Gesät ist die Hoffnung - Margot Käßmann - E-Book

Gesät ist die Hoffnung E-Book

Margot Käßmann

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Beschreibung

Weinende Frauen, ein ergriffener römischer Hauptmann und ein spöttischer Verbrecher: Jesus begegnet auf dem Weg in den Tod den unterschiedlichsten Menschen. In 14 Passionsbetrachtungen zeigt Margot Käßmann auf, wie die verschiedenen Personen der Bibel geradezu beispielhaft für Menschen überhaupt stehen. Sie stehen für die Ängstlichen und die Habgierigen, die Gleichgültigen und die Liebenden. Sie ahnen noch nicht, dass Jesu Tod kein Endpunkt, sondern ein Doppelpunkt sein wird. Und doch zeigen diese Begegnungen, wie bereits in Ostern die Hoffnung gesät ist.

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Margot Käßmann

Gesät ist die Hoffnung

14 Begegnungen auf dem Kreuzweg Jesu

Neuausgabe 2019

© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2007

Alle Rechte vorbehalten

www.herder.de

Die Bibeltexte sind entnommen aus:Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers in der revidierten Fassung von 1984, © 1985 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

Covermotiv: © fzant / iStock

Fotografien im Innenteil: © Mauritius Images

E-Book-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

ISBN Print 978-3-451-07222-2

ISBN E-Book 978-3-451-81281-1

Für Hanna

Inhalt

Vorwort

1 Maria, die MutterBangen um Zukunft

2 Judas IskariotErwartung einer besseren Welt

3 PetrusAngst vor Versagen

4 JohannesSehnsucht nach Liebe

5 PilatusFreiheit und Verantwortung

6 Die Frau des PilatusWahrheit und Macht

7 HerodesVon der Versuchung der Macht

8 Simon von KyreneDas Kreuz tragen

9 Die weinenden FrauenKraft des Mitleidens

10 Der andere VerbrecherSehnsucht nach gelingendem Leben

11 Die SpötterVerspieltes Leben

12 Der römische HauptmannGeschenkter Glaube

13 Josef von ArimathäaErbarmen und Würde

14 Maria von MagdalaSchweigen im Leiden

Vorwort

Die Passionsgeschichte ist der wohl bewegendste Teil der Evangelien. Jesus, der Mann aus Nazareth, der das Nahen des Gottesreiches angekündigt hat, der Hoffnungen geweckt hat auf Freiheit und Gerechtigkeit, er geht den Weg in den Tod. Ein Drama spielt sich ab, in das niemand mehr eingreifen kann.

Jesus begegnet in dieser letzten Woche und vor allem auf dem Weg nach Golgatha vielen Menschen.

Das Gebet im Garten Gethsemane, es war wohl der letzte ruhige Moment, die letzte Ruhe vor dem Sturm. Jesus nutzt diese Ruhe zum Gebet, um noch einmal aufzubegehren gegen das, was er kommen sieht. Doch er beginnt zu verstehen, wie dieser Weg genau der Weg Gottes mit ihm ist. Eine eigentümliche Ruhe geht zu diesem Zeitpunkt von ihm aus, die bis heute aus den Texten zu spüren ist.

Als ich vor einigen Jahren die Rundfunkandachten für den Norddeutschen Rundfunk (NDR) in der Karwoche zu halten hatte, bin ich Menschen auf diesem Weg nachgegangen. Das war der Ansatzpunkt für dieses kleine Buch. Je länger ich mich damit befasst habe, desto mehr hat mich fasziniert, dass all diese Menschen, denen Jesus auf dem Kreuzweg begegnet, geradezu beispielhaft für Menschen überhaupt sind: die Ängstlichen und die Habgierigen, die Liebenden und die Gleichgültigen. Manche sind mir auch zum allerersten Mal wirklich aufgefallen, wie etwa die Frau des Pilatus. Andere Textstellen haben einen überraschenden Klang erhalten, etwa als ich bewusst las, dass Herodes sich in dieser Situation mit Pilatus befreundete. Die Bibel ist und bleibt ein Buch, das wir nie auslesen.

Wer sich auf die Passion einlässt, macht sich auf einen Weg mit Jesus.

