Göttin seiner Lust - Katee Robert - E-Book

Göttin seiner Lust E-Book

Katee Robert

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Beschreibung

Eine Nacht wie im Paradies! Und das liegt nicht nur an der wunderschönen karibischen Insel, auf der Allie sich entspannt, sondern vor allem an Roman Bassani, ihrem heißen Urlaubsflirt. In den Armen dieses Adonis kann die Unternehmerin allen Stress vergessen und sich ganz wie eine Göttin der Lust fühlen. Doch bei ihrer Rückkehr in den Alltag muss Allie entsetzt feststellen, dass der umwerfende Roman in geschäftlichen Dingen ihr Gegenspieler ist …

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Seitenzahl: 205

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IMPRESSUM

BACCARA CLUB erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2018 by Katee Hird Originaltitel: „Make Me Crave“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: DARE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstveröffentlichung als E-Book 2019 by HarperCollins Germany, Hamburg, in der Reihe: CLUB Übersetzung: Johannes Heitmann Übersetzung: Johannes Heitmann

Gekürzte Erstausgabe by HarperCollins Germany, Hamburg, in der Reihe: BACCARA CLUB, Band 20 (20) 2019

Abbildungen: Kiselev Andrey Valerevich / Shutterstock, alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 10/2019 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733738518

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

„Ich sollte stornieren.“

Allie Landers stopfte Unmengen an weißen Handtüchern in die Waschmaschine und stieß mit der Hüfte die Klappe zu. „Ganz ehrlich. Ich hätte mich von dir gar nicht erst dazu überreden lassen sollen.“

„Nett von dir, zu glauben, dass ich dich überhaupt zu irgendwas überreden kann.“ Lachend zog ihre beste Freundin Becka Baudin ein weiteres Paar Schuhe aus einer Metalltonne und stellte es in ein passendes Fach. „Allerdings habe ich uns beide bereits für den Flug eingecheckt. Jetzt ist es zu spät für einen Rückzieher. Für all unsere Kurse sind die Vertretungen geklärt, und Claudia kümmert sich während der Woche um den Verwaltungskram. Für den Sportclub und auch das Frauenhaus. Wenn du bleibst, wirst du nur rumstehen und dich stressen, weil alles auch ohne dich läuft.“ Sie stellte ein Paar Sportschuhe in ein Fach. „Wann hast du dir das letzte Mal einen Tag freigenommen, Allie?“

Allie seufzte. Diese Auseinandersetzung konnte sie nicht gewinnen. Sie nahm sich niemals frei. Ihr Sportclub Transcend und das Frauenhaus, das durch die Einkünfte aus dem Sportclub finanziert wurde, waren Allies Leben. Sie wohnte sogar in dem Apartment über dem Sportclub und dem Frauenhaus. Wenn sie nicht gerade für eine ihrer Angestellten einen Kurs übernahm, kümmerte sie sich um Organisatorisches und alles, was für das Frauenhaus zu tun war.

Genau so gefiel es ihr. Sie empfand die Arbeit so erfüllend wie sonst nichts. Sie war das entscheidende Rädchen in einer perfekt laufenden Maschine.

Doch leider lief in letzter Zeit überhaupt nichts mehr perfekt.

Die wenigen Sponsoren, die sie anfangs bei ihrer Arbeit mit dem Frauenhaus finanziell unterstützt hatten, gab es nicht mehr. Der Sportclub lief gut, aber Allie hatte mit jedem Cent, den er an Gewinn abwarf, das Frauenhaus über Wasser gehalten, und deshalb steckte jetzt auch der Sportclub finanziell in Schwierigkeiten. Somit hatte Allie große Probleme. Größere, als sie irgendjemandem eingestehen wollte. Wenn sie es laut aussprach, würde es real werden, und das wollte sie nicht zulassen. Irgendwo gab es eine Lösung. Es musste sie geben.

Und diese Lösung durfte nicht darin bestehen, dass sie an einen der Investoren verkaufte, die schon seit Monaten wie Geier um sie herumkreisten. Allie brauchte nur Zeit, um sich etwas zu überlegen.

Das Allerletzte, was sie jetzt gebrauchen konnte, war ein Flug in die Karibik, um dort eine Woche auf einer privaten Insel zu verbringen. Aber wenn sie das Becka eingestand, würde sie ihr auch alles andere beichten müssen.

