Gut gemacht! - Dirk Büsken - E-Book

Gut gemacht! E-Book

Dirk Büsken

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Beschreibung

Viele Wege führen zum Erfolg - elf inspirierende Berufsgeschichten Elf Menschen erzählen von nützlichen Fähigkeiten, elementaren Werten und effektiven Prinzipien in der Gestaltung ihrer Berufe. Vom Tänzer zur Spitzenköchin, vom Bestatter zur Hebamme, vom Fotografen zur Rechtsanwältin, entfaltet das Buch ein inspirierendes Gesprächspanorama über gelingende Kommunikation, nachhaltige Beziehungsgestaltung, Persönlichkeitsentwicklung und Authentizität. Ein buchstäblich wegweisendes Buch für alle, die eigene Möglichkeiten im Spiegel anderer Berufe kennenlernen möchten. U.a. mit René Travnicek, Dr. Ulrich Maly, Julia Komp, Christian Polanc, Jens Wenzel, Christoph Kuckelkorn, Jutta Wagner, Christina Latz, Birgitta Schaub, Elina Moser.

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Seitenzahl: 186

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INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort

KAPITEL 1

Wie man Menschen begeistern kann Im Gespräch mit

René Travnicek,

Warm-Upper

KAPITEL 2

Wie man Menschen mit Kopf und Herz erreichen kann Im Gespräch mit

Dr. Ulrich Maly,

Oberbürgermeister a.D.

KAPITEL 3

Wie man die Basis des Erfolgs in sich finden kann Im Gespräch mit

Christian Polanc

, Tänzer

KAPITEL 4

Wie man hohe Ziele mit unbedingtem Willen erreichen kann Im Gespräch mit

Julia Komp

, Spitzenköchin

KAPITEL 5

Wie man mit Anspruch und Humor aufklären kann Im Gespräch mit

Sven Plöger

, Wettermoderator

KAPITEL 6

Wie man den richtigen Moment treffen kann Im Gespräch mit

Jens Wenzel

, Fotograf

KAPITEL 7

Wie man mit Tod und Abschied würdevoll umgehen kann Im Gespräch mit

Christoph Kuckelkorn

, Bestatter

KAPITEL 8

Wie man Fachwissen vertrauensvoll repräsentieren kann Im Gespräch mit

Jutta Wagner

, Rechtsanwältin

KAPITEL 9

Wie man ungleiche Beziehungen gestalten kann Im Gespräch mit

Christina Latz

, Sozialarbeiterin

KAPITEL 10

Wie man ein Thema vielfältig variieren kann Im Gespräch mit

Birgitta Schaub

, Voice Coach

KAPITEL 11

Wie man Menschen in außergewöhnlichen Situationen begleiten kann Im Gespräch mit

Elina Moser

, Hebamme

Über den Autor

VORWORT

Liebe Leserinnen und Leser,

für dieses Buch habe ich mit Menschen gesprochen, die in ihren Berufen Fähigkeiten, Werte und Prinzipien entwickelt haben, von denen Sie persönlich profitieren können. Sie werden erfahren, wie gewinnbringende Kommunikation funktioniert, wie man aufrichtig und nachhaltig Beziehungen gestalten und wie man Ziele authentisch und konsequent erreichen kann. Dabei geht es nicht um schnelle Erfolgsrezepte, deren Wirkungen in der Regel genauso schnell wieder verpuffen. Vielmehr geht es darum, etwas aus echter Überzeugung glaubwürdig und dauerhaft in das eigene berufliche Leben zu integrieren.

In den Gesprächen wurde mir zunehmend klar, dass es in beruflichen Zusammenhängen entscheidend darum geht, die eigene Persönlichkeit einzubringen und hervorscheinen zu lassen, ansonsten bleibt der ausgeübte Beruf nicht mehr als Fassade und Leerformel. Mit diesem Buch können Sie Ihre eigenen Entwicklungsmöglichkeiten und Potenziale im Spiegel anderer Berufe kennenlernen. Dabei ist es nicht von Belang, ob es sich um einen Beruf handelt, der äußerlich nichts oder nur wenig mit Ihrem Beruf zu tun hat. Denn hinter jedem beruflichen Können steckt eine grundlegende Fähigkeit, die auf andere berufliche oder auch private Zusammenhänge übertragbar ist. Nicht zuletzt sind die hier geführten Gespräche anregende Geschichten über gelungene berufliche Biographien.

