Heart of Rock (1-3): Bad Boy mit Herz - Lilith van Doorn - E-Book

Heart of Rock (1-3): Bad Boy mit Herz E-Book

Lilith van Doorn

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Beschreibung

Die spannende Erfolgs-Trilogie jetzt im Sammelband!
Teil 1
»Heart of Rock – Wie küsst man einen Rockstar?«

Rockstars sind Bad Boys?
Nicht immer. Das muss die junge Journalistin Janni feststellen, als sie die Straight Crew kennen lernt. Die vier Rockmusiker geben sich ungewohnt sittsam, verzichten auf wildes Partyleben und Groupies im Backstagebereich. Nicht einmal Alex, der Sänger mit der sinnlichen Stimme, ist für ein schnelles Abenteuer zu haben. Janni wird misstrauisch: Was hat es mit der Abstinenz und Prüderie auf sich? Und wie streng sind die Jungs wirklich?
Auf einem Rockfestival geht Janni in die Offensive und versucht, Alex für sich zu gewinnen. Doch dann kommt es zu einem folgenschweren Ereignis und Jannis Gefühle werden auf die Probe gestellt. Wie wird sie sich entscheiden – und welche Konsequenzen nimmt sie dafür in Kauf?

Teil 2 »Heart of Rock – Unplugged ins Glück«
Kannst du über deinen eigenen Schatten springen?

Kaum hat Janni Gerritsen die Ereignisse vom MeltingPoint-Festival hinter sich gelassen, hat ihr Chef eine große Aufgabe für sie: Janni soll das Kulturmagazin und ihren Job retten und dafür nichts Geringeres tun, als die Straight Crew auf ihrer anstehenden Tour zu begleiten! Das hat ihr gerade noch gefehlt - mehrere Wochen lang auf engstem Raum mit Alex, dem charismatischen Sänger, der sich ihr gegenüber so ambivalent verhält! Und ausgerechnet jetzt offenbart ihr Gelegenheitslover Mark, dass er mehr für sie empfindet. Janni muss sich entscheiden - Kopf oder Herz, Vernunft oder Gefühl? Als wäre das nicht schon schwierig genug, kursieren plötzlich Gerüchte über die Band, die das Aus bedeuten: Die Existenz der Straight Crew steht auf der Kippe! Es beginnt ein Spiel um Liebe und Leidenschaft, um Intrigen und Verrat, und Janni erlebt die aufregendste und gleichzeitig schwierigste Zeit ihres Lebens.

Teil 3 »Heart of Rock – Drei Akkorde für die Liebe«
Wie stark bist du, wenn dich deine Vergangenheit einholt?
Alex, Sänger der Straight Crew, steht vor den Trümmern seiner Existenz und muss eine schwierige Entscheidung treffen - doch wie viel kann die noch junge Liebe von Janni und Alex ertragen? Ein spannender Roman über Liebe und Verlangen, Intrigen und Verrat und das Überwinden eines alten Traumas.

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Lilith van Doorn

 

Heart of Rock

Wie küsst man einen Rockstar?

Unplugged ins Glück

Drei Akkorde für die Liebe

 

Liebesroman

in drei Teilen

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

Über das Buch

Anmerkung

Über die Autorin

Heart of Rock 1 - Wie küsst man einen Rockstar?

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

Heart of Rock 2 - Unplugged ins Glück

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

Heart of Rock 3 - Drei Akkorde für die Liebe

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Epilog

Liebe Leserin, lieber Leser!

Heart of Rock 4 - Bettis Entscheidung

Deep Skin – Unter der Haut

Impressum

Über das Buch

 

Teil 1

»Heart of Rock – Wie küsst man einen Rockstar?«

 

Rockstars sind Bad Boys?

 

Nicht immer. Das muss die junge Journalistin Janni feststellen, als sie die Straight Crew kennen lernt. Die vier Rockmusiker geben sich ungewohnt sittsam, verzichten auf wildes Partyleben und Groupies im Backstagebereich. Nicht einmal Alex, der Sänger mit der sinnlichen Stimme, ist für ein schnelles Abenteuer zu haben.

Janni wird misstrauisch: Was hat es mit der Abstinenz und Prüderie auf sich? Und wie streng sind die Jungs wirklich?

 

Auf einem Rockfestival geht Janni in die Offensive und versucht, Alex für sich zu gewinnen. Doch dann kommt es zu einem folgenschweren Ereignis und Jannis Gefühle werden auf die Probe gestellt. Wie wird sie sich entscheiden – und welche Konsequenzen nimmt sie dafür in Kauf?

 

Der Sänger steht im Nebel, das indirekte Leuchten lässt ihn geheimnisvoll und surreal erscheinen. Mit gesenktem Kopf singt er das Intro, seine langen schwarzen Haare fallen über das Mikrofon und seine Hände umfassen den Mikrofonständer auf eine beinahe zärtliche Weise. Wie eine Geliebte, die er im Arm hält und ihr Liebesschwüre entgegenhaucht. Ich bin beeindruckt von der Show und kann meinen Blick gar nicht von ihm abwenden, wie magisch zieht er alle Aufmerksamkeit auf sich.

 

Teil 2

»Heart of Rock – Unplugged ins Glück«

 

Kannst du über deinen eigenen Schatten springen?

 

Kaum hat Janni Gerritsen die Ereignisse vom MeltingPoint-Festival hinter sich gelassen, hat ihr Chef eine große Aufgabe für sie: Janni soll das Kulturmagazin und ihren Job retten und dafür nichts Geringeres tun, als die Straight Crew auf ihrer anstehenden Tour zu begleiten!

Das hat ihr gerade noch gefehlt - mehrere Wochen lang auf engstem Raum mit Alex, dem charismatischen Sänger, der sich ihr gegenüber so ambivalent verhält! Und ausgerechnet jetzt offenbart ihr Gelegenheitslover Mark, dass er mehr für sie empfindet.

Janni muss sich entscheiden - Kopf oder Herz, Vernunft oder Gefühl?

Als wäre das nicht schon schwierig genug, kursieren plötzlich Gerüchte über die Band, die das Aus bedeuten: Die Existenz der Straight Crew steht auf der Kippe!

Es beginnt ein Spiel um Liebe und Leidenschaft, um Intrigen und Verrat, und Janni erlebt die aufregendste und gleichzeitig schwierigste Zeit ihres Lebens.

 

„Ich hab an dich gedacht“, flüstert er und tritt von hinten an mich heran. Sein Atem kitzelt an meinem Hals, ich lehne mich gegen seinen Oberkörper und lausche dem gleichmäßigen Schlagen seines Herzens. Er drückt mir einen sanften Kuss in den Nacken und ich schließe die Augen. Es fühlt sich gut und vertraut an, und für einen kurzen Moment wünsche ich mir, es könnte immer so sein.

 

Teil 3

»Heart of Rock – Drei Akkorde für die Liebe«

 

Wie stark bist du, wenn dich deine Vergangenheit einholt?

 

Alex, Sänger der Straight Crew, steht vor den Trümmern seiner Existenz und muss eine schwierige Entscheidung treffen - doch wie viel kann die noch junge Liebe von Janni und Alex ertragen?

Ein spannender Roman über Liebe und Verlangen, Intrigen und Verrat und das Überwinden eines alten Traumas.

 

»Aber so funktioniert Leben nicht. Leben ist unberechenbar. Jeden Tag, Stunde für Stunde, geschehen Dinge, die niemand vorherzusehen vermag. Dinge, die man nicht ändern kann. Und Dinge, die man nicht ändern will.«

Sein Blick ergreift meinen, das Meergrün seiner Augen hüllt mich ein, ein leichtes Lächeln umspielt seine Lippen.

»Und manchmal braucht man eben eine Weile, um das zu erkennen.«

 

Anmerkung

Handlung und Personen sowie Songschnipsel sind frei erfunden; eventuelle Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder realen Orten sind rein zufällig.

Auch das MeltingPoint-Festival ist fiktiv, wenngleich ein Rockfestival mit einem solchen Line-Up durchaus sehenswert wäre!

 

Über die Autorin

Lilith van Doorn ist das Pseudonym einer erfolgreichen deutschen Krimiautorin.

 

Nach mehreren Veröffentlichungen in großen, mittleren und kleinen Verlagen genießt sie nun die Freiheiten als Indie-Autorin und lebt mit prickelnden Liebesromanen ihre romantische Ader aus.

 

 

 

 

 

Lilith van Doorn

 

Heart of Rock

Wie küsst man einen Rockstar?

 

Liebesroman

Teil 1 von 3

Heart of Rock 1 - Wie küsst man einen Rockstar?

 

 

1. Kapitel

 

»Ist das dein Ernst?«

Ich starre auf mein Handy, als könnte ich Bettis Worte damit ungeschehen machen.

»Wir haben uns wochenlang auf das Festival gefreut, und jetzt kommst du nicht mit, weil dein Typ was dagegen hat?«

Seit Tobias in Bettis Leben aufgetaucht ist, erkenne ich meine beste Freundin nicht wieder. Sie hat sich früher auch nichts von ihren Lovern vorschreiben lassen, warum dann jetzt? Und warum ausgerechnet von diesem Hänfling?

»Ach, das verstehst du nicht, Janni«, beginnt Betti, doch ich falle ihr ungehalten ins Wort: »Weil ich Single bin, oder was willst du mir damit sagen? Vielen Dank auch!«

Das muss ich mir nicht anhören, auch nicht von Betti. Ihren plötzlichen Sinneswandel habe ich ohnehin noch nicht verdaut, und wenn ich noch ein letztes Argument gegen eine feste Beziehung gesucht hätte, so hat Betti es mir gerade auf dem Silbertablett serviert. Denn was hat man schon von all dem Geturtel, wenn man sich kurz darauf in einem Gefängnis wiederfindet?

