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"Glücklich mit mir selbst zu sein, ist die Grundlage meines gesamten Glücks. Wenn ich glücklich mit mir selbst bin, kann ich es auch mit anderen sein und sie selbst glücklich machen." Ruediger Dahlke Alles Wesentliche beginnt bei uns selbst - vor allem unser Glück! Nicht äußere Schätze machen uns glücklich, denn unser größter Schatz erwartet uns im eigenen Inneren. Wie können wir ihn heben? Die ebenso überraschende wie einleuchtende Antwort ist: durch bewusstes Alleinsein. Einsamkeit ist unfreiwillig, man fällt ihr zum Opfer. Bewusstes Alleinsein dagegen ist gewollt und ein Geschenk an uns selbst. Ein Geschenk, für das wir in unserer heutigen Welt dankbar sein dürfen. Dieses Buch zeigt - wie wir den Weg zu uns selbst beschreiten können, statt uns von äußeren Einflüssen ablenken zu lassen, die uns Kraft rauben und der Entfaltung unserer Kreativität entgegenstehen - warum eine gesunde Selbstliebe für ein gelingendes Leben unabdingbar ist - für Menschen in Partnerschaft genauso wie für Singles - wie bewusstes Alleinsein das große Glück der Allverbundenheit hervorbringen kann - wie wir unserem Glück entgegengehen, statt es zu suchen - Tag für Tag, dank einer neuen Einsicht in die Spielregeln des Lebens und mit Hilfe praktischer Übungen
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Seitenzahl: 209
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E-Pub-ISBN 978-3-906294-20-9
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Inhalt
Wie und warum dieses Buch entstand
ERSTER TEIL
Glücklich mit mir selbst – was heißt das?
Paare und Solisten – in Glück und UnglückDie Spielregeln des LebensAllein-Sein ist nicht EinsamkeitDas kleine und das große GlückWie wir sprechen, so denken wir auchAlles Wesentliche beginnt bei uns selbst – auch die LiebePartnerschaft mit dem Selbst»Die Braut, die sich nicht traut«Unsere inneren Schätze hebenNarzissmus – eine moderne Pandemie?Von der Einsamkeits-Forschung zur Einsamkeits-Therapie: Was uns die Wissenschaft zu sagen hatNiemand ist schuld, wir alle sind verantwortlichJedem Anfang wohnt ein Zauber inne – und danach?Ritual statt RoutineDie innere und die äußere ReiseUnsere Lebensreise ist eine innere Reise
ZWEITER TEIL
Partnerschaft und bewusstes Allein-Sein – zwei Wege, ein Ziel
Die Liebe kennt vielerlei ArtWertschätzung und AnerkennungSelbstständigkeit und SelbstbestimmungTrennung als ChanceWer sich Freiheit nimmt, bekommt VerantwortungKunst und Elend des KompromissesArm an Zeit zum Leben?Den inneren Kompass findenEin Wort zu Stress und EntspannungWegleitung zum Tanz mit dem Leben
DRITTER TEIL
Geh deinem Glück entgegen – jeden Tag
Beginne jetzt!Ordnung ins eigene Leben bringenDas KörperhauDas WohnhausVon den Kindern lernenMut zum LebensplanSchenken ist exponentielle GlücksvermehrungGanz bei dir selbstMeditation: Der Weg ist das ZielKreative Auswege aus der Einsamkeits-FalleSchlusswort
Anhang
Personen- und Sachregister
Vita Ruediger Dahlke
Veröffentlichungen des Autors
Dank
Ich lebe mein Leben basierend auf zwei Prinzipien.Eins – ich lebe, als ob heute mein letzter Tag auf Erden wäre.Zwei – ich lebe heute, als ob ich für immer leben würde.
