt es keine Werften«, sagte Romart.

»’e sägg’, dadd ünn düsse …« begann Duncan mit der Übersetzung.

»’äw sülben ’örd«, unterbrach ihn Squahamac ungeduldig. »Kään wäd dadd. Dä Warf üss’ vastägg’.«

Im letzten Abendlicht glitt die Something aus der Choptankflußmündung und hielt auf das westliche Ufer der Chesapeake Bay zu. Da alle Riemen bemannt waren, der grollende Michael Romart auf der ersten Bank und muskulöse Wilde an den anderen vier Paar Rudern, während Charley Duncan den Takt angab und Squahamac steuerte, lief die Barkasse erheblich schneller als nur mit zwei Mann an den Riemen.

Sie liefen in der Dämmerung in eine weitere Flußmündung, und als es vollkommen dunkel war, waren sie bereits mehrere Meilen in den schützenden Wald gelangt. Nachdem sie an der abschirmenden Landzunge und dem hoch aufragenden Wald an der Mündung vorbei waren, wurde der Wasserweg überraschend breit und tief, und in Duncan kam Hoffnung auf. Ein perfektes Versteck für Anwohner einer Bucht und Diebe, beschloß er. Und wahrscheinlich auch der Ort, an dem die Leute zu finden waren, die sich des Besitzes von Punten und Schrotflinten erfreuen konnten.

Dann drängten neue Offenbarungen diese Gedanken in den Hintergrund. Die Something umrundete eine Biegung des Stroms, und vor ihnen war Laternenlicht zu sehen. Der Klang von Stimmen wurde über das Wasser getragen, ferner das unmißverständliche Quietschen und Rattern von Taljen, die eingesetzt und dann gesichert wurden. Sie kamen mit gedämpften Ruderschlägen langsam näher auf, und die beiden weißen Männer sahen verwundert hinüber.

»Heilige Mutter Gottes und alle Heiligen«, keuchte Duncan. »Es ist eine verdammte Werft, und sehen Sie nur, woran sie arbeiten.«

»Es ist ein Schiff«, entschied Romart.

»Nicht einfach nur ein Schiff«, korrigierte Duncan ihn. »Das da drüben ist eine hübsche neue Schnau mit Taljen, wo sie hingehören, dazu Kanonen, die einen ordentlichen Platz gefunden haben, und einem einsatzbereiten Satz Segel. Sogar die Flaggen sind schon gehißt. Das da drüben ist ein famoser Freibeuter, Michael, schnell und gierig nach der See. Mutter Maria, welch eine Prise für irgendein glückhaftes Schiff der Krone.«

»Oder welch ein Tod für einen glücklosen Menschen«, sagte Romart. »Wie viele Geschütze zählen Sie, Mister Duncan?«

»Sechzehn … vielleicht achtzehn …«

»Zääl yi vördammig Känoons, wänn wi Tiid dovör ’äw«, forderte Squahamac die beiden auf. »Wi mött för Nahamish dä Goorn klau’n.«

»Eine großartige, blitzende, flotte Schnau liegt hier in der gottverlassenen Wildnis«, sagte Duncan kopfschüttelnd, »eine auf Hochglanz polierte neue Schnau mit zwei Bramsegeln und Oberbramsegeln und blinden Rahen für Leesegel, aufgetakeltem Besan und einem Kanonendeck mit sechzehn breiten, knospenden Mündungen … Dies alles – und der verdammte Eingeborene will Garn.«

»Dann lassen Sie uns sein Garn holen und verschwinden«, grollte Romart. »Die Leute in diesen Teilen des Landes schätzen ihre Ungestörtheit, Mister Duncan. Wenn sie etwas verbergen, dann deshalb, weil sie es im Verborgenen lassen wollen und es nicht mögen, wenn Leute vorbeikommen, um es sich anzusehen.«

»Oh, gut«, sagte Duncan. »Wenn Sie und ihre roten Jungs mich dort drüben an Land setzen, kann ich vermutlich einiges Garn ausfindig machen.«

»Sagen Sie das ihnen«, erwiderte Romart kopfschüttelnd. »Ich spreche die Sprache nicht. Und wenn Sie dort vorn an Land gehen wollen, sollten wir besser Jacken und Hüte tauschen, Mister Duncan. Und kämmen Sie um Gottes willen diesen Zopf aus. Sie wirken wie ein britischer Seemann.«

»Ich bin ein britischer Seemann«, erinnerte Duncan ihn.

Aber der Rat war vernünftig. Duncans Blick haftete noch immer an dem laternenbeleuchteten Schiff, das unmittelbar stromaufwärts an seinem Anker zerrte, während er seinen geflochtenen Zopf löste und die Jacke des Kolonisten anlegte. Er wünschte, Kapitän Dalton wäre hier, um sie sich anzusehen. Niemand liebte die Anmut und Lebenskraft eines hübschen Kriegsschiffs mehr als Patrick Dalton, noch hatte irgendein anderer Seemann, dem Duncan je begegnet war, solch eine Hand für Schiffe. Wer sonst hätte einen kleinen Handelsschoner nehmen und ein Kriegsschiff daraus machen können, wie Dalton es mit der Faith getan hatte? Ein Kriegsschiff, das im Gefecht einer erstklassigen Fregatte standhielt. Niemand aus der Flüchtlingsmannschaft würde sich jemals an die Faith erinnern, ohne daß ihm die Augen feucht würden. Und niemand von ihnen würde jemals wieder zufrieden sein, ehe sie nicht noch einmal Segel vor den Wind gesetzt und an Bord eines hübschen Schiffes mit Patrick Daltons Hand am Ruder frei dahingeflogen wären.