Trotzdem stehe ich jetzt da, mit meinen Festivalkarten. Das MeltingPoint ist das coolste Rockfestival des ganzen Jahres, und normalerweise sind die Karten binnen weniger Stunden ausverkauft. Ich habe wirklich Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um noch zwei Karten zu ergattern. Dafür bin ich sogar mit Schmidtke einen trinken gegangen. Schmidtke ist einer der Fotografen unseres Kulturmagazins und ziemlich penetrant in seinen Anbaggerversuchen. Bisher bin ich ihm so weit wie möglich aus dem Weg gegangen, aber für die beiden MeltingPoint-Karten habe ich eher widerwillig eine Ausnahme gemacht. Der Abend war erwartungsgemäß eine ziemliche Farce; allein die Tatsache, dass ich seiner Einladung gefolgt war, spornte ihn noch mal zusätzlich an. Wahrscheinlich rechnete er sich ernsthafte Chancen aus und sah uns schon Luftküsse durch unser Großraumbüro austauschen. Entsprechend mühsam war es dann auch, ihn einigermaßen freundlich und trotzdem deutlich abzuservieren.

Nachdem ich zwei Stunden lang in einer ziemlich öden Vorstadtkneipe langweilige Geschichten von irgendwelchen Fotoserien über mich hatte ergehen lassen, rief mich ganz zufällig Betti in größter Not an und erlöste mich endlich.

»Sorry, ich muss gehen, meine Freundin braucht mich gerade ganz dringend«, warf ich ihm lapidar hin und stand auf. »Das Geld für die Karten bringe ich dir morgen mit, okay?«

Mit diesen Worten ließ ich ihn an dem abgewetzten Ecktisch sitzen und trat erleichtert an die frische Luft. Ich hatte schon Angst gehabt, dass er das mit den Karten doch nicht ernst gemeint hatte, doch am nächsten Tag brachte er sie mir mit einem süffisanten Grinsen an den Schreibtisch.

»Ich war ja kurz versucht, die beiden Karten personalisieren zu lassen und mit dir zusammen aufs Festival zu fahren«, sagte er, und mir blieb beinahe das Herz stehen. Mit Schmidtke, diesem Möchtegern-Aufreißer mit dem schütteren, halblangen Haar auf dem MeltingPoint? Never.

»Aber ich weiß ja, dass du gern mit deiner Freundin hinfahren möchtest.«

Zu meiner Erleichterung überreichte er mir zwei ganz gewöhnliche Karten mit Campingticket, die ich ganz schnell in meiner Tasche verschwinden ließ, bevor er noch auf andere dumme Ideen kam.

»Danke«, murmelte ich und widmete mich wieder dem Artikel über das Sportfest am Gymnasium, doch Schmidtke ließ noch nicht locker. Er blieb neben meinem Tisch stehen, starrte auf meinen Bildschirm und beugte sich so weit zu mir herüber, dass ich seinen Schweiß riechen konnte.

»Wer weiß, vielleicht komme ich auch und überrasche dich dort.«

Mir stand vermutlich das Entsetzen ins Gesicht geschrieben, denn er begann lauthals zu lachen und ging pfeifend zurück an seinen Schreibtisch.

Seither hat er seine Bemühungen deutlich verstärkt, und ab und zu überkommen mich Zweifel, ob der Preis für die Karten nicht doch ein bisschen zu hoch gewesen ist.

Vor allem jetzt, wo Betti doch nicht mitkommt. Dabei ist sie besonders glücklich über die Karten gewesen.

»Ach, Süße, das werde ich dir nie vergessen!«, ist sie mir damals freudestrahlend und kartenschwenkend um den Hals gefallen.

»Das wird einfach nur saucool, stell dir vor: Wir schauen uns Muse an. Live!“

Tja, und dann kam Tobias, und plötzlich war auch Muse kein Thema mehr.

Aber was soll ich jetzt mit den beiden Karten machen? Allein hinfahren will ich nicht, auch wenn ich normalerweise keine Probleme damit habe, mit anderen Leuten in Kontakt zu kommen.

Ich gehe ins Wohnzimmer, lege eine BossHoss-CD in den Player und drehe den Lautstärkeregler ein paar Grad nach oben. Cowboy-Pogo ist jetzt genau das Richtige, und ich lasse Gitarre, Banjo und Schlagzeug durch die Wohnung dröhnen. Dabei nehme ich sogar in Kauf, dass die Chakren von Frau Amodini unter mir durcheinandergeraten. Oder dass ihre Yogaschüler beim Sonnengruß die Abfolge der Übung vergessen. Das hat sie mir jedenfalls mal in einem kurzen Treppenhausgespräch unter die Nase gerieben. Seither bin ich zumindest mittwochabends etwas leiser, wenn sie ihren Anfängerkurs gibt. Ich will ja nicht mutwillig ihr Geschäft schädigen.

Im Moment allerdings sind mir Chakren und Auren egal, jetzt brauche ich laute Musik.

Und eine Idee, was ich mit den Karten machen soll.

 

Missmutig klicke ich mich durch die Kontakte meines Smartphones. Mittlerweile scheint sich fast jeder aus meiner alten Clique irgendwie verbandelt zu haben und zieht nun langweilige Sofa-Abende einem coolen Festivalwochenende vor.

Manchmal fühlt sich das blöd an, vor allem, wenn ich an Betti und Tobias denke. Eigentlich wäre das unser Mädels-Wochenende gewesen, ich hatte mir den Termin schon lange im Voraus geblockt, und Betti hatte sich extra freigenommen.

Und wenn ich doch alleine auf das Festival gehe?

Wer weiß, wann ich noch einmal in die Möglichkeit haben werde, Muse live zu sehen. Und wenn ich an das MeltingPoint vom Vorjahr denke, dann sehe ich mich zusammen mit Betti auf dem weitläufigen Festivalgelände, aber nicht im Zelt. Das diente allenfalls zur Gepäckaufbewahrung und für ein kurzes Nickerchen zwischendurch. Wir ließen uns von der Livemusik tragen und schwebten wie zwei Heavy-Metal-Elfen über den Platz – so jedenfalls nannten uns die beiden Jungs, die wir dort kennengelernt hatten und mit denen wir anschließend den Großteil der Zeit verbrachten. Die Stimmung war super, und Betti sah im kleinen Schwarzen zwischen all den Rockertypen ziemlich scharf aus, was sie auch selbstbewusst zur Schau trug.

Nein, ohne Betti würde es definitiv viel weniger Spaß machen. Ich habe keine Lust, allein zwischen all den gut gelaunten Partyleuten zu stehen, mir eine Rockband nach der anderen anzuhören und gleichzeitig zu versuchen, mir besoffene Typen vom Leib zu halten. Dann bleibe ich doch lieber allein zu Hause und verkrieche mich mit ein paar DVDs und einem Eimer Popcorn auf meiner Ledercouch.

An wen also könnte ich unsere beiden Karten verticken?

Ich setze mich im Schneidersitz auf die Couch und klicke mich durch mein Adressbuch.

»Hi Nina! Habt ihr am Wochenende schon was vor?«, frage ich euphorisch und werde sofort durch einen lauten Seufzer ausgebremst.

»Tut mir leid, Janni, aber wir fahren für ein paar Tage ans Meer. Ferdi hat uns da ein wunderbares Ferienhaus ausgesucht«, erklärt mir meine ehemalige Kollegin mit besonders viel Bedauern in der Stimme. Dabei weiß sie noch nicht einmal, worum es überhaupt geht.

»Das MeltingPoint?« Hotte, mein zweiter Versuch, schnaubt, und ich höre förmlich, wie er den Kopf schüttelt. »Ich fühle mich langsam zu alt für solche Exzesse.«

Na toll. Dabei hat er nicht mal eine Freundin, mit der er sich zurückziehen könnte.

Bei den anderen sieht es nicht besser aus. Lilli liegt mit einer Magen-Darm-Grippe im Bett, Esther hat Wochenenddienst im Krankenhaus, und Carsten hat spontan eine Rollenspielrunde einberufen, die er nicht absagen will.

Alle sind irgendwie beschäftigt, nur ich nicht. Ich sitze da mit meinen beiden Festivalkarten und finde niemanden, der mich begleiten will oder mir alternativ die teuren Karten abkauft.

Und alles wegen Tobias!

Was ist an dem nur so toll, dass Betti seinetwegen zu Hause bleibt? Er ist klein und schmächtig, wirkt nicht besonders männlich, hat dafür aber das Auftreten eines überaus erfolgreichen Jungmanagers. Und das, obwohl er nur irgendeinen unbedeutenden Posten im Verkauf eines Automobilzulieferers innehat.

Mein Beuteschema sieht definitiv anders aus.

Eigentlich habe ich keine besonderen Vorlieben; die Haarfarbe eines Mannes ist mir egal, sein sozialer Status ebenfalls, und ob er nun gut bestückt ist oder nicht, spielt nur eine untergeordnete Rolle. Entscheidend ist, was er mit seinen Händen und seinem Mund anfangen kann. Aber natürlich kann ich bei einem wohldefinierten, muskulösen Körper schon mal schwach werden, und wenn sich unter dem Shirt eines Herrn ein flacher Bauch abzeichnet, wird mir auch schon mal unanständig warm. Auf einen schmalbrüstigen Blender wie Tobias würde ich jedenfalls nicht hereinfallen.

Trotzdem, ein schaler Nachgeschmack meiner telefonischen Versuche bleibt. Bin ich denn mittlerweile der einzige Single inmitten glücklicher Paare? Ist die Zeit des fröhlichen Alleinseins vorbei, sind wir mit Ende zwanzig schon so weit, uns aufs heimische Sofa zurückzuziehen?