Ich danke allen Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartnern für das entgegengebrachte Vertrauen und die durchweg angenehmen Gesprächsatmosphären. Das »Sie« bzw. »Du« wurde, so wie in den Gesprächen, auch im Buch beibehalten.

Dirk Büsken

Dirk Büsken im Gespräch mit:

René Travnicek

WARM-UPPER

René Travnicek (*1975) ist Deutschlands meistgebuchter TV-Warm-Upper und Moderator.

Dirk Büsken (DB):René, ich gehe davon aus, dass nicht jeder weiß, was ein Warm-Upper ist. Was ist ein Warm-Upper und was macht er?

René Travnicek (RT): Als Warm-Upper bin ich dafür zuständig, dass wir eine supergute Stimmung im Studio haben. Ich bin quasi der Erste, den das Publikum sieht. Das heißt, das Publikum sollte mich im Idealfall sehr sympathisch finden, weil ich während der Sendung auch dafür zuständig bin, die Applause so einzufordern, wie die Produktion und der Moderator sie brauchen. Ich gebe die Einsätze für den Applaus, klatsche jeden Applaus an und bin auch in den Pausen dafür da, dass die Leute gut unterhalten werden. Mit Stand-up-Comedy- Einlagen, mit Stepptanz, mit Gitarre-Spielen, mit allem, was ich mal gelernt habe, amüsiere ich die Leute, sodass sie viel Freude an der Sendung haben. Und falls es einen Break in der Sendung gibt, überbrücke ich den eben auch. Ich bin gewissermaßen das Bindeglied zwischen Publikum und Produktion und dafür da, dass das Publikum einfach eine Riesenfreude hat und schon gut vorbereitet ist auf das, was es in der Sendung erwartet.

DB:Im Sport dient das Warm-up unter anderem dazu, dass man seine optimale Leistungsfähigkeit abrufen kann. Woran erkennst du, dass das Publikum nach deinem Auftritt optimal begeisterungsfähig ist?

RT: Während meines Auftritts erkenne ich bereits, ob mir wirklich alle zuhören und ob alle ruhig sind, wenn ich auf der Bühne bin. Es gibt durchaus mal Sendungen, da komme ich rein und merke, dass da eine unglaubliche Unruhe ist. Also muss ich das Publikum auf mich fokussiert bekommen. Danach reicht ein Handzeichen und alle stehen auf und machen Standing Ovation. Das Publikum muss das Gefühl haben, dass ich es gerne mache und den Applaus nicht zu ernst nehme, sondern das Ganze ein bisschen spielerisch verpacke. Dann kann ich die maximale Begeisterungsfähigkeit vom Publikum abrufen. Wenn es mit mir quasi eins wird, funktioniert das bestens. Wenn die Sendung sehr lange dauert, dann kann es durchaus sein, dass es nach hinten heraus für mich und das Publikum anstrengend wird. Grundsätzlich muss ich mir die Begeisterungsfähigkeit des Publikums ab der ersten Sekunde erarbeiten.

DB:Wenn nach deinem Auftritt die Show beginnt, kann man dann davon ausgehen, dass der Moderator der Show das Publikum eins zu eins übernimmt und es erstmal keinen Abfall der Stimmung gibt?

RT: Genau. Ich versuche den Übergang zwischen Publikum und Moderator so zu gestalten, dass der Moderator es am »Peak« der Stimmung übernimmt. Wenn das Publikum bereits herzhaft gelacht und geklatscht hat und ich den Moderator hereinhole, dann überträgt sich das ausgezeichnet.

DB:Deine Situation ist die folgende: Auf der einen Seite ist das Publikum – viele Menschen – und auf der anderen Seite bist du – allein. Schützen deine Professionalität und deine langjährige Erfahrung immer vor Lampenfieber?