Passion spüren und erleben Menschen in dieser Welt allerorten. Eine leidensfreie Welt gibt es nicht. Aber gerade weil Jesus selbst diesen Weg ging, können wir uns an ihn wenden, wenn wir leiden oder verzagen. Die Menschen, denen er begegnet, ahnen noch nicht, wie es weitergehen wird, dass dieser Tod kein Endpunkt, sondern ein Doppelpunkt sein wird. Und doch zeigen diese Begegnungen, wie bereits vor Ostern die Hoffnung gesät ist. Im Leiden selbst keimt schon die Ankündigung des neuen Lebens. Das macht Leiden nicht leichter, Leiden sollte auch niemals bewusst gewählt werden, etwa um sich Christus näherzubringen. Und doch haben viele erfahren, wie ihnen gerade in Situationen, in denen sie fast an Gott verzagen, Kraft und Mut zuwächst. Weil die Hoffnung gesät ist…

1

Es standen aber bei dem Kreuz Jesu seine Mutter und seiner Mutter Schwester, Maria, die Frau des Klopas, und Maria von Magdala. Als nun Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er liebhatte, spricht er zu seiner Mutter: Frau, siehe, das ist dein Sohn! Danach spricht er zu dem Jünger: Siehe, das ist deine Mutter! Und von der Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.

Johannes 19,25—27

Erste Begegnung

Maria, die Mutter

Bangen um Zukunft

Eine schwere Woche steht ihr bevor. Maria wird es geahnt haben. Den Weg ihres Sohnes verstehen — das war nicht immer leicht für Maria, die Mutter. Schon damals war sie unruhig, als er geboren war, mitten in dieser Unruhe, auf dem Weg nach Bethlehem zur Volkszählung. Und dann die Worte, die andere über ihn sprachen und die sie in ihrem Herzen bewahrte…

Und jetzt? Zu einer Art Berühmtheit haben viele ihren Sohn erhoben. Menschen hängen an seinen Lippen und erwarten ganz Großes von ihm. Ist er sich überhaupt bewusst, wie sehr er provoziert? Ist ihm klar, dass die Machtverhältnisse andere sind? Und dann wieder denkt sie: Er ist doch kein Revolutionär! Er will die Welt verändern, gut, aber das wollen doch alle jungen Männer, oder? Allerdings hat er einen unerschütterlichen Glauben, ja, er buchstabiert den Glauben ganz neu. Manches Mal sitzt sie da und hört zu, Maria, die Mutter, und fragt sich: Woher hat er das? Mein Sohn? Zeigt sich da, was ich hörte, als er geboren wurde, was ich immer wieder im Herzen bewegt habe?

Vor allem macht sie sich aber Sorgen am Anfang dieser Woche. Es geht hin auf das große Fest in Jerusalem, das Passahfest. Fast scheint ihr, als spitze sich in einer unaufhaltsamen Dramatik damit auch das Schicksal ihres Sohnes zu.

„Sei ganz ruhig, Mutter, ich weiß, was ich tue“, das hat er ihr gesagt. Und wenn er mit Gott redet, dann spricht er ihn fast zärtlich mit „Abba“, lieber Vater, an.

Aber die Angst einer Mutter, die kann ein erwachsener Sohn wohl kaum verstehen. Dabei ist ihr durchaus auch bewusst, dass er seinen Weg gehen muss. Sie kann ihn nicht festhalten und darf ihn auch nicht lenken wollen. Wahrscheinlich kann sie einfach nur für ihn da sein.

Im Grunde war sein Weg nur konsequent, überlegt sie. Er hatte schon als Zwölfjähriger im Tempel gesessen und disputiert. Ganz erschrocken war sie damals, Josef und sie gehörten ja nun wahrhaftig nicht zur gebildeten Schicht. Immer wieder hat er sich und andere mit den großen Fragen nach Gott und der Welt konfrontiert. Und irgendwie war und ist es auch begeisternd, dass so viele ihn lieben, ihm zujubeln. Viele Freundinnen und Freunde hat er gewonnen, die ihn tragen, und ihn begleiten.

Doch, ein kleines bisschen stolz ist sie auch, Maria, die Mutter.