Nein, ich definitiv nicht.

Ich liebe meine Unabhängigkeit und fühle mich noch gar nicht bereit für etwas Festes. Wenn ich mich in einem gelegentlichen Anfall von Torschlusspanik doch mal in das Abenteuer Beziehung gewagt habe, dann entpuppten sich die Herren schnell als Langweiler oder als eifersüchtige Kletten, und beides löst starke Fluchtreflexe bei mir aus. Das merke ich spätestens daran, dass ich morgens schon mit einer Ausrede aufwache, warum ich den Auserwählten heute nicht treffen kann. Und morgen auch nicht. Und überhaupt nie mehr.

»Du bist beziehungsunfähig«, hat Betti mir einmal an den Kopf geworfen, nachdem ich mitten in der Nacht zu ihr geflüchtet war, weil ich auf einmal nicht mehr ertragen konnte, wie mein damaliger Freund beim Schlafen atmete.

»Aber du müsstest das mal hören!«, antwortete ich Betti und überging dabei geflissentlich ihren Vorwurf. »Wie ein altersschwacher Wal!«

»Altersschwache Wale, so ein Quatsch.«

Betti tippte sich an den Kopf und klappte mit einem lauten Seufzer die Couch im Wohnzimmer aus. »Und wer weiß, wie du dich beim Schlafen anhörst!«

Mit diesen Worten ging sie ins Schlafzimmer, und ich verkroch mich schmollend unter der Wolldecke. Lange konnte ich danach nicht einschlafen und wälzte mich auf dem blauen Ungetüm mit den weißen Kissen. Ich finde mich überhaupt nicht beziehungsunfähig, ganz im Gegenteil. Beweisen denn meine Beziehungsversuche nicht immer wieder, dass ich eine selbstbewusste Frau bin, die weiß, was sie will? Ich bin nur einfach noch nicht so weit, mich bedingungslos an einen Typen zu binden. Nachher wird der mir irgendwann verbieten wollen, mein Wochenende auf einem Festival zu verbringen.

 

Naja, und dann ist da auch noch Mark.

Jedes Mal, wenn ich an ihn denke, durchfährt mich dieses unanständige Kribbeln, diese besondere Wärme, die nur jene Männer in mir auslösen können, bei denen ich einen veritablen Orgasmus hatte.

Streng genommen ist das, was uns beide verbindet, auch eine Beziehung - auch wenn Betti ganz andere Maßstäbe dafür anlegt. Dabei sind ja tatsächlich die von ihr so hoch gelobten Gefühle des Verliebtseins und der Vertrautheit im Spiel. Nur eben in einer anderen Intensität. Weniger vereinnahmend und allumfassend.

»Bei euch geht es doch nur um Sex«, hat sie mir vorgeworfen und dabei den Kopf geschüttelt.

»Das ist total unverbindlich, man lässt sich gar nicht wirklich auf die Person ein. Und man geht sich selbst dabei aus dem Weg. Ich glaube, dass man damit über kurz oder lang nur unglücklich werden kann.«

Für gewöhnlich widerspreche ich ihr nicht, wenn sie so moralisch daherkommt. Das ist eine der neuen Seiten an ihr, mit denen ich erst noch lernen muss, zurechtzukommen. Die alte Betti, die Vor-Tobias-Betti, hat gegen die eine oder andere Bettgeschichte zwischendurch nämlich gar nichts einzuwenden gehabt. Und um wie viel ehrlicher als diese Sexgeschichten ist das Arrangement, das ich mit meinem ehemaligen Kommilitonen getroffen habe!

Denn wir wollen genau das: Unverbindlichkeit. Wir wollen nicht Händchen haltend am Bett sitzen, wenn der andere mit Schnoddernase darniederliegt, und wir wollen uns nicht mit den Launen und Alltagsproblemen des anderen auseinandersetzen. Wir suchen einfach nur eine gute Nummer für zwischendurch, ohne das Gefühl haben zu müssen, dem anderen etwas schuldig zu sein. Es ist perfekt für uns.

Ich ziele mit zwei imaginären Colts auf den Fernseher und pfeife den Refrain von The BossHoss mit, während mein Rechner hochfährt. Vielleicht kann ich die Karten ja im Internet verkaufen.

 

Drei Stunden und zwei Tassen Kaffee später fahre ich den Computer enttäuscht wieder runter. Ich habe extra Geld für eine prominente Platzierung auf der Startseite des Kleinanzeigenmarkts bezahlt. Nichts. Lediglich eine Handvoll Leute hat mein Angebot überhaupt angeklickt, Kontakt hat jedoch keiner zu mir aufgenommen.

Kann es denn wirklich sein, dass sich plötzlich niemand mehr für das MeltingPoint interessiert? Kommt mein Angebot zu kurzfristig?

»Versuchs doch an der Uni, vielleicht findest du unter den Studenten jemanden, der dir die Karten abnimmt!«

Doro ist wirklich meine allerletzte Hoffnung. Sie interessiert sich überhaupt nicht für Rockmusik oder Festivals und geht am liebsten Wandern. Und am allerliebsten mit Rokii, ihrem finnischen Lover, den sie letztes Jahr bei einem Wandermarathon in der skandinavischen Tundra aufgegabelt hat.

»Dein Vorschlag mit der Uni ist gar nicht so schlecht!«, bedanke ich mich und lege auf. Auf die Idee hätte ich auch selbst kommen können.

Ich werfe einen Blick auf mein Smartphone: Es ist Viertel nach drei. Soweit ich mich erinnere, endet der nächste Vorlesungsblock in einer halben Stunde. Wenn ich mich beeile, bin ich rechtzeitig dort!

Im Schlafzimmer ziehe ich mein Muse-T-Shirt aus der Schublade und streife es mir auf dem Weg ins Badezimmer über. Weil die Zeit zu knapp ist, verknote ich meine hennaroten Haare am Hinterkopf, ziehe noch einmal kurz mit dem Kajal über meine Augenlider und stecke mir ein Kaugummi in den Mund.

Im Karton mit dem Altpapier finde ich eine leere Müslipackung, die ich kurzerhand mit dem Brotmesser aufschneide und mit rotem Edding auf der Rückseite beschrifte: »Verkaufe Karten fürs MeltingPoint-Festival«.

Derart ausgerüstet schwinge ich mich auf mein Rad und rase in halsbrecherischem Tempo zur Uni.

2. Kapitel

 

In Rekordzeit von knapp achtzehn Minuten erreiche ich den Campus und kette mein altes Rennrad an einen Laternenpfahl. Ich wüsste zwar nicht, wer mein zwanzig Jahre altes Schätzchen klauen sollte, aber wie sagte meine Oma immer so schön: »Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste.«

Vier Jahre liegt der Abschluss meines Journalismus-Studiums schon zurück, aber seither hat sich an der Uni offensichtlich nichts geändert.

Auf der Wiese zwischen den Hauptgebäuden kicken sich vier barfüßige Studenten mit nackten Oberkörpern Hacky-Sack-Bälle zu, beobachtet von drei Mädchen, die in Spaghettitops und Shorts in deren Nähe sitzen und jedes Mal quietschen, wenn die kleinen Häkelbälle in ihre Richtung fliegen.

Die Stimmung ist spürbar sexuell aufgeladen, die Lust wabert wie eine Wolke über den sonnengebräunten Leibern, und es fällt mir schwer, nicht in Richtung Wiese zu starren. Allzu bekannt ist mir das, was da passiert, und ein leichtes Kribbeln durchfährt mich.

Wie oft habe ich selbst auf dieser Wiese gesessen, habe mit wilden Jungs geflirtet und mir mit meinen Freundinnen ausgemalt, von welchen Kommilitonen wir uns mal so richtig durchvögeln lassen wollten. Vieles davon ist nur eine Idee geblieben, ein süßes Hirngespinst, anderes hingegen hatte sich erfüllt. Manchmal war es gut gewesen, gelegentlich aber auch peinlich oder zum Heulen. Das Leben eben.

Mein Blick wandert über die Wiese. Wer wird wohl am Ende des Tages mit wem im Bett liegen?

Die heißesten Anwärter auf das Paar des Abends sind definitiv der Typ mit den dunkelblonden Locken und die kleine Brünette mit dem grünen Ballonrock. Sie frisst ihn ja jetzt schon fast mit ihren Blicken auf, und er genießt es sichtlich. Schade, dass ich dabei nicht Mäuschen spielen kann.

Auf dem Weg zum Audimax komme ich am Trakt der Betriebswirtschaften vorbei. Unwillkürlich muss ich an meine letzte Studentenparty und an Gregor denken. Gregor, ein typischer Emporkömmling mit akkurater Föhnfrisur, war Doktorand der Betriebswirtschaften und hatte mich schon den ganzen Abend über sehr selbstsicher angemacht. Nach ein paar Gläsern Rotwein landeten wir dann in seinem Bett im Wohnheim, und ich kann bis heute nicht sagen, wie es so weit gekommen ist. Der Abend endete allerdings in einer einzigen Enttäuschung, denn Gregor war vor lauter Aufregung viel zu früh gekommen, hatte sich dann umgedreht und war seufzend neben mir eingeschlafen. Ernüchtert zog ich mich daraufhin wieder an und verließ das Wohnheim, ohne mich später noch einmal/jemals wieder bei Gregor zu melden. Wahrscheinlich hat er längst einen wichtigen Posten in einem großen Unternehmen inne und genügend Geld, um sein sexuelles Manko auszugleichen.

Keine Ahnung, ob er sich noch an mich erinnert; mir ist er jedenfalls erst wieder beim Blick auf das geduckte graue Gebäude der BWLer auf dem Campus eingefallen.