OSHO
Zuallererst möchte ich klarstellen, die meiste Zeit meines Lebens in Partnerschaft gelebt zu haben, mit allen Höhe- und auch einigen Tiefpunkten. Begonnen hatte ich mein Partnerschaftsleben als Hippie. In der 68er-Zeit mit ihren Kommunen und Wohngemeinschaften sollten Partnerschaften dem Anspruch nach »offen« sein, was nicht ausschloss, dass man auch dauerhaftere Verbindungen einging. Letztlich stellte ich in diesem Umfeld aber immer wieder fest, dass die hohen Ansprüche in puncto Freiheit und Verzicht auf Besitzansprüche letztlich doch uneingelöst blieben und zur Verdrängung ebendieser Besitzansprüche und zu Ausbrüchen verdruckster Eifersucht führten.
Im Ashram von Bhagwan/Osho in Poona, heute Pune, wo der Anspruch freier Sexualität galt, erlebte ich, wie sich ein Swami, ein männlicher Ashrambewohner, herzzerreißend beschwerte, weil sich die über alles geliebte Partnerin von ihm abgewandt hatte, und er zum Schluss mehr stammelte als sprach: »It didn’t work.« Bhagwans ernüchternde Antwort: »It’s not supposed to work.« Aber wenn es nicht funktionieren sollte – was sollte es dann?
Während meiner nunmehr 70 Lebensjahre habe ich mehrere wundervolle Partnerinnen gehabt und geliebt – und viel von ihnen lernen dürfen. Obwohl ich unter zwei Scheidungen meiner Mutter mitgelitten und mir fest vorgenommen hatte, niemals zu heiraten, brauchte ich offenbar doch auch selbst zwei Ehen, um das Thema Partnerschaft zu bearbeiten. Die erste war eine Liebesheirat, hielt 25 überwiegend wunderschöne und durchweg lehrreiche Jahre, schenkte uns Naomi, unsere Tochter, und ging mit einer liebevollen Fünf-Minuten-Scheidung in eine Freundschaft fürs Leben über. Wir können somit friedlicher als vorher miteinander Eltern für unsere Tochter sein und auch noch besser zusammenarbeiten.
Dafür zeigte mir, dem Autor des Schattenprinzips, die zweite Ehe und Scheidung ebendieses.
Und die zweite Frau meines Lebens? Sie hatte mich verlassen, kurz bevor ich dieses Buch begann. Dass ich es mir vornahm zu schreiben, und zu diesem Thema, begriff ich auch als Einladung an mich selbst, mich meiner Einsamkeit bewusst zu stellen.
Natürlich dachte ich dauernd an die Beziehung und litt schwer an ihrem Verlust. Da meine Gefühls- und Gedankensphäre davon total eingenommen war, stürzte ich mich in die Arbeit. Und staunte von Tag zu Tag mehr, wie leicht und flüssig sie mir von der Hand ging und wie viel ich schaffte. Ich fand sogar noch Zeit für Tai Chi, Meditations- und Körperübungen. Dabei aber war unübersehbar: Es fiel mir deutlich schwerer, die Gedanken nicht abschweifen zu lassen, im Unterschied zur Arbeit, die sich bei mir mehr und mehr zur Schreib-Meditation entwickelt hat. Über Einsamkeit zu schreiben, das konnte jetzt unmöglich nur Ablenkung sein. Auf mich allein gestellt, zurückgezogen von allen und allem, verbanden sich für mich äußere und innere Arbeit. Wie von Zauberhand erschuf ich – nein: erschuf sich wie von selbst etwas sehr Besonderes und Wertvolles für mich. Ganz nebenbei und ausnahmsweise ohne lange Diskussionen mit einem Verleger wurde sogar der passende Buchtitel dafür gefunden.
Ich muss hier noch etwas erwähnen, und ich weiß, dass ich das oft tue, aber ich werde nicht müde, es zu tun – eben weil es so eminent wichtig ist. Es betrifft das Essen.