Und das konnte sie nicht. Noch nicht.

Erst vor Kurzem hatte Allie mit ihren letzten privaten Ersparnissen die Stromrechnung für das Frauenhaus bezahlt, wodurch sie es einen weiteren Monat betreiben konnte, ohne dass irgendein Schuldeneintreiber bei ihr anklopfte. Noch schlimmer wäre es, wenn sie eine der Frauen, die dort zurzeit lebten, vor die Tür setzen müsste.

„Hallo? Erde an Allie!“ Stirnrunzelnd wedelte Becka ihr mit einer Hand vor dem Gesicht herum. „Wohin bist du entschwunden?“

„Nirgendwohin.“ Sie zwang sich zu lächeln und schnipste ihrer Freundin eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Das Blau steht dir.“ Es strahlte genauso wie Beckas Persönlichkeit. Die verschiedenen Blautöne ihrer Haare verschmolzen zu etwas einzigartig Schönem.

„Wechsle nicht das Thema.“ Der Blick ihrer Freundin wurde noch durchdringender. „Du willst doch nicht etwa abspringen, oder? Wenn du das versuchst, fessele ich dich an deinen Koffer und zerre dich höchstpersönlich mit zum Flughafen. Ich sorge dafür, dass du dich entspannen und die Woche genießen wirst, und wenn wir beide dabei draufgehen.“

Allie schnaubte. „Wenn wir dabei draufgehen, ist der Erholungsfaktor eher gering, meinst du nicht?“

„Klugscheißerin.“ Flehend sah Becka sie aus ihren blauen Augen an. „Ich habe Claudia unsere Kontaktdaten aufgeschrieben. Ich schwöre dir, wenn irgendwas passiert und du gebraucht wirst, dann zahle ich dir den Rückflug nach New York, ohne mich jemals darüber zu beschweren. Und dann werde ich dich nie wieder zu einem Urlaub überreden.“

Allie zog die Brauen hoch. „Wie viel hast du Claudia gezahlt, damit sie mich auf keinen Fall anruft?“ Allies Freundin wollte immer gewinnen, dafür war sie zu jedem schmutzigen Trick bereit. Und Claudia war genauso schlimm.

In gewisser Weise bestätigte Becka Allies Verdacht. „Claudia ist absolut meiner Meinung. Wir sind beide davon überzeugt, dass du unbedingt eine Zeit lang hier rausmusst.“

Wieder seufzte Allie, aber insgeheim freute sie sich auch auf sieben Tage ohne E-Mails, Anrufe und die ewig drückende Last auf ihren Schultern. Auf dieser Insel gab es nirgends Internet, außer in der zentralen Lodge, folglich würde ihr überhaupt nichts anderes übrigbleiben, als auszuspannen. „Schätze, dann muss ich mich fügen.“

„Genau! Das musst du!“ Becka wackelte keck mit dem Po. „Und jetzt hilf mir, die restlichen Schuhe wegzuräumen, bevor dein nächster Kurs anfängt. Wenn er nicht ausgebucht ist, komme ich mit dazu. Sieben Tage trinken, essen und faul am Strand liegen, das bedeutet, dass ich mächtig zunehmen werde.“

Lachend half Allie ihrer Freundin und verdrängte die Sorgen und den Stress der letzten Monate. All das wäre immer noch hier, wenn sie wieder zurückkam. Was konnte eine Auszeit schon schaden? Seit sie volljährig war, hatte sie sich so etwas nicht mehr gegönnt. „Ich freue mich drauf.“ Und zum ersten Mal, seit sie die Tickets gekauft hatten, meinte sie das auch ernst.

Wütend sah Roman Bassani die hübsche Asiatin hinter dem Tresen des Sportstudios an. „Schon seit Wochen wimmeln Sie mich ab. Ich weiß hundertprozentig, dass Allie Landers tagtäglich hier ist und sich weigert, meine Anrufe entgegenzunehmen. Aber ich muss unbedingt mit ihr sprechen.“ Er konnte ihr sein Angebot, in ihr Unternehmen zu investieren, nicht übermitteln, wenn er sie nicht persönlich sprechen konnte, aber trotz zahlloser Anrufe war er bisher nie zu ihr durchgestellt worden.

Es fiel ihm eigentlich immer leicht, zögerliche Geschäftsleute dazu zu bringen, die Dinge aus seiner Sicht zu sehen. Leider war Allie Landers ein schwierigerer Fall.