»Hey, Ladys, macht mal Platz!«, erklingt es von der Wiese, und die Balz erreicht einen ersten Höhepunkt. Die Jungs setzen sich zu den Mädchen auf die bunt gemusterte Decke und stellen sich vor; es gibt erste zögerliche Umarmungen und vorsichtige Berührungen auf nackten Knien. Der dunkelblonde Lockenschopf sitzt wie erwartet neben der Brünetten im Ballonrock, und ich wende mich grinsend ab.

 

So ähnlich hat es mit Mark und mir auch angefangen. Nicht auf dieser Wiese, sondern an einem der Klapptische im Hörsaal. Und er hat mir keinen Häkelball zugeworfen, sondern einen aus Papier, und mir anschließend dezent gestikuliert, dass ich ihn doch bitte öffnen solle. Mehr verwundert als aufgeregt faltete ich die Papierkugel auf und strich den Papierbogen umständlich glatt, weil ich spürte, wie er mich beobachtete. »Dein Lächeln lässt die Arktis schmelzen!« stand darauf, und ich knüllte das Papier empört wieder zusammen und warf es zu ihm zurück, was mir einen bösen Blick des Professors an der Tafel einbrachte. Der referierte gerade über »bildhafte Sprache in der Berichterstattung« und hätte sich vermutlich gewundert, wie seine männlichen Studenten das Thema interpretierten.

Nach der Veranstaltung lehnte Mark grinsend neben dem Getränkeautomaten und winkte mit der Papierkugel, als er mich entdeckte.

»Ich lade dich auf einen Kaffee ein. Oder trinkst du lieber Tee?«, fragte er mich, und ich hatte erstmals die Gelegenheit, ihn genauer in Augenschein zu nehmen. Er hatte dunkelblonde, kurze Haare, ein markantes Gesicht mit dunkelblauen Augen und einem kleinen Grübchen im linken Mundwinkel. Beim Lächeln zeigten sich winzige Fältchen in den Augenwinkeln wie bei jemandem, der sich viel an der frischen Luft bewegt. Ich tippte auf einen Surfer, denn die Härchen an seinen muskulösen Unterarmen waren von der Sonne ausgeblichen, die Haut darunter von einem gesunden Braun. Seine Schultern waren muskulös und breit, wirkten aber nicht so protzig wie bei jemandem aus dem Fitnessstudio. Ich fragte mich, warum er mir vorher noch nie aufgefallen war. Und als könnte er meine Gedanken lesen, erklärte er: »Ich hatte ein Urlaubssemester und war auf den Malediven unterwegs. Jetzt muss ich mich erst mal wieder an das Studieren im kalten Deutschland gewöhnen. Und ich hab den Anschluss an meine Kommilitonen verloren. Was ist jetzt, trinkst du einen Kaffee mit mir?«

Er war so offen und klar, dass ich neugierig wurde und mich auf einen Kaffee einladen ließ. Ich erfuhr, dass er sein Geld als Kitesurf-Lehrer und durch gelegentliches Modeln für Sportkleidung verdiente. Und dass er nebenbei mit wechselndem Elan sein Journalismus-Studium anging. Wir tranken noch einen zweiten Kaffee und einen dritten, und am Abend desselben Tages saßen wir auf dem großen Bett seines Einzimmerappartements und teilten uns eine Tiefkühlpizza.

Es sollte nicht die letzte gewesen sein.

Ich mag den Sex mit Mark. Er ist locker und unbeschwert, frei von irgendwelchen Verpflichtungen, und Mark ist sehr offen und experimentierfreudig. Vor unserem Arrangement hatte ich mich eigentlich für aufgeklärt und nicht gerade unbedarft gehalten, aber mit Mark habe ich noch einmal ganz neue Seiten an mir entdeckt. Es gibt eigentlich kaum noch eine Stellung oder Raffinesse, die wir noch nicht ausprobiert hätten.

 

Ich werfe noch einen letzten, sehnsüchtigen Blick auf die Wiese, dann eile ich in Richtung Audimax. Mittlerweile sind die Vorlesungen offensichtlich beendet, denn der kleine gepflasterte Vorplatz füllt sich schlagartig mit Menschen. In Scharen strömen sie aus den weit geöffneten Türen der umliegenden Gebäude, lachen, witzeln und schirmen ihre Augen gegen die Sonne ab. Sommersonnenlaune vor einem langen Wochenende voller Abenteuer, Lust und Freiheit. Einer Freiheit, wie sie uns nur in unseren besten Jahren gegönnt ist und die wir irgendwann gegen andere Formen von Freiheit eintauschen werden.

Damit ich besser gesehen werde, stelle ich mich auf einen Blumenkübel aus Beton mit kümmerlicher Bepflanzung aus hell- und dunkelroten Geranien mit welken Köpfen. Mutig halte ich mein selbst gebasteltes Pappschild in die Höhe und warte auf die Reaktionen. Doch die bleiben aus.

»Hallo!«, rufe ich über die gut gelaunte Menge hinweg. »Sucht noch jemand Karten fürs MeltingPoint?«

Ein paar Leute grinsen mich an, andere schütteln bedauernd den Kopf, als müssten sie sich bei mir entschuldigen. »Nee, kein Bedarf.«

»Hey, du!«

Ein Typ mit dunkelblonden Dreadlocks, der sich im Gehen eine Zigarette dreht, schaut auf, als ich ihn anspreche.

»Ich hab zwei Karten, inklusive Campingticket. Das Festival ist längst ausverkauft, das ist DIE Gelegenheit für dich!«, rede ich von meinem Betonsockel zu ihm hinunter, und er bleibt vor mir stehen und hängt sich die Selbstgedrehte zwischen die Lippen.

»Spielen Muse in diesem Jahr?«

Er zeigt auf mein T-Shirt und zündet sich die Kippe an, nimmt einen tiefen Atemzug und schickt graue Rauchwolken in die heiße Juniluft.

»Muse sind Headliner am Samstag. Vorher spielen The BossHoss und Lenny Kravitz.«

Er starrt mich an, als würde er mir gar nicht zuhören. Nervös zuppele ich an meinem T-Shirt, denn er taxiert mich ungeniert, als hätte ich gerade mich selbst und nicht die Karten feilgeboten.

»Was ist jetzt?«, frage ich schroffer als geplant.

Der Typ zieht seine Mundwinkel nach unten und schüttelt den Kopf.

»Kein Interesse. Ist mir zu teuer.«

Er bleibt noch immer vor mir stehen und starrt zu mir hoch, bis ich plötzlich eine Stimme hinter mir vernehme. Sie ist so volltönend und voluminös, dass ich spontan eine Gänsehaut auf den Unterarmen bekomme und mich irritiert umdrehe.

»Du hast noch Karten fürs MeltingPoint?«

Ein Paar meergrüne Augen mit dichten schwarzen Wimpern blickt mich an und lässt den rauchenden Dreadhead blitzschnell vergessen. Ich nicke und springe von dem Blumenkübel.

»Ja, ich hab noch zwei Karten, sogar inklusive Campingticket!«

Während ich die beiden Tickets aus meiner Gürteltasche fische, lasse ich meinen Blick möglichst unauffällig über den Schwarzhaarigen vor mir gleiten. Seine Körperhaltung strahlt etwas Selbstbewusstes aus, und seine Körpergröße unterstreicht diesen Eindruck noch. Er ist einen halben Kopf größer als ich, und ich bin mit einem Meter siebzig schon nicht gerade klein. Seine langen Haare trägt er zu einem lockeren Zopf am Hinterkopf, aber ein paar Strähnen kringeln sich neben seinen Ohren. Es lässt ihn irgendwie verwegen wirken, so als hätte er es gar nicht nötig, sich hübsch zu machen. Umständlich wühle ich in meiner Tasche, was mir noch ein paar Sekunden Zeit gibt, ihn unbemerkt zu begutachten. Er trägt ein einfaches schwarzes T-Shirt, das aber eng genug anliegt, um einen muskulösen Oberkörper und einen wohldefinierten Bauch anzudeuten. Sein gesamtes Auftreten wirkt leger und gleichzeitig unheimlich sexy.

»Meine Freundin hat mich wegen ihres Typen versetzt«, erkläre ich ihm, habe dabei endlich die beiden Karten aus der engen Tasche gefriemelt und halte sie in die Höhe. »Hier sind sie!«

Meine Hände sind so verschwitzt, dass ich Angst habe, den Aufdruck zu verwischen und die Karten ungültig zu machen. Ich wische die Tickets an meinen Shorts ab und halte sie ihm entgegen.

»Ich hab keine Lust, allein hinzufahren«, sage ich, und seine meergrünen Augen schauen lächelnd auf die zerknitterten Tickets.

»Du solltest trotzdem hinfahren! Das Line-Up lohnt sich in diesem Jahr besonders.«

Sein sonorer Bass löst diesmal nicht nur Gänsehaut aus, sondern fährt mir direkt in die Magengrube. Es fühlt sich an, als würde meine Bauchdecke von seiner Stimme vibrieren. Wow!

»Ja, Muse spielen, die würde ich wirklich gern sehen. Aber allein werde ich definitiv nicht hinfahren.«

Mist, das klingt ja, als hätte ich außer Betti überhaupt keine Freunde!

»Also, ich meine, eigentlich war das schon lange geplant, und all meine Freunde haben jetzt was anderes vor, weil sie ja keine Karten bekommen haben und dachten, dass ich mit meiner Freundin hinfahre ...«

Was erzähle ich da für einen Blödsinn? Ich wedele mit den Karten vor seinem Gesicht. Kann er nicht bitte noch etwas sagen? Irgendetwas? Ich muss diese Stimme noch einmal hören. Spüren!