Hinzu kam nämlich, dass ich meine Ernährung sofort minimiert hatte und ganz automatisch auf Früchte und einiges Gemüse, also Rohkost, umstellte. Obendrein war Lockdown! So fielen auch Ablenkungen wie Aus- und Essengehen aus. Schon nach wenigen Tagen merkte ich, wie wohl mir das tat. Dabei genieße ich schon seit über 40 Jahren Kurzzeitfasten und esse sowieso höchstens zwei(erlei) Ma(h)l am Tag.
Aber es zeigten sich auch die Schattenseiten. Ich musste mich geradezu zwingen, nicht gleich alles schon während der Vorbereitungsphase im Stehen zu verspeisen. Das »Zeitsparen«, obwohl im Hinblick auf die Arbeit als positiv empfunden, ging rascher und ungezügelter weiter, als mir lieb war. Gemeinsame Essensrituale fehlten mir sehr. Andererseits ist Rohkost auf Frucht- und Gemüsebasis nicht nur unkomplizierter, sondern auch deutlich bekömmlicher, so dass ich besser schlafe und am nächsten Morgen ausgeruhter und noch fitter bin.
So hatte ich, schneller als erwartet, bereits ein dreifaches Teilergebnis erzielt, um mit meiner Situation klarzukommen: eine sinnvolle, erfüllende Arbeit, auch noch mit hoher Produktivität, und eine verbesserte Ernährung. Alles wichtige Themen, die aus gutem Grund in diesem Buch auch wiederkehren werden. Der immer noch empfundene Entzugs- und Sehnsuchtsschmerz verschob sich nun weitgehend auf die Einschlafphase, die aber – frei von partnerschaftlichen Spielen – allmählich auch wieder kürzer wurde. Anfangs half ich nach, mittels vorheriger, intensiver körperlicher Anstrengungen: Ich übte mich sozusagen vorsätzlich müde, um besser einzuschlafen. Mal wieder etwas körperliche Betätigung tat mir aber auch außerordentlich gut.
Aus der Synergie von minimierter Rohkost, intensivem Üben, tieferem Schlaf und sinnhaltiger, erfüllender Arbeit ergab sich ein intensiver innerer Prozess. Er erlöste in mir, als typischem »Beziehungsmenschen«, eine lichtvolle Klarheit in einem Schattenbereich meiner selbst. Durch bewusstes Allein-Sein waren Kraft und Kreativität zurückgekehrt. Und dass, während ich schrieb, auch meine verloren geglaubte Partnerin ganz allmählich wieder zurückkehrte, gehört zum Geheimnisvollsten, was ich dabei erleben durfte.
Es gibt keinen Weg zum Glück.Glücklich-Sein ist der Weg.
BUDDHA
Als Arzt und Berater frage ich mich seit 40 Jahren: Warum wollen so viele Menschen, die in Partnerschaften leben, im Grunde nichts lieber als hinaus, zurück in die »Freiheit«? Und warum sind so viele, die allein leben, oft einsam und sehnen sich nach nichts stärker als nach glücklicher Partnerschaft? Da muss es zwischen den Extremen doch eine Zwischenzone geben, in der Paare und Solisten gleichermaßen glücklich sein und ihr Leben genießen können.
Allerdings hatte ich auch eine sehr spezielle Einweisung in Sachen Paar- und Ehe-Therapie. In der Psychiatrie für eine geschlossene Männerstation angemeldet, um so richtig die Härtefälle des Fachs zu erleben, landete ich einmal pro Woche in der Eheberatung. Ich gestattete mir den Hinweis, keinerlei diesbezügliche Ausbildung im Studium genossen zu haben und selbst unverheiratet zu sein. Dies aus für mich gutem Grund, nämlich wegen zwei gescheiterter Ehen meiner Mutter. Es half nichts. Vielmehr stellte die rein auf Pharmakologie ausgerichtete Klinik einen nicht gerade sehr angesehenen älteren Psychiater und Psychoanalytiker extra für meine Einführung in die Ehe-Beratung ab. Eine für mich unvergessliche Erfahrung …
Der ältere Kollege erklärte ungerührt: Alles halb so schlimm, es kämen praktischerweise nur Frauen. Die würden sich sowieso immer nur darüber beschweren, dass ihre Männer nicht mehr so funktionierten wie zu Beginn der Ehe. Sie kümmerten sich nicht mehr, weder brächten sie noch Blumen mit noch Pralinen, geschweige denn Schmuck. Und sonst … ja, da seien sie schon gar nicht mehr zu gebrauchen. Ich hätte also nur dafür zu sorgen, dass die Männer wieder zum Anfangsprogramm zurückkehrten. Fertig, aus. Lektion erteilt.
