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Ein packender Western von Pete Hackett!
Strother Kirby zügelte den Apfelschimmel und kniff die Augen eng. Vor den Hufen des Pferdes fiel das Land ziemlich steil nach unten ab, der Hang lief sachte aus, ging über in eine Ebene, die bei dem kleinen Fluss mit üppigem Ufergebüsch endete.
Strother legte die Hände übereinander auf das Sattelhorn, beugte den Oberkörper etwas nach vorn und stützte ihn mit den Armen ab. In seinem Gesicht arbeitete es. Er sah einen Conestoga-Schoner, dessen helle Plane anmutete wie das geblähte Segel eines Fischkutters in der Weite des Ozeans. Vier Maultiere und zwei Pferde grasten in einem Seilcorral, der zum Fluss hin offen war, so dass die Tiere ungehindert zum Wasser gelangen konnten. Dicht beim Ufergebüsch brannte ein Kochfeuer, über dem von einem eisernen Dreibein ein rußgeschwärzter Kessel hing, aus dem Dampf stieg.
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Veröffentlichungsjahr: 2019
Western von Pete Hackett
Über den Autor
Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F.Unger eigen war - eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.
Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung."
Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-Book bei CassiopeiaPress.
Ein CassiopeiaPress E-Book
© by Author
© 2012 der Digitalausgabe 2012 by AlfredBekker/CassiopeiaPress
www.AlfredBekker.de
Strother Kirby zügelte den Apfelschimmel und kniff die Augen eng. Vor den Hufen des Pferdes fiel das Land ziemlich steil nach unten ab, der Hang lief sachte aus, ging über in eine Ebene, die bei dem kleinen Fluss mit üppigem Ufergebüsch endete.
Strother legte die Hände übereinander auf das Sattelhorn, beugte den Oberkörper etwas nach vorn und stützte ihn mit den Armen ab. In seinem Gesicht arbeitete es. Er sah einen Conestoga-Schoner, dessen helle Plane anmutete wie das geblähte Segel eines Fischkutters in der Weite des Ozeans. Vier Maultiere und zwei Pferde grasten in einem Seilcorral, der zum Fluss hin offen war, so dass die Tiere ungehindert zum Wasser gelangen konnten. Dicht beim Ufergebüsch brannte ein Kochfeuer, über dem von einem eisernen Dreibein ein rußgeschwärzter Kessel hing, aus dem Dampf stieg.
Über den Backenknochen Strothers spannte sich die Haut. Sein Kinn wurde eckig. Was er da sah, gefiel ihm nicht. Es war das Land der Lake Valley Ranch, auf dem der Schoner angehalten hatte. An allen Wegen, die zur Ranch oder über das Weideland führten, waren an den Weidegrenzen Hinweisschilder aufgestellt, die darauf aufmerksam machten, dass hier das Land der Lake Valley Ranch Will Kirbys begann, und dass Unbefugte hier nichts zu suchen hatten.
Auf die Entfernung konnte Strother beim Feuer eine Frau in einem blauen Kleid ausmachen. Ein Hund, der am Wagen angekettet war, lag im Schatten. Es war heiß und windstill. Die Sonne stand hoch im Zenit. Der Rauch des Feuers stieg kerzengerade zum Himmel. Mit einem Schenkeldruck trieb Strother den Apfelschimmel an. Pochender Hufschlag rollte vor ihm her den Hang hinunter. Der Untergrund war von der Sonne hartgebacken. Staub schlug unter den Hufen aus dem braunverbrannten, harten Gras.
Die Frau am Feuer wurde aufmerksam. Sie lief schnell zum Wagen. Strother konnte sie nicht mehr sehen. Der Hund erhob sich. Die Kette klirrte. Es war ein großer Hund, eine Mischung aus einem Schäferhund und einem Bernhardiner. Sein Kamm schwoll an, er hob die Lefzen, und in seiner Kehle entstand ein gefährliches Grollen.
Strother wusste nicht, was ihn bei dem Fuhrwerk erwartete. Wie es aussah, war die Frau alleine. Er dachte nicht einmal daran, das Gewehr zu nehmen. Er wollte der Lady einige Fragen stellen, und dann - nun, es würde sich herausstellen.