Wieder mal war sie ihm erfolgreich aus dem Weg gegangen.

„Es tut mir leid, Sir.“ Claudia schien es nicht im Geringsten zu bedauern. „Die nächsten sieben Tage ist sie nicht in der Stadt. Was immer Sie auch für ein Angebot haben, es wird warten müssen, bis sie zurückkommt.“

„Nicht in der Stadt? Wo in aller Welt ist sie denn hin? Es muss doch eine Möglichkeit geben, mit ihr in Kontakt zu treten.“

Er erwartete keine Antwort von Claudia, doch anscheinend war die Verlockung, ihn weiter zu ärgern, zu groß für sie.

Versonnen lächelnd beugte sie sich zu ihm. „Auf dieser Privatinsel gibt es weder Handyempfang noch Internet. Wenn Sie mit ihr in Kontakt treten wollen, ehe sie zurück ist, können Sie es höchstens mit Rauchzeichen versuchen.“

Sehr witzig!

Aber vielleicht konnte er genau da ansetzen. Roman gab sich ungläubig. „So ein Unsinn. Es gibt keinen Ort in der westlichen Welt ohne Handyempfang oder Internet, schon gar nicht ohne beides.“

„Doch. Auf West Island gibt es das schon.“

Aha! Er ließ sich nichts anmerken. „Wenn Sie es sagen. Dann richten Sie Allie bitte aus, dass sie mich sofort nach ihrer Rückkehr anrufen soll.“

„Ich sorge dafür, dass das ganz oben auf ihrer To-do-Liste steht“, erwiderte Claudia in süßlichem Tonfall.

Ohne ein weiteres Wort wandte Roman sich um und verließ den Sportclub. Sobald die Tür sich hinter ihm schloss, seufzte er tief und erleichtert auf. In diesem Studio wirkte alles so feminin, dass er sich wie ein Elefant im Porzellanladen gefühlt hatte. Es lag nicht nur an der zierlichen Trainerin, die sofort auf Konfrontationskurs gegangen war, als er nach der Chefin gefragt hatte. Das Studio war auch nicht in Pink eingerichtet, aber überall waren Frauen.

Das war nichts Schlimmes, doch er hatte die Blicke der Frauen nicht ignorieren können. Sie hatten ihn angesehen, als würden sie damit rechnen, dass er jeden Moment anfangen würde, wütend Dinge an die Wand zu schleudern.

Das bedrückte ihn. Es war bewundernswert, was Allie Landers hier tat, und das Verhalten dieser Frauen machte ihm schmerzhaft bewusst, wie groß er im Vergleich zu ihnen war. Er konnte noch so leise und sanft sprechen und in teuren Anzügen herumlaufen: Letztlich steckte in diesem Anzug doch ein wildes Tier.

Roman würde sich zwar lieber eine Hand abhacken als eine Frau oder ein Kind zu schlagen, doch diese Frauen sahen ihn als Bedrohung.

Fluchend ging er die Straße entlang. Er könnte nach einem Taxi winken, aber er wollte lieber laufen und dabei etwas von seiner Aggression loswerden. Die langen Schritte halfen ihm, klar zu denken und ruhig zu werden. Was in ihm blieb, war Entschlossenheit.

Glaubte diese Allie tatsächlich, sie könne eine Woche aus der Stadt verschwinden und einfach die Deadline ignorieren, die er ihr für sein Angebot mitgeteilt hatte? Innerhalb der nächsten zwei Wochen müsste sie sich entscheiden, sonst würden andere Investoren diese Entscheidung für sie treffen.

Normalerweise zögerte Roman nicht, auch zu schmutzigen Tricks zu greifen, aber sein Klient wünschte, dass Allie den Vertrag aus freien Stücken unterschrieb, ohne unter Druck gesetzt worden zu sein.

Ihn erwartete ein üppiger Bonus, wenn er es schaffte, aber das war nebensächlich. Sein Klient wünschte den Ankauf des gesamten Unternehmens einschließlich des Frauenhauses, und die Frauen dort würden panisch die Flucht ergreifen, wenn sie befürchten mussten, dieser Ankauf sei eine feindliche Übernahme.

Die Frauen vertrauten Allie – und ganz bestimmt nicht ihm. Verdammt!