Verblüfft fragte ich, wie ich das bewerkstelligen sollte, wo doch angeblich gar keine Männer in die Sprechstunde kämen. Ganz einfach, meinte der erfahrene Kollege: Rate den Frauen, sich all das selbst zu besorgen, wofür früher die Männer sorgten. Also sich selbst Blumen zu bestellen – am einfachsten vom Lieferservice. Fragte der Mann dann nach, wo der Rosenstrauß her sei, könnte sie ja auch ganz ehrlich sagen, sie wüsste es selbst nicht – schließlich sagt Fleurop nicht, wer sie dort besorgt. Manche Männer würden dann umgehend wieder dazu zurückkehren, selbst Blumen mitzubringen, größere Sträuße sogar, um den geheimen Verehrer auszustechen. Ja, und wenn das nichts brächte, dann könnten ja noch Dessous herumliegen, und jeder Ehemann werde den diskreten Hinweis verstehen, dass diese sonst ja auch ihm unbekannt bleibendem Einsatz zugeführt werden könnten.
Das sollte nicht etwa ein schlechter Witz sein! Protest nützte nichts, er bestand mit der ganzen Autorität eines universitären Lehrkörpers auf Umsetzung der Lektion. Verblüffung! Es funktionierte tatsächlich. So wurde ich im Schnellverfahren zwar kein guter, aber ein »erfolgreicher« Eheberater, zumal der ältere Kollege noch weitere Tricks aus seinem unerschöpflichen Praxis-Repertoire preisgab. Die Krönung aber war die Theorie dazu, die er in einem einzigen Satz zusammenfasste: »Männer sind so leicht zu dressieren, nur bei Frauen ist es noch leichter.«
Das konnte nun wirklich nicht alles sein. Es war aber alles, was die Psychiatrie, wie ich sie damals kennenlernte, dazu hergab.
Das ist nun vierzig Jahre her. Auch die Psychiatrie ist heute eine andere, und zur Eheberatung gehen heutige Menschen zum Psychotherapeuten. Die grundsätzliche und schwerwiegende Frage aber bleibt: Warum zerbrechen so viele Beziehungen? Und warum scheint es immer schneller zu gehen? Festzustellen ist in der Beratungspraxis heute aber auch: Längst nicht alle aus Partnerschaften gefallene oder ausgestiegene PatientInnen fühlten sich verlassen, einsam und beladen.
Wenn auf Erden die Liebe herrschte,wären alle Gesetze zu entbehren.
ARISTOTELES
Die Spielregeln des Lebens ergeben sich für mich aus drei Schicksalsgesetzen und zwölf Lebensprinzipien. Beginnen wir mit den Schicksalsgesetzen.
Partnerschaft beginnt heute in der Regel mit beglückender Verliebtheit, einer Phase der Exaltiertheit, gemäß dem berühmten Satz Hermann Hesses: »Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.« Das entspricht dem drittwichtigsten der Schicksalsgesetze, welches besagt, schon im Anfang liege alles, so wie im Samen der Baum.