RT: Nein, ich habe vor jeder Sendung eine Minute, in der ich denke: Was machst du heute hier? Und ich bin sehr, sehr nervös. Aber das fokussiert mich natürlich auch. Das heißt, wenn ich rausgehe und immer dieselben Gags bringen würde, nach dem Motto »Ich mache es einfach wie immer«, dann wird es nicht funktionieren. Durch die Aufregung, die Nervosität, die ich habe, schaffe ich es mit der vollen Energie rauszugehen. Ein Warm-up von gestern interessiert heute nicht mehr. Die Nervosität hilft mir also sehr, um nochmal kurz zu verinnerlichen, dass ich auch heute wieder alles geben muss und mir das Publikum immer wieder neu erarbeiten muss.

DB:Wie bereitest du dich auf die Show vor? Wann beginnt deine Vorbereitung und was machst du unmittelbar vor der Show?

RT: Die Vorbereitung beginnt meistens im Dezember oder Januar, wenn die neue Saison beginnt. Dann habe ich ein Set an Nummern, das ich abrufen kann. Das ändert sich auch mal während des Jahres, wenn mir was Neues einfällt. Es geht darum, das neue Programm zu entwickeln und mit dem arbeite ich im Prinzip das ganze Jahr. Kurz vor der Sendung bin ich eigentlich nur dabei meine Sachen zu verkabeln. Ich habe einen Music-Sampler, der es mir ermöglicht, 96 verschiedene Sounds zu erzeugen. So kann ich die Leute zum Singen animieren und dazu bringen, dass sie mich in der Stand-up-Nummer mit Geräuschen unterstützen. Direkt vor dem Auftritt nehme ich noch ein Mentos. Das ist meine »Tradition« und ich habe gemerkt, dass in dem Moment, wo ich es im Mund habe, meine Nervosität ein bisschen runtergeht, weil der Kopf sich auf den Geschmack fokussiert.

DB:Hast du Skripte für die TV-Formate als Leitfaden für dich?

RT: Ich bekomme einen Ablauf und weiß dann, wie die Sendung strukturiert ist. Wenn ich sehe, dass wir sechs Unterbrechungen haben, dann schaue ich, dass ich nicht in Werbung Nummer eins das Publikum bereits aufstehen lasse und mit ihnen einen Flash-Mob mache, sondern ich beginne ein bisschen langsamer und weiß, dass in der Regel bei Werbung Nummer vier das Publikum ein bisschen nachlässt. Die Leute sitzen schon sehr lange, dann behalte ich mir eben Nummern vor, mit denen ich sie nochmal ein bisschen pushen kann. Das folgt schon einer gewissen Dramaturgie.

DB:Ist es dabei egal, ob es sich um eine Koch-Show oder eine Comedy-Show handelt?

RT: Es ist nicht so entscheidend, welche Art von Format es ist, sondern welche Art von Publikum vor mir sitzt. Ein junges Publikum in einer Comedy-Show möchte anders abgeholt werden als ein älteres Publikum und umgekehrt.

DB:Würdest du eher ein homogenes Publikum bevorzugen oder bevorzugst du ein gemischtes Publikum?

RT: Das hat alles seinen Reiz. Bei einem jungen Publikum, das zwischen 18 und 24 Jahren alt ist, da weiß ich schon, welche Gags funktionieren und welche nicht. Auch ein bunt durchmischtes Publikum hat seinen Reiz, da kann ich noch mehr von meiner Bandbreite präsentieren, weil ich weiß, mit der Steppnummer hole ich die Älteren ab und die Jüngeren eher mit einer Rap-Einlage. Beides macht mir Spaß.

DB:Welche Rolle spielt Spontaneität bei deinem Auftritt?

