Helena und Paris - Dietrich Volkmer - E-Book

Helena und Paris E-Book

Dietrich Volkmer

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Beschreibung

Helena und Paris. Eine dramatische Liebesgeschichte. Die Götter spielen bei dieser Beziehung eine große Rolle. Beide Menschen kannten einander nicht und wurden quasi als Spielball durch die Götter zueinander gebracht. Dass durch diese von den Göttern fast kann man sagen "bewerkstelligte" Liebe der Trojanische Krieg entstanden ist, konnte niemand vorher ahnen.

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Olympisches Vorspiel

Erstes Vorspiel. Helena und ihre vielen Freier

Zweites Vorspiel. Szenen am Hof von Troja

Drittes Vorspiel. Peleus erobert Thetis

Viertes Vorspiel. Die Hochzeit von Peleus und Thetis

Fünftes Vorspiel. Das Urteil des Paris

Paris auf der Fahrt nach Sparta

Olympisches Zwischenspiel

Empfang in Sparta

Zwischenszene auf dem Olymp

Die Entführung und Flucht

Am Hofe des Menelaos

Szenen in Hellas

Paris erzählt seine Herkunft

Empfang in Troja

Die Ankunft der griechischen Flotte

Die Griechen an Land

Die Belagerung

Zwist im Lager der Griechen

Helena im Palast

Der Zweikampf um Helena

Zwischenspiel auf dem Olymp

Wo bleibt Paris?

Der Kampf der Giganten

Der Tod des Paris

Das Trojanische Pferd

Das Ende einer großen Liebe

Wie mag Helena ausgesehen haben?

Wer hat Schuld am Trojanischen Krieg?

Einige Erläuterungen

Bibliographie

Weitere Bücher des Autors zu Themen der Antike und zu Griechenland

Vorwort

Liebesgeschichten haben in unserer Kultur augenscheinlich nur dann einen Widerhall oder erlangen nur dann besondere Aufmerksamkeit, wenn sie tragisch sind oder tragisch enden.

Man denke an das große erste tragische Liebespaar, die schöne Nofretete und Echnaton, den Gründer einer neuen Religion: Eine für damalige Zeiten aufsehenerregende Verbindung ohne ein glückliches Ende, zumindest wissen wir nicht genau, wie diese alt-ägyptische Romanze geendet ist.

Die Geschichte von Romeo und Julia zieht noch immer Tausende von Touristen nach Verona, wo sie verzückt auf den Balkon der Julia hochstarren.

Viele moderne Liebesgeschichten werden durch die Profan–Presse hochgeschaukelt und dürften nicht von erinnerungsmäßiger Dauer geprägt sein. Zumeist sind sie zudem von abgrundtiefer Langweiligkeit, obwohl manch einer brennend-neugierig sich dafür interessiert. Futter für die Klatsch-Presse.

Die Geschichte von Helena und Paris ist wohl das älteste Liebesdrama der Weltliteratur. Unterstellt man, dass Homer – sofern es ihn als Einzelperson gegeben hat – in die Zeit um 800 vor Chr. angesiedelt wird und dass er über Ereignisse berichtet, die rund 400 Jahre vor seiner Zeit stattgefunden haben sollen, so kann man mit Recht bei der Behauptung bleiben, es ist eine Ur-Ahnin der Liebesposie.

Nie gab es eine kompliziertere Vorgeschichte und nie führte eine Liebes-Liaison zu mehr Leid, Unglück und Tod.

Nie waren die griechischen Götter umfangreicher involviert als in diesem Drama. Nie zeigten die olympischen Götter über die Jahre hinweg mehr menschliche Züge. Nie kamen bei ihnen Sympathie und Antipathie bei einem Geschehen deutlicher zum Tragen.

Die Vorgeschichten, die letztendlich die Liebeszusammenkunft bewirkten, führen zueinander wie kleine Bäche, kleine Flüsse bis sie letztendlich in einen gewaltigen Strom münden, der alles gnadenlos mit sich reißt.

Um das große Ereignis zu verstehen, sollen die Vorgeschichten eine nach der anderen ausführlich beleuchtet werden, um dann die eigentliche Liebesgeschichte mit all ihren Folgen in den Vordergrund zu stellen.

