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Die Krieger atmeten schwer und rasselnd, ihre Gesichter waren nass vom Schweiß und vom Blut der Feinde, müden sanken die Hände, die die Schwerter führten, nach unten. Stöhnen und Röcheln war zu vernehmen. Und jetzt registrierten die Harier, dass das Heulen der Wölfe verstummt war. Das Land mutete unter dem blinkenden Sternenhimmel ruhig und friedlich an – trügerisch friedlich.
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Veröffentlichungsjahr: 2017
Godwin und die Diener des Bösen – Teil 3
Roman von Pete Hackett
Ein CassiopeiaPress E-Book
© by Author
© der Digitalausgabe 2014 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
www.AlfredBekker.de
Der Umfang dieses Ebook entspricht 52 Taschenbuchseiten.
Die Harier kämpften mit dem Mut der Verzweiflung. Es ging nur noch darum, die Angreifer außer Gefecht zu setzen. Sie schlugen und stachen, die Klingen ihrer Schwerter trafen immer wieder auf Widerstand, und schließlich sank der letzte der Gegner sterbend zu Boden.
Die Krieger atmeten schwer und rasselnd, ihre Gesichter waren nass vom Schweiß und vom Blut der Feinde, müden sanken die Hände, die die Schwerter führten, nach unten. Stöhnen und Röcheln war zu vernehmen. Und jetzt registrierten die Harier, dass das Heulen der Wölfe verstummt war. Das Land mutete unter dem blinkenden Sternenhimmel ruhig und friedlich an – trügerisch friedlich.
Gaidemar saß etwas abseits auf seinem Pferd und hielt die Lanze in der Hand, er hatte sich aber nicht an dem Kampf beteiligt.
„Macht Feuer!“, gebot Godwin. „Ich kann mir zwar denken, wer uns überfallen hat, aber ich will Gewissheit haben.“ Er ging zu Gaidemar hin, stützte sich auf sein Schwert, das er mit der Spitze auf den Boden gestellt hatte, und sagte: „Wusstest du, dass wir erwartet werden?“
„Nein.“
„Warum hast du dich nicht am Kampf beteiligt?“
„Der Überfall galt euch Hariern – nicht mir.“
„Wenn es sich nicht um Falko, Oswin und deren Familie handelt, dann muss ich davon ausgehen, dass dein Vater, Fürst Farold, unser Bündnis feige verraten hat.“
„Niemals!“, fauchte Gaidemar. „Mein Vater ist ein Ehrenmann, der zu seinem Wort steht.“
Trautwin hatte zwei Feuersteine und Zunder aus der Tasche an seinem Sattel geholt, schlug die Steine gegeneinander, die Funken brachten den Zunder zum Glimmen, Albin brachte etwas dürres Gras und gleich darauf züngelte eine kleine Flamme. Es gab genug Büsche und Bäume, die ausgedörrtes Astwerk abgeworfen hatten, sodass es an Nahrung für das Feuer nicht mangelte. Der Lichtschein kroch auseinander und zerrte die am Boden liegenden Krieger aus der Dunkelheit. Schnell war klar, dass es sich in der Tat um Oswin, dessen Vater Falko, seinem Onkel Ulbert und einige ihrer Knechte handelte. Zwei lebten noch, sie waren aber nicht ansprechbar und würden wohl innerhalb der nächsten Stunde ihr Leben aushauchen.
„Diese Narren!“, entfuhr es Godwin. „Warum haben sie den Entschluss Farolds nicht akzeptiert? Sie könnten noch leben und wären sicher eine wertvolle Verstärkung, wenn es gegen die Heboniter geht. Wir werden dann auf jeden Mann angewiesen sein.“
Gaidemar trieb sein Pferd an und hielt es erst wieder an, als die Nase des Tieres fast Godwins Gesicht berührte. „Oswin und seine Leute sind ohne das Wissen meines Vaters losgezogen, um euch zu töten.“
„Ich weiß“, versetzte Godwin. „Oswin, sein Vater, sein Onkel und die anderen Männer, die mit ihnen gegangen sind, waren Verräter. Dein Vater hätte sie hart bestrafen müssen, wenn sie erfolgreich gewesen wären.“
Gaidemar schürzte die Lippen. „Nichtsdestotrotz – sie waren Westheruler.“
„Was willst du damit zum Ausdruck bringen?“
„Dass mein Vater eine Entscheidung treffen muss. Entweder steht er zu seinem Wort, das er dir gegeben hat, oder er rächt Oswin und dessen Leute.“
„Vorhin sagtest du, dein Vater sei ein Ehrenmann“, knurrte Godwin.