Doch er hebt abwehrend seine Hand, dabei entdecke ich seine Tattoos. Der linke Unterarm ist komplett von einem bildgewaltigen mehrfarbigen Motiv überzogen, aber ich kann nicht erkennen, was es darstellt.

»Danke, aber ich brauche keine Karte.«

Durch diese Geste rutscht sein T-Shirt ein Stück nach oben, und mein Blick wird automatisch und ohne, dass ich etwas tun kann, von seinem Hosenbund angezogen. Dort prangt ein riesiges »X« auf der Gürtelschnalle, und ich kann ein wenig von seinem gebräunten, flachen Unterbauch sehen. In Gedanken wandert meine Hand dorthin und schiebt das Shirt noch weiter nach oben, streicht mit den Fingern über die olivfarbene Haut und gleitet nach unten zum Hosenknopf.

Seine Gesichtszüge und die schwarzen Locken erinnern an eine griechische Statue, und auch der Körperbau und seine Ausstrahlung passen dazu.

»Aber ich kann mich umhören, wenn du magst«, vibriert seine Stimme erneut durch meinen Körper, und ich zucke zusammen, starre ihn an und komme mir vor wie ein Schaf.

»Vielleicht fällt mir jemand ein, der noch Tickets braucht.«

»Ja«.

Hoffentlich kann Adonis keine Gedanken lesen.

»Gibst du mir deine Nummer? Dann ruf ich dich an!«

Was? Er will meine Telefonnummer haben? Ich öffne und schließe meinen Mund, aber nichts Sinnvolles will daraus hervorkommen. Dabei komme ich mir erst recht bescheuert vor und starre in sein schönes Gesicht. Und plötzlich setzt mein Gehirn wieder mit der Denkarbeit ein und mir wird wieder bewusst, wo ich bin und warum.

»Falls das eine Anmache war, dann war sie nicht besonders gut«, erwidere ich schnippisch und stecke die Tickets zurück in die Gürteltasche.

»Wieso Anmache?«, fragt er irritiert, und ich stemme meine Hände in die Hüften.

»Wenn du keine Karten willst, brauchst du auch meine Nummer nicht«, antworte ich und komme mir ziemlich schlau dabei vor.

Doch er hebt seine Hände in einer entschuldigenden Geste und fährt mit seiner Hand über den kleinen schwarzen Dreiecksbart am Kinn, dann greift er an seinen Hinterkopf, um den Pferdeschwanz festzuziehen. Ein paar vorwitzige schwarze Strähnen kringeln sich über seinen Koteletten. Seine Nervosität bereitet mir eine gewisse Genugtuung, denn er wirkt plötzlich gar nicht mehr so selbstsicher wie noch kurz zuvor.

Ich nehme das Pappschild und halte es trotzig über meinen Kopf, obwohl nur noch wenige Leute an uns vorübergehen.

»Das ist kein blöder Scherz«, erklärt er mit Bedauern in der Stimme.

»Ich kenne jemanden, der kein Ticket mehr bekommen hat. Da kann ich nachfragen, wenn du willst. Aber ich wollte dir keinesfalls zu nahe treten. Tut mir leid, falls das so ankam.«

Seine Entschuldigung klingt ernst gemeint, und das Timbre seiner Stimme jagt mir wohlige Schauer über die Arme. Gleichzeitig sieht er mich so aufrichtig mit seinem Meerblick an, dass ich nicht anders kann und ihn anlächle.

»Ich wollte nicht zickig sein. Aber du glaubst gar nicht, was ich schon für blöde Anmachen gehört hab.«

»Doch, das kann ich mir gut vorstellen.«

Er wirkt dabei so unschuldig und anständig, dass ich, ohne weiter nachzudenken, in meine Gürteltasche greife und eine Visitenkarte hervorhole.

»Okay, du kannst mich anrufen. Ich bleibe noch eine halbe Stunde hier, dann fahre ich wieder nach Hause. Vielleicht hat sich ja schon längst jemand auf mein Online-Inserat gemeldet.«

Er nimmt die Karte und dreht sie so, dass er sie lesen kann.

»Janni Gerritsen. Ein hübscher Name!«

Ich schmachte ihn regelrecht an. Das hat noch niemand gesagt. Normalerweise fragen mich die Leute direkt nach meiner niederländischen Herkunft und sind oft enttäuscht, weil ich nicht einmal einen Kaffee auf Holländisch bestellen kann. Mein Vater stammte aus Maastricht, lebte aber schon lange vor meiner Geburt in Deutschland. Von ihm habe ich zwar den wohlklingenden Namen, aber sonst keinen wirklichen Bezug zu den Niederlanden. Was ich ja eigentlich immer ändern wollte. Vielleicht lohnt es sich ja jetzt endlich mal.

»Ich melde mich, wenn ich mehr weiß.«

Er steckt die Karte in die Gesäßtasche, fixiert mich noch einmal mit seinem Meerblick und verschwindet dann in der Menge der anderen Studierenden.

Ich lasse die Hand mit dem Pappschild sinken und starre ihm hinterher. Verdammt - jetzt hat dieser griechische Halbgott meine Visitenkarte mit sämtlichen Kontaktdaten, und ich kenne noch nicht einmal seinen Namen!

3. Kapitel

 

An der Uni hat es mit den Karten leider nicht geklappt, nach dem schwarz gelockten Adonis hat sich keiner mehr für meine beiden Tickets interessiert.

Auch online sieht es eher schlecht aus; ganze dreiundzwanzig Klicks habe ich für mein Online-Inserat erhalten, aber gemeldet hat sich bisher niemand. Ich verstehe das nicht. Normalerweise ist das Festival binnen kürzester Zeit ausverkauft, und jetzt bleibe ich auf meinen Karten hocken. Vielleicht bin ich auch einfach zu spät dran und die Leute haben ihr langes Wochenende längst anders verplant.

Der Schwarzhaarige ist meine letzte Hoffnung - wenn er wirklich jemanden kennt, der noch Karten sucht. Andererseits: Dass er sich meinetwegen meldet und das Ganze nur eine Anmache war, ist so gut wie ausgeschlossen. Ein Mann mit einer solch unfassbar erotischen Stimme und diesem Aussehen interessiert sich bestimmt nicht für jemanden wie mich: rothaarig und käsegesichtig, noch dazu mit Sommersprossen und der langweiligsten Frisur der Welt.

Plötzlich wird mir heiß und kalt zugleich. Hoffentlich stöbert er nicht auf meinem Facebook-Profil herum!

Mit einem kurzen Klick überprüfe ich die Sicherheitseinstellungen und stelle erleichtert fest, dass er bei mir nicht viel entdecken kann. Allenfalls das Profilfoto und ein paar Daten zu Studium und Beruf, aber das steht ja auch schon auf meiner Visitenkarte, und mein Profilbild ist das gleiche wie auf allen anderen Plattformen: Janni Gerritsen mit akkurater Ponyfrisur und gepuderter Pfirsichhaut. Die Porträts waren zwar nicht ganz billig, aber die Fotografin hat gewusst, wie sie das Beste aus mir herausholen kann. Und das ist ihr tatsächlich gelungen, wie ich immer wieder zu hören bekomme - und mir manchmal insgeheim auch denke.

Außer in diesem Augenblick. Denn wenn ich versuche, mein Bild mit den Augen eines potenziell interessierten Mannes zu betrachten, sehe ich wieder die viel zu weiße Haut und das durch Henna künstlich in Szene gesetzte Erdbeerblond meiner Haare.

In diesem Moment klingelt mein Smartphone, und für einen kurzen Augenblick vergesse ich, wo ich es zuletzt hingelegt habe. Ich schließe das Facebook-Fenster, als wäre ich beim Besuch einer anrüchigen Seite ertappt worden. Was ja an sich schon blöd ist, da ich ja alleine lebe.

»Janni Gerritsen«, piepse ich in den Hörer und räuspere mich zugleich, um meine Stimme zu festigen.

»Hallo!«

Ich höre eine Frau.

»Ich hab gehört, dass du noch Karten fürs MeltingPoint hast!«

Eine aufgekratzte und überschwängliche Frau. Das kommt unerwartet und ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Dabei ist es doch eigentlich egal, ich will ja nur die Karten loswerden.

»Das Festival war ja blitzschnell ausverkauft. Und ich würde mich so sehr freuen, wenn ich jetzt doch hinfahren könnte!«

Die Anruferin klingt aufgeregt wie ein Teenager und ich frage mich, wie alt sie ist. Und in welcher Beziehung sie zu dem langhaarigen Adonis steht. Ist sie seine Freundin? Seine jüngere Schwester?

»Ich heiße übrigens Zoe, ohne Pünktchen auf dem E!«, plappert sie fröhlich in meine Überlegungen hinein. Ich spüre Enttäuschung in mir aufsteigen.

Schade, dass er sich nicht selbst bei mir meldet, sondern einfach meine Nummer weitergibt. Andererseits: Was habe ich erwartet? Schließlich hat er nur davon gesprochen, jemanden zu kennen, der noch eine Karte sucht.

»Ja, ich hab noch zwei Karten.«

Ich unterbreche ihr Lachen.

»Ich kann dir ein Angebot machen, du müsstest sie nur bei mir abholen.«

Am anderen Ende erklingt ein Seufzen.

»Ich brauche nur eine Karte«, erklärt Zoe, ohne Pünktchen auf dem E.

»Was ist mit deinem Freund? Fährt der nicht mit?«, wage ich einen Vorstoß, und Zoe seufzt schon wieder, diesmal theatralisch.

»Ach je, frag mich lieber nicht danach ...«

Ich warte darauf, dass sie noch weiter ausholt, aber sie wechselt das Thema, als wäre es ihr unangenehm. Klingt nach einer schwierigen Beziehung.