RT: Definitiv eine große Rolle. Ich habe eine Nummer, bei der ich mir zehn Worte aus dem Publikum geben lasse und bastele dann innerhalb von Sekunden chronologisch vom ersten bis zum letzten Wort eine Story daraus. Da sagt zum Beispiel einer Olaf Scholz, der nächste sagt Apotheke und der übernächste Kreisverkehr. Dann mache ich daraus eine Geschichte und die Leute sind dann immer sehr überrascht, dass eine Geschichte herauskommt, die wirklich Sinn macht und darüber hinaus lustig ist. Da spielt Spontaneität eine große Rolle. Ich hatte mal eine Frau im Publikum, die hieß Gerolsteiner und neben ihr saß jemand, der ganz ruhig war. Da habe ich gesagt: »Und Sie sind eher so ein stilles Wasser.« Das sind so kleine, feine Gags, die von Spontaneität leben. Es kommt letztlich auf die Mischung von vorgefertigtem Programm und Spontaneität an.

DB:Kurzes Gedankenexperiment: Du machst ein Warm-up für nur einen Zuschauer. Trotz all deiner Bemühungen zeigt er sich bislang relativ unbewegt. An welchem Punkt würdest du abbrechen?

RT: (lacht) Wenn ich merke, dass er meine Sprache nicht versteht, was ich übrigens schon mal erlebt habe. Das war ein polnisches Publikum, das über die Grenze hinweg ins Studio gebracht wurde, weil man in Berlin kein Publikum für die Sendung hatte. Die haben mich wirklich nicht verstanden, dann habe ich irgendwann gesagt: »Okay, ich kann noch ein bisschen Russisch aus der Schule« und habe versucht, irgendwie mit Wodka, Nastrovje und sowas zu punkten. Das fanden sie dann ganz lustig, weil sie angefangen haben, doch ein paar Sachen zu verstehen.

DB:Wie geduldig wärst du, wenn es mit der Sprache, wie in deinem Beispiel, kein Problem darstellt? Würdest du innerlich verzweifeln und hinschmeißen?

RT: Ja, ich würde innerlich verzweifeln, aber ich würde es knallhart durchziehen (lacht). Das ist manchmal auch beim normalen Warm-up so. Es gibt immer ein Warm-up im Jahr, bei dem ich kämpfen muss und ich nicht weiß warum. Aber da muss man wirklich hartnäckig sein. Ich habe schon Auftritte von gestandenen, namhaften und große Halle füllenden Comedians mitbekommen, die in den ersten fünf bis zehn Minuten das Publikum nicht erreicht haben. Sie haben jedoch so gekämpft, dass sie die Zuschauer dann doch noch »abholen« konnten. Das kann also passieren, es gilt dann auch für mich, einfach dranzubleiben.

DB:Anderer Gedanke: Wenn du ein Warm-up für die TV-Zuschauer zu Hause vor den Bildschirmen machen würdest, würdest du dann anders vorgehen? Du hättest ja nicht deine physische Präsenz vor Ort im Studio.

RT: Definitiv. Die Interaktion mit dem Publikum im »eins zu eins« ist schon unabdingbar, würde ich sagen. Das wäre, glaube ich, fast nicht umsetzbar, weil die Interaktion fehlt und ich nicht sehen kann, wie die Leute drauf sind, ob sie gelangweilt sind, lachen, klatschen oder ob sie mich überhaupt ansehen. Das wäre echt schwierig. Ich würde fast sagen, dass das Warm-up nur im direkten Austausch mit physisch anwesenden Zuschauern funktioniert.

DB:Wie empfindest du TV-Studios? Als Arena oder Theaterbühne?

RT: Im Prinzip ist es Arena und Theaterbühne. Es ist ein Theater, das da vorne stattfindet, und eine Arena, weil oft die Anordnung des Publikums so ist. Es ist natürlich ebenso eine Art Schauspiel. Den Leuten wird etwas gezeigt, das sie unterhalten soll – wie im Theater. Und es ist auch eine Art Arena, wenn Battles, also Wettkämpfe darum, wer am besten singt, kocht usw., stattfinden. Von daher ist es eigentlich eine sehr gute Mischung aus beidem. Am Ende der Show, wenn das Publikum nicht mehr da ist, ist es manchmal erschreckend zu sehen, wie schnell der Glanz, das Licht und der Glitter komplett weg sind. Würde jemand nach der Show nochmal kurz reingehen, weil er seine Jacke auf seinem Stuhl vergessen hat, dann wäre er wahrscheinlich geschockt, wenn er sieht, dass der Glamour der Show sich vollständig in Luft aufgelöst hat.