Der Hund schlug an. Das Pferd unter Strother scheute, blähte die Nüstern, tänzelte nervös zur Seite, rollte die Augen. Der Hund gebärdete sich wie verrückt.
Die Frau kam hinter dem Fuhrwerk hervor. Sie hielt eine Winchester an der Hüfte im Anschlag. „Still, Hasso!“, rief sie scharf. Der Hund schwieg augenblicklich, zog den Kopf ein, legte sich auf den Bauch und beobachtete den Reiter.
Es war nicht das Gewehr, das unmissverständlich und drohend auf ihn gerichtet war, das Strother den Atem stauen ließ. Es war die Frau. Strother schluckte. O verdammt, ist sie hübsch!, durchzuckte es ihn. Es ist die schönste Frau, die ich je gesehen habe. Was um alles in der Welt hat sie hier in der Wildnis verloren?
Es war in der Tat ein sehr schönes Mädchen, kaum über zwanzig Jahre alt, gertenschlank und mittelgroß. Lange, dunkle Haare, die in leichten Wellen über Schultern und Rücken flossen, rahmten ein schmales, von der Sonne gebräuntes, gleichmäßiges Gesicht ein, in dem das Beherrschende die dunklen, fast schwarzen Augen waren. Der herbe Ausdruck um den klassisch geschnittenen Mund gab Strother zu denken. Er verriet ihm, dass diese junge Frau nicht nur die Sonnenseiten des Lebens kennengelernt hatte.
„Hallo, Ma’m“, grüßte er, tippte dabei mit dem Zeigefinger seiner Rechten an die Hutkrempe und zeigte sich von dem Gewehr in ihren Fäusten absolut unbeeindruckt. Er setzte sich bequem im Sattel zurecht.
Sie musterte ihn mit unergründlichem Blick; unverhohlen und durchdringend, als wollte sie sein Innerstes analysieren, seine Gedanken erraten, die verborgensten Winkel in seinem Bewusstsein ergründen. Sie machte sich ein Bild von ihm, und als sie fertig war, fragte sie mit Härte in der klaren Stimme: „Wer sind Sie, Mister, und was wollen Sie?“
„Mein Name ist Strother Kirby, Miss“, erwiderte er. „Das Land hier“ - er vollführte eine umfassende Bewegung mit dem Arm in die Runde -, „gehört uns Kirbys.“
Sie legte den Kopf etwas zur Seite, und es sah aus, als lauschte sie seiner Eröffnung hinterher. In ihren dunklen Augen war ein Aufblitzen wahrzunehmen, dann stieß sie voll jäher Verbitterung und irgendwie unversöhnlich hervor: „War das die Aufforderung zu verschwinden, Strother Kirby? Gehört ihr Kirbys auch zu den Unduldsamen dieses Landes, zu den Reichen und Mächtigen, die nach ihren eigenen Regeln und Gesetzen leben und herrschen – ja, herrschen? Nach dem Gesetz des Stärkeren!“
Aus dem Wagen erklang ein langanhaltendes Stöhnen, das in einem röchelnden Gurgeln endete und dann mit einem jämmerlichen Ton verlosch. Rastlosigkeit prägte plötzlich das Gesicht des Mädchens. Ihre Nasenflügel schienen zu beben, in ihren Mundwinkeln war ein Zucken wahrzunehmen.
„Wer befindet sich im Wagen, Miss?“, fragte Strother. „So stöhnt nur ein Kranker. Was ...“
„Reiten Sie weiter, Mister Kirby!“, rief das Mädchen. „Es ist mein Bruder. Das Pferd hat ihn getreten, als es lahmte und er nachsehen wollte. Da wir kein Geld haben, hat ihn der Arzt in der kleinen Ortschaft ungefähr zehn Meilen weiter südlich nicht behandelt.“ Ihre Stimme sank herab, wurde fast flehend. „Bitte, Mister, reiten sie weiter. Ich muss mich um meinen Bruder kümmern. Schätzungsweise hat er mindestens zwei Rippen gebrochen. Es ... es ...“
Ihre Stimme brach. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sie verlor die Fassung, schien psychisch am Ende zu sein. Festigkeit und Entschiedenheit, die noch vor wenigen Augenblicken aus jedem ihrer Züge gesprochen hatten, waren zerronnen, wie weggewischt. Geblieben war nur ein Ausdruck von hilfloser Verzweiflung. Strother fragte sich, was sie wohl alles durchgemacht hatte.