Früher nahmen auch noch in unserer eigenen Kultur die Eltern auf Eheschließungen großen Einfluss. So nach dem Motto: Wir haben ein Baugeschäft und die haben ein Baugeschäft, also baut etwas Schönes miteinander (auf). Damit folgten alle dem zweitwichtigsten der Schicksalsgesetze, dem der Resonanz. Im Anfang der Verbindung lag da meist kein übermäßiges Glück, dafür erwies sich das langfristige Konzept als Bürge für Haltbarkeit und Dauer und zumeist auch ein nicht so herbes Ende. Im Idealfall ist die heute so hoch geschätzte Resonanz-Phase eine wundervolle Zeit, die beide genießen, wenn sie dieselben Gedanken denken, dasselbe Essen mögen und sich am Selben und aneinander freuen. Im Stehen stoßen sie an, ohne anstößig zu sein, im Sitzen genießen sie das gemeinsame Mahl, bei dem sie sich schon nacheinander verzehren, was sie in der Horizontale dann vollenden oder auch nicht. Sobald diese Phase vorbei ist, etwa weil er gleich und sie gar nicht kommt oder sich eine anstrengende horizontale Bastelei ergibt, geben insbesondere die Jungen heute oft gleich wieder auf.
Wo die Resonanz sich aber wundervoll fügt, sie miteinander schwingen und entschweben in gemeinsame Glücks- und sogar orgiastische Einheitsgefühle, liegt eine genussreiche, aber begrenzte Zeit vor ihnen. Nicht wenige deuten sie als höchste Zeit zur HochZeit und trauen sich vor den Traualtar. Das aber ist eine Rechnung, die sie ohne das erste Schicksalsgesetz gemacht haben.
Dieses erste und wichtigste Gesetz, das der Polarität, entfaltet seine Wirksamkeit, sobald der Hormonrausch der Resonanz-Phase vorüber ist und der Alltag mit seiner Routine einkehrt. Dann erleben die beiden, wie sie sich gegenseitig ihre jeweiligen Schatten(seiten) zu spiegeln beginnen. Die allermeisten stürzen jetzt in die Konflikte der Schattenprojektion ab. Was mit himmlischen Orgasmen und/ oder mit Anrufung himmlischer Kräfte Himmel-hoch-jauchzend vor dem Trau-Altar begann, endet häufig – in unseren Großstädten schon zu 80 Prozent – zu Tode betrübt vor dem Scheidungsrichter. Anschließend sind beide allein, oder einer ist es, ganz selten aber keiner, weil beide schon heimlich oder offen für Ersatz (vor-)gesorgt haben. Nun zu den Solisten des Lebens.
Das neudeutsche »Single« gehört inzwischen zum selbstverständlichen Sprachgebrauch, der herkömmliche Begriff »alleinstehend« dagegen nur noch ins Personenstandsregister. Gut so. Ihm haftet seit je etwas Defizitäres an. »Allein stehen« zu können ist dabei doch alles andere als ein Defizit, und das ist nicht nur zeitgemäß, sondern auch wesenhaft so. Solisten in der Kunst des Lebens genießen in Bezug auf alle drei Schicksalsgesetze sogar einige Startvorteile auf dem Weg zu nachhaltigem Glück.
>Allererst so in Bezug auf das Gesetz der Polarität. Sie müssen davon ausgehen, dass auftretende Probleme ausschließlich mit ihnen selbst zu tun haben, denn da ist schlicht kein Partner, auf den sie projizieren könnten: Sie sind sich selbst und nur sich selbst immer und ausnahmslos verantwortlich. Es wird davon zu reden sein, welche Herausforderungen das mit sich bringt.
>Auch beim Resonanz- oder Spiegelgesetz sind sie – rein prinzipiell gedacht – im Vorteil. Sie können sicher sein, dass ihre Schwachstellen nicht vom Partner ausgeglichen werden. Wer niemanden hat, der seine Schwächen kompensiert, muss sie allerdings auch selbst sehen können und allein bearbeiten, um sich in puncto Lebensqualität letztlich nichts vorzumachen.