DB:Wie schaffst du es, aus dem Publikum eine Einheit zu machen?

RT: Indem ich sie immer als Gesamtheit, gewissermaßen als ein Team anspreche. Ich gebe ihnen das Gefühl, dass wir alle eins sind, dass wir alle das Gleiche wollen. Wir wollen zwei Stunden bestens unterhalten werden und ich bin derjenige, der dafür sorgt, dass, wenn die Unterhaltungs-Maschinerie mal kurz stoppt, weil eine Kamera oder die Lichttechnik ein Problem hat oder der Moderator eine Pause braucht, ich für sie da bin, damit es ihnen immer gut geht. Ich bin auch ihr Ansprechpartner, wenn eine banale Frage kommt, jemand auf die Toilette muss, es jemandem nicht gut geht und er ein Wasser braucht. Die Einheit entsteht einfach in dem sehr empathischen Umgang mit dem Publikum. Das Publikum bekommt es mit, wenn es einer ehrlich mit ihnen meint und sich Mühe gibt.

DB:Empathie ist offenbar eine wichtige Qualität, die ein Warm-Upper braucht. Welche charakterlichen Voraussetzungen und welche weiteren Qualitäten braucht ein Warm-Upper noch?

RT: Als Warm-Upper muss ich mir sicher sein, dass ich es schaffe, ab der ersten Sekunde sympathisch aufs Publikum zu wirken und mit viel Lachen und einer sympathischen Stimme und schönen Formulierungen die Leute zu erreichen. Dabei sind auch die Zwischentöne wichtig. Das Publikum ist ein ganz wertvoller Rohstoff für mich, deshalb muss man ein großer Menschenfreund sein und kein Narzisst. Man sollte nicht denken: »Das ist meine Show!«, sondern: »Ich bin ein Rädchen in einem großen System« und das auch genauso rüberbringen. Nicht glauben, dass man der Geilste ist. Ich grüße auch ganz viele im Publikum, die ich über die sozialen Medien kenne. Dabei lasse ich niemanden aus und gebe ihnen das Gefühl, dass sie ein wichtiger Teil sind. Das Wichtigste ist einfach, dass sie merken, dass man eine ehrliche Haut ist und sich selbst nicht so ernst nimmt.

DB:Kannst du uns einige »Best-of« und einige »Worst-of« aus deiner Karriere erzählen?

RT: Ja, ein »Worst-of« gab es in einem Comedy-Format, das leider Gottes überhaupt nicht lustig war. Ein bekannter Comedian kam immer wieder zu mir und fragte: »Warum lachen die nicht, warum klatschen die nicht?« Im Warm-up waren sie wirklich ausgerastet und wir hatten einen Riesenspaß und eine Mega-Stimmung. Dann ging die Comedy-Show los, die Comedians waren gar nicht mal schlecht, aber sie hatten die Texte ja von den Autoren bekommen und die haben nicht funktioniert. Dann habe ich dem Comedian, der zu mir kam und wissen wollte, warum nicht geklatscht und gelacht wird, gesagt: »Es muss auch lustig sein, damit die klatschen.« Das hat er mir sehr übel genommen. Es hat Jahre gedauert, bis wir danach wieder zueinander gefunden haben. Ich war halt in diesem Moment sehr ehrlich. Ein anderes »Worstof« war, als ich in einer Show war mit einem älteren Publikum, das nicht wusste, was ein Warm-Upper ist. Es wusste eher, was ein »Claqueur« ist wie damals im Theater. Dieses Publikum war eine echte Herausforderung. Damit sie mich ins Herz schließen konnten, habe ich alle Register gezogen à la Fred Astaire, Ginger Rogers und die Steppschuhe rausgeholt. Schließlich habe ich sie dann mit einem echten Stück harter Arbeit erreichen können.