„Lassen Sie mich nach Ihrem Bruder sehen, Miss“, bat Strother. „Ich bin zwar einer der beiden Söhne Big Will Kirbys, im Endeffekt aber bin ich auch nicht mehr als einer seiner Cowboys. Und als solcher verstehe ich mich auf die Behandlung von Wunden aller Art. Ob Schussverletzung, Pferdetritt, oder Schlangenbiss - gegen alles ist irgendein Kraut gewachsen.“
Er grinste etwas verlegen.
„Mein Name ist Garrett“, stellte sich das Mädchen vor, indes es Strother zweifelnd und misstrauisch zugleich fixierte. „Nora Garrett. Mein Bruder Jack und ich ...“
Sie brach ab, als im Wagen wieder der Mann heiser und gequält röchelte.
„Sieht nicht gut aus, Miss Garrett“, knurrte Strother und ließ sich einfach vom Pferd gleiten. Er öffnete die Satteltaschen, entnahm ihr ein kleines, tönernes Behältnis sowie Verbandsmaterial. Er hielt Nora das kleine Gefäß hin. „Eine Heilsalbe, Miss. Ein zivilisierter Mescalero, der für meinen Vater als Raubtierjäger arbeitet, hat sie zusammengemixt. Sie wirkt Wunder, das können Sie mir glauben. Wir werden Ihren Bruder damit behandeln, und dann bandagieren wir seinen Oberkörper. Sie werden es sehen. Bald ist er wieder auf dem Damm.“
Sie sahen sich in die Augen. Nora hatte das Gewehr gesenkt. Mit offenem, ehrlichem Ausdruck musterte Strother ihr schönes Gesicht. Aus ihrem Blick schwand das Misstrauen. Sie spürte instinktiv, dass sie Strother vertrauen konnte. Er verströmte Sicherheit und ein großes Maß an Ruhe. Irgendwie, auf besondere Art, war sie von ihm fasziniert.
*
Jack Garrett war versorgt. Er lag neben dem Feuer auf einer Decke. Sie hatten gegessen. Nora hatte Strother eingeladen, das Mittagsmahl mit ihr und Jack einzunehmen. Strother hatte sich nicht zweimal bitten lassen. Die Nähe der Frau brachte etwas in seinem Innersten zum Schwingen, etwas, das er zwar spürte, das er auch zu deuten wusste, das er aber noch nie vorher kennengelernt hatte. Jetzt tranken sie Kaffee. Er war heiß, stark und süß.
Gerade erzählte Nora, dass sie eine kleine Ranch im Südwesten von Texas besessen hatten, die sie aber aufgeben mussten, nachdem ihre Eltern gestorben waren und ein rücksichtsloser Weidedespot begann, Smallrancher und Siedler von den Grenzen seiner Weidegründe mit roher Gewalt zu vertreiben. Jack war zusammengeschlagen, regelrecht zerbrochen worden. Nora alleine war nicht stark genug gewesen, gegen den Strom von Brutalität und Unerbittlichkeit anzuschwimmen. Daher auch die Verbitterung in ihrer Stimme, als sie ihn gefragt hatte, ob seine Familie zu den Unduldsamen dieses Landes gehöre, zu den Reichen und Mächtigen, die nach dem Gesetz des Stärkeren leben.
„Wir wollen in den Westen, nach Kalifornien“, erklärte Nora. „Dort soll das Land noch ziemlich unerschlossen sein und ...“
Sie verstummte, denn über die Hügel im Norden wehte rumorender Hufschlag heran. Auch Strother lauschte angespannt. Und schon nach wenigen Sekunden kam er zu dem Schluss, dass sich ein ganzer Reiterpulk näherte.