>Das Gesetz des Anfangs offeriert in unserer entwickelten, offenen Gesellschaft, die sich – bis zum Corona-Koma – die Freiheit des Individuums auf die Fahnen geschrieben hatte, für fast jede Art von Alleingang nachgerade verführerische Möglichkeiten. Ob als Chance oder Falle, hängt davon ab, welche inneren und äußeren Voraussetzungen der einzelne Mensch mitbringt und welche Vorstellungen von seinem Glück er sich gönnt.
Einsamkeit ist das Vermissen des Anderen.Allein-Sein ist das Finden von sich selbst.
OSHO
Fragst du vielleicht: »Glücklich mit mir selbst, nur ganz für mich allein – ist das nicht egoistisch?« Oder, anders herum: »So ganz für mich allein – bin ich dann nicht schrecklich einsam?«
Einsamkeit ist ein Gefühl von Mangel, das mit Leid verbunden ist. Wer sich einsam fühlt, dem fehlt etwas. Schon diese Feststellung rückt Einsamkeit in die Nähe von Krankheit. Ist doch »Was fehlt ihnen?« die klassische Eröffnungsfrage der Ärzte. Wenn ich einsam bin, fühle ich mich ganz auf mich allein zurückgeworfen. Das Gefühl der Überforderung begleitet mich sogar unausgesprochen, es steht im Raum wie der sprichwörtliche Elefant.
Einsamkeit ist kränkend und kann auch körperlich krank machen, zumal wenn sie mit Gefühlen des Ausgeliefertseins einhergeht und wie ein Gespenst im kleinsten Zeitraum lauert, der ohne Ablenkung ist. Umfragen haben ergeben, dass die Hälfte der Deutschen Angst davor hat, im Alter zu vereinsamen. Vor allem Frauen, und sie haben guten Grund dafür, bleiben sie doch weit häufiger allein übrig, quasi als gesellschaftlicher Restposten. Angst aber kann erst recht erkranken lassen, wie auch die Kollateralschäden der Angstverbreitung in Zeiten der Pandemie gezeigt haben. Hinter der Angst vor Einsamkeit steckt auch häufig die vor Ablehnung. Je mehr man sich abgelehnt fühlt, umso williger lehnt man sich auch selbst ab: ein Teufelskreis, der wiederum die Abhängigkeit von Lob und Anerkennung fördert. Selbstliebe und Selbstachtung, dann bereits geschwächt, bleiben schließlich ganz auf der Strecke. All das zeigt: Einsamkeit ist nicht etwa ein isoliertes Gefühl, sondern steht im Zusammenhang mit Angst, enttäuschten Hoffnungen und unerfüllter Sehnsucht.
Es ist durchaus gerechtfertigt, chronifizierte Einsamkeit als Krankheitsbild zu sehen, das falsche Vorstellungen von der Realität hervorruft. Die Einsamkeit nimmt dann gleichsam die Rolle einer ständigen Lebensbegleiterin an. Der Ausstieg ist infolgedessen schwieriger als aus einem akuten Geschehen, aber sehr wohl möglich, wie sich zeigen wird.
Allein-Sein will dagegen schon vom Wort her etwas ganz anderes sagen, nämlich Alles-in-einem zu sein. So verstanden, ist Allein-Sein ein existenzieller Zustand, das heißt natürlich gegeben und nicht künstlich hervorgebracht. Allein-Sein ist seinem innersten Wesen nach ein Glückszustand, ist deutlichst gefühlte Gewissheit meiner Allverbundenheit. Allein-Sein in diesem Sinne kann es, mit Krishnamurti gesprochen, »erst geben, wenn die Einsamkeit aufgehört hat«. Ein einziger, bewusst gewählter Moment kann reichen, um wieder zu sich zu kommen, seine Gedanken zu ordnen und sich zu sammeln, Abstand von einer problematischen Situation zu gewinnen. Um das eigene Leben zum Besseren zu wenden, geht es darum, sich Qualitätszeit zu nehmen für absichtsvolles Innehalten, um den inneren Halt wiederzufinden.