„Das ist er, ganz sicher, und er hätte niemals Leute hinter euch hergeschickt, damit sie euch erschlagen. Aber jetzt geht es um mehr. Die Sippe, zu der Oswin und die anderen hier gehören, wird von meinem Vater fordern, dass er euch töten lässt. Die Sippe ist groß, und sie hat Einfluss. Und es gibt viele Westheruler, die zwar den Entschluss des Rates akzeptieren, mit den Hariern und anderen Stämmen ein Bündnis einzugehen, die deswegen aber noch lange keine Freunde der Harier sind.“
„Kehr zurück zu deinem Vater, dem Fürsten, und berichte ihm, was vorgefallen ist. Sag ihm, dass ich und meine Gefährten das nicht wollten, dass wir aber unser Leben verteidigen mussten. Weise ihn darauf hin, dass viel für das ganze Land – nein, dass die Zukunft des gesamten Landes östlich des großen Flusses und das Überleben aller Stämme ausschließlich davon abhängt, dass er weiterhin zu dem geschlossenen Bund steht und dass wir weitere Fürsten und Stammesführer bewegen, dem Bündnis beizutreten.“
Gaidemar schüttelte den Kopf. „Wenn ich euch verlasse, handle ich gegen den Befehl meines Vaters, des Fürsten. Was immer auch die Beweggründe wären, die mich zu einer Umkehr veranlassten – er würde es nicht verstehen und meinen Ungehorsam bestrafen. Man wird sehr schnell feststellen, dass Falko, Ulbert, Oswin und ihre Knechte das Dorf verlassen haben und nicht zurückgekehrt sind, und mein Vater wird ihre Familie befragen und dann Männer losschicken, die sie suchen – und die sie auch finden. Er kann sich dann denken, was vorgefallen ist.“
„Gut“, murmelte Godwin, „dann wollen wir keine Zeit mehr verlieren und weiterreiten. Denn nichts verrinnt unerbittlicher als sie, und wir dürfen sie nicht vergeuden.“
Sie liefen zu ihren Pferden, die verstreut herumstanden, schwangen sich in die Sättel, rotteten sich zusammen und trieben die Tiere an. Der Nachtwind wisperte und ließ die Blätter der Büsche und Bäume rascheln, das hohe Gras bewegte sich und im unwirklichen Licht erinnerte es an einen Ozean mit mäßigem Wellengang.
Schließlich zeigte sich über dem östlichen Horizont gelber Schein, der den Sonnenaufgang ankündigte. Die Natur begann zum Leben zu erwachen, der Tag vertrieb die Nacht nach Westen, es wurde warm und bald verwandelte die sengende Sonne, die wie eine zerfließende Scheibe aus Weißgold am Firmament stand, das Land in einen Glutofen. Es war Hochsommer, die glühende Hitze wechselte sich ab mit schweren Gewittern und starken Regenfällen, das Wetter kippte von einem Extrem in das andere.
Sie ritten an einsamen Weilern und einzelnen Höfen vorüber, am Mittag erreichten sie ein Dorf, zogen aber vorüber, denn sie konnten nicht abschätzen, wie die Dorfgemeinschaft auf sie, die Fremden, reagierte. Irgendwelche unnützen Feindseligkeiten wollten sie nicht provozieren.
Und als sich der Tag seinem Ende zuneigte, lag vor ihnen der große Fluss. Hohe, uralte Pappeln und dichtes Strauchwerk säumten sein Ostufer, und die Harier mussten mit ihren Schwertern eine Bresche in das Buschwerk schlagen, um sich einen Durchlass zu schaffen. Schließlich standen sie direkt am Ufer des Stroms, dessen grau-braune Wassermassen sich nach Norden wälzten. Der Fluss war breit – der Buschgürtel am Westufer war nur als schwarze, immer wieder unterbrochene Linie auszumachen. Die Bäume muteten winzig an, und die Menschen, die in den Lücken des Ufergebüsches auszumachen waren, erinnerten an emsige Ameisen.
An mehreren Stellen hatten die Heboniter begonnen, mannsdicke Baumstämme in den Flussgrund zu rammen und sie mit Streben und Trägern versehen, die Stabilität garantieren sollten und auf denen die Brücken ruhen sollten, über die in naher Zukunft die Legionen der Heboniter marschieren würden, um das Land zu erobern.