Es gibt jedoch eine Reihe von Zeitabschnitten in der Geschichte von Paris und Helena und ihrer Flucht, die in allen einschlägigen Büchern, einschließlich der „Ilias“, gar nicht oder kaum beschrieben sind. Hier blieb mir keine andere Wahl als auf den Flügeln der Phantasie das Liebespaar zu begleiten.

Am Schluß des Buches wurden Szenen aus der Ilias eingebunden, die für die Geschichte von Helena und Paris von Bedeutung sind.

Wiederum mußte ich mir eine Reihe von Bestandteilen dieses Buches aus der unglaublichen umfangreichen Mythologie der Griechen zusammensuchen.

Bad Soden, im Januar 2017

Olympisches Vorspiel

Zeus und Hera saßen gemütlich beim Essen. Ganymed hatte seinem Herrn gerade den letzten Rest aus der Ambrosiaflasche eingeschenkt. Hera, die ihren Gatten schon seit Urzeiten gründlich kannte, bemerkte eine gewisse Unruhe bei ihm.

„Er wird doch nicht schon wieder auf Freiersfüßen wandeln,“ dachte sie bei sich, „ich glaube, ich muß ihn etwas unter Kontrolle behalten, sonst flüchtet er sich schon wieder vom Olymp hinab zu den Sterblichen.“ Zeus bemerkte das besorgte Gesicht von Hera und ahnte wohl ihre Gedanken.

„Bislang,“ so meinte er im Stillen bei sich, „habe ich immer eine Gelegenheit gefunden, um ihr zu entwischen. Ein Grund, um mich wieder mal um die Schönen unten auf der Erde zu kümmern, wird mir schon einfallen.“

Ganymed näherte sich mit einer neuen Karaffe Ambrosia, aber Zeus winkte ab.

„Lass es für heute genug sein, morgen ist auch noch ein Tag.“

Hermes näherte sich etwas atemlos – auch Götter können sich anstrengen – und stieß hervor:

„Unten auf dem Peloponnes ist es ein wenig unruhig. Es sind Rinderdiebstähle in großem Umfang vorgekommen und ich denke, deine Rechtsprechung in Form einer Strafaktion ist wieder einmal vonnöten. Sonst machen die Spartaner wieder einmal von ihrer Selbstjustiz Gebrauch.“

Was Hera nicht wusste: Zeus hatte Hermes in seine Absichten eingeweiht und dieser diente ihm jetzt als Helfeshelfer.

Zeus hatte nämlich ein Auge auf die schöne Leda geworfen, Gattin des Spartanerkönigs Tyndareos. Aber wie ihr nahe kommen, denn Tyndareos war zutiefst eifersüchtig und ließ sie kaum aus dem Auge und in seinem Palast war sie gut bewacht?

Aber Hermes hatte sich als olympischer Spion im Auftrag von Zeus in ihre Umgebung eingeschlichen und hatte die gesamte Umgebung und die Angewohnheiten von Leda observiert.

Leda hatte in der weitläufigen Palast-Umgebung einen wunderschönen Park anlegen lassen, mit einem See, auf dem sich ihre Lieblingstiere, die weißen Schwäne, graziös bewegten. Da die Dienerschaft nur in ihrer Abwesenheit Zugang zum Park hatte, bewegte sich Leda ungezwungen in der Umgebung des Sees und in der Nähe ihrer Schwäne.

Zeus fasste einen Plan, um sich ihr zu nähern. Was ihm bekanntlicherweise nicht schwer fiel: Er verwandelte sich in einen schönen Schwan und näherte sich der Königin, die sich ausgestreckt auf einer Liege im Schatten einer Zeder entspannte.

Als sei er angeblich von einem Adler verfolgt gewesen, flüchtete er zu Leda. Erstaunt blickte Leda auf den gefiederten Neuankömmling.

„Du bist aber ein ausgesprochen hübsches Exemplar deiner Gattung,“ sagte sie zu ihm und streichelte ihn, „welch ein Glück, dass du diesem Räuber entkommen konntest.“

Der Schwan alias Zeus wiegte den Kopf und schmiegte sich dicht an Leda, die diese Nähe zu genießen schien.