Warum verursacht Einsamkeit Angst? Weil sie aus dem Schmerz darüber erwächst, sich niemandem wirklich nahe zu fühlen, mit niemandem verbunden zu sein und gegenseitig Erfahrungen teilen zu können. Es gehört zu den typischen Begleiterscheinungen der heutigen Zeit, dass Einsamkeitsgefühle vermehrt auch in Beziehungen auftreten. Nicht immer liegt das am Partner. Die Seele kann sich auch einsam und vernachlässigt fühlen, weil wir nicht auf dem Weg zu ihr sind.
Wenn so viele Menschen Angst vor Vereinsamung haben, dann liegt ein tieferer Grund dafür wohl in der gefürchteten »inneren Leere«, die fühlbar wird, wenn wir keine Befriedigung erfahren, weil uns Ansprache und Zuspruch fehlen, oder einfach schon deshalb, weil wir aus der Gewohnheit fallen. Jedoch besitzt die »Leere« als innerliche Erfahrung auch eine erlöste Form. Ja, sie ist dann sogar das eigentliche Ziel des spirituellen Weges.
Als alles entscheidenden Unterschied zwischen Einsamkeit und Allein-Sein erkennen wir also: Es kommt darauf an, mit welcher Einstellung wir unsere Situation sehen und vor allem fühlen. Er fühlt sich schlecht, weil niemand für ihn da ist. Sie fühlt sich gut, im Idealfall glücklich schon allein mit sich selbst.
Mit einem Wort: Einsamkeit ist ein negatives Gefühl, geformt durch ein negatives Bewusstsein. Bewusstes Allein-Sein dagegen bewirkt, dank einer willentlichen Geisteshaltung, ein positives Gefühl. Einfach nur allein zu sein ist lediglich ein objektiv-neutraler Tatbestand. In welche Richtung das Pendel im Seelenraum ausschlägt, hängt von uns selbst ab.
Der Einsame sucht in einem fort nach dem anderen. Ihm fehlt etwas Entscheidendes. Statt bei sich selbst, ist er gedanklich stets beim anderen und ohne ihn unglücklich. Er ist im Wortsinn außer sich und sucht seine Erfüllung außerhalb von sich. Der andere soll ihm das Glück bringen!
»Alleinstehende« mitleidsvoll über die Schulter anzuschauen ist somit absolut fehl am Platz. Ja, sie stehen allein. Na und? Das heißt doch zunächst nur, dass sie für sich selbst allein einstehen müssen. Ist ein solcher Mensch dann nicht vielleicht sogar glücklicher, als wenn er sich bindet und sein eigenes Glück von einem anderen Menschen abhängig macht?
Warum wird Singles immer noch bereitwilligst unterstellt, sie müssten sich einsam fühlen? Frei nach dem Motto: »So ganz allein, das ist doch bemitleidenswert. Da muss man auf Dauer doch schrullig werden!« Dahinter steht ein Missverständnis, das tief in die unbewussten, kollektiven Glaubensstrukturen der modernen Massengesellschaft blicken lässt.
Wir sind so rasch so viele auf Mutter Erde geworden, dass wir schlicht und ergreifend nur noch selten allein sein können. Und wenn, dann sind wir noch seltener wirklich allein. Die virtuelle Gegenwart anderer Menschen hielt nicht erst seit gestern Einzug in unser ureigenes Rückzugsgebiet. Es begann vor gut einhundert Jahren mit wenigen Stunden Radio am Tag, setzte sich fort mit Fernsehen rund um die Uhr und ist mit dem Internet in die letzten Nischen des Privaten vorgedrungen. Wie selfish sind eigentlich all die Selfies? Das nicht mehr wirklich erlebte Leben wird als Ersatzhandlung ins Smartphone gebannt.