»Warum fährst du eigentlich nicht hin? Das MeltingPoint ist doch DAS Festival-Highlight im Jahr!«

»Ich wollte mit meiner Freundin hinfahren, aber die hat es sich anders überlegt«, erkläre ich. »Sie bleibt jetzt lieber mit ihrem neuen Freund zu Hause«, schiebe ich hinterher und kann nicht verhindern, dass sich eine gewisse Bitterkeit in meine Stimme mischt.

Plötzlich kommt mir eine Idee.

»Was hältst du davon, wenn wir beide zusammen hinfahren? Vorausgesetzt, du hast noch keine anderen Pläne.«

Noch ehe ich zu einer weiteren Erklärung ansetzen kann, jubelt Zoe am anderen Ende in den Hörer.

»Das ist super! Ich wollte mir ohnehin noch eine Mitfahrgelegenheit suchen - dann können wir zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen! Das passt perfekt!«

Ihre gute Laune ist wirklich ansteckend, und ich bin sehr neugierig auf Zoe. Wer verbirgt sich wohl hinter dieser sympathischen Stimme?

Und ein kleiner ausgelassener Teufel auf meiner Schulter flüstert mir ins Ohr, dass ich durch Zoe vielleicht noch mal mit dem Schwarzhaarigen in Kontakt kommen könnte.

 

Nach dem Telefonat mit Zoe beginne ich, meine Sachen zu packen. Vorher lege ich noch eine Muse-Scheibe ein und hoffe, dass Frau Amodini gerade in irgendwelchen mystischen Sphären unterwegs ist. Oder meinetwegen auch beim Einkaufen.

Ich bin jetzt in Festivalstimmung, und dafür hat sie ja die nächsten drei Tage Ruhe.

Zoe klang am Telefon wirklich nett, und selbst wenn wir beide doch nicht so gut miteinander klarkämen, wäre das kein Problem. Wir müssen schließlich nicht die ganze Zeit miteinander abhängen, denn wenn ich mit Betti auf Festivals gehe, macht auch jede ihr eigenes Ding.

Aus dem Wandschrank hole ich Zelt und Isomatte, und glücklicherweise liegt der Karton mit dem Kochgeschirr direkt daneben. Ich habe es vor einiger Zeit völlig übermütig im Trekkingladen gekauft, aber niemals ausgepackt. Der Klamottenstapel auf meinem Bett wächst, und mir kommen erste Zweifel an meiner Auswahl. Brauche ich wirklich den schwarzen Skater-Rock und die Overknees, oder sind zwei paar Jeans nicht viel zweckmäßiger? Werde ich meine Doc Martens mit der kniehohen Schnürung anziehen, oder reichen Chucks und Flip-Flops? Ich entscheide mich für Letztere und räume auch die Overknees wieder zurück in den Schrank, hole dafür noch zwei bedruckte T-Shirts hervor und verstaue alles in meinem großen Trekking-Rucksack. Den schwarzen Spitzen-BH nehme ich trotzdem mit. Und vorsichtshalber verstecke ich noch ein Kondom in der Innentasche meines Schlafsacks.

Man weiß ja nie!

Morgen um zehn Uhr werde ich Zoe am Bahnhof abholen, und bis dahin muss ich noch ein paar Dinge erledigen.

4. Kapitel

 

Das Come-Out ist um diese Zeit fast leer; an den beiden Tischen hinter dem Tresen sitzen die üblichen Verdächtigen, Männer mit ledernen Würfelbechern und immervollen Biertulpen vor sich, die so tun, als würden sie sich hier nur zum Knobeln treffen. Wenn man jedoch genau hinschaut, erkennt man die Blicke, die kleinen Gesten und die Hände, die sich unter dem Tisch treffen.

»Setz dich!«

Mark sitzt an der Theke, zieht einen Hocker zu sich heran und umarmt mich zur Begrüßung. Ich erwidere die Umarmung und halte ihn dabei ein paar Sekunden länger im Arm als nötig, nehme seinen markanten Duft in mir auf und fahre mit den Fingerspitzen über seinen ausrasierten Nacken. Er brummt wohlig und lässt seine Hand tiefer wandern, bis hinunter zu meinem Po-Ansatz, und übt dort leichten Druck aus. Er weiß, dass mich das anmacht, und ich kneife ihn scherzhaft ins Ohrläppchen.

Ich setze mich auf den Hocker und gebe Raoul ein Zeichen, mir ein Bier fertig zu machen. Der Inhaber des Come-Out ist die Diskretion in Person und kann quasi mit dem Interieur hinter der Theke verschmelzen. Wenn es jedoch nötig ist, steht er blitzschnell auf der Matte und weist allzu neugierige oder taktlose Gäste in ihre Schranken. Oder ihnen gleich die Tür.

Raoul war zu Beginn unserer Affäre einer der Hauptgründe, weshalb Mark und ich das Come-Out für unsere Verabredungen auswählten. Die Heimlichkeit ist zwar nicht mehr nötig, weil wir meistens offen und ungezwungen miteinander umgehen, aber dem Come-Out sind wir trotzdem treu geblieben. Außerdem liegt es praktischerweise nur einen Häuserblock von Marks Appartement entfernt.

»Moin, ihr beiden!«

Es dauert nicht lange, und er stellt ein Altbierglas vor mich hin. Auch deshalb mag ich Raoul und seine Kneipe: Er kennt seine Stammgäste.

»Ich fahre morgen für drei Tage aufs MeltingPoint«, erkläre ich und hebe mein Glas. Mark nickt, nimmt einen tiefen Schluck von seinem Bier und stellt es mit einem dumpfen Geräusch zurück auf den Tresen. Er fragt nicht, mit wem ich fahre. Das ist ein Teil unseres Arrangements: Wir reden nicht über Beziehungen außerhalb unserer Treffen. Ich weiß nicht, ob er eine feste Beziehung hat, oder ob er neben mir noch andere Frauen oder Männer trifft. Und er weiß nichts von meinem Liebesleben. Das besteht zwar schon seit einiger Zeit nur aus ihm und mir selbst, aber im Moment brauche ich nicht mehr. Ich bin noch nicht bereit, mich fest an einen einzigen Menschen zu binden, schon gar nicht, wenn es dann so läuft wie bei Betti.

»Und da dachtest du, du solltest dich vorher noch mal mit mir treffen. Schöne Idee!«

Mark grinst und zeigt dabei seine ebenmäßigen Zähne. Seine Hand liegt auf meinem Knie, ich spüre die Wärme durch den Stoff der Jeans und den leichten Druck, den er ausübt. Sein Daumen streicht langsam über meinen Oberschenkel. Zentimeter für Zentimeter wandert seine Hand unter dem Tresen nach oben, während er locker mit mir plaudert, als ob nichts wäre. Mein Herz schlägt ein paar Takte schneller, und mein Magen setzt zu kleinen Purzelbäumen an.

»Ich war schon seit Längerem auf keinem Konzert mehr«, erzählt er und fährt mit einem Finger an der Innenseite meines Oberschenkels entlang, etwas unterhalb der Naht. »Nach dem letzten Mal hatte ich zwei Tage lang ein schrilles Pfeifen im Ohr, aber es ist zum Glück von selbst wieder verschwunden.«

Seine Fingerkuppe bohrt sich in meinen Schenkel, und ich ziehe tief Luft ein. Ich hätte statt der Jeans einen Rock anziehen sollen!

»Im Moment würde ich sowieso gern andere Geräusche hören«, flüstert er und kommt ganz nah. Ich spüre seinen warmen Atem an meinem Ohr und schließe die Augen, nehme seinen Geruch in mir auf. Es fühlt sich ein bisschen wie Zuhause an, ein Heimkommen auf Zeit, dem unweigerlich eine Trennung folgt.

»Lass uns gehen.«

Ich schiebe seine Hand langsam von meinem Bein, auch wenn es mir schwerfällt. Raoul blickt kurz zu uns und nickt fast unmerklich, wischt ungerührt über den Tresen und verschwimmt mit den Flaschen und Gläsern im Hintergrund.

Er wird unsere Deckel aufbewahren, damit wir später bezahlen können. Raoul kennt seine Stammgäste.

 

Auf dem Weg zu Marks Appartement bleiben wir immer wieder stehen, weil wir die Finger nicht voneinander lassen können. Er drückt mich an eine Hauswand, ich spüre die raue Fassade im Rücken und seinen festen, muskulösen Körper an meinem Unterleib. Während die eine Hand meinen Po umfasst, umschließt die andere mein Kinn. Ich öffne meinen Mund, und sofort drückt er seine warmen Lippen darauf, sucht mit der Zungenspitze nach meiner und presst sich noch fester gegen meinen Leib. Mir entringt ein Stöhnen, was ihn noch weiter anstachelt, denn sein Händedruck an meinem Kinn wird fester, fordernder.

Ich höre ihn keuchen, doch plötzlich lässt er ab, atmet tief ein und nimmt meine Hand.

»Komm, weiter.«

Wir eilen Hand in Hand die Straße entlang, keiner sagt ein Wort. Ab und zu fährt ein Auto an uns vorbei, ansonsten ist es merkwürdig still in der Dunkelheit Hamburgs. Mein Höschen klebt feucht zwischen meinen Beinen, es läuft sich unangenehm. Ich bleibe stehen, versuche, den Stoff unauffällig zu richten, doch Mark hat mich schon wieder an sich gedrückt, ich höre seinen schweren Atem an meinem Ohr und spüre seine Zunge in meiner Halsbeuge. Mein Höschen wird noch feuchter, als er meine Hand an die Knopfleiste seiner Jeans legt. Sein Schwanz presst sich hart und groß durch den Stoff, und ich umschließe ihn mit meinen Fingern, beginne mit festen, drückenden Bewegungen. Oh, ich kann es kaum erwarten, ihn endlich in mir zu spüren!