Letztlich lief es darauf hinaus, dass er bei der Übernahme auf sie angewiesen war, und er konnte sie wohl kaum davon überzeugen, wenn sie nicht hier war.

Aber jetzt kannte er wenigstens ihren Aufenthaltsort.

Roman angelte sein Handy aus der Tasche und suchte im Internet nach West Island. Entnervt stellte er fest, dass das Resort auf Jahre hinweg ausgebucht war. Die Website versprach ein diskretes Paradies, was so viel hieß, dass das Personal sicher nicht dazu bereit war, andere Gäste umzubuchen, damit er dort unterkommen konnte. Und da es dem Kodex des Resorts widersprach, die Namen der Gäste herauszugeben, konnte er auch niemandem Geld bieten, damit er seine Buchung stornierte. Folglich steckte er in einer Sackgasse.

Es gab nur noch einen Ausweg: Er rief seinen Freund Gideon Novak an. „Hey, du hast nicht zufällig Connections auf West Island in der Karibik?“

„Hallo, Roman, schön von dir zu hören. Mir geht’s gut, danke der Nachfrage.“

Roman verdrehte die Augen. „Ja, schon gut, ich bin ein Arschloch, und wir wissen beide, dass sich das niemals ändern wird. Die Insel. Es ist wichtig.“

Das kurze Schweigen am anderen Ende der Leitung wäre jetzt nicht eingetreten, wenn er vor sechs Monaten nicht alles gründlich vergeigt hätte. Er und Gideon bauten gerade wieder mühsam auf, was damals in die Brüche gegangen war, aber Vertrauen stellte sich nicht von heute auf morgen wieder ein. Es spielte keine Rolle, dass Gideon nachvollziehen konnte, wieso Roman so gehandelt hatte. Durch Roman hätte sein Freund fast Lucy verloren, die Liebe seines Lebens.

Endlich klickte es leise im Handy. „Ich hatte mit dem Besitzer noch nicht persönlich zu tun, aber ich habe ihm zwei meiner Kandidaten vermittelt, und beide arbeiten immer noch dort.“

Das war besser, als Roman sich erhofft hatte. „Ich brauche eine dieser Villen.“

Wieder herrschte Schweigen, diesmal sogar noch länger. „Roman, wenn du Urlaub brauchst, dann buch ihn dir selbst. Ich bin keine verdammte Reiseagentur.“

„Kein Scheiß, hier geht’s nicht ums Vergnügen. Alles rein geschäftlich. Ich muss in Kontakt mit einem Gast treten, der heute dort anreist. Demjenigen, der meinetwegen auf seinen Urlaub verzichtet, biete ich eine Wahnsinnssumme als Entschädigung. Vom Resort bekomme ich bestimmt keinen Namen, an den ich mich wenden kann, aber wenn du Kontakt zu einem Insider hast, kommst du an so einen Namen ran.“

„Ich kann nur hoffen, dass das auch wirklich wichtig ist.“

„Lebenswichtig. In einem Deal, den ich schon seit Monaten abzuschließen versuche, nähert sich die Deadline. Wenn mein Klient nicht als Erster investiert, tut es einer der Wölfe, die die Beute bereits umkreisen. Sie werden dieses Unternehmen zerfetzen, und dadurch werden viele Menschen Schaden nehmen.“

„Und du willst den Helden spielen? Das wäre für dich mal was Neues.“

„Nein, verdammt! Mir geht es ums Grundsätzliche, denn mit dem richtigen Ansatz kann dieses Unternehmen ganz anständigen Gewinn abwerfen, und dadurch, dass auch noch ein Frauenhaus daran angeschlossen ist, wird in den Medien sicher positiv darüber berichtet. Das wird mir Türen öffnen, die mir bislang fest verschlossen sind.“

Gideon schnaubte. „Rede dir das ruhig ein. Gib mir eine halbe Stunde.“

„Danke.“

Ohne ein weiteres Wort legte sein Freund auf.

Gideon würde es für ihn möglich machen. Dieser Mann war wie eine unaufhaltsame Naturgewalt, und Roman schätzte sich glücklich, ihn auf seiner Seite zu haben.

Pünktlich eine halbe Stunde später bekam er eine SMS mit den Reservierungsdetails und der beträchtlichen Summe, die er dem Mann überweisen musste, der auf seine Reise verzichtete. Roman verlor keine Zeit. Er überwies das Geld und buchte den nächsten Flug, der ihn von New York nach West Island brachte.