So schön der Gedanke des Teilens auch ist, es bleibt doch die Frage: Ist das reine Erleben als solches denn sonst gar nichts mehr wert? Bist selbst du nur noch wert, was du teilst, wo du bist, wie du bist, mit wem du bist, wofür du bist? Wen interessiert das eigentlich wirklich? Wer interessiert sich noch für sich selbst? Ist nicht das Wichtigste individuell (das heißt wörtlich: un-teilbar)?
Der Flug einer Möwe über der Brandung, ein wogendes Getreidefeld im Wind, ein Sonnenaufgang am Berg, ihr Untergang im Meer: Sie stehen doch so unmittelbar und überzeugend für sich selbst, dass sie nicht immer auch geteilt und kommentiert werden müssten. Sind sie nicht immer noch am intensivsten zu erleben und zu genießen, wenn wir dabei selbst ungeteilt und ganz bei uns sein dürfen?
Dass dies nicht mehr erstrebenswert oder sogar unmöglich sei, ist ein epochal zu nennendes Missverständnis. Der ohnehin schon rasant fortschreitende Verlust der Fähigkeit, sich allein wohl, sicher und glücklich zu fühlen, wird dadurch noch weiter beschleunigt.
All das ist längst bekannt. Was weniger auffällt, aber umso schwerer wiegt: Das allgemeine Verständnis von Allein-Sein hat sich grundlegend gewandelt. Es wurde und wird weiter ins Negative gezogen. Im Drang, alles »teilen« zu wollen, im Sinne von Vermittlung persönlicher Botschaften, spiegelt sich jedoch, kritisch betrachtet, eine bedenkliche Verarmung der persönlichen Erlebniswelt.
Für sich allein zu stehen und nicht im Mahlstrom des Mainstream mitzuschwimmen, ist heute allerdings schon verdächtig, zumal in Krisenzeiten. Das Überwachungsbedürfnis, bisher vor allem aus Diktaturen wie China und Russland bekannt, greift immer weiter um sich. Deshalb geht es in diesem Buch darum, den Wert bewussten Allein-Seins herauszustellen. Darum, die Chancen zu entdecken, die es uns bietet – und Wege aufzuzeigen, sie im Alltag zu nutzen.
Viele Menschen wissen, dass sie unglücklich sind.Aber noch mehr Menschen wissen nicht,dass sie glücklich sind.
ALBERT SCHWEITZER
Wir sind soziale Geschöpfe. Die Philosophen der griechischen Klassik erkannten den Menschen bereits als zoon politicon, als ein politisches Wesen. Wir verbinden uns von Natur aus mit anderen zu Gruppen und Gemeinschaften und möchten diese Zugehörigkeit auch spüren. Wahrscheinlich war es dieses positive Gruppengefühl, was uns, die Nachkommen des CroMagnon-Menschen, zum Erfolgsmodell der Evolution machte und uns erlaubte, die Neandertaler zu überflügeln. Der niederländische Historiker Rutger Bregman führt in seinem Buch »Im Grunde gut« starke Argumente ins Feld, um zu belegen, wie wir als voneinander lernende Gruppenwesen, die sich mit Freundlichkeit begegneten, die entscheidenden Vorteile in der Entwicklungsgeschichte errangen. Das ist zwar lange her, aber immer noch wirksam.
Gleichzeitig sind wir auch Geschöpfe, die das Allein-Sein zu unserer persönlichen Vollendung brauchen. Um uns zur wirklichen Krone der Evolution zu entwickeln, ist jener Prozess notwendig, den C. G. Jung Individuation nannte. Individuation ist, wie schon das Wort ausdrückt, individuell und auf je eigene Art und Weise anzugehen. Befreite, Verwirklichte oder Erlöste sind diesen Weg auch im Wortsinn allein gegangen. Ashrams und Klöster überall auf der Welt stehen dafür. Auch der historische Gautama Buddha musste sich erst mit Entschlossenheit und Mut gegen die beharrenden Kräfte seitens seiner königlichen Familie behaupten, um sich zu lösen und seinen ureigenen Weg der Individuation zu finden.