Mark drückt meinen Po, lässt seine Hand an meinem Bein herabgleiten und hebt meinen Oberschenkel bis auf Hüfthöhe an, geht dabei in die Knie. Mit federnden Bewegungen drängt er seinen Unterleib immer wieder gegen meinen, und mir entfährt ein kieksender Laut. Wenn ich ihn ließe, würde er mich wahrscheinlich an Ort und Stelle nehmen, im Stehen in dieser spärlich beleuchteten Seitenstraße und mit dem Rücken gegen diese Hauswand gepresst. Der Gedanke daran ist unglaublich geil und ich muss mich zusammenreißen, um ihm nicht die Hose aufzuknöpfen.

Ich weiß gar nicht mehr, wie wir es bis in seine Wohnung geschafft haben. Doch kaum hat er die Tür hinter sich geschlossen, kommt er auf mich zu und presst mich an die Wand, schiebt gleichzeitig mein T-Shirt nach oben. Ich habe bewusst keinen BH angezogen, was Marks gierigen Augen natürlich nicht entgangen ist. Schon im Come-Out hat er mir hungrig auf das T-Shirt gestarrt, unter dem sich meine spitzen Brustwarzen abzeichneten.

»Was haben wir denn da?«, flüstert er und zieht mir das Shirt über den Kopf, lässt es achtlos auf den Boden fallen. Die Kühle im halbdunklen Flur verursacht mir eine Gänsehaut, und meine Nippel werden so hart, dass es fast schmerzt. Er beugt sich zu mir und öffnet seine Lippen, platziert viele kleine Küsse auf meinen Brüsten und hebt sie leicht mit seinen Händen an. Ich drücke meinen Rücken durch und recke mich ihm demonstrativ entgegen. Er soll verdammt noch mal meine Nippel in den Mund nehmen!

Meine Hand sucht seinen Nacken, streicht fest über den Ansatz des kurzen blonden Haares und ich ziehe seinen Kopf zwischen meine Brüste. Er lacht kurz auf, dann beginnt er endlich, mit festen und kurzen Bewegungen über meine Nippel zu lecken. Ich schließe die Augen und lasse mich ganz in dieses Gefühl fallen. Es ist, als gäbe es eine unsichtbare Verbindung zwischen meinen Brustwarzen und meiner Muschi, denn ein Ziehen durchfährt meinen Leib und endet in einem Pulsieren meiner ohnehin schon stark gereizten Klitoris.

Seine Bewegungen werden hektischer, und er umgreift mit beiden Händen meinen Po, drückt meinen Unterkörper gegen seinen, und wieder spüre ich sein hartes Glied. Diesmal nehme ich mich nicht zusammen und zerre am obersten Hosenknopf. Dann am zweiten. Meine Finger zittern vor Ungeduld, ich will endlich diesen Schwanz sehen, fühlen, schmecken. Dieser verdammte Knopf!

Mit einem Ruck ist die Hose offen, der Knopf fällt mit einem vernehmlichen Pling auf den Boden.

»Mist!«, keuche ich, doch Mark lacht nur heiser.

»Du bist ja ganz schön ungeduldig heute«, flüstert er und steigt umständlich aus seiner Hose. Mit den Füßen schiebt er sie beiseite und zieht sich gleichzeitig das T-Shirt über den Kopf. »Dann sollst du nicht länger warten müssen.«

Jetzt steht er vor mir in all seiner Pracht, und ich genieße den Anblick. Er treibt viel Sport, und sein Körper ist wohl definiert, aber nicht übertrieben. Aber eigentlich interessieren mich im Moment weder seine breiten Schultern noch die muskulösen Arme. Mein Blick ist einzig auf sein Glied gerichtet, das prall von seinem Körper absteht und genau dahin zeigt, wo ich es spüren möchte: zwischen meinen Beinen, in meiner feuchten Spalte.

Er bemerkt meinen Blick, grinst frech, und zieht mit wenigen Bewegungen meine Hose samt Slip aus. Dann geht er in die Knie, und mit leichtem Druck schiebt er meine Beine auseinander. Ich schließe die Augen in Erwartung seiner Zunge.

Doch Mark hat anderes mit mir vor.

Mit kreisenden Bewegungen beginnt er, vorsichtig die Innenseite meines linken Oberschenkels abzulecken. Stück für Stück nähert er sich meiner Vagina, fährt mit seiner Zunge über meine Haut, arbeitet sich quälend langsam nach oben.

Ich will in die Hocke gehen, will das Ganze beschleunigen, doch Mark lacht leise auf und drückt mein Becken mit der flachen Hand gegen die Wand. Ich habe das Gefühl, davonzufließen.

Doch er erlöst mich nicht.

Stattdessen beginnt er nun aufreizend langsam, den anderen Oberschenkel abzulecken. Wieder fängt er weit unten an und arbeitet sich nach oben, zieht mit der Zungenspitze Kreis um Kreis in erregender Langsamkeit. Meine Finger umklammern seinen Kopf, wollen ihn nach oben schieben, das Lecken beschleunigen und ihn dazu zwingen, endlich in meine Spalte einzudringen.

Doch Mark kennt mich gut genug, um zu wissen, womit er mich quälen kann.

»Soll ich weitermachen?«, fragt er in unschuldigem Ton und sieht zu mir auf, leckt sich dabei genüsslich über die Lippen.

»Mach!«, stöhne ich und schließe wieder die Augen in Erwartung seiner Zunge.

Doch sie kommt nicht. Stattdessen lässt er einen Finger kaum merklich durch meine feuchte Spalte gleiten, bevor er ganz kurz mit der Zunge an meine Klitoris tupft. Mehr nicht.

»Mach weiter«, flehe ich, und Mark tupft noch einmal mit der Zungenspitze gegen meine Perle. Die pocht mittlerweile kaum erträglich und ich habe das Gefühl, jeden Moment zu platzen.

»Bitte mehr!«

Doch Mark gibt mir noch immer nicht, was ich so dringend brauche. Er streicht mit einem Finger über meine Vulva, hält kurz vor meiner Spalte inne und wandert bis zum Bauchnabel, wo ich seinen Finger überhaupt nicht haben will. Ich nehme sein Handgelenk und drücke es nach unten, zu meiner Muschi, die sich heiß und geschwollen anfühlt. Flüssigkeit rinnt an meinem Oberschenkel herab.

»Leck mich doch bitte!«, rufe ich aus, und endlich tut er mir den Gefallen.

Mit beiden Händen spreizt er meine Beine und beginnt, meine Klitoris in großen, runden Bewegungen abzulecken. Ich stöhne erleichtert auf, doch er lässt mich noch nicht kommen. Immer wieder saugt und zieht er an meiner Klitoris, aber immer nur so weit, dass es gerade nicht zu viel wird. Er weiß genau, wie weit er gehen kann. Zwischendurch lässt er von meiner Perle ab und fährt mit der Zunge durch meine feuchte Spalte. Sein Atem ist heiß und gierig, und in einem lichten Moment bewundere ich seine Selbstbeherrschung.

Doch langsam machen meine Beine schlapp, die Muskeln in meinen Oberschenkeln zittern und drohen zu verkrampfen. Lange werde ich nicht mehr stehen können, und ich kralle meine Hände in sein Haar, suche vergeblich nach Halt. Erste Zuckungen treten auf, und plötzlich spüre ich Marks Finger in meiner Muschi. Mit gekonnten Bewegungen geht der gekrümmte Mittelfinger vor und zurück und reizt den G-Punkt in meinem Inneren.

Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Das Zittern meiner Beine geht auf meinen ganzen Unterleib über, mein Inneres zuckt und krampft und zieht und entlädt sich in einem heftigen Orgasmus. Ich beiße mir in den Unterarm, um nicht laut loszuschreien, und ich höre Mark stöhnen.

Vor meinen Augen dreht sich alles, und ehe ich merke, wie mir geschieht, liege ich schon auf dem Teppich. Mark beugt sich über mich, und ich sehe nur noch seine Nacktheit, seinen gierigen Blick und seinen vorgereckten Schwanz. Geschickt zieht er ein Kondom über, und ich öffne meine Schenkel und umschließe ihn mit meiner Nässe. Er muss sich nur wenige Male in mir auf und ab bewegen, und ich spüre erneut das wellenartige Zittern in meinem Körper und höre ihn ächzen. Seine Stöße werden heftiger und ungestümer, bis er sich mit einem lauten Stöhnen aufbäumt und weit nach hinten lehnt. Ich spüre, wie er in mir pulsiert und sich entleert, dann lässt seine Körperspannung nach. Mit einem lauten Schmatzen zieht er sich zurück und lässt sich neben mir auf den Boden fallen.

Keuchend liegen wir nebeneinander auf dem bunten Flickenteppich in Marks engem Flur, umgeben von hektisch abgestreiften Kleidungsstücken, seiner Sporttasche und einem Paar schwarzer Schnürschuhe.

Aus der Küche fällt das fahle Licht der Straßenlaterne vor dem Haus auf meine Beine und lässt sie seltsam bleich aussehen.

»Ich hoffe, so kommst du halbwegs gut durch das lange Wochenende!«

Mark drückt mir lachend einen Kuss auf die Stirn und setzt sich auf.

»Alter Angeber!«

Ich knuffe ihn in die Seite und setze mich neben ihn, suche aus dem Klamottenwust mein T-Shirt heraus und streife es über. Dann suche ich Slip und Jeans zusammen, und Mark zieht sich ebenfalls an und geht ins Badezimmer. Er schließt die Tür hinter sich und ich höre, wie er auf die Toilette geht und die Hände wäscht. Für einen kurzen Moment frage ich mich, wie weit unsere Vertrautheit und Intimität wirklich gehen, dann öffnet er die Tür wieder und lässt mich eintreten, damit ich mich frisch machen kann.