Zeus fiel es dann mit olympischer List nicht schwer, sich als Schwan mit Leda zu vereinigen. Leda selbst verspürte das ganze nur als einen Traum, aus dem sie beglückt erwachte.

Am Abend kehrte Tyndareos von der Jagd zurück und Zeus legte ihm die Sehnsucht nach seiner Frau ans Herz.

So geschah es, dass Leda am gleichen Tag sich zweimal mit einem männlichen Wesen vereinigte.

Nach neun Monaten gebar Leda ein Ei, aus dem Helena entschlüpfte, und als Frucht der Verbindung mit ihrem Gatten Tyndareos die Dioskuren Kastor und Polydeukes. Mit ihnen zusammen und ihrer Schwester Klytaimnestra wuchs Helena auf.

Zeus hatte danach – fast kann man sagen desinteressiert - keine Kontakte mehr mit Leda aufgenommen, aber seine göttliche Vaterschaft zeigte sich in einer blendenden Schönheit des jungen Mädchens, das sich überall in Hellas und den umliegenden Ländern herumsprach.

Leda und der Schwan hellenistisch, Heraklion, Museum

Auch der große Theseus hörte davon und beschloß, die Minderjährige aus dem Königsschloß zu entführen. Für ihn, so meinte er, käme nur eine Zeus-Tochter als Gemahlin in Frage. Dabei half ihm sein bester Freund Peirithoos, der aber als Gegenleistung eine fast unmögliche Hilfestellung einforderte. Theseus sollte ihn beim Raub der Höllenfürstin Persephone, der Gattin des Hades und Tochter der Fruchtbarkeitsgöttin Demeter, unterstützen.

Aber wie können Sterbliche so vermessen, so leichtsinnig sein, dem Hades, dem Herrscher der Unterwelt, immerhin ein Bruder des Zeus, die eigene Frau zu entführen? Auch wenn Peirithoos argumentativ angab, Hades hätte ja damals auch die Tochter der Demeter in die Unterwelt entführt.

Das Unterfangen scheiterte und Hades sperrte die beiden Entführungsdilettanten kurzerhand ein.

Nun war Helena in Athen nicht mehr bewacht und die beiden Brüder Kastor und Polydeukes befreiten ihre Schwester wieder und führten sie zurück an den Hof des Tyndareos nach Sparta.

Erstes Vorspiel Helena und ihre vielen Freier

Nach diesem Entführungsschock wuchs Helena gut bewacht am Hof des Vaters frühzeitig gereift heran. Ihre Schönheit war nunmehr in ganz Hellas sprichwörtlich geworden und Tyndareos glaubte, es sei nunmehr an der Zeit sie standesgemäß in den Hafen der Ehe zu entlassen. Es galt nur einen geeigneten und ihr würdigen Partner zu finden.

Als Leser und Freund der antiken Mythen fällt es einem schwer, sich Helena als ungewählte „Schönheitskönigin“ der antiken Welt vorzustellen. Jede Zeit hat ihre Schönheitsideale. Hatte Helena die berühmte altgriechische Nase? War sie blond oder dunkelhaarig? War sie schlank wie ein Reh oder wies sie bereits leicht orientalische Fülle auf? Niemand kann eine Antwort darauf geben und so existiert Helena in jedem Leser als eine individuelle Fiktion, die durchaus modernen Schönheitsidealen gleichen kann.

Im „Faust“ lässt Goethe den Mephisto zum Faust sagen: „Nein! Nein! Du sollst das Muster aller Frauen nun bald leibhaftig vor dir sehn.“ Und leise hinterher „Du siehst mit diesem Trank im Leibe, bald Helenen in jedem Weibe.“

Parship und ähnliche Partnerschaftsanbahnungsinstitutionen lagen damals noch in weiter Zukunft und so ließ Tyndareos Botschafter in ganz Hellas herumreisen, die geeignete Ehepartner suchen und sie nach Sparta bitten sollten.

Und so brachen fast alle adligen heiratsfähigen griechischen Jünglinge auf, um sich am Hof von Tyndareos um die Hand der Schönen zu freien. Allein Agamemnon erschien nicht, denn er hatte zuvor des Tyndareos zweite Tochter Klytaimnestra geheiratet.