„Wer mag das sein?“, fragte Jack beklommen, Unrast in den Zügen, unruhiges Flackern in den Augen.
„Wahrscheinlich Cowboys meines Vaters“, murmelte Strother, stellte die blecherne, verbeulte Kaffeetasse auf den Boden neben sich und stand auf. Er starrte in die Richtung, aus der der Hufschlag heranquoll.
Auch Nora hatte sich erhoben. Sie ging entschlossen zum Fuhrwerk und nahm ihr Gewehr. Ein schnappendes, metallisches Geräusch war zu vernehmen, als sie durchlud. Strothers Kopf ruckte herum, mit einer Mischung aus Bestürzung und Unbehagen aber auch einer unausgesprochenen Warnung im Blick sah er sie an, dann drehte er wieder das Ohr in die Richtung, aus der sich die Reiter näherten.
Der Pulk erschien auf dem Hügelrücken. Es waren vier Reiter. Sie zerrten ihre Tiere in den Stand und starrten überrascht auf das Bild, das sich ihnen bot. Der Staub, den die Hufe ihrer Pferde aufgewirbelt hatten, senkte sich.
Strother atmete aus. Seine Stimme erklang: „Es sind unsere Leute, Miss. Der dunkle Bursche auf dem Rotfuchs ist mein Bruder Mitch. Sie können das Gewehr weglegen.“
Nora rührte sich nicht. Sie beobachtete die Reiter, ihre Hände umklammerten das Gewehr. Sie war ein gebranntes Kind. Und sie wusste, dass sie sich widerrechtlich auf dem Land eines Mannes aufhielt, vor dessen Namen die Bezeichnung ‘Big’ gesetzt worden war. Das verriet einiges – wenn nicht alles. Und so ignorierte Nora Strothers letzte Worte.
Das Hufgetrappel kam wieder auf, als die Reiter ihre Tiere antrieben. Sie lenkten sie in die Senke, geradewegs auf den Schoner zu. Sie bewegten sich in einer Reihe, ritten also Steigbügel an Steigbügel. Ein schiefes Grinsen kerbte sich in Mitch Kirbys Mundwinkel. Etwas Indianerhaftes ging von diesem dunklen, geschmeidigen Burschen aus. Die drei Weidereiter, die Mitch Kirby begleiteten, nahmen alles ohne besondere Gemütsregung in sich auf.
„Hallo, Bruder“, grüßte Mitch, als sie ihre Pferde pariert hatten. Sein glitzernder Blick heftete sich auf Nora. Die Flamme einer jähen Gier begann in seinen Augen zu lodern. Jack Garrett hatte er nur mit einem kurzen Blick gestreift. „Was sind das für Leute, Strother? Die Kleine ...“ Er schnalzte vielsagend mit der Zunge. „Sie ist allererste Garnitur.“ Er grinste anzüglich.
Noras Miene verschloss sich. Aber sie sagte nichts. Lediglich die Hände schlossen sich härter um Kolbenhals und Schaft der Winchester, und diese Reaktion verriet, dass sie Mühe hatte, den aufkommenden Zorn zu unterdrücken.
„Sie wollen nach Kalifornien“, berichtete Strother.
Mitch ignorierte Strother jetzt. Er schob die Unterlippe vor. „Ist das dein Mann, Kleine?“ Er fragte es und wies mit einer knappen Gebärde auf Jack.