»Magst du noch eine Cola?«, fragt er mich, doch ich lehne ab.

»Ich könnte auf der Stelle einschlafen und gehe jetzt lieber nach Hause«, antworte ich und gebe ihm zum Abschied einen Kuss auf die Wange. Er riecht noch nach mir und kurz bin ich versucht, ihn zu küssen, um mich zu schmecken. Mein Unterleib antwortet mit einem wohligen Ziehen, doch für heute ist es genug. Vor mir liegt ein anstrengendes Wochenende.

»Meld‘ dich, wenn du wieder zurück bist.«

Mark wirft mir noch eine Kusshand zu, bevor ich seine Wohnung verlasse. Draußen schlägt mir kühle Nachtluft entgegen und ich würde am liebsten wieder zurückgehen und mit ihm in sein warmes Bett kriechen.

Doch ich verscheuche den Gedanken und rufe ein Taxi, um nach Hause zu fahren.

5. Kapitel

 

Bevor ich mich in mein Wochenendabenteuer stürze, checke ich noch einmal kurz mein Spiegelbild. Anfangs bin ich mir unsicher gewesen, ob die ausgefransten Hotpants nicht vielleicht ein bisschen zu aufreizend sind, aber eigentlich stehen sie mir ganz gut. Ich habe das Glück, ohne allzu viel Sport und ohne Selbstkasteiung beim Essen schlank zu sein, worum Betti mich oft beneidet. Dafür kann sie jedoch in die Sonne gehen, ohne sofort einen Sonnenbrand zu bekommen. Meine Haut ist entweder weiß oder rot; nur manchmal wird sie von einer leichten Bräune überzogen.

Dabei fällt mir ein, dass ich die Sonnenmilch noch einpacken muss, und renne ins Bad, bevor ich mich auf den Weg zum Bahnhof mache, um Zoe von der S-Bahn abzuholen. Ich bin ohnehin schon ein paar Minuten zu spät; wenn es unterwegs noch irgendwelche Komplikationen im Straßenverkehr gibt, muss Zoe unnötig lange warten.

Ich schlüpfe in meine Chucks, hieve den schweren Trekking-Rucksack auf den Rücken und zuppele das schwarze Top vom letzten Metal-Festival in Wacken zurecht. Wer auch immer mir im Treppenhaus begegnet, dürfte sich auf ein Wochenende ohne meine laute Musik freuen.

Im Auto lege ich einen alten Metal-Sampler ein, den ein Ex-Freund bei mir vergessen hat. Die vielen alten Schätzchen werden uns schon auf der Hinfahrt zum MeltingPoint ordentlich in Festivalstimmung bringen.

Der Verkehr läuft gut; die Hamburger gönnen mir freie Fahrt bis zum Bahnhof, und ich komme nur sechs Minuten zu spät. Leider verlässt mich das Glück bei der Parkplatzsuche schon wieder, denn ich finde keine Lücke für meinen Golf. Also schleiche ich eine Runde über den Platz und halte dabei nach Zoe Ausschau.

Wir haben ausgemacht, dass ich als Erkennungszeichen meine Isomatte unter dem Arm trage, aber das ist ja nun schlecht möglich. Zoe hingegen hat darüber nur gelacht.

»Du erkennst mich schon, da bin ich mir ziemlich sicher«, erklärte sie. Nun ja.

Bei meiner dritten Runde fällt mir eine junge Frau auf, die sich suchend umschaut. Ich halte abrupt an und lenke mein Auto zum Taxistand, wobei ich die zornigen Gesten eines Taxifahrers mit deutlichem Schmerbauch ignoriere. Er trägt eine Prinz-Heinrich-Mütze und scheint an Altkanzler Helmut Schmidt erinnern zu wollen - wenn er schlanker wäre und rauchen würde, käme das vielleicht hin. Mit zweimaligem Hupen versuche ich, auf mich aufmerksam zu machen, und die Frau schaut zu mir. Ich winke, und nach einem kurzen Augenblick der Irritation lacht sie und kommt auf mich zu.

Zoe hat recht gehabt. Ich würde sie erkennen.

Über ihrer rechten Schulter hängt ein olivgrüner Bundeswehrrucksack, links ein riesiger Stoffbeutel mit Batikmuster, unter dem Arm klemmt eine blaue Isomatte.

Irgendwie ist alles an ihr bunt: Die hüftlangen Dreadlocks leuchten hellblau, pink, grün, orange und blond, die Fingernägel sind an der rechten Hand rot lackiert, an der linken schwarz, und in der grün geschminkten Unterlippe prangt ein schmaler Ring. Ihre Kleidung ist ein Gemisch aus gestreiften, gebatikten und karierten Stoffen. Einzig an den Füßen trägt sie gewöhnliche schwarze Doc Martens.

»Huhu! Du bist Janni, oder? Ich bin Zoe.«

Sie öffnet die hintere Tür und will gerade ihr Gepäck einladen, da wird sie plötzlich nach hinten gerissen.

»Das ist ein Taxistand, ihr Vollidioten! Ich hab mir euer Kennzeichen notiert, das gibt eine saftige Anzeige!«

Der Taxifahrer mit dem Kanzlerhut hält Zoe am Oberarm fest und zischt ihr ein Schimpfwort entgegen, das ich nicht hören kann.

»Hey!«

Ich beuge mich zu den beiden hinüber, um Zoe aus der Schusslinie zu ziehen, denn sie kann nun wirklich nichts dafür. Doch sie dreht sich einfach lächelnd zu dem Geiferer um und zeigt auf die Reihe der vanillegelben Limousinen hinter uns.

»Ist das Ihr Wagen? Ich glaube, da macht sich jemand am Handschuhfach zu schaffen.«

»Ich lasse ...«, beginnt der Taxifahrer zu schimpfen, dann lässt er Zoe plötzlich los und rennt mit einer Geschwindigkeit zu seinem Fahrzeug, die ich dem Schmerbäuchigen gar nicht zugetraut hätte. Dort beugen sich tatsächlich zwei Personen in das Innere seines Wagens, aber für mich sehen sie wie ganz normale Kunden aus.

Zoe grinst, zuckt kurz mit der Schulter, wirft Isomatte, Rucksack und Stoffbeutel auf die hintere Sitzbank und setzt sich auf den Beifahrersitz.

»Na, das fängt ja gut an!« lacht sie und schnallt sich an, während ich den Parkplatz verlasse und mich in das Verkehrschaos vor dem Hauptbahnhof einreihe.

»Sorry«, begrüße ich sie und drehe die Musik leiser. »Ich hätte dir sagen sollen, dass Pünktlichkeit nicht meine stärkste Eigenschaft ist.«

Zoe lacht. »Macht nichts. Meine S-Bahn hatte sowieso Verspätung.«

Ich mustere meine Mitfahrerin aus den Augenwinkeln, ohne den Blick auf die Straße zu verlieren. Sie ist jung, kaum älter als zwanzig. Und auffällig wie sonst kaum jemand, dabei habe ich in meinem Job in der Kulturredaktion wirklich schon viele Freaks getroffen. Unwillkürlich denke ich an den Schwarzhaarigen mit den meergrünen Augen. Könnten die beiden ein Paar sein? Kaum zu glauben, dass ein dermaßen souverän und unaufdringlich gut aussehender Mann auf eine so flippige Person steht. Andererseits: Wo die Liebe hinfällt ...

»Kaum zu glauben, dass ich so ein Glück habe!«, schwärmt sie und ich denke für einen kurzen Moment, sie meint den Schwarzhaarigen.

Sie räuspert sich und zupft verlegen an einer hellblauen Haarsträhne.

»Ich hatte nämlich schon mal eine Karte, aber wegen einer total blöden Aktion habe ich sie zerrissen und weggeworfen.«

Ich starre für einen kurzen Augenblick schockiert zu meiner Mitfahrerin.

»Du hast was? Die Karte zerrissen?!«

Ich frage mich, wie man so etwas Dämliches machen kann, sage es aber nicht laut.

»Mein Bruder hatte mir eine besorgt. Er spielt mit seiner Band auf dem Festival, und jeder von denen hatte zwei VIP-Karten zum Verschenken bekommen. Aber wegen so einer idiotischen Liebessache wollte ich nicht mehr ...«

»Stop!«, unterbreche ich sie. »Dein Bruder spielt auf dem MeltingPoint?«

Zoe setzt sich aufrecht und grinst zu mir herüber.

»Ja. Cool, oder? Die spielen heute Abend im kleinen Zelt, und am Sonntagvormittag zum Chill-Out auf der großen Bühne.«

»Wow!«

Ich bin ehrlich beeindruckt. Wer auf dem MeltingPoint spielen darf, hat definitiv Klasse.

»In welcher Band spielt er? Kenne ich die?«

»Die Straight Crew«, erklärt sie, und ich trete vor Schreck beinahe auf die Bremse. Die Mercedes-Fahrerin hinter mir hupt energisch.

»Die sind zu viert und spielen Hardcore und Metal. Ich finde, sie klingen ein bisschen wie die alten Metallica.«

Ich starre zu ihr hinüber und vergesse für einen Moment den nervigen Verkehr um mich herum.

»Meinst du die Straight Crew? Ich hab mir »Headcleaner« vor einigen Wochen als mp3 gekauft und so lange rauf und runter gespielt, bis ich den Song fast nicht mehr hören konnte.«

Zoe grinst mich an.

»Die sind genial, oder? Mein Bruder Joschi ist der Schlagzeuger.«