Sieben Tage blieben ihm, um Allie Landers aufzuspüren und dazu zu bringen, die Dinge mit seinen Augen zu sehen. Wie schwer konnte das auf einer Insel sein, auf der es lediglich zehn Villen gab?

2. KAPITEL

Roman nahm sich fünf Minuten Zeit zum Umziehen, bevor er durch die Villa lief, um sich einen Eindruck von seiner Unterkunft zu machen. Alles war auf luxuriöse Entspannung ausgelegt. Die Möbel bestanden zum Großteil aus Treibholz, die Räume waren weitläufig und boten den besten Ausblick auf den Privatstrand. Zu den übrigen Seiten hin war das Anwesen von dichter Vegetation umgeben.

Und genau darin lag das Problem.

Er hätte sich denken können, dass auf einer Insel mit nur zehn Villen die Privatsphäre oberste Priorität besaß. Aber da es zahllose Aktivitätsangebote für alle Gäste gab, hatte er damit gerechnet, Allie schnell zu finden und ihr sein Angebot darlegen zu können.

Dass er nicht wissen konnte, auf welchem Teil der Insel sich ihr Haus befand, hatte er nicht bedacht.

Er ging zum Strand hinunter und blickte sich um. Er stand in einer winzigen Bucht, die von niemandem eingesehen werden konnte. Es gab Fahrräder und Fußwege, um zum zentralen Anwesen zu gelangen, wo sich ein Restaurant befand, eine Bar, ein Yogastudio und eine Geschenkboutique.

Dort könnte Roman sich herumtreiben und verzweifelt darauf hoffen, dass Allie irgendwann zu einer Mahlzeit dort hinkam. Allerdings konnte man sich das Essen auch in die Villen bringen lassen, also wollte Roman dort lieber keine Zeit vergeuden.

Nein, lieber sollte er sich mit der Insel vertraut machen und anschließend Pläne schmieden.

Dicht am Strand befand sich ein Lagerschuppen, der wie ein verwitterter Unterstand designt war, und dort fand Roman die Antwort.

Hier lagerte die Ausrüstung für die unterschiedlichsten Wassersportarten. Nach kurzem Überlegen entschied er sich für das Kajak. So konnte er am schnellsten dorthin gelangen, wo er hinwollte, ohne dabei allzu nass zu werden.

Er streifte sich die Schuhe ab und zog sich nach kurzem Zögern auch das Hemd aus. In der Sommersonne hätte die Hitze unerträglich sein müssen, doch als er das Kajak ins Wasser schob, empfand er die Wärme als sehr angenehm.

Das größte Problem bestand darin, dass er nicht genau wusste, nach wem er suchte. Bisher hatte er es nicht geschafft, Allie Landers persönlich zu treffen. Bei seiner Onlinesuche hatte er herzlich wenig über sie in Erfahrung bringen können. In den sozialen Netzwerken waren ihre Accounts privat, und das einzige Foto von ihr, das er entdeckt hatte, stammte aus ferner Vergangenheit. Auch auf der Website von Transcend wurde mehr über die Leistungen und Visionen des Studios informiert als über die Gründerin. Zu der gab es nur die Kontaktadresse. Das überraschte Roman zwar kaum, zumal das Frauenhaus an das Studio angeschlossen war, dennoch nervte es ihn.

Andererseits hatte er in der Vergangenheit schon mit weniger Informationen zurechtkommen müssen als jetzt. Er war überzeugt, dass er auch diesmal am Ende Erfolg haben würde.

In der ersten Villa, an der er vorbeikam, wohnte eine Familie mit zwei Kleinkindern, die gerade eine Sandburg bauten.

Roman paddelte weiter und fing allmählich an, es zu genießen, obwohl er normalerweise die Großstadt der Natur vorzog. Allerdings fühlte das hier sich nicht nach Natur an.

Es war wie das Paradies.

Er umrundete die Insel und inspizierte jeden einzelnen Strand. An zwei Privatstränden sah er Familien, an zwei weiteren Gruppen, die ausschließlich aus Männern bestanden, drei der Strände waren leer, und an einem anderen sonnte sich eine Gruppe von vier Frauen, die ihm alle zupfiffen und johlten, als er vorüberpaddelte. Das merkte er sich für später. Er hatte keine Ahnung, mit wie vielen Freunden oder Freundinnen Allie hergekommen war, allerdings wusste er, dass sie nicht verheiratet war und auch keine Kinder hatte. Das schränkte die Suche zumindest etwas ein.