„Es ist mein Bruder“, erwiderte Nora. „Das Pferd hat ihn getreten. Ihr Bruder hat mir geholfen, ihn zu verarzten.“
„Natürlich völlig uneigennützig, Bruderherz, wie?“, höhnte Mitch. „Strother Kirby, der Samariter.“
Die drei Cowboys lachten. Strothers Lippen wurden schmal. Zorn wühlte in seinem Gesicht. Aber er beherrschte sich und rief: „Ihr seid doch sicher auf dem Weg nach Mirage, Mitch. Also lasst euch nicht aufhalten. Wir kommen hier schon zurecht. Und zwar auch ohne euch.“
„Das kann ich mir denken“, versetzte Mitch lachend, musterte mit einem verzehrenden Blick Nora von oben bis unten, und von seiner Stirn war die Art seiner Gedanken abzulesen. „Also doch nicht uneigennützig, Bruderherz. Na ja, die Kleine ist aber auch tatsächlich nicht zu verachten.“
Ein Schuss peitschte. Zwischen den vorderen Beinen des Pferdes von Mitch Kirby ließ die Kugel Erdreich spritzen. Erschreckt stieg das Tier auf die Hinterhand. Der Knall trieb auseinander, stieß über den Fluss und rollte die Abhänge hinauf. Auch die Pferde der drei Cowboys bockten und scheuten erschreckt. Mitch, der völlig überrascht wurde, konnte nicht mehr schnell genug reagieren. Und ehe er sich versah, lag er am Boden. Der Aufprall nahm ihm die Luft. Mit herausquellenden Augen und hochrotem Kopf japste er verzweifelt nach Sauerstoff.
„Im Gegensatz zu ihrem Bruder sind Sie ein ausgesprochener Widerling, Mister!“, stieß Nora wütend hervor. Sie war vor ihn hingetreten und stieß ihn mit dem Gewehrlauf an. „Und jetzt rate ich Ihnen, sich auf ihren Gaul zu schwingen und Leine zu ziehen. Ich kann Ihre Sorte nicht ausstehen. Sie ist arrogant, unverfroren, ungehobelt und sie setzt sich über die fundamentalsten Regeln des Anstandes hinweg.“
Sie starrte ihn voll Abscheu an.
Die Cowboys bekamen ihre Pferde wieder unter Kontrolle. Mitch Kirby bekam wieder Luft. Die normale Färbung kehrte in sein Gesicht zurück. Strother kratzte sich betreten und voll gemischter Gefühle am Kinn. Er erwartete gewaltigen Ärger von Seiten seines Bruders. Mitch ließ sich von keinem Menschen auf der Welt demütigen. Den Sturz vom Pferd und seine vorübergehende Hilflosigkeit aber waren für ihn demütigend. Der Verdruss war also unausbleiblich.
Mitch kämpfte sich auf die Beine. Rasselnd atmete er aus. Düstere Schatten einer überwältigenden Wut, vielleicht sogar des schwelenden Hasses, liefen über sein Gesicht. Mit gepresster Stimme stieß er hervor: „Sie haben einen Fehler begangen, Lady. Einen großen Fehler. Das hier ist Kirby-Land. Ich bin ein Kirby. Ich gebe Ihnen bis zum Abend Zeit, von unserem Weideland zu verschwinden. Sollte ich Sie und Ihren Bruder nach Sonnenuntergang noch auf dem Land der Lake Valley Ranch antreffen, wird es hart für Sie.“
„Verdammt, Mitch, jetzt übertreib es mal nicht!“ So ließ sich nun Strother vernehmen. „Du hast es dir doch selbst zuzuschreiben. Ihr Bruder braucht ein paar Tage Ruhe, und es ist doch sicher nichts dagegen einzuwenden, wenn sie hier am Fluss ...“
„Bis heute Abend!“, fauchte Mitch unversöhnlich und gehässig. Er ging zu seinem Pferd, das einer der Weidereiter am Kopfgeschirr festhielt. Etwas umständlich, mit fast linkischen Bewegungen, kletterte Mitch in den Sattel. Er spürte Schmerzen von dem harten Aufprall am Boden. Aber er verzog keine Miene. Sein Stolz war verletzt, er war in seiner übersteigerten Eitelkeit gekränkt, und er war überzeugt, vor den drei Weidereitern eine Menge an Gesicht verloren zu haben. Eine Frau hatte ihm eine schmähliche Schlappe beigebracht. Das überstieg sein Begriffsvermögen, das schürte und nährte in ihm den Gedanken an Vergeltung und vergiftete sein Bewusstsein.
Wütend zerrte er sein Pferd herum. Rücksichtslos spornte er das Tier an. Der Pferdeleib streckte sich. Die Muskeln und Sehnen unter dem glänzenden Fell begannen zu arbeiten.