In der Schweiz ging ein Warm-up mal über zwei Stunden, weil eine Juroren-Entscheidung nicht gefällt werden konnte. Dann habe ich tatsächlich zwei Stunden Warm-up gemacht. Das Publikum hat einfach gemerkt, dass ich mich völlig verausgabe. Wenn das Publikum sieht, dass ich alles gebe, dann bleiben sie auch dabei. Wenn es Sendungen gibt, wo ich reinkomme und schon kleine Gags jedes Mal mit Lacher und Applaus bedacht werden und ich denke: »Was ist los? Versteckte Kamera?«, dann sind das für mich »Best-of«. Alles funktioniert, alles passt einfach.

DB:Ist das dann eine Art Flow-Moment, wenn alles wie von selbst läuft?

RT: Genau. Das hatte ich in Magdeburg, wo es eine Seebühne gibt, die wie eine halbrunde Arena aufgebaut ist. Wenn man eine solche Location hat, da kann es passieren, dass man mit dem Publikum »verschmilzt«. Im Anschluss kamen sogar einige zu mir und haben sich fürs Warm-up bedankt.

DB:Auf deiner Homepage kann man lesen, dass du ein authentischer Entertainer bist. Kannst du sagen, worin deine Authentizität besteht?

RT: Authentisch ist man immer dann, wenn man Geschichten erzählt, die andere nachvollziehen können. Ich möchte als ich selbst vor das Publikum treten und nicht als Figur. Ich erzähle oft und gerne von meinen Kindern, wenn sie zum Beispiel witzige Sprüche gerissen oder mich wieder irgendwo reingeritten haben. Ich war mit meinem Sohn mal im Baumarkt, habe ein Waschbecken gekauft und es anschließend in den Kofferraum geladen. Als ich später per Fernbedienung den Kofferraum aufschloss, flog das Waschbecken geradezu aus dem Kofferraum und war kaputt. Ich ging also zusammen mit meinem Sohn wieder in den Baumarkt. Dort fragte eine Dame meinen Sohn, der damals vier Jahre alt war, ob er das kaputt gemacht habe. Er sagte nur: »Nö, das ist Papa aus dem Kofferraum gefallen.« Das sind halt so kleine Geschichten, wo die Leute merken, dass ich sie sogar an meinem Privatleben teilhaben lasse. Sie können es nachvollziehen, weil sie einfach schon ähnliche Geschichten erlebt haben. Manche im Publikum haben schon dutzende Male eine Nummer von mir gesehen. Aber sie machen dann trotzdem mit, weil ich halt immer wieder etwas dazu bastele oder was Neues erzähle und sie merken: »Ach cool, das kannte ich noch nicht.«

DB:Gibt es im Rückblick so etwas wie eine Initialzündung für deine Karriere?

RT: Ich war definitiv der Klassenkasper. Ich war damals schon fasziniert, wenn ich in der Schule was Lustiges gemacht habe und die anderen dann gelacht haben. Ich war damals ein riesengroßer Michael-Jackson-Fan und habe im Zimmer die Tanzschritte imitiert und meine Eltern haben 50 Pfennig Eintrittsgeld bezahlt. Ich habe versucht, diese Bewegungen nachzumachen und fand es immer ganz toll, wenn jemand es schön fand, was ich gemacht habe. Ich habe dann früh angefangen mit Tanz, Ballett, Jazz, Steppen und so weiter. Ich fand es schön, etwas zu machen, was andere unterhält. Das Warm-up war dann eine logische Schlussfolgerung aus alldem. Später habe ich im Casino gearbeitet und als Hotelfachmann und war auch dort immer ein Unterhaltungsfaktor. Im Casino habe ich die größten Trinkgelder bekommen, weil ich immer unglaublich freundlich und liebenswürdig zu den Menschen war. Sie haben sich gefreut, wenn ich da war, ich habe also schon immer den direkten Kontakt gesucht. Und wenn ich einen lustigen Spruch auf den Lippen hatte, der keinem wehtut, aber Freude bringt, dann habe ich den rausgehauen. Gut zu unterhalten hat mich schon immer ein Stück nach vorne gebracht.

DB:Warum entwickelst du nicht eine eigene TV-Show bei den Qualitäten, die du hast?