Als er wieder im Norden der Insel ankam, war er verdammt erschöpft. Das unablässige Paddeln hatte ihm zugesetzt. Er umrundete einen Felsausläufer und legte das Paddel quer vor sich auf dem Kajak ab. Den Moment der Ruhe nutzte er, um sich die Schultern zu lockern.

Und genau in diesem Moment entdeckte er die Frau.

Sie lag auf dem Rücken, streckte die Arme hoch über den Kopf, und ihr langes blondes Haar hob sich vom leuchtenden Rot ihres Badetuchs ab. Doch all das war es nicht, was Roman den Atem stocken ließ.

Es war die Tatsache, dass sie kein Oberteil trug.

Ihre goldbraune Haut schimmerte im Sonnenlicht, als habe sie sich eingeölt, bevor sie an den Strand gekommen war. Sie trug nur einen winzigen Bikinislip. Sie bewegte sich und winkelte dabei die langen Beine an, und ihre großen Brüste hoben und senkten sich mit jedem Atemzug.

Roman vergaß, wieso er hier war. Er vergaß alles außer dem plötzlichen, unwiderstehlichen Drang herauszufinden, welchen Farbton die Nippel dieser Frau hatten.

Was, verdammt noch mal, machst du?

Er schüttelte den Kopf. Näher ans Ufer zu paddeln, wäre unangebracht. Es war egal, wie atemberaubend ihre Kurven waren. Es spielte auch keine Rolle, dass sie sich nun auf die Ellbogen gestützt hatte, um ihn zu beobachten.

Roman atmete einmal tief durch. Es half nicht gegen das Pochen in seinem Ständer, aber er schaffte es wenigstens, das Paddel wieder aufzunehmen und weiterzupaddeln.

Wer immer diese Frau auch war, es war egal, dass er darauf brannte, sehr viel intime Zeit mit ihr zu verbringen. Sie war nicht Allie.

Das einzige Foto, das er von ihr aufgetrieben hatte, stammte aus ihrem Jahrbuch der Highschool und war sieben Jahre alt. Allie war so dünn, dass es fast ungesund wirkte. Das Haar hatte sie sich raspelkurz geschnitten und schwarz gefärbt.

Roman bezweifelte, dass sie heute auch nur annähernd so aussah wie diese Frau.

Das einzig Charakteristische an den Frauen, die bei Transcend arbeiteten, war, dass sie alle sehr klein und zierlich und von Kopf bis Fuß durchtrainiert waren. Zugegeben, diese Frauen waren schön. Roman wusste jeden Körpertyp zu schätzen, aber bei keiner dieser Frauen würden ihm die Hände zu zittern anfangen wie eben bei der Frau am Strand. Weiche, sinnliche Kurven und Brüste, nach denen seine Lippen sich sehnten.

Schluss mit dem Mist! Du bist geschäftlich hier.

Heute Abend würde er zum Dinner in das Restaurant gehen und versuchen herauszufinden, welche der Frauen auf dieser Insel Allie war. Dann würde er weitersehen.

„Wie geht’s dir, Sweetie?“

Allies Freundin hatte sich auf dem Flug aus New York ein paar Wodkas zu viel gegönnt, und als sie von Miami nach West Island weitergeflogen waren, war ihr schlecht geworden.

Becka brachte ein unsicheres Lächeln zustande. „Ich fürchte, das zwischen Wodka und mir ist aus. Für uns zwei kann es keine Zukunft geben.“

„Soll ich lieber bleiben? Dich pflegen, bis es dir wieder gut geht?“ Sie war angenehm müde, aber das heutige Dinnerangebot war wirklich verlockend, und sie wollte mit dem Fahrrad zur Lodge fahren, um einen Eindruck von dieser Insel zu bekommen.

Bei ihrer Ankunft war es Becka so schlecht gegangen, dass sie nur rasch eingecheckt hatten, damit Becka den schlimmsten Teil ihres Rausches ausschlafen konnte.