Unter den vielen Bewerbern um Helena fand sich auch Odysseus, der Herrscher von Ithaka ein.

Inzwischen überfielen Tyndareos Zweifel.

„Wie kann ich verhindern, dass abgelehnte Freier voller Ingrimm und Enttäuschung mich oder andere mit Feindschaft oder gar Krieg überziehen?“

Odysseus bekam seine Bedenken zu hören. Bekannt für seine Urteilskraft und Lösungsfindung in schwierigen Fällen meinte er:

„Wie wäre es – gleichgültig für wen Helena und du sich entscheiden – wenn wir alle ein Gelübde unterschreiben, dass jeder von uns diese Entscheidung akzeptiert und ohne Groll sich zurück in seine Heimatstadt aufmacht. Zum anderen sollte jeder der Bewerber ein Gelübde unterschreiben, dass er dem gewählten Freier in jeder Notlage beisteht.“

„Eine gute Idee,“ meine Tyndareos erleichtert, „am besten trägst du diesen Vorschlag morgen sämtlichen Freiern vor. Und du hast ja schon, wie mir zu Ohren gekommen ist, ein Auge auf Penelope, meines Bruders Tochter geworfen?“

Auf die letzte Frage gab Odysseus keine Antwort, und so kam es denn auch, Penelope wurde seine Frau.

Odysseus trat vor die versammelte Schar und verkündete ihnen diese Idee.

Die Freier sahen diese Lösung als fair und gerecht an und stimmten zu.

Mit Spannung erwartete man nun die Entscheidung.

Mit viel Pathos in der Stimme und Stolz las Tyndareos das Ergebnis vor.

Er und Helena, wahrscheinlich mehr Tyndareos, entschieden sich für Menelaos, dem Tyndareos sein Königtum in Sparta übergab.

Menelaos war der Bruder von Agamemnon, Herrscher von Mykene, was für den Fortgang der Geschichte von großer Bedeutung ist.

Aus ihrer Ehe entsprang eine Tochter namens Hermione.

Zweites Vorspiel Szenen am Hofe von Troja

Am Eingang der Dardanellen lag die Stadt Troja, die durch den lebhaften Schiffsverkehr aus Richtung und in Richtung Schwarzes Meer einiges an Zollgebühren kassierte.

Hohe befestigte Mauern umgaben den Ort, um sich vor Piraten und neidischen Fürsten zu schützen.

Herakles hatte diese Stadt dereinst zerstört und Priamos, Sohn des Laomedon und König von Troja, hatte die Stadt wieder in alter Schönheit entstehen lassen. Mit seiner Frau Hekabe hatte er fünfzehn Söhne, mit anderen Frauen weitere einunddreißig männliche Nachkommen und zwölf Töchter.

Eine dieser Töchter war Kassandra, die wegen ihrer Schönheit von Apollon geliebt wurde. Um sie zu erobern, hatte er ihr versprochen, sie in der Kunst der Wahrsagung und Zukunftsschau zu unterweisen. Als sie ihn aber hinterging, bestrafte er sie mit dem Fluch, dass ihr die Menschen ihre Voraussagen nicht glauben würden.

Als Hekabe mit Paris schwanger war, hatte Kassandra einen furchtbaren Traum. Dieses Kind würde die Ursache dafür sein, dass Troja in Flammen aufgehen würde.

Voller Furcht vertraute sie diese Eingebung ihrer Mutter und ihrem Vater an. Anfänglich wirkte der Fluch des Apollon noch nach und man glaubte ihr nicht.

„Träume müssen nicht immer Wirklichkeit werden. Jeder hat manchmal nächtliche Erscheinungen, die ihn zutiefst quälen und beunruhigen, aber der neue Morgen lässt alles Schall und Rauch werden.“

Doch Kassandra gab nicht auf.

„Im Traum sprechen die allwissenden Götter zu uns und können uns zukünftiges Unheil androhen. Glaubt mir! Ich sah Troja in einem loderndem Feuer untergehen, wenn dieses Kind geboren