RT: Eine eigene TV-Show zu entwickeln ist wahnsinnig schwierig. Einfach deshalb, weil sie von Produktionsfirmen entwickelt werden. Ich müsste folglich eine Idee haben, die unfassbar gut ist, dann noch hoffen, dass die Produktionsfirmen sie nicht an zwei Stellschrauben verändert und dann mit jemand anderem macht. Das Problem ist, wenn man etwas seit 20 Jahren macht, dann landet man in einer gewissen Schublade. Ich kann zwar durch Facebook und Instagram ein bisschen gegensteuern, weil die Fernsehmacher mitbekommen, dass ich auch Galas, Events, Messen und so weiter moderiere. Nichtsdestotrotz bin ich für die Fernsehlandschaft in Deutschland der Warm-Upper und man kann sich darauf verlassen, dass, wenn ich da bin, der Job rauskommt, den man in einer gewissen Qualität haben will. Sie würden sich natürlich auch nur bedingt einen Gefallen tun, wenn sie mich vor die Kamera setzen, denn dann hätten sie mich wahrscheinlich nicht mehr als Warm-Upper.

DB:Wenn es diese von dir beschriebenen Hindernisse nicht gäbe, würdest du dann sagen: »Ich möchte doch mal wissen, ob ich das kann«?

RT: Definitiv. Wenn ich ein-/zweimal in der Woche ein TV-Format hätte und dürfte die Sachen, die ich jetzt mache, weitermachen, dann würde ich das großartig finden. Es wäre falsche Bescheidenheit zu sagen, dass mich das nicht reizen würde. Aber es ist wirklich einer der steinigsten Wege überhaupt. Selbst wenn man alle Kontakte hat wie ich, die Unterhaltungschefs kennt und so weiter, setzt man immer noch zehnmal eher auf ein Gesicht, das man schon im Fernsehen kennt. Moderator werden ist wie ein Lottogewinn. Da müssen ganz viele Faktoren stimmen. Es kam vor, dass Regisseure gesagt haben: »Nehmen wir doch den René als Moderator« und es ist jedes Mal daran gescheitert, dass jemand gesagt hat, dass man andere aber schon aus dem Fernsehen kenne.

DB:Jemand sagt dir, er möchte Warm-Upper werden. Was rätst du ihm?

RT: Ich sage ihm, wie es ist, nämlich ein Haifischbecken. Wir sind in Deutschland ungefähr zehn Warm-Upper, drei davon haben extrem viel zu tun. Der Rest hat gut zu tun bis weniger. Es gibt halt auch nicht so viele Formate. Ich mache im Jahr im Durchschnitt 180 Sendungen, was schon wirklich viel ist. Ich würde jedoch nie jemandem abraten, denn es ist grundsätzlich so, dass, wenn man gut in etwas ist, man auch eine Chance hat. Wenn man etwas mit viel Leidenschaft macht, dann hat man immer eine Chance. Wenn ich Qualitäten und einen eigenen Stil mitbringe, kann das immer funktionieren. Man darf sich nicht davon abbringen lassen, nur weil die Hindernisse groß erscheinen, sondern wenn der Einsatz entsprechend ist, kann es trotzdem klappen.

DB:René, welche Frage habe ich dir nicht gestellt, die du aber gern beantworten möchtest?

RT: Die Frage nach den Arbeitszeiten. Wenn man sich meine Bilder auf Instagram und Facebook anguckt, sieht das alles natürlich immer toll aus. Aber man darf nicht vergessen, die Arbeitszeiten sind ohne Familie zwar super, denn ich habe morgens frei, mittags geht es langsam los bis in den Abend hinein und dann gibt es auch immer noch was zu trinken und eine Kleinigkeit zu essen. Aber mit Familie sind die Arbeitszeiten natürlich eine Herausforderung. Man darf nicht vergessen, dass ich in der Regel arbeite, wenn der Großteil der Bevölkerung zuhause Zeit für Kinder und viele andere Dinge hat. Ich muss mir einfach Freiräume schaffen. Gleichwohl ist und bleibt es mein Traumjob.