„Um Himmels willen, nein. Schlimm genug, dass ich dir den ersten Tag deines Urlaubes ruiniere, den du so dringend brauchst. Da lasse ich ganz bestimmt nicht zu, dass du die Zeit damit vergeudest, meine Hand zu halten. Geh. Du hast Urlaub. Du brauchst mich nicht zu bemuttern.“

Also ging Allie. Becka würde es ihr nicht danken, wenn sie blieb. Das würde ihre Schuldgefühle nur noch verstärken und sie davon abhalten, wieder gesund zu werden. Morgen würden sie beide die Insel erkunden und sich im Stehpaddeln versuchen. Die passenden Boards hatte Allie bereits unten am Strand entdeckt.

Ihr wurde heiß, als sie daran dachte, dass man sie vorhin beim Sonnenbaden oben ohne erwischt hatte. Wer mochte dieser Kerl gewesen sein? Er war zu weit weg gewesen, als dass sie sein Gesicht hätte erkennen können. Aber selbst auf die Entfernung hatte sie die Muskeln erkannt und gesehen, wie kraftvoll er das Kajak durchs türkisblaue Wasser gesteuert hatte.

Anscheinend hatte die Insel sie schon in einen Rausch versetzt, denn einen verrückten Moment lang hatte sie gehofft, der Mann würde ans Ufer kommen.

Bei diesen seltsamen Gedanken musste Allie lachen. Urlaubsaffären waren okay, aber wenn sie sich so sehr danach sehnte, war sie wirklich am falschen Ort. Auf West Island ging es um Abgeschiedenheit und Entspannung, und genau das hatte sie gewollt, als sie sich von Becka hatte überreden lassen, diese Reise zu buchen. Es war das genaue Gegenteil von ihrem Leben in New York.

Jetzt allerdings fragte sie sich, wieso sie sich keinen Urlaubsort gesucht hatte, an dem ein bisschen mehr Trubel herrschte. Sonne und Meer ließen sie glauben, hier sei alles möglich. Es war ja nur eine Woche. Der perfekte Zeitraum für eine Affäre.

Leider befand sie sich auf einer Privatinsel mitten im Ozean, und weit und breit war kein Mann in Sicht.

Sie ging an dem kleinen Golfcart vorbei, das hier auf der Insel das meistgenutzte Fortbewegungsmittel war. Nachdem sie so lange eingezwängt im Flugzeug gesessen und anschließend faul am Strand gelegen hatte, fühlte es sich gut an, zu Fuß zu gehen. Da die Sonne schon dicht über dem Horizont stand, wurde es allmählich auch etwas kühler. Es würde ein sehr schöner, milder Abend werden.

Allie nahm sich vor, morgen ganz früh aufzustehen und bei einem der angebotenen Yogakurse mitzumachen. Den übrigen Tag würden Becka und sie so aktiv sein, dass Allie gar nicht erst dazu kommen würde, sich rastlos zu fühlen. Es gab sogar einen Tauchkurs – allerdings war Allie sich nicht sicher, ob ihr das nicht ein bisschen zu viel Abenteuer war. Schnorcheln war okay, aber tief im Meer von einem Tank und ein paar Schläuchen abhängig zu sein, die sie vor dem Ertrinken bewahrten? Dazu konnte sie niemand überreden.

Allie fand problemlos den Weg zum Restaurant, das so gut wie menschenleer war. War das Restaurant vielleicht geschlossen?

„Sieht aus, als seien wir zwei hier ganz allein.“

Sie erschrak und fuhr herum. Der Mann stand ein paar Schritte entfernt, und Allie fühlte sich von seiner Körpergröße wie erdrückt. Sie erstarrte. Diese Schultern würde ich überall wiedererkennen. „Sie.“

„Ich.“

Er war ein Adonis. Anders ließ sich die Perfektion dieses blonden Mannes nicht beschreiben. Haselnussbraune Augen, ausgeprägter Kiefer, Grübchen im Kinn und ein Körper, den sie eine Ewigkeit hätte betrachten können.

„Darf ich Sie zu einem Drink einladen?“

„In diesem Resort ist alles inklusive.“

Sein Blick war belustigt. „Dann trinken Sie was mit mir. Da außer uns ohnehin niemand hier ist, wäre es albern, wenn wir uns getrennt hinsetzen.“

Er wirkte auf Allie wie ein Magnet, und das wäre sicher auch so, wenn das Restaurant voller Menschen wäre.

Gelassen deutete er auf die leeren Tische. „Die Lady darf auswählen.“

„Wie großzügig von Ihnen.“

„Ich gebe mir Mühe.“